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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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mikrophysikalische Versuchsfelder brauchen, werden wir, Hans Paeschke <strong>und</strong> ich, nicht<br />

ändern können. Und daß das Substrat <strong>des</strong> flüchtigen Hörspielworts den Zeiteigenschaften<br />

so genau entspricht, bewirkt eben gerade, daß das Hörspiel präziser Ausdruck <strong>des</strong>sen<br />

sein kann, was in dieser Zeit als wichtigstes geschehen muß: Durchstoßen durch das<br />

gleichgültig ablaufende Geplätscher von Geräuschen, Texten, Bildern, Firmenzeichen,<br />

Jazz, Litaneien. Da ich nun einmal den Jazz erwähnt habe, den Paeschke, als ebenso<br />

einseitig, mit dem Hörspiel vergleicht: ihn empfinde ich – trotz <strong>seiner</strong> Faszination – als<br />

Bestandteil <strong>und</strong> Bekenntnis zum penetranten Gelärme <strong>und</strong> schreienden Widersinn der<br />

heutigen Welt; man müßte ihn denn e contrario, als groteskes <strong>und</strong> absur<strong>des</strong> Spiegelbild,<br />

als musikalische Satire deuten (was stets mehr billig als überzeugend ist). Das Hörspiel<br />

aber, das diffizile sprachliche Fixierungen versucht, kämpft, so scheint mir, mit der<br />

größten noch ohne Unheil möglichen Aktivität höchst aktiv gegen den Verfall an – den<br />

Verfall, der geschieht, indem alle Begriffe, ohne Veränderung ihrer sprachlichen<br />

Bezeichnung, sich spalten, so daß der eine positiv versteht, was der andere gefährlich<br />

findet, ähnlich wie die politischen Begriffe im Osten <strong>und</strong> Westen sämtlich Konträres<br />

bedeuten: Demokratie, Freiheit, Krieg, Frieden usw.<br />

An diesen Beispielen zeigt sich, daß die Genauigkeit der Sprache gerade begrifflich, in<br />

der Abstraktion, immer mehr zu wünschen übrig läßt. Fakten aber kann man nicht, wie<br />

Begriffe, verfälschen. Konkret, als Mittel der Darstellung, ist die Sprache noch keineswegs<br />

am Ende. Vielmehr zeigt sich, daß ihre Präzision auch in unseren Tagen dem Rang der<br />

Dichter durchaus proportional ist <strong>und</strong> daß bedeutende Schriftsteller auch bedeutende<br />

Sprachsteller, Fallensteller der Sprache sind, die sogar den Jargon-Wendungen noch ein<br />

Stück vom Geheimnis <strong>des</strong> Lebens <strong>und</strong> <strong>des</strong> To<strong>des</strong> entreißen <strong>und</strong> unserer Vorliebe für<br />

konkrete »Irrtümer« noch die ganze unendlich große Hölle dieser Zeit.<br />

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