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Gedruckte Elektronik - Technische Universität Chemnitz

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Mitarbeiter-<br />

Befragung<br />

Die ersten<br />

Ergebnisse<br />

SEITE 22<br />

DAS MITARBEITERMAGAZIN DER RAG 9/2006<br />

600 Jahre nach Gutenberg: Für eine neue<br />

High-Tech-Welt liefert Degussa die Tinte<br />

<strong>Gedruckte</strong> <strong>Elektronik</strong><br />

Interview Dr. Tacke<br />

Vorreiter mit jeder<br />

Menge Energie<br />

SEITE 18<br />

Ölsuche Österreich<br />

Von Schallplatten<br />

und Erdplatten<br />

SEITE 28<br />

Machen Sie mit!<br />

Gewinnen Sie eine<br />

Reise nach Mailand<br />

SEITE 38


4 Inhalt<br />

Interview Dr. Tacke<br />

„Die STEAG ist national wie<br />

international hervorragend aufgestellt.<br />

Das bescheinigt<br />

uns auch der Kapitalmarkt“ – so<br />

STEAG-Chef Dr. Alfred<br />

Tacke. Im „Folio“-Interview<br />

spricht er über die Perspektiven<br />

der STEAG im In- und Ausland<br />

Seite 18<br />

Mitarbeiterbefragung<br />

Eine erste Auswertung zeigt: Trotz<br />

der vielen Veränderungen<br />

fühlen sich die Mitarbeiter dem<br />

Konzern stark verbunden<br />

Seite 22<br />

Ölsuche in Österreich<br />

Topfschlagen in den Alpen: Mit Hilfe<br />

von Erschütterungen erkunden DMT-<br />

Experten den Untergrund – und hören<br />

genau hin, wie die Erde reagiert<br />

Seite 28<br />

Folio 9 | 2006


Die Tinte der Zukunft<br />

wird die <strong>Elektronik</strong> revolutionieren,<br />

denn mit ihr lassen<br />

sich Tastaturen, Speicherchips<br />

oder auch Lautsprecher<br />

drucken: 600 Jahre nach<br />

Gutenberg steht die Drucktechnik<br />

vor neuen Umwälzungen –<br />

nicht zuletzt dank Degussa<br />

Seite 12<br />

Folio 9 | 2006<br />

3 Kolumne Die Meinungen der<br />

Mitarbeiter<br />

6 Ein Bild und seine Geschichte<br />

Brände löschen mit Firesorb<br />

8 Magazin RuhrTriennale, Chemie<br />

live, World Chess Challenge, Vorbescheid<br />

Walsum, DBT gut im Geschäft<br />

12 Titelstory In Zukunft kann<br />

man <strong>Elektronik</strong> drucken – und<br />

Degussa liefert die Tinte dafür<br />

18 Interview Dr. Alfred Tacke über<br />

Kraftwerksprojekte und die Perspektiven<br />

der STEAG im In- und Ausland<br />

21 Kapitalmarkt Wie Chartisten<br />

Kurse prognostizieren<br />

22 Analyse Die Mitarbeiterbefragung<br />

– ein detailliertes Stimmungsbild<br />

aus 59.000 Einzelmeinungen<br />

25 Verantwortliches Handeln<br />

Mit den Multiplikatorentreffen<br />

bietet der Konzern eine Gelegenheit<br />

zum Dialog<br />

Das Titelbild von Kirsten Neumann zeigt<br />

Dr. Frank-Martin Petrat, Senior R&D Manager der Creavis<br />

Fairplay-Pokal<br />

Vollen Einsatz, begeisternde Spiele<br />

und viel Spaß abseits des Rasens –<br />

das alles gab es beim vierten<br />

RAG-Fußballturnier mit Teams<br />

aus allen Konzernbereichen<br />

Seite 34<br />

26 Zusammenwachsen<br />

Die Business Academy soll Mitarbeiter<br />

vernetzen und den Konzern<br />

mit neuen Ideen nach vorn bringen<br />

28 Rohstoffe In Oberösterreich<br />

suchen DMT-Mitarbeiter per Schallwellen<br />

nach fossilen Brennstoffen<br />

31 Meinung Ansichten zum Thema<br />

Versorgungssicherheit<br />

32 Leute Dr. Engel im Gespräch,<br />

Azubi kocht im Sterne-Restaurant,<br />

RAG-Kinderprogramm in Dortmund<br />

34 Fairplay-Pokal Viel Spaß<br />

beim vierten RAG-Fußballturnier<br />

35 Aktion Spielen Sie mit:<br />

3x2 Karten für den BVB<br />

36 Stellenmarkt<br />

38 Quiz Auf nach Mailand!<br />

Wenn Sie Fragen oder Anregungen<br />

haben, rufen Sie uns an. Sie erreichen<br />

die Redaktion unter: 0201/177-3340<br />

oder per Mail: folio@rag.de


FOTOS: MARTIN BÜTTNER<br />

Aus Nanomaterialien<br />

und Polymeren<br />

produzieren die<br />

Wissenschaftler der<br />

Degussa neuartige<br />

Hybridmaterialien…<br />

Die Tinte der<br />

Folio 9 | 2006


Zukunft<br />

Folio 9 | 2006<br />

…mit deren Hilfe<br />

Druckmaschinen sogar<br />

elektronische<br />

Komponenten auf fast<br />

jeden Untergrund<br />

drucken können<br />

Titelstory<br />

13<br />

Die Drucktechnik hat schon<br />

einmal die Welt verändert. 600<br />

Jahre nach Gutenberg macht<br />

sich das traditionsreiche Handwerk<br />

auf, auch die <strong>Elektronik</strong><br />

zu revolutionieren. Die Tinte<br />

für diese neue High-Tech-Welt<br />

kommt von der Degussa<br />

Bei der Creavis in Marl steht der vermutlich<br />

ungewöhnlichste Tintenstrahldrucker des<br />

Konzerns. Er ist so groß wie ein Schreibtisch,<br />

hat nicht einmal einen Einzelblatteinzug,<br />

kein Mensch kann lesen, was er zu Papier bringt,<br />

und die Tinte für diesen Drucker verkauft kein<br />

Geschäft. Und trotzdem sind die Mitarbeiter in<br />

Marl sehr stolz auf ihre Errungenschaft. Mit dem<br />

Spezialgerät, das sogar einzelne Tröpfchen auf<br />

dem Weg zum Papier fotografieren kann, haben<br />

sie Unglaubliches vor: „Tastaturen, Speicherchips,<br />

elektronische Preisschilder und sogar<br />

Lautsprecher sollen in Zukunft einfach aus dem<br />

Drucker kommen“, sagt Dr. Frank Martin Petrat.<br />

Das klingt fantastisch, aber Fantasie gehört zu<br />

Petrats Job dazu. Der 42-Jährige arbeitet schließlich<br />

für die Creavis, die Innovationsschmiede der<br />

RAG-Chemietochter. Dort entwickelt der promovierte<br />

Physiker für die attraktiven Märkte der Zukunft<br />

die Produkte von morgen. Das Team der<br />

Creavis sucht neue, stark wachsende Geschäftsfelder<br />

und betreibt die konkrete Markteinführung<br />

der Entwicklungen. Der Geschäftsbereich<br />

ist auch schon mit ersten Produkten am Markt,<br />

denn der Aufbau neuer Geschäfte hat für die<br />

Creavis oberste Priorität.<br />

Petrat arbeitet gemeinsam mit Physikern,<br />

Chemikern, Ingenieuren und Verfahrenstechnikern<br />

im Science to Business Center Nanotronics.<br />

Ein Kunstwort, das sich aus den Begriffen „Nano“<br />

und „Electronics“ zusammensetzt. In diesem Zentrum<br />

konzentriert Degussa Aktivitäten zur Entwicklung<br />

von Materialien und Technologien,<br />

die den Aufbau neuer Märkte in elektronischen<br />

Anwendungen ermöglichen. Im Fokus stehen<br />

Partikel von der Größe eines Atoms bis hin zu<br />

100 Nanometern. Das entspricht nicht einmal<br />

einem millionstel Meter. Das Ziel ist es, mit diesen<br />

kleinsten Teilchen Großes zu bewegen. Deshalb<br />

hat die Degussa viel Know-how rund um<br />

das Thema „Nano“ in Marl gebündelt. Petrat und<br />

sein Team entwickeln zurzeit die „Tinte“, mit der<br />

>


Nano und Polymer<br />

14<br />

Titelstory<br />

„Oberste Priorität bei<br />

Creavis hat der Aufbau<br />

neuer Geschäfte“<br />

Dr. Frank-Martin Petrat, Senior R&D Manager der Creavis<br />

die Degussa-Kunden ihre <strong>Elektronik</strong> künftig auf<br />

Papier, Folien oder jedes andere bedruckbare<br />

Material bringen sollen. Denn wer Transistoren<br />

drucken will, kann das natürlich nicht mit gewöhnlicher<br />

Farbe. Die besondere Anforderung<br />

an das künftige Produkt: Es soll nicht nur unter<br />

Laborbedingungen funktionieren, sondern vor<br />

allem in der Produktion im großen Maßstab.<br />

Die Basis für diesen Wunderstoff ist eine<br />

Kernkompetenz der Degussa: Polymere. Diese<br />

sind perfekt für den Einsatz in großen Druckmaschinen<br />

geeignet. Viele von ihnen lassen<br />

sich abfüllen wie Farbe, sind über Jahre beständig<br />

und nicht giftig, trocknen schnell und sind,<br />

für so ein hochwertiges Produkt, ausgesprochen<br />

günstig. „Im besten Sinne attraktiv“, nennt Petrat<br />

diese Kombination von Eigenschaften. Ein<br />

wunderbares Material, das nur einen eklatanten<br />

Nachteil hat: Gewöhnliche Polymere leiten keinen<br />

Strom. Für <strong>Elektronik</strong> ein echtes K.-o.-Kriterium.<br />

An dieser Stelle kommt eine weitere Kernkompetenz<br />

der Degussa, die Nanotechnologie,<br />

Herstellung von halbleitenden Nanopartikeln am Plasmareaktor:<br />

Dr. André Mecklenburg und Jörg Zöllner<br />

Hybridmaterialien vereinen<br />

die Eigenschaften von<br />

unterschiedlichen Materialklassen.<br />

Bei Nanotronics<br />

in Marl werden Nanomaterialien<br />

mit Polymeren<br />

kombiniert. Nanomaterialien<br />

haben zum Beispiel<br />

optische und elektrische<br />

Eigenschaften, welche auf<br />

Grund ihrer Größe (nanos<br />

= Zwerg) mit üblichen<br />

Materialien nicht erreicht<br />

werden. So können<br />

durch gezielte Veränderung<br />

der Größe oder der Ober-<br />

ins Spiel. Mit ihrer Hilfe drehen sie in Marl an den<br />

Stellschrauben der Mikrowelt, um dem Polymer<br />

Eigenschaften zu verleihen, die es eigentlich gar<br />

nicht hat. Das Material wird „getunt“, und neuartige<br />

Hybrid mate ria lien entstehen: eine Wanderung<br />

auf Messers Schneide, denn gleichzeitig<br />

sollen die gewünschten Eigenschaften des Produkts<br />

nicht verändert werden. Gezielt werden<br />

dem Basismaterial die Funktionen durch kleinste<br />

Teilchen hinzugefügt. So entstehen Materialverbünde,<br />

die eingesetzt werden können als<br />

Halbleiter, Leiter oder Isolatoren – die Grundbausteine<br />

der <strong>Elektronik</strong>.<br />

Die Stadt der Drucker<br />

Aber wer die Tinte für die Zukunft entwickelt,<br />

kann damit noch lange nicht drucken und sein<br />

Produkt in der Praxis testen. Denn nicht nur<br />

die Tinte muss speziell für die neuen Anwendungen<br />

designt sein, vor allem auch die Hardware,<br />

also die Druckmaschine, muss komplett<br />

neu konfiguriert werden. Das Team der Crea-<br />

flächenzusammensetzung<br />

des Materials Eigenschaften<br />

„eingestellt“ werden.<br />

Dies erlaubt die<br />

Herstellung von neuen<br />

maßgeschneiderten Materialsystemen.<br />

Polymere sind<br />

große Moleküle, die aus<br />

Ketten von Untereinheiten<br />

(Monomeren) bestehen.<br />

Kleinste Abweichungen in<br />

der Zusammensetzung auf<br />

atomarer Ebene können<br />

schon große unterschiedliche<br />

Eigenschaften bewirken.<br />

Das Wissen über den<br />

Zusammenhang zwischen<br />

Struktur und der Eigenschaft<br />

eines Polymers ist<br />

von enormer Bedeutung für<br />

die Produktion von<br />

Stoffen mit maßgeschneiderten<br />

Eigenschaften.<br />

FOTOS: MARTIN BÜTTNER, KIRSTEN NEUMANN, KARSTEN BOOTMANN<br />

Die Degussa-Mitarbeiterin Carola Sakreida bei der<br />

vis brauchte also einen Partner, der beim Thema<br />

Drucken kein unbeschriebenes Blatt ist. In<br />

<strong>Chemnitz</strong> wurde es fündig. Dort gelang Prof. Dr.<br />

Arved Hübler am Lehrstuhl Printmedientechnik<br />

der <strong>Technische</strong>n <strong>Universität</strong> vor zwei Jahren<br />

der entscheidende Durchbruch: Der Physiker<br />

war der erste, der einen elektrischen Schaltkreis<br />

komplett drucken konnte.<br />

Drucken hat in <strong>Chemnitz</strong> Tradition: Ein<br />

eigener Lehrstuhl forscht an der <strong>Technische</strong>n<br />

<strong>Universität</strong> seit vielen Jahrzehnten rund um<br />

das Thema Printtechnik, und die TU war auch<br />

die erste, die sich der Aufgabe Massendruck<br />

und <strong>Elektronik</strong> stellte. Die Stadt in Ostdeutschland<br />

bietet den High-Tech-Druckern noch andere<br />

Vorteile: <strong>Chemnitz</strong> bündelt Kompetenz<br />

rund um das Thema. Von der Forschung in der<br />

Uni über verschiedene Unternehmen, die sich<br />

Folio 9 | 2006


Synthese von Polymeren Harry Becker überprüft die Qualität der gedruckten <strong>Elektronik</strong>komponenten<br />

mit der Thematik befassen, bis hin zum Fraunhofer-Institut,<br />

das in der Stadt Systeme entwickelt,<br />

um die Qualität der im Massendruck hergestellten<br />

<strong>Elektronik</strong> zu überprüfen.<br />

Erfolg am Markt<br />

Hübler und die Degussa passen auch aus anderen<br />

Gründen gut zusammen: Beiden genügt der<br />

rein wissenschaftliche Durchbruch nicht. Dem<br />

Erfolg unter Laborbedingungen soll schnell der<br />

Durchbruch in der Produktion und am Markt<br />

folgen. Dafür muss das an der <strong>Universität</strong> entwickelte<br />

Verfahren auf entsprechend eingestellten,<br />

handelsüblichen Druckmaschinen wiederholbar<br />

sein. Auch anderswo in der Welt ist man<br />

aufmerksam geworden und forscht an dem lukrativen<br />

Thema. Vor allem in den USA und Asien.<br />

„Aber noch haben wir in Deutschland einen Vor-<br />

Folio 9 | 2006<br />

sprung“, weiß Hübler. Und den will er gemeinsam<br />

mit der Degussa nutzen. Der Wissenschaftler<br />

möchte seine gedruckte <strong>Elektronik</strong> zügig am<br />

Markt etablieren. Im Jahr 2003 gründete er dazu<br />

mit zwei Kollegen von der <strong>Universität</strong> Printed<br />

Systems. Das Unternehmen mit zurzeit 25 Mitarbei<br />

tern ist weltweit das erste, das elektronische<br />

Strukturen vollständig im Massendruckverfahren<br />

herstellen kann. Seit über einem halben Jahr ist<br />

die Degussa als Partner mit dabei. Low-Tech-<br />

<strong>Elektronik</strong> ist Hüblers Erfolgs formel: Mit seiner<br />

gedruckten <strong>Elektronik</strong> will er den Alltag erobern.<br />

Der klassischen <strong>Elektronik</strong>, wie Computer und<br />

Handys, wird keine Konkurrenz gemacht. Bei<br />

deren hochkomplexen Anwendungen kann die<br />

<strong>Elektronik</strong> auf dem Papier noch nicht mithalten.<br />

Vielmehr wird sich die gedruckte <strong>Elektronik</strong> ihren<br />

eigenen, ganz neuen Markt schaffen, da-<br />

von sind der Wissenschaftler und Creavis überzeugt.<br />

Und der entscheidende Faktor für diesen<br />

Erfolg sind die geringen Kosten. Denn so komplex<br />

die Polymere und die Maschinen auch sind,<br />

das Erfolgsrezept der gedruckten <strong>Elektronik</strong> liegt<br />

in ihrer Einfachheit: Schicht für Schicht können<br />

Leiter, Isolator und Halbleiter aufgebaut und<br />

beliebig häufig gedruckt werden. Auflagen von<br />

Milliarden Speicherchips wären zum Beispiel<br />

kein Problem.<br />

Der große Aufwand für die klassische Silizium-<strong>Elektronik</strong><br />

ist teuer. Eine neue Chipfabrik<br />

kostet zwischen 2 und 4 Milliarden Euro. Eine<br />

Tiefdruckfabrik ist schon für 50 Millionen Euro zu<br />

haben. „Die klassische <strong>Elektronik</strong>indus trie läuft<br />

in eine Krise“, vermutet Hübler. Schon im Jahr<br />

2015 wird deshalb die gedruckte <strong>Elektronik</strong> rund<br />

zehn Prozent des gesamten End gerätemarkts der<br />

>


Elektroindustrie übernehmen, davon sind die Experten<br />

weltweit überzeugt. Zehn Prozent von<br />

geschätzt 275 Milliarden Euro weltweit – da<br />

lohnt es sich, wenn man von Anfang an vorn<br />

mit dabei ist.<br />

Die <strong>Elektronik</strong> wird sich in Zukunft in<br />

zwei Sparten teilen, prognostiziert Hübler. Der<br />

High-End-Bereich wird die klassischen Anwendungen,<br />

wie Prozessoren, Handys und Computer,<br />

abdecken. Wo die <strong>Elektronik</strong> nicht besonders<br />

leistungsfähig sein muss, gleichzeitig aber<br />

niedrige Kosten, eine einfache Integrierbarkeit<br />

und vor allem sehr hohe Stückzahlen gefordert<br />

sind, wird die Low Tech ihren Siegeszug antreten.<br />

Und genau dort setzen Printed Systems<br />

und Creavis an. Die Unternehmen suchen sich<br />

Märkte, in denen große Mengen erforderlich<br />

sind. Und geht dabei auch neue Wege: Einer<br />

sind Sammelkarten, wie sie besonders in Asien<br />

Printed SystemsproduziertSammelkarten,<br />

mit denen<br />

man auch<br />

auf dem PC<br />

spielen kann<br />

„Beim Thema gedruckte<br />

<strong>Elektronik</strong> haben<br />

wir in Deutschland<br />

einen Vorsprung“<br />

Prof. Dr. Arved Hübler, <strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong><br />

und den USA ein absoluter Verkaufsschlager<br />

sind. In ihrem neuen Spiel rund um den Fußball<br />

haben die <strong>Chemnitz</strong>er die klassischen Sammelkarten<br />

um digitale Informationen aufgepeppt.<br />

Die Spieler können ihre Karten weiterhin an jedem<br />

Kiosk kaufen, überall tauschen, zusätzlich<br />

aber mit Lesegeräten, die in jede Hosentasche<br />

passen, die weiteren abgespeicherten Informationen<br />

lesen und auch am PC sowie im Internet<br />

damit spielen.<br />

Andere Anwendungen sind bei Printed Systems<br />

bereits in der Vorbereitung: Keypads, die<br />

etwa in der Werbung eingesetzt werden können.<br />

Die bunten Papptafeln werden wie Einwurfsendungen<br />

in den Briefkasten geworfen.<br />

Der Empfänger schließt sie an ein Lesegerät<br />

oder seinen Computer an und kann dann per<br />

Knopfdruck auf das gewünschte Produkt zusätzliche<br />

Informationen erhalten oder sogar direkt<br />

bestellen. Auch für diese Anwendungen gibt<br />

es bereits Interessenten. „Wer <strong>Elektronik</strong> konsumieren<br />

will, wie er es heute mit der Tageszeitung<br />

macht, wird das aber nur tun, wenn ihn<br />

das auch nicht mehr kostet“, so Hübler. Und genau<br />

das kann Printed Systems leisten. <strong>Elektronik</strong><br />

wird sich deshalb in Zukunft auch in Bereichen<br />

lohnen, in denen bislang noch niemand ernsthaft<br />

über den Einsatz nachgedacht hat.<br />

Joghurt mit Message<br />

Ein Beispiel für einen solchen Zukunftsmarkt<br />

sind die so genannten RFID-Tags. RFID steht<br />

für Radio-Frequency-Identification-Tag. Übersetzt<br />

bedeutet das, dass diese Bauteile Informationen<br />

nicht nur speichern können, sondern<br />

mittels Radiowellen auch senden. Auf Paletten<br />

und Großkartons ist RFID heute schon in der<br />

Logistik üblich. Für den Einsatz auf dem einzelnen<br />

Produkt sind sie aber noch viel zu teuer.<br />

Ein solches Funketikett könnte in Zukunft<br />

alle relevanten Informationen rund um ein Produkt,<br />

wie einen Joghurtbecher, enthalten. Handelsketten<br />

überlegen schon heute sehr konkret,<br />

wie sie mit Hilfe dieser Technik den Einkauf der<br />

Zukunft gestalten. So könnte zum Beispiel der<br />

Einkaufswagen seinen Inhalt scannen und Vorschläge<br />

machen, was dem Kunden noch fehlt:<br />

der trockene, französische Rotwein etwa zum<br />

kräftigen Bergkäse aus der Schweiz. Elektronische<br />

Einkaufslisten, die sich praktisch von allein<br />

aktualisieren, bis hin zu Kühlschränken, die<br />

sich melden, wenn die Milch ausgeht. Alle für ei-<br />

In Marl arbeitet der<br />

Gastwissenschaftler<br />

Wie Xie an bedruckten<br />

Folien, die als flexible<br />

Beleuchtungselemente<br />

eingesetzt werden können<br />

Folio 9 | 2006


nen solchen Service notwendigen Informa tionen<br />

könnten in Zukunft auf dem Preisschild stehen.<br />

„Aber“, so fragt Petrat, „was ist dem Konsumenten<br />

das Preisschild wert?“ Nichts! Und deshalb<br />

darf es auch nicht viel mehr kosten. Zurzeit<br />

liegen die Kosten für die konventionell<br />

produzierten RFID-Tags bei rund 10 Cent. „Sie<br />

müssten unter einem Cent liegen, dann würde<br />

der Handel vermutlich mit einem flächendeckenden<br />

Einsatz beginnen“, erläutert der<br />

Physiker. Mit gedruckter <strong>Elektronik</strong> erscheint<br />

das möglich. „Da muss man früh mit dem Handel<br />

zusammenarbeiten und auch mal darauf<br />

aufmerksam machen, was schon bald alles<br />

möglich ist – dank der eigenen Produkte.“<br />

„Inzwischen muss man in der Chemie nicht<br />

nur genau hinschauen, was der Kunde will,<br />

man muss ihm Systemlösungen anbieten können“,<br />

weiß Petrat. Chemie der Zukunft nennt<br />

er das. „Es genügt heute nicht mehr, ein Produkt<br />

einfach auf den Hof zu kippen.“ Früher<br />

war Chemie vielfach Pulver oder Granulat. Erfolg<br />

wurde in produzierten und verkauften Tonnen<br />

gemessen. „Heute zählt vor allem die Funktion<br />

des Produkts, der Kunde kauft Lösungen<br />

statt Chemikalien.“ Die Lücke zwischen Lieferant<br />

und Kunde schließen bei der Degussa die<br />

Science to Business Center. „Wir hinterfragen<br />

genau, welche Produkteigenschaften für den<br />

Kunden entscheidend sind“, so Petrat. Denn<br />

genau dieses Know-how ist in der Regel bei<br />

den Weiterverarbeitern nicht vorhanden. „Oft<br />

werden wir vom Kunden angesprochen und<br />

Folio 9 | 2006<br />

um Zusammenarbeit gebeten. Dieses Wissen<br />

macht inzwischen in der modernen Chemie<br />

den eigentlichen Wert aus.“<br />

Magische Silbertinte<br />

Das Modell Nanotronics ist Vorreiter in der deutschen<br />

Chemielandschaft. Doch die Chemie wird<br />

künftig immer häufiger vor der Aufgabe stehen,<br />

gemeinsam mit ihren Kunden Produkte zu entwickeln,<br />

die zu neuen Einsatzgebieten führen. Vom<br />

spannenden Thema zum starken Produkt nennt<br />

Petrat diese Entwicklung. Ein Beispiel für die<br />

enge Zusammenarbeit mit dem Kunden ist ein<br />

Produkt, dessen Name so klingt, als stamme es<br />

aus einem Harry-Potter-Roman: Silbertinte. Mit<br />

ihrer Hilfe können bereits heute die Antennen<br />

der RFID-Tags und Leiterbahnen gedruckt werden.<br />

Bei den Kunden ist die Tinte, die Silber enthält,<br />

ein gefragtes Produkt. Für die Degussa ist<br />

sie vor allem ein wichtiger Schritt auf dem Weg<br />

in einen neuen Markt, auf dem die RAG-Chemietochter<br />

schon bald mit einer neuen Produktgene<br />

ration vertreten sein wird – dank der Arbeit<br />

der Creavis. Die Nanotronics-Teams in Marl arbeiten<br />

schon jetzt an weiteren Einsatzmöglich-<br />

Die Fakten<br />

Im Science to Business<br />

Center Nanotronics arbeitet<br />

Creavis mit Wissenschaftlern<br />

und interna tional<br />

renommierten Hochschulen<br />

zusammen und kooperiert<br />

darüber hinaus mit zwei<br />

Graduiertenkollegs der<br />

Deutschen Forschungsgemeinschaft.<br />

Das Projekt<br />

wird von dem Land NRW<br />

gefördert und von der<br />

Euro pä ischen Union<br />

ko finanziert. Durch diese<br />

keiten, die zwar wie Science-Fiction klingen, aber<br />

schon bald Realität sein sollen. Selbstleuchtende<br />

Tapeten, die die Raumbeleuchtung ersetzten,<br />

sind im Bereich des Machbaren. Denn wer <strong>Elektronik</strong><br />

auf Papier bringt, kann sie auch auf Tapeten<br />

drucken. Auch selbstleuchtende Plakate<br />

können mit Hilfe so genannter elektrolumineszierender<br />

Schichten in großer Stückzahl gedruckt<br />

werden. Selbst flexible Monitore sind mit dieser<br />

Technologie denkbar, die dem TFT-Monitor<br />

Konkurrenz machen können. Kein Licht abstrahlen,<br />

sondern das eingefangene Licht in Energie<br />

umwandeln könnten gedruckte Solarpaneele.<br />

Der große Vorteil im Vergleich zur klassischen<br />

Solarzelle: Die Strukturen lassen sich auf Materialien<br />

aufdrucken, die im Hausbau eingesetzt<br />

werden, wie Dachpappe oder Kunststoffbahnen.<br />

Diese Produkte kann man heute zwar noch nicht<br />

beim Dachdecker bestellen, aber an den entscheidenden<br />

Lösungen arbeiten die Entwickler<br />

in Marl bereits. Und wenn in diesen Wochen in<br />

der Creavis die ersten elektronischen Komponenten<br />

im großen Maßstab gedruckt werden, so ist<br />

das Nanotronics-Team der neuen <strong>Elektronik</strong>-Ära<br />

ein ganzes Stück näher gekommen. US PPP<br />

Lisanne Richter<br />

überprüft an<br />

der TU <strong>Chemnitz</strong><br />

gedruckte elektronischeKomponenten<br />

Titelstory 17<br />

Zusammenarbeit werden<br />

einerseits die Ergeb nisse der<br />

Spitzenforschung unmittelbar<br />

in das Unternehmen<br />

getragen und andererseits<br />

jungen Wissenschaftlern Industriepraxis<br />

vermittelt.<br />

FOTOS: MARTIN BÜTTNER, KIRSTEN NEUMANN

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