19 FRANKE - Giza Archives Project
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Sesostris I., “König der beiden Länder”<br />
und Demiurg in Elephantine<br />
Detlef Franke<br />
elly Simpson hat sich schon in seiner Dissertation <strong>19</strong>54 mit<br />
der frühen 12. Dynastie beschäftigt, und seitdem hat ihn das<br />
Mittlere Reich immer wieder fasziniert. Vor allem seinem Buch<br />
über The Terrace of the Great God at Abydos (<strong>19</strong>74) ist es zu verdanken,<br />
daß ich mich mit den Stelen des Mittleren Reiches zu beschäftigen begann.<br />
Einer unserer gemeinsamen Lieblingsherrscher ist sicherlich Sesostris<br />
I. Folgendes soll ein kleiner Mosaikstein sein, Intentionen und<br />
Politik Sesostris’ I. besser zu verstehen. 1<br />
<strong>19</strong>75 veröffentlichte Labib Habachi 2 das Fragment einer Stele Sesostris’<br />
I., die am 5. Januar <strong>19</strong>08 während der zweiten Kampagne der<br />
französischen Grabungen unter Charles Clermont-Ganneau und Jean<br />
Clédat im Gebiet des späten Widderfriedhofes zwischen dem Satistempel<br />
und dem Chnumtempel gefunden worden war. Der Granitblock war<br />
dort—als Fußbodenplatte?—im nördlichen Teil der “Werkstatt(?)” für<br />
die Mumifizierung (Raum C) verbaut. 3 Weitere Objekte Sesostris’ I. vom<br />
selben Fundort sind der Statuensockel Cairo JE 41558, der in zwei Teile<br />
zerbrochen und mit einer Inschriftseite nach unten im Boden eingesenkt<br />
als zwei “Altäre, Arbeitstische” benutzt worden war, sowie Bruchstücke<br />
einer Opfertafel. 4<br />
K<br />
Die Stele wird heute im Ägyptischen Museum in Cairo aufbewahrt<br />
und trägt die Nummer <strong>19</strong>/4/22/1 im Temporary Register, das heißt sie<br />
wurde <strong>19</strong>22 im Museum registriert.<br />
Leider enthält die Zeichnung Habachis eine Reihe von Ungenauigkeiten<br />
und Fehlern, die das Verständnis der Inschrift behindert<br />
haben. Durch ein Photo der Stele, das ich von Bettina Hackländer-Von<br />
1 Susanne Bickel (während einer Bahnfahrt zwischen Leiden und Mannheim im Dezember<br />
<strong>19</strong>92), Claude Obsomer und Harco Willems haben Anregungen geliefert, die ich dankbar<br />
verarbeitet habe.<br />
2 Labib Habachi, “Building Activities of Sesostris I in the Area to the South of Thebes”,<br />
MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), pp. 30–31 und Fußnote 10, Fig. 3 (Zeichnung), Tafel 14c (Photo). Die<br />
Stele ist erwähnt in PSBA 30 (<strong>19</strong>08), p. 72, und PM V (<strong>19</strong>37), p. 229 als “granite block of<br />
Sesostris I”.—Eine Teilübersetzung bei Joachim F. Quack, Studien zur Lehre für Merikare,<br />
GOF IV/23 (Wiesbaden, <strong>19</strong>92), p. 124.
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
der Way erhielt, wurden meine Zweifel an der Richtigkeit der zeichnerischen<br />
Wiedergabe des Textes bestätigt. Von diesem Photo fertigte<br />
ich mit Hilfe des optischen Zeichengerätes “Bigraph Lightmaster 2”<br />
eine Zeichnung der Stele an, die zwar keine Autopsie ersetzen kann,<br />
aber hier veröffentlicht sei (Fig. 1).<br />
Das erhaltene Fragment bildet den unteren Teil einer Stele aus<br />
rotem Granit (“Rosengranit”) mit sieben Inschriftzeilen. Es ist heute<br />
noch 69 cm hoch und 60 cm breit. Der obere Teil mit dem Stelenrund<br />
ist abgebrochen und bisher nicht gefunden.<br />
Um die ursprüngliche Höhe der Stele zu rekonstruieren, bietet sich<br />
ein Vergleich mit ihrem Pendant an, der vollständig erhaltenen Stele<br />
London BM 963. Diese ist etwa 111 cm hoch und 64 cm breit, 5 so daß<br />
man annehmen kann, daß bei unserer Stele oben etwa 35–40 cm fehlen.<br />
Aus dem Textinhalt läßt sich schließen, daß von der Inschrift nicht<br />
mehr als eine Zeile oben fehlt, sie also ursprünglich acht Textzeilen umfaßte.<br />
Darüber wird sich eine Darstellung befunden haben, die wohl<br />
ähnlich der auf der Stele in London zu rekonstruieren ist: In der Mitte<br />
der Horus auf der Palastfassade mit dem Horusnamen Sesostris’ I., links<br />
und rechts davon Götterdarstellungen, dabei wahrscheinlich Satet (die<br />
im Text allein erwähnt ist). Die Inschrift besteht aus 7 waagerechten<br />
Zeilen und ist von rechts nach links zu lesen (Fig. 1):<br />
3 Vgl. H. Ricke, “Die Tempel Nektanebos’ II. in Elephantine und ihre Erweiterungen”, BeiträgeBf<br />
6 (<strong>19</strong>60), p. 34; W. Kaiser et alii (A. Krekeler), “Stadt und Tempel von Elephantine.<br />
13./14. Grabungsbericht”, MDAIK 43 (<strong>19</strong>87), p. 101ff., Plan: Abb. 10, Tf. 14a; W. Kaiser et<br />
alii (H. Jaritz), “Stadt und Tempel von Elephantine. <strong>19</strong>./20. Grabungsbericht”, MDAIK 49<br />
(<strong>19</strong>93), p. 165 mit Tf. 32b.<br />
Zur Fundsituation <strong>19</strong>08 vgl. die Skizze von J. Clédat bei Christiane Ziegler, Catalogue des<br />
stèles, peintures et reliefs égyptiens de l’Ancien Empire et de la Première Période Intermédiaire<br />
vers 2686–2040 avant J.-C., Musée du Louvre, Département des Antiquités<br />
Égyptiennes (Paris, <strong>19</strong>90), p. 310 links (“A, B”). Der Fundort kann nur im nördlichen Teil<br />
des Raumes C gelegen haben (etwa dort, wo in Clédats Skizze “A” steht; in MDAIK 43<br />
(<strong>19</strong>87), p. 102 Abb. 10 als “Störung” vermerkt, auf Tf. 14a als tiefes Loch zu erkennen), da<br />
die Sandstein-Fußbodenplatten im südlichen Teil heute noch zu sehen sind. Vgl. Ricke,<br />
a.a.O.; MDAIK 43 (<strong>19</strong>87), p. 103 mit Verweis auf “zwei Steinpodeste” (= Cairo JE 41558)<br />
nach einem unveröffentlichten Grabungsphoto vom 6.1.<strong>19</strong>08 (also einem Tag nach der<br />
Entdeckung!).<br />
4 Cairo JE 41558 = Habachi, a.a.O., p. 29f. Fig. 2 (136 x 118 x 30 cm); die linke Hälfte der<br />
Opfertafel befindet sich heute im Museum auf Elephantine (Habachi, a.a.O., p. 28 Fig. 1 =<br />
DAI Kairo, Neg.No. F 13587), ihr genaues Pendant ist Cairo CG 23003. Für Auskünfte über<br />
den Fundzusammenhang möchte ich Elisabeth Delange vom Louvre (Paris) sehr herzlich<br />
danken.<br />
5 E.A.W. Budge, A Guide to the Egyptian Galleries (Sculpture) (London, <strong>19</strong>09), p. 39<br />
(Photo); HTBM IV (<strong>19</strong>13), p. 5 und pl. I (Zeichnung). Die Maßangaben erfolgen durch Umrechnung<br />
der Angaben von Budge und Hall “H. 3 ft. 7 in., W. 2 ft. 1 1/2 in”. Die Stele<br />
stammt aus der Sammlung von Harris (1790–1869), die 1872 vom British Museum übernommen<br />
wurde. Siehe unten.<br />
276
Fig. 1. Stele Cairo TR <strong>19</strong>/4/22/1<br />
von Elephantine.<br />
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
(Z. 1) [Ìrw n∞-mswt Nbtj n∞-mswt Bjk-nbw n∞-mswt]<br />
Z. (x+1) = 2 [N†r nfr Nb] t£wj Nswt-Bjt ;Ópr-k£-Rw: Z£-Rw<br />
;Zj-nj-Wsrt: n∞ ∂[t r n¢¢(?)]<br />
Z. (x+2) = 3 jr.n≠f m mnw≠f n Mwt≠f Stt Nb t£wj qd £bw m (j)∞t n¢¢<br />
Z. (x+3) = 4 smn∞ m ∞rt ∂t s¢.n≠f w∂w≠f m m£†{w}<br />
Z. (x+4) = 5 rn≠f ¢r≠s m Nswt t£wj grg t£ sn∞ r∞wt dr btnw<br />
Z. (x+5) = 6 ss¢ p∂tjw j† t£wj m m£-∞rw Nb bnjt w£¢ mrw<br />
Z. (x+6) = 7 z£-Rw jmt.n≠f r Nswt w∂.n≠f n≠f j†jt m sw¢t<br />
Z. (x+7) = 8 N†r nfr;Zj-nj-Wsrt: mry Stt nbt £bw dj n∞ ∂d w£s ∂t<br />
[3] 1 (1) [ a) Horus “Aktiver der Schöpfung”<br />
2 Herrinnen(name) “Aktiver der Schöpfung”<br />
3 Goldfalke “Aktiver der Schöpfung”]<br />
2 4 (2) [Der perfekt-jugendliche Gott, Herr] der beiden Länder, a)<br />
5 König von Ober- und Unterägypten;Der-Entstanden-istnach-Art-des-KA-des-Re:,<br />
3 6 Sohn des Re ;Mann-der-Starken (Göttin); Sesostris:, b)<br />
7 der lebt in Ewig[keit und Unendlichkeit]:<br />
8 (3) Sein Denkmal machte er für seine Mutter Satis;<br />
277
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
8 2 9 Der Herr der beiden Länder, der Elephantine c) gebaut hat als<br />
Sache der Unendlichkeit<br />
10 (4) (und) der (es) ausgestattet hat als Angelegenheit der<br />
Ewigkeit: d)<br />
2 11 In Granit stellte er seine Stelen auf, e)<br />
12 (5) indem sein Name auf ihnen ist f) als ‘König der beiden<br />
Länder’ g) ,<br />
2 13 der das Land begründet (und) die Untertanen belebt hat, h)<br />
14 der die Rebellen beseitigt (6) (und) die Bogenleute vernichtet<br />
hat, i)<br />
2 15 der die beiden Länder ergriffen hat in Rechtfertigung, k)<br />
16 der Herr von Angenehmheit, mit dauernder Beliebtheit; l)<br />
2 17 (7) Sohn des Re, den er (Re) zum König bestimmt hat, m)<br />
18 nachdem er ihm befohlen hatte, (schon) im Ei Besitz zu ergreifen,<br />
n)<br />
3 <strong>19</strong> (8) Der perfekt-jugendliche Gott;Sesostris:,<br />
20 den Satis, die Herrin von Elephantine, liebt,<br />
21 dem gegeben ist Leben, Dauer (und) Macht in Ewigkeit.<br />
a)<br />
Vor dem Horusnamen kann theoretisch noch eine Datierung oder das “Anch-Zeichen”<br />
(vgl. Triade und Sockel von Elephantine = L. Habachi, MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), p. 29 Fig. 2, Tf.<br />
13a; Schrein Sarenputs I. im Heqaib-Heiligtum (No. 1) 6 ; Wadi el-Hudi, No. 143 = Cairo JE<br />
7<strong>19</strong>01) ergänzt werden.<br />
b)<br />
Zum Geburtsnamen, der sich auf eine Form der Hathor-Sachmet-Tefnut als siegreiche<br />
Göttin in Personifikation der Stadt Theben bezieht, siehe S. Morenz–Sh. Allam, “Warum<br />
hieß Sesostris Sesostris?”, FuF 36/1 (Januar <strong>19</strong>62), pp. 8–9.<br />
c)<br />
In der Regierungszeit Sesostris’ I. gibt es für den Ortsnamen “Elephantine” verschiedene<br />
Schreibweisen. Die Schreibung nur mit “Elephant” (E26) + “Wüstenlandzeichen” (N25)<br />
findet sich schon im Grab III von Assiut (Siut III, Z. 16) aus der Herakleopolitenzeit. Am<br />
Ende des 2. und im 4. Regierungsjahrzehnt Sesostris’ I. scheint eine “archaisierende”<br />
Schreibung für den Ortsnamen benutzt worden zu sein, die vorher so sonst nicht zu be–<br />
legen ist. 7 Phonetische Komplemente finden sich bei der Schreibung mit dem “Elephantenzeichen”<br />
in dieser Zeit nicht. Zumindest am Beginn der 12. Dynastie ist das Zeichen<br />
immer erkennbar ein Elephant, wenn auch mit kurzem Rüssel, zu langen und spitzen<br />
Ohren und zu schlankem Körper. Charakteristisch sind jedenfalls die langen Stoßzähne.<br />
Vgl. für die “Elephantenhieroglyphe”: E. Schott, “Ein Stempelsiegel in Form eines Ele-<br />
6 Für die Funde im Heqaib-Heiligtum vgl. Labib Habachi, The Sanctuary of Heqaib, Elephantine<br />
IV, AV 33 (Mainz, <strong>19</strong>85); Detlef Franke, Das Heiligtum des Heqaib auf Elephantine,<br />
SAGA 9 (Heidelberg, <strong>19</strong>94); für die Inschriften aus dem Wadi el-Hudi vgl. Ashraf I.<br />
Sadek, The Amethyst Mining Inscriptions of Wadi El-Hudi. Part I: Text (Warminster,<br />
<strong>19</strong>80), Part II: Additional Texts, Plates (Warminster, <strong>19</strong>85).<br />
7 P. Lacau – H. Chevrier, Une Chapelle de Sésostris Ier à Karnak (Le Caire, <strong>19</strong>56–<strong>19</strong>59), p.<br />
214, pl. 3 links = pl. 25 (scene 27); p. 238ff., pl. 42 unten. Nur E26 + N25 auch im Grab<br />
Sarenputs I. auf Vorhof-Pfeiler IV (Südseite), Z. 9 = A. H. Gardiner, “Inscriptions from the<br />
tomb of Si-renpowet I., prince of Elephantine”, ZÄS 45 (<strong>19</strong>08), pl. VIIIA = Urk. VII, 5, <strong>19</strong><br />
zu lesen?<br />
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Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
phanten”, MDAIK 27 (<strong>19</strong>71), p. 99ff. “Elephantine” ist andererseits rein phonetisch geschrieben<br />
und nur mit dem “Stadtzeichen” (O49) determiniert auf den beiden Opfertafeln, der<br />
Statuenbasis einer Triade Sesostris’ I., der großen Inschrift Sesostris’ I. und Reliefbei–schriften<br />
vom Satistempel auf Elephantine. 8<br />
d)<br />
Zum König als Bauherrn vgl. Blumenthal, Königtum, p. 113ff. (C1. 1ff.), mit den beiden Lexemen<br />
qd und smn∞ 9 sind Handlungen im Rahmen der “Entfaltung und Erhaltung der Schöpfung”<br />
angesprochen. Die qd-Hieroglyphe (A35) ist ähnlich geschrieben wie in einem<br />
früheren Text in Assiut (Siut IV, Z. 21); auf der Stele Sarenputs I. im Heqaib-Heiligtum und in<br />
der königlichen Bauinschrift vom Satistempel wird dagegen die “Normalform” verwandt. 10<br />
Zu den beiden Adverbialphrasen (j)∞t n¢¢ / ∞rt ∂t vgl. pBerlin 3029, I, Z. <strong>19</strong>; Blumenthal,<br />
Königtum, p. 141f. (C6. 10); Stele London BM 574, Z. 12 = Sethe, Lesestücke, p. 75, 14 [Amenemhet<br />
II.]; Cairo CG 589, Thronseite links, Z. 5: smn∞ ¢r ∞rt ∂t [Thutmosis III/IV.]. Eines der<br />
Hauptthemen der Politik Sesostris’ I.: das “Bauen für die Ewigkeit”.<br />
e) 11<br />
s¢ kann hier nicht Infinitiv sein wie in den von E.W. Castle, JEA 79 (<strong>19</strong>93), p. 99(1) und<br />
p. 108f.(26) zitierten Beispielen, sondern muß—wegen des maskulinen Suffixpronomens—<br />
substantivisches s∂m.n≠f sein. W∂ mit der “Buchrolle” determiniert bedeutet gleichzeitig<br />
“(königlicher) Befehl, Beauftragung” und “Stele”. 12 Diese “Bifokalität” von [Handlung:<br />
königliche Worte: Potentialität] ⇒ [Resultat: Verewigung auf dauerhaftem Stein: Aktualität] 13<br />
hängt mit der schöpferischen Kraft des Wortes (Logos) 14 zusammen: “Wenn etwas aus dem<br />
Mund Seiner Majestät hervorkam, geschah es sofort” (Urk. I, 39, 13/14 [Sahure]). Daß sich die<br />
Aussage hier konkret auf die beiden Stelen Sesostris I. bezieht (obwohl mit der “Buchrolle”<br />
determiniert 15 !), wird durch das Verb s¢ “aufstellen, errichten” deutlich, vgl. Wadi<br />
Hammamat M <strong>19</strong>2, Z. 3 [Mentuhotep IV.].<br />
8 Cairo CG 23003; L. Habachi, MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), p. 28 Fig. 1 (Zeichnung falsch: Determinativ<br />
nur “Stadtzeichen”, kein Platz für das “Wüstenlandzeichen”!), p. 29 Tf. 13a<br />
(Triade = A. Weigall, ASAE 8 (<strong>19</strong>07), p. 47). W. Schenkel, “Die Bauinschrift Sesostris’ I. im<br />
Satet-Tempel von Elephantine”, MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), Tf. 33a (S649), 35a (S6<strong>19</strong>), 38a (S137);<br />
W. Kaiser, MDAIK 44 (<strong>19</strong>88), Tf. 52 rechts.<br />
9 qd und smn∞ sind aktive perfektive Partizipien (PPA), smn∞ kann sich nicht als<br />
Pseudopartizip auf “Elephantine” beziehen, da der Ortsname wie ein Femininum behandelt<br />
wird, vgl. Habachi, Heqaib, No. 49d, Z. 2/3 = pl. 128. Vgl. für smn∞ “effizient<br />
machen”: Janssen, Autobiografie, II, Eb 1, 5–7; Blumenthal, Königtum, p. 114f. (C1. 11–<br />
13).<br />
10 Für Assiut vgl. D.B. Spanel, Or 58 (<strong>19</strong>89), p. 312 n. 53, Tab. XIII, Fig 28, für Sarenput:<br />
Habachi, Heqaib, pl. 13 (No. 2, Z. 2ff.), pl. 24 (No. 9, Z. (x+4, 10, 15, <strong>19</strong>)). Für die Satistempelinschrift<br />
vgl. MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), Tf. 34b (SoNr1), Tf. 37 (SoNr2, Z. 5), und Reliefblock<br />
MDAIK 44 (<strong>19</strong>88), Tf. 52 rechts. – Nur eine Autopsie könnte klären, ob auf der Stele in<br />
Cairo ein König(?) dargestellt ist mit enganliegender Kappe (wie Ptah!?) und Uräus(?), das<br />
Photo ist hier nicht eindeutig.<br />
11 So von L. Habachi, MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), p. 31 verstanden: “erecting for himself stelae of<br />
red granite”.<br />
12 Zb. Zába, “Deux mots du Wörterbuch réunis”, ArOr 24 (<strong>19</strong>56), p. 272ff.; LÄ VI, 1ff.; Blumenthal,<br />
Königtum, pp. 129 (C3. 4), 114 (C1. 9); Antef II.(?), Inschrift Torino Cat. Suppl.<br />
No. 1310, Z. 9 = J. Vandier, “Une Inscription Historique de la Première Période Intermédiaire”,<br />
Fs Polotsky (<strong>19</strong>64), p. 9ff., pl. I.<br />
13 Vgl. Hannes Buchberger, Transformation und Transformat. Sargtextstudien I, ÄA 52<br />
(Wiesbaden, <strong>19</strong>93), p. 175f.<br />
14 Vgl. zuletzt: Susanne Bickel, La cosmogonie égyptienne avant le Nouvel Empire, OBO<br />
134 (Fribourg/Göttingen, <strong>19</strong>94), p. 100ff.<br />
15 Siehe Anm. 12 und vgl. Stele Louvre C 1, Z. 1 senkrecht = Sethe, Lesestücke, p. 82, 11;<br />
pBerlin 3029, I, Z. 4/5 [Sesostris I.]; auch pKahun, pl. I, Z. 11: “Dessen Befehle (auf Grenzstelen!)<br />
seine Landesgrenzen markierten (und) dessen Wort die beiden Ufer zusammenhielt”<br />
[Sesostris III.]. Deutlich andererseits Stele Cairo CG 20512, Z. 6 (senkrecht):<br />
“Festsetzen (smn) dieses Befehls (w∂) auf Stein…” (TPPI, § 16) [Antef II., Jahr 50].<br />
279
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
Die Betonung liegt in der Aussage, daß die Stelen aus Granit seien, dem dauerhaften<br />
Material für den “monumentalen Diskurs” schlechthin. Die Schreibung für “Granit”<br />
führt dabei im Sinnspiel die “Bifokalität” von w∂ fort: m£† bedeutet zwar “(roter)<br />
Granit” 16 [Konkretum], aber—die Assoziation ist angedeutet durch die Determinierung<br />
mit der “Buchrolle” und die Pluralstriche—auch “(preisend) verkünden” (m£†: WB, II, 34,<br />
<strong>19</strong>–22) [Abstraktum]. Granit ist Material und Medium der Verkündung, hier des Namens<br />
des Königs.<br />
m£†(.w) rn≠f “indem verkündet wurde sein Name” in einer autobiographischen Inschrift<br />
in einer Mastaba bei der Pyramide Sesostris I. in Lischt, 17 und ähnlich bei Hatschepsut<br />
(Urk. IV, 260, 2; 261, 3/11), jeweils auf die Verkündung der Namen des Königs bezogen. Für<br />
einen Beamten in Beni Hasan I, pl. XXV, Z. 69/70, vgl. pl. XXXIII, Z. 4 [Sesostris II.] (siehe<br />
Anm. m).<br />
f) Zur (nicht unbedingt notwendigen) Ergänzung ¢r≠s (3. Person Plural), was sich auf<br />
die “Stelen” bezieht, vgl. Edel, Altäg. Gramm., § 164; inhaltlich: Blumenthal, Königtum,<br />
p. 139 (C6. 3/4); pBerlin 3029, I, Z. 18.<br />
g) “König der beiden Länder” (WB, II, 327, 10–12) ist im Gegensatz zu Nb t£wj “Herr der<br />
beiden Länder” ursprünglich kein Titel des Pharao. 18 Es ist ein Titel des memphitischen<br />
Gottes Ptah <strong>19</strong> , zum ersten Mal offenbar unter Amenemhet I. zu belegen in der Kombination<br />
“Ptah, Herr der gerechten Ordnung (Ma’at), König der beiden Länder”. 20<br />
h) Hier ist der Aspekt des fürsorglichen Handelns nach Innen, gegenüber den Untertanen<br />
angesprochen. Vgl. Stele London BM 963, Z. 2 (dort offenbar progressive Partizipien, siehe<br />
unten zu Stele London BM 963, Anm. b)); Blumenthal, Königtum, p. 176f. (E1. 18ff.), 254<br />
(F5. 12), 350 (G6. 16–18); Cairo CG 20539, I, Z. 15, II, Z. 18 [Sesostris I.].<br />
16 Eine Determinierung von “Granit” (WB II, 34, 3ff.) mit der “Buchrolle” ist mir sonst<br />
nicht bekannt, auch “verkünden” wird sonst nicht so geschrieben. Jedoch könnte die<br />
“Buchrolle” aus der “Steinhieroglyphe” (O39) mißverstanden sein, die Pluralstriche aus<br />
den “Drei (Mineral-)Kügelchen” (N33), vgl. die Schreibung Urk. I, 109, 5, und die Bemerkung<br />
von Gardiner, EG, p. 490 zu N33. Wohl kaum für das -.w= eines passivischen<br />
s∂m.w≠f, dann könnte man auch n≠f auf den König beziehen und übersetzen: “Das Aufstellen<br />
(Infinitiv) für ihn seiner Stelen, / indem verkündet wird sein Name auf ihnen als<br />
‘König der beiden Länder’”.<br />
17 A. Lansing, BMMA 28, II “The Egyptian Expedition <strong>19</strong>32–<strong>19</strong>33”, (November <strong>19</strong>33), p.<br />
26, 31 Fig. 38, Z. 3/4, vgl. zu dieser Inschrift W.K. Simpson, JARCE 2 (<strong>19</strong>63), p. 61 n. 40;<br />
ders., LÄ V, 896/899 n. 80. In Z. 1 der Inschrift findet sich übrigens eine schöne Paraphrase<br />
nach der “Prophezeiung des Neferti”, Z. 58/59: “… der Sohn eines Würdenträgers (s¢,<br />
entspricht z£ nj zj!) von Oberägypten, geboren [in…] …” m£† rn dann noch im sogenannten<br />
“Denkmal memphitischer Theologie”, Z. 3, 13c, 55.<br />
18 Es wird jedoch für den König als Gabe der Götter seit der 11. Dynastie der abstrakte<br />
Begriff “Königtum der beiden Länder” (Nswjjt t£wj) benutzt: WB V, 218, 4/5; Blumenthal,<br />
Königtum, p. 28f. (A2. 5, 7, 13–16), 174f. (E1. 9); Ulrich Luft, Beiträge zur Historisierung<br />
der Götterwelt und der Mythenschreibung, Studia Aegyptiaca IV (Budapest, <strong>19</strong>78), p. 66ff.,<br />
auch Stele Torino Cat. Suppl. No. 1310 (vgl. Anm. 12), Z. 7 zu ergänzen?<br />
<strong>19</strong> Vgl. Maj Sandman-Holmberg, The God Ptah (Lund, <strong>19</strong>46), p. 83ff.; Luft, a.a.O., pp. 62,<br />
142ff.; Bickel, La cosmogonie, p. 137ff. Unter Sesostris I. scheint auch Nb t£wj als Titel des<br />
Ptah belegt zu sein, siehe Anm. 56. Im Neuen Reich auch Titel des Residenzgottes Herischef<br />
von Herakleopolis: LÄ II, 1016 n. 24.<br />
20 Auf einem Altar (∂b£t) aus Rosengranit, gefunden in Kom Qal’a (Mariette, Mon. Div., p.<br />
10, pl. 34f = PM III, 862), ein Pendant mit identischer Beschriftung (und demselben<br />
“Schreibfehler”: mnw n f jtj≠f statt richtig: mnw≠f n jtj≠f!) als Stiftung für Amun befindet<br />
sich im Ptahtempel von Karnak (Mariette, Karnak, p. 41f., pl. 8e = PM II, 68). Vgl. L.M.<br />
Berman, Amenemhet I, Ph.D. Diss. Yale University <strong>19</strong>85 (Ann Arbor, <strong>19</strong>86), p. 56f.; Luft,<br />
a.a.O., p. 142f. Zum Titel Nb m£t vgl. LÄ V, 160f., auch sonst von Ptah (CT VI, 267b/o<br />
[647]), aber auch Atum und Re getragen.<br />
280
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
i)<br />
Komplementär zum vorhergehenden Vers ist hier der Aspekt der Vernichtung der Feinde<br />
und der Abschreckung nach Außen behandelt. Vgl. Blumenthal, Königtum, p. 231f. (F3.<br />
17); LÄ II, 359ff.<br />
Für btnw/b†nw-Rebellen vgl. Wadi el-Hudi, No. 143, Z. 5; Wadi Hammamat M 17 21 , Z.<br />
11/12 [Amenemhet III, <strong>19</strong>]; John Barns, “A New Wisdom Text from a Writing-Board in Oxford”,<br />
JEA 54 (<strong>19</strong>68), p. 75 (Text B), pl. XI, Z. 3; WB I, 486, 1/2; Blumenthal, Königtum, pp.<br />
212 (F1. 23), 241 (F4. 7), auch b†n-jb: Siut I, Z. 230; Stele Louvre C 240, Z. 3/4 (ANOC 3,<br />
pl. 9).<br />
Zu zz¢ > ss¢ “zerstampfen, zerschlagen > vernichten” 22 : Stele Louvre C 1, Z. 14 (ANOC<br />
6, pl. 14; Claude Obsomer, “La Date de Nésou-Montou (Louvre C 1)”, RdE 44 (<strong>19</strong>93), pp.<br />
105, 126): “Ich schlug nieder die Feinde (und) warf nieder die Gegner meines Herrn”, und<br />
Z. 4/5 senkrecht (Sethe, Lesestücke, p. 82, 12/13): “Ich schlug nieder die Bogenleute, Beduinen<br />
und Sandbewohner…” [Sesostris I., 8(?)].<br />
k)<br />
Vgl. WB II, 16, 13; CT I, 53b [17]; Siut I, Z. 233 = Urk. VII, 55, 13 [Sesostris I.]; Blumenthal,<br />
Königtum, p. 173 (E1. 4) = pKahun, pl. I, Z. 1 [Sesostris III.]; auch Urk. IV, 1279, 6<br />
[Amenophis II.]. Die richtige Lesung vermutete schon Quack, Merikare, p. 124 mit Anm.<br />
8. Claude Obsomer schlägt vor, so auch in Z. 5 (waagerecht) auf der Stele Firenze No. 29<br />
(Inv. No. 2540) aus Buhen zu lesen: “Geb hat ihm gegeben das Erbe seines Vaters, 23 da er<br />
(Geb) wußte, daß er (Sesostris) die beiden Länder packen würde in …” 24<br />
[Sesostris I., 18]. Verweis auf die rechtmäßige Besitzergreifung des Erbes (vgl. CT I, 53b mit<br />
27a!) durch Horus: “In Rechtfertigung” (m£-∞rw) bezieht sich auf den Situationskontext<br />
der mythischen Gerichtsverhandlung um das Erbe des Osiris, aus der Horus als Sieger<br />
gegenüber den Feinden des Osiris (und Horus) hervorgeht, um diese dann zu bestrafen und<br />
zu vernichten. Im Grab des Djefai-Hapi wird der Osirissohn Upuaut bezeichnet als “der<br />
auf dem nst-Besitz des Atum-Re ist; der Starke, der mächtiger als die (anderen) Götter ist,<br />
der die beiden Länder in Rechtfertigung ergriffen hat (und) dem das Erbe der Unendlichkeit<br />
gegeben ist” (Siut I, Z. 232/233 = Urk. VII, 55, 11–14). Die Horus-Rolle kann auf Upuaut<br />
(als “streitbarer Horus” und “von angenehmer Beliebtheit” (bnj mrwt)), Ptah (in CT [647],<br />
siehe unten) und den König übertragen werden. Die Handlungen des Königs werden so mit<br />
den Handlungen der Göttersöhne auf mythischer Ebene gleichgesetzt. j†(.w) t£wj ist natürlich<br />
gleichzeitig eine Anspielung auf den Namen der Residenzstadt Sesostris’ I.: “(Amenemhet,)<br />
der die beiden Länder ergriffen hat” beim modernen el-Lisht.<br />
l)<br />
Thema ist hier der “Gnadenaspekt” Pharaos. Es geht um die patronalen Eigenschaften<br />
des Herrn, der “angenehm (bnj), von Freundlichkeit (jm£t)” im Umgang ist und der<br />
“Beliebtheit, Wertschätzung (mrwt)” besitzt. Der Begriff mrwt ist vielschichtig 25 und<br />
bezeichnet hier eine durch sein Handeln erworbene Eigenschaft des Königs, die sich—im<br />
Gegensatz zu jm£t—auf sein Ansehen bei anderen bezieht. Es muß offen bleiben, ob der<br />
König hier “beliebt” bei den Göttern oder bei den Untertanen ist. Gern werden zwei Af-<br />
21 Wadi Hammamat-Inschriften nach J. Couyat – P. Montet, Les Inscriptions hieroglyphiques<br />
et hieratiques du Ouadi Hammamat, MIFAO 34 (Le Caire, <strong>19</strong>12), No.<br />
22 WB IV, 475, 1. Vielleicht eine Verstümmelung der Reduplikation von z¢ “stampfen”<br />
(WB III, 464, 1/2): z¢z¢ > zz¢, vgl. Edel, Altäg. Gramm., § 343. Aus späterer Zeit scheint<br />
die volle Form s¢s¢ “zerschlagen, zerstoßen > vernichten, besiegen” belegt zu sein, vgl.<br />
KoptHWb, p. 214 mit weiteren Angaben. In Verbindung mit den “Bogenleuten” erinnert<br />
die Wortwahl hier an die Neunbogen(völker), die—dargestellt z. B. auf Statuenbasen—vom<br />
König “zertreten” (ptpt) werden.<br />
23 Vgl. Blumenthal, Königtum, p. 32 (A3. 8); Sinuhe, B 46/47 = R 71; für Upuaut: Siut I, Z.<br />
232/233; für Ptah: CT VI, 267h, 268g [647].<br />
24 rdj.n n≠f Gb jwt jtj≠f ∞.n≠f *j†j≠f t£wj m , Interpretation nach der Zeichnung<br />
von Alessandro Ricci (1818/18<strong>19</strong>) im Nachlaß von W.J. Bankes, vgl. H.S. Smith, The<br />
Fortress of Buhen. The Inscriptions, EEF 48 (London, <strong>19</strong>76), pl. LXIX, 1, p. 39ff.; Cl.<br />
Obsomer, GM 130 (<strong>19</strong>92), p. 57 n. 1.<br />
25 Vgl. W.K. Simpson, “Amor Dei …”, Gs Otto (Wiesbaden, <strong>19</strong>77), p. 493ff.; Blumenthal,<br />
Königtum, p. 275f.; Jan Assmann, Politische Theologie zwischen Ägypten und Israel<br />
(München, <strong>19</strong>92), p. 99ff.<br />
281
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
fekte im Parallelismus benutzt, vgl. wr sn∂ / £ mrwt “groß an Furcht (die der König zentrifugal<br />
verbeitet: der Respekt vor ihm), von großer Beliebtheit (die Wertschätzung, die<br />
dem König zentripetal gezollt wird)” in Wadi Hammamat M 114, Z. 4/5 = M <strong>19</strong>2, Z. 8<br />
[Mentuhotep III./IV.]. Dogmatisch-mythisch sind mit bnjt und mrwt Eigenschaften der<br />
“befriedeten” Göttin, verkörpert durch Bastet, angesprochen. Im soziokulturellen “Modell”<br />
der Ägypter von der Natur des Menschen sind diese Eigenschaften und ihr Gegenteil<br />
(Wildheit, Aggressivität) der Frau zugeteilt. Einer der ältesten Belege für die “Freundlichkeit:<br />
Sanftheit, Milde” und “Süße” als angenehme Eigenschaften (Nbt jm£t / bnjt mrwt)<br />
findet sich bezeichnenderweise für eine Frau: der Schwester Mentuhoteps II., Prinzessin<br />
Nofru von TT 3<strong>19</strong>, 26 später dann adaptiert bei Frauen in Qaw el-Kebir-Familien (Stelen<br />
Cairo CG 20313, CG 20342).<br />
Für Nb bnjt / w£¢ mrw scheint es keine direkte Parallele zu geben, vgl. aber zeitgenössisch:<br />
– Nb bnjt: Siut I, Z. 230 (Urk. VII, 54, 18; Djefai-Hapi [Sesostris I.]); vgl. bnj bjt vom König:<br />
Wadi el-Hudi, No. 143, Z. 6 (Blumenthal, Königtum, p. 277f. (G1. 39) [Sesostris I., 17]);<br />
– Nb jm£t als respektvolle Anrede für ihren Herrn von Dienern bei der Opferübergabe:<br />
Moskau, Pushkin Museum of Fine Arts, Katalog Hodjash/Berlev (<strong>19</strong>82) No. 25 [Antef II.];<br />
Louvre C 15 (RdE 1 (<strong>19</strong>33) pl. IX; Schenkel, MHT, § 498) [Mentuhotep II.]; vgl. noch Torino<br />
Cat. No. 1447, Z. 8/9: Meru ist “mild zu seinen Meret-Arbeitern” (jm£ n mrwt≠f) [Mentuhotep<br />
II., Jahr 46]; Ìq£ jm£t: Cairo CG 20457 [Sesostris I.];<br />
– Nb jm£t / w£¢ mrwt: Beni Hasan I, pl. VIII, Z. 15 (Urk. VII, 15, 13; Grab 2 [Sesostris I., 43]);<br />
– mn mrwt allein: London BM 1177 aus Buhen (HTBM IV, pl. 3, Z. 6 Ende [Sesostris I.]; vgl.<br />
Blumenthal, Königtum, p. 276 (G1.35));<br />
– Nb jm£t / £ mrwt: Beni Hasan I, pl. XV (Urk. VII, 21, 10; Grab 2 [Sesostris I., 43]) = Beni<br />
Hasan I, pl. XLI (Urk. VII, 43, 7; Grab 13 [12. Dyn.]) = Assiut, Grab VI, Z. 12 (P. Montet,<br />
Kêmi 6 (<strong>19</strong>36), p. 133; “Schatzmeister von Assiut” Djefai-Hapi [Anfang 12. Dyn.]) = Stele<br />
des Amen-Woser (W.K. Simpson, JEA 51 (<strong>19</strong>65), p. 65, pl. XIV, Z. 6 = JEA 52 (<strong>19</strong>66), p. 174<br />
[Amenemhet III.]);<br />
– Nb jm£t / £ bnjt: vom König bei Sinuhe, B 65/66 (Blumenthal, Königtum, p. 276f. (G1.<br />
36));<br />
– Nb jm£t / bnj mrw: Beni Hasan II, pl. XXXI (Grab 29, Ende 11. Dyn.) = Louvre C 172,<br />
Z. 7 [Amenemhet II., 3]; bnj mrwt von Sesostris I. in der chapelle blanche (Blumenthal,<br />
Königtum, p. 73 (B2. 4)); in der “Lehre eines Mannes für seinen Sohn”, § 20, 4 allein Nb<br />
jm£t;<br />
– Nb mrwt / £ jm£t: Siut I, Z. 228 (Urk. VII, 54, 11);<br />
– Nb s∞rw / £ mrwt: Cairo CG 20539, I, Z. 12 [Sesostris I.].<br />
m)<br />
Habachi las und ergänzte die Stelle zu [d]hn.n≠f r Nswt…, wozu zu vergleichen wäre<br />
pBerlin 3029, I, Z. 10. Es handelt sich aber um das Zeichen “(mit der roten Krone)<br />
gekröntes Kind” (A18), das jmt zu lesen ist. Es erscheint an dieser Stelle eindeutig als Verbalform<br />
(Relativform) und bestätigt sehr schön die Ausführungen von Oleg D. Berlev, BiOr<br />
40 (<strong>19</strong>83), p. 356f. 27 Die bisher bekannten Belege stammen alle aus dem zweiten Jahrzehnt<br />
der Regierung Sesostris’ I.—außer der Heliopolis-Inschrift, die in der einzig überlieferten<br />
Kopie aus der 18. Dynastie in das 3. Jahr Sesostris’ I. datiert ist (pBerlin 3029, I, Z. 11: “Er<br />
(Re-Harachte) bestimmte mich zum ‘Palastbewohner,’ (schon) als Kleinkind, als ich noch<br />
nicht hervorgekommen war aus meinen (mütterlichen) Schenkeln”). Zwei Belege aus der<br />
Zeit der Südexpeditionen im Jahre 17/18 sind Wadi el-Hudi No. 143, Z. 8: “Seine (Sesostris’<br />
I.) beiden Augen bestimmen (sogar) in (den entferntesten) Inseln und Wüsten”, und<br />
26 Gabet, RecTrav 12 (1892), p. 217 = WB I, 80, 5 = L. Kuchman, JSSEA IX (<strong>19</strong>78–<strong>19</strong>79), p.<br />
24; jm£ im Kontext der Epitheta einer Hathorpriesterin auch auf einer Stele aus Naga ed-<br />
Dêr: Lutz, Tomb Steles, pl. 15 (no. 28) = Schenkel, MHT, § 300 [11. Dyn.].<br />
27 Siehe noch Oleg Berlev, “A Social Experiment in Nubia During the Years 9–17 of Sesostris<br />
I”, M.A. Powell (ed.), Labor in the Ancient Near East, American Oriental Series 68<br />
(New Haven, Conn., <strong>19</strong>87), p. 149. Zu beachten ist, daß jmt(j) als Nomen “Der von Imet<br />
> Zögling, Kind” erst ab der Ramessidenzeit belegt ist (WB I, 78, 17).<br />
282
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
Stele Firenze No. 29 (Inv. No. 2540), Z. 6 (waagerecht; nach der Kopie von Ricci): “Er (Geb)<br />
hat ihn (Sesostris I.) bestimmt zum ‘Palastbewohner,’ (schon) in seiner Jugend, als er noch<br />
unbeschnitten war”.<br />
Der Sinn des transitiven Verbs jmt ist “erschaffen und dem Geschaffenen eine Form geben:<br />
bestimmen”, und zwar—in Anspielung auf das Sonnenauge und die Augen(brauen)<br />
des Sonnengottes Re—“durch einen Wink mit den Augenbrauen”. 28 Die schöpferische<br />
Kraft, die dem Auge des Sonnengottes innewohnt, ist auch sonst zu belegen; man denke<br />
nur an Sargtextspruch 1130, wo die Menschen aus den Tränen des Sonnengottes<br />
entstanden sein sollen. 29 Das Wort scheint eine typisch “heliopolitanische” Erfindung für<br />
die königlichen Texte Sesostris’ I. zu sein. 30 Es wird zweimal nur mit dem Logogramm der<br />
Königskind-Hieroglyphe A18 geschrieben. Dies ist—etwa nach dem Osiris-Horusmythos—eine<br />
Anspielung auf das Götterkind (Horus/Harsomtus), das in den Sümpfen des<br />
Deltas aufwächst, hier lokalisiert in Jmt = Tell el-Faraun (Tell Nebescheh im Ostdelta). 31<br />
Der Ortsgott ist ein Sohn der “Nördlichen (Göttin)” oder “Der (Göttin) von Jmt” (später =<br />
Uto). Die Schreibung von Jmt mit den “Augenbrauen” (in der Spätzeit) spielt an auf den<br />
großen Komplex der “Augensagen”, der im Delta schon früh eine Rolle gespielt zu haben<br />
scheint: Schu und Tefnut als Kinderpaar des (Atum-)Re gelten als rechtes und linkes Auge<br />
des Sonnengottes, 32 man denke auch an Harmerti “Horus der beiden Augen” in Horbeit<br />
und Chenti-irti/Chenti-en-irti in Letopolis.<br />
Zum Komplex der “Vorbestimmung” vgl. Irene Shirun-Grumach, Offenbarung, Orakel<br />
und Königsnovelle (ÄAT 24; Wiesbaden, <strong>19</strong>93), p. 166ff., für Amenophis III.: Urk. IV, 1675,<br />
5/6; Buchberger, Transformation, pp. 452, 513ff.<br />
Auf der Elephantinestele wird jmt zusätzlich im Sinnspiel mit dem zuvor genannte m£†<br />
“Granit (aus Aswan)” (= Süden) genannt. Ein ähnliches Bild mit entsprechender “geographischer”<br />
Verteilung der Termini liegt auch in Beni Hasan I, pl. XXV, Z. 69/70 (Grab 3<br />
[Sesostris II.]) vor: “Der verkündet ist (m£†) vom oberägyptischen Nswt-König (und) bestimmt<br />
ist (jmt) vom unterägyptischen Bjt-König zu seiner Würde eines ‘Stadtvorstehers’”.<br />
n)<br />
Die “Beauftragung” (w∂: “befehlen”, “schaffen durch das Wort”) zum “Eroberer”<br />
scheint zeitlich der “Bestimmung” zum König vorauszugehen (circumstantial s∂m.n≠f:<br />
Plusquamperfekt), das entspricht tatsächlich Sesostris’ Biographie: Zunächst führte er für<br />
28 Deswegen kann die Konsonantenfolge jm in der Zeit Sesostris’ I. auch mit der “Augenbraue”<br />
(D13) als Zweikonsonantenzeichen und Semogramm determiniert werden: Stele<br />
Sarenputs I. im Heqaib-Heiligtum No. 9 (= Habachi, Heqaib, p. 39 n. p, pl. 25, Z. (x+ 16)):<br />
jm(w)-“Lastschiff”, und im Imperativ jm(j) in Schrein No. 2 (= Habachi, Heqaib, pl. 15a,<br />
Z. 7). Dies ist eine gewählt-spielerische Schreibung für das Silbenzeichen jm > m (Aa13).<br />
29 CT VII, 465a; vgl. Bickel, La cosmogonie, p. 91ff. Sia, die Personifikation der “Erkenntnisfähigkeit”<br />
des Schöpfergottes/Königs kann ihren Sitz—außer im Herzen—im Auge<br />
Gottes haben, vgl. Bickel, a.a.O., pp. 96f., 108f.<br />
30 Neben dem schon existierenden Ortsnamen Jmt (mythologisch interpretiert als Nisba<br />
der Präposition m: “das in/an (dem Kopf des Sonnengottes) befindlich ist”: “das Auge”?)<br />
kann jm “Gestalt, Ton, Lehm” (WB I, 78, 1–4) die Wortschöpfung beeinflußt haben, sowie<br />
der unregelmäßige Imperativ von rdj: jm(j) “Mache, Laß, Gib!” (vgl. Edel, Altäg. Gramm.,<br />
§ 607; Gardiner, EG, § 336), der seit dem Mittleren Reich mit Aa13 (interpretiert als<br />
“Augenbraue(n)”) geschrieben sein kann.<br />
31 WB I, 78, 12; H. Kees, “Ein Handelsplatz des MR im Nordostdelta”, MDAIK 18 (<strong>19</strong>62),<br />
p. 12 n. 2; Karola Zibelius, Ägyptische Siedlungen nach Texten des Alten Reiches, BTAVO<br />
<strong>19</strong> (Wiesbaden, <strong>19</strong>78), p. 37f.; LÄ III, 140f.; Farouk Gomaà, Die Besiedlung Ägyptens<br />
während des Mittleren Reiches. II. Unterägypten und die angrenzenden Gebiete, BTAVO<br />
66/2 (Wiesbaden, <strong>19</strong>87), p. 210ff.: eine Stadt ca. 14 km südöstlich von Tanis, die als nördlichster<br />
Punkt des Landes gelten konnte.<br />
32 Bickel, La cosmogonie, pp. 97, 129ff., 168ff. Vgl. LÄ I, 564ff.; 921f. (s.v. “Chemmis”); W.<br />
Schenkel, “Z£.t “Kindchen”, †£.t “Jüngchen””, GM 84 (<strong>19</strong>85), p. 65ff.; “Kinderpaar des Bjt-<br />
Königs/Horus” (Pyr. Übers. IV, pp. 30–33; RÄRG, p. 688; LÄ III, 437f.; V.A. Donohue, JEA<br />
74 (<strong>19</strong>88), p. 114ff.).<br />
283
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
seinen Vater Amenemhet I. Kriege (vgl. Sinuhe, R 11–16), erst nach dessen Tod wird er<br />
König. Mit dem Stichwort w∂ ist aber auch die Assoziation mit Hu, der Personifikation<br />
des “schöpferischen Ausspruchs”, gegeben, der—im Gegensatz zur “Erkenntnis” (Sia), die<br />
im Auge des Schöpfers (vgl. jmt) ihren Sitz haben kann—seinen Sitz im Mund des<br />
Schöpfergottes hat. Zum Topos vom “Eroberer schon im Ei” (j†j m sw¢t) vgl. pBerlin 3029,<br />
I, Z. 8ff., 14 = Blumenthal, Königtum, p. 35ff. (A4. 1ff.), 92 (B5. 5, vgl. Urk. IV, 1276, 16<br />
[Amenophis II.]), 356f. (G6. 33 = Merikare, Z. 135); Sinuhe, B 69; ähnlich Urk. IV, 1278, 11<br />
[Amenophis II.]; Franke, Heqaib, p. 28 Anm. 96.<br />
Die Gliederung des Textes<br />
Der Text besteht insgesamt aus 21 Versen: 3 (Titulatur) + ((2+3) + 8 +<br />
(2+3)), der Haupttext aus 18 Versen (5+8+5, = {(A + B) + C + (B + A)}) in<br />
klar thematisch gegliederten Triplets und Couplets, die durch gemeinsame<br />
Stichworte miteinander verknüpft sind. Die Themen sind Bestandteilen<br />
der Titulatur des Königs assoziiert, sehr schön alternierend<br />
mit Bezug auf Re bzw. Satis bei N†r-nfr und Z£-Rw:<br />
N†r-nfr: + Thronname ;Cheper-ka-RE : (Verse 4/5)<br />
Zweimal finden sich Namen bzw. Epitheta in Extraposition (Verse<br />
4–7 + 8; 9–10 + 11), worauf dann jeweils eine substantivische s∂m.n≠f-<br />
Form folgt (jrj.n≠f; sh.n≠f) und das Semantem [Dauer] betont wird<br />
(mnw bzw. m£†). Dadurch sind “Namens-Vorspann” und Hauptteil<br />
verknüpft.<br />
N†r-nfr und Z£-Rw bilden gleichsam den semantischen Rahmen des<br />
Textes, graphisch sind n†r-nfr – ∂[t r n¢¢] (Z. 2) und n†r-nfr – ∂t (Z. 8)<br />
seine vier Eckpunkte. Die wesentliche Botschaft findet sich in 8 Versen<br />
in der Mitte zentriert, beginnend und endend jeweils mit einem Nb-Epitheton.<br />
Dabei enthalten die ersten beiden Zeilen (3/4) Anspielungen auf<br />
Oberägypten (“Elephantine” und “m£†-Granit”), die letzten beiden<br />
Zeilen 6 und 7 Anspielungen auf Unterägypten (j†-t£wj: Residenzstadt;<br />
jmt: Tell el-Faraun, bzw. Heliopolis). Am Ende der ersten vier Verse (Vers<br />
12 = im neunten Vers des Haupttextes), auch im Text-Layout graphisch<br />
in der “Textmitte” des Haupttextes in Z. 5 = (x+4) geschrieben, 33 fällt<br />
das entscheidende Stichwort “König der beiden Länder”, das die für das<br />
284<br />
+ Eigenname ;Sesostris: + “geliebt” von SATIS (Verse <strong>19</strong>–21)<br />
Z£-Rw: + Eigenname ;Sesostris: + Handeln für SATIS (jr.n≠f) (Verse 6–8)<br />
+ Bestimmt von RE (jmt.n≠f + w∂.n≠f) zum König (Verse 17/18)<br />
33 Im Text-Layout sind—ähnlich wie es Cl. Obsomer für die Stele Louvre C1 herausgefunden<br />
hat (RdE 44 (<strong>19</strong>93), p. 124)—signifikante Textelemente in einer von links oben<br />
nach rechts unten verlaufenden Diagonale angeordnet: Z. 2 links: Z£-Rw; Z. 3: Nb t£wj;<br />
Z. 5: Nswt t£wj; Z. 7: Z£-Rw.
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
Textverständnis wichtige Identifikation des Königs mit dem Gott Ptah<br />
erlaubt:<br />
Nb-t£wj: 2 Schöpfer für die Ewigkeit (2 x Partizip Perfekt Aktiv) (PTAH, CHNUM?)<br />
2 Stelenaufstellung (sh.n≠f) – Name als “König der beiden Länder” (= PTAH)<br />
2 Handeln nach “Innen” bzw. “Außen” (4 x Partizip Perfekt Aktiv)<br />
Nb-bnjt: 2 Herrschaft /Qualitäten des Herrschers (2 x Partizip Perfekt Aktiv)<br />
Das “Bestimmen” (jmt: durch Sia) und “Befehlen” (w∂: durch Hu)<br />
des Sonnengottes Re greifen die Stichworte “Befehle” (w∂.w) und<br />
“verkünden” (m£†, im Sinnspiel mit “Granit”) durch den König wieder<br />
auf. Der Handlung für Satis am Ende der Titulaturen (Vers 8 = Z. 3)<br />
entspricht reziprok die “Bevorzugung: Liebe” durch Satis im Schlußabschnitt<br />
(Vers 20 = Z. 8).<br />
Es handelt sich um eine “zentrierende” Struktur, wie sie ähnlich in<br />
den beiden Bauinschriften Sarenputs I. für das Heqaib-Heiligtum<br />
beobachtet werden kann (Habachi, Heqaib, Stele No. 9 und Türfrontinschrift<br />
vom Schrein No. 2). 34 Die metrische Analyse hilft auch<br />
hier, die Struktur des Textes zu enthüllen. Diese Struktur offenbart sich<br />
in folgender Gliederung (Stichworte im Fettdruck):<br />
3<br />
2<br />
3<br />
8<br />
2<br />
3<br />
Verse: Titulatur<br />
N†r-nfr/Nb-t£wj<br />
Nswt-Bjt Cheper-Ka-Re<br />
Z£-Rw – Name: Wsrt (Göttin)<br />
dj-n∞ ∂t r n¢¢<br />
jr.n≠f m mnw≠f n Satis (Göttin)<br />
2 Nb-t£wj – qd-£bw – n¢¢<br />
smn∞ – ∂t<br />
2 s¢.n≠f w∂w≠f m m£†<br />
(Schöpfer)<br />
rn - Nswt- t£wj (PTAH: König)<br />
2 grg – sn∞ (“Innen”)<br />
dr – ss¢ (“Au∫en”)<br />
2 j†j-t£wj m m£-∞rw<br />
Nb - bnjt/w£¢ - mrwt<br />
(Herrschaft)<br />
Z£-Rw jmt.n≠f (Re) r Nswt<br />
w∂.n≠f n≠f – j†j.t m sw¢t<br />
N†r-nfr – Name: Wsrt (Göttin)<br />
Satis (Göttin), Herrin von Elephantine, mry<br />
dj-n∞-Îd-W£s – ∂t<br />
34 Siehe dazu Franke, Heqaib, pp. 154ff. (5.1.), <strong>19</strong>0f. (5.3.).<br />
S<br />
A<br />
T<br />
I<br />
S<br />
R<br />
E<br />
285
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
Zur Interpretation<br />
Der Text ist eine meisterhafte kleine Komposition. Zwei außer–<br />
gewöhnliche Stichworte werden genannt: qd £bw “Der Elephantine<br />
gebaut hat” (Z. 3) und Nswt t£wj “König der beiden Länder” (Z. 5). Beide<br />
Bezeichnungen sind später nicht mehr für einen König des Mittleren<br />
Reiches zu belegen.<br />
Im scheinbar profanen Akt der Stelenaufstellung materialisieren<br />
sich politisch-theologische Sinnwelten. Sie wird als Handlung für die<br />
Mutter-Göttin Satis Teil filialer Pietät und stellt die Verbindung zur<br />
götterweltlichen Ebene her. Dieses Handeln ist gleichzeitig eine<br />
Aktualisierung der Legitimation Pharaos zum Herrschen, die Vers 17/18<br />
= Z. 7 genannt wird: Sesostris ist von höchster götterweltlicher Instanz,<br />
dem Schöpfergott (Atum-)Re, zum König prädestiniert und dadurch legitimiert.<br />
Sesostris stellt sich hier praktisch als “Begründer, Schöpfer” von<br />
Elephantine dar. In der Tat beginnt ja unter Sesostris I. und seinem Governeur<br />
Sarenput I. Elephantines Aufschwung im Mittleren Reich. An<br />
Bauten Sesostris I. läßt sich dort bisher nur der völlige Neubau des<br />
Satistempels nachweisen, weiter sind jedoch eine Reihe von Stiftungen<br />
des Königs bekannt. 35<br />
Die Aussage, daß auf den Stelen des Königs sein Name als “König<br />
der beiden Länder” proklamiert werde, ist Nachahmung eines Schöpfungsaktes:<br />
wenn der Schöpfergott den Namen verkündet (w∂), erlangen<br />
Namensträger (wie Ptah und Hapi) und Namensinhalt Existenz. 36 Der<br />
Schöpfergott stattet durch Schöpfungsakte mit dem Auge (jmt) und dem<br />
Mund (w∂) seinen Sohn mit seinen Schöpferkräften Sia und Hu aus, die<br />
der Sohn zur Entfaltung und Erhaltung der Schöpfung einsetzt: “Hu ist<br />
in deinem Mund / und Sia ist hinter dir (wirkend)!” (pBerlin 3029, II, 1f.,<br />
vgl. Loyalistische Lehre, §§ 2, 5; 5, 1–2) heißt es über Sesostris I.<br />
In anderen Texten ist es der Gott Chnum, der die Menschen “baut”<br />
(qd), 37 und die Assoziation des Stichwortes qd mit Chnum, dem in Elephantine<br />
verehrten Gott des Kataraktgebietes, liegt natürlich nahe.<br />
Chnum ist nun jedoch nicht Schöpfer der Menschheit an sich, eher ist<br />
er zuständig für die “Modellierung” des Individuums. Im Text geht es<br />
nicht um die Erschaffung von Menschen, sondern um das “Bauen für die<br />
35 Siehe L. Habachi, MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), p. 27ff.; Franke, Heqaib, p. 50. W. Kaiser, MDAIK<br />
44 (<strong>19</strong>88), p. 157 erwähnt noch ein Barkensanktuar.<br />
36 Vgl. Bickel, La cosmogonie, pp. 125, 137ff., 146ff., 105.<br />
37 Sonst auch der Schöpfergott, der den König “baut”: Pyr., § 450a; Urk. IV, 161, 2; vgl. CT<br />
VII, 489b–c [1142]; CT IV, 1<strong>19</strong>f/g [317] (Re ⇒ Hapi). Vgl. E. Otto, LÄ I, 951f.; J. Assmann,<br />
SAK 8 (<strong>19</strong>80), p. 5/6 mit n. <strong>19</strong>, p. <strong>19</strong>; ders., LÄ V, 676f., n. 4/5; Posener, L’Enseignement<br />
Loyaliste, p. 28 (zu § 5, 9–10); Bickel, La cosmogonie, p. 202ff., z.B. Pyr., § 524a [324].<br />
286
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
Ewigkeit”. Dies ist Teil des großen Komplexes “Wiederholung der<br />
Schöpfung”, der Grundlage des Handelns Sesostris’ I. als “Renaissance”<br />
ägyptischer Kultur ist und in dessem Code königliche Handlungen erklärt<br />
werden.<br />
Der verkündete Name läßt eine weitere Assoziation mit einem<br />
Schöpfergott zu: “König der beiden Länder” ist ja ein Titel des Residenzgottes<br />
und Gottessohns Ptah (vgl. Anm. g). Durch die Übernahme dieses<br />
Titels zieht der König auch die Eigenschaften des Ptah an sich.<br />
Chnum und Ptah haben mit einem artifiziellen, nicht biologischen<br />
Modell der Schöpfung zu tun: Chnum als “Bildner” der Menschen, Ptah<br />
als “göttlicher Handwerker” und Schutzpatron der Residenzhandwerker<br />
(vgl. LÄ IV, 1177ff.; V, 1059f.). Beide scheinen schon früh in Memphis<br />
und Heliopolis eine Rolle zu spielen, 38 und auch Beziehungen des<br />
Gottes Ptah zu Oberägypten und Elephantine sind zu belegen. 39<br />
In seiner Eigenschaft als Gottessohn sind die königlichen Handlungen<br />
(Verse 13–16 = Z. 5–6: Garant der Ordnung, Ernährer, Schützer,<br />
“Guter Hirte”) mit denen anderer Göttersöhne identisch, was Sesostris<br />
zum Führen des Titels “König der beiden Länder” in Identifikation mit<br />
Gott Ptah berechtigt.<br />
Qd und Nswt t£wj liefern die Stichworte für die Identifikation mit<br />
Ptah, Schlüssel für das Verständnis dieser Identifikation ist nun aber der<br />
Sargtextspruch 647 (CT VI, 267–269). Ptah scheint dort als götterweltliches<br />
Vorbild für den König zu gelten: er ist “Oberhaupt der beiden<br />
Länder” (267b), “Alles (tmw) wurde mir (Ptah) gegeben von Re, dem Allherrn”<br />
(268g)—erinnert das nicht an Z. 7? Dazu gleich.<br />
Die Stele London BM 963<br />
Die zweite Stele Sesostris’ I. von Elephantine ist ebenfalls aus rotem<br />
Granit, 111 cm hoch und etwa 64 cm breit. Sie ist in ihrem Textteil sehr<br />
zerstört, dafür ist jedoch die Giebelfelddekoration erhalten: 40<br />
38 Vgl. für Chnum: LÄ I, 951; Bickel, La cosmogonie, p. 294f.; zu Ptah: Bickel, a.a.O., p. 139<br />
Anm. 59, p. 143f. In Memphis bzw. Heliopolis gibt es in Parallele zu “Ptah südlich seiner<br />
Mauer” einen “Chnum vor: südlich (? ∞ntj) seiner Mauer” (LÄ I, 951, n. 28 = H. Kees, Rec<br />
Trav 37 (<strong>19</strong>15), pp. 67, 71; Medinet Habu IV, pl. <strong>19</strong>6c = pl. 218), der schon bei Sahure erwähnt<br />
ist (Borchardt, Sahure II, p. 129d)2., Blatt 70), dazu auch CT V, 2c [355]; Pyr., § 518c<br />
[322] und CT IV, 50e [297]?<br />
39 Über die Verbindung des Ptah mit Sokar (s. LÄ V, 1059f., 1063), dessen Fest auch auf<br />
Elephantine gefeiert wurde. Die Feier des lokalen Sokarfestes, bei der der Heilige Heqaib<br />
eine Rolle spielte, könnte auch den Fund einer fragmentarischen Statue eines hohen memphitischen<br />
Ptahpriesters auf Elephantine erklären (Louvre AF 9917 = Elisabeth Delange,<br />
Catalogue des statues égyptiennes du Moyen Empire (Paris, <strong>19</strong>87), p. 224 [13. Dyn.]). Vgl.<br />
weiter Bickel, La cosmogonie, p. 143f.<br />
40 HTBM IV, p. 5, pl. I; L. Habachi, MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), p. 30. Siehe Anm. 5.<br />
287
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
(Z. 1) Horus “Aktiver der Schöpfung”,<br />
Herrinnen(name) “Aktiver der Schöpfung”,<br />
Goldfalke “Aktiver der Schöpfung”;<br />
Der perfekt-jugendliche Gott (Z. 2), Herr der Herzensfreude a) ,<br />
Sohn des Re,<br />
der die Untertanen belebt, Nahrung schafft, (Z. 3) (und)<br />
Versorgung werden läßt; b)<br />
[… … …] die/der beiden Ufer; c)<br />
Sohn der Satis, (Z. 4) den Anukis liebt, d)<br />
[… …],<br />
der seinen Schutz wirksam werden läßt hinter<br />
(= um die, zugunsten) der “Großen Kapelle”, e)<br />
(Z. 5) [... ...], der dauern läßt [… …(Z. 6) … …]<br />
[… … ;Sesos]tris:,<br />
dem gegeben ist Leben (und) Macht, wie Re in Ewigkeit. f)<br />
a) Nb £wt-jb ist seit der Herakleopolitenzeit(?) für den König zu belegen (Merikare, Z. 79,<br />
vgl. Blumenthal, Königtum, p. 274f. (G1. 29–31)), sicher am Ende der 11. Dynastie: Wadi<br />
Hammamat M <strong>19</strong>2, Z. 7 [Mentuhotep IV.]. Im Neuen Reich ist auch Ptah “Herr der<br />
Herzensfreude” und “groß an Beliebtheit” (wr mrwt): Sandman-Holmberg, Ptah, p. 112.<br />
b) sn∞(.j) r∞wt / jrr(.j) ¢w / s∞pr(.j) ∂f£w: die Schreibung jr + r spricht dafür, daß es sich<br />
hier um ein progressiv/imperfektives Partizip jrr(.j) handelt. Das sollte dann auch für die<br />
anderen Partizipien gelten. 41 Vgl. oben, Anm. h); Blumenthal, Königtum, p. 349ff. (G6. 13,<br />
16–20); Cairo CG 20539, I, Z. 15, II, Z. 18; Loyalistische Lehre, § 5, 1–3. ¢w bezeichnet<br />
sowohl das “Schöpferwort” wie auch (durch den Logos erschaffene) “Nahrung” (vgl.<br />
Bickel, La cosmogonie, p. 100ff.). Nb ¢w / s∞pr ∂f£w von Osiris: Stele London BM 580, Z.<br />
6 (HTBM II, pl. 37 = Sethe, Lesestücke, p. 63, 9–10 = ÄHG, No. 208, Vers 15); Kombination<br />
k£ – ¢w – ∂f£w später bei H.-W. Fischer-Elfert, Literarische Ostraka der Ramessidenzeit in<br />
Übersetzung (Wiesbaden, <strong>19</strong>86), p. 35, Verse 25–27, und vgl. D. Van der Plas, L’Hymne a<br />
la Crue du Nil I, Egyptologische Uitgaven IV (Leiden, <strong>19</strong>86), p. 90ff. (§ IV, 1–2).<br />
c) Für Epitheta mit Erwähnung der “beiden Nilufer” (das im Text graphisch eine zentrale<br />
Position einnimmt!) vgl. Blumenthal, Königtum, p. 25f. (A1. 20, 23), 71 (B1. 22 = Siut, IV,<br />
Z. 7); Merikare, Z. 115; Cairo CG 20539, I, Z. 11 (s∞m-jrj≠f m jdbwj).<br />
d) Im Original eindeutig zu lesen am Beginn von Z. 4: nqt mrjj, das hohe Zeichen ist die<br />
Schilfkrone der Anukis. Sesostris I. nennt auf dem Statuensockel von Elephantine Anukis<br />
“seine Mutter” (Cairo JE 41558 = MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), p. 29, Fig. 2c), hier ist er Sohn der Satis<br />
(die er auf der anderen Stele “seine Mutter” nennt, wie es schon für Mentuhotep II. nach<br />
der Reichseinigung zu belegen ist: MDAIK 31 (<strong>19</strong>75) Tf. 23f).<br />
e) smn∞(.j) z£w≠f ¢£ pr wr: vgl. Blumenthal, Königtum, p. 132 (C3. 14), 84f. (B4. 10ff.);<br />
Merikare, Z. 135; dazu auch Urk. VII, 4, 3/4. Einen Schlüssel zum Verständnis dieser<br />
Phrase liefert wieder der Kotext zu Sargtextspruch 647: Auf dem Sarg G1T steht dieser<br />
Spruch direkt hinter einer Vignette, die den Gott Osiris in seinem Schrein (k£r) sitzend<br />
zeigt (vgl. CT V, 161). Hinter dem Schrein steht eine mumiengestaltige Figur, bezeichnet<br />
als “Ptah-Sokar” (CT V, 167A). Ptah hält seine Arme schützend hinter dem, d.h. um den<br />
Schrein ausgebreitet. Das Bild gehört zur Beschreibung der Überfahrt des Toten von Westen<br />
nach Osten zur Residenz des Atum-Re/Osiris, die im zugehörigen Sargtextspruch [398]<br />
behandelt wird. Ptah spielt hier also die Rolle eines schützenden Wächters 42 hinter dem<br />
Schrein des Gottes, und ganz passend ist CT [647] überschrieben als “Schutz durch Ptah”<br />
41 Zur Häufigkeit des progressiven aktiven Partizips: Gardiner, EG, p. 284 zu § 367.2.<br />
288
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
(CT VI, 267a). Auf dem etwa zeitgleichen Sarg A1C von der Qubbet el-Hawa, der dasselbe<br />
Bild zeigt, fehlt Spruch 647.<br />
Angesprochen ist hier die Rolle des Königs als fürsorgender “Schützer der Götter” (n∂tj<br />
n†rw), wie Ptah im Sargtextspruch 647 genannt ist (CT VI, 269o). Sie ist verbunden mit der<br />
Rolle des Königs als “Sohn” der Götter (vgl. Tod-Inschrift, Z. 5) bzw. “Sohn Gottes” (Satistempelinschrift:<br />
MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), Tf. 33b (S183, Z. 3)).<br />
Zur “Großen Kapelle” (Pr wr, auch für “Vorhalle/Atrium”) als Name des Satistempels vgl.<br />
die Bauinschrift MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), Tf. 34b (SoNr1), Tf. 37 (SoNr2, Z. 4: [jw]nn pr wr),<br />
später unter Thutmosis III. und Amenophis III. (Dominique Valbelle, Satis et Anoukis<br />
(Mainz, <strong>19</strong>81), p. 14f. (Doc. 118B), 17 (Doc. 139, pl. I), 111). Sonst die Bezeichnung des<br />
oberägyptischen Kronenheiligtums in Elkab, dessen “Elephantine-Filiale” der Satistempel<br />
wohl war. Pr wr ist im Sargtextspruch [647] mit Ptah verbunden (vgl. Bickel, La cosmogonie,<br />
p. 137ff., 139), es ist formal sehr ähnlich dem Schrein (k£r) des Gottes in der zugehörigen<br />
Vignette. Architektonisch ursprünglich ein Mattenzelt in Form eine Elephantenoder<br />
Nashornkörpers (mit Elfenbeinstoßzähnen: Elephantine!).<br />
f)<br />
In Z. 6 vor der abschließenden Wunschformel standen die Namen des Königs: außer dem<br />
Geburtsnamen, von dem noch das Ende [;Ws]rt-z-n: zu erkennen ist, wohl noch der<br />
Thronname.<br />
Die Stele in Cairo bildete wahrscheinlich mit der Londoner Stele ein<br />
Paar, das vor oder bei dem Satistempel aufgestellt war. 43 Die Londoner<br />
Stele trägt einen etwas kürzeren Text (6 Zeilen) als die Stele in Cairo<br />
(7+x = 8 Zeilen), sie ist vor allem von der großen Darstellung im Stelenrund<br />
geprägt: Rechts steht der widderköpfige Gott Chnum, der dem<br />
Horusfalken über dem Horusnamen Sesostris’ I. das Lebenszeichen an<br />
die Nase hält, links die Göttin Satis. 44<br />
Die paläographischen Eigenheiten (Schreibung der “Buchrolle” mit<br />
zwei Schnurenden, Schreibungen von “Elephantine”) und phraseologischen<br />
Parallelen sprechen dafür, daß beide Stelen nicht vor dem<br />
Ende des zweiten Regierungsjahrzehnts Sesostris’ I. errichtet wurden,<br />
wahrscheinlich um das Jahr 17/18 oder später. Aber auch Unterschiede<br />
zwischen beiden Inschriften fallen auf, so die unterschiedliche Schrei-<br />
42 Diese Wächter können direkt als ¢£.w k£r “die, die hinter dem: um den Schrein sind”<br />
bezeichnet werden (WB III, 10, 16; CT I, 386a/b, 390b, 391b, 394a; Assmann, Liturgische<br />
Lieder, p. <strong>19</strong>5(8.)), vgl. auch LÄ V, 476 (Schutzgöttinnen an den Ecken des Sarges), 749ff.<br />
43 Zum originalen Standort der Triade Sesostris’ I.: MDAIK 43 (<strong>19</strong>87), p. 79 n. 17 mit Abb.<br />
1 und MDAIK 44 (<strong>19</strong>88), p. 152f. n. 54. Die Stelen könnten im Vorhof den Eingang flankierend<br />
gestanden haben, oder auf der Südseite der äußeren Hofmauer. Vgl. das/die Stelenpaar(e)<br />
aus dem Jahr 5 Sesostris’ I. (Smith, Buhen, p. 59) und das Stelenpaar des Dedu<br />
(London BM 1177 = HTBM IV, pls. 2/3 und M.F. Laming Macadam, JEA 32 (<strong>19</strong>46), p. 60f.,<br />
pl. IX), auch die vier Stelen Sarenputs I. im Heqaib-Heiligtum.<br />
44 Vgl. im Giebelfeld von Felsstele Zb. Zába, The Rock Inscriptions of Lower Nubia (Prag,<br />
<strong>19</strong>74) No. 74: Nechbet und Horus(?), bei Wadi el-Hudi No. 143: Satis gegenüber Horus- und<br />
Eigennamen Sesostris’ I. Ich sehe keinen Grund, warum das Stelenoberteil im Kulturhistoriska<br />
Museet von Lund in Schweden nicht Sesostris I. zugeschrieben werden sollte<br />
(Inv. No. KM 32.165 = B.J. Peterson, AfO 22 (<strong>19</strong>68/<strong>19</strong>69), p. 63f.; ders., Kulturen. En Årsbok<br />
<strong>19</strong>65 (Lund, <strong>19</strong>65), pp. 93–95): roter Granit, 64 cm breit, 56 (+x) cm hoch, aus Buhen oder<br />
Elephantine? Im Giebelfeld ist der König zwischen den Göttern Chnum und Month dargestellt,<br />
vgl. für das Layout die Stele London BM 963, für die Königskrone die Buhenstele<br />
Firenze No. 29 (Inv. No. 2540): König und Month.<br />
289
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
bung des Ortsnamens “Elephantine” und der Gebrauch von perfektivischen<br />
Partizipien (Cairo) und imperfektivischen Partizipien (London).<br />
Das könnte für eine sukzessive Aufstellung und verschiedene Autoren<br />
sprechen.<br />
Sesostris I. und Ptah, Sargtextspruch 647 und das Königsbild<br />
In beiden Stelen nimmt der König göttliche Eigenschaften für sich in<br />
Anspruch. Liest man beide Inschriften gemeinsam, kann man sich<br />
zunächst des Eindrucks kaum erwehren, daß die Inschriften Variation<br />
und Paraphrase des § 5 der “Loyalistischen Lehre” sind, wo der König<br />
mit Chnum, Bastet und Sachmet verglichen wird, er Spender von KA-<br />
Nahrung, “Überfluß” bzw. “Nahrung/Schöpferwort” (¢£w bzw. ¢w) und<br />
“Erbe” und “Schützer” (n∂tj) der Götter ist.<br />
Es ist sicher kein Zufall, daß Sesostris, der als Fortsetzer der Politik<br />
seines Vaters den Horusnamen “Aktiver der Schöpfung” führte, gerade in<br />
Elephantine sich ausgesprochene Beiworte als Schöpfer zulegt.<br />
Elephantine ist Ort der mythischen Nilquellen und des Beginns der<br />
jährlichen Nilüberschwemmung, der Ägypten seine Prosperität verdankte.<br />
Eine Assoziation, die sich angesichts des Fundorts Elephantine<br />
scheinbar aufdrängt, ist noch nicht angesprochen worden: die mit Hapi,<br />
dem Gott der Nilüberschwemmung. Hapi gilt als Gott der Vegetation,<br />
Prosperität und Spender der Nahrung. So können ihm ausgesprochen<br />
schöpferische Eigenschaften zugesprochen werden. Von Hapi als<br />
“Ernährer Ägyptens” ergeben sich direkte Verbindungen zum Königsbild.<br />
Sesostris nimmt in seine großen Inschriften regelrechte Hymnen<br />
an Hapi auf. 45 Hapi kann (später) direkt als König angesprochen werden.<br />
46 Darüberhinaus tritt Hapi über die gemeinsamen Schöpfereigenschaften<br />
mit anderen Göttern der Schöpfung in Verbindung, wie z. B.<br />
Ptah. 47 Doch die “Thema-Steuerung” der beiden Stelen scheint eher in<br />
eine etwas andere Richtung zu deuten.<br />
Mehrfach konnten die in beiden Texten genannten Epitheta des<br />
Königs als Identifikationen mit Ptah durch den Sargtextspruch 647 48<br />
erklärt werden. Er ist bisher nur ein einziges Mal belegt, auf dem Sarg<br />
45 In der Satistempelinschrift, MDAIK 31 (<strong>19</strong>75), Tf. 33 (S649, Z. 4ff.) (nach der Rekonstruktion<br />
von W. Schenkel), vgl. Bickel, La cosmogonie, p. 150f., und in der Tod-Inschrift,<br />
Z. 61ff. (BIFAO 91 (<strong>19</strong>92), p. 11 mit n. 158ff., sehr ähnlich dem Nilhymnus, § VI, 5/6!). Zu<br />
Hapi vgl. Bickel, a.a.O., pp. 105f., 146ff.<br />
46 Nilhymnus, § VI, 4 = Van der Plas, L’Hymne I, p. 105f.<br />
47 Vor allem über die Verbindung mit (Ta-)Tenen, vgl. Satistempelinschrift, MDAIK 31<br />
(<strong>19</strong>75), Tf. 33 (S165, Z. 3), dazu SoNr16, Z. 1 (aus den französischen Grabungen); später<br />
dann ÄHG, No. 143, Verse 35ff., 70ff., 155ff., und Fischer-Elfert, Literarische Ostraka, p.<br />
29, Vers 4, mit n. d, weiter Brigitte Altenmüller, Synkretismus in den Sargtexten, GOF IV,<br />
7 (Wiesbaden, <strong>19</strong>75), p. 125ff.<br />
290
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
des Iqer aus Gebelein (G1T). 49 Mit diesem Text scheint eine besondere<br />
Affinität zu bestehen.<br />
Ptah: Sargtextspruch 647<br />
(CT VI, 267–269)<br />
Sesostris I.<br />
Stelen Cairo (C) und London (L)<br />
Sohn des Atum (267h) Sohn des Re (und der Satet)<br />
(C, Z. 2–3/7; L, Z. 3)<br />
“Oberhaupt der beiden Länder” (267b)<br />
“Herr der Maat” (267b/o)<br />
“Liebling” des Allherrn im Palast/Schrein<br />
(267k/t/u)<br />
“König der beiden Länder” (C, Z. 5)<br />
grg t£ (C, Z. 5)<br />
(Palastbewohner: Firenze No. 29, Z. 6;<br />
pBerlin 3029, I, Z. 11)<br />
“belebt” (268k/l, 269r) “belebt” (C, Z. 5 + L, Z. 2–3)<br />
“groß an Kraft” (267j)<br />
“vertreibt, vernichtet” (C, Z. 5/6)<br />
besiegt Feinde, Neunbogen (267y, 268f/q) besiegt Feinde, Neunbogen (C, Z. 5/6)<br />
“Gnade” (nfr-¢r: 267i/j, 269q) Nb bnjt / w£¢ mrwt (C, Z. 6),<br />
Nb £wt-jb (L, Z. 2)<br />
Alles gegeben vom Allherr (268g) bestimmt/beauftragt von Re (C, Z. 7)<br />
verkörpert Hu und Sia des Atum (268o, l) “befiehlt” (C, Z. 4); jrr ¢w (L, Z. 2)<br />
Pr-wr (267b/p), das er schützt<br />
schützt pr wr (L, Z. 4)<br />
(Vignette CT V, 161f.; auch CT VI,<br />
267t/x–y?)<br />
“Schützer der Götter” (269o)<br />
Ich plädiere natürlich nicht dafür, daß der/die Verfasser der Stelen<br />
Sesostris’ I. einen Sargtext als Vorlage benutzt haben. CT [647] ist in<br />
erster Linie für die rituelle und funeräre Verwendung geschrieben und<br />
behandelt mehr und noch andere Themen, als in der Tabelle aufgeführt.<br />
Eher speisen sich beide Textquellen aus einer gemeinsamen “Sinn- und<br />
Textwelt”: der Beschreibung der Eigenschaften und Handlungen des<br />
Gottessohnes nach dem Vorbild des ägyptischen Pharao. Sargtextspruch<br />
647 ist nur zufällig die früheste und einzige explizite Textquelle zur<br />
Rolle des Ptah aus dem Mittleren Reich, die zur Verfügung steht. Der<br />
einzigartige Text kann eigentlich nur in einer Zeit entstanden sein, als<br />
eine Positionsbestimmung des Ptah in Einbindung zu Atum/Re von Heliopolis<br />
für wichtig erachtet wurde. Als wahrscheinlichster Zeitraum<br />
der Entstehung des Textes läßt sich die Zeit der Herakleopoliten (9./10.<br />
Dyn.) und der frühen 11. Dynastie herauskristallisieren. In dieser Zeit<br />
48 Ausführlich behandelt bei Bickel, La cosmogonie, pp. 137ff., 145f., 287, 290ff., 294 (zur<br />
Frage der Redaktion); für Ptah in den Sargtexten noch Altenmüller, Synkretismus, p. 63ff.<br />
Ganz ähnlich die Epitheta des Upuaut in der Horus-Rolle des Göttersohns und Erben: Siut<br />
I, Z. 232/233.<br />
49 Torino Cat. Suppl. No. 15774 [Ende 11. Dynastie–Anfang Sesostris I.], nahezu identisch<br />
mit dem Sarg A1C (Cairo JE 36418 = CG 28127) aus Aswan, der publiziert wird von Harco<br />
Willems, The Coffin of Heqata. A Case Study of the Egyptian Funerary Culture of the<br />
Early Middle Kingdom, Ph.D. Dissertation (Groningen, <strong>19</strong>94).<br />
291
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
sind sowohl eine explizite und raffinierte Königsideologie zu belegen,<br />
als auch Versuche der thebanischen Herrscher, den König über Re und<br />
Hathor “heliopolitanisch” einzubinden und aufzuwerten. 50 In dieser<br />
Zeit entstehen neue religiöse Texte, so z. B. in Oberägypten die sogenannte<br />
“Abydos-Formel”. 51 Für eine oberägyptische Redaktion von<br />
Spruch 647 kann CT VI, 268c und der ausdrückliche Bezug zum<br />
oberägyptischen Kronenheiligtum pr wr sprechen. Vorlage(n) oder Anregungen<br />
könnten natürlich aus dem Raum Memphis und aus der 6.–9.<br />
Dynastie stammen.<br />
Mit der Proklamation des Ptah-Namens entfalten sich im königlichen<br />
Handeln die schöpferischen Eigenschaften des Ptah: Bautätigkeit<br />
als “monumentaler Diskurs” (qd), Ordnung: Ma’at (grg t£), “beleben,<br />
Leben” (sn∞), “vernichten”: Strafe (dr, ss¢, für Ptah: wr p¢tj) und<br />
“Huld” (jm£t, für Ptah: nfr ¢r). Die ganze Inschrift liest sich wie eine<br />
stichwortartige Beschreibung der wesentlichen vier Aspekte, unter<br />
denen Ptah verehrt worden ist:<br />
qd £bw / smn∞ (£bw) ⇒ Ptah (und Sokar) als kreativer “divine craftsman”, 52<br />
Nswt t£wj ⇒ Ptah als “König der beiden Länder”,<br />
Nb bnjt … ⇒ Ptah als “Gnadenspender” (nfr-¢r), 53<br />
Z£ Rw, jmt.n-(Re), w∂.n-(Re) ⇒ Ptah als Gottessohn ist stj-Rw<br />
“Stellvertreter: Nachfolger” des Re. 54<br />
Daß gerade Gott Ptah mit dem König identifiziert wird, erscheint<br />
passend. Ptah ist zuständig für künstlerische Kreativität und deshalb<br />
besonders geeignet als Patron und Vorahmer königlicher Bautätigkeit.<br />
Schon in der Herakleopolitenzeit wird der Upuaut-Tempel in Assiut<br />
beschrieben als “gebaut von Ptah mit seinen (eigenen) Fingern” (Siut IV,<br />
50 Vgl. die Königshymne Siut IV, Z. 1ff., die Stele König Antefs II. aus Theben (New York<br />
MMA 13.182.3 = H. Winlock, JNES 2 (<strong>19</strong>43), pl. XXXVI = TPPI, § 15: “Ziehst du denn<br />
davon, mein Vater Re, ohne daß du mich anbefohlen hast (nj w∂.t≠k wj, den Bewohnern<br />
des Jenseits)?… Ich bin dein Stellvertrerer (stj) …”), und Torino Cat. Suppl. No. 1310. Vgl.<br />
D. Franke, ZÄS 117 (<strong>19</strong>90), p. 126f.; CT [647] kann gut nach den metrischen Regeln des<br />
Alten Reiches zu gliedern sein, zwingend ist das nicht.<br />
51 Vgl. Miriam Lichtheim, Ancient Egyptian Autobiographies, OBO 84 (Freiburg, <strong>19</strong>88), p.<br />
55ff. (seit Antef II.); Stelen in Abydos selbst gibt es erst aus der Zeit nach der Reichseinigung<br />
Mentuhoteps II. Siehe auch CT V, 165a–166c [399A] auf G1T und A1C. Die Verehrung<br />
des Ptah(-Sokar) ist im thebanischen Raum der 11. Dynastie gut bezeugt (vgl. LÄ<br />
V, 1063 mit Anm. 162ff.).<br />
52 Vgl. LÄ IV, 1177ff.; V, 1056ff. Ptah als Schöpfer durch das Wort schon CT VI, 268o [647]:<br />
“Ich bin Hu in seinem (Atums) Mund”, s. Bickel, La cosmogonie, pp. 102ff., 108.<br />
53 Vgl. Assmann, Liturgische Lieder, p. 172f.; Ph. Germond, BSEG 4 (<strong>19</strong>80), p. 39ff.; CT VI,<br />
267, i/j, 269q [647]. Der Sieg über Feinde gehört auch zur Rolle weiblicher Göttinnen in<br />
ihrem kriegerisch-aggressiven Aspekt (verkörpert durch Sachmet), wie umgekehrt<br />
“Gnade, Huld”, die Bastet verkörpert. Beide Affekte sind in Pharao vereint (vgl. “Loyalistische<br />
Lehre”, § 5, 11–14; pKahun, pl. I, Z. 7, pl. II, Z. 20; Assmann, Politische Theologie,<br />
p. 102ff.). Im Sargtextspruch 647 ist Ptah “gnädigen Gesichts” und “groß an Kraft” (CT VI,<br />
267j; vgl. £ p¢tj: CT VII, 154j [941]; Sandman-Holmberg, Ptah, p. 111f.).<br />
292
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
Z. 21), und Sesostris I. entfaltete ja ein Bauprogramm in ganz Ägypten<br />
ohnegleichen.<br />
Die Übertragung göttlicher Eigenschaften auf den König 55 scheint<br />
neben der Betonung seiner Prädestination zur Herrschaft ein wichtiges<br />
“sinnstiftendes” Verfahren in den königlicher Inschriften Sesostris’ I. zu<br />
sein. Es fehlen jedoch auf beiden Stelen die sogenannten “Gegenseitigkeits-Formeln”,<br />
die für die literarischen Texte (Erster Teil der “Loyalistischen<br />
Lehre”; “Lehre eines Mannes für seinen Sohn”, §§ 2–8) und die<br />
Stele des Hor (Wadi el-Hudi No. 143) so typisch sind, wie z. B.: “Großer,<br />
mit angenehmen Charakter für den, der ihm folgt, / Lebenshauch dem<br />
gebend, der ihn lobt” (Wadi el-Hudi No. 143, Z. 5/6).<br />
Charakteristisches Merkmal der beiden Inschriften Sesostris I. ist,<br />
daß königliche Eigenschaften in einem semantischen Code angesprochen<br />
werden, der zunächst mehrere Assoziationen und<br />
Möglichkeiten der Decodierung zuläßt. Dieser Code der [Schöpfung] ist<br />
eben göttlichen Wesen gemeinsam, die mit [Schöpfung] zu tun haben.<br />
Der scheinbare Mangel an Präzision hängt vielleicht mit der Textgattung<br />
“Königsstele” zusammen, denn in den Lehren und Hymnen auf Papyrus<br />
werden sonst die mit dem König über gemeinsame Eigenschaften<br />
assoziierten Götter genau benannt. Auch ist “König der beiden Länder”<br />
ein Epitheton, das nur Ptah trägt, 56 aber nicht Chnum oder Hapi. Für<br />
den gebildeten Leser war die Identifikation mit Ptah sicher offensichtlich<br />
und eindeutig.<br />
54 Antef II. als stj-Rw: Stele New York MMA 13.182.3, Z. 3 (Anm. 50). Für Ptah häufiger<br />
erst in der 13. Dynastie belegt, vgl. Luft, Beiträge zur Historisierung, p. 145f.; Spiegel,<br />
Götter von Abydos, p. 178; Bickel, La cosmogonie, p. 142f.; MDAIK 2 (<strong>19</strong>32), p. 57, Tf. XIa<br />
[noch 12. Dyn.?]; Cairo CG 20062; Cairo CG 20722; Louvre C 12; Wien ÄS <strong>19</strong>1; im Grab<br />
des Horemchauf in Hierakonpolis und des Sobeknacht in Elkab trägt Ptah beide Epitheta:<br />
nfr ¢r / stj Rw: W. Wreszinski, Von Kairo bis Wadi Halfa (Halle, <strong>19</strong>27), p. 83; J.J. Tylor,<br />
Wall Drawings and Monuments of El Kab. The Tomb of Sebeknekht (London, 1896), pl.<br />
VI links oben [13./17. Dyn.]. Auch Hapi ist stj Rw: CT IV, 120c [317]; Bickel, La cosmogonie,<br />
p. 147.<br />
55 Das Verfahren ist natürlich schon alt und auch von Beamten der Zeit Sesostris’ I. übernommen<br />
worden. Sarenput I. bezeichnet sich als “Eigenschaftsgleicher (mjtj) des Ptah und<br />
der Winkelmaße des Thot” (Urk. VII, 6, 6, ähnlich: Stele London BM 159, Z. 4/5 = R.O.<br />
Faulkner, JEA 37 (<strong>19</strong>51), p. 47ff., pl. VII: “Ich bin ein Eigenschaftsgleicher des Ptah, ein<br />
Doppelgänger des Chnum” [Ende 11. Dyn.]).<br />
56 In der Sammlung W. Esch befindet sich ein Froschfigürchen aus Obsidian für eine Halskette<br />
oder einen Fingerring, das unter seiner 2 cm langen Basis beschriftet ist mit: N†r nfr<br />
;Ópr-k£-Rw: / Pt¢ nb t£wj (sic!) mrjj (H.W. Müller, in: Werke Altägyptischer und Koptischer<br />
Kunst. Die Sammlung Wilhelm Esch, Duisburg (München, <strong>19</strong>61), pp. 15–<strong>19</strong> (I) = D.<br />
Franke/Inter Documentation Company (eds.), Photographs of Egyptian Art and of Egypt.<br />
The Hans Wolfgang Müller Archive (Leiden, <strong>19</strong>92), Microfiche No. 70: 5. Reihe, 2. von<br />
links: Neg.No. 142/44–48). Ein “falscher” Titel des Ptah, in seiner Rolle als Horus-König<br />
bzw. Residenzgott, oder rein aus Platzgründen? Aber in Dendera ist später Pt¢ nb t£wj m<br />
Jwnt genannt: Stele Moskau, Pushkin Museum of Fine Arts, Katalog Hodjash/ Berlev<br />
(<strong>19</strong>82) No. 41, Z. (x + 8) [Sobekemzaf I.].<br />
293
Studies in Honor of William Kelly Simpson<br />
Sesostris ist weder Sohn nur eines Gottes oder einer Göttin (Re,<br />
Atum, Harachte; Satis, Anukis, …) und hat nicht die Eigenschaften nur<br />
eines Gottes oder einer Göttin (Horus, Chnum, Ptah, Hapi, Month,<br />
Upuaut, Bastet, Sachmet, …): Sesostris verkörpert und vereint sie alle—<br />
ein göttliches Universum. 57<br />
Besonders bedeutsam scheint mir dies Verfahren im Zusammenhang<br />
mit dem von Susanne Bickel herausgestellten “concept du filscréateur”.<br />
58 Es beschreibt die Rolle einer Reihe von Göttern (Schu, Ptah,<br />
Hapi, Heka), die als Sohn des einen Schöpfergottes (Atum/Re), der die<br />
Ontogonie in Gang gesetzt hat (“Kosmogonie”), die Schöpfung entfalten<br />
und erhalten. Während die Autogenese des Schöpfergottes in der Ur-Zeit<br />
ein einmaliger Akt ist, ist die Entfaltung und Differenzierung der<br />
Schöpfung eine permanente Aktion (“creatio continua”). Sie ermöglichen<br />
die zuerst von Atum durch sein Schöpferwort geschaffenen<br />
und deshalb mit Schöpferkraft begabten Gottessöhne. Sie sind<br />
Geschöpfe des Schöpfers und zugleich selbst Schöpfer: Demiurgen.<br />
Auf dieses Konzept verweisen in unserem Text der als “König der<br />
beiden Länder” = Ptah proklamierte Name Sesostris’ I., der von Re zum<br />
König “geschaffen: bestimmt” (jmt, Schöpfungmittel: Auge) und legitimiert<br />
(w∂, Schöpfungsmittel: Mund) ist.<br />
Sesostris I. ist der erste Pharao, der diese Konzeption explizit zur Beschreibung<br />
seines Rollenstatus nutzt, um sein Handeln erklärend zu<br />
legitimieren. Das Konzept an sich ist keine Erfindung der Zeit Sesostris’<br />
I. Schon sein Vater Amenemhet I. hat mit der Formulierung seines Horusnamens<br />
“Der, der die Schöpfung wiederholt” die entscheidenden<br />
ideologisch-propagandistischen Schienen gelegt. Innovativ ist, daß<br />
Sesostris I. und der kleine Kreis der Gebildeten um ihn herum seit Beginn<br />
seiner Regierung 59 den Rahmen von Ritualgeschehen im Tempel<br />
und funerären Texten sprengen und die Botschaft “öffentlich” (gegenüber<br />
der Elite) – in höfischen Audienzen, auf Stelen, Tempelwänden und<br />
57 Dieses Pantheon—angeführt vom unterägyptischen Ptah und Re-Harachte und vom<br />
oberägyptischen Month und Amun—, das Sesostris I. zum Wohle Ägyptens<br />
zusammenführt, ist dargestellt auf dem “Obelisk” von Abgig (LD II, 1<strong>19</strong>).<br />
58 Bickel, La cosmogonie, pp. 102, 113ff., 123ff., 164ff., 287, zum König in diesem Rahmen:<br />
p. 161ff.<br />
59 Hier fügt sich der Horusname “Aktiver der Schöpfung” ein, der an das “belebende”<br />
Wirken des Schu (= “Anchu” in CT [80]), Ptah, Hapi und Heka erinnert, aber auch die<br />
Bauinschrift von Heliopolis (pBerlin 3029), die in das 3. Jahr des Königs datiert ist und als<br />
früheste Proklamation und argumentierende Erläuterung des Regierungsprogramms<br />
gelten kann. Angesichts der phraseologischen und strukturellen Gemeinsamkeiten (“Dialog”)<br />
mit anderen Texten der Zeit Sesostris’ (“Obelisk” von Abgig, Satistempelinschrift,<br />
Tod-Inschrift, Stele Buhen = Firenze No. 29 (Inv. No. 2540), Stele Wadi el-Hudi Nr. 143)<br />
steht dieser Text keineswegs isoliert und muß keine Schöpfung der 18. Dynastie sein, wie<br />
jüngst Ph. Derchain, RdE 43 (<strong>19</strong>92), p. 35ff. nachweisen wollte.<br />
294
Detlef Franke, Sesostris I., “König der beiden Länder” und Demiurg in Elephantine<br />
in literarischen Texten auf Papyrus–, variierend und differenzierend,<br />
werbend und im ganzen Land zur Selbstdarstellung Pharaos nutzen.<br />
b<br />
295