Niederbayerns Lehrer leiden unter KM-Fehlplanung
Niederbayerns Lehrer leiden unter KM-Fehlplanung
Niederbayerns Lehrer leiden unter KM-Fehlplanung
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Liebe<br />
Kolleginnen und Kollegen,<br />
am 31. Dezember 1986 sendete die ARD<br />
die Neujahrsansprache des damaligen<br />
Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl. Was er an<br />
dem Abend zu sagen hatte, kam zwar den<br />
wenigsten Zuschauern, dafür aber umso<br />
mehr den Verantwortlichen und dem<br />
Hauptakteur altbekannt vor. Versehentlich<br />
war die Aufzeichnung aus dem Vorjahr<br />
eingelegt worden. Die damaligen Generalsekretäre<br />
der CSU (Gerold Tandler) und der<br />
CDU (Heiner Geißler) witterten hingegen<br />
eine „bewusste Sabotage“. Der Fehler<br />
wurde umgehend am Neujahrstag mit der<br />
Ausstrahlung der aktuellen Ansprache des<br />
Bundeskanzlers korrigiert.<br />
Grundlegend anders verhält es sich bei<br />
den „Ansprachen“ (Verlautbarungen) aus<br />
dem bayerischen Staatsministerium für Unterricht<br />
und Kultus. „Das Schuljahr hat gut<br />
begonnen.“, „Die Unterrichtssituation an<br />
Grundschulen und Mittelschulen gestaltet<br />
sich im Bereich der Klassengrößen erneut<br />
günstiger als im Vorjahr.“, „Die Mobile<br />
Reserve ist trotz rückläu�ger Klassenzahlen<br />
auf dem Niveau des Vorjahres gebildet.“<br />
Gebetsmühlenartige Wiederholungen in<br />
Süßholzrhetorik nicht nur Jahr für Jahr zum<br />
Schuljahresbeginn, sondern auch „eingebettet“<br />
während des Schuljahres.<br />
Versehen?!? Sabotage?!? Schön wäre es,<br />
weil man es dann ja auch beheben könnte.<br />
Nein, die glauben das wirklich! Aber<br />
warum muss es dann immer wieder und<br />
mit nahezu identischen Worten wiederholt<br />
werden? Ist der eigene Glaube in die vorgegebene<br />
Meinung doch nicht so stark? Ist<br />
es die Angst, dass es die Betro�enen in den<br />
Schulen vor Ort nicht glauben könnten?<br />
Wie sollten sie auch. Die Faktenlage ist<br />
eindeutig und die Auswirkungen müssen<br />
vor Ort ausgebadet werden:<br />
1. Die Schülerprognose für die Mittelschule<br />
wurde politisch motiviert<br />
bewusst tief angesetzt. Somit fehlten<br />
alleine für Niederbayern zur Klassenbildung<br />
etliche Vollzeitlehrer. Wir<br />
sprechen hier von einer Größenordnung<br />
an <strong>Lehrer</strong>stunden, die komplett<br />
für mindestens sechs zwei- bis dreizügige<br />
Grundschulen ausreichend wäre.<br />
2. Zusätzlich belastet Niederbayern in<br />
höchstem Maß der geistige „Webfehler“,<br />
der dem Erhalt kleiner und<br />
kleinster Schulen in Kombination<br />
der <strong>Lehrer</strong>stundenzuweisung nach<br />
Schülerköpfen zu Grunde liegt. Dieser<br />
Erhalt kann nur funktionieren, wenn<br />
die Zuweisung nach Klassen erfolgt.<br />
Das eine wollen und das andere lassen,<br />
führt zum Kollaps!<br />
3. Von den bayernweit noch nachgeschobenen<br />
300 Nachrücker-Verträgen<br />
hat Niederbayern ganze ZWEI<br />
bekommen. Somit mussten weit über<br />
300 Stunden aus der Mobilen Reserve<br />
zur Klassenbildung herangezogen<br />
werden. Von den verbleibenden<br />
Kräften in der Mobilen Reserve waren<br />
bereits zum Schuljahresbeginn weit<br />
über die Hälfte dauerhaft im Einsatz,<br />
weit über ein Viertel konnten wegen<br />
Mutterschutz u.ä. ebenso nicht mehr<br />
eingesetzt werden und es blieben<br />
somit nicht einmal mehr 50 Mobile<br />
Reserven zur Vertretung – für ganz<br />
Niederbayern!<br />
Die Beschäftigten an den Schulen emp�nden<br />
die Jubelarien der politisch und administrativ<br />
Verantwortlichen aus Ministerium<br />
und Regierung als puren Hohn. Es ist, als<br />
würde man BMW zu wenig Teile liefern,<br />
diese passten oft nicht einmal zusammen,<br />
Kommentar<br />
aber die Konzernleitung teile freudig mit,<br />
Fahrzeuge in mindestens gleicher Qualität<br />
produzieren zu können wie zuvor.<br />
Die Krankheitswelle dieses Winters kommt<br />
erst noch ins Rollen. Ich appelliere an die<br />
Schulleitungen, für die anfallenden Vertretungen<br />
nicht über Gebühr die anwesenden<br />
Lehrkräfte heranzuziehen. Nehmen Sie die<br />
Eltern mit ins Boot und machen Sie auf den<br />
Mangel und die Notsituation aufmerksam.<br />
Die Sache mit der verwechselten Aufzeichnungskassette<br />
der Neujahrsansprache war<br />
seinerzeit ein peinlicher Imageschaden für<br />
den betro�enen Sender. Bekannt ist die<br />
Reaktion der damaligen Generalsekretäre<br />
(s.o.). Angesichts der verbalen und planerischen<br />
„Wiederholungstaten“ aus dem <strong>KM</strong><br />
wäre interessant, ob die beiden „Generäle<br />
a.D.“ diesen Missstand auch ebenso klar<br />
benennen würden: eine „bewusste Sabotage“<br />
an unserem Bildungssystem.<br />
Ihr Rainer S. Kirschner<br />
stellvertretender Bezirksvorsitzender<br />
Niederbayerische Schule Ausgabe 1 / Januar 2013<br />
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