lebensberatung im bistum trier - Katholische Bundeskonferenz Ehe ...
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LEBENSBERATUNG<br />
IM BISTUM TRIER
• Im Blick ...<br />
... aus Sicht der Abteilungsleitung<br />
• Die Jahresstatistik<br />
• Die Finanzen<br />
• Im Blick ...<br />
... aus Sicht einzelner Beratungsstellen
Neue Anforderungen<br />
Das Jahr 2006 blieb geprägt von der Umsetzung<br />
der Sparnotwendigkeiten des Bistums<br />
und damit verbundenen Strukturdebatten.<br />
Erfreulicherweise konnten mit <strong>im</strong>mer mehr<br />
kommunalen Gebietskörperschaften neue<br />
Leistungs- und Entgeldvereinbarungen abgeschlossen<br />
werden. Verbunden wurde die<br />
Finanzverhandlung dabei <strong>im</strong>mer mit den<br />
Fragen des Leistungsprofils und der Qualität<br />
der LEBENSBERATUNG. Die<br />
Hintergrundfolie bildeten dafür<br />
unterschiedliche Trends, z. B.:<br />
� Handlungsbedarf bei der Zielgruppe<br />
Familien mit Kindern <strong>im</strong> Alter 0 bis 3<br />
Jahre: auch aufgrund neuropsychologischer<br />
Erkenntnisse wird der Bereich der<br />
frühen Hilfen <strong>im</strong>mer wichtiger.<br />
Konzepte wie das Mehrländerprojekt<br />
„Guter Start ins Kinderleben“ in<br />
Rheinland-Pfalz oder das Heidelberger<br />
Projekt „Keiner fällt durchs Netz“ <strong>im</strong><br />
Saarland stellen dabei auch an<br />
Beratungsstellen neue Anforderungen.<br />
Wie kann Beratung mit dieser<br />
Zielgruppe aussehen und was tut insbesondere<br />
bei den sogenannten<br />
Risikokonstellationen Not, wenn eine<br />
Familie nicht über die nötigen Ressourcen<br />
verfügt, einen guten Start ins Leben<br />
zu ermöglichen.<br />
� Neue gesetzliche Regelung <strong>im</strong> Bereich<br />
der Abwendung von Kindeswohlgefährdung:<br />
der Blick auf die frühen Hilfen<br />
verbindet sich mit den neuen<br />
gesetzlichen Grundlagen <strong>im</strong> achten<br />
Sozialgesetzbuch, § 8a in Hinsicht auf<br />
die Kindeswohlgefährdung. Hier stellen<br />
sich Anforderungen an die Fachaufsicht<br />
LEBENSBERATUNG<br />
IM BISTUM TRIER<br />
.. .aus Sicht des AB-Leiters Dr. Andreas Z<strong>im</strong>mer<br />
des Trägers, aber z. T. auch an unsere<br />
Beratungsstellen in Hinsicht auf die <strong>im</strong><br />
Gesetz festgelegte Funktion der<br />
erfahrenen Fachkräfte.<br />
� gesellschaftliches Interesse an Synergie<br />
zwischen Jugendhilfe und Gesundheitswesen:<br />
Beide oben genannte Perspektiven<br />
lenken den Blick auf die Vernetzung<br />
der Arbeit von Kinderärzten, Hebammen<br />
usw. einerseits und von Beratungsstellen<br />
andererseits. Hier gibt es Potential, aber<br />
vor allem strukturellen Klärungsbedarf.<br />
Das Potential zeigte sich u. a. bei<br />
Hebammenprojekt in Rheinland-Pfalz<br />
(Beteiligung von Beratungsstellen bei<br />
den Qualifizierungsmaßnahmen) oder<br />
dort, wo Beratungsstellen<br />
„Babysprechstunden“, d. h.<br />
entwicklungspsychologische Beratung,<br />
vernetzt mit Kinderärzten anbieten. Aber<br />
wie kann eine Konzeptentwicklung in<br />
Gang gebracht werden, die strukturelle<br />
Verbindungslinien klärt? Eine<br />
Möglichkeit scheint darin zu liegen,<br />
ähnlich wie vor einigen Jahren <strong>im</strong> Kontext<br />
des neuen Kindschaftsrechtes,<br />
damals bei den Fachprofessionen, die<br />
mit von Scheidung betroffenen Personen<br />
zu tun haben (Schnittstelle<br />
Gerichtsbarkeit – Jugendhilfe), jetzt <strong>im</strong><br />
Kontext der neuen Projekte die<br />
Fachprofessionen an der Schnittstelle<br />
Gesundheitswesen - Jugendhilfe an<br />
einen Runden Tisch zu bringen.<br />
� Gesellschaftliche Risiken: Zugehende<br />
oder aufsuchende Beratung wird neu angefragt,<br />
um best<strong>im</strong>mte Zielgruppen zu<br />
erreichen. Dabei geht es z. T. um Perso-
nengruppen, die aufgrund ihrer knappen<br />
wirtschaftlichen Situation selber nicht<br />
über die Logistik verfügen, einen Besuch<br />
einer Beratungsstelle zu ermöglichen.<br />
Kooperation mit Kindertagesstätten<br />
heisst dann <strong>im</strong> Kontext des Themas Armut,<br />
Kinderbetreuung von Geschwisterkindern<br />
sicherzustellen oder Fahrtkosten<br />
bei Ratsuchenden zu mindern.<br />
� Projekt Mehrgenerationenhaus: Das Projekt<br />
signalisierte nicht nur eine<br />
best<strong>im</strong>mte Ausprägung von<br />
Familienpolitik, sondern auch eine<br />
profiliertere Ausprägung, der es gelingt,<br />
in anderer Weise Themen öffentlich<br />
anzugehen und politisch zu gestalten.<br />
Zudem verwies es nochmals auf die<br />
Frage, wie die große Vielfalt von<br />
familienunterstützenden, -begleitenden<br />
und –beratenden Angeboten von katholischer<br />
Kirche ihrerseits vernetzt werden<br />
können. Und dies auch dort, wo angesichts<br />
ausgesprochen ländlicher Struktur<br />
oder in Hinsicht auf differenzierte<br />
Sozialräume, die Ansiedlung eines<br />
einzelnen Mehrgenerationenhaus in<br />
einem Landkreis mehr Fragen aufwirft<br />
als beantwortet.<br />
Die Leistungen, die Beratungsstellen erbringen,<br />
werden in diesen Kontexten vielfältiger.<br />
Neben die beraterische Arbeit mit ratsuchenden<br />
Familien, Paaren bzw. Kindern und<br />
Jugendlichen (die <strong>im</strong>mer noch den Schwerpunkt<br />
ausmacht) treten weitere Aufgaben.<br />
Die Funktion als Clearingstelle wird wichtiger,<br />
z. B. anrufende Ratsuchende zur<br />
richtigen Einrichtung weiterzulotsen.<br />
Ebenso präventive Angebote, Fachberatung<br />
für andere Fachkräfte, Vernetzungsarbeit<br />
und Lobby-Arbeit für Familien usw.. Diese<br />
Palette entspricht insgesamt dem niedrigschwelligen<br />
Anspruch wie in § 36a SGB<br />
VIII formuliert.<br />
Die Niedrigschwelligkeit muss dabei <strong>im</strong>mer<br />
wieder neu erarbeitet werden. Wenn z. B.<br />
zunehmend Personen mit Migrationshintergrund<br />
(oftmals zunächst <strong>im</strong> Kontext von<br />
Trennung und Scheidung) unsere Beratungsstellen<br />
aufsuchen, stellt sich die Frage nach<br />
qualifiziertem Dolmetschen; ebenso wenn<br />
gehörlose Menschen Beratung suchen. Und<br />
angesichts von Studien wie denen von Sinus<br />
Sociovison wird deutlich, dass<br />
Niedrigschwelligkeit je nach<br />
„Erlebnismilieu“ Unterschiedliches<br />
bedeuten kann. Es gibt nicht mehr die<br />
Familie, es gibt unterschiedliche Familien,<br />
die differenzierte Angebote brauchen.<br />
So wie unsere Beratungsstellen<br />
personalisiert sind, müssen dabei natürlich<br />
Grenzen des Leistbaren bedacht werden.<br />
Während z. B. Erziehungsberatungsstellen<br />
in Rheinland-Pfalz mit durchschnittlich ca. 4<br />
Fachpersonalstellen personalisiert sind und<br />
<strong>Ehe</strong>-, Familien- und Lebensberatungsstellen<br />
mit 2, sind unsere integrierten<br />
Beratungsstellen, die beide Bereiche<br />
abdecken, lediglich mit 3 Vollzeitstellen für<br />
Beratungspersonal ausgestattet. Bedenkt<br />
man weiter, dass die Arbeit der<br />
LEBENSBERATUNG über SGB VIII hinaus<br />
Schnittstellen zum Gesundheitswesen, zur<br />
Rechtsprechung und zur Pastoral aufweist,<br />
wird deutlich, das unsere Dienststellen nicht<br />
allen Anfragen nachkommen können. Es<br />
geht dann eher um begründete<br />
Schwerpunktsetzung, was Kooperationspartnern<br />
nicht <strong>im</strong>mer leicht zu vermitteln ist.<br />
Die Vielfältigkeit von Schwerpunkten verdeutlicht<br />
aber, wie flexibel unsere<br />
Beratungsstellen versuchen, auf örtliche<br />
Bedarfslagen einzugehen. In den<br />
Themenschwerpunkten dieses<br />
Jahresberichtes finden sich dafür viele<br />
Beispiele. Eines sei ergänzt, nämlich das<br />
Projekt Online Beratung bei komplizierter<br />
Trauer: Evaluiert von der Uni Trier wurde<br />
ein präventives Programm erprobt, bei dem<br />
per Internet-Beratung Trauerverarbeitung<br />
unterstützt wird, womit die Ausprägung von<br />
depressiven Störungen zu verhindern versucht<br />
wird. Die Wirksamkeit konnte dargelegt<br />
werden. Die weitere Finanzierung steht<br />
noch nicht. Finanzierungsregelungen ändern<br />
sich leider nicht so schnell, wie es gesellschaftliche<br />
Notlagen tun.<br />
Dr. Andreas Z<strong>im</strong>mer<br />
Leitender Ordinariatsrat
Lebensberatung<br />
<strong>im</strong> Bistum Trier<br />
Die Anzahl von Personen, die <strong>im</strong> Rahmen von Beratung Kontakt mit den 20 Beratungsstellen<br />
<strong>im</strong> Bistum Trier hatten, lag 2006 bei insgesamt 20.636 Kindern, Jugendlichen und<br />
Erwachsenen.<br />
Zusätzlich erhielten 8.490 Menschen als Teilnehmer bei Veranstaltungen der Lebensberatung<br />
Rat, Unterstützung und Weiterbildung.<br />
Wie viele Menschen kamen 2006 zu uns?<br />
a: Kinder und Jugendliche 5.437 (45,1 %)<br />
(bis unter 18 Jahre)<br />
b: Frauen 4.081 (33,9 %)<br />
c: Männer 2.531 (21,0 %)<br />
Anmerkung: Die blauen Bereiche der Säulen zeigen die<br />
Anzahl der in die Beratung einbezogenen<br />
Personen, wie z.B. Eltern, weitere<br />
Familienangehörige, Erzieherinnen, Lehrkräfte<br />
Aus welchen Gründen kommen Familien in unsere Beratungsstelle?<br />
Bei Kindern und Jugendlichen ...<br />
... sind die wichtigsten Symptombereiche:<br />
1. Entwicklungsauffälligkeiten<br />
2. Arbeits- und Leistungsstörungen<br />
3. Selbstwertmangel<br />
4. Aufmerksamkeitsstörungen<br />
5. Auffälliges aggressives Verhalten<br />
Aus der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) ..<br />
... sind die häufigsten Leistungen:<br />
§ 16 Allgemeine Förderung der 56<br />
Erziehung<br />
§ 17 Beratung zu Partnerschaft, 3.167<br />
Trennung und Scheidung<br />
§ 18 Beratung bei der Ausübung der 833<br />
Personensorge<br />
§ 28 Erziehungsberatung 4.840<br />
§ 29 soziale Gruppenarbeit 18<br />
§ 35a Eingliederungshilfe für<br />
47<br />
seelisch behinderte Kinder und<br />
Jugendl.<br />
§ 41 Beratung junger Volljähriger 379<br />
14.000<br />
12.000<br />
10.000<br />
8.000<br />
6.000<br />
4.000<br />
2.000<br />
0<br />
7.020<br />
5.437<br />
1.016<br />
4.081<br />
Bei Frauen und Männern ...<br />
... sind die wichtigsten Themen:<br />
551<br />
2.531<br />
a b c<br />
1. Kommunikationsprobleme<br />
2. Probleme bei Trennung und Scheidung<br />
3. Destruktives Streiten<br />
4. sexuelle Probleme in der Partnerschaft<br />
5. belastende Beziehungen zwischen<br />
Familienmitgliedern<br />
5.000<br />
4.500<br />
4.000<br />
3.500<br />
3.000<br />
2.500<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
56<br />
3.167<br />
833<br />
4.840<br />
18 47<br />
379<br />
§ 16 § 17 § 18 § 28 § 29 § 35a § 41
Lebensberatung<br />
in Rheinland-Pfalz<br />
Die Anzahl von Personen, die <strong>im</strong> Rahmen von Beratung Kontakt mit den 14 Beratungsstellen<br />
in Rheinland-Pfalz hatten, lag 2006 bei insgesamt 14.099 Kindern, Jugendlichen und<br />
Erwachsenen.<br />
Zusätzlich erhielten 6.206 Menschen als Teilnehmer bei Veranstaltungen der Lebensberatung<br />
Rat, Unterstützung und Weiterbildung.<br />
Wie viele Menschen kamen 2006 zu uns?<br />
a: Kinder und Jugendliche 3.621 (46,3 %)<br />
(bis unter 18 Jahre)<br />
b: Frauen 2.588 (33,1 %)<br />
c: Männer 1.611 (20,6 %)<br />
Anmerkung: Die blauen Bereiche der Säulen zeigen die<br />
Anzahl der in die Beratung einbezogenen<br />
Personen, wie z.B. Eltern, weitere<br />
Familienangehörige, Erzieherinnen, Lehrkräfte<br />
9.000<br />
8.000<br />
7.000<br />
6.000<br />
5.000<br />
4.000<br />
3.000<br />
2.000<br />
1.000<br />
0<br />
5.288<br />
3.621<br />
646<br />
2.588<br />
345<br />
1.611<br />
a b c<br />
Aus welchen Gründen kommen Familien in unsere Beratungsstelle?<br />
Bei Kindern und Jugendlichen ...<br />
... sind die wichtigsten Symptombereiche:<br />
1. Entwicklungsauffälligkeiten<br />
2. Arbeits- und Leistungsstörungen<br />
3. Selbstwertmangel<br />
4. Aufmerksamkeitsstörungen<br />
5. Auffälliges aggressives Verhalten<br />
Aus der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) ..<br />
... sind die häufigsten Leistungen:<br />
§ 16 Allgemeine Förderung der 53<br />
Erziehung<br />
§ 17 Beratung zu Partnerschaft, 2.079<br />
Trennung und Scheidung<br />
§ 18 Beratung bei der Ausübung der 624<br />
Personensorge<br />
§ 28 Erziehungsberatung 3.142<br />
§ 29 soziale Gruppenarbeit 18<br />
§ 35a Eingliederungshilfe für<br />
31<br />
seelisch behinderte Kinder und<br />
Jugendl.<br />
§ 41 Beratung junger Volljähriger 241<br />
Bei Frauen und Männern ...<br />
... sind die wichtigsten Themen:<br />
1. Kommunikationsprobleme<br />
2. Probleme bei Trennung und Scheidung<br />
3. Destruktives Streiten<br />
4. sexuelle Probleme in der Partnerschaft<br />
5. belastende Beziehungen zwischen<br />
Familienmitgliedern<br />
3.500<br />
3.000<br />
2.500<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
53<br />
2.079<br />
624<br />
3.142<br />
18 31<br />
241<br />
§ 16 § 17 § 18 § 28 § 29 § 35a § 41
In welchen familiären Zusammenhängen leben Kinder und Jugendliche, die<br />
zu uns kommen?<br />
Von den Kindern und Jugendlichen bis unter 18 Jahren (N = 5.437) leben:<br />
46,2 % bei beiden leiblichen oder Adoptiveltern<br />
36,5 % bei einem alleinerziehenden Elternteil<br />
14,4 % bei einem leiblichen Elternteil mit Stiefelternteil oder Partner<br />
2,3 % bei Großeltern, Verwandten oder in Pflegefamilien<br />
0,6 % in anderen Wohnsituationen<br />
Das heißt: 53,8 % aller Kinder und Jugendlichen leben nicht in ihrer Ursprungsfamilie.<br />
Wie verteilt sich zeitlich unsere Tätigkeit?<br />
QM<br />
20%<br />
PA<br />
6%<br />
Was uns auffiel...<br />
VT<br />
9%<br />
KL<br />
65%<br />
Arbeit mit und für Klienten KL 65 %<br />
Qualitätssichernde Maßnahmen QM 20 %<br />
Präventive Angebote PA 6 %<br />
Vernetzende Tätigkeit VT 9 %<br />
� Die durchschnittliche Beratungsdauer pro abgeschlossenem Fall liegt bei 6,4 Stunden.
In welchen familiären Zusammenhängen leben Kinder und Jugendliche, die<br />
zu uns kommen?<br />
Von den Kindern und Jugendlichen bis unter 18 Jahren (N = 3.621) leben:<br />
42,7 % bei beiden leiblichen oder Adoptiveltern<br />
38,0 % bei einem alleinerziehenden Elternteil<br />
16,1 % bei einem leiblichen Elternteil mit Stiefelternteil oder Partner<br />
2,5 % bei Großeltern, Verwandten oder in Pflegefamilien<br />
0,7 % in anderen Wohnsituationen<br />
Das heißt: 57,3 % aller Kinder und Jugendlichen leben nicht in ihrer Ursprungsfamilie.<br />
Wie verteilt sich zeitlich unsere Tätigkeit?<br />
QM<br />
20%<br />
PA<br />
5%<br />
Was uns auffiel...<br />
VT<br />
8%<br />
KL<br />
67%<br />
Arbeit mit und für Klienten KL 67 %<br />
Qualitätssichernde Maßnahmen QM 20 %<br />
Präventive Angebote PA 5 %<br />
Vernetzende Tätigkeit VT 8 %<br />
� Die durchschnittliche Beratungsdauer pro abgeschlossenem Fall liegt bei 6,9 Stunden.
LEBENSBERATUNG<br />
IM BISTUM TRIER<br />
Über Geld wird in der konkreten Beratungsarbeit wenig gesprochen. Für die Ratsuchenden<br />
gilt das Prinzip der Kostenfreiheit.<br />
Dennoch bleibt: Guter Rat ist teuer! Er ist vor allem personal- und zeitintensiv.<br />
Fachpersonalkosten:<br />
4.315.635,63 €<br />
76 %<br />
Die "Lebensberatung <strong>im</strong> Bistum Trier" wird<br />
getragen von der katholischen Kirche: vom<br />
Bistum Trier. Zuschüsse gibt es außerdem<br />
von den Landkreisen und vom Land<br />
Rheinland-Pflalz. Die Zahlen aus 2006:<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
57%<br />
30%<br />
13%<br />
Bistum Kreis Land<br />
U € %<br />
Bistum 3.246.521,64 57<br />
Kommunen 1.713.809,22 30<br />
742.994,00 13U<br />
Land U<br />
Gesamtkosten 2006:<br />
5.703.324,86 €<br />
Verwaltungspersonalkosten:<br />
622.610,59 €<br />
11 %<br />
13 %<br />
Sachkosten:<br />
765.078,64 €<br />
Ein Zahlenbeispiel: Knapp 3,3 Mio. € hat<br />
das Bistum Trier 2006 für seine 20<br />
Beratungsstellen in Rheinland Pfalz und<br />
dem Saarland aufgewendet. Hinzu kommen<br />
die kommunalen und Landeszuschüsse von<br />
insgesamt rund 2,4 Mio. Euro. Die<br />
Gesamtzahl der Fälle betrug 12.049.<br />
Damit werden für jeden Beratungsfall<br />
<strong>bistum</strong>sweit ca. 474 Euro Steuer- und Kirchensteuergelder<br />
eingesetzt.<br />
Die präventiven und vernetzenden Tätigkeiten<br />
der Beratungsstellen sind in diesem<br />
Zahlenbeispiel enthalten. Sie sind <strong>im</strong> Sinne<br />
des staatlichen Kinder- und Jugendhilfegesetzes<br />
(KJHG), wie auch <strong>im</strong> Sinne<br />
der kirchlichen Sozial-, Jugend-, <strong>Ehe</strong>- und<br />
Familienpastoral integraler Bestandteil der<br />
Beratungsarbeit.
Netzwerk Sekretariat<br />
Qualifizierte Verwaltungsarbeit als<br />
Grundlage effizienter Beratung<br />
„Lebensberatung – guten Tag“, sagt sie<br />
täglich zwischen 20- und 40-mal am<br />
Telefon, die Verwaltungsangestellte in der<br />
LEBENSBERATUNG.<br />
Was unterscheidet sie von anderen Bürofachkräften?<br />
Die Mitarbeiterin <strong>im</strong> Sekretariat stellt<br />
die Erreichbarkeit der Lebensberatungsstelle<br />
sicher.<br />
Damit die Beraterinnen und Berater ihre<br />
Gespräche mit Ratsuchenden ungestört und<br />
konzen<strong>trier</strong>t führen können, ist sie diejenige,<br />
die am Telefon und an der<br />
Eingangstür die Anrufer und Besucher<br />
empfängt.<br />
Diese Anrufer und Besucher sind Menschen,<br />
die Beratungsanfragen haben und<br />
sich anmelden möchten, aber auch Kolle-<br />
LEBEN SBERATU N G<br />
IM BISTUM TRIER<br />
ginnen und Kollegen aus anderen sozialen<br />
Einrichtungen, die in vielfältiger Weise mit<br />
uns kooperieren. Manche Menschen<br />
möchten Auskünfte über andere<br />
Anlaufstellen wie zum Beispiel spezielle<br />
Beratungsdienste für Suchtfragen, Schulden,<br />
Therapie- und Diagnostikangebote für<br />
ihre Kinder. Schulen und Kindertagesstätten<br />
fragen nach Elternabenden, Vorträgen,<br />
Supervisionen etc. Die Verwaltungsangestellte<br />
benötigt also eine gute Kenntnis<br />
über das unmittelbare Beratungsangebot<br />
und auch das soziale Netzwerk <strong>im</strong> Einzugsbereich<br />
der Lebensberatung.<br />
Neben diesen unmittelbaren Anfragen<br />
managt die Verwaltungsangestellte die<br />
Terminabsprachen zwischen den Beratern,<br />
Klienten und Kooperationspartnern und<br />
sorgt so mit für eine effiziente Auslastung<br />
der Beraterkapazitäten und einen zügigen<br />
organisatorischen Ablauf. Dadurch werden
die Wartezeiten für unsere Ratsuchenden<br />
möglichst kurz gehalten.<br />
Die Verwaltungsangestellten in den<br />
Lebensberatungsstellen helfen, Schwellenängste<br />
abzubauen.<br />
Menschen, die eine Beratungsstelle zum<br />
ersten Mal aufsuchen, haben in der Regel<br />
bereits lange selbst versucht, mit ihrem<br />
Problem umzugehen. Sie haben in ihrer<br />
Familie oder <strong>im</strong> Freundeskreis darüber<br />
gesprochen, Bücher gelesen oder übers<br />
Internet Informationen gesucht und erst <strong>im</strong><br />
zweiten Schritt sind sie bereit,<br />
professionelle Hilfe in Anspruch zu<br />
nehmen. Es ist für die meisten kein leichter<br />
Schritt, bei der Lebensberatung anzurufen<br />
und um ein Gespräch zu bitten.<br />
Hinzu kommt ein Druck, der naturgemäß<br />
von einem Problem ausgeht, das schon<br />
längere Zeit schwelt. Sei es eine Krise in<br />
der Partnerschaft oder ein Kind, das Sorgen<br />
macht. Irgendwann kommt Angst auf,<br />
die schwierige Situation könnte eskalieren<br />
und gravierende Folgen nach sich ziehen.<br />
Menschen, die sich entschließen, in der<br />
Lebensberatung Hilfe zu suchen, stehen<br />
also häufig unter großem Druck, sie haben<br />
Angst oder sind verzweifelt, sie sind<br />
manchmal auch verwirrt, depressiv, aufgeregt<br />
oder aggressiv. Und sie sind<br />
verunsichert, was sie wohl erwarten wird.<br />
Dann ist die Verwaltungsangestellte erste<br />
und direkte Gesprächspartnerin am Telefon<br />
oder auch <strong>im</strong> persönlichen Kontakt an der<br />
Tür der Beratungsstelle. Hier braucht sie<br />
Einfühlungsvermögen, Geduld und Gespür<br />
für Krisen- und Belastungssituationen. Sie<br />
gibt den Ratsuchenden das Gefühl, angenommen<br />
und an der richtigen Adresse mit<br />
ihren Schwierigkeiten zu sein. Sie gibt der<br />
Beratungsstelle für die Klienten als erste<br />
ein Gesicht. Sie muss damit dem Ratsuchenden<br />
das Gefühl des Angenommenseins<br />
vermitteln, ohne den Beratungsfachkräften<br />
vor zu greifen. Denn sie beachtet<br />
und sieht die Grenzen ihres Handelns in<br />
der notwendigen Distanz zu den Tätigkeiten<br />
der Beraterinnen und Berater.<br />
Dieses gute erste Ankommen n<strong>im</strong>mt oft<br />
schon Druck heraus und wirkt entlastend,<br />
so dass die Zeit bis zum eigentlichen<br />
Beratungstermin für den Ratsuchenden<br />
gelassener erwartet werden kann.<br />
Die erfahrene Verwaltungsangestellte vermittelt<br />
einen schnellen Kontakt zur<br />
Beraterin/zum Berater, wenn ein Klient in<br />
einer Krisensituation ist.<br />
Der tägliche Umgang mit Menschen in<br />
Krisen- und Belastungssituationen erfordert<br />
ein hohes Maß an Sensibilität,<br />
Erfahrung, Klarheit, kommunikativer<br />
Kompetenz und auch Verantwortlichkeit.<br />
Der besonderen Verantwortung dieser<br />
Aufgabe wird vom Bistum Trier Rechnung<br />
getragen. Durch regelmäßige Fort- und<br />
Weiterbildungen werden die Verwaltungsangestellten<br />
geschult und begleitet.<br />
Neben der Aufgabe, erste Anlaufstelle in<br />
der Lebensberatung zu sein, haben die<br />
Verwaltungsangestellten Klientendaten zu<br />
erfassen und zu dokumentieren. Diese<br />
werden dann zur Jahresstatistik verarbeitet.<br />
Auch die Buchführung, die Aktenführung<br />
und die Sorge für den allgemeinen Schriftverkehr<br />
zählen zu ihren Aufgaben, ebenso<br />
die Betreuung der technischen Geräte<br />
sowie die üblichen logistischen Arbeiten<br />
eines Sekretariats. Umgang mit den neuen<br />
Medien wie Internet und virtueller Datentransfer<br />
sind inzwischen selbstverständliche<br />
Tätigkeiten <strong>im</strong> Sekretariat der<br />
Lebensberatungen.<br />
Bisher werden die Leistungen der Verwaltungsangestellten<br />
nicht in allen<br />
Lebensberatungsstellen in der Bezuschussung<br />
durch die öffentliche Hand<br />
berücksichtigt. Diese kurze Darstellung<br />
zeigt aber, weshalb die Arbeit der Verwaltungsangestellten<br />
für die Qualität der<br />
Beratungsarbeit so wichtig ist.
Netzwerk Sekretariat<br />
Qualifizierte Verwaltungsarbeit als<br />
Grundlage effizienter Beratung<br />
„Lebensberatung – guten Tag“, sagt sie<br />
täglich zwischen 20 und 40-mal am<br />
Telefon, die Verwaltungsangestellte in der<br />
LEBENSBERATUNG.<br />
Was unterscheidet sie von anderen Bürofachkräften?<br />
Die Mitarbeiterin <strong>im</strong> Sekretariat stellt<br />
die Erreichbarkeit der Lebensberatungsstelle<br />
sicher.<br />
Damit die Beraterinnen und Berater ihre<br />
Gespräche mit Ratsuchenden ungestört und<br />
konzen<strong>trier</strong>t führen können, ist sie diejenige,<br />
die am Telefon und an der<br />
Eingangstür die Anrufer und Besucher<br />
empfängt.<br />
Diese Anrufer und Besucher sind Menschen,<br />
die Beratungsanfragen haben und<br />
sich anmelden möchten, aber auch Kolle<br />
LEBENSBERATUNG<br />
IM BISTUM TRIER<br />
ginnen und Kollegen aus anderen sozialen<br />
Einrichtungen, die in vielfältiger Weise mit<br />
uns kooperieren. Manche Menschen<br />
möchten Auskünfte über andere<br />
Anlaufstellen wie zum Beispiel spezielle<br />
Beratungsdienste für Suchtfragen, Schulden,<br />
Therapie- und Diagnostikangebote für<br />
ihre Kinder. Schulen und Kindertagesstätten<br />
fragen nach Elternabenden, Vorträgen,<br />
Supervisionen etc. Die Verwaltungsangestellte<br />
benötigt also eine gute Kenntnis<br />
über das unmittelbare Beratungsangebot<br />
und auch das soziale Netzwerk <strong>im</strong> Einzugsbereich<br />
der Lebensberatung.<br />
Neben diesen unmittelbaren Anfragen<br />
managt die Verwaltungsangestellte die<br />
Terminabsprechen zwischen den Beratern,<br />
Klienten und Kooperationspartnern und<br />
sorgt so mit für eine effiziente Auslastung<br />
der Beraterkapazitäten und einen zügigen<br />
organisatorischen Ablauf, der es
ermöglicht, die Wartezeiten für unsere<br />
Ratsuchenden möglichst kurz zu halten.<br />
Die Verwaltungsangestellten in den<br />
Lebensberatungsstellen helfen,<br />
Schwellenängste abzubauen.<br />
Menschen, die eine Beratungsstelle zum<br />
ersten Man aufsuchen, haben in der Regel<br />
bereits lange selbst versucht, mit ihrem<br />
Problem umzugehen. Sie haben in Ihrer<br />
Familie oder <strong>im</strong> Freundeskreis darüber<br />
gesprochen, Bücher gelesen oder übers<br />
Internet Informationen gesucht und erst <strong>im</strong><br />
2. Schritt sind sie bereit, professionelle<br />
Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist für die<br />
meisten kein leichter Schritt, bei der Lebensberatung<br />
anzurufen und um ein<br />
Gespräch zu bitten.<br />
Hinzu kommt ein Druck, der naturgemäß<br />
von einem Problem ausgeht, das schon<br />
längere Zeit schwelt. Sei es eine Krise in<br />
der Partnerschaft, oder ein Kind, das Sorgen<br />
macht, irgendwann kommt Angst auf,<br />
die schwierige Situation könnte eskalieren<br />
und gravierende Folgen nach sich ziehen.<br />
Menschen, die sich entschließen, in der<br />
Lebensberatung Hilfe zu suchen, stehen<br />
also häufig unter großem Druck, sie haben<br />
Angst oder sind verzweifelt, sie sind<br />
manchmal auch verwirrt, depressiv, aufgeregt<br />
oder aggressiv. Und sie sind<br />
verunsichert, was sie wohl erwarten wird.<br />
Dann ist die Verwaltungsangestellte erste<br />
und direkte Gesprächspartnerin am Telefon<br />
oder auch <strong>im</strong> persönlichen Kontakt an der<br />
Tür der Beratungsstelle. Hier braucht sie<br />
Einfühlungsvermögen, Geduld und Gespür<br />
für Krisen- und Belastungssituationen. Sie<br />
gibt den Ratsuchenden das Gefühl, angenommen<br />
und an der richtigen Adresse mit<br />
ihren Schwierigkeiten zu sein. Sie gibt der<br />
Beratungsstelle für die Klienten als erste<br />
ein Gesicht. Sie muss damit dem Ratsuchenden<br />
das Gefühl des Angenommenseins<br />
vermitteln, ohne den Beratungsfachkräften<br />
vor zu greifen. Denn sie beachtet<br />
LEBENSBERATUNG<br />
IM BISTUM TRIER<br />
und sieht die Grenzen ihres Handelns in<br />
der notwendigen Distanz zu den Tätigkeiten<br />
der Beraterinnen und Berater.<br />
Dieses gute erste Ankommen n<strong>im</strong>mt oft<br />
schon Druck heraus und wirkt entlastend,<br />
so dass die Zeit bis zum eigentlichen<br />
Beratungstermin für den Ratsuchenden<br />
gelassener erwartet werden kann.<br />
Die erfahrene Verwaltungsangestellte vermittelt<br />
einen schnellen Kontakt zur<br />
Beraterin/zum Berater, wenn ein Klient in<br />
einer Krisensituation ist.<br />
Der tägliche Umgang mit Menschen in<br />
Krisen- und Belastungssituationen erfordert<br />
ein hohes Maß an Sensibilität,<br />
Erfahrung, Klarheit, kommunikativer<br />
Kompetenz und auch Verantwortlichkeit.<br />
Der besonderen Verantwortung dieser<br />
Aufgabe wird vom Bistum Trier Rechnung<br />
getragen. Durch regelmäßige Fort- und<br />
Weiterbildungen werden die Verwaltungsangestellten<br />
geschult und begleitet.<br />
Neben der Aufgabe, erste Anlaufstelle in<br />
der Lebensberatung zu sein, haben die<br />
Verwaltungsangestellten Klientendaten zu<br />
erfassen und zu dokumentieren. Diese<br />
werden dann zur Jahresstatistik verarbeitet.<br />
Auch die Buchführung, die Aktenführung<br />
und die Sorge für den allgemeinen Schriftverkehr<br />
zählen zu ihren Aufgaben, ebenso<br />
die Betreuung der technischen Geräte,<br />
sowie die üblichen logistischen Arbeiten<br />
eines Sekretariats. Umgang mit den neuen<br />
Medien wie Internet und virtueller Datentransfer<br />
sind inzwischen selbstverständliche<br />
Tätigkeiten <strong>im</strong> Sekretariat der<br />
Lebensberatungen.<br />
Bisher werden die Leistungen der Verwaltungsangestellten<br />
nicht in allen<br />
Lebensberatungsstellen in der Bezuschussung<br />
durch die öffentliche Hand<br />
berücksichtigt. Diese kurze Darstellung<br />
zeigt aber, weshalb die Arbeit der Verwaltungsangestellten<br />
für die Qualität der<br />
Beratungsarbeit so wichtig ist.
Lebensberatung<br />
<strong>im</strong> Saarland<br />
Die Anzahl von Personen, die <strong>im</strong> Rahmen von Beratung Kontakt mit den 6 Beratungsstellen<br />
<strong>im</strong> Saarland hatten, lag 2006 bei insgesamt 6.537 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.<br />
Zusätzlich erhielten 2.517 Menschen als Teilnehmer bei Veranstaltungen der Lebensberatung<br />
Rat, Unterstützung und Weiterbildung.<br />
Wie viele Menschen kamen 2006 zu uns?<br />
a: Kinder und Jugendliche 1.816 (42,9 %)<br />
(bis unter 18 Jahre)<br />
b: Frauen 1.493 (35,3 %)<br />
c: Männer 920 (21,8 %)<br />
Anmerkung: Die blauen Bereiche der Säulen zeigen die<br />
Anzahl der in die Beratung einbezogenen<br />
Personen, wie z.B. Eltern, weitere<br />
Familienangehörige, Erzieherinnen, Lehrkräfte<br />
Aus welchen Gründen kommen Familien in unsere Beratungsstelle?<br />
Bei Kindern und Jugendlichen ...<br />
... sind die wichtigsten Symptombereiche:<br />
1. Entwicklungsauffälligkeiten<br />
2. Arbeits- und Leistungsstörungen<br />
3. Selbstwertmangel<br />
4. Aufmerksamkeitsstörungen<br />
5. Ängste<br />
Aus der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) ..<br />
... sind die häufigsten Leistungen:<br />
§ 16 Allgemeine Förderung der<br />
3<br />
Erziehung<br />
§ 17 Beratung zu Partnerschaft, 1.088<br />
Trennung und Scheidung<br />
§ 18 Beratung bei der Ausübung der 209<br />
Personensorge<br />
§ 28 Erziehungsberatung 1.698<br />
§ 35a Eingliederungshilfe für<br />
16<br />
seelisch behinderte Kinder und<br />
Jugendliche<br />
§ 41 Beratung junger Volljähriger 138<br />
4.000<br />
3.500<br />
3.000<br />
2.500<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
1.732<br />
1.816<br />
370<br />
1.493<br />
Bei Frauen und Männern ...<br />
... sind die wichtigsten Themen:<br />
206<br />
920<br />
a b c<br />
1. Kommunikationsprobleme<br />
2. Probleme bei Trennung und Scheidung<br />
3. Destruktives Streiten<br />
4. belastende Beziehungen zwischen<br />
Familienmitgliedern<br />
5. sexuelle Probleme in der Partnerschaft<br />
1.800<br />
1.600<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
3<br />
1.088<br />
209<br />
1.698<br />
16<br />
138<br />
§ 16 § 17 § 18 § 28 § 35a § 41
In welchen familiären Zusammenhängen leben Kinder und Jugendliche, die<br />
zu uns kommen?<br />
Von den Kindern und Jugendlichen bis unter 18 Jahren (N = 1.816) leben:<br />
52,9 % bei beiden leiblichen oder Adoptiveltern<br />
33,5 % bei einem alleinerziehenden Elternteil<br />
11,1 % bei einem leiblichen Elternteil mit Stiefelternteil oder Partner<br />
2,0 % bei Großeltern, Verwandten oder in Pflegefamilien<br />
0,5 % in anderen Wohnsituationen<br />
Das heißt: 47,1 % aller Kinder und Jugendlichen leben nicht in ihrer Ursprungsfamilie.<br />
Wie verteilt sich zeitlich unsere Tätigkeit?<br />
QM<br />
22%<br />
PA<br />
9%<br />
Was uns auffiel...<br />
VT<br />
9%<br />
KL<br />
60%<br />
Arbeit mit und für Klienten KL 60 %<br />
Qualitätssichernde Maßnahmen QM 22 %<br />
Präventive Angebote PA 9 %<br />
Vernetzende Tätigkeit VT 9 %<br />
� Die durchschnittliche Beratungsdauer pro abgeschlossenem Fall liegt bei 5,5 Stunden.
„35 Jahre Lebensberatung“ <strong>im</strong> Kreis Ahrweiler<br />
Vor 35 Jahren wurde die Lebensberatung<br />
Ahrweiler als katholische Erziehungsberatungsstelle<br />
des Bistums Trier gegründet.<br />
Am 7. März 1972 war die Einweihung und<br />
Eröffnungsfeier der Stelle in Ahrweiler, in<br />
der Wilhelmstraße 17 a.<br />
Ordinariatsdirektor Erich Aretz, der die<br />
Grüße von Bischof Dr. Stein zur Eröffnung<br />
überbrachte, sagte: „Wenn die Kirche, hier<br />
das Bistum Trier, die Trägerschaft einer<br />
solchen Stelle übern<strong>im</strong>mt, geht es ihr dabei<br />
weder um Prestige noch um eine getarnte<br />
Einflussnahme auf die Gesellschaft,<br />
sondern um die Wahrnehmung einer ihrer<br />
Grundfunktionen, nämlich des diakonischen<br />
Auftrages an der Gesellschaft; es<br />
geht um den Selbstvollzug der Kirche <strong>im</strong><br />
Dienst am Menschen. Die Erziehungsberatungsstelle<br />
steht allen Menschen offen.<br />
Religionszugehörigkeit, Gläubigkeit, Kirchentreue<br />
und politischer Standort des<br />
Ratsuchenden geben nicht den Ausschlag,<br />
sondern einzig und allein die Tatsache,<br />
dass da ein Mensch ist, der der Hilfe<br />
bedarf.“<br />
Bereits in den ersten Jahren zeigte sich,<br />
dass die Probleme der Kinder oft <strong>im</strong><br />
Zusammenhang stehen mit Störungen des<br />
familiären Systems. Folglich wurde auch<br />
der Name in „Erziehungs-, <strong>Ehe</strong>- und<br />
Lebensberatungsstelle des Bistums Trier“<br />
erweitert. 1982 wurde durch die deutsche<br />
Bischofskonferenz der Titel um „Familie“<br />
ergänzt.<br />
Unser Titel „Erziehungs-, <strong>Ehe</strong>-, Familien-<br />
und Lebensberatungsstelle des Bistums<br />
Trier in Bad Neuenahr-Ahrweiler“ wurde<br />
1996 in „Lebensberatung Ahrweiler“<br />
geändert. Die Arbeitsbereiche und<br />
Beratungsangebote sind gleich geblieben.<br />
In den vergangenen 35 Jahren sind Eltern<br />
in ihrer Unsicherheit, Sorge und Not um<br />
ihre Kinder zu uns gekommen, und wir<br />
haben mit diesen 7.000 Kindern und<br />
Jugendlichen und ihren Eltern gearbeitet.<br />
Zählen wir nur ein Kind mit einem<br />
Elternteil, so haben wir <strong>im</strong> Bereich<br />
Erziehungsberatung 14.000 Menschen<br />
beraten.<br />
Im Bereich <strong>Ehe</strong>- und Familienberatung<br />
suchten 5.400 Frauen und Männer unsere<br />
Hilfe. Dies bedeutet, dass wir insgesamt<br />
20.000 Menschen kennen gelernt und sie<br />
ein Stück ihres Weges begleitet haben.<br />
Da unsere Arbeit besonders <strong>im</strong> Bereich<br />
Erziehungsberatung von der Kooperation<br />
mit den Elternteilen, mit Erzieherinnen in<br />
Kindertagesstätten und LehrerInnen<br />
geprägt ist, verdoppelt bis verdreifacht sich<br />
die Zahl derer, mit denen wir gearbeitet<br />
haben. Zusätzlich haben wir Menschen<br />
erreicht in den Sprechstunden vor Ort, in<br />
Seminaren und an Elternabenden von<br />
Kindertagesstätten und Schulen.<br />
Somit haben wir in den letzten 35 Jahren<br />
etwa 30.000 Menschen aus dem Kreis<br />
Ahrweiler unsere unterschiedliche<br />
Unterstützung gegeben.<br />
In den Anfängen der Erziehungsberatung<br />
war der Erziehungsstil der Eltern eher<br />
autoritär orientiert, so dass unsere pr<strong>im</strong>äre<br />
Aufgabe darin bestand, für die Bedürfnisse
und Interessen der Kinder und<br />
Jugendlichen zu sorgen.<br />
Dies hat sich mittlerweile dahingehend<br />
verändert, dass wir die Eltern verstärkt<br />
unterstützen, Mut, Zeit und Kraft zu<br />
finden, um ihren Kindern als wichtigste<br />
Erziehungs- und Beziehungspersonen zur<br />
Verfügung zu stehen.<br />
Damit soll verhindert werden, dass sie sich<br />
resigniert aus ihrer Verantwortung<br />
zurückziehen und die Erziehung an andere<br />
delegieren (Erzieherinnen und Lehrer-<br />
Innen).<br />
Dies ist besonders schwierig in Zeiten, in<br />
denen die Erwachsenen selbst sehr unter<br />
Anspannung stehen, sei es beruflicher,<br />
finanzieller oder emotionaler Art. Oft<br />
erleben wir in Trennungs- und<br />
Scheidungsphasen, dass Erwachsene und<br />
Kinder in ihrer Belastung sehr stark<br />
gefordert sind und dringend Unterstützung<br />
brauchen. Den Kindern bieten wir eine<br />
Gruppe über zehn Nachmittage an, in der<br />
sie sich mit uns als Außenstehenden und<br />
mit ebenfalls betroffenen Kindern<br />
austauschen und Hilfe erfahren konnten.<br />
Diese Gruppen bieten wir aufgrund des<br />
hohen Bedarfes regelmäßig an. Den<br />
Erwachsenen helfen verschiedene Gesprächsangebote:<br />
einzeln, als Paar oder in<br />
der Alleinerziehenden-Gruppe.<br />
In der <strong>Ehe</strong>-, Familien- und Lebensberatung<br />
zeigt sich ein ähnlicher Wandel. War das<br />
Leben mit vielen Entscheidungen durch<br />
eine klare und von außen vorgegebene<br />
Norm gekennzeichnet, so fand ein Wechsel<br />
hin zu unterschiedlichen und vielfältigen<br />
Wertvorstellungen statt.<br />
Dies eröffnet dem Einzelnen mehr<br />
Freiräume und Entwicklungschancen,<br />
bedeutet andererseits aber auch Unsicherheit,<br />
die einer ständigen Auseinandersetzung<br />
mit Wertigkeiten bedarf und somit<br />
viel Zeit und Energie braucht.<br />
Schwieriger ist auch in der dargebotenen<br />
Vielzahl von Möglichkeiten, die eigenen<br />
Grenzen (finanzielle, zeitliche, kräftemäßige<br />
und andere) zu sehen und zu<br />
akzeptieren. Oft erleben wir, dass sich<br />
Menschen durch ein zu spätes Sich-<br />
Abgrenzen überfordern, was dann auf<br />
Kosten von Beziehungen geht oder der<br />
Körper macht in Gestalt einer Krankheit<br />
auf sich aufmerksam.<br />
Auch wir haben uns in den vergangenen<br />
Jahren <strong>im</strong>mer mehr mit Begrenzungen<br />
auseinandersetzen müssen, die uns Zeit<br />
und Energie gekostet haben, die uns<br />
gleichzeitig in unserem Entwicklungsprozess<br />
herausfordern.<br />
So verweisen wir mittlerweile psychotherapiebedürftige<br />
Erwachsene an entsprechende<br />
Praxen und legen unseren<br />
Schwerpunkt auf die Beratung von<br />
Kindern, Jugendlichen, Eltern und Paaren.<br />
Die durchschnittliche Zeit pro Ratsuchenden<br />
konnten wir insgesamt auf sechs<br />
Stunden senken. Neben diesen Einschränkungen<br />
ist uns Bewährtes, wie der<br />
Erhalt einer guten Qualität der Arbeit,<br />
wichtig.<br />
So haben alle Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter einen Abschluss als Diplom-<br />
Psychologe, Diplom-Heilpädagoge oder<br />
Diplom-Sozialpädagoge. Wir arbeiten<br />
folglich in einem Team mit verschiedenen<br />
Berufsgruppen. Langjährige Erfahrung und<br />
Zusatzausbildungen erhöhen unsere<br />
Kompetenz. Mit anderen Berufsgruppen<br />
und Institutionen arbeiten wir eng<br />
zusammen, sodass auch andere, dort<br />
vorhandene Ressourcen <strong>im</strong> Sinne des<br />
Ratsuchenden genutzt werden. Neben<br />
dieser Fachlichkeit wird unsere Arbeit<br />
geprägt durch ein christliches Menschenbild<br />
(s. o.).<br />
Beschränkungen erfuhren wir auch durch<br />
zwei Sparbeschlüsse unseres Trägers, des<br />
Bistums Trier, der neben der Kürzung der<br />
Stunden <strong>im</strong> Büro, auch seinen Trägeranteil<br />
auf 40 % kürzt. Dies bedeutet <strong>im</strong> Vergleich<br />
bundesweit dennoch eine hohe Eigenbeteiligung.<br />
Erfreulicherweise hat der Kreis Ahrweiler<br />
seinen Zuschuss erhöht, sodass die<br />
Finanzierung der Stelle gesichert ist.
Beratungsmethoden zeitgemäß<br />
gestalten<br />
In den letzen Jahren haben Themen wie<br />
Vernetzung und Auswirkungen der Sparmaßnahmen<br />
eine zentrale Rolle gespielt.<br />
Das tun sie heute auch noch, so werden wir<br />
in Kürze über unsere Mitarbeit <strong>im</strong> Haus<br />
der Familien berichten und unsere Projekte<br />
ankündigen. Sicher bleiben auch die beschlossenen<br />
Sparmaßnahmen ein sehr<br />
wichtiges Thema, dem wir in den Beratungsstellen<br />
weiterhin nachgehen müssen.<br />
Hier an dieser Stelle möchte ich den Blick<br />
auf die Qualitätssicherung unserer<br />
Beratungsmethoden lenken und drei<br />
Bereiche als Beispiel ein wenig näher<br />
skizzieren:<br />
a) neue Erkenntnisse der frühkindlichen<br />
Entwicklung<br />
b) hirnorganische Forschung und<br />
Tiefenpsychologie<br />
c) Weiterentwicklung der analytischen<br />
Psychologie nach C.G. Jung<br />
zu a. Das aktuelle Verständnis vorneweg:<br />
Die „Passung“ zwischen den Bedürfnissen<br />
des Kleinkindes und den Möglichkeiten<br />
der Eltern kommt ins Zentrum – diese soll<br />
möglichst st<strong>im</strong>men. Das heißt: Sowohl die<br />
Kinder als auch die Eltern haben ihre<br />
Eigenheiten, Voraussetzungen, Möglichkeiten<br />
und Grenzen.<br />
Diese aufeinander einzustellen zum Wohl<br />
des Kindes ist Ziel der Entwicklungsberatung.<br />
Wir nehmen damit<br />
Abschied von der Vorstellung z.B.<br />
„Rabenmutter“ oder „kleiner Tyrann“ und<br />
schauen mehr auf die Möglichkeiten des<br />
Umgehens miteinander und des Lernens<br />
miteinander.<br />
zu b. Halten die Theorien der Psychoanalyse<br />
Sigmund Freuds (geb. 1856) und der<br />
weiteren Tiefenpsychologien den heute<br />
möglichen Erkenntnissen stand oder sind<br />
sie längst überholt, stehen „Verdrängung<br />
ins Unbewusste“ und die „Verarbeitung in<br />
Träumen“ mittlerweile verstaubt in der<br />
hintersten Ecke des Schrankes? Heute lassen<br />
sie sich auf ihre Aussagekraft hin in<br />
neurowissenschaftlichen Exper<strong>im</strong>enten der<br />
Hirnforscher belegen: vieles von den<br />
Beobachtungen und daraus abgeleiteten<br />
Theorien und Modellen der Psyche bestätigt<br />
sich.<br />
zu c. Peter Schellenbaum, Jungianer und<br />
Leibtherapeut, vielen vielleicht bekannt<br />
durch sein Buch „Das Nein in der Liebe“<br />
betrachtet die zwischenmenschliche Beziehung<br />
aus einem anderen Blickwinkel: „Ja<br />
aus Liebe“ heißt sein neues Buch.
Standen Mitte der achtziger Jahre das<br />
Betonen der Individualität und damit das<br />
Lösen aus Abhängigkeiten <strong>im</strong> Vordergrund,<br />
so gibt es heute andere zentrale<br />
Beobachtungen: Vereinzelung, Isolation,<br />
Kontaktschwierigkeiten sind deutliche<br />
Aspekte unserer Zeit.<br />
Eine Hinwendung zu neuen Versuchen,<br />
Beziehungen zu retten und neu zu gestalten,<br />
finden wir auch in unserer Beratungsstelle<br />
neuerdings <strong>im</strong>mer wieder.<br />
Vom jungschen Ansatz ausgehend über die<br />
Körpertherapie bis zur Einbeziehung von<br />
„archetypischen Musikinstrumenten“ stellt<br />
Wolfgang Strobel sein Therapiekonzept<br />
vor.<br />
Ein zukunftsweisendes Modell, aus dem<br />
Beratertätigkeit und einzelne Methodenelemente<br />
schon jetzt in die therapeutische<br />
Beratungsarbeit integriert werden können.<br />
Sie sehen, die Qualitätssicherung ist ein<br />
umfassendes Gebiet, so dass an dieser<br />
Stelle nur einzelne Beispiele benannt und<br />
an der Oberfläche skizziert werden<br />
können. Bei weiterem Interesse empfehle<br />
ich die folgende angeführte Literatur.<br />
Für ein vertiefendes Gespräch stehen wir<br />
in der Lebensberatung Betzdorf gerne zur<br />
Verfügung.<br />
Literatur:<br />
Ute Ziegenhain et al:<br />
Entwicklungspsychologische Beratung für<br />
junge Eltern Juventa 2006<br />
„Das Unbewusste neu entdecken“ in der<br />
Zeitschrift Gehirn & Geist, Nr. 1 – 2 / 2006<br />
Seite 50 ff<br />
Peter Schellenbaum:<br />
Ja aus Liebe Kösel, 2004<br />
Wolfgang Strobel:<br />
Reader Musiktherapie Reichert, 1999
"Guter Rat ist teuer"<br />
...sagt der Volksmund und ergänzt:<br />
Was nichts kostet, ist auch nichts!<br />
Die Kosten der LEBENSBERATUNG in<br />
Bitburg belaufen sich jährlich auf ca.<br />
300.000,-- € (vgl. auch das Blatt<br />
"Finanzen" in diesem Jahresbericht). Dem<br />
in der Überschrift genannten Volksmund<br />
nach „sind wir also was“ und geben „guten<br />
Rat“! Dies wird uns <strong>im</strong>mer wieder<br />
bestätigt von den Personen, Paaren und<br />
Familien, die Hilfe suchend zu uns<br />
kommen; und dies ist auch das Ergebnis<br />
der Qualitätsstudie (2000), in der nach<br />
Kundenzufriedenheit und Erfolg der<br />
Beratung gefragt wurde.<br />
Träger und Zuschussgeber können also<br />
sicher sein, dass das Vorhalten unseres<br />
Beratungsangebotes eine gute Verwendung<br />
von Kirchen- und kommunalen Steuergeldern<br />
darstellt.<br />
Wir sind eine Einrichtung an der Schnittstelle<br />
zwischen kirchlichem Engagement<br />
für Familien und Jugend und andererseits<br />
der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe.<br />
Insofern treffen und betreffen uns natürlich<br />
auch die Bemühungen und Entscheidungen<br />
zur Begrenzung der öffentlichen Haushalte,<br />
die Sparmaßnahmen in Kirche und<br />
Staat.<br />
Das Bistum Trier als Träger der<br />
LEBENSBERATUNG auch in Bitburg hat<br />
bereits <strong>im</strong> Jahr 2004 die künftig geltenden<br />
Grenzen seiner Grundförderung für die<br />
institutionelle Beratung deutlich gemacht<br />
und sie von ca. 70% auf ca. 40% fest-<br />
gesetzt. In den Jahren ab 2007 soll dieser<br />
Beschluss wirksam werden.<br />
Im laufenden Jahr werden die Weichen<br />
dafür gestellt, ob das Beratungsangebot der<br />
Bitburger LEBENSBERATUNG über das<br />
Jahr 2008 hinaus für unsere „Kunden“,<br />
also die Rat suchenden (Eltern-) Paare und<br />
Familien, erhalten bleibt. Hierüber verhandeln<br />
das Bistum als unser Träger und der<br />
Kreis Bitburg-Prüm sowie das Land<br />
Rheinland-Pfalz als unsere Zuschussgeber.<br />
Erklärtes Ziel ist es, das Beratungsangebot<br />
der LEBENSBERATUNG als qualifizierten<br />
Dienst aufrecht zu erhalten und darüber<br />
hinaus zu einer fachlich-guten Klärung zu<br />
kommen, welchen Platz die Erziehungs-,<br />
<strong>Ehe</strong>-, Familien- und Lebensberatung <strong>im</strong><br />
Gesamt der Jugendhilfe des Eifelkreises<br />
einn<strong>im</strong>mt. Somit soll also nicht nur das<br />
"Diktat der Ökonomie" zählen.<br />
Aber auch in der Stelle selbst tun wir<br />
einiges. In einem Dreiklang von Sparen,<br />
Spenden und Stiften wollen wir einerseits<br />
unsere Kosten senken und andererseits<br />
Einnahmen erhöhen:<br />
- Sparen: Wir nehmen unsere Aufgabe zum<br />
sparsamen Umgang mit Mitteln sehr<br />
ernst. Jede Anschaffung und Sachausgabe<br />
ist auf dem Prüfstand.<br />
- Spenden: Wir sind heute deutlich mehr<br />
als früher darauf angewiesen, dass wir<br />
Spenden bekommen.
Darüber informieren wir auch all unsere<br />
Klienten und wir sind ihnen dankbar,<br />
dass ein Teil sich dazu in der Lage sieht<br />
und uns eine Spenden als Kostenbeitrag<br />
übergibt. Auch das Benefizkonzert <strong>im</strong><br />
vergangenen Jahr unter der Schirmherrschaft<br />
des Landrats Graef war ein<br />
großer Erfolg - es fand statt mit den<br />
he<strong>im</strong>ischen Künstlern Frau D<strong>im</strong>mer-<br />
Thies und Herrn Oehm <strong>im</strong> Haus Beda<br />
und erbrachte ca. 5.000,-- €.<br />
(Vorankündigung: Und auch die Kreismusikschule<br />
wird dankenswerter Weise den diesjährigen<br />
Erlös ihrer Benefizgala <strong>im</strong> Advent<br />
unserer Stelle zugute kommen lassen.)<br />
- Stiften: Damit wir nicht dauernd einen<br />
Teil unserer Arbeitszeit für das Einbringen<br />
von Spenden einsetzen müssen,<br />
hat das Bistum jetzt die „Stiftung<br />
Lebensberatung“ begründet. Jeder uns für<br />
diese Stiftung überlassene Betrag erhöht<br />
die Rendite des Stiftungsvermögens und<br />
sichert so langfristig unsere Einrichtung.<br />
(Die „Stiftung Lebensberatung" wird von<br />
der Bistumsstiftung „Menschen in Not"<br />
verwaltet und verursacht daher für uns<br />
keinerlei Verwaltungsaufwand bzw.<br />
-kosten.)<br />
Mit all diesen Instrumenten und Aktionen<br />
werden wir in der Lage sein, den<br />
Bistumsanteil (<strong>im</strong> Sachkostenbereich) zu<br />
senken. Dieser macht allerdings nur etwa<br />
10 % unserer jährlichen Gesamtkosten aus;<br />
der größte Batzen sind wie überall <strong>im</strong><br />
sozialen Bereich die Personalkosten.<br />
Gleichwohl handelt es sich um Beiträge<br />
der Betroffenen: von unseren Klienten als<br />
Kunden <strong>im</strong> engeren Sinne sowie unseren<br />
Förderern. Unsere Klienten wissen, was sie<br />
an uns haben, und sie wollen, dass auch <strong>im</strong><br />
Eifelkreis Bitburg-Prüm die kirchliche<br />
Beratung und Unterstützung von<br />
Menschen in Elternschaft und Partnerschaft<br />
erhalten und gesichert bleibt.<br />
Betrachtet man die Beträge, um die in den<br />
Verhandlungen gerungen wird, etwas<br />
genauer, so wird schnell deutlich, dass sie<br />
<strong>im</strong> Vergleich zu den Kosten, die <strong>im</strong> allgemeinen<br />
für Maßnahmen in der Kinder-<br />
und Jugendhilfe aufgewendet werden<br />
müssen, eher kleinere Positionen darstellen.<br />
Es macht Sinn, sie in Zusammenhang<br />
zu stellen mit einer Beurteilung ausbleibender<br />
Folgekosten. Denn diese<br />
werden durch unser niederschwelliges<br />
Beratungsangebot, das allen Schichten der<br />
Bevölkerung ohne bürokratische und/oder<br />
finanzielle Hürden offen steht, in Grenzen<br />
gehalten. Und des weiteren kann man<br />
davon ausgehen, dass eine nicht unerhebliche<br />
Zahl von Trennungs-/Scheidungsfolgekosten<br />
sowie inner- und außerfamiliären<br />
Erziehungshilfekosten bis hin<br />
zu He<strong>im</strong>einweisungen durch unsere<br />
Beratung vermieden werden.<br />
Der Effekt von Beratung zeigt bzw.<br />
entfaltet sich also auf mehreren Ebenen:<br />
- von Klienten, Paaren und Familien wird<br />
ihre unmittelbar heilsame Wirkung<br />
geschätzt (therapeutische Ebene, auch <strong>im</strong><br />
Sinne von konfliktlösend und problemreduzierend);<br />
- darüber hinaus wirkt Beratung (konflikt-<br />
und problem-)vorbeugend: denn jedes<br />
Beratungsgespräch, das z.B. Eltern in<br />
ihrer Erziehungskompetenz stärkt, kann<br />
weitere familiäre Probleme verhindern<br />
bzw. sich nicht verfestigen lassen (=<br />
unmittelbar präventive Ebene);<br />
- infolgedessen hilft Beratung durch die<br />
Stärkung innerfamiliärer Lebens-,<br />
Aufwachs- und Entwicklungsbedingungen<br />
für Kinder (mittelbare<br />
Prävention) auch, gegebenenfalls weitere<br />
Jugendhilfeaufwendungen bis hin zu<br />
-folgekosten einzusparen.<br />
Vor diesem Hintergrund ist eine Sicherstellung<br />
der institutionellen Beratung, wie<br />
sie durch die LEBENSBERATUNG<br />
BITBURG angeboten wird, eine zugleich<br />
vorausschauende und kluge Entscheidung<br />
des Eifelkreises und liegt ganz <strong>im</strong> Sinne<br />
der Finanz- und Familienpolitik.
Selbstverletzendes Verhalten <strong>im</strong> Jugendalter<br />
„Keiner versteht mich, fühl mich ganz<br />
alleine. Ich will, dass es mir wieder besser<br />
geht. Will nicht mehr weinen müssen. Will<br />
kein Blut mehr. Die Wunden an meinem Arm<br />
schreien Hilfe, aber keiner hört den Schrei.<br />
Ich weiß, dass es nicht richtig ist, aber ich<br />
kann nicht anders. Irgendwie geht es mir<br />
danach besser, jedenfalls für einen Moment<br />
lang......“<br />
Auf Anregung ihrer Lehrerin meldet sich die<br />
16jährige Martina in der Beratungsstelle. In<br />
den folgenden Gesprächen mit der Beraterin<br />
erzählt sie, dass sie sich ritzt. Immer dann,<br />
wenn es ihr schlecht geht, wenn sie wieder<br />
Streit mit der Mutter hatte oder ihr Vater<br />
betrunken ist.<br />
Martina ist Einzelkind, die Eltern sind<br />
getrennt, beide haben einen neuen Partner.<br />
Sie lebt bei der Mutter, die bald mit ihrem<br />
Lebensgefährten zusammenziehen möchte. In<br />
der Schule kommt sie gut mit und hat dort<br />
keine Schwierigkeiten, auch ist sie in einen<br />
Freundeskreis eingebunden.<br />
Trotz der Freunde fühlt sie sich häufig alleine<br />
und unverstanden. Seit einem Jahr ritzt sie<br />
sich mit einer Rasierklinge in die Arme,<br />
<strong>im</strong>mer wenn sie für sich keinen anderen Weg<br />
sieht, mit ihren Schwierigkeiten fertig zu<br />
werden. Wenn sie das getan hat, geht es ihr<br />
besser, aber <strong>im</strong>mer nur so lange bis es wieder<br />
Stress gibt.<br />
Nach einigen Beratungsgesprächen schildert<br />
sie, das es ihr gut tut, mit jemandem reden zu<br />
können. Dass jemand da sei, der sie ernst<br />
n<strong>im</strong>mt und mit ihr nach Wegen sucht, um ihre<br />
Schwierigkeiten anders zu lösen.
Im Jahr 2006 haben sich in der<br />
Lebensberatung Cochem gehäuft Jugendliche,<br />
die ritzen, angemeldet.<br />
Selbstverletzendes Verhalten tritt oft bei<br />
Mädchen <strong>im</strong> Jugendalter (zwischen 13. und<br />
20. Lebensjahr) auf; es kann viele Formen<br />
annehmen. Sie reichen von oberflächlichem<br />
Ritzen bis zu tiefem Schneiden mit deutlichen<br />
Verletzungen, über selbst zugefügte<br />
Verbrennungen, sich mit Nadeln stechen bis<br />
zum Haare ausreißen. Auch Nägelkauen,<br />
nervöse Tics, manche psychosomatische<br />
Störungen wie z.B. Essstörungen,<br />
Depressionen und Süchte können dazu<br />
gezählt werden.<br />
Was bedeutet es, wenn Kinder und<br />
Jugendliche sich körperlichen Schmerz und<br />
Gewalt zufügen? Wollen sie damit<br />
schockieren oder sich interessant machen?<br />
Oder ist es als Mutprobe zu verstehen, eine<br />
Art „Aufnahmeritual“ in eine Gruppe<br />
Gleichaltriger um sich um jeden Preis von den<br />
Eltern oder der Gesellschaft abzusetzen?<br />
St<strong>im</strong>mungsschwankungen gehören zur<br />
Pubertät. Sie kommen bei Jungen eher<br />
aggressiv nach außen und bei Mädchen eher<br />
durch depressive St<strong>im</strong>mung zum Ausdruck,<br />
die mit Gefühlen der eigenen Wertlosigkeit<br />
einhergehen können. Mädchen, die sich selbst<br />
verletzen, neigen dazu niedergeschlagen und<br />
sensibel für tatsächliche oder befürchtete<br />
Ablehnung zu sein.<br />
Untersuchungen weisen darauf hin, dass<br />
Jugendliche mit selbstverletzendem Verhalten<br />
versuchen, wenigstens kurzfristig Gefühle<br />
von Traurigkeit, Einsamkeit, Scham, Schuld,<br />
Ärger, Wut u.a. zu kompensieren, um besser<br />
mit sich und der Umwelt klar zu kommen. So<br />
tritt nach der Selbstverletzung eine<br />
Beruhigung ein und das Gleichgewicht ist<br />
vermeintlich wieder hergestellt. Sie suchen<br />
Entlastung von innerem psychischen<br />
Schmerz, indem sie sich körperlichen<br />
Schmerz zufügen. Jeder Schnitt ist<br />
gleichzeitig ein Schritt zur Beruhigung, zur<br />
Abfuhr von Wut, zur Unterbrechung von<br />
depressiver St<strong>im</strong>mung.<br />
Obwohl Selbstverletzungen und Gedanken an<br />
den Tod häufig gleichzeitig oder<br />
nacheinander auftreten, sind sie nicht<br />
dasselbe: Selbstverletzungen sind keine<br />
versteckten<br />
Suizidversuche.<br />
oder misslungenen<br />
Was sind Auslöser und Ursachen<br />
für selbstverletzendes Verhalten?<br />
Gewalterfahrungen und / oder emotionale<br />
Vernachlässigung führen oft zu Gefühlen der<br />
Niedergeschlagenheit und<br />
Hoffnungslosigkeit. Mangelndes<br />
Selbstvertrauen und ein Gefühl der<br />
Hilflosigkeit bei Problemen mit sich und der<br />
Umwelt kommen ebenso als Auslöser für<br />
selbstverletzendes Verhalten in Betracht.<br />
Auch Verlusterfahrungen <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
mit Trennung und Scheidung oder Tod eines<br />
Elternteils können eine Ursache für<br />
selbstverletzendes Verhalten sein. In vielen<br />
Fällen steht dahinter die unerfüllte Sehnsucht<br />
nach Nähe, Liebe, Anerkennung und<br />
Selbstwert. Überforderung in der Familie, in<br />
der Schule oder in der Peergruppe können<br />
ebenso zu der „Not“- Lösung von<br />
selbstverletzendem Verhalten führen.
Was ist hilfreich?<br />
Selbstverletzendes Verhalten ist als Versuch<br />
zu verstehen, inneres Gleichgewicht und<br />
Selbstwert zu finden. Darin kommen<br />
Bedürfnisse zum Ausdruck nach<br />
Verstandenwerden, nach Beachtung, nach<br />
Eltern, die sich für die Sorgen ihres Kindes<br />
interessieren.<br />
Im Einzelfall ist es zunächst notwendig, mit<br />
der Jugendlichen und der Familie die<br />
Hintergründe für das selbstverletzende<br />
Verhalten zu erarbeiten. Weiterhin ist es<br />
erforderlich, ein stabiles Beziehungsnetz in<br />
der Familie und / oder Peergruppe<br />
aufzubauen. Die Jugendliche muss dabei<br />
unterstützt werden, ein positives<br />
Selbstwertgefühl zu entwickeln und<br />
Konflikten konstruktiv zu bewältigen.<br />
Ein gutes Selbstwertgefühl und stützende<br />
Beziehungen in Familien führen dazu, dass<br />
junge Menschen aktiv auf Probleme zugehen,<br />
um sie zu lösen. In Untersuchungen hat sich<br />
gezeigt, dass sie dann weniger gefährdet sind,<br />
sich selbst Gewalt anzutun.<br />
Unsere Erfahrungen in der Beratung stützen<br />
diese Ergebnisse. Hier angestoßene<br />
Veränderungen trugen dazu bei, dass die<br />
Jugendlichen sich nicht mehr selbst<br />
verletzten, sondern anfingen, ihre Konflikte<br />
selbstbewusst zu lösen.
Kindern Wurzeln und Flügel geben<br />
"Wurschtelst Du noch oder erziehst Du<br />
schon?" So beginnt ein Artikel eines Nachrichtenmagazins,<br />
das sich in seiner Ausgabe<br />
mit dem Titel "Comeback der Disziplin"<br />
damit beschäftigt, was Kinder brauchen und<br />
dabei neue Wege der Erziehung aufzeigt.<br />
Ähnlich äußerte sich auch eine Mutter zu<br />
Beginn unseres Elterntrainings. Sie hatte<br />
sich deshalb zur Teilnahme angemeldet,<br />
weil sie sich mit ihrem<br />
"Hindurchwurschteln" bei der<br />
Kindererziehung ziemlich überfordert und<br />
<strong>im</strong>mer hilfloser fühlte.<br />
Obwohl sich heutige Eltern oft sehr bewusst<br />
über Kindererziehung informieren und<br />
manchmal schon vor der Geburt eines<br />
Kindes das umfangreiche Angebot der<br />
Ratgeber zu Hilfe nehmen, benötigen Eltern<br />
in der Erziehung Unterstützung, die über<br />
allgemeine Verhaltenstipps hinausgeht.<br />
Denn inzwischen sind körperliche<br />
Bestrafungen, seelische Verletzungen und<br />
entwürdigende Maßnahmen gesetzlich<br />
unzulässig, neue Werte haben sich in der<br />
Erziehung durchgesetzt. Doch viele Eltern<br />
fragen sich, wie sie ihre Kinder zu<br />
selbstbewussten und starken<br />
Persönlichkeiten erziehen können ohne<br />
dabei die "Führungsposition" in ihrer<br />
Familie zu verlieren.<br />
Präventive Erziehungsprogramme, zu denen<br />
die Elterntrainings zählen, können Eltern<br />
eine Orientierung bieten, wie sie sich bei<br />
Problemen mit ihren Kindern verhalten<br />
sollen. Elterntrainingsprogramme setzen bei<br />
Eltern mit möglichst jungen Kindern an, mit<br />
dem Ziel, eine negative Spirale oder einen<br />
Teufelskreis von ungünstigem Erziehungsverhalten<br />
und kindlichen Verhaltensauffälligkeiten<br />
abzubauen bzw. zu vermeiden.<br />
Das Elterntraining "Liebevoll und<br />
Kompetent" wurde von Fachkräften der<br />
Lebensberatung <strong>im</strong> Bistum Trier entwickelt<br />
und richtet sich an Eltern und andere Erziehende,<br />
die sich um Kinder <strong>im</strong> Alter von zwei<br />
bis zwölf Jahren kümmern.<br />
Grundlage dieses Trainings sind u.a.<br />
Erkenntnisse der<br />
Wahrnehmungspsychologie,<br />
Bindungsforschung und pädagogischen Psychologie.<br />
Verschiedene Konzepte und<br />
Methoden der Verhaltenstherapie, der Gesprächspsychotherapie<br />
sowie des Neuro-
linguistischen Programmierens wurden<br />
integriert.<br />
Ein wichtiger Baustein dieses Trainings sind<br />
langjährige Erfahrungen aus der Beratungsarbeit<br />
mit Familien. Im ersten Teil des<br />
Elterntrainings werden grundlegende Fertigkeiten<br />
für den Erziehungsalltag vermittelt<br />
und eingeübt; <strong>im</strong> zweiten Teil, dem Problemlösungstraining,<br />
lernen Eltern, wie sie<br />
ihre Einflussmöglichkeiten effektiver nutzen<br />
können, um mit ihren alltäglichen Erziehungsproblemen<br />
besser zurecht zu kommen.<br />
Die einzelnen Trainingsstunden beinhalten<br />
best<strong>im</strong>mte Themen, die in einem kurzen<br />
Theorieteil erläutert werden. Dazu finden in<br />
Kleingruppen oder Rollenspielen praktische<br />
Übungen statt, die das Erlernte vertiefen und<br />
neues Erziehungsverhalten erleichtern sollen<br />
und die Eltern zu Hause <strong>im</strong> Umgang mit<br />
ihren Kindern umsetzen können.<br />
Die ersten fünf Sitzungen handeln von<br />
Grundfähigkeiten, die Eltern <strong>im</strong><br />
Erziehungsalltag brauchen. In den letzten<br />
drei Sitzungen können Eltern eigene<br />
spezielle Erziehungsprobleme einbringen,<br />
die mit Hilfe der anderen Teilnehmer nach<br />
einer best<strong>im</strong>mten Methode bearbeitet<br />
werden.<br />
In der Lebensberatungsstelle Gerolstein<br />
findet jetzt zum wiederholten Male dieses<br />
Elterntraining statt. Alle vierzehn Tage<br />
treffen sich hier Mütter und Väter an<br />
insgesamt acht Vormittagen mit dem Ziel,<br />
zu lernen, wie sie ihre Kinder liebevoll und<br />
kompetent durchs Leben führen und<br />
begleiten können.<br />
Schon be<strong>im</strong> ersten Treffen der zehn – zwölf<br />
Teilnehmer machen Eltern die Erfahrung,<br />
dass sie nicht alleine sind mit ihren alltäglichen<br />
Problemen. Im Austausch über die<br />
Erwartungen und Ziele, die Eltern an diesen<br />
Kurs haben, sind sie oft positiv überrascht<br />
darüber, dass auch andere Eltern sehr<br />
genervt und hilflos sind, wenn es z.B. um<br />
das ständige Streiten ihrer Kinder geht.<br />
Besonders bemerkenswert ist für Eltern die<br />
Aufgabe, sich zu überlegen, was ihnen selbst<br />
als Kind von Seiten ihrer Eltern an Wertschätzung<br />
und Aufmerksamkeit zugute kam.<br />
Überhaupt lohnt es sich, darüber nachzudenken,<br />
was die eigenen Eltern in ihrer Erziehung<br />
gut gemacht haben. Oft sind Eltern<br />
überrascht darüber, dass sie trotz der Fehler,<br />
die ihnen meistens zuerst einfallen, doch<br />
noch viele positive Seiten entdecken<br />
können.<br />
Kleine Erfolge <strong>im</strong> Erziehungsalltag zeigen<br />
sich oft schon nach den ersten Sitzungen.<br />
Eltern stellen fest, dass sie ihre Erziehungsarbeit<br />
schon recht kompetent bewältigen und<br />
lernen, was noch zu verbessern ist.<br />
Im gegenseitigen Vertrauen von Eltern und<br />
Kindern setzen sie ihre Erfahrung, ihr<br />
Wissen und ihre Fertigkeiten ein, um ihren<br />
Kindern die Spielregeln unserer Gesellschaft<br />
vorzuleben und steuernd einzugreifen, wenn<br />
Handlungen ihrer Kinder ihnen selbst und<br />
anderen schaden. So schaffen sie eine familiäre<br />
Atmosphäre, in der ein liebevolles<br />
Miteinander gelingen kann.
„Ich liefere die Eier und du den<br />
Schinken“<br />
-eine Projektidee der Lebensberatung, des<br />
Jugendamtes und der Schulsozialarbeit in<br />
der Verbandsgemeinde Ruwer!-<br />
Kooperation innerhalb der Kinder- und<br />
Jugendhilfe ist ein wichtiges Thema, wenn<br />
der Kinderschutz <strong>im</strong> Mittelpunkt steht. Es<br />
geht hier um Kooperation in einem sehr<br />
konkreten Zusammenhang, nämlich <strong>im</strong><br />
Rahmen eines präzise festgelegten Projektes.<br />
Kooperationspartner sind verschiedene<br />
Professionen und Zuständige aus dem<br />
Gesundheitssystem.<br />
Alle Maßnahmen vorbeugender und<br />
frühzeitiger Hilfen haben das Ziel, die<br />
Ressourcen der Eltern und der Kinder zu<br />
stärken. In frühester Kindheit geht es darum,<br />
Risikofaktoren und deren Auswirkungen für<br />
das Kind zu erkennen und an geeigneter<br />
Stelle Eltern und Kind zu fördern.<br />
Präventive Maßnahmen sind dann sehr<br />
wirksam, wenn Kinder- und Jugendhilfe und<br />
Gesundheitshilfe sich ergänzen, sowie<br />
aufeinander abgest<strong>im</strong>mt sind.<br />
Es geht in dem skizzierten Projekt um<br />
möglichst frühe Hilfe. Frühe Warnsysteme<br />
machen aber erst dann Sinn, wenn die<br />
Kooperation <strong>im</strong> Frühfördersystem wirksam<br />
gelingt.<br />
Gefahren entstehen meist nicht von heute<br />
auf morgen, sie kündigen sich schon weit<br />
vor einer akuten Krise bzw. einer<br />
Verfestigung von Problemlagen durch<br />
schwache Signale an. Oftmals werden die<br />
schwachen Signale zwar erkannt, aber<br />
aufgrund fehlender oder gestörter<br />
Kommunikation zwischen verschiedenen<br />
Einrichtungen bzw. ihren VertreterInnen<br />
nicht gebündelt und hinsichtlich ihres<br />
Risikopotenzials nicht richtig eingeschätzt.<br />
Dementsprechend müssen Regeln für die<br />
fallbezogene und institutionelle<br />
Zusammenarbeit aufgebaut werden, um<br />
diese gelingend zu gestalten.<br />
Zielgruppe des Projektes sollen Kinder und<br />
deren Familien <strong>im</strong> Alter von 0-12 Jahre der<br />
Verbandsgemeinde Ruwer sein.<br />
Niedrigschwellige und frühzeitige<br />
Hilfsangebote werden oft nicht<br />
angenommen, da diese entweder nicht<br />
bekannt sind, die Hemmschwelle zur<br />
Inanspruchnahme zu groß ist oder aber der<br />
Stellenwert des Problems (Risiko) nicht<br />
erkannt wird.<br />
Fehlentwicklungen können in dieser<br />
Altersgruppe zumeist noch durch Hilfen<br />
innerhalb der Familie korrigiert oder<br />
abgemildert werden. Voraussetzungen sind,<br />
dass sie wahrgenommen werden, richtig<br />
bewertet und eine passgenaue Hilfe<br />
angeboten werden kann.<br />
Bei den Profis der Einrichtungen soll<br />
Handlungssicherheit erreicht werden; wann<br />
muss wer, wie tätig werden?
Handlungsstandards können jedoch nicht<br />
„übergestülpt“ werden, sondern sollen mit<br />
den beteiligten Institutionen erarbeitet<br />
werden. Fragestellungen sind:<br />
� Wie können Entwicklungsdefizite und<br />
erzieherische Bedarfslagen systematisch<br />
und früh mit Hilfe von standardisierten<br />
Screening-Instrumenten beobachtet und<br />
wahrgenommen werden?<br />
� Wie kann Transparenz zwischen den<br />
jeweiligen Hilfesystemen erreicht<br />
werden? Die Netzwerkpartner sollen<br />
wissen, welche Institution <strong>im</strong> welchem<br />
Bedarfsfall welche Hilfen anbietet!<br />
� Wie können die Mitarbeiter in den<br />
Einrichtungen Handlungssicherheit<br />
erhalten, insbesondere in Fällen, in<br />
denen die Eltern nicht ohne weiteres<br />
kooperationsbereit sind?<br />
� Wie kann Passung erreicht werden? Die<br />
Teilnehmer sollen Eltern frühzeitig für<br />
eine Kooperation gewinnen und sie an<br />
die „richtigen“ Einrichtungen verweisen<br />
können!<br />
Veranschlagte Projektdauer sind zwei Jahre.<br />
Die Absprache gemeinsamer Konzepte und<br />
gemeinsamer Abläufe und Verfahren auf<br />
Trägerebene ist vorrangiges Ziel des<br />
Projektkonzeptes.<br />
Vereinbarungen müssen über die Mitarbeiter<br />
hinaus gesichert werden. Dazu ist es aber<br />
wichtig eine gemeinsame Sprache zu finden.<br />
Dies erfordert ein gegenseitiges kennen<br />
lernen und Offenheit gegenüber den<br />
verschiedenen „Kulturen“ des<br />
Kooperationspartners, um neue Wege<br />
gemeinsam miteinander zu gehen.<br />
Im Sozialraum „Verbandsgemeinde Ruwer“<br />
lernten sich die Akteure vor Ort Anfang<br />
2006 persönlich kennen und in weiteren<br />
Treffen entwickelte sich Vertrauen. Ein<br />
Austausch über die Zuständigkeiten und<br />
Handlungsmöglichkeiten der Institutionen<br />
sollte dazu führen, dass die Erwartungen<br />
realistisch bleiben.<br />
Wer sind nun die Akteure <strong>im</strong> Netzwerk?<br />
Kindertagesstätten, Schulen, Ärzte,<br />
Hebammen, Beratungsstellen,<br />
Frühförderung, Jugendamt,<br />
Kinderschutzeinrichtungen, Gesundheitsamt,<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrie,<br />
Jugendpflege und Pastoral vor Ort.<br />
Der Zugang zu den Eltern ist der Schlüssel<br />
für die Hilfe für das Kind. Den Eltern einen<br />
Weg zu weisen, der sie selbst in die Lage<br />
versetzt ihr Kind vor Gefahren zu schützen,<br />
ist einer unserer Grundsätze in der Arbeit <strong>im</strong><br />
Netzwerk.<br />
Da es allen beteiligten Institutionen um das<br />
Wohl des Kindes geht, ist es<br />
selbstverständlich, dass mit Informationen<br />
äußerst sorgfältig umgegangen werden<br />
muss. Eine für die gemeinsame Arbeit<br />
notwendige Offenheit mit gleichzeitiger<br />
Vertraulichkeit, ist für eine gelingende<br />
Zusammenarbeit aber unerlässlich.<br />
Auch unser Ziel ist <strong>im</strong> Sinne unserer<br />
Familienministerin Malu Dreyer:<br />
"riskante und prekäre Lebenslagen sicherer<br />
und frühzeitiger zu erkennen als bisher, um<br />
angemessene Hilfen einzuleiten und zu<br />
gewährleisten." Und hier gelte: "Kein Kind<br />
darf durch das Hilfenetz fallen."
Formen sozialer Elternschaft<br />
- eine Herausforderung für die<br />
Erziehungsberatung<br />
Ca. 50% aller Kinder und Jugendlichen, die<br />
wir in der Erziehungsberatungsstelle sehen,<br />
leben nicht mit ihren leiblichen Eltern<br />
zusammen.<br />
Für einen erheblichen Teil dieser Kinder<br />
haben ein oder zwei Erwachsene die Verantwortung<br />
übernommen, diese <strong>im</strong> Rahmen<br />
sozialer, nicht-leiblicher Elternschaft<br />
großzuziehen und an ihrem Erwachsenwerden<br />
und gesellschaftlichen Integrationsprozess<br />
mitzuwirken.<br />
Von welchen Familien sprechen wir hier?<br />
Zunächst sei die größte Gruppe genannt, der<br />
wir begegnen, nämlich die Stieffamilien, in<br />
denen etwa 15% aller Kinder leben. 40 bis<br />
50% der Kinder, die gegenwärtig in<br />
Deutschland zur Welt kommen, werden<br />
langfristig nicht in der Familie aufwachsen,<br />
in die sie hineingeboren wurden. Vergessen<br />
sollten wir aber auch nicht diejenigen, die<br />
getrennt von beiden biologischen Eltern<br />
leben. Es sind Kinder in Adoptivfamilien,<br />
die rechtlich dem leiblichen Kind<br />
gleichgestellt sind. Es sind aber auch<br />
Pflegefamilien, die sozusagen in<br />
"He<strong>im</strong>arbeit" familienergänzend oder -<br />
ersetzend einen Auftrag der öffentlichen<br />
Jugendhilfe übernommen haben und sich die<br />
Aufgabe gestellt haben, für ein oder mehrere<br />
Pflegekinder dauerhaft oder zeitlich befristet<br />
die Erziehung zu gestalten.<br />
In Deutschland leben zurzeit ca. 120.000<br />
Kinder nicht bei ihren leiblichen Eltern, sind<br />
also fremdplatziert und wachsen in He<strong>im</strong>en<br />
oder Pflegefamilien auf.<br />
Viele dieser Pflegefamilien - insgesamt etwa<br />
50.000 - sind darüber hinaus verwandtschaftlich<br />
mit dem Pflegekind verbunden,<br />
beispielsweise, wenn die Großmutter oder<br />
Tante das Kind bei sich aufn<strong>im</strong>mt, weil die<br />
leibliche Mutter aufgrund von Drogenabhängigkeit<br />
oder dem Verbüßen einer<br />
Haftstrafe zur Übernahme der Erziehungsverantwortung<br />
nicht in der Lage ist.<br />
Es stellt sich die Frage, warum diese Kinder<br />
und Jugendlichen, die soziale Elternschaft<br />
erleben, in der Beratungsstelle überrepräsentiert<br />
sind, obwohl sie bezogen auf die<br />
Gesamtbevölkerung einen wesentlich<br />
geringeren Teil ausmachen.<br />
Vorschnell könnte man sagen, dass die<br />
Stieffamilie der Kernfamilie, in der beide<br />
leiblichen Eltern zusammenleben,<br />
unterlegen ist. Auch der Gedanke, dass eine<br />
Scheidung ein Kind dauerhaft schädigt,<br />
Pflegeeltern sich für nicht leibliche Kinder<br />
weniger engagieren oder Adoptiveltern sich<br />
schwerer tun, liegt nahe, erklärt aber nicht<br />
die erhöhten Fallzahlen, die beispielsweise<br />
in Koblenz <strong>im</strong> vergangenen Jahr 59,6% der<br />
Anmeldungen (insgesamt 205 Kinder)<br />
betrugen.<br />
Die Vielschichtigkeit der Situation wird u.a.<br />
aus folgenden Fragen deutlich:
Wie gestalten sich Übergangsprozesse in<br />
Stieffamilien, wenn ein neuer sozialer<br />
Elternteil hinzukommt? Wie reagieren die<br />
Kinder, wie soll zukünftig mit dem<br />
leiblichen Elternteil umgegangen werden<br />
und wie definiert sich die Rolle von<br />
Stiefvater oder Stiefmutter in der neuen<br />
Familienkonstellation?<br />
Wie gehen wir als Pflegeeltern mit den<br />
frühen Entbehrungen des Kindes um, wenn<br />
sie sich als starke Verhaltensauffälligkeiten<br />
manifestieren.<br />
Wie begleiten wir unser Adoptivkind, wenn<br />
es sich auf die Suche nach seinen leiblichen<br />
Eltern begibt, wenn wir über seine<br />
Umstände der Fremdplatzierung Auskunft<br />
geben oder wenn wir gerade in der Phase der<br />
Pubertät erkennen, dass seine<br />
Identitätsentwicklung vielschichtiger<br />
verläuft als bei leiblichen Kindern?<br />
Dies soll ein kleiner Ausschnitt der Überlegungen<br />
sein, mit denen sich Erwachsene in<br />
ihrer Rolle als soziale Eltern beschäftigen.<br />
Viele suchen dann nach Rat in einer<br />
Beratungsstelle...<br />
Was kann Beratung leisten?<br />
Ziel der Beratung ist zunächst die Unterstützung,<br />
die Wertschätzung der Eltern für ihr<br />
hohes Engagement, aber auch die Information<br />
über die Besonderheiten dieser<br />
Familienstrukturen, die sich deutlich von<br />
dem Beziehungserleben in Kernfamilien<br />
unterscheiden.<br />
Die nachvollziehbare Vorstellung auf Seiten<br />
der Ratsuchenden, soziale Elternschaft zu<br />
tabuisieren, zu verleugnen und stattdessen<br />
voreilig Wünsche und Erwartungen an familiäre<br />
Beziehungen zu knüpfen, die eher<br />
dem Bild der "heilen Kernfamilie" entsprechen,<br />
führen zu innerfamiliären Spannungen<br />
und Enttäuschungen. Erziehungsberatung<br />
kann hier einen wirksamen Beitrag zum<br />
Gelingen komplexer familiärer Entwicklungsprozesse<br />
leisten.<br />
Familiensoziologisch gesehen baut sie damit<br />
eine Brücke in eine Gesellschaft, deren<br />
Zukunft nicht durch die Auflösung der<br />
Kernfamilie, sondern <strong>im</strong> Sinne wachsender<br />
Familienpluralität durch eine Zunahme alternativer<br />
Formen des Zusammenlebens<br />
gekennzeichnet ist.<br />
Wünschen würden wir uns von den politischen<br />
Gremien, die Jugendhilfe mit den<br />
notwendigen Ressourcen auszustatten. Denn<br />
Kinder, die beispielsweise in Pflege- oder<br />
Adoptivfamilien vermittelt werden, zeigen<br />
in der Regel in ihrer<br />
Persönlichkeitsentwicklung die Narben<br />
früher Bindungsabbrüche, Traumatisierungen<br />
und Vernachlässigungen.<br />
Dies sind Erfahrungen, die sich langfristig<br />
auf die Persönlichkeits- und<br />
Identitätsentwicklung dieser Kinder und<br />
Jugendlichen auswirken. Sie machen eine<br />
oft dauerhafte Begleitung dieser<br />
"besonderen Familien" notwendig, die mit<br />
den derzeitigen Kapazitäten sowohl von<br />
Seiten der vermittelnden Stellen, wie auch<br />
den damit betrauten Beratungsstellen nicht<br />
alleine geschultert werden können.<br />
Neben der Minderung an menschlichem<br />
Leid, welches mit dem Auseinanderbrechen<br />
dieser Lebensgemeinschaft für alle<br />
verbunden ist, könnten mit einer<br />
Erweiterung der Kapazitäten auch die<br />
enormen Kosten eingespart werden, die<br />
durch eine evtl. notwendige<br />
He<strong>im</strong>unterbringung entstehen.
Heranwachsende ohne Respekt und<br />
Rücksichtnahme<br />
Jan Brand (Name geändert) ist 15 Jahre alt, lebt<br />
bei seinen Eltern und geht seit Monaten nicht<br />
mehr zur Schule. Er schläft bis zum Mittagessen<br />
und hört Musik. Nach 20 Uhr trifft er sich mit<br />
seinen „Kollegen“, mit denen er trinkt und durch<br />
die Stadt zieht. Belanglose Kleinigkeiten bringen<br />
ihn zum Ausrasten. Wenn ihn jemand auf die<br />
Situation anspricht, schreit er, besch<strong>im</strong>pft seine<br />
Eltern und knallt die Türen zu. Die lautstarken<br />
Auseinandersetzungen zwischen den Eltern und<br />
ihrem Sohn nehmen zu. Immer häufiger und<br />
heftiger tobt der Machtkampf zwischen beiden<br />
Seiten. Die Eltern bitten ihn, wieder zur Schule<br />
zu gehen. Sie diskutieren oft stundenlang. Jan<br />
hasst das „blöde Gequatsche“ seiner Eltern,<br />
ganz nach dem Motto „Alles nur zu Deinem<br />
Besten“. Ihn nerven die Familie und die Schule.<br />
Eines Tages, nach einer Auseinandersetzung<br />
mit seiner Mutter, stellt Jan sich dicht vor sie und<br />
droht ihr Prügel an, wenn sie ihn weiterhin mit<br />
„ihrem Gelaber über Schule“ nerve. Frau Brand<br />
ist geschockt und ängstlich. Schon lange ist Jan<br />
größer als sie und ihr körperlich überlegen. Am<br />
Abend schildert sie ihrem Mann die Situation.<br />
Der Vater konfrontiert seinen Sohn und reagiert<br />
selbst mit Gewalt. Er spürt deutlich die fast<br />
ebenbürtige Kraft seines Sohnes und seine<br />
eigene wachsende Hilflosigkeit. Die<br />
Aggressionen des Sohnes richten sich <strong>im</strong>mer<br />
häufiger gegen die Mutter. Mehrmals schlägt er<br />
sie, besch<strong>im</strong>pft und beleidigt sie rücksichtslos.<br />
Eines Nachmittags eskaliert die<br />
Auseinandersetzung zwischen Jan und seiner<br />
Mutter erneut. Jan<br />
schlägt ihr die Haarbürste auf den Kopf, drängt<br />
sie in die Ecke der Küche und würgt sie. Irgendwann<br />
lässt er von ihr ab und verschwindet. Frau<br />
Brand wendet sich verzweifelt und Hilfe suchend<br />
an ihren Hausarzt. Dieser vermittelt sie an<br />
unsere Beratungsstelle.<br />
Vielen Menschen scheint diese Problematik<br />
unvorstellbar, doch es gibt Familien, für die ist<br />
es der Alltag: Kinder, die ihre Eltern<br />
tyrannisieren, bedrohen, prügeln – und Eltern,<br />
die sich ihren Kindern gegenüber nicht<br />
behaupten können oder sich gewalttätig wehren,<br />
hilflos sind, sich schämen.<br />
Rückblickend auf die Beratungsarbeit <strong>im</strong> Jahr<br />
2006 zeigt sich eine Zunahme der Gewalt von<br />
Kindern/Jugendlichen gegen ihre Eltern. Das<br />
geht <strong>im</strong> Einzelfall sogar so weit, dass die<br />
Heranwachsenden ihre Eltern körperlich<br />
verletzen.<br />
Sowohl die gedemütigten, ohnmächtigen Eltern,<br />
die die Kontrolle über ihre Kinder bzw.<br />
Jugendlichen verloren haben, als auch die<br />
Heranwachsenden selbst, die sich in ihrer<br />
“Hilflosigkeit“ und ihrer Unbehaglichkeit oft nur<br />
noch schlagend äußern können, leiden unter<br />
dieser Situation.<br />
Die große Hilf- und Ratlosigkeit der Eltern ist<br />
besonders auffällig. Angesichts eines geringen<br />
Durchsetzungsvermögens bzw. zu großer<br />
Nachgiebigkeit seitens der Eltern mangelt es<br />
den Familien an klaren Orientierungshilfen wie<br />
Regeln, Ritualen, eindeutigen Positionen,<br />
verlässlichen Konsequenzen und Kontinuität. In<br />
einigen Familien gibt es eine traumatische<br />
Vorgeschichte, z. B. Missbrauch, und heftige<br />
Pubertätskrisen.
Zudem verharren die Eltern oft in der großen<br />
Angst, ihre heranwachsenden Kinder gänzlich<br />
zu verlieren, wenn sie ihnen klare Grenzen<br />
setzen. Sie schämen sich, werden von<br />
Schuldgefühlen geplagt, ziehen sich oft zurück,<br />
ertragen und leiden.<br />
Doch gerade mit der Entscheidung, sich an die<br />
Öffentlichkeit zu wenden, sich Helfer zu suchen,<br />
ist ein wichtiger Schritt zur Veränderung getan.<br />
Wenn Öffentlichkeit hergestellt wird (das<br />
Gehe<strong>im</strong>nis wird gelüftet), merken die Teenager,<br />
dass sie nicht mehr allein die Regeln diktieren<br />
können, und die Eltern spüren die Erleichterung,<br />
nicht allein zu sein.<br />
Mit Hilfe der Beratung gelingt es den Eltern,<br />
wieder handlungsfähig zu werden. Sie verlassen<br />
die „Opferrolle“ und lernen klare Regeln<br />
einzuführen. Wie <strong>im</strong> Beispiel gezeigt wird,<br />
steigern Drohungen, elterliche Predigten,<br />
Diskussionen und Beschuldigungen die<br />
Eskalation. Diese oft endlosen Reden der Eltern<br />
überzeugen weder die Jugendlichen, noch die<br />
Eltern selbst.<br />
Im Beratungsprozess wird den Eltern geholfen,<br />
mit diesem leeren und demütigenden Reden<br />
aufzuhören. Gleichzeitig geht es aber nicht<br />
darum, sich die Teenager zu Feinden zu<br />
machen und sich als Eltern durchzusetzen,<br />
sondern ruhig und best<strong>im</strong>mt klar zu machen „Wir<br />
haben unhaltbare Zustände in der Familie und<br />
müssen gemeinsam eine Lösung finden“.<br />
Keines der Familienmitglieder fühlt sich mit<br />
seinem Verhalten wirklich wohl, und dieses<br />
ewige Tauziehen um Sieg und Triumph<br />
verhindert Beziehung. Wenn es den Eltern durch<br />
die Unterstützung gelingt, die eingespielte Seite<br />
zu verlassen und sich somit unerwartet zu<br />
verhalten, kann auch die andere Seite nicht<br />
mehr weitermachen wie bisher.<br />
In der Beratungsarbeit mit den Teenagern wird<br />
die andere Position in diesen schlagenden<br />
Familien deutlich: Gerade weil Vater und Mutter<br />
keine Grenzen aufzeigen, empfinden viele<br />
Heranwachsenden ihre Eltern als schwach. Sie<br />
geben ihnen weder Halt noch Orientierung, und<br />
oft hat dies zur Folge, dass sie ihre Eltern nicht<br />
mehr Ernst nehmen.<br />
In der schwierigen Zeit der Pubertät benötigen die<br />
jungen Menschen dieses „Haltgeben“, Annehmen,<br />
aber auch Loslassen.<br />
Das endlose Reden der Eltern nervt die jungen<br />
Menschen. Sie wollen selbst ihre Werte finden<br />
und definieren und nicht von ihren Eltern<br />
pausenlos überzeugt werden, dass es besser sei,<br />
anders zu denken und zu fühlen. Sie reagieren<br />
allergisch und wollen nicht „zugetextet“ werden<br />
mit Bitten, Beschuldigungen und Anschreien.<br />
Manch klares Verbot ist für Teenager einsichtiger<br />
als die elterlichen Predigten. Mit ihrem<br />
aggressiven Verhalten reagieren sie die inneren<br />
Spannungen, die Leere und Langeweile ab. Mit<br />
unangenehmen Gefühlszuständen dieser Art<br />
gewaltfrei umzugehen, ist Aufgabe der Arbeit mit<br />
den jungen Menschen.<br />
In einigen Familien ist die räumliche Trennung der<br />
gewalttätigen Teenager und ihrer Eltern<br />
notwendig und sinnvoll. Hier ist die<br />
Zusammenarbeit mit Jugendamt und Polizei<br />
hilfreich. Beide unterstützen die Familien. Der<br />
Kreis der Gewalt wird unterbrochen, und durch<br />
die Distanz kehrt Entspannung ein.<br />
Im Beratungsprozess geht es weder darum, dass<br />
die Eltern, noch die Jugendlichen sich<br />
durchsetzen. Triumph und Sieg wären von kurzer<br />
Dauer, da die andere Seite sich bald revanchieren<br />
und zurückschlagen würde. Ziel der<br />
Beratungsarbeit ist es deshalb, jedem<br />
Familienmitglied seine Würde wiederzugeben.<br />
Versöhnungsgesten, die nicht als Schwäche<br />
ausgelegt werden, und Wiedergutmachungen<br />
helfen auf diesem Weg.<br />
Martina Grosch
Den Mühlstein in Bewegung<br />
bringen – ohne dass der Faden<br />
reißt<br />
Neue Herausforderungen für die<br />
Beratungsarbeit<br />
Kurz vor Beginn einer Teamsitzung<br />
berichtet eine Kollegin ganz begeistert von<br />
einem Besuch <strong>im</strong> „Haus der Sinne“ in<br />
Wiesbaden. Zwei weitere Kollegen waren<br />
auch schon da.<br />
Es ergibt sich eine kurze „Meditation“ über<br />
einen großen Mühlstein, der dort <strong>im</strong><br />
Außenbereich zu besichtigen ist. Er ist<br />
schwebend aufgehängt. Die Überraschung<br />
für den Besucher besteht darin, dass der<br />
tonnenschwere Stein mittels eines dünnen<br />
Fadens bewegt werden kann.<br />
Dieser Vorgang wird <strong>im</strong> Gespräch dann<br />
verglichen mit dem, was in einem<br />
Beratungskontakt geschieht: Um mit dem<br />
dünnen „Faden der Beziehung“ etwas in<br />
Bewegung zu bringen, braucht es eine hohe<br />
Sensibilität für die Kraft (Intervention), mit<br />
der eingewirkt werden kann, ohne dass der<br />
Faden reißt.<br />
Nach zwei Fallbesprechungen kommen wir<br />
wieder auf das oben beschriebene Bild<br />
zurück mit der Feststellung, dass sich die<br />
Rahmenbedingungen unserer beraterischen<br />
Arbeit seit einiger Zeit merklich verändern:<br />
Lebensberatung<br />
Mayen<br />
- Zunehmende Auswirkung auf die<br />
Beratung durch Arbeitslosigkeit,<br />
Armut (Hartz IV)<br />
- Arbeitsweltveränderungen (mehr<br />
Zeitdruck, längere Arbeitszeiten,<br />
schlechtere Bezahlung usw.)<br />
- Trennungs- /Scheidungsproblematik<br />
(Patchwork-Familien, weniger<br />
Kernfamilien)<br />
- Mehr Zuweisungen durch<br />
Jugendämter und Gerichte in Bezug<br />
auf Sorgerechts-/ Umgangsregelung<br />
(2005 57 Fälle und 2006 59 Fälle<br />
vom örtlichen Familiengericht<br />
überwiesen)<br />
- Mehr Klienten, die von der<br />
Arbeitsagentur/Arge geschickt<br />
werden<br />
Es entsteht ein – früher nicht so stark<br />
wahrgenommener – Spannungsbogen:<br />
Zwischen einerseits dem beraterischen<br />
Grundsatz den „Klienten dort abzuholen, wo<br />
er steht“, d. h. auch, geduldig mit ihm seine<br />
Ressourcen zu entwickeln, die anstehenden<br />
Probleme zu lösen…..<br />
und andererseits den zunehmenden<br />
Erwartungen und Forderungen zuweisender
Stellen, möglichst schnell und effektiv zu<br />
arbeiten, um zu praktikablen<br />
Lösungen/Ergebnissen zu kommen.<br />
Wenn Beratung bedeutet, innezuhalten,<br />
empathisch mitzugehen, zu reflektieren,<br />
auch unter dem Druck der Situation nicht<br />
hektisch, sondern überlegt zu handeln, nach<br />
neuen Wegen oder Möglichkeiten zu suchen,<br />
dann erfordert dies oft eine<br />
ENTSCHLEUNIGUNG.<br />
Zeit und Raum dafür zu erhalten, ist in<br />
Zeiten zunehmender EffektivitätsErwartung<br />
oder gar SanktionsDrohung nicht einfach.<br />
Um <strong>im</strong> Bild zu bleiben:<br />
Aufgabe von Beratung ist es, innere<br />
Prozesse in Bewegung zu bringen, aber nicht<br />
zu „überziehen“, den Faden nicht reißen zu<br />
lassen, Vertrauen aufzubauen.<br />
Dies bedeutet z. B., mit der Weitergabe von<br />
Informationen an andere Einrichtungen sehr<br />
behutsam zu sein.<br />
Genau in dieser vertrauensvollen,<br />
partnerschaftlichen Beziehung zum<br />
Ratsuchenden liegt die große Chance der<br />
Beratungsarbeit eines „Freien Trägers“.<br />
Dessen Grundverständnis unterscheidet sich<br />
von der Aufgabenstellung anderer<br />
Einrichtungen, die z. B. staatliche<br />
Überwachungs- und Eingriffsfunktionen zu<br />
erfüllen haben.
Zugehende Beratung in<br />
Kindertageseinrichtungen<br />
Projektidee<br />
Zugehende Beratung in Kindestageseinrichtungen ist<br />
geleitet von der Idee, früher erreichbar zu sein<br />
• für Menschen in Problemsituationen,<br />
• <strong>im</strong> Lebensalltag von Kindern, wo Entwicklungschancen<br />
noch besser sind,<br />
• <strong>im</strong> Lebensalltag von Familien, wo die Eskalation von<br />
Problemen noch nicht so fortgeschritten ist.<br />
LEBENSBERATUNG<br />
MERZIG<br />
Mit dem Projekt soll eine Form von Beratung etabliert<br />
werden, mit der<br />
• ein ortsnahes und niederschwelliges Angebot als<br />
frühe Hilfe für Familien entsteht,<br />
• Eltern frühzeitig für Er- und Beziehungsthemen<br />
sensibilisiert werden,<br />
• schnell, formlos, kostenfrei geholfen wird,<br />
• Familien über frühe Clearinggespräche speziellen<br />
Fachdiensten zugeführt werden.
Projektbeteiligte sind die Lebensberatung Merzig und in<br />
Abst<strong>im</strong>mung mit dem Kreisjugendamt als Träger der<br />
öffentlichen Jugendhilfe vier ausgewählte Kindertageseinrichtungen<br />
<strong>im</strong> Landkreis Merzig-Wadern.<br />
Für das Projektvorhaben können bezogen auf seinen<br />
Wirkungs- und Nutzungsgrad folgende Perspektiven<br />
lauten:<br />
• Ein ortsnahes, kostenfreies Beratungsangebot in einer<br />
den Eltern vertrauten Umgebung reduziert Hemmungen<br />
und Schwellenängste.<br />
• Zugehende Beratung als niederschwelliges<br />
Beratungsangebot ohne Anmeldung und Wartezeit<br />
mit der Betreuungsmöglichkeit der Kinder <strong>im</strong><br />
Kinder-garten erreicht junge Eltern und kinderreiche<br />
Familien.<br />
• Durch die Möglichkeit eines unverbindlichen<br />
Schnupperns kommen eher Ratsuchende, die noch<br />
nicht entschieden sind. Das Kontaktgespräch kann<br />
eine Entscheidungs- oder Motivationshilfe darstellen,<br />
um sich zu einer kontinuierlichen Beratung in der<br />
Lebensberatung anzumelden oder Hilfsangebote einer<br />
anderen Institution in Anspruch zu nehmen.<br />
• Bei Informationsveranstaltungen werden Eltern für<br />
Erziehungsthemen und günstige Entwicklungsbedingungen<br />
ihrer Kinder sensibilisiert und lernen<br />
zusätzliche Präventionsangsangebote wie das Elterntraining<br />
„Liebevoll & Kompetent“ kennen.<br />
• Hilfsangebote anderer Dienste und Einrichtungen zu<br />
kennen und Eltern dorthin zu verweisen, entlastet<br />
Erzieherinnen. Familien können schneller<br />
effektiveren Hilfen zugeführt werden.<br />
• Je sicherer und klarer Erzieherinnen Eltern <strong>im</strong><br />
Hinblick auf weitere Hilfsangebote beraten, um so<br />
eher und häufiger werden sie als Teil des Unterstützungssystems<br />
in Anspruch genommen und in<br />
ihrer Kompetenz <strong>im</strong> Umgang mit Problemlagen in<br />
Familien gestärkt.<br />
• Die Kooperation <strong>im</strong> Netzwerk bereichert die<br />
pädagogische Arbeit. Der „Mehrwert“ des Kindergartens<br />
wird erhöht, als Institution erfährt er mehr<br />
Wertschätzung.<br />
• Die beteiligten Kooperationspartner können <strong>im</strong><br />
Rahmen der Weiterentwicklung der Vernetzung<br />
Bestandteil eines Gesamtkonzeptes in Form eines<br />
sozialen Frühwarnsystems sein.<br />
Erste Zwischenbilanz: (Stand: 21.12.2006)<br />
Das auf zwei Jahre angelegte Projekt startete mit seinem<br />
Hauptbaustein „Offene Sprechstunde“ <strong>im</strong> April/Mai 06<br />
an den Kita-Standorten Düppenweiler, Loshe<strong>im</strong> am See<br />
und Perl und <strong>im</strong> September 06 in Nunkirchen.<br />
Offene Sprechstunde<br />
Projekt-Angaben Gesamt<br />
Kita-Standorte 4<br />
Ratsuchende 46<br />
davon Eltern 34<br />
davon Erzieherinnen 12<br />
Beratungskontakte 54<br />
davon Einmalkontakte 46<br />
davon Folgekontakte<br />
davon Weiterverweisung<br />
8<br />
in Lebensberatungsstelle<br />
12<br />
Als zusätzliches Projektangebot und -modul begann in<br />
Abst<strong>im</strong>mung mit dem Kreisjugendamt Merzig-Wadern<br />
<strong>im</strong> Dezember 06 an vier Kita-Standorten Brotdorf,<br />
Loshe<strong>im</strong> am See, Noswendel und Weiskirchen das<br />
Elterntraining „Liebevoll & Kompetent“.<br />
Elterntraining „Liebevoll & Kompetent“<br />
Projekt-Angaben Gesamt<br />
Kita-Standorte 4<br />
Anmeldungen 80<br />
Kurse 4<br />
Teilnehmer (begrenzt) 56<br />
Start 12/06<br />
Unser Dank gilt allen Kooperationspartnern für ihre<br />
Unterstützung bei der Vorbereitung und Umsetzung<br />
der beiden Projektmaßnahmen.
„in grenzen – ganz nah“<br />
♦ Start eines Partnerschaftstrainings<br />
Im Herbst 2006 begann die Lebensberatung in<br />
Neunkirchen ein neues Partnerschaftstraining.<br />
Jeweils 6 Paare haben an 8 Abenden – über 2<br />
Monate verteilt – Gelegenheit, sich etwas<br />
intensiver als <strong>im</strong> normalen Alltag bewusst zu<br />
machen und sich gegenseitig darüber<br />
auszutauschen, was gelingende Partnerschaft<br />
eigentlich ausmacht und wie sie mit einander<br />
eingeübt oder wieder neu geübt werden kann.<br />
Dieser Kurs soll also keine beraterische oder<br />
therapeutische Zielsetzung haben, sondern für<br />
die Partnerschaft eher wie „Prophylaxe“ oder<br />
auch wie ein Stück „Rehabilitation“ wirken.<br />
Das Training, das von den Paaren sehr gut<br />
angenommen wurde, soll nun regelmäßig<br />
angeboten werden.<br />
„Man kann alles übertreiben“, sagt man.<br />
Darin drückt sich eine Lebenserfahrung aus,<br />
die davon ausgeht, dass alles, was <strong>im</strong> Leben<br />
gut gelingt, Über- oder Untertreibungen<br />
vermeidet. Am Beispiel von <strong>Ehe</strong>- und<br />
Partnerschaft soll <strong>im</strong> Kurs aufgezeigt werden,<br />
dass eine gelingende Beziehung <strong>im</strong>mer eine<br />
notwendige, eine ständige und manchmal auch<br />
eine schwierige Balance ausprobiert zwischen<br />
zwei gegensätzlichen, sich aber notwendig<br />
ergänzenden Aspekten wie z. B.: Ich und Wir,<br />
Nähe und Distanz, Streit und Harmonie,<br />
Vertrauen und Misstrauen, Annehmen und<br />
Verändern…..usw.<br />
Alle unsere menschlichen Bedürfnisse<br />
bewegen sich <strong>im</strong>mer wieder zwischen den<br />
Polen: „Plus“ und „Minus“. Um uns wohl zu<br />
fühlen müssen wir <strong>im</strong>mer wieder einen Weg<br />
finden zwischen: Aufnahme und Sättigung,<br />
Einatmen und Ausatmen, Festhalten und<br />
Loslassen, Spannung und Entspannung,<br />
Arbeiten und Ruhen. Dieses manchmal<br />
kunstvolle Austarieren <strong>im</strong> Spannungsbogen<br />
von Gegensatzpaaren lässt sich sowohl <strong>im</strong><br />
großen Kosmos als auch in der<br />
Erfahrungswelt unserer menschlichen<br />
Beziehungen <strong>im</strong>mer wieder feststellen.<br />
Balance<br />
Wer auf die Dauer <strong>im</strong> partnerschaftlichen<br />
Zusammenleben hier sehr einseitig das ein<br />
oder andere Bedürfnis <strong>im</strong>mer wieder überoder<br />
unterbetont, der überfordert<br />
Partnerschaft, wird ihr nicht gerecht. Es<br />
entwickelt sich dann allmählich eine<br />
Partnerschaft, die <strong>im</strong> buchstäblichen Sinn die<br />
„Partner schafft“. Es wird also wichtig sein,<br />
<strong>im</strong> Alltag der Partnerschaft <strong>im</strong>mer wieder ein<br />
Gleichgewicht, eine Balance zu wahren<br />
zwischen unterschiedlichen, sich aber<br />
ergänzenden Bedürfnissen, die nur <strong>im</strong><br />
Zusammenwirken seelische Ausgeglichenheit<br />
herstellen und erhalten.<br />
Stärken und Schwächen<br />
Wenn zwei Menschen eine Partnerschaft<br />
eingehen, so tun sie gut daran, sich <strong>im</strong>mer<br />
wieder bewusst zu machen, dass sich zwei<br />
aufeinander zu bewegen, die von Anfang an<br />
Stärken und Schwächen mit in die<br />
gemeinsame Partnerschaft einbringen. Sie<br />
werfen Licht und Schatten in die Beziehung,<br />
zeigen neben den geliebten runden Seiten<br />
auch Ecken und Kanten. Keinem wird es gut<br />
tun, vom anderen hier idealisiert und auf den<br />
Sockel gestellt zu werden. Dort wird man<br />
nämlich sehr schnell einsam. Man möchte in<br />
seinen Stärken bewundert werden. Aber man
möchte auch mit manchen seiner Schwächen<br />
geliebt werden, dies ist auch das Urbedürfnis<br />
eines jeden Menschen.<br />
Reden und Schweigen<br />
Zwei Partner, die nicht miteinander reden,<br />
gleichen einem Fluss, der nicht fließen kann.<br />
Das ist eine Seite der Wahrheit. Ein Fluss hat<br />
nicht ständig und überall die gleiche<br />
Fließgeschwindigkeit und nicht an jeder Stelle<br />
eine Stromschnelle, sondern fließt an vielen<br />
Stellen ruhiger, damit sich all das, was <strong>im</strong><br />
Laufe der Zeit aufgewirbelt wurde, sich auch<br />
wieder etwas setzen und klären kann. In<br />
ähnlicher Weise lebt jede Kommunikation<br />
auch von den Momenten der Stille und Ruhe,<br />
damit einiges von dem, was man gehört hat,<br />
auch verdaut, genutzt und umgesetzt werden<br />
kann.<br />
Eigenes und Gemeinsames<br />
Manche Menschen, die in einer Partnerschaft<br />
leben, erzählen gerne, dass sie „unhe<strong>im</strong>lich“<br />
viel zusammen machen. Ohne das Positive<br />
daran schmälern zu wollen, kann dies in der<br />
Tat etwas „Unhe<strong>im</strong>liches“ sein, wenn die<br />
andere Seite hier zu kurz käme, nämlich die<br />
Möglichkeit und die Bereitschaft, neben dem<br />
Gemeinsamen auch Bereiche zu entwickeln<br />
oder zu pflegen, die eher den eigenen<br />
Interessen dienen. Gemeinsame Sichtweisen,<br />
Interessen, Aufgaben, Ideale und Projekte<br />
stabilisieren eine Partnerschaft, stärken das für<br />
die Partnerschaft unersetzbare „Wir-Gefühl“.<br />
Auf der anderen Seite fördern getrennte<br />
Aktivitäten die Attraktivität beider Partner,<br />
weil es <strong>im</strong>mer etwas Neues zu entdecken gibt.<br />
Partnerschaft bleibt so auch weiterhin<br />
spannend.<br />
Erbe und Vision<br />
Partner, die sich zusammenschließen, um eine<br />
Familie zu gründen, werden dies nicht <strong>im</strong><br />
luftleeren Raum tun können, sie können also<br />
dabei nicht vom berühmten Punkt Null<br />
ausgehen. Jeder der beiden kommt bereits aus<br />
einer Familie, hat schon wichtige<br />
Vorerfahrung von dem, was „Familie“ ist.<br />
Jeder bringt also gewissermaßen sein Erbe in<br />
die Planung der eigenen Familie mit ein,<br />
entweder „kostbare Schätze“ oder „belastende<br />
Hypotheken“, in der Regel wohl beides. Auf<br />
der anderen Seite ist es nicht unsere einzige<br />
menschliche Aufgabe, in unserem Leben<br />
<strong>im</strong>mer nur das neu zu produzieren, was wir<br />
von anderen gelernt haben, sondern wir haben<br />
nicht nur das Recht, sondern auch die innere<br />
Pflicht, eigene Ideen und Vorstellungen,<br />
eigene Visionen auszuprobieren.<br />
Annehmen und Verändern<br />
Geduld und Ungeduld erscheinen uns <strong>im</strong>mer<br />
als krasse Gegensätze, sind aber, wenn man<br />
versucht eine Balance zwischen beiden zu<br />
halten, nur unterschiedliche Richtungen einer<br />
großen Linie, die wir Entwicklung nennen.<br />
Auf dieser Linie gibt es Stationen, die viel<br />
Zeit und Geduld brauchen, auf der anderen<br />
Seite gibt es auch eine heilsame Ungeduld,<br />
gewissermaßen der Herzschlag, die<br />
Entwicklung weiter anzutreiben und nicht<br />
stehen zu bleiben.<br />
Harmonie und Streit<br />
Jeder kennt aus dem Erlebnis der Musik, wie<br />
schön und angenehm es für unsere Ohren ist,<br />
Töne wahrzunehmen, die Gleichklang und<br />
Harmonie erzeugen. Jeder kennt aber auch<br />
Dissonanzen, die manchmal bis an die<br />
Schmerzgrenze reichen. So streben wir alle in<br />
unserer Partnerschaft nach Harmonie und<br />
Einheit und sollten uns andererseits auch<br />
wiederum freuen, dass wir in Situationen, in<br />
denen wir keine Einheit wahrnehmen oder<br />
schaffen können, Streiten als<br />
Lösungsinstrument haben. Das richtige, faire,<br />
offene und konstruktive Streiten. Wenn ein<br />
konstruktives Streiten nicht zum Machtkampf<br />
degeneriert, den Anderen nicht persönlich<br />
verletzt, sondern ein Mittel bleibt, Probleme<br />
zu lösen, bleibt es ein unverzichtbarer Anteil<br />
seelischer Balance.<br />
Vertrauen und Misstrauen<br />
Jeder, der das Vertrauen seines Partners<br />
genießen kann, wird verstehen, wie schön und<br />
angenehm es ist, sich so „fallen“ zu lassen. Da<br />
wir aber alle Menschen sind, die Fehler<br />
machen, muss man dieses Bedürfnis vor<br />
unnötigem Schmerz schützen können. Jeder<br />
der einmal „blind“ seinem Partner vertraut hat<br />
und dann plötzlich und unerwartet „aus allen<br />
Wolken fällt“, wird dies besonders verstehen<br />
und wird zum notwendigen Vertrauen die<br />
Balance finden in Richtung: Misstrauen, der<br />
Fähigkeit auf „ungute Gefühle“ gut zu hören,<br />
diese anzusprechen und ernst zu nehmen.
Finanzierung der Lebensberatung Neuwied<br />
Im Rahmen eines umfassenden Sparprogramms hat das Bistum Trier <strong>im</strong> Jahre 2003 Maßnahmen<br />
beschlossen, die auch die 20 Lebensberatungsstellen in Trägerschaft des Bistums betreffen. Bis<br />
2008 müssen diese Sparbeschlüsse umgesetzt sein, weshalb 2007 ein neues Finanzierungskonzept<br />
auf die Beine gestellt werden muss.<br />
Dies ist ein Anlass, die Finanzierung der Lebensberatungsstelle Neuwied „in den Blick“ zu<br />
nehmen.<br />
Wessen Aufgabe ist es eigentlich, Erziehungs- <strong>Ehe</strong>- Familien- und Lebensberatung<br />
anzubieten und sie zu finanzieren? Bisherige Situation.<br />
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) formuliert einen Anspruch der Bürger auf<br />
„Erziehungsberatung“ (§ 28) und auf „Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und<br />
Scheidung“ (§ 17). Es verpflichtet den öffentlichen Träger der Jugendhilfe, die Kommunen also,<br />
entsprechende Angebote vorzuhalten.<br />
Die Kirche will mit ihrer Lebensberatung Antwort auf Nöte, Fragen und Konflikte der Menschen<br />
geben.<br />
Es gibt also eine Entsprechung zwischen der Verantwortung der Kommunen für die Förderung<br />
junger Menschen und ihrer Familien und der kirchlichen Verpflichtung zum Dienst am Menschen.<br />
Deshalb haben sich das Bistum Trier als Träger der Beratungsstelle und die Jugendämter von Stadt<br />
und Kreis zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit verpflichtet.<br />
Etat Lebensberatung Neuw ied 2006: 283.000<br />
€<br />
24.000 €<br />
(8%)<br />
Stadt NR<br />
24.000 €<br />
(8%)<br />
Kreis NR<br />
51.000 €<br />
(18%)<br />
Land<br />
2.800 €<br />
(1%)<br />
Andernach<br />
181.000<br />
(65%)<br />
Bistum<br />
Trier<br />
Der Etat unserer Beratungsstelle <strong>im</strong> Jahre 2006<br />
betrug 283.000.-- € (<strong>im</strong> Wesentlichen hier ab-<br />
bzw. aufgerundete Zahlen, wie sie sich zu diesem<br />
Zeitpunkt darstellen).<br />
Der freie Träger der Stelle, das Bistum Trier,<br />
finanzierte 65 % der Gesamtkosten.<br />
Aufgrund der Sparbeschlüsse des Bistums wird<br />
dieser Anteil in Zukunft deutlich niedriger sein<br />
müssen.<br />
Zur Zeit gibt es Verhandlungen zwischen dem<br />
Träger und den Kommunen wegen der<br />
entstehenden Finanzierungslücke.<br />
Finanzierung der Beratungsarbeit <strong>im</strong> übrigen Rheinland-Pfalz<br />
Der Anteil der kommunalen Finanzierung bei integrierten Beratungsstellen liegt (nach Auskunft des<br />
Landesjugendamt (geschätzt)) <strong>im</strong> Landesschnitt bei etwa 50 %.<br />
(Die Finanzierung der nach Abzug des Landesanteils verbleibenden Kosten durch die Kommunen<br />
schwankt in Rheinland-Pfalz für Erziehungs- und Familienberatungsstellen zwischen 20% und<br />
100% (5 Stellen in kommunaler Trägerschaft), für <strong>Ehe</strong>-, Familien- und Lebensberatungsstellen<br />
zwischen 10% und 78 %.) Der entsprechende Anteil liegt in unserem Fall bei 17 %. Der<br />
kommunale Anteil an der Finanzierung unserer Lebensberatungsstelle liegt <strong>im</strong> Vergleich zu den<br />
anderen Beratungseinrichtungen <strong>im</strong> Lande also am unteren, der Anteil des freien Trägers am oberen<br />
Ende des gegebenen Spektrums:
Landesdurchschnitt: Finanzierungsanteil<br />
der Kommunen<br />
50%<br />
Kommune<br />
n<br />
50%<br />
Lebensberatung Neuwied:<br />
Finanzierungsanteil der Kommunen<br />
83%<br />
Kommunen<br />
17%<br />
Versorgungsdichte in Stadt und Kreis Neuwied <strong>im</strong> Vergleich zur Landesebene<br />
Die Tätigkeit von insgesamt 6,5 Fachkräften, die in der Beratungsstelle des Diakonischen Werkes<br />
und unserer Lebensberatungsstelle arbeiteten, wurden <strong>im</strong> Jahre 2006 durch die Kommunen<br />
bezuschusst. Diese 6,5 Fachkräfte der Erziehungs-, <strong>Ehe</strong>-, Familien- und Lebensberatung<br />
„versorgten“ die Bevölkerung in Stadt und Kreis Neuwied sowie z. T. auch die in Andernach.<br />
Bei rund 185.000 Einwohnern <strong>im</strong> Kreis Neuwied und 31.000 in Andernach entfallen also auf eine<br />
von den Kommunen bezuschusste Fachkraft 33.200 Einwohner.<br />
Auf Landesebene stehen für rund 4.060.000 Einwohner nach Informationen des Landesjugendamtes<br />
216 Fachkräfte zur Verfügung. Die Versorgungsdichte ist also hier: 1 : 18.800 Einwohner.<br />
40000<br />
30000<br />
20000<br />
10000<br />
0<br />
18800<br />
Einwohner pro Fachktaft<br />
33200<br />
Land Neuwied/ Andernach<br />
Differenziert werden muss dabei allerdings zwischen der finanziellen Beteiligung von Stadt und<br />
Kreis Neuwied einerseits und Andernach andererseits.<br />
Während Stadt und Kreis Neuwied für die Beratungsstelle des Diakonischen Werkes und unsere<br />
Lebensberatung insgesamt rund 100.000.-- € /Jahr investieren, pro Einwohner also 0,54 €, betragen<br />
die entsprechenden Investitionen <strong>im</strong> Falle von Andernach 4300.--€, pro Kopf also rund 0,14 €.<br />
Unsere Darlegungen machen deutlich:<br />
Landesregierung und Jugendämter von Stadt und Kreis Neuwied setzen darauf, durch Stärkung der<br />
ambulanten Hilfen die Kosten stationärer Maßnahmen und die der Erziehungshilfen insgesamt zu<br />
dämpfen. Doch steigen in Neuwied, noch stärker als <strong>im</strong> Landesschnitt, die Kosten für die Hilfen zur<br />
Erziehung rapide an ( siehe Rheinzeitung vom 7. Mai 2007).<br />
Allerdings wurde für Erziehungs- und Familienberatung in Neuwied, noch sehr viel deutlicher in<br />
Andernach, <strong>im</strong> Vergleich zum übrigen Rheinland-Pfalz bisher wenig investiert: der<br />
Versorgungsgrad ist <strong>im</strong> Landesvergleich niedrig, und die Kommunen beteiligten sich nur mit 17 %<br />
an den Kosten (gegenüber etwa 80 %, die sie bei den anderen Hilfeformen aufbringen müssen).<br />
Bei der durch unseren Träger gesuchten neuen Form der kommunalen Beteiligung geht es um eine<br />
Annäherung an die <strong>im</strong> Landesdurchschnitt gegebenen Finanzierungsbedingungen. Die Leistung<br />
Erziehungs- und Familienberatung bliebe auch danach für den kommunalen Träger der Jugendhilfe<br />
äußerst preiswert.
Häusliche Gewalt traumatisiert Kinder<br />
„Ich konnte nachts oft nicht schlafen, wenn<br />
mein Vater getrunken hatte. Ich wusste, er<br />
würde dann die Mutter besch<strong>im</strong>pfen, wieder<br />
laut werden. Einmal hat er die Mutter die<br />
Treppe hinuntergeworfen. Sie hatte den<br />
Knöchel gebrochen und überall blaue<br />
Flecken. Ich wollte aufspringen und ihr<br />
helfen, aber ich konnte mich nicht rühren.<br />
Es war schrecklich.“<br />
Das berichtet ein 11-jähriger Junge, der<br />
wegen Schulproblemen zu uns gebracht<br />
wurde. Als er Vertrauen gefasst hatte,<br />
erzählte er, warum er morgens oft<br />
übermüdet in der Schule sitzt und mit seinen<br />
Gedanken zu Hause ist, <strong>im</strong>mer in Sorge, was<br />
dort passieren könnte.<br />
Eine 16-jährige Schülerin kommt nach<br />
einem Anruf der Klassenlehrerin alleine. Sie<br />
hatte den Notruf der Polizei gewählt, als der<br />
Lebensgefährte der Mutter diese mit einem<br />
Schal würgte und die Mutter dann<br />
ohnmächtig wurde. Sie würde von der<br />
ganzen Familie „geschnitten“ und<br />
beschuldigt, die Familie zerstört zu haben,<br />
weil der Lebensgefährte durch die Polizei<br />
weggewiesen wurde. Er darf sich der<br />
Wohnung nicht mehr nähern. Die Mutter<br />
treffe sich he<strong>im</strong>lich mit ihm. Sie habe<br />
Stubenarrest, deshalb komme sie in der<br />
Schulzeit. Zu Hause dürfe sie weder<br />
fernsehen noch Computer spielen. Alle seien<br />
„sauer“ auf sie.<br />
Ein Vater wendet sich an die<br />
Lebensberatung. Die zwei 8- und 9jährigen<br />
Kinder wohnen bei ihm. Während<br />
eines Streits hatte seine Frau und Mutter<br />
der Kinder auf ihn eingestochen. Nach<br />
einer langen Operation ist er körperlich<br />
wieder hergestellt. Für ihn sei es eine<br />
Zumutung, dass er seine Ex-Frau sehen<br />
müsse und die Kinder die Mutter besuchen<br />
sollen. Die Kinder seien danach <strong>im</strong>mer<br />
„wie durch den Wind“.<br />
In einer Paarberatung wird deutlich, dass<br />
der Mann die Frau schon oft geschlagen<br />
hat, einmal hat er sie mit seinem Gewehr<br />
bedroht. Sie wollen sich nicht trennen,<br />
sondern sich besser vertragen. Der Vater<br />
liebe seinen 5-jährigen Sohn über alles<br />
und habe noch nie die Hand gegen ihn<br />
erhoben. Deshalb gebe es mit dem Kind<br />
keine Probleme, allerdings sehe der Sohn<br />
oft, wie die Eltern sich streiten.<br />
Solche oder ähnliche Anmeldegründe<br />
liegen vor, wenn das Thema „häusliche<br />
Gewalt“ der Hintergrund ist.<br />
Unsere besondere Sorge gilt den Kindern,<br />
die Zeugen von häuslicher Gewalt sind.<br />
Lange Zeit ist man davon ausgegangen,<br />
dass Kinder diese Szenen unbeschadet<br />
überstehen, wenn sie nicht direkt Opfer<br />
sind. Neuere Studien widerlegen diese<br />
Annahme.
Im Gegenteil: Kinder, die miterleben, wie<br />
ein Elternteil durch den anderen Elternteil<br />
oder durch einen nahen Verwandten<br />
körperlich verletzt, bedroht, erpresst oder<br />
vergewaltigt wird, werden auch als<br />
Zeugen erheblich seelisch verletzt. Denn<br />
plötzlich sind die Personen, auf die sie in<br />
ihrer körperlichen und emotionalen<br />
Grundversorgung angewiesen sind, also<br />
die engsten Bindungspersonen, nicht mehr<br />
Quelle von Schutz und Sicherheit, sondern<br />
Ursache von Bedrohung und Angst. Die<br />
Folgen sind nicht nur posttraumatische<br />
Belastungsreaktionen, wie wir sie nach<br />
allen Erfahrungen existentieller Bedrohung<br />
kennen, sondern auch Bindungsstörungen.<br />
Die LEBENSBERATUNG SAARBRÜCKEN<br />
kümmert sich schon seit Jahren um die<br />
verschiedenen Familienmitglieder, die<br />
häusliche Gewalt erleiden oder ausüben.<br />
Zunächst geht es stets um die<br />
Einschätzung, ob bzw. inwieweit eine<br />
Gefährdung noch gegeben ist, damit die<br />
Ratsuchenden für ausreichenden Schutz<br />
sorgen können.<br />
Weitere Angebote für die verschiedenen<br />
Familienmitglieder sind unter anderem:<br />
• Beratung von Angehörigen <strong>im</strong> Umgang<br />
mit traumatisierten und seelisch verletzten<br />
Kindern<br />
• Stabilisierung der erwachsenen Opfer<br />
• Stabilisierung betroffener Kinder<br />
• Beratung von Tätern<br />
• Paarberatung, wenn Partner zusammen<br />
bleiben wollen<br />
• Trennungsberatung unter Einbeziehung<br />
der Bedürfnisse der Kinder<br />
• Beratung in Fragen des Umgangs<br />
• Vermittlung weiterer Hilfen (Psychotherapie,<br />
lebenspraktische Hilfen, u.a.)<br />
Außerdem:<br />
• Informieren und Beraten anderer<br />
Bezugspersonen <strong>im</strong> Umgang mit durch<br />
häusliche Gewalt traumatisierten<br />
Kindern.<br />
• Erstellen von Informationen über häusliche<br />
Gewalt, Auswirkungen sowie Vermeidungsmöglichkeiten<br />
für Massenmedien.<br />
• Vernetzung mit anderen Professionen<br />
(Jugendamt, Familienrichter, Anwälte,<br />
Polizei, Kinderärzte usw.)<br />
Darüber hinaus war die LEBENSBE-<br />
RATUNG SAARBRÜCKEN an der Entwicklung<br />
der Konzeption einer Interventionsstelle<br />
beteiligt, die unter Federführung<br />
der Koordinationsstelle gegen<br />
häusliche Gewalt <strong>im</strong> Justizministerium des<br />
Saarlandes erarbeitet wurde. Zurzeit arbeiten<br />
wir mit an einer Empfehlung für die<br />
Jugendämter <strong>im</strong> Hinblick auf dort bekannt<br />
werdende Kinder, die Zeugen häuslicher<br />
Gewalt geworden sind.
FRÜHE HILFEN-<br />
helfen,<br />
eh das Kind in den<br />
Brunnen gefallen ist.<br />
Ein Junge, 12 Jahre, hat in der Schule<br />
völlig abgebaut. Auf dem Zeugnis steht er<br />
<strong>im</strong> Schnitt der Note 5 näher als der 4.<br />
Lehrer und Mutter sind überfordert. Dem<br />
getrennt lebenden Vater, der den Jungen<br />
hin und wieder mal sieht, ist die schulische<br />
Situation egal.<br />
Ein Mädchen, 14 Jahre, wird vom Lehrer<br />
zur Beratungsstelle geschickt, weil deren<br />
Freundin zum Glück „geplaudert“ hat, das<br />
Mädchen ritzte sich und habe auch schon<br />
von Selbstmord geredet.<br />
Eine Erzieherin spricht über ein Kind, das<br />
erst kurz <strong>im</strong> Kindergarten ist und sehr<br />
wenig Deutsch spricht, in der Gruppe sehr<br />
aggressiv zu anderen Kindern ist. Die<br />
Eltern sprechen selbst kein Deutsch, nur<br />
die Oma, die das Kind bringt oder abholt,<br />
kann ein bißchen Deutsch. Es geht um die<br />
bevorstehende Einschulung.<br />
Drei Beispiele, wo sofortige Hilfe<br />
angebracht ist. Zu Recht stellt sich die<br />
Frage: Hätte man da nicht früher helfen<br />
können?<br />
Kinder brauchen für eine gute Entwicklung<br />
auch förderliche Lebensbedingungen:<br />
Dazu gehören in erster Linie:<br />
- verläßliche liebevolle Eltern<br />
- stabile Familienbeziehungen<br />
- und eine Sozialgemeinsaft vor Ort, die<br />
für günstige Rahmenbedingungen sorgt<br />
(Arbeit und Einkommen, Spielplätze,<br />
Kinder- und familienfreundliche<br />
Wohnungen, lebendiges Vereinswesen<br />
u. a.)<br />
Ebenfalls wichtig ist ein Spektrum von<br />
sozialen Einrichtungen, deren Aufgabe es<br />
ist, die Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung,<br />
Familien <strong>im</strong> Zusammenleben,<br />
Partnerschaften und die Menschen
in ihrer Lebensgestaltung zu unterstützen<br />
und frühe Hilfen anzubieten.<br />
Dazu gehört die Lebensberatungsstelle,<br />
die neben der traditionellen Beratungsarbeit<br />
ein vielfältiges Angebot an frühen<br />
Hilfen vorhält.<br />
Im Jahre 2006 boten wir folgende frühe<br />
Hilfen an mit starkem präventivem<br />
Charakter:<br />
- „Babysprechstunde“ für Eltern mit<br />
Neugeborenen oder Kleinkindern,<br />
- ein Elterntraining „Auf den Anfang<br />
kommt es an“ für die gleiche<br />
Zielgruppe,<br />
- ein Elterntraining „Liebevoll und<br />
kompetent“ für Eltern mit Kindern <strong>im</strong><br />
Kita- und Grundschulalter; mit dem<br />
Ziel, die Eltern-Kind-Beziehung<br />
bewußter zu pflegen und<br />
„pädagogisches Handwerkszeug“ gezielter<br />
und wirkungsvoller einzusetzen.<br />
Ein neuer Kurs wird in 2007<br />
durchgeführt.<br />
- Auch eine Vielzahl von Elternabenden<br />
zu verschiedenen Themen in Kitas und<br />
Schulen zu aktuellen pädagogischen<br />
Themen dient der Stärkung der<br />
elterlichen Kompetenz und ihrer<br />
Ressourcen.<br />
Gerade bei entstehenden Problemen sind<br />
frühe Hilfen wichtig:<br />
- die „Offene Sprechstunde“ der<br />
Lebensberatung Saarburg in den Kitas<br />
St. Nikolaus in Konz und St.<br />
Laurentius in Saarburg haben sich<br />
erneut bewährt, wie die große<br />
Nachfrage beweist (jeweils 18 Vor-<br />
mittagstermine und 67 Ratsuchende).<br />
Kundenfreundlich wurden in St.<br />
Laurentius auch Nachmittagstermine<br />
angeboten. Die Ratsuchenden erhalten<br />
in einer Art „clearing-Gespräch“ eine<br />
Erste Hilfe, die eine große Entlastung<br />
bedeuten kann und Perspektive und<br />
Hoffnung vermittelt.<br />
Auch 2007 werden die „Offenen<br />
Sprechstunden“ fortgesetzt.<br />
- Supervision und Fachbesprechungen<br />
in Kitas und Schulen dienen der<br />
Unterstützung der Fachleute vor Ort,<br />
die mit den Kindern und Eltern<br />
direkten Kontakt haben, die jedoch<br />
(noch) keine Hilfe selbst in Anspruch<br />
nehmen wollen. Auch hier ist Ziel, die<br />
Eltern indirekt in ihrer Eigenverantwortung<br />
zu stärken und die<br />
Ressourcen zu wecken.<br />
- Gerade <strong>im</strong> Grenzland zu Luxemburg<br />
haben wir in den VGs Konz und<br />
Saarburg viel mit Migration und damit<br />
einhergehenden Problemen zu tun.<br />
Sowohl bei der Offenen Sprechstunde<br />
wie auch den Fallbesprechungen in der<br />
Supervision gilt unsere besondere<br />
Aufmerksamkeit der Frage: wie<br />
können Kinder und ihre Familien<br />
besser integriert werden und was<br />
können die Institutionen und vor allem<br />
die Vereine dazu beitragen. Dabei hilft<br />
unsere Kenntnis der sozialen<br />
Infrastruktur und unsere Kooperation<br />
mit anderen Diensten.<br />
- Diese Vernetzung ist eine wertvolle<br />
Möglichkeit, frühe Hilfen gerade auch<br />
bei schwierigen oder länger<br />
andauernden Problemlagen, wirkungsvoll<br />
entwickeln oder anbieten zu<br />
können.<br />
Dazu gehören besonders:<br />
• Arbeitskreis Trennung/Scheidung<br />
• Gerichtsnahe Beratung bei Trennung<br />
und Scheidung zur Hilfe für<br />
die Eltern, zur Entlastung der<br />
Kinder<br />
• Lokales Bündnis für Familien<br />
• Kr<strong>im</strong>inalpräventiver Rat<br />
und daraus entwickelt ein<br />
- neues Projekt:<br />
Arbeit mit straffälligen (aber noch<br />
strafunmündigen) Kindern und<br />
ihren Familien, mit dem Ziel, die<br />
elterliche Autorität zu stärken, den<br />
Kindern Halt und Orientierung zu<br />
geben und so einem Rückfall<br />
vorzubeugen. Wenn das gelingt,<br />
dann war auch hier die frühe Hilfe<br />
wirkungsvoll.
Zugehende Beratung<br />
Gravierende Fälle von Kindesmisshandlung<br />
und –vernachlässigung erschrecken uns <strong>im</strong>mer<br />
wieder. Gesellschaft und Politik suchen nach<br />
Wegen, wie diesem Problem effektiv begegnet<br />
werden kann. Und zwar nicht erst dann, wenn<br />
wieder ein Verbrechen an einem Kind<br />
begangen wird, sondern <strong>im</strong> Vorfeld. Seit<br />
einiger Zeit wird in diesem Zusammenhang<br />
ähnlich wie schon länger in der Technik mit<br />
Frühwarnsystemen und in der Medizin mit<br />
Früherkennungsuntersuchungen endlich<br />
ernsthaft darüber nachgedacht, ob mit<br />
ähnlichen Programmen auch <strong>im</strong> sozialen und<br />
familiären Bereich rechtzeitig Signale und<br />
Risiken erkannt werden können. Durch eine<br />
solche Isolierung vorhandener risikobehafteter<br />
Merkmale wäre es möglich, ein soziales<br />
Frühwarnsystem aufzubauen und vorhandene<br />
Unterstützungsstrukturen zielgerichteter zu<br />
nutzen.<br />
Dafür sind systematische und möglichst<br />
umfassende Zugänge zu Familien bereits in<br />
einer sehr frühen Phase des Familienaufbaus<br />
notwendig, um gegebenenfalls medizinische<br />
Störungen, frühe<br />
Entwicklungsauffälligkeiten bei Kindern,<br />
Probleme bei den Eltern und andere<br />
beeinträchtigende soziale<br />
Bedingungsfaktoren zu erkennen. Mit<br />
diesem Wissen kann sodann das<br />
Gefährdungspotenzial bewertet und der<br />
Hilfebedarf spezifiziert werden. Früh meint<br />
in diesem Zusammenhang, bereits vor der<br />
Geburt während der Schwangerschaft über<br />
die Babyphase und während des<br />
Kleinkindalters bis zum Kindergarten bzw.<br />
der Grundschule.<br />
Die LEBENSBERATUNG Saarlouis<br />
arbeitet seit einigen Jahren mit einem<br />
zugehenden Angebot in Kindergärten und<br />
Kindertagesstätten, um nicht nur die Eltern<br />
und Familien zu erreichen, die<br />
beispielsweise von selbst oder auf Rat von<br />
Ärzten in die Beratung kommen, sondern
auch diejenigen, die Hilfen <strong>im</strong><br />
medizinischen, sozialen und<br />
psychologischen Bereich eher weniger<br />
nutzen. Zudem trägt der Ansatz dazu bei,<br />
Eltern und Kinder besonders frühzeitig zu<br />
unterstützen und ihnen fachliche Hilfe<br />
anzubieten, um spätere Verfestigungen<br />
ungünstiger Problemlagen zu vermeiden und<br />
positive Entwicklungen zu ermöglichen.<br />
Diese zugehende Beratung führen wir vor<br />
allem in Zusammenarbeit mit Kindergärten<br />
und -tagesstätten durch. Die Beraterinnen<br />
und Berater kommen in die Einrichtungen<br />
und bieten vor Ort die Möglichkeit zum<br />
Informationsaustausch und zur Beratung an.<br />
In diesem gewohnten und vertrauten<br />
Rahmen des Kindergartens, den die Eltern<br />
ohnehin täglich besuchen, wenn sie ihre<br />
Kinder bringen und abholen und häufig mit<br />
den Erzieherinnen sprechen, ist es für viele<br />
Familien leichter ,mal eben’ mit der<br />
Beraterin zu reden.<br />
Die Vorteile sind: Es fallen gerade für die<br />
sozial schlechter gestellten Familien weniger<br />
aufwendige und vielerorts kostspielige<br />
Anfahrtswege an, die Kinder sind durch die<br />
Erzieherin beaufsichtigt, man ‚kennt’ den<br />
Berater, zu dem auch andere gehen und es<br />
ist ein direkter Austausch mit den<br />
Erzieherinnen möglich, wenn das von den<br />
Eltern gewünscht wird. Kurzum, es gibt<br />
keine bürokratischen oder sonstigen<br />
Barrieren, die für manche das Kommen in<br />
die Beratungsstelle erschweren würden. Die<br />
Erfahrungen zeigen, dass wir mit diesem<br />
zugehenden Ansatz auch die Familien und<br />
Kinder erreichen, die besonders<br />
problembelastet sind und sich mit<br />
schlechteren sozialen Lebensumständen<br />
auseinandersetzen müssen. Zudem erreichen<br />
wir in diesem Rahmen besser Familien mit<br />
Migrationshintergrund, deren Kinder nach<br />
der Pisa-Studie und der jüngsten Studie der<br />
Vereinten Nationen in Deutschland<br />
vergleichsweise schlechte Bildungs- und<br />
Sozialisationschancen haben. Durch die<br />
Nähe des Kindergartens zur Wohnung und<br />
zum Lebensumfeld der Eltern ist es uns<br />
möglich, stadtteilbezogene Bedingungen<br />
und Besonderheiten zu erkennen und in der<br />
Folge Impulse für eine sozialraumbezogene<br />
Politik zu geben. Die Beratungen können je<br />
nach Problemstellung und Bedarf kurz- oder<br />
längerfristiger verlaufen. Besonders die<br />
Familien, die mit mehreren Problemen, von<br />
der Arbeitslosigkeit der Eltern, finanziellen<br />
Schwierigkeiten bis hin zu<br />
Erziehungsproblemen gleichzeitig<br />
konfrontiert sind und möglicherweise als<br />
besonders gefährdet für die<br />
Entwicklungschancen der Kinder gesehen<br />
werden können, haben durch diese<br />
Kooperation zwischen Beratungsstelle und<br />
Kindertageseinrichtung eine Möglichkeit,<br />
früher und auch zielgerichteter eine<br />
Unterstützung zu erhalten.<br />
In einem Projekt von verschiedenen<br />
Beratungsstellen des Bistums Trier<br />
‚Zugehende Beratung <strong>im</strong><br />
Kindertagesstättenbereich’ konnte gezeigt<br />
werden, dass Kindertagesstätten nah an<br />
Familien und Eltern dran sind und von ihnen<br />
als Unterstützungseinrichtungen gesehen<br />
werden. Die Bewältigung der ausgeweiteten<br />
Anforderungen und die nicht nur<br />
quantitativen sondern auch qualitativen<br />
Veränderungen von sozialen und familiären<br />
Bedingungen macht eine verstärkte<br />
Kooperation zwischen Beratungsstellen und<br />
Kindertagesstätten zu einer wichtigen<br />
Ressource <strong>im</strong> familien- und <strong>im</strong> kinder-<br />
/jugendhilfepoli-tischen Bereich.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen der<br />
LEBENSBERATUNG Saarlouis mit den<br />
Einrichtungen für Kinder ist vor diesem<br />
Hintergrund zunehmender Problemlagen<br />
ein sinnvolles Instrument, um ohne allzu viel<br />
Schwellenangst der Betroffenen, besonders<br />
frühzeitig belastete Familien zu erreichen<br />
und mit ihnen einen angemessenen Hilfeplan<br />
zu erarbeiten.
Betreuter Umgang<br />
Unterstützung für Kinder und Eltern in<br />
hochstrittigen Trennungssituationen<br />
„Was ist denn nur mit Stefan los? Er<br />
verhält sich den Mitschülern gegenüber<br />
aggressiv, dem Unterricht kann er oft nicht<br />
folgen, er ist unkonzen<strong>trier</strong>t. Und die<br />
Hausaufgaben macht er auch nur noch<br />
selten .....!“<br />
Das alles muss sich die 35-jährige Frau K.<br />
von der Klassenlehrerin ihres 9-jährigen<br />
Sohnes anhören.<br />
Auch zu Hause ist Stefan aggressiv,<br />
ständig gibt es Zoff. Ausgemachte Regeln<br />
ignoriert er einfach. Nachts liegt er oft<br />
lange wach. Die Mutter hat das Gefühl,<br />
dass er sich <strong>im</strong>mer mehr verschließt und<br />
sie kaum noch Zugang zu ihm findet.<br />
Stefans Eltern trennten sich vor 1 ½<br />
Jahren. Frau K. zog mit Stefan aus. Die<br />
beiden letzten <strong>Ehe</strong>jahre waren geprägt von<br />
heftigen Auseinandersetzungen der Eltern.<br />
Im ersten Jahr nach der Trennung gab es<br />
unregelmäßige Kontakte zwischen Vater<br />
und Stefan. Das Konfliktniveau zwischen<br />
den Eltern be<strong>im</strong> Abholen und Bringen von<br />
Stefan blieb hoch. Absprachen der Eltern<br />
funktionierten nicht zuverlässig. Massive<br />
gegenseitige Besch<strong>im</strong>pfungen zwischen<br />
den Eltern – teilweise in Gegenwart des<br />
Kindes – häuften sich.<br />
Nach einer handgreiflichen Eskalation beschloss<br />
Frau K., den Sohn dem Vater nicht<br />
mehr mitzugeben. Herr K. stellte daraufhin<br />
einen Antrag be<strong>im</strong> Familiengericht auf<br />
Regelung des Umgangs mit seinem Sohn.<br />
Konstruktive Kommunikation zwischen<br />
den Eltern war nun nicht mehr möglich.<br />
Ein Streitmuster gekennzeichnet von<br />
gegenseitigen Schuldzuweisungen und<br />
größtem Misstrauen war entstanden.<br />
Hält ein solches Muster über einen<br />
längeren Zeitraum an, verhalten sich Eltern<br />
„hochstrittig“.<br />
Hochstrittige Eltern sind verstrickt <strong>im</strong><br />
Beziehungskrieg. Ihre Emotionen (Wut,<br />
Hass, Enttäuschung, Kränkung) in Bezug<br />
auf den ehemaligen Partner sind so massiv<br />
geworden, dass man kein gutes Haar mehr<br />
an ihm lassen kann und ihm nicht mehr<br />
über den Weg traut.<br />
Eine derart gespannte Familienatmosphäre<br />
führt zu einer hochbelasteten Situation für<br />
das Kind. Die Bedürfnisse des Kindes<br />
können von solchen Eltern nicht mehr<br />
ausreichend wahrgenommen werden. Vor<br />
allem nicht das Grundbedürfnis des Kindes<br />
nach der Liebe und dem verlässlichen<br />
Kontakt zu seinen beiden leiblichen Eltern.<br />
Grundsätzlich tun Kinder alles, damit<br />
Vater und Mutter nicht (noch mehr)<br />
streiten. Eigene Empfindungen äußern sie<br />
nur noch selten – aus Angst, damit die<br />
Eltern zu belasten. Häufig schützen sich<br />
Kinder in solchen Situationen, indem sie<br />
von sich aus den Kontakt zu einem<br />
Elternteil abbrechen oder sich so verhalten,<br />
dass ein Elternteil den Kontakt zum Kind<br />
abbricht. Das Gefühl, zwischen den<br />
streitenden Eltern hin- und hergerissen zu
werden, ist für sie unerträglich.<br />
Statistisch gesehen erweist sich der<br />
überwiegende Teil der Trennungs- und<br />
Scheidungseltern als kompetent, eigene<br />
Regelungen zu finden, so dass es keiner<br />
familiengerichtlichen Intervention bedarf.<br />
Die <strong>im</strong> Kontext von Trennung / Scheidung<br />
beschäftigten Fachleute sehen sich allerdings<br />
einer wachsenden Anzahl von Eltern<br />
gegenüber, die Gerechtigkeit in oftmals<br />
jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen<br />
suchen, derweil die Kinder den<br />
regelmäßigen Kontakt zu einem Elternteil<br />
bereits verloren haben.<br />
Im Fall von Stefan hat das Familiengericht<br />
entschieden, dass eine Wiederaufnahme<br />
des Kontaktes zwischen Vater und Sohn<br />
versucht werden soll.<br />
Das Gericht nahm sowohl die Zweifel der<br />
Mutter an der Erziehungskompetenz des<br />
Vaters als auch die Vermutung des Vaters,<br />
die Mutter beeinflusse das Kind gegen ihn,<br />
ernst. Da eine Einigung der Eltern in der<br />
Verhandlung nicht möglich war, hat das<br />
Gericht einen „Betreuten Umgang“ bei der<br />
Lebensberatung angeordnet.<br />
Welche Vorteile bietet der Betreute Umgang<br />
(BU) bei der Lebensberatung<br />
S<strong>im</strong>mern?<br />
Ein BU ist eingebettet in ein umfassendes<br />
Beratungskonzept. Das bedeutet, die von<br />
den Fachkräften der Lebensberatung<br />
betreuten Umgangskontakte zwischen<br />
Elternteil und Kind werden durch Gespräche<br />
in unterschiedlichen Settings ergänzt:<br />
Elterngespräche (einzeln und<br />
gemeinsam) – teilweise unter Einbeziehung<br />
des Jugendamtes, Einzelgespräche<br />
mit den Kindern. Intensive Beratungsgespräche<br />
beider Elternteile vor und nach den<br />
einzelnen Umgangskontakten sind<br />
verpflichtend.<br />
Ziel dieses BU-Konzeptes ist es, stabile<br />
Regelungen für die Umgangskontakte<br />
zwischen dem getrennt lebenden Elternteil<br />
und dem Kind zu erreichen und beide<br />
Eltern wieder zu befähigen, in Eigenregie<br />
einvernehmliche Entscheidungen <strong>im</strong><br />
Hinblick auf die Bedürfnisse und<br />
Interessen ihres Kindes miteinander zu<br />
treffen .<br />
Da die Berater nicht in das hochstrittige<br />
Muster verstrickt sind, bieten sie als<br />
neutrale Ansprechpartner für Kinder die<br />
Möglichkeit, ihren inneren Gefühlszustand<br />
frei auszudrücken. So können Ängste,<br />
Bedürfnisse, Wünsche, Sorgen und Phantasien<br />
der Kinder über den Berater in die<br />
Elterngespräche eingebracht und dort bearbeitet<br />
werden.<br />
Die Fokussierung auf die Kindesbedürfnisse<br />
hilft den Eltern sukzessive aus<br />
der hochstrittigen Kampfperspektive<br />
auszusteigen und neue Lösungsmuster zu<br />
entwickeln.<br />
Stefans Vater konnte so u.a. erkennen, wie<br />
wichtig seine verbindliche väterliche<br />
Präsenz für seinen Sohn ist. Der Junge<br />
fühlt sich vom Vater in seinen kindlichen<br />
Bedürfnissen wieder wahrgenommen.<br />
Stefan ist nun weniger gezwungen, sich<br />
zwischen seinen Eltern entscheiden zu<br />
müssen, er fühlt sich deutlich entlastet.<br />
Frau K. konnte diesen Prozess sehen und<br />
würdigen. Ihr ist es möglich, die Folgen<br />
ihrer abwertenden Äußerungen über den<br />
Vater <strong>im</strong> Beisein von Stefan zu erkennen<br />
und diese zu unterlassen.<br />
Zwischen der Kreisverwaltung Rhein-<br />
Hunsrück und der Lebensberatung<br />
S<strong>im</strong>mern ist vertraglich ein Beratungskontingent<br />
für den BU vereinbart. Daher<br />
findet auch der vom Gericht beauftragte<br />
Betreute Umgang <strong>im</strong>mer in enger Kooperation<br />
mit dem Jugendamt statt.