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Zwischen <strong>de</strong>n höchsten Gipfeln <strong>de</strong>r Schweiz thront<br />

eine weitgehend energieautarke Berghütte<br />

-.:t=<br />

/<br />

r-<br />

Zackige Konturen und in Spezialglas<br />

eingelassene Sunpower-Solarzellen:<br />

Seit einigen Monaten verfügt <strong>de</strong>r<br />

Schweizer Alpenclub über eine<br />

Gletscherhütte <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Art,<br />

Zu verdanken hat er die eigenwillige<br />

Konstruktion <strong>zum</strong> einen <strong>de</strong>m Gel-<br />

tungsbedürlnis einer Universität. Zum<br />

an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>r Erkenntnis, dass Photo-<br />

voltaik auf 2.900 Meter Höhe eine<br />

lohnenswerte Sache ist.<br />

\.antig,<br />

grau und sprö<strong>de</strong> ragt die<br />

I\,Monte Rosa--Hütte aus <strong>de</strong>m Cletschergeröll<br />

hervor. Beinahe so, als wür<strong>de</strong><br />

sie <strong>hier</strong>her gehören. Als hätte ihr die<br />

Evolution diesen unwirtlichen Platz in<br />

iahrmillionenlangem Wer<strong>de</strong>n und Vergehen<br />

zugedacht. Dabei ist es in Wirklichkeit<br />

nicht allzu lange her, dass ihre<br />

Hightech-Bestandteile per Helikopter<br />

<strong>hier</strong>hin verfrachtet wor<strong>de</strong>n sind - aus<br />

einer flacheren, bevölkerteren Welt, die<br />

sich diesen Bau einiges hat kosten lassen.<br />

Im September 2009 hatte das spektakuläre<br />

Bergrefugium seine Eröffnung<br />

gefeiert. Dass es nun seinen ersten Sommer<br />

erleben darf, verdankt es <strong>de</strong>r Eidgenössischen<br />

Technischen Hochschule<br />

(ETH) Zürich. Die nahm anlässlich ihres<br />

150-jährigen Bestehens or<strong>de</strong>ntlich Geld<br />

für prestigeträchtige Projekte in die<br />

Hand. Das größte, <strong>de</strong>r Bau <strong>de</strong>r Hütte für<br />

Monokristalline Sunpower-Zellen und lobustes Glas<br />

wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r 35 Swiss Solar Systems zu llD lassa<strong>de</strong>nintegrierten<br />

Modulen zusammengelügt<br />

82 PHOTON Juli 2010


PHOION Juli 2010<br />

x<br />

i I<br />

i.$:Fi'<br />

83


<strong>de</strong>n Schweizer Alpenclub (SAC), kostete<br />

sie, ihre Sponsoren und <strong>de</strong>n SAC zusammen<br />

umgerechnet rund 4,6 Millionen<br />

Euro. Sechs Jahre lang wur<strong>de</strong> das Projekt<br />

in interdisziplinärer Forschungsarbeit<br />

vorbereitet. Später beteiligten sich an<br />

<strong>de</strong>r Umsetzung mehr als'hun<strong>de</strong>rt Wissenschaftler,<br />

Planer, Konstrukteure, Produktionsunternehmen,<br />

Handwerker und<br />

Bauarbeiter.<br />

Als Ergebnis steht etwa zehn Kilometer<br />

Luftlinie von Zermatt entfernt eine<br />

fünfstöckige, massivhölzerne Konstruktion<br />

mitAluminiumfassa<strong>de</strong>. In ihrem Inneren<br />

herrscht mehr Komfort als in <strong>de</strong>n<br />

meisten an<strong>de</strong>ren Massenunterkünften in<br />

<strong>de</strong>n Schweizer Bergen. Das eigentlich Beson<strong>de</strong>re<br />

an <strong>de</strong>r Monte-Rosa-Hütte iedoch<br />

iSt, dass <strong>hier</strong> ie<strong>de</strong>s Detail einem einzigen<br />

Zweck dient: möglichst viel hochalpine<br />

Sonnenstrahlung für die Eigenversorgung<br />

nutzbar zu machen. Das fängt<br />

schon bei <strong>de</strong>r Form <strong>de</strong>s Gebäu<strong>de</strong>s an.<br />

nl<strong>de</strong>al, um ein möglichst großes Raumvolumen<br />

bei möglichst geringer Oberfläche<br />

zu erreichen, wäre eigentlich eine<br />

Kugel gewesenn, erklärt Matthias Sulzer,<br />

84<br />

Geschäftsführer <strong>de</strong>r Lauber Iwisa AG<br />

aus <strong>de</strong>m schweizerischen Naters. Sein<br />

Unternehmen war für die Planung und<br />

Umsetzung <strong>de</strong>s Energiekonzeptes zuständig.<br />

Um es sich beim Errichten <strong>de</strong>s<br />

Fundaments aber nicht allzu schwer zu<br />

machen, so erklärt er, habe man die Kugel<br />

gewissermaßen beschnitten - dabei<br />

entstand die jetzige Form, die an einen<br />

Bergkristall erinnert.<br />

Mit 30.900 Kilowattstun<strong>de</strong>n Strom<br />

und Wärme soll die Monte-Rosa-Hütte<br />

im Jahr auskommen - 90 Prozent davon<br />

soll sie selbst gewinnen. Dafür ist in die<br />

Südfassa<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Hütte eine 16-Kilowatt-<br />

Photovoltaikanlage integriert, die an<br />

Sommertagen Strom für sämtliche Geräte<br />

von <strong>de</strong>r Gefriertruhe über das Internet<br />

bis hin <strong>zum</strong> Kreditkarten-Lesegerät<br />

liefert. Bei einem Überangebot an Solarstrom<br />

kann <strong>de</strong>r Hüttenwirt diesen sogar<br />

über zwei Induktionskochplatten <strong>zum</strong><br />

Zubereiten <strong>de</strong>r Mahlzeiten nutzen. Ansonsten<br />

kocht man auf <strong>de</strong>r Hütte mit Gas<br />

aus Flaschen.<br />

Die thermischen Kollektoren sind<br />

wie<strong>de</strong>rum im Berg vor <strong>de</strong>r Südwestseite<br />

Autarker Monolith: Wenn die Sonne nicht scheint, yer-<br />

sorg't sich die rllonte Rosar-Hütte aus Bleiakkus mit<br />

Strom. Wenn auch die leer sind, springt ein Blockheiz-<br />

kraftwerk an.<br />

<strong>de</strong>s Hauses angebracht. Dort sollen sie<br />

genau zu <strong>de</strong>r Tageszeit Wasser erwärmen,<br />

wenn die meisten Bergsteiger einkehren<br />

und sich nach einer warmen Dusche<br />

sehnen; ein Clou <strong>de</strong>r Planer, um Speicherkapazität<br />

zu sparen. >Wir haben mit<br />

<strong>de</strong>r Sonne gebautn, schwärmt Sulzer und<br />

beruft sich auf die Tradition früherer Architektengenerationen,<br />

die noch nicht<br />

über eine so mo<strong>de</strong>rne Bautechnik verfügten<br />

wie die heutige. "Sie mussten mit<br />

<strong>de</strong>n natürlichen Ressourcen planen und<br />

sich genau überlegen, welchen Gebäu<strong>de</strong>teil<br />

sie wofür nutzen.<<br />

Einziger Wermutstropfen im ökologischen<br />

Konzept <strong>de</strong>r Hütte: die bei<strong>de</strong>n Akkubänke.<br />

Die darin verwen<strong>de</strong>ten Bleiakkus<br />

weisen eine Spannung von 48 Volt<br />

bei einer Kapazität von je 3.000 Amperestun<strong>de</strong>n<br />

auf. Etwa 200 Kilowattstun<strong>de</strong>n<br />

Solarstrom können sie zwischenspeichern.<br />

Doch Sulzer arrangiert sich nur<br />

ungern mit <strong>de</strong>n schwermetallhaltigen<br />

Speichern. "Wir hoffen, sie nach <strong>de</strong>m<br />

erstmaligen Verschleiß durch reversible<br />

Wasserstoffzellen ersetzen zu können.o<br />

Holzbalken wur<strong>de</strong>n im Tal vorgefertigt<br />

In <strong>de</strong>r Anfangsphase <strong>de</strong>s Proiekts wur-<br />

<strong>de</strong> auch die Nutzung <strong>de</strong>r Win<strong>de</strong>nergie in<br />

Betracht gezogen. Doch davon kamen<br />

die Planer wie<strong>de</strong>r ab. Weniger aus Sorge,<br />

dass die Rotoren die Bergwelt beeinträchtigen<br />

könnten, als vielmehr wegen<br />

<strong>de</strong>s zusätzlichen Aufwands beim Bau.<br />

Der war nämlich auch so schon groß genug.<br />

Über dreitausend Mal lan<strong>de</strong>te ein<br />

Helikopter während <strong>de</strong>r Bauzeit auf <strong>de</strong>m<br />

Gletscher. Wären die Holzbalken nicht<br />

schon im Tal vorgefertigt wor<strong>de</strong>n - die<br />

.Sommermonate <strong>de</strong>s Jahres 2009 hätten<br />

nicht ausgereicht, um das Refugium fertigzustellen.<br />

Auch die Solaranlage wur<strong>de</strong> im Tal<br />

aufgebaut und getestet, bevor sie eingepackt<br />

und auf <strong>de</strong>n Gletscher geflogen<br />

wur<strong>de</strong>. Allein die darin verbauten Module<br />

haben umgerechnet rund 84.400<br />

Euro gekostet. Schon die Entscheidung<br />

für monokristalline Solarzellen mit 22<br />

Prozent Wirkungsgrad <strong>de</strong>r amerikanischen<br />

Sunpower Corp. <strong>de</strong>utet nicht auf<br />

eine Nullachtfünfzehn-Lösung hin. Darüber<br />

hinaus setzten die Hüttenplaner auf<br />

Schweizer Maßarbeit: Die in Lyss ansäs- ,<br />

sige 35 Swiss Solar Systems AG hat die<br />

PHOIONJuli 2010


Dies allerdings hätte an<strong>de</strong>rthalb-<br />

Zellen in zwei Glasscheiben von insge- wohl kaum betrieben, wenn sie Photovolmal<br />

größere Speicher erfor<strong>de</strong>rt, mit all<br />

<strong>de</strong>n damit verbun<strong>de</strong>nen Kosten. Lieber<br />

nahm Sulzer in Kauf, dass <strong>de</strong>r Helikopter<br />

einmal im Jahr 300 Liter Rapsöl für <strong>de</strong>n<br />

Betrieb <strong>de</strong>s Blockheizkraftwerkes zuliefert<br />

und an sonnigen Tagen bei vollem<br />

Speicher die Solarstromanlage abregelt.<br />

Können die Solarmodule hingegen nicht<br />

genug Energie liefern, bemerkt dies <strong>de</strong>r<br />

für die Haustechnik zuständige Computer<br />

im fernen Zürich und schaltet das<br />

Kraftwerk automatisch zu.<br />

Ursprünglich gab es auch die l<strong>de</strong>e,<br />

für die Sonnenenergie ein Gleichstromnetz<br />

in <strong>de</strong>r Hütte aufzubauen. Doch dasamt<br />

zwölf Millimeter Dicke verpackt, taik im Hochgebirge nicht für eine sehr von sind die Planer schnell wie<strong>de</strong>r ab-<br />

die auch hohe Schneebelastungen aus- effektive Angelegenheit hielten. Nicht gekommen. >Da hätten wir ein zusätzhalten<br />

sollen. Ingesamt fertigte das Un- nur wegen <strong>de</strong>r <strong>hier</strong> herrschen<strong>de</strong>n niedliches Versorgungsnetz mit Leitungen<br />

ternehmen auf diese Weise 100 Module rigen Temperaturen, die zu einer höhe- und allem drum und dran aufbauen<br />

in 16 unterschiedlichen Formen. Sie verren Spannung im Solargenerator führen müssen", winkt Sulzer ab. Also versorteilen<br />

sich auf <strong>de</strong>r 122 Quadratmeter gro- als bei Solaranlagen im Flachland. Auch gen vier Wechselrichter <strong>de</strong>s Schweizer<br />

ßen Südseite und wer<strong>de</strong>n nur von <strong>de</strong>m die guten Einstrahlungsverhältnisse und Herstellers Stu<strong>de</strong>r Innotec aus Sion mit<br />

Fensterband durchbrochen, das um die die Reinheit <strong>de</strong>r Luft wirken sich günstig dreimal acht Kilowatt und einmal 600<br />

gesamte Fassa<strong>de</strong>nfläche verläuft. auf <strong>de</strong>n Ertrag aus. Hinzu kommt <strong>de</strong>r fast Watt Nennleistung die elektrischen Ge-<br />

Hätten sich die Hüttenbauer bei <strong>de</strong>r das ganzeJahr über reichlich vorhan<strong>de</strong>ne räte mit Wechselstrom. Sie wan<strong>de</strong>ln<br />

Konzeption <strong>de</strong>r Solaranlage an Faustre- Schnee, <strong>de</strong>r wie ein großer Reflektor wirkt nicht nur <strong>de</strong>n Strom aus <strong>de</strong>n Modulen<br />

geln aus <strong>de</strong>m Flachland orientiert, wäre und zusätzliches Sonnenlicht auf die So- um, son<strong>de</strong>rn sind überdies auch an die<br />

das wohl fatal gewesen. So wür<strong>de</strong>n die larzellen wirft. 70 Prozent mehr Ertrag als Akkubänke gekoppelt, um so Spitzenlas-<br />

Module bei einer unter Normalbedin- im Flachland könne eine Solaranlage im ten <strong>de</strong>cken zu können. Das erklärt auch<br />

gungen i<strong>de</strong>alen Neigung <strong>de</strong>s Systems von Hochgebirge erbringen, sagt Sulzer. die mit 24,6 Kilowatt im Vergleich zur<br />

30 Grad über kurz o<strong>de</strong>r langvom Schnee<br />

über<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n. Deswegen neigt sich<br />

Derzeit iustieren die Energietechniker<br />

die Anlage auf Monte Rosa regelmäßig<br />

Leistung <strong>de</strong>s Solargenerators recht üppige<br />

Dimensionierung.<br />

die Südfassa<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Gebäu<strong>de</strong>s um steilere nach, um im Sommer tatsächlich auf <strong>de</strong>n Abwägungen wie diese waren es, die<br />

67 Gtad, was ermöglicht, dass <strong>de</strong>r Schnee angestrebten Selbstversorgungsgrad von die Arbeiten an <strong>de</strong>r Hütte prägten und<br />

bei Erwärmung durch die Sonne nach 90 Prozent zu kommen. Vor allem gehe die eigentlichen Schwierigkeiten bei<br />

unten rutscht. Wenn Sulzer von diesen es darum, die Wechselrichter <strong>de</strong>s Insel- <strong>de</strong>m Projekt ausmachten. Sulzer ist <strong>de</strong>r<br />

Überlegungen erzählt, nimmt er gern systems dazu zu bewegen, die Spannung Meinung, dass Aufwand und Ertrag, Ef-<br />

das Wort "architektonisches Höhentrai- zu halten, wenn plötzlich große Verbraufizienz und Ressourceneinsatz auch bei<br />

ning< in <strong>de</strong>n Mund: Die Beteiligten hätcher eingeschaltet wer<strong>de</strong>n, etwa eine solarem Bauen im Flachland bewusster<br />

ten unter Extrembedingungen gelernt, Pumpe im Abwasserreinigungssystem. zueinan<strong>de</strong>r ins Verhältnis gesetzt wer-<br />

die natürlichen Ressourcen bestmöglich >Im Frühling sind wir bereits auf einen <strong>de</strong>n sollten. "Es geht nicht so sehr da-<br />

zu nutzen - und kämen <strong>de</strong>shalb künf- Selbstversorgungsgrad von 70 Prozent rum, immer nur Formel-l-Komponenten<br />

tig auch beim Bauen im Flachland bes- gekommen, weshalb ich recht zuver- einzubauen., sagt Sulzer. >Wichtiger ist<br />

ser zurecht.<br />

sichtlich binWäre<br />

Die neue rtlonlo Ros|r-Hätts liogfl oberha]b von<br />

Zamrtt ünd ist yon tän bis Soptombor goöft|gt<br />

Hättentef ofon: O tß I 2J I 5l 21 11. |/,/lom.tiomn zu<br />

und Bauleute hätten all <strong>de</strong>n Aufwand <strong>de</strong>r nutzbare Ertrag nicht durch die Spei- dom Bauproiskt uilal<br />

86<br />

tl<br />

Ihormirche Solarkolloktoren :ind vor dor Südwostsoito<br />

<strong>de</strong>r Hüür angobracht Sio sollen <strong>de</strong>n mü<strong>de</strong>n Wandorern<br />

zur Nachmiltagszeit warmos Wasser bsBiBhllon.<br />

cherkapazität <strong>de</strong>r Batterien beschränkt,<br />

ließen sich durchaus noch höhere Werte<br />

erzielen", ist <strong>de</strong>r Ingenieur überzeugt.<br />

"Technisch hätten wir auch problemlos<br />

100 Prozent Autarkie erreichen kön-<br />

nen.

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