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Heft 4/2002 - Offene Kirche Württemberg

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Unterschied, der sich in der israelischen<br />

Namensgebung für die Westbank<br />

ausdrückt: Judäa und Samaria. Selbstmordattentate<br />

sind dem palästinensischen<br />

Anliegen nicht dienlich. Das<br />

erkennen auch viele Palästinenser. Im<br />

Sommer unterzeichneten über 70<br />

palästinensische Intellektuelle einen<br />

Appell, diese Attentate zu unterlassen.<br />

Es gab immer wieder etliche Wochen<br />

ohne ein solches Attentat. Doch immer<br />

dann, wenn auf der israelischen Seite<br />

die Hoffnung aufkeimte, die Sicherheitsmaßnahmen<br />

würden nun endlich<br />

greifen, sprengte sich der nächste<br />

Selbstmordattentäter in die Luft.<br />

Solange aber auf der israelischen Seite<br />

die Meinung vorherrscht, Sicherheit sei<br />

durch die seither eingesetzten Mittel,<br />

wie Checkpoints, militärische Aktionen<br />

und Kollektivstrafen oder die Ausweisung<br />

von Angehörigen von Selbstmordattentätern<br />

oder die Zerstörung von<br />

deren Häusern zu gewährleisten,<br />

solange wird es auch keine Entspannung<br />

geben.<br />

Beide Seiten werden sich in der Wahrnehmung<br />

ihrer Opferrolle verfestigen<br />

und immer weniger Menschen werden<br />

die Kraft aufbringen, auch über die<br />

Grenze auf die Menschen auf der<br />

anderen Seite und ihre Situation zu<br />

schauen. Jedes neue Todesopfer wird<br />

die Bereitschaft dazu verringern. Dabei<br />

Notwendiger Wandel<br />

Gemeindeentwicklung<br />

- Ortsgemeinde mit Perspektive!<br />

<strong>Kirche</strong>ngemeinde als Relikt?<br />

Die klassische <strong>Kirche</strong>ngemeinde, die<br />

sich um die alte Ortskirche und das<br />

gottesdienstliche Leben sammelt, halten<br />

viele für ein Auslaufmodell. „<strong>Kirche</strong> bei<br />

Gelegenheit“ und „Gemeinde am<br />

dritten Ort“, „Lebensweltgemeinden“<br />

oder „Richtungsgemeinden“ sollen die<br />

wäre gerade die Bereitschaft, auch das<br />

Leid der anderen zu sehen, ein wichtiger<br />

Schritt hin zu Versöhnung, ein<br />

Schritt heraus aus der Spirale von<br />

Gewalt und Gegengewalt.<br />

Das übrigens gilt auch für unsere<br />

Wahrnehmung in Deutschland. Es ist<br />

keinem geholfen, wenn wir nur eine<br />

Seite wahrnehmen und sie, und sei es<br />

nur durch Mitleid, in ihrer Position<br />

bestärken. Gestärkt werden müssen die<br />

Querdenker und die Friedensfähigen<br />

und –willigen auf beiden Seiten. Noch<br />

gibt es sie!<br />

Ein mutiger Schritt in diese Richtung ist<br />

die Anfang November von der Evangelischen<br />

<strong>Kirche</strong> in Hessen und Nassau<br />

Frieder Dehlingert<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Checkpoint Kalandiah zwischen Jerusalem und Ramallah<br />

Die Erfahrungen aus dem Prozess „Notwendiger Wandel“ lassen eine Fülle an<br />

Aufbrüchen und Entwicklungsmöglichkeiten für <strong>Kirche</strong>ngemeinden erkennen.<br />

Beim „Gemeindeentwicklungskongress Notwendiger Wandel“ vom 7.-<br />

9. Februar in Böblingen stellen über 150 <strong>Kirche</strong>ngemeinden und -bezirke ihre<br />

Entwicklungsprozesse und erprobten Modelle vor. Gemeinde als <strong>Kirche</strong> am<br />

Wohnort kann zum Zukunftsmodell werden, wenn sie den Begabungen und<br />

Fragen der Menschen Raum gibt und sich aktiv vernetzt mit den Gemeinden<br />

und kirchlichen Einrichtungen in Nachbarschaft und Region.<br />

Zukunft gehören. Denn dies scheinen<br />

die Formen zu sein, die jetzt zeitgemäß<br />

sind: die dem modernen Menschen<br />

(mobil! hochindividuell! milieuorientiert!)<br />

in der pluralistischen Gesellschaft<br />

den Zugang zu Glauben und<br />

<strong>Kirche</strong> leichter ermöglichen. – Aber<br />

Vorsicht! Der postmoderne Mensch ist<br />

(EKHN) veröffentlichte Erklärung<br />

„Unterstützung für Schritte zu Gerechtigkeit<br />

und Frieden im Israel/Palästina-<br />

Konflikt“. Ausgearbeitet wurde sie, auch<br />

das ist richtungsweisend, gemeinsam<br />

vom „Arbeitskreis <strong>Kirche</strong> und Israel“<br />

und dem „Islam-Arbeitskreis“ der<br />

EKHN.<br />

Pfarrer Andreas Maurer ist<br />

Verbindungsreferent Nahost und<br />

Geschäftsführer des Evangelischen<br />

Vereins für die Schneller Schulen<br />

im Evangelischen Missionswerk in<br />

Südwestdeutschland e.V. (EMS)<br />

Weitere Informationen: www.emsonline.org<br />

zwar mobil, aber die Grundnahrungsmittel<br />

– Brot, Wärme, Trost, Feste, Wort<br />

Gottes – nimmt Frau, Mann und Kind<br />

gerne zu Hause und am Wohnort zu<br />

sich. Denn Mobilität macht Mühe –<br />

besonders Familien, Kindern, Jugendlichen<br />

und alten und armen Menschen.<br />

Außerdem hat auch der postmoderne<br />

Mensch das Bedürfnis nach Wurzeln –<br />

und nicht nur nach Freiheit. Das<br />

Bedürfnis nach Kontinuität – nicht nur<br />

nach Abwechslung. Das Bedürfnis, Teil<br />

eines Ganzen zu sein – und nicht nur<br />

eine Ich-AG. Die verschiedenen Bedürfnisse<br />

suchen nach einer guten Balance<br />

im Innen wie im Außen.<br />

Hier hat die <strong>Kirche</strong>ngemeinde als <strong>Kirche</strong><br />

am Wohnort ihre Chancen. Können<br />

unsere <strong>Kirche</strong>ngemeinden sich dem<br />

Freiheitsbedürfnis wie dem Heimatbedürfnis<br />

unserer Gemeindeglieder so<br />

öffnen, dass dieses Ausbalancieren der<br />

Bedürfnisse in unseren Gemeinden<br />

möglich ist?<br />

Seite 6 O��ENE KIRCHE<br />

Nr. 4, Dezember <strong>2002</strong>

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