ZUCKERRÜBEN J O U R N A L
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2 / 2012<br />
<strong>ZUCKERRÜBEN</strong><br />
J O U R N A L<br />
Wenn noch Unkraut übrig bleibt<br />
Markt<br />
Rübenanbau in der Genossenschaft<br />
Anbau<br />
Zwischenfrüchte: aber bitte gemischt<br />
Anbau<br />
Warum 2011 ein Läusejahr war
INHALT AKTUELLES POLITIK MARKT BETRIEBSWIRTSCHAFT ANBAU TECHNIK ZUCKER<br />
Hinter der niederländischen<br />
Grenze<br />
werden Rüben für<br />
eine Genossenschaft<br />
angebaut,<br />
die in Jülich und<br />
Appeldorn verarbeitet<br />
werden,<br />
lesen Sie ab<br />
Seite 5.<br />
Titelbild:<br />
Im letzten Jahr hat<br />
die Unterblattsprit-<br />
zung so manchem<br />
Landwirt geholfen.<br />
Foto: Clemens Eßer<br />
Mitteilungen des Rheinischen<br />
Rübenbauer-Verbandes e.V. und der<br />
Bezirksgruppe Nordrhein des Vereins<br />
der Zuckerindustrie e. V.<br />
Redaktion:<br />
Natascha Kreuzer (verantwortlich)<br />
Rochusstraße 18, 53123 Bonn<br />
Telefon: (02 28) 96 49 97 17<br />
Fax: (02 28) 96 49 97 18<br />
E-Mail: ZRJournal@aol.com<br />
Die Zuckerpreise auf dem Weltmarkt<br />
sind verhältnismäßig konstant zurzeit.<br />
Wie die Lage auf dem Weltmarkt aktuell<br />
ist, lesen Sie ab Seite 3.<br />
Was kann man<br />
gegen Spät- und<br />
Restverunkrautung<br />
noch tun?<br />
Lesen Sie ab<br />
Seite 8.<br />
Rheinischer Rübenbauer-Verband e. V.<br />
Telefon: (02 28) 65 25 34<br />
Bezirksgruppe Nordrhein des<br />
Vereins der Zuckerindustrie e. V.<br />
Telefon: (02 21) 4 98 03 32<br />
Redaktionsbeirat:<br />
Aktuelles<br />
Heinrich Brockerhoff, Johannes Brünker,<br />
Dr. Helmut Esser, Dr. Bernd Kämmerling,<br />
Dr. Peter Kasten, Dr. Willi Kremer-Schillings<br />
Zuckerweltmarkt<br />
Das Zünglein an der Waage 3<br />
Weiterer Zucker für den EU-Markt 4<br />
2 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012<br />
Markt<br />
Rübenanbau in der Genossenschaft 5<br />
Fachstelle im Rübenbauer-Verband neu besetzt 7<br />
Anbau<br />
Wenn noch Unkraut übrig bleibt 8<br />
Die Hackmaschine fest eingeplant 9<br />
Zwischenfrüchte: aber bitte gemischt 11<br />
Warum 2011 ein Läusejahr war 13<br />
Blattkrankheiten<br />
Die Blätter gesund halten 15<br />
KWS und Bayer entwickeln herbizidtolerante Rüben 16<br />
Zucker<br />
Pressschnitzel im Fokus 17<br />
LIZ-Idee: Ihre Ideen sind wieder gefragt 18<br />
Ackerbau und dazu Pferde 19<br />
Rübe hat Konkurrenz bekommen 20<br />
Rezept: Rhabarber-Erdbeer-Chutney 20<br />
Verlag:<br />
Rheinischer Landwirtschafts-Verlag GmbH<br />
Rochusstraße 18, 53123 Bonn<br />
Telefon: (02 28) 5 20 06-535<br />
Fax: (02 28) 5 20 06-560<br />
Satz:<br />
Print PrePress GmbH & Co. KG<br />
53340 Meckenheim<br />
Druck:<br />
L.N. Schaffrath Druck Medien, 47594 Geldern
Z U C K E R<br />
TECHNIK A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T<br />
Das Zünglein an der Waage<br />
Der Zuckerpreis schwankt seit Mitte letzten Jahres bis Mitte<br />
April nur gering auf sehr hohem Niveau zwischen 450 und<br />
480 € / t. Der zuletzt aufgerufene Termin für August 2012 lag<br />
allerdings mit rund 440 €/t etwas darunter. Einiges nährt jedoch<br />
die Vermutung, dass sich die Situation am Weltmarkt<br />
nicht grundlegend ändert.<br />
Einer der Gründe für den aktuell hohen<br />
Preis ist vor allem in Brasilien zu suchen,<br />
dem Land mit dem höchsten theoretischen<br />
Exportvolumen für Zucker. Nach<br />
zehn Jahren ungebremsten Wachstums<br />
hat Brasilien in den letzten zwei Jahren<br />
eher schwache Ernten eingefahren. Die<br />
Ernte 2011 / 12 fiel sogar unter die Grenze<br />
von 500 Mio. t Zuckerrohr. Dies lag<br />
zum einen an der Witterung, zum anderen<br />
aber auch in der Finanzkrise begründet.<br />
Aufgrund schwieriger gewordener Finanzierungsmöglichkeiten<br />
wurden die<br />
Zuckerrohrplantagen ein Jahr länger im<br />
Anbau belassen, was zu zurückgehenden<br />
Erträgen und niedrigeren Zuckergehalten<br />
führte. Kreditfinanzierte Betriebsmittel,<br />
allem voran Dünger, wurden ebenfalls in<br />
geringerem Umfang eingesetzt, zumal<br />
diese nur zu hohen Preisen zu haben waren<br />
und immer noch sind. Investitionen in<br />
neue Zuckerrohrfabriken wurden ebenso<br />
nicht im geplanten Umfang realisiert wie<br />
die Ausdehnung der Anbaufläche.<br />
Eine weitere Einflussgröße ist der Preis<br />
für Ethanol, denn etwa die Hälfte des brasilianischen<br />
Zuckerrohrs wird nicht zu Zucker,<br />
sondern zu Bioethanol verarbeitet.<br />
Aufgrund der schon vor Jahrzehnten eingeleiteten<br />
– und gewollten – Entwicklung<br />
setzt Brasilien in seiner Politik der Mobilität<br />
voll auf diesen Treibstoff. Neu zugelassene<br />
Pkw fahren fast ausschließlich mit<br />
reinem Bioethanol oder mit Gemischen,<br />
die bisher 25 % Ethanol enthalten. Dies<br />
war bei ständig steigenden Produktionsmengen<br />
von Zuckerrohr auch kein Problem.<br />
Aufgrund der knappen Ernte wurde<br />
vor kurzem jedoch die Zumischung auf<br />
20 % begrenzt, um die Versorgung zu gewährleisten.<br />
Ohnehin musste das Land<br />
2011 Bioethanol in nennenswerten Mengen<br />
aus den USA importieren. Bei hohen<br />
Weltmarktpreisen für Zucker ist es für den<br />
brasilianischen Verarbeiter von Zuckerrohr<br />
interessanter, wieder mehr davon zu Zucker<br />
zu verarbeiten. Doch nicht jede Fabrik<br />
ist dazu in der Lage, da viele, vor allem<br />
neuere Fabriken nur auf die Herstellung<br />
von Ethanol ausgerichtet sind.<br />
Indien exportiert wieder<br />
Neben Brasilien spielen aber auch andere<br />
Länder eine größere Rolle im globalen<br />
Zuckergeschäft. So ist Indien mit einer<br />
Produktionsmenge von derzeit rund<br />
25 Mio. t mit rund 1 Mio. t wieder zum<br />
Zuckerexporteur geworden, nachdem es<br />
Jahre zuvor mit rund 13 Mio. t nur knapp<br />
die Hälfte selbst erzeugte und auf Importe<br />
angewiesen war. Im Vergleich zu Brasilien<br />
ist Indien somit derzeit ein eher zu<br />
vernachlässigender Mitspieler auf dem<br />
Exportmarkt. Indonesien hofft, auf Importe<br />
verzichten zu können, Thailand<br />
rechnet mit einer guten Ernte, die Exporte<br />
im beschränkten Umfang möglich machen<br />
könnte.<br />
Australien, das noch in den Jahren<br />
2002 bis 2004 mehr als 4 Mio. t exportierte,<br />
war aufgrund einer katastrophalen<br />
Dürre 2010 auf eine Exportmenge von<br />
2 Mio. t zurückgefallen und plant für<br />
2012, rund 3 Mio. t auf dem Weltmarkt<br />
zu verkaufen. Die Anbaufläche wurde um<br />
rund 10 % ausgedehnt und wenn das<br />
Wetter mitspielt, sollte dies realistisch<br />
sein.<br />
Und in Europa?<br />
Die EU, vor der Reform der Zuckermarktordnung<br />
neben Brasilien einer der großen<br />
Exporteure, hat 2011 / 12 eine große Ernte<br />
eingefahren. Geschätzte 5 Mio. t Zucker<br />
außerhalb der Quote wurden produziert,<br />
ein geringer Teil davon (0,65 Mio. t)<br />
wurde bisher in Quotenzucker gewandelt<br />
und so zum Verkauf für den innereuropäischen<br />
Markt freigegeben. Die verbleibenden<br />
Mengen an Nichtquotenzucker müssen<br />
in Märkte verkauft werden, die nicht<br />
der menschlichen Ernährung dienen.<br />
Gleichzeitig werden aber auch Importmengen<br />
vom Weltmarkt zugelassen. Ob<br />
sich aber bei anhaltend hohen Weltmarktpreisen<br />
Verkäufer finden, die den<br />
EU-Markt beliefern, bleibt abzuwarten.<br />
Schon einmal wurde die zugelassene Im-<br />
MARKT POLITIK AKTUELLES<br />
Der zukünftige Weltmarktpreis für Zucker wird maßgeblich von Brasilien beeinflusst<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 3<br />
Foto: Natascha Kreuzer
AKTUELLES POLITIK<br />
portmenge als Industriezucker nicht in<br />
vollem Umfang ausgeschöpft.<br />
Insgesamt rechnen Experten für das<br />
kommende Jahr mit steigenden Überschüssen<br />
und fallenden Weltmarktpreisen.<br />
Wie sagt eine bekannte Redewendung:<br />
„Der Feind hoher Preise sind hohe<br />
Preise.“ Oder anders gesagt: Wenn alle<br />
auf die derzeit hohen Preise durch Anbauausdehnung<br />
reagieren, fallen die Preise<br />
garantiert.<br />
Brasilien erwartete im April dieses<br />
Jahres für 2012 / 13 bei einer um 2,4 %<br />
Die Europäische Kommission darf noch<br />
einmal Zucker aus Überschussproduktion<br />
zur Vermarktung am Binnenmarkt freigeben<br />
und darüber hinaus die nächsten<br />
Runden zur Lizenzvergabe zollvergünstigter<br />
Importe um mehr als einen Monat<br />
vorziehen. Insbesondere senkt die Kommission<br />
die hohe Zusatzabgabe auf die<br />
EU-interne Vermarktung von Nichtquotenzucker<br />
für 250 000 t von 500 € / t auf<br />
211 € / t. Nach ihren Berechnungen handelt<br />
es sich bei diesem Satz um die Differenz<br />
zwischen dem jüngsten monatlichen<br />
Durchschnittspreis für EU-Weißzucker<br />
von 701 € / t und einem mittleren Weltmarktpreis<br />
von 490 € / t. Im bisherigen<br />
Verlauf des Wirtschaftsjahrs wurden bereits<br />
400 000 t Nichtquotenzucker zu ei-<br />
MARKT B E T R I E B S W I R T S C H A F T A N B A U T E C H N I K Z U C K E R<br />
gestiegenen Anbaufläche und erhöhter<br />
Produktivität eine um 5,4 % höhere<br />
Zuckerrohrmenge, wovon exakt die Hälfte<br />
zu Zucker beziehungsweise zu Ethanol<br />
verarbeitet werden soll. Indiens Zuckerfabriken<br />
könnten mehr Zucker exportieren,<br />
wenn dies seitens der Regierung zugelassen<br />
würde. Und auch Australien, einer der<br />
drei großen Exporteure, könnte noch für<br />
eine Überraschung gut sein.<br />
Was bedeutet dies alles für den europäischen<br />
Markt und damit auch für den<br />
Weiterer Zucker für den EU-Markt<br />
Grafik: EU-Weißzuckerpreis und Weltmarktpreis (in €/t WW)<br />
Quellen: EU-Kommission 2012 und Börse London<br />
800,00<br />
700,00<br />
600,00<br />
500,00<br />
400,00<br />
300,00<br />
200,00<br />
100,00<br />
0,00<br />
€/t WW<br />
Weltmarktpreis EU-Weißzuckerpreis<br />
ner verringerten Abgabe von 85 € / t freigegeben.<br />
Die nächsten drei Ausschreibungen<br />
für zollvergünstigte Roh- und<br />
Weißzuckerimporte werden um jeweils<br />
fünf Wochen vorgezogen, nämlich auf<br />
den 2. und 23. Mai sowie auf den 6. Juni.<br />
Ursprünglich waren Termine im Juni und<br />
Juli vorgesehen. Zuvor wurden 2011 / 12<br />
bereits Importlizenzen für 191 000 t Rohzucker<br />
zu vergünstigten Zollsätzen vergeben.<br />
Die Kommission veranschlagt den<br />
Zuckerbedarf am Binnenmarkt im laufenden<br />
Wirtschaftsjahr auf insgesamt<br />
16,5 Mio. t. Das sind 3,2 Mio. t mehr, als<br />
durch die reguläre, quotierte Eigenerzeugung<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Ferner wurden auf der Ausschusssitzung<br />
routinemäßig Bestimmungen für<br />
16.07.2006<br />
16.10.2006<br />
16.01.2007<br />
16.01.2007<br />
16.04.2007<br />
16.07.2007<br />
16.10.2007<br />
16.01.2008<br />
16.04.2008<br />
16.07.2008<br />
16.10.2008<br />
16.01.2009<br />
16.04.2009<br />
16.07.2009<br />
16.10.2009<br />
16.01.2010<br />
16.04.2010<br />
16.07.2010<br />
16.10.2010<br />
16.01.2011<br />
16.04.2011<br />
16.07.2011<br />
16.10.2011<br />
16.01.2012<br />
16.04.2012<br />
rheinischen Rübenanbauer? Der Weltmarktpreis<br />
wirkt sich im Wesentlichen<br />
auf die Verwertung des Überschusszuckers<br />
aus. Daher ist es sinnvoll, die<br />
Verträge für Vertragsrüben sicher zu erfüllen<br />
und bei der Verwertung von<br />
Überschuss rüben nicht auf anhaltend<br />
hohe Zuckerpreise zu spekulieren.<br />
Dr. Willi Kremer-Schillings<br />
Pfeifer & Langen Jülich<br />
das folgende Wirtschaftsjahr getroffen.<br />
Es handelt sich um die Eröffnung einer<br />
zollfreien Zuckerquote über 400 000 t für<br />
industrielle Zwecke sowie um die vorläufige<br />
Festsetzung der Exportobergrenze<br />
auf 650 000 t. AgE<br />
4 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012<br />
Foto: Landpixel
Z U C K E R<br />
TECHNIK A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T MARKT POLITIK A K T U E L L E S<br />
Rübenanbau in der Genossenschaft<br />
Blick über die Grenze in die Niederlande<br />
Kaum fährt man über die Grenze nach Holland, scheint man in<br />
einer anderen Welt angekommen zu sein: Nicht nur die Häuser<br />
sehen anders aus, auch in der Landwirtschaft ist vieles anders.<br />
Aber die Rüben aus Limburg werden in Jülich und in Appeldorn<br />
verarbeitet. Grund genug, sich jenseits der Grenze umzuschauen.<br />
Während die Region im Süden hinter Aachen<br />
aufgrund der Lössböden eher ackerbaulich<br />
geprägt ist, findet man in der Region<br />
weiter nördlich zwischen Roermond,<br />
Eindhoven und Nijmegen eher leichtere<br />
Böden, die ohne Beregnung kaum bewirtschaftet<br />
werden können. Hier herrscht intensive<br />
Tierhaltung vor und in jedem Dorf<br />
sieht man große, neue Ställe. Manche Orte<br />
entstanden erst in den 50-er Jahren,<br />
als sumpfige Regionen trockengelegt<br />
wurden. „Die Betriebsleiter sind echte<br />
Pioniere“, erzählt John Schoonbroodt von<br />
der Rüben-Genossenschaft CSV Covas.<br />
Hohe Deckungsbeiträge nötig<br />
Die Fruchtfolgen sind geprägt von hohen<br />
Pachtpreisen, denn die wichtigste Frage<br />
Rüben ins Gras gesät<br />
Der Betrieb von Jos und Bern Derks liegt in Volkel, nördlich<br />
von Asten. Neben 2 200 Schweinen gehören 100 ha Kartoffeln,<br />
15 ha Zuckerrüben, 15 ha Zwiebeln sowie Chinakohl<br />
und Eisbergsalat zum Betrieb. Vater und Sohn haben in diesem<br />
Jahr schon am 2. März Rüben gesät und die Rüben sind<br />
gut aufgelaufen. Sie wurden in Direktsaat in Raygras gesät,<br />
das Anfang April bekämpft werden sollte. Der Rübenschlag<br />
hat eine interessante Vorgeschichte. Im letzten Herbst wurde<br />
eine zweimonatige Schwarzbrache nach Sommergerste<br />
praktiziert, um den Nematoden Trichodorus auszuhungern.<br />
Zu Rüben wurden 25 m³ Gülle ausgebracht, aber nur zum<br />
Teil die Gülle aus dem eigenen Schweinestall, zusätzlich<br />
bringen die beiden noch Sauengülle aus einem anderen Betrieb<br />
aus. „Das bringt Geld in die Kasse und das brauchen<br />
wir bei rund 1 200 € / ha Pacht.“ Die Gülle aus dem eigenen<br />
Stall wird separiert, die feste Phase wird nach Belgien verkauft,<br />
die flüssigere Phase mit geringem Nährstoffgehalt<br />
wird auf den eigenen Flächen ausgebracht. Im Schnitt der<br />
letzten fünf Jahre haben Jos und Bern Derks rund 15 t / ha<br />
Zucker geerntet. Sie bauen doppelresistente Sorten an, die<br />
Rüben werden beregnet. Da die meisten Rübenflächen in<br />
der Region im Frühjahr mit der reichlich vorhandenen Gülle<br />
gedüngt werden, ist die Frühjahrsfurche weitverbreitet.<br />
Jos und Bern Derks (links und rechts) bewirtschaften einen Ackerbau- und Schweinemastbetrieb<br />
in Volkel, in der Mitte John Schoonbroodt, Leiter des Agrardienstes von CSV Covas in Asten.<br />
ist die Gülleverwertung. Deshalb ist auch<br />
kaum unlukratives Getreide in den<br />
Fruchtfolgen zu finden, sondern Kartoffeln,<br />
Zuckerrüben, Rollrasen, Gemüse<br />
oder Blumenzwiebeln. Die Pächter wechseln<br />
häufig jedes Jahr, der Markt bestimmt<br />
das Geschehen. „Ich kenne Anbauer,<br />
die im Dezember noch nicht wissen,<br />
wo sie im April ihre Rüben säen werden“,<br />
erklärt Schoonbroodt. Die Betriebe<br />
sind im Schnitt 40 ha groß. Die durchschnittliche<br />
Rübenfläche liegt bei 6,5 ha<br />
pro Betrieb.<br />
Für viele Betriebszweige gibt es in den<br />
Niederlanden Genossenschaften. Dass es<br />
auch für Zuckerrüben eine Genossenschaft<br />
gibt, ist historisch gewachsen. Jeder<br />
Anbauer musste 20 t Rüben pro Aktie<br />
an die niederländische Zuckerfabrik<br />
Suiker Unie liefern, um sein Lieferrecht zu<br />
behalten. Auf den sandigen Böden war<br />
das aber ohne Beregnung nicht jedes Jahr<br />
möglich. Deshalb schlossen sich die Landwirte<br />
1947 und 1953 zu Covas und CSV<br />
zusammen, um das Anbaurisiko zu verteilen.<br />
Heute ist CSV Covas Inhaber der<br />
Aktien aller Mitglieder.<br />
Rübentransport mit dem Schiff<br />
Die beiden Genossenschaften fusionierten<br />
2009 zu CSV Covas, der Sitz ist<br />
heute in Asten, rund 20 km östlich von<br />
Eindhoven. Bis 2005 wurden die Rüben<br />
mit dem Schiff in die Zuckerfabrik nach<br />
Puttershoek transportiert. Als diese Fa-<br />
brik geschlossen wurde, versuchte man<br />
noch ein Jahr lang, die Rüben mit dem<br />
Schiff nach Dinteloord zu bringen, aber<br />
das war zu aufwändig. Deshalb wird jetzt<br />
ein Teil der Rüben mit dem Lkw in die<br />
rund 130 km entfernte Zuckerfabrik in<br />
Dinteloord gebracht. Rund 30 % der CSV-<br />
Covas-Rüben werden inzwischen in<br />
Deutschland verarbeitet, davon 130 000 t<br />
in Appeldorn und etwa 170 000 t in Jülich.<br />
Die Erträge liegen im Schnitt bei 12 t<br />
Zucker, im letzten Jahr waren es sogar<br />
13,6 t / ha. Die Anbaufläche liegt in den<br />
Niederlanden bei etwa 73 000 ha, bei CSV<br />
Covas werden von 1 720 Anbauern<br />
11 200 ha angebaut.<br />
CSV Covas hat viele Aufgaben<br />
„Das Rübenjahr beginnt bei uns im Dezember<br />
mit der Abfrage für den Saatguteinkauf“,<br />
berichtet John Schoonbroodt,<br />
Leiter des Agrardienstes von CSV<br />
Covas. „In unserer Region werden vier<br />
Sorten angebaut, über 80 % sind rhizoctoniatolerant.<br />
Das ist bei uns ein großes<br />
Thema, denn die Fabriken sind sehr<br />
streng bei den faulen Rüben. In einer Fuhre<br />
dürfen höchstens 10 % schwarze Rüben<br />
sein.“ Zur Unkrautbekämpfung wird<br />
weniger Beratung nachgefragt, dieses<br />
Thema übernehmen meist die Pflanzenschutzfirmen.<br />
Die Berater von CSV Covas<br />
werden aber viel zu Krankheiten gefragt.<br />
CSV Covas bietet unter anderem die<br />
Online-Schlagkartei Unitip an, die immer<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 5
A K T U E L L E S P O L I T I K MARKT BETRIEBSWIRTSCHAFT A N B A U T E C H N I K Z U C K E R<br />
Vorzeigebetrieb mit<br />
Spitzenertrag<br />
Hay Kessels aus Meerlo, nördlich von Venlo nahe der Grenze<br />
zu Deutschland, betreibt erfolgreich Ackerbau und Pferdezucht.<br />
Seine Rüben werden seit 2010 in Appeldorn verarbeitet,<br />
die Erträge liegen zwischen 15 und 16 t / ha Zucker.<br />
Der Betrieb ist 50 ha groß, neben 10 ha Rüben baut er<br />
10 ha Kartoffeln, 8 ha Zwiebeln und 18 ha Sommerfuttergerste<br />
für ein benachbartes Futtermischwerk an. Nach der<br />
Sommergerste werden diese Flächen noch für zwei Monate<br />
an einen Kollegen verpachtet, der Eisbergsalat anbaut und<br />
dafür rund 700 € / ha Pacht bezahlt.<br />
Wie die meisten seiner Kollegen setzt er auf doppelresistente<br />
Sorten, 2012 wird er Isabella anbauen. Seine Strategie<br />
in Sachen Unkrautbekämpfung klingt nicht anders als<br />
im Rheinland: „Die erste NAK muss sitzen und dabei darf<br />
ich nicht nach den Rüben schauen, die erholen sich schon<br />
wieder“, erklärt Hay Kessels. Meist braucht er auf seinen<br />
Sandböden vier bis fünf NAK-Behandlungen, beregnet wird<br />
meist dreimal mit je 25 mm.<br />
Er düngt mit 50 m³ Rindergülle vor der Frühjahrsfurche,<br />
dann noch rund 100 kg / ha KAS und 200 kg / ha Natriumsalz.<br />
„Bor setzen wir immer ein, wir hatten sogar 2011 Bormangel.<br />
Gegen Cercospora wird zweimal behandelt.“ Gesät<br />
und gerodet werden die Rüben von einem Lohnunternehmer,<br />
der mit einem neunreihigen Vervaet-Roder kommt.<br />
Das Rübenabdecken macht er selbst.<br />
Hay Kessels aus Meerlo betreibt Ackerbau und Pferdezucht. Seine<br />
Rübenerträge liegen zwischen 15 und 16 t / ha Zucker.<br />
Fotos: Natascha Kreuzer<br />
Wenn möglich, wird nematodenresistenter Ölrettich als<br />
Zwischenfrucht gesät. Aber die Kombination aus Sommerfuttergerste<br />
und Eisbergsalat sei gut gegen Nematoden.<br />
„Erst wachsen die Nematoden und dann bekommen sie<br />
nichts mehr zu fressen“, erklärt Kessels.<br />
Hay Kessels ist einer der Landwirte, die an dem Beratungsprojekt<br />
Best Practice bei John Schoonbroodt mitgemacht<br />
haben. „Der Austausch mit den Kollegen war sehr interessant<br />
und wir haben alle Kosten und Probleme offen auf den<br />
Tisch gelegt. Wir treffen uns regelmäßig und schauen uns<br />
Praxisparzellen in den Betrieben an.“<br />
Diese Rüben wurden schon am 2. März als<br />
Direktsaat in Raygras gesät, so sah der Bestand<br />
mehr genutzt wird. „Außerdem setzen<br />
wir auf die Beratung in kleinen Gruppen,<br />
bei denen die Landwirte selber Themen<br />
bearbeiten und vorstellen. Das heißt bei<br />
uns „Best Practice“. Es dauert ein bisschen,<br />
bis die Teilnehmer genug Vertrauen<br />
zueinander gefasst haben, um offen zu<br />
diskutieren, aber der Erfolg gibt uns recht<br />
und die Landwirte sind sehr zufrieden<br />
mit der Gruppenarbeit.“<br />
Die Phosphordüngung ist in den Niederlanden<br />
reglementiert. Deshalb bekommen<br />
Landwirte, wenn sie Gülle abnehmen,<br />
zwischen 5 und 10 € / ha.<br />
Ab Juni startet dann die Abfrage,<br />
wann welcher Landwirt seine Rüben liefern<br />
möchte, und die Lieferpläne werden<br />
erstellt. „Suiker Unie will in diesem Jahr<br />
44 000 t pro Tag in den beiden Fabriken in<br />
Dinteloord und Groningen verarbeiten –<br />
und das 24 Stunden rund um die Uhr bis<br />
Ende Januar. Bei uns gibt es keine Pause<br />
für Feiertage oder Weihnachten“, erklärt<br />
John Schoonbroodt.<br />
Die Ernte erfolgt zu 95 % über Lohnunternehmer.<br />
In der Region gibt es rund<br />
60 Lohnunternehmer, die im Schnitt nur<br />
177 ha pro Maschine roden. „Da gibt es<br />
viele alte Maschinen, die einfach immer<br />
wieder repariert werden und weiterlaufen.<br />
Ich denke, da wird sich der Markt in den<br />
nächsten Jahren ändern, denn die Landwirte<br />
wollen zunehmend hochwertige<br />
Technik, die sauber arbeitet“, meint John.<br />
Seit diesem Jahr gilt in Holland auch<br />
die 3 %-Kopfregelung, geliefert werden<br />
darf alles außer grünen Anteilen.<br />
Rübenabdeckung Pflicht<br />
gut drei Wochen später aus.<br />
Die Rübenabdeckung ist sehr genau geregelt.<br />
„Die Fabriken wollen keine gefrorenen<br />
Rüben und die Abzüge liegen zwischen<br />
15 und 25 € / t. Alle Rüben werden<br />
nicht nur gegen Regen mit einem Vlies<br />
abgedeckt. Wenn es Frost geben sollte,<br />
werden die Landwirte dazu aufgerufen,<br />
die Rüben noch zusätzlich mit einem speziellen<br />
Tuch abzudecken.“ Die Abdeckung<br />
erfolgt individuell von Hand, Maschinen<br />
wie im Rheinland gibt es nicht.<br />
Die Abfuhr der Rüben wird ebenfalls<br />
von CSV Covas organisiert. 35 Spediteure<br />
mit rund 95 Lkw übernehmen die Abfuhr<br />
und werden pro Tonne bezahlt. „Um die<br />
Kosten zu senken, versuchen wir, auf dem<br />
Rückweg Rübenschnitzel zu transportieren.“<br />
Rüben zu reinigen, ist nicht unbedingt<br />
üblich in den Niederlanden, wird aber positiv<br />
gesehen. Aber auch hier zählt der<br />
Preis: Die Unterschiede zwischen der Lieferung<br />
ungereinigter Rüben und der Bezahlung<br />
der Maus sei zu gering, so<br />
Schoonbroodt. Aufgrund der oft sandigen<br />
Böden ist der Erdanhang an den Rüben<br />
ohnehin nicht so hoch. Ein Teil der Rüben<br />
aus dem östlichen CSV-Covas-Gebiet wird<br />
mit einer Maus geladen, der Rest wird<br />
mit zwei Baggern und einem Lader verladen,<br />
die Maschinen sind noch aus<br />
früheren Zeiten vorhanden und werden<br />
weiter genutzt. „Wir sind uns nicht sicher,<br />
ob das alte Verfahren nicht auch Vorteile<br />
bei den Krankheiten bringt. Eine Maus ist<br />
nicht so schnell gereinigt wie ein Bagger,<br />
bevor man zum nächsten Betrieb fährt.“<br />
Aufgrund der Sandböden reicht dazu<br />
häufig nur ein Besen aus. Ab 2013 sollen<br />
aber voraussichtlich alle Rüben mit der<br />
Maus gereinigt werden.<br />
Zu Beginn der Kampagne muss CSV<br />
Covas nicht 100 % der Liefermenge bringen,<br />
da die Berufskollegen in Küstennähe,<br />
zum Beispiel in Zeeland, aufgrund der<br />
schwereren Böden lieber früh Rüben ernten.<br />
Ähnlich wie im Rheinland gibt es ein<br />
variables Bezahlungssystem mit Früh-<br />
und Spätlieferprämien. Das Geld von Suiker<br />
Unie gibt CSV Covas zu 100 % an die<br />
Landwirte weiter.<br />
Außerdem organisiert CSV Covas die<br />
Logistik der Carbokalk-Ausbringung.<br />
Finanzierung vielseitig<br />
Die Genossenschaft finanziert sich unter<br />
anderem über den Handel mit Saatgut,<br />
Vlies und der Logistik bei der Rübenabfuhr<br />
und der Kalkausbringung. Außerdem<br />
organisiert sie Kartoffelkontrakte über<br />
6 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012
Z U C K E R<br />
Aviko von rund 1 000 ha, den Anbau von<br />
Chicorée über die Firma Sensus und die<br />
Produktion von Ginsengkapseln. Insgesamt<br />
arbeiten rund 14 Vollzeitarbeitskräfte<br />
in der Zentrale in Asten. Der Mitgliedsbeitrag<br />
beträgt 25 € pro Jahr, die Kommunikation<br />
mit den Landwirten läuft überwiegend<br />
über das Internet, wer auf dem<br />
Postversand besteht, muss zusätzlich<br />
50 € / Jahr bezahlen.<br />
Weitere Informationen zu CSV Covas<br />
gibt es im Internet unter www.bieten.nl.<br />
Natascha Kreuzer<br />
TECHNIK A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T MARKT POLITIK A K T U E L L E S<br />
Forschungsbetrieb bildet aus<br />
Wissenschaftliche Ergebnisse praxisnah zu erforschen,<br />
ist die Aufgabe des Versuchsgutes der<br />
Universität Wageningen in Vredepeel bei Venray,<br />
einem von vier Versuchsbetrieben der Uni in den<br />
Niederlanden. Neben zahlreichen Versuchen<br />
steht die Ausbildung des landwirtschaftlichen<br />
Nachwuchses auf dem Programm. Brigitte Kroonen-Backbier<br />
betreut die Auszubildenden, die<br />
zum Teil einen Tag in der Woche oder auch als<br />
Blockpraktikum kommen. „Da die Betriebe hier<br />
in der Region sehr unterschiedlich sind und der<br />
Schwerpunkt mehr auf Tierhaltung und Gartenbau,<br />
zum Teil auch unter Glas, liegt, versuchen<br />
wir, den Auszubildenden, die Ackerbau lernen<br />
wollen, hier zusätzliches Wissen zu vermitteln“,<br />
erklärt die Agraringenieurin.<br />
In Vredepeel werden auf 165 ha alle wichtigen<br />
Ackerkulturen angebaut, außerdem wird auf<br />
10 ha seit vielen Jahren eine ökologische Fruchtfolge<br />
untersucht.<br />
„Wir können den Schülern zeigen, wie Kartoffeln<br />
gelagert werden, wir haben auch einen GPS-gesteuerten<br />
Schlepper oder machen Exkursionen,<br />
Fachstelle im Rübenbauer-Verband neu besetzt<br />
Hans-Theo Beeck ist<br />
beim Rheinischen<br />
Rübenbauer-Verband<br />
unter Telefon:<br />
0228/652534 oder<br />
per E-Mail unter<br />
beeck@rrvbonn.de<br />
erreichbar.<br />
Seit 1. Februar hat der Rheinische Rübenbauer-Verband<br />
e. V. (RRV) einen neuen<br />
Mitarbeiter, der nicht nur die Fachstelle<br />
für Logistik übernimmt, sondern sich<br />
auch um Biogasrüben kümmert. Das<br />
Journal hat sich mit Hans-Theo Beeck<br />
über seine neuen Aufgaben unterhalten.<br />
Journal: Seit 1. Februar betreuen Sie das<br />
Fachgebiet Biogasrüben beim Rheinischen<br />
Rübenbauer-Verband. Was muss<br />
man sich unter dieser neuen Aufgabe<br />
vorstellen?<br />
Beeck: Der Rübenbauer-Verband hat bereits<br />
im Herbst 2009 seine Aktivitäten auf<br />
Biogasrüben ausgedehnt. Ein satzungsgemäßes<br />
Ziel der Verbandsarbeit ist die<br />
Förderung des Rübenanbaus. Dies bezieht<br />
die Erzeugung von Rüben für die energetische<br />
Nutzung mit ein. Die Verbandsarbeit<br />
im Bereich Biogas betrifft sowohl die<br />
Beratung als auch das Versuchswesen sowie<br />
die Öffentlichkeits- und politische Arbeit.<br />
Seit Ende letzten Jahres fördert das<br />
NRW-Landwirtschaftsministerium das<br />
RRV-Forschungsprojekt zu Biogasrüben.<br />
Hierbei geht es um den Einsatz von Rüben<br />
in Biogasanlagen.<br />
Journal: Worum geht es bei dem Forschungsprojekt<br />
genau?<br />
Beeck: Insbesondere sollen Fragen geklärt<br />
werden, die eine unmittelbare Bedeutung<br />
für die landwirtschaftlichen Betriebe und<br />
deren Anbauentscheidung haben – von<br />
der Wirtschaftlichkeit bis zur Lagerungs-<br />
und Aufbereitungstechnik. Wir wollen<br />
mehr Sicherheit und Klarheit über den<br />
Einsatz von Rüben in Biogasanlagen gewinnen,<br />
um hieraus eine realistische Bewertung<br />
des Rohstoffs Rübe im Vergleich<br />
zu Mais vornehmen zu können. Insbesondere<br />
bin ich auf die Ergebnisse des Anbauvergleiches<br />
von Rüben zu Mais auf<br />
Grenzstandorten gespannt.<br />
Journal: Welche Aufgaben übernehmen<br />
Sie dabei genau?<br />
Beeck: Ich sehe mich als Verbindungsstelle<br />
zwischen Biogasanlagenbetreiber und<br />
Rübenanbauern. Das geht vom Anbau<br />
über die Gaserzeugung bis zur Mithilfe<br />
bei der Gestaltung von Lieferverträgen als<br />
zum Beispiel zur Zuckerfabrik oder zum Rübenforschungsinstitut<br />
IRS“, berichtet Brigitte Kroonen-Backbier.<br />
Insgesamt arbeiten etwa 15 Mitarbeiter in dem<br />
Versuchsbetrieb. Rund 20 % der Versuche werden<br />
von einer Kommission geplant, zu der auch<br />
Landwirte gehören, um den Kontakt zur Praxis<br />
zu haben. Etwa ein Drittel der Projekte werden<br />
von der Regierung finanziert, aber auch die<br />
Saatgut-, Dünger- oder Pflanzenschutzfirmen<br />
unterstützen die Arbeit.<br />
Das Versuchsgut Vredepeel gehört zur<br />
Universität Wageningen, hier wird nicht nur<br />
geforscht, sondern es werden auch landwirtschaftliche<br />
Lehrlinge ausgebildet.<br />
Grundlage für beide Vertragspartner. In<br />
diesem Bereich wird auch die Öffentlichkeitsarbeit<br />
sehr wichtig sein, um hierüber<br />
zum Beispiel neue Rübenanbauer zu gewinnen.<br />
Journal: Die Fachstelle für Logistik, die Sie<br />
jetzt auch übernehmen, besteht ja schon<br />
seit 1. April 2008. Wo sehen Sie da Ihre<br />
Schwerpunkte?<br />
Beeck: Die Fachstelle wurde seinerzeit<br />
vom Rübenbauerverband, der Arbeitsgemeinschaft<br />
der Maschinenringe und der<br />
Interessengemeinschaft der Frachtführer<br />
ins Leben gerufen. Auch nach vier Jahren<br />
sind bei den hohen Energiepreisen zahlreiche<br />
ökonomische Fragestellungen<br />
rund um Transport und Logistik der Zuckerrübe<br />
sehr aktuell. Ich sehe meine Aufgabe<br />
darin, das gut funktionierende System<br />
zu erhalten und hier und da noch an<br />
den sogenannten kleinen Schrauben zu<br />
drehen. Hierbei sollen die Interessen der<br />
Lohnunternehmer, der Maschinenringe<br />
und der einzelnen Anbauer ausgewogen<br />
vertreten werden. �<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 7
A K T U E L L E S POLITIK<br />
MARKT B E T R I E B S W I R T S C H A F T ANBAU TECHNIK Z U C K E R<br />
Wenn noch Unkraut übrig bleibt<br />
Was tun gegen Spät- oder Restverunkrautung?<br />
Das Anbaujahr 2011 hat die Problematik einer Spätverunkrautung<br />
vielen Rübenanbauern deutlich vor Augen geführt.<br />
Grundsätzlich tritt in Zuckerrüben eine stärkere Spätverunkrautung<br />
häufiger in trockenen Jahren auf. Aber es sind meist<br />
zusätzliche Faktoren notwendig, damit es zu einem echten<br />
Problem wird.<br />
Unter trockenen Be-<br />
dingungen kann das<br />
Hacken eine Möglich-<br />
keit sein, den<br />
Unkrautdruck zumin-<br />
dest zwischen den<br />
Reihen zu reduzieren.<br />
Restunkräuter dürfen<br />
nicht in den Rüben<br />
stehen bleiben, da<br />
sie auch die Ernte be-<br />
hindern.<br />
An erster Stelle ist für die Spätverunkrautung<br />
die Herbizidapplikation zum falschen<br />
Zeitpunkt oder eine zu geringe<br />
Herbizidmenge zu nennen. Wichtig ist,<br />
dass die Unkräuter schon frühzeitig bei<br />
der 1. NAK sicher erfasst und ausgeschaltet<br />
werden. Durch eine angepasste Applikationstechnik<br />
ist vor allem die Blattaktivität<br />
der Mittel zu steuern. Wirkungssicherheit<br />
und Verträglichkeit sind dabei<br />
gegeneinander abzuwägen. Dazu gehört<br />
auch der richtige Einsatz von Additiven.<br />
Zur Eindämmung der Spätverunkrautung<br />
sind aber vor allem die Bodenwirkstoffe<br />
verantwortlich. Ist das Problem bekannt,<br />
müssen die Wirkstoffmengen über<br />
die ganze Spritzfolge und besonders in<br />
der Abschlussbehandlung erhöht werden.<br />
Hierbei hat die Witterung einen großen<br />
Einfluss auf die Wirkung, da sich die<br />
Mittel bei lang anhaltender Trockenheit<br />
nicht optimal entfalten können. Aber<br />
selbst wenn sich nach der 3. oder 4. NAK<br />
der Bestand weitgehend sauber präsentiert,<br />
ist die Gefahr besonders bei hohem<br />
Unkrautpotenzial im Boden noch nicht<br />
abgewendet. Wenn in Regionen mit ausgeprägter<br />
Sommertrockenheit und latentem<br />
Nematodenbefall die Rüben stark<br />
welken und sich die Bestände öffnen,<br />
können durch den Lichteinfluss neue Unkräuter<br />
auflaufen und kleine Unkräuter,<br />
die unter den Rübenblättern kümmerten,<br />
durchwachsen. Da solche Trockenperioden<br />
meist von kräftigen Regenschauern<br />
beendet werden, findet das Unkraut beste<br />
Wachstumsbedingungen vor.<br />
Welche Unkräuter verursachen<br />
Probleme?<br />
Besonders Weißer Gänsefuß und Melde<br />
werden als Erstes genannt, wenn es um<br />
Spätverunkrautung geht. Sie müssen daher<br />
umfassend über die 1. NAK (spätestens<br />
2. NAK) ausgeschaltet werden. Dafür<br />
bietet sich bei den schon genannten Unkräutern<br />
sowie Amarant, Nachtschatten,<br />
Raps, Kamille und Franzosenkraut eine<br />
höhere Metamitronmenge, zum Beispiel<br />
Goltix Gold, an. Ist die Problematik aus<br />
den Vorjahren bekannt, sind in der Summe<br />
aller Behandlungen bezogen auf Goltix<br />
Gold mindestens 4 bis 5 l / ha angebracht.<br />
Melde und Gänsefuß dürfen nicht<br />
im Rübenbestand bleiben, da sie nicht<br />
nur ein Nahrungskonkurrent sind, sondern,<br />
bei stärkerem Auftreten, auch zu erheblichen<br />
Ernteerschwernissen führen.<br />
Dort, wo Winterraps in eine Rübenfruchtfolge<br />
integriert ist, kann auch das<br />
zu Problemen führen. Dabei verursacht<br />
nicht der Kulturraps selber Schwierigkeiten,<br />
sondern der Ausfallraps, der zwangsläufig<br />
bei der Ernte anfällt. Schon ein<br />
Druschverlust von 1 dt / ha sorgt dafür,<br />
dass in den folgenden zehn Jahren jeweils<br />
rund 20 bis 30 Rapspflanzen je m 2<br />
auflaufen. In der Rübenkultur läuft dabei<br />
der Ausfallraps in vielen Wellen auf und<br />
muss daher über die ganze Spritzfolge<br />
bekämpft werden, zum Beispiel mit Goltix<br />
Gold plus Debut.<br />
Knöterich, und hier vor allem Vogelknöterich,<br />
ist ein Unkraut, das von den<br />
Rübenherbiziden nicht zu 100 % erfasst<br />
wird. Um seine Ausbreitung auf der Fläche<br />
zu verhindern, müssen nicht ausreichend<br />
bekämpfte Knöterichpflanzen zum<br />
Beispiel mit der Handhacke beseitigt werden.<br />
Die Handhacke ist auch das Mittel<br />
der Wahl, wenn auf einer Fläche erste<br />
Pflanzen neuer Unkrautarten, wie Stechapfel,<br />
Malven oder Samtpappel, auftauchen.<br />
Konsequentes Vorgehen verhindert<br />
deren Ausbreitung und damit weitere<br />
Probleme.<br />
Ein weiteres Unkraut, das sich im<br />
Rheinland auf dem Vormarsch befindet,<br />
ist Bingelkraut. Es ist zwar mit dem Wirkstoff<br />
Triflusulfuron (Debut plus FSH) gut<br />
zu erfassen. Da es aber ganzjährig auflaufen<br />
kann, sind verseuchte Flächen kaum<br />
zu regulieren, da keine ausreichend wirkenden<br />
Bodenherbizide zur Verfügung<br />
stehen. Auch eine Behandlung mit einem<br />
Glyphosat-Präparat mittels Streichgerät<br />
ist nicht möglich, da das Bingelkraut<br />
nicht hoch genug über den Rübenbestand<br />
hinausragt. Ein Ansatz, neben zusätzlichen<br />
Unterblattspritzungen, liegt in<br />
der Sortenwahl. In Versuchen wurde auf<br />
Flächen, die mit Bingelkraut belastetet<br />
sind, neben einer Standardsorte eine<br />
8 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012
Z U C K E R<br />
TECHNIK ANBAU BETRIEBSWIRTSCHAFT<br />
blattreiche nematodentolerante Sorte,<br />
wie Pauletta und Hella, angebaut. Das<br />
große Blattwerk dieser Sorten in Verbindung<br />
mit der Nematoden- und Stresstoleranz<br />
sorgte dafür, dass der Rübenbestand<br />
geschlossen blieb und das Bingelkraut<br />
die Rüben (unabhängig von den zusätzlich<br />
ausgebrachten Herbiziden) nicht<br />
überwachsen konnte.<br />
In Zuckerrüben gibt es auch einige Unkräuter,<br />
die mit den derzeitig zur Verfügung<br />
stehenden Herbiziden nicht oder<br />
nur höchst unzureichend zu bekämpfen<br />
sind. Dazu gehören Ackerwinde, Ackerschachtelhalm,<br />
Malven, Samtpappel,<br />
Landwasserknöterich, Kartoffeldurchwuchs<br />
und nicht zuletzt Rübenschosser.<br />
Treten sie so verstärkt auf, dass eine einfache<br />
Bereinigung von Hand nicht möglich<br />
ist, müssen diese Unkräuter vorrangig<br />
in anderen Kulturen bekämpft werden.<br />
In Rüben können sie, wenn überhaupt,<br />
nur mit erheblichem Aufwand im<br />
Wuchs gedrückt werden und erholen sich<br />
meist wieder von dem Rübenherbizid.<br />
Die Hackmaschine fest eingeplant<br />
Für Betriebsleiter Ernst Adolf von Fricken<br />
aus Baesweiler war der Einsatz der Hackmaschine<br />
im Jahr 2011 mit seinen extremen<br />
Witterungsverhältnissen keine Ausnahme.<br />
Für ihn ist die Hacke ein fester<br />
Bestandteil der Unkrautbekämpfung in<br />
Zuckerrüben.<br />
Zuckerrüben haben auf Gut Lovericherhof<br />
in Baesweiler-Loverich eine lange<br />
Tradition, etwa 25 % der Fruchtfolge<br />
sind Zuckerrüben. Noch bis zum Jahr<br />
2006 hat der Betrieb – inklusive der eigenen<br />
Flächen – rund 80 ha zweireihig im<br />
Lohn gerodet und die Rüben abgefahren.<br />
Seither werden Ernte und Transport der<br />
„Knollen“ durch den Maschinenring<br />
Rheinland-West organisiert. In diesem<br />
Jahr hat Betriebsleiter Ernst Adolf von<br />
Fricken am 23. und 24. März die Sorten<br />
Pauletta, Adrianna und Kristallina gesät<br />
und zur Unkrautbekämpfung in der ersten<br />
NAK mit 1,25 l / ha Betanal maxx pro<br />
plus 1 l / ha Goltix plus 0,75 l / ha Rebell<br />
behandelt. Die zweite und dritte NAK<br />
gestaltet er ähnlich. Sehr wahrscheinlich<br />
ist, dass auf den Flächen auch in diesem<br />
Juni, kurz vor Reihenschluss, wenn sich<br />
die Blätter schon gut überlappen, wieder<br />
die 12-reihige Hackmaschine mit dem<br />
pflegebereiften Schlepper zum Einsatz<br />
kommt. Diese Maßnahme ist fester Bestandteil<br />
der Unkrautbekämpfungsstrategie<br />
des Diplomlandwirts. In ungefähr<br />
fünf von sechs Jahren werde auf den<br />
guten Löss-Lehmböden das Unkraut in<br />
Zuckerrüben zusätzlich zu den Spritzungen<br />
mechanisch bekämpft, schätzt von<br />
Fricken.<br />
„Ich spare keinesfalls an Pflanzenschutzmittel<br />
zugunsten der Hacke. Vor allem<br />
die erste chemische Behandlung muss<br />
sitzen. Ich will lediglich die ungeliebte<br />
Handarbeit im Juli auf ein Minimum reduzieren“,<br />
erklärt der Betriebsleiter.<br />
„Denn meist reicht die Bodenwirkung<br />
der Herbizide im Frühjahr nicht aus, weil<br />
es zu trocken ist“, fügt er hinzu. Besonders<br />
extrem war die Situation im Jahr<br />
2011. „Zum Reihenschluss stand da zwischen<br />
den Reihen ein Sammelsurium an<br />
kleinen Unkräutern, die ich mit der Hackmaschine<br />
entfernt habe. Im Juli müssen<br />
wir dann nur noch mit der Handhacke<br />
die Restverunkrautung in den Reihen beseitigen.<br />
Durch das maschinelle Hacken<br />
im Vorfeld erziele der Betrieb beim<br />
Handhacken danach eine sehr hohe Flächenleistung<br />
von 0,4 ha pro Arbeitskraft<br />
und Stunde, hat der Ackerbauer errechnet.<br />
Eines der Ausnahmejahre, in denen<br />
die Hackmaschine im Maschinenschuppen<br />
geblieben ist, stellte das Jahr 2010<br />
dar. Im Gegensatz zu 2011 war der Boden<br />
im Frühjahr 2010 zum Zeitpunkt der<br />
Spritzungen so feucht, dass die Wirkung<br />
der Herbizide ausreichte und auf den<br />
Einsatz der Hackmaschine verzichtet<br />
werden konnte. Ein zweites Ausnahmejahr,<br />
an das sich der Landwirt erinnert,<br />
war das Jahr 1997: „Da war es einfach<br />
Beseitigung der Restverunkrautung<br />
Ist die Vermeidung der Spätverunkrautung<br />
durch die beschriebenen Maßnahmen<br />
nicht ausreichend gelungen, geht es<br />
jetzt darum, die Restverunkrautung möglichst<br />
umgehend zu bekämpfen. Denn je<br />
weiter sich die übrig gebliebenen Unkräuter<br />
entwickeln können, umso aufwändiger<br />
wird deren Beseitigung.<br />
im Juni zu nass, sodass wir nicht mit der<br />
Hackmaschine durch die Rüben fahren<br />
konnten“.<br />
Dass nur sehr wenige Landwirte<br />
heutzutage die Hackmaschine einsetzen,<br />
und der überwiegende Teil der Berufskollegen<br />
stattdessen die Versiegelung über<br />
die herbiziden Bodenwirkstoffeerhalten<br />
will, ist von<br />
Fricken durchaus<br />
bewusst. Doch in<br />
seinem Betrieb<br />
wird die mechanischeUnkrautbekämpfung<br />
mit der<br />
„Schuffelmaschine“<br />
auch zukünftig<br />
fester Bestandteil<br />
der Unkrautbekämpfung bleiben,<br />
denn die Jahre mit Frühjahrstrockenheit<br />
und einer daraus resultierenden schlechten<br />
Wirksamkeit von Herbiziden werden<br />
eher zunehmen. Allein in den letzten<br />
Jahren habe sich die durchschnittliche<br />
Jahresniederschlagsmenge im Raum Aachen<br />
von jährlich rund 850 mm auf etwa<br />
650 mm reduziert, und völlig neue Wirkstoffe<br />
zur Unkrautbekämpfung in Rüben,<br />
die möglicherweise witterungsunabhängiger<br />
arbeiteten, seien auch nicht in<br />
Sicht, argumentiert der Landwirt.<br />
Annegret Keulen<br />
MARKT POLITIK A K T U E L L E S<br />
So kann es gehen:<br />
Eine Fläche, gleicher<br />
Saattermin, aber<br />
zwei Bewirtschafter.<br />
Fotos: Clemens Esser<br />
(3), Christian<br />
Heinrichs (1)<br />
Bei der Unkraut-<br />
bekämpfung in<br />
Zuckerrüben geht<br />
Ernst Adolf von<br />
Fricken eigene<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 9<br />
Wege.<br />
Foto: Annegret<br />
Keulen
A K T U E L L E S POLITIK<br />
Grafik: Einfluss der Anwendungstechnik<br />
… auf die Wirkung blattaktiver Herbizide<br />
Technik<br />
Anwendung<br />
Wasser je ha viel<br />
Tropfen klein<br />
Doppelflachstrahldüse<br />
Unterhalb des Blätterdaches<br />
Sind die Unkräuter dem zweiten Laubblattpaar<br />
entwachsen, aber noch deutlich<br />
unterhalb des sich langsam schließenden<br />
Blätterdaches, kann eine alte Technik zum<br />
Problemlöser werden. Die Unterblattspritze,<br />
viele Jahre verschwunden, erfreut sich<br />
heute steigender Beliebtheit für diese<br />
speziellen Fälle. Dieses Spezialgerät bietet<br />
die Chance, mit aggressiven Rübenherbizid-Kombinationen<br />
Unkräuter bis zu einer<br />
Höhe von rund 10 cm relativ sicher auszuschalten<br />
und gleichzeitig eine späte Bodenversiegelung<br />
durchzuführen.<br />
groß<br />
Fahrtrichtung gegenläufig (vor allem beim Splitting)<br />
Splitting mit Abstand … 1 Stunde<br />
3 Tage<br />
Spritzzeitpunkt morgens<br />
morgens plus Tau<br />
abends<br />
Additivzusatz Benetzer* (nicht bei Tau)<br />
Hafter* (bei Regen)<br />
Penetrator*<br />
Wirksamkeit Verträglichkeit<br />
zunehmend zunehmend<br />
* mit ausgeprägter spezieller Wirkung Standard<br />
Die einzelnen Punkte können sich addieren<br />
Positive Aspekte sind:<br />
��Späte Applikation möglich<br />
��Beschattung durch Rübenblätter =<br />
günstige Bodenfeuchte, verminderter<br />
Herbizidabbau, geringere Wachsschicht<br />
der Unkräuter<br />
��Ganzflächige Benetzung des Bodens<br />
��Schonung der Rüben<br />
��Unabhängig von Wind und Tageszeit<br />
Im Bedarfsfall können diese Geräte bei<br />
Dienstleistern für etwa 40 € / ha Arbeitslohn<br />
angefordert werden.<br />
Einsatz der Hackmaschine<br />
Zum vergleichbaren Zeitpunkt kommt<br />
auch die altbewährte Hackmaschine zum<br />
Einsatz. In vielen Betrieben sind diese einfachen<br />
Geräte nach wie vor vorhanden<br />
und werden vornehmlich für die Beseitigung<br />
der Rüben in den Ausfurchen und<br />
„Schicks“ genutzt.<br />
MARKT B E T R I E B S W I R T S C H A F T ANBAU TECHNIK Z U C K E R<br />
Die Unterblattspritze erfreut sich steigender<br />
Beliebtheit, weil mit ihr auch noch Unkräuter<br />
bis 10 cm Größe erfasst werden.<br />
Sind Unkräuter durchgewachsen, kann<br />
die Hackmaschine vor allem unter trockenen<br />
Bedingungen durch Aushacken und<br />
Verschütten das Unkrautproblem deutlich<br />
verringern. Die gilt auch für Problemunkräuter,<br />
wie zum Beispiel Samtpappel<br />
oder Stechapfel.<br />
Allerdings gibt es auch bedeutsame<br />
Nachteile. Der Einsatz ist zeitaufwändig<br />
und erfordert wie auch bei der Unterblattspritze<br />
eine Hackbereifung, zudem<br />
ist der Einsatz auf kupiertem Gelände<br />
wegen der Erosionsförderung schwierig.<br />
Das größte Problem ist allerdings, dass<br />
keine Wirkung in der Reihe erzielt wird.<br />
Weiterentwicklungen in der Hacktechnik<br />
zeigen Nachwerkzeuge, wie Striegel und<br />
Fingerstern, die auch innerhalb der Reihe<br />
arbeiten. Moderne Spurführungssysteme<br />
mit Kamera und GPS- oder RTK-Signal garantieren<br />
sichere Hackarbeit ohne wesentliche<br />
Pflanzenverluste.<br />
Chancen oberhalb des<br />
Blätterdaches<br />
Ist das Unkraut bereits oberhalb der Rübenblätter,<br />
helfen nur noch „harte Maßnahmen“.<br />
Sichelmäher, wie Häcksler oder<br />
Mulcher, die üblicherweise zum Schröpfen<br />
und Pflegen von Wiesen, Weiden und<br />
Zwischenfrüchten eingesetzt werden,<br />
können jetzt zweckentfremdet ihre Leistung<br />
beispielsweise in durchgewachsenen<br />
Melden / Raps oder Schosserbeständen<br />
unter Beweis stellen. Der erste Blick<br />
zeigt eine sichere Entfernung der Hauptsamenträger<br />
bei gleichzeitig geringer,<br />
aber zu vernachlässigender Beschädigung<br />
der Rübenblätter. Allerdings zeigen sich<br />
vor allem Melden und Gänsefußarten wenig<br />
beeindruckt. Schon nach wenigen<br />
Wochen haben die unverletzten Seitentriebe<br />
das Rüben-Blätterdach deutlich<br />
überwachsen und die zahlreichen Samenknäuel<br />
erfordern ein erneutes Schröpfen.<br />
Einsatz von Totalherbiziden<br />
Ist der Einsatz von Glyphosatprodukten<br />
mit Rotorwiper oder Streichgeräten nor-<br />
malerweise den Rübenschossern vorbehalten,<br />
kann dies im Notfall auch bei<br />
durchgewachsenen Melden / Gänsefuß<br />
oder Rapspflanzen praktiziert werden.<br />
Dazu sollte die Mehrzahl der Unkräuter<br />
den Rübenbestand deutlich überwachsen<br />
haben, sodass die getränkte<br />
Streichwalze mindestens 10 cm oberhalb<br />
der Rübenblätter geführt werden kann.<br />
Nur mit langsamer Vorfahrt und einwandfrei<br />
arbeitenden Geräten können<br />
Tropfverluste vermieden und somit Schäden<br />
an den Kulturrüben ausgeschlossen<br />
oder minimiert werden. Bereits nach wenigen<br />
Wochen zeigt sich ein sicheres Absterben<br />
der benetzten Unkräuter. Möglicherweise<br />
muss eine weitere Behandlung<br />
bei späterem Auflauf der Unkräuter und<br />
Überwachsen des Rübenbestandes eingeplant<br />
werden.<br />
Ob Restverunkrautung unterhalb oder<br />
oberhalb der Rübenblätter zu beseitigen<br />
ist – mit Hand oder Handhacke ist dies<br />
natürlich immer möglich.<br />
Allerdings sind in den meisten Betrieben<br />
für die Beseitigung per Hand nicht<br />
genügend Arbeitskräfte vorhanden. Helfen<br />
können da landwirtschaftliche Fachkräftevermittlungen,<br />
die gelerntes Personal<br />
für diese ungeliebte Arbeit zur Verfügung<br />
stellen, um das „Notwendige“ zu erledigen.<br />
Um den Ärger, die zusätzlichen Kosten<br />
und die Mehrarbeit zu vermeiden, sollten<br />
unbedingt alle Möglichkeiten im Vorfeld<br />
genutzt werden, um diese Unkrautproblematik<br />
zu verhindern. Nutzen Sie dazu<br />
die umfassenden Informationen zum<br />
Herbizideinsatz in der Broschüre Kraut<br />
und Rüben, die in Zusammenarbeit von<br />
LIZ und der Landwirtschaftskammer<br />
NRW jährlich erstellt wird.<br />
Die hier beschriebenen Maßnahmen<br />
zur Bekämpfung der Spät- und Restverunkrautung<br />
werden in der Praxis als Notfallmaßnahmen<br />
eingesetzt und sind auch<br />
als solche einzustufen.<br />
Clemens Eßer<br />
Landwirtschaftlicher Informationsdienst<br />
Zuckerrübe<br />
Christian Heinrichs<br />
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen<br />
10 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012
Z U C K E R<br />
Zwischenfrüchte: aber bitte gemischt<br />
Thomas Klarhölter mischt mehrere Zwischenfruchtarten<br />
Dass Zwischenfrüchte gut für das Bodenleben sind, ist unbestritten.<br />
Meist werden Senf oder Ölrettich angebaut. Einen<br />
ganz anderen Weg in Sachen Zwischenfrüchte geht Thomas<br />
Klarhölter aus Nordstemmen-Klein Escherde, denn er sät<br />
gleich mehrere Zwischenfruchtarten in einer selbst ausgetüftelten<br />
Mischung aus.<br />
Thomas Klarhölter<br />
aus Nordstemmen-<br />
Klein Escherde arbei-<br />
tet pfluglos und setzt<br />
auf eine Zwischen-<br />
fruchtmischung.<br />
Foto: Acker plus<br />
TECHNIK ANBAU BETRIEBSWIRTSCHAFT<br />
In die Mischung gehören 55 % Sommerwicke,<br />
30 % Peluschken-Erbsen, 7 %<br />
Ackerbohnen, 3 % Sonnenblumen, 3 %<br />
Phacelia und 2 % Öllein. „Wir säen am<br />
liebsten direkt hinter dem Mähdrescher,<br />
denn dann ist die Bodengare am besten“,<br />
berichtet Thomas Klarhölter, der seit<br />
1996 pfluglos wirtschaftet. Auch wenn<br />
die Zwischenfrüchte mit der gleichen<br />
Sorgfalt wie eine Hauptfrucht bestellt<br />
werden, erfolgt für die Zwischenfrüchte<br />
keine Bodenbearbeitung. „Sie würden<br />
den Boden austrocknen und auch das<br />
Ausfallgetreide zum Keimen bringen. Bis<br />
der Weizen keimt, haben die Wicken und<br />
die Erbsen bereits so einen dichten Teppich<br />
gebildet, dass das Ausfallgetreide<br />
oder auch das Unkraut keine Chance<br />
mehr hat. Deshalb setzen wir auch die<br />
Peluschken-Erbse ein, weil diese besonders<br />
dichte Ranken bildet.“<br />
Wurzeln reichen 2 m tief<br />
Mehrere Jahre hat Landwirt Klarhölter<br />
mit verschiedenen Mischungen experimentiert.<br />
Er ist Mitglied in der Gesellschaft<br />
für konservierende Bodenbearbeitung<br />
e. V. und hat auf Reisen in Deutschland<br />
und Europa schon viel gesehen.<br />
„Früher haben wir auch Senf als Zwischenfrucht<br />
eingesetzt, aber die Durchwurzelungstiefe<br />
ist einfach begrenzt. Bei<br />
unserer Mischung ist nach zweieinhalb<br />
Monaten eine Tiefe von 2 m erreicht, wie<br />
eine Grabung beweist.“ Im Betrieb werden<br />
zwei Fruchtfolgen angebaut: Weizen,<br />
Weizen, Rüben und Weizen, Weizen, Raps.<br />
Außerdem vermarktet Familie Klarhölter<br />
die Eier von rund 2 400 Hennen. Der Hühnerkot<br />
geht an eine Biogasanlage und als<br />
organischer Dünger bekommt der Betrieb<br />
Biogasgärrest zurück. Die Böden haben<br />
zwischen 65 und 100 Bodenpunkte, der<br />
MARKT POLITIK A K T U E L L E S<br />
Der Vergleich ist ein-<br />
deutig: Links Stoppel-<br />
weizen, angebaut<br />
nach der Zwischen-<br />
fruchtmischung,<br />
rechts ohne Zwi-<br />
schenfrüchte.<br />
Betrieb liegt am Rand der Hildesheimer<br />
Börde, im Schnitt liegen die Niederschläge<br />
bei 650 mm pro Jahr. Da die Flächen<br />
leicht hängig sind, hat sich Klarhölter für<br />
die pfluglose Wirtschaftsweise entschieden.<br />
„Wir haben gute Böden, trotzdem haben<br />
wir uns immer wieder die Frage gestellt,<br />
wie wir mit den Erträgen und der<br />
Bodenfruchtbarkeit weiter vorankommen<br />
können. Ich sehe in der Zwischenfruchtmischung<br />
einen guten Ansatz, die Regenwurmaktivität<br />
zu erhöhen und den Wasserhaushalt<br />
zu verbessern. Wir verwenden<br />
diese Mischung seit drei Jahren und<br />
die Flächen trocknen im Frühjahr aufgrund<br />
des besseren Porenvolumens<br />
schnell ab, sodass wir meist 14 Tage früher<br />
als unsere Nachbarn Rüben säen können.“<br />
Futter für die Regenwürmer<br />
Die Zwischenfrüchte werden im Herbst<br />
mit einer gezogenen 6-m-Messerwalze in<br />
Stücke geschnitten, sodass die Pflanzenmasse<br />
als grüne Matte auf dem Boden<br />
liegt. „Das ist wichtig, damit die Regenwürmer<br />
an die organische Masse herankommen<br />
und sie verarbeiten können. Unter<br />
der Pflanzenmatte ist es schön feucht<br />
und das mögen die Regenwürmer gerne.<br />
Durch die starke Unkrautunterdrückung<br />
brauchen wir auch kein Glyphosat einzusetzen,<br />
das ist ein weiterer Vorteil unserer<br />
Mischung. Wenn wir in den gewalzten<br />
Bestand Weizen säen, erfolgt ein Mulchen<br />
mit dem Grubber und im Anschluss<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 11
A K T U E L L E S POLITIK<br />
Der Zwischenfruchtbestand wird mit einer Messerwalze zerkleinert.<br />
Die Zwischenfrucht-<br />
mischung besteht<br />
aus Sommerwicken,<br />
Peluschken-Erbsen,<br />
Ackerbohnen, Son-<br />
nenblumen, Phacelia<br />
und Öllein.<br />
Die etablierte Zwi-<br />
schenfruchtmischung<br />
wird bis zu 70 cm<br />
hoch und überwächst<br />
auch Ausfallraps.<br />
die Saat mit der Kreiselegge und einer<br />
Scheibendrillmaschine.“<br />
Thomas Klarhölter hat den Eindruck,<br />
dass das Wasser im Sommer aus tieferen<br />
Bodenschichten aufsteigt und die Bestände<br />
besser versorgt sind. Auch wenn sich<br />
Ertragsvorteile nicht in der letzten Dezitonne<br />
beziffern lassen, beobachtet er<br />
steigende und vor allem stabilere Erträge.<br />
Die Bestände reagieren weniger auf Trockenheit<br />
oder Nässe. Die Rübenerträge<br />
liegen zwischen 75 und 85 t / ha.<br />
Dank der Zwischenfruchtmischung<br />
sind Mäuse in Rüben<br />
kein Thema mehr.<br />
„Mäuse fressen zum<br />
Beispiel im Senf<br />
auch mal eine Stelle<br />
kahl, die meist nicht<br />
wieder grün wird.<br />
Unser Bestand ist zu<br />
dicht und feucht, das<br />
mögen die Mäuse als<br />
Steppentiere gar<br />
nicht.“<br />
Natürlich hat Klarhölter<br />
auf dem Weg zu seiner Mischung<br />
auch schlechte Erfahrungen<br />
gemacht. So hat sich Buchweizen als Mischungspartner<br />
nicht bewährt, weil er<br />
später als Unkraut in den Rüben wiederzufinden<br />
war. Eine normale Erbse rankt<br />
nicht so stark wie die Peluschken-Erbse,<br />
deshalb legt der Ackerbauer größten<br />
Wert auf diesen Mischungspartner.<br />
Verfahren kaum teurer<br />
Die Kosten für die Mischung liegen bei<br />
81 € / ha, rund 80 kg / ha werden ausge-<br />
MARKT B E T R I E B S W I R T S C H A F T ANBAU TECHNIK Z U C K E R<br />
Auflauf der Zwischenfrüchte zwischen den Getreidestoppeln. Fotos: Thomas Klarhölter<br />
sät. Inzwischen bauen noch mehrere Berufskollegen<br />
die Mischung an, sodass im<br />
Frühjahr 26 t Saatgut in Bigbags geliefert<br />
werden. Mit Bestellung, Mulchen und anzurechnendem<br />
Stickstoff ergeben sich<br />
Kosten von 119 €/ha. Davon können noch<br />
70 € Zwischenfruchtprämie, die in Niedersachsen<br />
gezahlt wird, abgezogen werden.<br />
Demgegenüber stehen beim herkömmlichen<br />
Zwischenfruchtanbau mit<br />
zweimaligem Grubbern und Glyphosateinsatz<br />
Kosten von 74 € / ha.<br />
Besonders beeindruckend<br />
ist für Landwirt<br />
Klarhölter die Leistung<br />
der Regenwürmer.„Unter<br />
der 20 cm<br />
starken Krume<br />
befindet<br />
sich eine<br />
1,2 m dicke Tonschicht, deren Krumen<br />
manchmal so hart sind, dass sie mit den<br />
Händen nicht zu formen sind, aber die<br />
Regenwürmer durchbohren dieses harte<br />
Material.“ Der Aufschluss der verschiedenen<br />
Bodenschichten sei enorm.<br />
Thomas Klarhölter ist Leiter einer<br />
18-köpfigen Rodegemeinschaft, die rund<br />
600 ha rodet. Verarbeitet werden die Rüben<br />
in der Zuckerfabrik Nordstemmen,<br />
die in Sichtweite vom Betrieb liegt. Er<br />
hofft, dass der steigende Ertragstrend<br />
sich bei seinen Rüben fortsetzt und die<br />
Rüben von der Humuszufuhr und der<br />
besseren Bodenstruktur profitieren. Wer<br />
Kontakt mit Thomas Klarhölter aufnehmen<br />
möchte, kann dies per Mail unter<br />
thomas.klarhoelter@t-online.de tun.<br />
Natascha Kreuzer<br />
12 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012
Z U C K E R<br />
TECHNIK ANBAU BETRIEBSWIRTSCHAFT<br />
MARKT POLITIK A K T U E L L E S<br />
Warum 2011 ein Läusejahr war<br />
Läuse sind mit kompliziertem Entwicklungskreislauf optimal angepasst<br />
Im letzten Jahr traten verstärkt Läuse in Rüben auf. Warum die<br />
Grüne Pfirsichblattlaus und die Schwarze Bohnenlaus sich so<br />
gut vermehren konnten und was man dagegen tun kann, lesen<br />
Sie im folgenden Bericht.<br />
Die in unseren gemäßigten Breiten vorkommenden<br />
Blattlausarten treten häufig<br />
gleichzeitig als Saugschädlinge und bedeutsame<br />
Überträger (Vektoren) von<br />
Pflanzenviren auf und erlangen dadurch<br />
oft große wirtschaftliche Bedeutung.<br />
Überflüssigen Saft scheiden sie als „Honigtau“<br />
wieder aus, der wiederum Bienen<br />
anlocken kann. Die Zuckerrüben werden<br />
von der Grünen Pfirsichblattlaus Myzus<br />
persicae und der Schwarzen Bohnenlaus<br />
Aphis fabae befallen. Andere Blattlausarten<br />
sind trotz gelegentlichem Auftreten<br />
an Rüben keine wirtschaftlich bedeutsamen<br />
Schädlinge.<br />
Die Grüne Pfirsichblattlaus überwintert<br />
in der Hauptsache auf Pfirsichbäumen,<br />
weniger häufig auf der Spätblühenden<br />
Traubenkirsche oder dem Bocksdorn.<br />
Im März schlüpft die Stammmutter aus<br />
dem Winterei, ab Mai wandern dann die<br />
geflügelten Läuse zu den Sommerwirten<br />
ab. Sie besiedeln mehr als 400 Pflanzenarten,<br />
darunter Zucker- und Futterrüben,<br />
Kartoffeln, verschiedene Gemüsearten<br />
und Unkräuter. Wichtige Unkräuter sind<br />
in diesem Zusammenhang Weißer Gänsefuß,<br />
Melde, aber auch Vogelmiere und<br />
Hirtentäschel. Auf der Suche nach dem<br />
geeigneten Sommerwirt fliegen die Blattläuse<br />
häufig mehrere Pflanzen an, dadurch<br />
steigt die Gefahr der Virusaufnah-<br />
Grafik 1: Zusammenfassung der Beizversuche gegen Blattläuse<br />
mit Neonicotinoiden 2005 bis 2008<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
98<br />
85<br />
93<br />
1. Bonitur 2. Bonitur<br />
85<br />
70<br />
94<br />
87 88<br />
2005 2007 2008 Mittel<br />
me und somit auch der Übertragung. Die<br />
Grüne Pfirsichblattlaus kann mehr als<br />
100 pflanzenschädliche Viren übertragen.<br />
In milden Wintern können die erwachsenen<br />
Tiere auch auf Rübenköpfen oder<br />
in Rübenmieten sowie an wintergrünen<br />
Pflanzen, zum Beispiel Wirsing oder Spinat,<br />
überleben und von dort aus auch<br />
über weite Strecken die Rüben besiedeln.<br />
Die Schwarze Bohnenlaus überwintert<br />
vornehmlich auf dem Pfaffenhütchen,<br />
aber auch auf dem Schneeball. Der Entwicklungszyklus<br />
ist ansonsten dem der<br />
Grünen Pfirsichblattlaus sehr ähnlich.<br />
Ebenfalls im März schlüpft die Stammmutter<br />
aus dem Winterei, die geflügelten<br />
erwachsenen Tiere fliegen dann einige<br />
Wochen später zu ihren Sommerwirten,<br />
zum Beispiel Zucker- und Futterrüben,<br />
Ackerbohnen und einigen Unkrautarten.<br />
Der Wirtspflanzenkreis und die Zahl der<br />
übertragbaren Viren sind kleiner als bei<br />
der Grünen Pfirsichblattlaus. Außerdem<br />
ist die Schwarze Bohnenlaus bei Weitem<br />
nicht so aktiv und wechselt die Wirtspflanzen<br />
selten. Das führt auf der einen<br />
Seite zu einer geringeren Virusübertragung,<br />
aber andererseits zu größeren Kolonien<br />
und damit zu starken Saugschäden,<br />
die bis zum Absterben einzelner Blätter<br />
oder gar ganzer Pflanzen führen können.<br />
Die Überwinterung als erwachsene Tiere<br />
ist in unserer Klimazone nicht bekannt.<br />
Im Hochsommer wird die weitere starke<br />
Vermehrung und Ausbreitung der<br />
Blattläuse meistens durch die bekannten<br />
Nützlinge Marienkäfer, Schwebfliegen,<br />
Florfliegen und Gallmücken sowie Pilzkrankheiten<br />
gebremst und bis zum Stillstand<br />
gebracht.<br />
Läuse übertragen viele Virosen<br />
Beide Blattlausarten übertragen das Milde<br />
Rübenvergilbungsvirus und das Nekrotische<br />
Rübenvergilbungsvirus, beide<br />
Virusarten kommen auch als Mischinfektion<br />
auf einer Pflanze vor. Die Viruserkrankung<br />
ist durch Aufhellungen und<br />
später Vergilbungen zwischen den Blattadern<br />
gekennzeichnet. Die Blattspreite ist<br />
verdickt und wird brüchig. Die Stärke des<br />
Virusbefalls ist abhängig vom Flugbeginn<br />
der Blattläuse und dem Vorhandensein<br />
von Virusquellen. Die Gefahr ist umso<br />
größer, je günstiger die Witterung für eine<br />
frühe und rasche Ausbreitung der<br />
Blattläuse ist. So werden für den Befallsbeginn<br />
im Mai bis zu 40 % Ertragsverlust,<br />
im Juni bis zu 30 % Ertragsverlust und im<br />
Juli bis zu 10 % Ertragsverlust an den befallenen<br />
Pflanzen berichtet. Daneben<br />
sind auch Qualitätseinbußen, zum Beispiel<br />
beim Zuckergehalt, zu verzeichnen.<br />
Pillierung hilft<br />
Mit der Auswahl der Pillierung als insektizide<br />
Ausstattung des Rübensaatgutes<br />
wird auch die Entscheidung über eventu-<br />
Die Rübe ist einer der Sommerwirte der<br />
Schwarzen Bohnenblattlaus.<br />
Foto: Dr. Anton Dissemond<br />
elle Bekämpfungsmaßnahmen gegen<br />
Blattläuse getroffen. Die Pillierung mit<br />
Poncho Beta oder Cruiser plus Force verhindert<br />
den Blattlausbefall über einen<br />
langen Zeitraum hinweg, daher sind normalerweise<br />
bis zum Bestandsschluss keine<br />
weiteren Behandlungen erforderlich.<br />
Die systemisch wirkenden Präparate haben<br />
eine lang anhaltende und breite Wirkung<br />
gegen alle wichtigen schädlichen<br />
Insekten und Tausendfüßler.<br />
Die mit geringeren Wirkstoffgehalten<br />
versehenen Beizen Force Magna und Janus<br />
Forte verhindern den Virusbefalls<br />
nicht, dafür ist die Leistung zu schwach.<br />
Sie sind eher für Schwachbefallsgebiete<br />
geeignet.<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 13
A K T U E L L E S POLITIK<br />
Grafik 2: Beizversuche mit Neonicotinoiden 2008 bei Trockenheit<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
70<br />
1. Bonitur<br />
Die schwarze Boh-<br />
nenblattlauswech- selt seltener als die<br />
Grüne Pfirsichblatt-<br />
laus den Wirt, des-<br />
halb überträgt sie<br />
weniger Viren, macht<br />
aber stärkere Saug-<br />
schäden.<br />
Foto: Andreas Gehlen<br />
79<br />
2. Bonitur<br />
nach 1 Woche<br />
Wirken die Beizen auch bei<br />
Trockenheit?<br />
Besonders in trockenen Frühjahren kommen<br />
manchmal Zweifel an der Wirksamkeit<br />
der insektiziden Pillierungen auf. Da<br />
die Wirkstoffe in die Pillenhüllmasse eingearbeitet<br />
sind, müssen diese erst durch<br />
ausreichende Feuchtigkeit gelöst werden.<br />
Anschließend werden die systemischen<br />
Wirkstoffe von den Wurzeln der Rüben<br />
aufgenommen und in der Pflanze verteilt.<br />
Sie erreichen dann auch die Saugstellen<br />
der Blattläuse.<br />
In der Regel werden Wirkungsgrade<br />
über 90 % in der ersten Bonitur sechs bis<br />
acht Wochen nach der Aussaat zum Bestandsschluss<br />
erreicht, 14 Tage später immerhin<br />
noch völlig ausreichende 85 %<br />
Wirkungsgrad. Bei anhaltender Trockenheit,<br />
wie 2008, können diese Abläufe gestört<br />
sein.<br />
Allerdings war dann auch die Entwicklung<br />
der Rübenbestände verzögert. 2008<br />
wurden ab EC 11 zum ersten Laubblattpaar<br />
die Wirkungsgrade gegen die<br />
Schwarze Bohnenblattlaus bonitiert. Zuerst<br />
verzögert durch die Trockenheit,<br />
konnten sich die Wirkungsgrade dann<br />
aber mit einsetzenden Niederschlägen<br />
binnen drei Wochen deutlich verbessern,<br />
bis sie das gewohnte Niveau erreichten.<br />
Die bis dahin entwickelten Blattlauskolonien<br />
starben ab, bevor sie nennenswerte<br />
Saugschäden verursachen konnten.<br />
2011 mit starkem Läusebefall<br />
Im Jahr 2011 zeigte sich anfangs ein ähnliches<br />
Bild mit Trockenheit nach der Aussaat.<br />
Wider Erwarten hielt diese Trockenheit<br />
aber bis Ende Mai an und verschärfte<br />
MARKT B E T R I E B S W I R T S C H A F T ANBAU TECHNIK Z U C K E R<br />
93<br />
3. Bonitur<br />
nach 2 Wochen<br />
die Problematik. Folglich traten ab Mitte<br />
Mai zunächst an den Feldrändern erste<br />
Schwarze Bohnenläuse auf und begannen<br />
rasch mit der Bildung von Kolonien<br />
sowie der Ausbreitung über die gesamte<br />
Fläche. Aus wenigen befallenen Schlägen<br />
wurden in den folgenden Tagen bis Anfang<br />
Juni ebenso rasch viele Schläge mit<br />
deutlichen Befallssymptomen, sprich mit<br />
verwachsenen und verkrüppelten Blättern,<br />
unter denen die Blattläuse saßen<br />
und munter saugten. Ohne entsprechende<br />
Bestandskontrollen wäre das nicht<br />
entdeckt worden.<br />
Die Notbremse sah einen zügigen Einsatz<br />
von 300 g / ha Pirimor, ergänzt mit<br />
0,4 l / ha Perfektion vor. Letzteres ist gegen<br />
die Rübenfliege zugelassen, hat aber<br />
auch als systemisches Mittel eine sehr<br />
gute Nebenwirkung gegen versteckt sitzende<br />
Läuse. Mit Pyrethroiden brauchte<br />
man bei den hohen Temperaturen nicht<br />
mehr zu kommen, sie versagen bei über<br />
25 °C. Um eine ausreichende Benetzung<br />
sicherzustellen, waren mindestens 300<br />
l / ha Wasser erforderlich, die am besten<br />
noch in den frühen Morgenstunden eingesetzt<br />
wurden. Erst Ende Juni, mancherorts<br />
auch erst Anfang Juli, brachen die<br />
Blattlauskolonien durch Verpilzung und<br />
Nützlinge endlich zusammen.<br />
Für Virusvektoren gibt es keine Schadschwellen,<br />
daher sind für Nachauflaufbehandlungen<br />
nach intensiven Bestandskontrollen<br />
bei Befallsbeginn mit der Grünen<br />
Pfirsichblattlaus oder mit Beginn der<br />
Koloniebildung der Schwarzen Bohnenlaus<br />
Behandlungen durchzuführen. Geht<br />
es nur um die Verhinderung von Saugschäden,<br />
ist eine gezielte Bekämpfung ab<br />
10 % befallener Pflanzen mit Kolonienbildung<br />
vor Reihenschluss beziehungsweise<br />
über 50 % befallener Pflanzen nach Reihenschluss<br />
sinnvoll.<br />
Die Bekämpfungsmöglichkeiten mit<br />
Insektiziden sind vorhanden und in der<br />
Regel auch sicher. Allerdings muss zur<br />
Vermeidung von Resistenzbildungen ein<br />
geeigneter Wirkstoffwechsel erfolgen. Erschwerend<br />
kommt hinzu, dass dieselben<br />
Mittel auch in den anderen Ackerkulturen<br />
erforderlich sind und somit das Resistenzmanagement<br />
die gesamte Fruchtfolge<br />
umfassen muss. Hier muss entschieden<br />
werden, in welcher Kultur das größere<br />
Problem vorliegt. Vorbeugende und unnötige<br />
Maßnahmen müssen vermieden<br />
werden.<br />
Das altbekannte Pirimor (300 ml / ha)<br />
ist besonders nützlingsschonend und in<br />
der Dampfphase schnell wirksam, gerade<br />
bei frühem Befall mit Grünen Läusen. Es<br />
ist als einziges Mittel auch speziell gegen<br />
Virusvektoren zugelassen.<br />
Die Zumischung von Pyrethroiden,<br />
zum Beispiel Bulldock, Karate Zeon oder<br />
Trafo WG, empfiehlt sich gegen stark auftretende<br />
Schwarze Bohnenläuse und<br />
zeigt gute Nebenwirkung gegen Erdflöhe.<br />
Behandlungen sollten nicht bei hohen<br />
Tagestemperaturen, besser in den frühen<br />
Morgenstunden oder am Abend durchgeführt<br />
werden.<br />
14 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012<br />
Fazit<br />
Die weitverbreiteten Blattläuse haben<br />
sich mit ihrem komplizierten Entwicklungskreislauf<br />
optimal an die bei uns vorherrschenden<br />
Klimabedingungen angepasst.<br />
Sie können harte Winter im Eistadium<br />
überleben und sich bei günstigen<br />
Bedingungen über die Lebendgebärung<br />
schnell vermehren. Geflügelte<br />
Generationen ermöglichen die rasche<br />
Ausbreitung über weite Strecken. Schäden<br />
verursachen sie an unseren Kulturpflanzen<br />
sowohl durch ihre Saugtätigkeit,<br />
die bis zum Absterben der befallenen<br />
Pflanzen führen kann, als auch durch die<br />
Übertragung von Viruskrankheiten. Die<br />
Grüne Pfirsichblattlaus und die Schwarze<br />
Bohnenlaus gelten als wichtige Schädlinge<br />
der Zuckerrüben, da sie Viren übertragen<br />
und Saugschäden verursachen. Sie<br />
sind wahlweise durch Pillierung des Rübensaatgutes<br />
oder spätere Insektizidbehandlungen<br />
konsequent zu bekämpfen,<br />
um wirtschaftliche Schäden zu verhindern.<br />
Eigene Bestandsbeobachtungen<br />
und Beachtung der Warnhinweise des<br />
Pflanzenschutzdienstes dienen dazu, unnötige<br />
Behandlungen zu vermeiden und<br />
gezielt gegen bekämpfungswürdigen Befall<br />
vorzugehen.<br />
Dr. Anton Dissemond<br />
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Z U C K E R<br />
TECHNIK ANBAU BETRIEBSWIRTSCHAFT<br />
Die Blätter gesund halten<br />
Ein wirtschaftlicher Rübenanbau ist nur mit gesunden Rüben<br />
zu erreichen. Schließlich wachsen von Mitte September bis Ende<br />
Oktober etwa 25 % der Zuckermenge hin zu. Kommt es dagegen<br />
zu einem frühen und starken Cercosporabefall, kann der<br />
Ertragsverlust leicht ein Viertel des Zuckerertrages übersteigen.<br />
Rübenrost hatte im<br />
Oktober oft ein star-<br />
kes Ausmaß erreicht,<br />
wie hier am Ver-<br />
suchsstandort Buir.<br />
Die richtige Strategie gegen Blattkrankheiten<br />
Blattkrankheiten werden heute durch Anbau<br />
toleranter Sorten sowie bei stärkerem<br />
Befallsdruck und bei späten Ernteterminen<br />
mithilfe von Blattfungi zi den<br />
bekämpft. Die richtige Strategie für die<br />
Gesunderhaltung der Rüben kann am<br />
besten aus den mehr jährig en Versuchserfahrungen<br />
abgeleitet werden. An den<br />
Standorten Buir und Titz konnten über<br />
viele Jahre hierzu umfangreiche Informationen<br />
und Erfahrungen gesammelt werden.<br />
Neben der Prüfung verschiedener<br />
Wirkstoffe und Präparate galt es, den<br />
richtigen Behandlungstermin bei unter-<br />
Tabelle 1: Bekämpfungsschwellen, bei deren Überschreitung<br />
Bekämpfungsmaßnahmen zu empfehlen sind<br />
Tabelle 2: Einfluss der Mittelwahl auf den Bereinigten<br />
Zuckerertrag (BZE), Mittel aus fünf Versuchen 2007 bis 2011<br />
Variante BZE relativ<br />
Unbehandelte Kontrolle 100<br />
Mittel Azolpräparate 104,9<br />
Mittel Azol-Strobilurin-<br />
Kombinationen<br />
Bekämpfungsschwelle … %<br />
befallene Blätter<br />
mit Blattflecken plus Mehltau<br />
plus Rost<br />
bis Ende Juli bis 5 %<br />
1. bis 15. August bis 15 %<br />
ab 16. August bis 45 %<br />
106,9<br />
schiedlich toleranten Sorten herauszufinden.<br />
Bei den Bonituren wurden vom<br />
Befallsbeginn an bis etwa Ende August<br />
mittels Bewertung von 100 Blättern aus<br />
dem mittleren Blattkranz die auftretenen<br />
Krankheiten erfasst. Je nach Anteil befallener<br />
Blätter war anhand von Bekämpfungsschwellen<br />
zu entscheiden, ob Maßnahmen<br />
erforderlich waren oder nicht<br />
(siehe Tabelle 1).<br />
Ergebnisse der letzten fünf Jahre<br />
In den letzten fünf Jahren waren sowohl<br />
der Befallsbeginn als auch der Befallsverlauf<br />
im Sommer und Herbst außerordentlich<br />
unterschiedlich. Während normalerweise<br />
der Befall mit Blattflecken ab der<br />
zweiten Julihälfte langsam beginnt, waren<br />
2007 nach früher Saat die ersten<br />
Blattflecken schon im feuchtwarmen Juni<br />
zu finden. Die Bekämpfungsschwelle war<br />
in Buir 2007 bereits Anfang Juli überschritten.<br />
Die Behandlung erfolgte nach<br />
häufigen Niederschlägen am 7. Juli. Auch<br />
der anschließende Befallsdruck war aufgrund<br />
der nassen Witterung ungewöhnlich<br />
hoch, sodass am 1. August eine Anschlussbehandlung<br />
erforderlich wurde. In<br />
den unbehandelten Kontrollen war der<br />
Blattapparat bereits im September völlig<br />
durch Cercospora zerstört und auch der<br />
kontinuierlich nachfolgende Blattneuaustrieb<br />
wurde durch Neubefall in kurzer Zeit<br />
vernichtet. Unter dieser dramatischen Befallsentwicklung<br />
blieben auch die behandelten<br />
Parzellen nicht völlig befallsfrei.<br />
Sie zeigten bei der Ernte am 19. Oktober<br />
zwischen 12 und 69 % nekrotisierte Blattflächenanteile.<br />
Die Blattmasse konnte<br />
aber im Wesentlichen erhalten und damit<br />
der Zuwachs im Herbst gerettet werden.<br />
Enormer Gegensatz im Herbst<br />
2008<br />
Wie enorm groß der Jahreseinfluss auf<br />
den Befall mit Blattkrankheiten sein<br />
kann, zeigte eindrucksvoll das Jahr 2008.<br />
Nach später Saat in der letzten Aprildekade<br />
waren erste Blattflecken im üblichen<br />
Zeitrahmen Ende Juli / Anfang August im<br />
Bestand zu finden. Die Pflanzen blieben<br />
MARKT POLITIK A K T U E L L E S<br />
Ramularia trat nach dem kalten Juli im Okto-<br />
ber stellenweise stärker auf.<br />
Fotos: Manfred Steuerwald<br />
allerdings dank milder Temperaturen und<br />
ausreichender Feuchtigkeit ungewöhnlich<br />
vital und Cercospora konnte sich daher<br />
kaum nennenswert auf den Blättern<br />
entwickeln. In den unbehandelten Kontrollparzellen<br />
waren Mitte Oktober kaum<br />
sichtbar nur 2 % der Blattfläche mit Cercospora<br />
beeinträchtigt. Lediglich leichter<br />
Rostbefall etablierte sich auf den Blattflächen.<br />
Entsprechend blieb der Ertragseinfluss<br />
der Blattkrankheiten nur sehr gering.<br />
Auch 2009 entwickelte sich Cercospora<br />
bei sommerlicher Trockenheit nur<br />
sehr schleppend. Bei den empfindlichen<br />
Sorten beeinträchtigte allerdings starker<br />
Mehltaubefall die Zuckerbildung erheblich.<br />
Am Standort Buir wurden 2009 bei<br />
der relativ cercospora-sensitiven, aber<br />
mehltautoleranten Sorte Emilia am 6. Oktober<br />
59 % Befallsstärke Cercospora festgestellt.<br />
In den Buirer Sortenversuchen,<br />
wo auch viele anfällige Sorten zusätzlich<br />
starken Mehltaubefall aufwiesen, erreichte<br />
eine rechtzeitige und wirksame Fungizidbehandlung<br />
einen Ertragsvorteil von<br />
12,6 % bereinigter Zuckerertrag.<br />
Im Jahr 2010 blieb nach starker Julihitze<br />
und Trockenheit Cercospora wiederum<br />
unbedeutend. Der trockenheitsbedingt<br />
kleine Blattapparat entwickelte sich<br />
während des milden und feuchten Spätsommers<br />
sehr vital und bot Blattkrankheiten<br />
kaum Angriffsmöglichkeiten. Die<br />
Befallsstärke von Cercospora kam Anfang<br />
Oktober nicht über 5 % hinaus, sodass<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 15
A K T U E L L E S POLITIK<br />
KWS und Bayer entwickeln<br />
herbizidtolerante Rüben<br />
Die KWS Saat AG und die Bayer CropScience AG haben Mitte<br />
April einen Vertrag zur gemeinsamen Entwicklung und<br />
Vermarktung eines innovativen Systems der Unkrautregulierung<br />
in Zuckerrüben für den weltweiten Markt geschlossen.<br />
Die Technologie basiert auf der Züchtung von Zuckerrübensorten,<br />
die gegenüber Herbiziden der Klasse der ALS-<br />
Hemmer mit einer breit wirksamen Unkrautkontrolle tolerant<br />
sind. Landwirte werden damit künftig eine neue Möglichkeit<br />
haben, den Zuckerrübenanbau einfacher und<br />
zeitlich flexibler zu gestalten. Das System soll den Landwirten<br />
in einigen Jahren zur Verfügung stehen.<br />
Die gemeinsame Forschung zur Entwicklung des Systems<br />
begann bereits im Jahr 2001. Das Erbgut der neuen Zuckerrübenpflanzen<br />
enthält eine natürliche Veränderung an einem<br />
Enzym, das an der Biosynthese von essenziellen Aminosäuren<br />
beteiligt ist. Bei der Entwicklung wurden Zuckerrüben<br />
mit dieser spontanen Veränderung im Erbgut gezielt<br />
ausgewählt und weiter gezüchtet. Dabei handelt es sich<br />
nicht um ein gentechnisches Verfahren. Das neue System<br />
ermöglicht es laut Bayer, künftig neue Wirkstoffe auch in<br />
Zuckerrüben einzusetzen und wichtige Unkräuter mit geringen<br />
Aufwandmengen und wenigen Anwendungen kontrollieren<br />
zu können.<br />
mit einem Fungizideinsatz kaum Ertragsverbesserungen<br />
zu erreichen waren.<br />
2011 blieb nach früher Saat und deutlichem<br />
Vegetationsvorsprung der Befallsverlauf<br />
mit Cercospora wegen der zu kalten<br />
Juliwitterung deutlich schwächer als<br />
erwartet. Auf dem intakt gebliebenen<br />
Blättern konnte sich dann ab August zunehmend<br />
Rübenrost und auf sensiblen<br />
Sorten starker Mehltaubefall entwickeln.<br />
Bis Ende Oktober konnten Cercospora<br />
und vor allem Ramularia dann nochmals<br />
zunehmen. Der Ertragseinfluss blieb jedoch<br />
begrenzt, siehe Grafik.<br />
Die Erfahrungen aus den letzten fünf<br />
Jahren lassen einen enormen Jahreseinfluss<br />
auf den Befall mit Blattkrankheiten<br />
erkennen. Damit verbunden sind auch<br />
sehr unterschiedliche Anforderungen an<br />
die Pflanzenschutzmaßnahmen. Der richtige<br />
Behandlungstermin war somit sehr<br />
unterschiedlich, um die Pflanzen im<br />
Herbst gesund zu erhalten. Rein prophylaktische<br />
Pflanzenschutzmaßnahmen<br />
brachten erwartungsgemäß keinerlei Ertrags-<br />
noch sonstige Vorteile. Ganz im<br />
Gegenteil: Bei dem erneuten Befall mussten<br />
weitere Behandlungen durchgeführt<br />
werden, sodass ökonomische Nachteile<br />
MARKT B E T R I E B S W I R T S C H A F T ANBAU TECHNIK Z U C K E R<br />
KWS / Bayer<br />
Sehr unterschiedlicher Mehltaubefall im August in Abhängigkeit von der Sensitivität der Sorte<br />
unvermeidlich waren. Wichtiger ist eine<br />
zeitgerechte Fungizidanwendung, wenn<br />
die Bekämpfungsschwelle erreicht ist<br />
und der Befall zuzunehmen droht. In der<br />
Praxis wird man wahrscheinlich nicht immer<br />
die Bekämpfungsschwelle exakt ermitteln<br />
können. Deshalb reicht manchmal<br />
ein langsames Durchgehen durch<br />
den Bestand, um einen Anfangsbefall erkennen<br />
zu können. Im Zweifelsfall sollte<br />
man lieber etwas zu früh als zu spät behandeln.<br />
Wird der Termin bewusst versäumt,<br />
kann das besonders in Starkbefallsjahren<br />
wie 2007 deutliche Ertragsnachteile<br />
verursachen.<br />
Bei den Fungiziden bieten sich heute<br />
mehrere gute Azolpräparate an, wie zum<br />
Beispiel Spyrale, Domark 10EC, Duett Ultra<br />
jeweils mit 1 l / ha sowie Harvesan mit<br />
0,6 l / ha. Teurere Kombinationen mit<br />
Strobilurinen, wie zum Beispiel Juwel mit<br />
1 l / ha und Spyrale plus Ortiva mit jeweils<br />
0,6 l / ha, zeigten in den Versuchen leichte<br />
Ertragsverbesserungen und einen etwas<br />
länger anhaltenden Schutz gegen Blattkrankheiten<br />
(siehe Tabelle 2).<br />
Gute Erfahrungen wurden in den vergangenen<br />
Jahren auch mit krankheitstoleranten<br />
Sorten, wie zum Beispiel mit<br />
Sy Belana, gemacht. Besonders in Jahren<br />
mit schwächerem Cercosporabefall oder<br />
bei geplanten frühen Ernteterminen<br />
konnte oftmals auf eine Fungizidbehandlung<br />
verzichtet werden. In Jahren mit<br />
starkem Befall kann die Sortentoleranz<br />
die Pflanzenschutzmaßnahmen wirksam<br />
unterstützen.<br />
Manfred Steuerwald<br />
Rheinischer Rübenbauer-Verband e.V.<br />
Grafik: Befallsverlauf mit Cercospora und Ramularia 2007 bis 2011 in Buir<br />
(unbehandelte Kontrollen)<br />
Befallsstärke in %<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Buir 2007<br />
Buir 2008<br />
Buir 2009<br />
Buir 2010<br />
14.7.<br />
17.7.<br />
20.7.<br />
23.7.<br />
26.7.<br />
29.7.<br />
1.8.<br />
4.8.<br />
7.8.<br />
10.8.<br />
13.8.<br />
16.8.<br />
19.8.<br />
22.8.<br />
25.8.<br />
28.8.<br />
31.8.<br />
3.9.<br />
6.9.<br />
9.9.<br />
12.9.<br />
15.9.<br />
18.9.<br />
21.9.<br />
24.9.<br />
27.9.<br />
30.9.<br />
3.10.<br />
6.10.<br />
9.10.<br />
16 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012<br />
Buir 2011<br />
+ 19,3 % BZE<br />
+ 12,6 % BZE<br />
+ 4,8 % BZE<br />
+ 2,5 % BZE<br />
+ 2,5 % BZE
ZUCKER TECHNIK A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T<br />
Pressschnitzel im Fokus<br />
Rübenanbauer und Tierernährer vereint<br />
Bereits zum dritten Mal nach 2007 und 2008 trafen sich am<br />
22. Februar auf Einladung der Martin-Luther-Universität Halle-<br />
Wittenberg zahlreiche Fachleute und Praktiker aus Pflanzen-<br />
und Tierproduktion zur dritten Fachtagung Pressschnitzel,<br />
diesmal unter dem Motto „Aus der Region für die Region“.<br />
Für die in Halle ansässige und gastgebende<br />
Professur für Tierernährung stellte Privatdozent<br />
Dr. Holger Kluth den hervorragenden<br />
Futterwert von Pressschnitzeln in<br />
den Vorder grund. Vor allem in den Rübenanbaugebieten<br />
und den angrenzenden<br />
Veredlungsre gionen werden große<br />
Mengen Pressschnitzel verfüttert, in<br />
Deutschland 2009 rund 1,3 Mio. t. Wertbestimmende<br />
Bestandteile sind die hochverdaulichen<br />
Kohlenhy dratfraktionen,<br />
insbesondere der hohe Gehalt an Pektin,<br />
was für eine langsame und gleichmäßige<br />
Energiefreisetzung sorge und damit den<br />
Pansen-pH-Wert stabilisieren kann. In der<br />
Ration werde die Verdaulichkeit der Rohfaser<br />
verbessert, obwohl die Schnitzel<br />
selbst recht rohfaserarm seien. Insgesamt<br />
sind die Pressschnitzel ein bestes Wiederkäuerfutter<br />
mit konstantem Futterwert,<br />
positiver Wirkung auf die Milchinhaltsstoffe<br />
und sehr guter Schmackhaftigkeit.<br />
Die dadurch erzielte hohe Futteraufnahme<br />
werde in Fachkreisen auch als „Cafeteria-Effekt“<br />
bezeichnet.<br />
Leistungen und Limits des Pansens<br />
Der Physiologe Prof. Dr. Martens von der<br />
Freien Universität Berlin stellte in seinem<br />
Grundlagenreferat die hohen Leistungen<br />
des Pansens bei den Nährstoffumsetzungen<br />
vor. Limitiert wird diese Leistung unter<br />
anderem auch durch die Futteraufnahmekapazität<br />
der Milchkühe, die in<br />
den vergangenen 30 Jahren nur um 20 %<br />
anstieg, während sich in diesem Zeitraum<br />
die Milchleistung um 55 % er höhte. Ein<br />
Risiko bei zu geringer Futteraufnahme, zu<br />
geringer Strukturversorgung und zu hohen<br />
Kraftfutteranteilen – „die Kuh wird<br />
zum Schwein gemacht“ – sei die subklinische<br />
Pansenazidose, die vielfältige<br />
Krankheitssymptome nach sich ziehen<br />
kann.<br />
Im Jahr 2011 nahmen in Sachsen-Anhalt<br />
474 Milchviehbetriebe an der<br />
Milchlei s tungsprüfung teil, wie Dr. Axel<br />
Naumann vom Landeskontrollverband<br />
(LKV) berich tete. Mit einer starken Milchleistung<br />
von 8 964 kg liegt Sachsen-Anhalt<br />
bundesweit nach Brandenburg und<br />
Thüringen auf dem dritten Platz.<br />
Sachsen-Anhalt hat eine lange Tradition<br />
beim Rübenanbau und damit auch<br />
beim Pressschnitzeleinsatz und besitzt<br />
heute noch mit drei Zuckerfabriken einen<br />
wesentli chen Vorteil bei der Verfügbarkeit<br />
des Futtermittels. Durchschnittlich<br />
setzten die Milchviehbetriebe rund 6 bis<br />
8 kg Pressschnitzel je Tier und Tag ein,<br />
wobei der Anteil von Betrieben mit<br />
Schnitzeleinsatz in den südlichen Landesteilen<br />
am größten sei. Immer mehr Betriebe<br />
fütterten Schnitzel auch ganzjährig<br />
und mittlerweile sei die Nachfrage<br />
größer als das Angebot, wobei zunehmend<br />
Biogasanlagen und Sauen halter<br />
Pressschnitzel einsetzten.<br />
Die Erfahrungen in der Praxis zeigen<br />
grundsätzlich positive Effekte in der Fütterung.<br />
Trotzdem wird auf die Notwendigkeit<br />
der Kontrolle der Inhaltsstoffe für<br />
die Rationsbe rechnung verwiesen, da insbesondere<br />
die Zuckergehalte bei der<br />
Frischverfütterung durch den schnellen<br />
Abbau zu Milchsäure Schwankungen unterlägen.<br />
MARKT POLITIK A K T U E L L E S<br />
Viele Fehlerquellen bei der Silierung, aber auch nach der Öffnung des Silos führen zu Mengen-<br />
und Qualitätsverlusten, die es auszuschalten oder zu mini mieren gilt.<br />
Empfehlungen für die Fütterung<br />
Die Beobachtungen des LKV Sachsen-Anhalt<br />
bestätigte auch Thomas Engelhard<br />
vom Zentrum für Tierhaltung und Technik<br />
der Landesanstalt in Iden. Seiner Meinung<br />
nach eignen sich Pressschnitzel hervorragend<br />
für regionale Fütterungskonzepte,<br />
um neben den Wirkungen in der<br />
Fütterung auch positive ökonomische Effekte<br />
zu erzie len. Mit Pressschnitzelmengen<br />
zwischen mindestens 10 bis zu 20 kg<br />
Frisch masse, was einer Trockenmasse von<br />
2 bis 5 kg je Tier und Tag entspricht, ließen<br />
sich hohe Leistungen effizient und<br />
mit vermindertem Azidoserisiko erzielen.<br />
In Pressschnitzelrationen bieten sich zur<br />
Er gänzung die einheimischen Proteinquellen<br />
Luzernekonservate und<br />
Rapsextraktions schrot an, womit viele<br />
Spitzenbetriebe gute Erfahrungen machten.<br />
Praktiker schwört auf höchste<br />
Silagequalität<br />
Ein solcher Spitzenbetrieb ist der Milchviehzuchtbetrieb<br />
von Jörg Schröter aus<br />
Til leda. Seine 112 Milchkühe leisteten im<br />
vergangenen Jahr im Schnitt 11 327 kg<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 17
A K T U E L L E S POLITIK<br />
Erstmals fand die Fachtagung Pressschnitzel auf dem neuen Uni-Campus<br />
der Martin-Lu ther-Universität Halle-Wittenberg in Heide-Süd statt, an<br />
dem die Fakultät für Agrar- und Ernährungs wissenschaften, Geowissen-<br />
schaften und Informatik seit vorigem Jahr vollständig angesiedelt ist.<br />
Fotos: Dr. Stefan Brinker, Thomas Rothe<br />
Milch bei 3,63 % Fett und 3,17 % Eiweiß.<br />
In erster Linie sieht er zwei bedeu tende<br />
Komponenten für den wirtschaftlichen<br />
Erfolg – den Kuhkomfort und die passende<br />
Futtermischung mit höchster<br />
Grundfutterqualität. Ohne den richtigen<br />
Komfort sieht Jörg Schröter keine Chance<br />
für höchste Leistungen.<br />
Im hofeigenen Kraftfutter für Kühe<br />
und Kälber werden Weizen, Gerste, Ackerbohnen<br />
und Öllein aus eigenem Ackerbau<br />
gemeinsam mit geschütztem Rapsextraktions<br />
schrot und Mineralfutter eingesetzt.<br />
Das Grundfutter setze sich zu einem<br />
geringen Anteil aus Maissilage und<br />
dem überwiegenden Teil einer Schichtsilage<br />
aus Luzerne, Gras und Pressschnitzeln<br />
zusammen. Obwohl seine Silos für<br />
die Silierung manchmal drei Mal geöffnet<br />
werden, erzielt er aufgrund der großen<br />
Sorgfalt beste Grundfutterqualitäten.<br />
Vorteile dieser Schichtsilierung seien die<br />
gute Siloauslastung, der hohe Vortrieb<br />
und die Entnahmeeffektivität.<br />
MARKT B E T R I E B S W I R T S C H A F T A N B A U T E C H N I K ZUCKER<br />
Schwachstellen bei der<br />
Pressschnitzelsilierung<br />
Als langjähriger Experte der Pressschnitzelsilierung<br />
konnte Dr. Olaf Steinhöfel<br />
vom Sächsischen Landesamt für Umwelt,<br />
Landwirtschaft und Geologie den Teilnehmern<br />
viele Tipps und Tricks für eine erfolgreiche<br />
Silierung mit auf den Weg geben.<br />
Aktuelle Forschungen im Bereich der<br />
Pressschnitzelsilierung bestätigen dabei<br />
erneut ältere Erkenntnisse. Pressschnitzel<br />
sind generell einfach vergärbar, dennoch<br />
sind sie, wie andere Saftfutter auch, nach<br />
Siloöffnung durch Luftzutritt gefährdet<br />
und benötigen ein optimales Silomanagement.<br />
Anhand eigener Untersu-<br />
Ihre Ideen sind wieder gefragt<br />
Auf der Suche nach pfiffigen Ideen zur<br />
Optimierung des Zuckerrübenanbaus<br />
veranstaltet der Landwirtschaftliche Informationsdienst<br />
Zuckerrübe (LIZ) zum<br />
zweiten Mal einen Ideenwettbewerb,<br />
bei dem Preise bis zu 2000 € zu gewinnen<br />
sind. Gemeinsam mit<br />
�� ROPA Fahrzeug- und Maschinenbau<br />
GmbH,<br />
�� Feinchemie Schwebda GmbH und<br />
�� Syngenta Agro GmbH<br />
spricht LIZ mit LIZIdee alle an, die neue<br />
Ideen mit Praxiswert einreichen können.<br />
Technische Raffinessen Marke „Eigenbau“<br />
sind ebenso gefragt wie kleine Programmierungen<br />
für PC und Smartphone<br />
oder Tipps und Tricks, die den Arbeitsablauf<br />
betreffen. Einziges Kriterium ist,<br />
dass ein Aspekt des Rübenanbaus durch<br />
die Idee erleichtert wird.<br />
chungsergebnisse aus der Praxis in Sachsen<br />
zeigte Olaf Steinhöfel die möglichen<br />
Reserven auf. Die Atmungs-, Streu- und<br />
Silierverluste schwanken stark zwischen<br />
10 (unvermeidbar) bis zu 50 % (vermeidbar),<br />
wobei die vermeidbaren Verluste erhebliche<br />
Kosten verursachen.<br />
75 % der Betriebe arbeiteten mit<br />
einem zu geringen Vorschub im Pressschnitzel<br />
silo, was die Silostabilität meist<br />
erheblich gefährde. Ein Viertel der Betriebe<br />
hätten bei Siloöffnung noch eine Kerntemperatur<br />
von mehr als 20 °C, was auch<br />
im Zu sammenhang mit der Unterschreitung<br />
der Mindestsilierdauer von sechs<br />
Wochen in 15 % der Betriebe zu sehen<br />
sei.<br />
Anschließend stellte Dr. Christian Koch<br />
vom Dienstleistungszentrum Ländlicher<br />
Sollten Sie keinen<br />
eigenen Vorschlag<br />
einreichen können,<br />
so haben Sie<br />
trotzdem die<br />
Möglichkeit am<br />
Wettbewerb teilzunehmen,<br />
und<br />
zwar als Juror:<br />
Einfach auf den<br />
DLG-Feldtagen<br />
im LIZ-Zelt für<br />
die beste LIZIdee<br />
abstimmen und<br />
tolle Sachpreise<br />
gewinnen.<br />
Einsende schluss<br />
1. Juni 2012<br />
Näheres zum Teilnahme- und<br />
Bewertungsverfahren finden Sie unter<br />
www.liz-online.de.<br />
18 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012
ZUCKER TECHNIK A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T<br />
Raum Westpfalz erste Erfahrungen im<br />
Rahmen eines Forschungsprojektes zur<br />
Silie rung von Pressschnitzeln auf Praxisbetrieben<br />
in Rheinland-Pfalz vor. Im Ergebnis<br />
des Projektes wurden keine Unterschiede<br />
bei der Silierung von Pressschnitzeln<br />
mit mehr als 28 % TM gegenüber geringeren<br />
TM-Gehalten festgestellt. Wie<br />
Ein bisschen hat Michael Frenger sein Hobby zum Beruf gemacht,<br />
denn neben dem Ackerbau soll die Pferdehaltung ein<br />
wichtiges Standbein des Betriebes in Köln-Fühlingen werden.<br />
Seit September 2011 ist ein Hit-Aktivstall für Pensionspferde<br />
fertig und nach und nach ziehen die Pferde ein.<br />
„Unser Betrieb liegt in direkter Stadtnähe<br />
und da werden die Flächen leider nicht<br />
mehr, deshalb brauchen wir eine Alternative<br />
für unseren Betrieb. Und da die ganze<br />
Familie pferdebegeistert ist, haben wir<br />
uns für die Pensionspferdehaltung entschieden“,<br />
erzählt Michael Frenger. Auf<br />
den Flächen des Betriebes wachsen neben<br />
Zuckerrüben Weizen, Winterbraugerste,<br />
Ackerfutter für die Pferde und<br />
Mais für eine Biogasanlage. In diesem<br />
Jahr wird er im Rahmen eines Versuchs<br />
für die RheinEnergie auf 3 ha das ungarische<br />
Steppengras Szarvaszi anbauen, das<br />
als Biogasrohstoff ähnliche Trockensubstanzgehalte<br />
wie Mais haben soll.<br />
Seit zehn Jahren bewirtschaftet Ackerbauer<br />
Michael Frenger seine Flächen<br />
pfluglos und ist damit sehr zufrieden.<br />
„Wir haben die Schlepperstunden von<br />
2 000 auf 800 pro Jahr gesenkt, das<br />
spricht doch für sich“, erklärt er zufrieden.<br />
Da viele Flächen auf der Niederterrasse<br />
des Rheins liegen, sind die Böden sehr unterschiedlich<br />
und haben im Schnitt rund<br />
60 Bodenpunkte. „Je näher man zum<br />
Rhein kommt, desto sandiger sind die Böden.<br />
Auf rund 20 % unserer Flächen können<br />
wir keine Rüben anbauen.“<br />
Die Rübe hat eine lange Geschichte in<br />
der Familie, die Vorfahren von Michael<br />
Frenger gehörten zu den Mitbegründern<br />
bereits Dr. Olaf Steinhöfel für Sachsen<br />
darstellte, halten auch die Praxisbetriebe<br />
in Rheinland-Pfalz die Silierempfehlungen<br />
nicht in allen Punkten ein. Da die Verdichtung<br />
aber überdurchschnittlich gut<br />
durchgeführt werde, seien die Silagen<br />
meist trotzdem gut ge lungen. Verbesserungsbedarf<br />
bestehe vor allem in den Be-<br />
Ackerbau und dazu Pferde<br />
der Zuckerfabrik in Brühl. „Da der Anteil<br />
der Rüben in der Fruchtfolge relativ hoch<br />
ist, hat schon mein Vater immer Senf als<br />
Gründüngung und zur Nematodenbekämpfung<br />
angebaut, das machen wir heute<br />
noch so.“ Außerdem setzt er auf nematoden-<br />
und rhizoctoniatolerante Sorten.<br />
Dass die Rübe eine Zukunft hat, darauf<br />
hofft Frenger, wünscht sich aber auf Dauer<br />
bessere Preise. „Die Preissenkungen<br />
der letzten Jahre haben der Rübe wehgetan.<br />
Wenn die Zuckermarktordnung 2015<br />
enden würde, gäbe das ein großes Chaos,<br />
deshalb sollte sie so lange wie möglich<br />
erhalten werden. Sie hält den Markt in<br />
ruhigen Bahnen“, meint Michael Frenger.<br />
Durch die Nähe zur Stadt erlebt Michael<br />
Frenger viele Diskussionen mit Spaziergängern<br />
und kennt die Vorbehalte gegen<br />
Mais. Dass die Zuckerrübe eine Alter-<br />
MARKT POLITIK A K T U E L L E S<br />
reichen Vorschub und An passung der<br />
Silomaße, Silierdauer und teilweise auch<br />
bei der Verdichtung im Schlauch.<br />
Dr. Christiane Potthast, Südzucker<br />
Dr. Stefan Brinker, Pfeifer & Langen Lage<br />
Dr. Karsten Maier, Wirtschaftliche Vereinigung<br />
Michael Frenger aus Köln-Fühlingen ist neues Beiratsmitglied<br />
native für Biogasanlagen sein könnte, findet<br />
er gut. Zurzeit hat Michael Frenger<br />
wenig Zeit für den Ackerbau, da ihn die<br />
Fertigstellung des Pferdestalls stark beansprucht.<br />
Neben Gesprächen mit möglichen<br />
Einstellern sind noch viele Bauarbeiten<br />
abzuschließen und da steckt oft der<br />
Teufel im Detail. Deshalb ist er froh, dass<br />
ihm seine ganze Familie sowie ein Festangestellter<br />
und eine Aushilfe zur Seite stehen.<br />
„Mein Arbeitstag mit den Pferden<br />
endet um 22 Uhr, wenn ich eine letzte<br />
Runde drehe und alles abschließe.“<br />
Neben seinem neuen Beiratsamt beim<br />
Rheinischen Rübenbauer-Verband für den<br />
Bezirk Köln, Frechen, Pulheim und Hürth<br />
ist Michael Frenger in der Anbaugemeinschaft<br />
Braugerste im Rheinland und im<br />
Kirchenvorstand engagiert.<br />
Natascha Kreuzer<br />
LZ 19 · 2012 <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL | 19<br />
Zucker<br />
Michael Frenger aus Köln-Fühlingen
A K T U E L L E S POLITIK<br />
MARKT B E T R I E B S W I R T S C H A F T A N B A U T E C H N I K ZUCKER<br />
Rübe hat Konkurrenz bekommen<br />
Neben dem Ackerbau hat die Legehennenhaltung eine lange<br />
Tradition bei Familie Aschenbroich aus Langenfeld. „Schon<br />
mein Vater hat Ende der 60-er Jahre angefangen und das war<br />
eine gute Entscheidung, denn wir haben viele Verbraucher direkt<br />
vor der Türe“, erzählt Josef Aschenbroich. Was für die Direktvermarktung<br />
ein Vorteil ist, ist für den Ackerbau ein Nachteil:<br />
Die Flächen werden weniger durch die Bebauung.<br />
Quelle: Zucker Infodienst<br />
Josef Aschenbroich aus Langenfeld ist neues Beiratsmitglied<br />
Angebaut werden neben Getreide Zuckerrüben<br />
und Raps. Die Böden sind sehr<br />
wechselhaft mit 25 bis 85 Bodenpunkten<br />
und je näher sie am Rhein liegen, desto<br />
sandiger sind sie. Seit fünf Jahren verzichtet<br />
Aschenbroich völlig auf den Pflug.<br />
„Am Anfang hat das ein Umdenken erfordert,<br />
aber heute sind wir sehr zufrieden.<br />
Das Wichtigste für uns ist Wasser zu sparen<br />
auf den leichteren Böden und das<br />
funk tioniert super“, berichtet Aschenbroich.<br />
„Außerdem tun wir alles, um Humus<br />
in die Böden zu bekommen. Sehr zum<br />
Verdruss unserer pferdehaltenden Nachbarn<br />
verkaufen wir kein Stroh, sondern arbeiten<br />
alles ein. Außerdem setzen wir auf<br />
eine Gründüngungsmischung, um eine<br />
optimale Durchwurzelung zu erreichen.<br />
Dazu bekommen die Böden noch Kompost<br />
oder den Hühnertrockenkot aus unserem<br />
eigenen Stall, damit sind die Böden<br />
optimal versorgt und wir müssen kaum<br />
Dünger zukaufen.“ Die rund 30 % Zuckerrüben<br />
in der Fruchtfolge kommen mit dieser<br />
Bewirtschaftung sehr gut zurecht, wie<br />
Aschenbroich zufrieden feststellt. Auch<br />
wenn Nematoden kein Problem sind,<br />
setzt er auf nematodentolerante Sorten.<br />
Josef Aschenbroich aus Langenfeld<br />
Raps und Rüben werden nach Möglichkeit<br />
nicht in einer Fruchtfolge angebaut.<br />
Dass Raps zurzeit der größte Konkurrent<br />
der Rübe ist, gibt Aschenbroich<br />
unumwunden zu. „Raps ist unkomplizierter<br />
anzubauen und der aktuell hohe Preis<br />
macht ihn attraktiv.“ Trotzdem möchte er<br />
nicht auf die Rübe verzichten, da er eine<br />
Risikostreuung mit mehreren Kulturen<br />
für wichtig hält, außerdem freut er sich<br />
natürlich über die aktuellen Preiszuschläge<br />
für die Rübe. „Und ich hoffe sehr, dass<br />
die Marktordnung bis mindestens 2020<br />
erhalten bleibt!“ Industrierüben sind für<br />
Rezept: Rhabarber-Erdbeer-Chutney<br />
Zutaten<br />
für etwa 6 Gläser à 250 ml:<br />
Obst und Gemüse vorbereitet und<br />
gewogen:<br />
500 g Rhabarber<br />
200 g Erdbeeren<br />
400 g Zwiebeln<br />
800 g brauner Kandis<br />
500 ml Weißweinessig<br />
1 TL Salz<br />
1 TL gemahlener Koriander<br />
½ TL gemahlene Nelken<br />
ihn derzeit keine Alternative, da der Preis<br />
nicht ausreichend ist. Josef Aschenbroich<br />
gehört zu den Gründungsmitgliedern des<br />
Maschinenrings Rheinland-Ost, in dessen<br />
Beirat er mitarbeitet. Früher wurden die<br />
Rüben nach Euskirchen geliefert, inzwischen<br />
bringt der Maschinenring sie nach<br />
Appeldorn.<br />
Neben der Hilfe des Maschinenrings<br />
beim Ernten und Laden der Rüben nimmt<br />
Aschenbroich bei der Rübensaat die Hilfe<br />
eines Lohnunternehmers in Anspruch. „In<br />
der Zeit vor Ostern haben wir so viel Arbeit<br />
mit der Eiervermarktung, dass wir<br />
die Saat einfach nicht schaffen.“<br />
Rund 15 000 Legehennen werden heute<br />
in Kleingruppen gehalten, damit sind<br />
Aschenbroichs sehr zufrieden. Mit Sorge<br />
blicken sie allerdings auf ein mögliches<br />
Verbot dieser Haltungsform. Die Eier werden<br />
über den Hofladen, acht Wochenmärkte<br />
sowie Wiederverkäufer, wie Bäckereien,<br />
Metzgereien und Supermärkte,<br />
vermarktet. Unterstützt wird Josef<br />
Aschenbroich dabei von seiner Familie.<br />
Sohn Jens arbeitet im Betrieb mit sowie<br />
ein Festangestellter, der sich um den Stall<br />
kümmert.<br />
Seit 2009 ist Josef Aschenbroich im<br />
Stadtrat von Langenfeld, außerdem ist er<br />
in der Kreisbauernschaft aktiv. In den Beirat<br />
des Rheinischen Rübenbauer-Verbandes<br />
ist er jetzt für den Bezirk Mettmann<br />
gewählt worden.<br />
Natascha Kreuzer<br />
Zubereitung<br />
Rhabarber schälen und klein schneiden.<br />
Erdbeeren verlesen, eventuell waschen.<br />
Beeren entstielen und vierteln. Zwiebeln<br />
schälen und klein würfeln. Alles mit<br />
Kandis, Essig und Gewürzen unter Rühren<br />
zum Kochen bringen und 40 bis 60<br />
Minuten bei schwacher Hitze dicklich<br />
einköcheln lassen, dabei immer wieder<br />
umrühren. Chutney sofort randvoll in<br />
heiß ausgespülte Twist-off-Gläser füllen<br />
und fest verschließen.<br />
20 | <strong>ZUCKERRÜBEN</strong>JOURNAL LZ 19 · 2012