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Vortrag von Frau Prof. Dr. Silke B. Gahleitner

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Traumapädagogische<br />

Konzepte<br />

in der Jugendhilfe<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Silke</strong> Birgitta <strong>Gahleitner</strong><br />

www.gahleitner.net


Übersicht<br />

1. Bedarfslage<br />

2. Traumapädagogik<br />

3. Konzeption?<br />

4. Beispiele


Wo sind wir …<br />

1. Bedarfslage<br />

2. Traumapädagogik<br />

3. Konzeption?<br />

4. Beispiele


Leben in der Postmoderne<br />

„Insbesondere in der postmodernen Welt<br />

bedürfen scheiternde Menschen passgerechter<br />

Konzepte bei den Bewältigungsversuchen in<br />

den umgebenden Verhältnissen“<br />

‚<strong>Prof</strong>essionelle psychosoziale Zufluchtsorte‘<br />

(LMU<br />

München,<br />

Reflexive<br />

Sozial-<br />

psychologie:<br />

Keupp, 1997)


Was heißt bio-psycho-sozial?<br />

Abhängig <strong>von</strong> der herrschenden Ungleichheit in<br />

einer Gesellschaft steigt die Mortalitätsrate in<br />

modernen Gesellschaften<br />

(Wilkinson & Pickett, 2010;<br />

vgl. auch Schmid, 2009)


Warum?<br />

„Das oberste Zehntel besitzt 62 Prozent,<br />

nach Abzug der eigen genutzten Immobilien<br />

sogar 75 Prozent aller Vermögen. Die<br />

reichsten 400 Haushalte zahlen durch<br />

zahlreiche Steuervergünstigungen und<br />

Möglichkeiten, ihre Steuer zu „gestalten“,<br />

nur 35 Prozent Steuern auf ihr<br />

Bruttoeinkommen“.<br />

(Lehmkuhl, 2010)


13. Kinder- und Jugendbericht<br />

� „die gesundheitsbezogene Chancengleichheit<br />

verschlechtert sich vor allem für sozioökonomisch<br />

benachteiligte Bevölkerungsgruppen“ (S. 161)<br />

� momentane Lage eine Lage aus<br />

„auseinanderklaffenden Zuständigkeiten“ (S. 13)<br />

� „multimodale Versorgungsnetze sind nötig“ (S.<br />

16)<br />

(BT-<strong>Dr</strong>s. 16/12860, 2009)


Bedarf(e)<br />

� trotz rückläufiger demographischer Entwicklung<br />

steigt der Hilfebedarf, insbesondere die Intensität<br />

� in den stationären Einrichtungen der Jugendhilfe<br />

Explosion psychischen Störungen<br />

� Die Intensität der Hilfebedarfe steigt mit dem<br />

Jugendlichenalter (verpasste<br />

Präventionschance?)<br />

� Versorgung nur außerhalb der<br />

Richtlinienpsychotherapie möglich (!)<br />

(Beck, 2011)


Psychische Störungen<br />

(Beck, 2011; vgl. auch Schmid, 2007, 2010, 2011)


Traumafolgestörung Spektrum<br />

(Schmid, 2010)


Das bedeutet …<br />

… Trauma muss als Ergebnis eines komplexen<br />

Entwicklungs- und Beziehungsgefüges zwischen<br />

psychologischen, physiologischen und sozialen<br />

Prozessen gesehen werden – lebenslang!<br />

Ausmaß der Belastung<br />

durch das Trauma<br />

100<br />

75<br />

50<br />

25<br />

0<br />

Traumatisierung<br />

Initialreaktion<br />

Typisierter Verarbeitungsverlauf<br />

Traumakompensation<br />

Bearbeitungsbeginn<br />

emotionszentrierte<br />

und kognitionsfokussierte<br />

Auseinandersetzung<br />

Erleichterung<br />

Zeitschiene/<br />

Lebensjahre


Wo sind wir …<br />

1. Bedarfslage<br />

2. Traumapädagogik<br />

3. Fachkräfte?<br />

4. Beispiel


Trauma und Gehirn


Wichtigster Schutzfaktor?<br />

‚emotional corrective experiences‘<br />

(Alexander & French, 1946; Bowlby, 1951;<br />

Cremerius, 1979; Grawe et al., 1994; Orlinsky<br />

et al., 1994; Rogers, 1957)


Bindung und Gehirn


Evolution und Bindungstheorie ...<br />

... der Sprung zum Säugetier<br />

⇒ Positive Seite: Adaption statt/plus Selektion<br />

⇒ Notwendigkeit des Bindungssystems<br />

⇒ Bedeutung des Lernens durch ‚ältere erfahrenere‘<br />

Beziehungsperson ins Extrem getrieben


‚fire and wire‘<br />

⇒ elektrische Impulse erhöhen die<br />

‚Gängigkeit‘ (Hebb, 1949)<br />

„Jede Form <strong>von</strong> Lernen basiert auf diesen<br />

Prozessen“ (Schmitt, 2008, S. 58)


Wichtigster Schutzfaktor?<br />

� schützende Inselerfahrungen“ (<strong>Gahleitner</strong>, 2005) auf<br />

mehreren Ebenen<br />

� ‚emotional corrective experiences‘ (Alexander & French,<br />

1946; Bowlby, 1951; Cremerius, 1979; Grawe et al., 1994;<br />

Orlinsky et al., 1994; Rogers, 1957)<br />

� „heilende Gemeinschaft“ (Perry & Szalavitz, 2006)<br />

� „positive Beziehungserfahrungen (Weiß, 2009)<br />

� „geschützter Handlungsraum“<br />

„Pädagogik des Sicheren Ortes“ (Kühn, 2009)<br />

� Stabilisierung physiologischer und psychologischer<br />

Reaktionen (Krüger, 2008; Reddemann, 2001)<br />

� Grundbedürfnisse (Borg-Laufs & Dittrich, 2010; Grawe, 2004;<br />

Obrecht, 2005)


Grundbedürfnisse …


Wo sind wir …<br />

1. Bedarfslage<br />

2. Traumapädagogik<br />

3. Konzept?<br />

4. Beispiel


Was wirkt ...<br />

... sagt die Forschung ...<br />

... sagt unsere Erfahrung ...


KATA-TWG: Was wirkt?<br />

I. Basisbestandteil des ‚Therapeutischen<br />

Milieus’ ist die Alltagsarbeit<br />

II. Bindungs – und Beziehungarbeit stellt die<br />

Kernkompetenz dar<br />

III. Strukturgebung bietet das fundamentales<br />

Gegenüber dazu<br />

IV. Therapie und Elternarbeit bieten die Chance,<br />

Veränderungsprozesse aus einem<br />

geschützten Raum in den Lebensalltag zu<br />

befördern, wenn ...<br />

V. Risiken und Nebenwirkungen: nicht zu<br />

verhindern, aber zu bedenken


Interdisziplinäres Arbeiten<br />

(Monika Fey, 2010)


Erfahrungs-Werte ...<br />

� Psychoanalytische Pädagogik (Dörr, 2010; Weiß,<br />

2011)<br />

� Traumazentrierte Pädgogik (Uttendörfer, 2008)<br />

� Pädagogik des sicheren Ortes (Kühn, 2007)<br />

� Konzept der Selbstbemächtigung (Weiß, 2009)<br />

� Traumapädagogische Gruppenarbeit (Bausum,<br />

2009)<br />

� (Selbst-)Fürsorge für PädagogInnen als<br />

institutioneller Auftrag (Lang, 2009)<br />

� Therapeutisches Milieu (<strong>Gahleitner</strong>, 2010)<br />

(verändert nach Weiß, 2011, S. 89 f.)


Traumabearbeitung ...<br />

... umfasst nicht nur Traumakonfrontation, sondern:<br />

� Selbstregulation und Stressreduktion<br />

� missbrauchtes Vertrauen und soziale Teilhabe<br />

neu entwicken<br />

� Veränderung dysfunktionaler Überzeugungen,<br />

Einstellungen und Selbstbilder (ICH bin!)<br />

� Traumazuordnungarbeit (Biographiearbeit)<br />

� Sinnfindung im ‚Jetzt und Hier‘<br />

� Umgang mit dem Körper<br />

... im Alltag (Schulze, 2011)<br />

(nach Weiß, 2011, S. 92)


Traumapädagogik Spektrum<br />

(Schmid, 2010)


I. Prozessual verstehen<br />

1. operationalisierbare Diagnostik<br />

2. biographische Diagnostik (rekonstruktiv)<br />

3. Sozial- und Lebenswelt-Diagnostik (Passung)<br />

Psychosoziale Diagnose<br />

(mehrdimensionale Problem- und<br />

Ressourcenmatrix: zum konkreten<br />

Vorgehen Pauls, 2004; <strong>Gahleitner</strong>,<br />

2005; <strong>Gahleitner</strong>, Schulze & Pauls,<br />

2009)


II. Mehrdimensional Versorgen<br />

(Sommerfeld & Hollenstein,<br />

2008; vgl. Forschungsberichte<br />

http://www.fhnw.ch/sozialearbe<br />

it/ipw/publikationen/forschungsberichte)


Qualifikationsprofil<br />

� Beziehungskompetenz<br />

� Fachkompetenz (Haltung!)<br />

� Systemkompetenz (Partizipation?)<br />

� personelle, disziplinäre und<br />

methodische Vielfalt im Team<br />

� Kooperation<br />

� Institution<br />

(vgl. auch Kühn, i. D.; Schulze, 2011; Weiß, 2011)


Psychosoziale Fachkräfte …<br />

� sind großflächig mit der Versorgung<br />

traumatisierter Kinder- und Jugendlicher<br />

betraut<br />

� zeigen im Traumabereich geballte<br />

Berufserfahrung und komplexe<br />

Wissensbestände<br />

� haben jedoch häufig ein anderes Selbst- und<br />

Fremdverständnis


Fachkräfte brauchen …<br />

� Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote (geeignete!)<br />

� klinische Fach- und Methodenkompetenz im<br />

Diagnostik- und Interventionsbereich<br />

� Verantwortungsübernahme und souveräne<br />

interdisziplinäre Kooperation<br />

� angemessene Anerkennung für anspruchsvolle Arbeit<br />

� ein anderes Selbstverständnis und dennoch<br />

Selbstreflexion<br />

... und dann auch noch zusätzlich Psychohygiene


... und Zeit ...<br />

Differenz der Skalenwerte (EVAS-Index)<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

Ressourcen<br />

Defizite<br />

0 bis 6 Monate 7 bis 12 Monate 13 bis 18 Monate mehr als 18 Monate<br />

Verweildauer<br />

Quelle: EVAS ikj Mainz (2000)


„Man sollte<br />

ein neues<br />

Menschenrecht<br />

einführen ...<br />

... das Menschenrecht<br />

auf eine unterstützende Beziehung“<br />

(<strong>Frau</strong> Albant)

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