Nur Abfall? - Model Holding AG

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EDITORIAL 2 Wertvolle Abfälle? Letztlich werden fast alle von uns konsumierten Güter zu Abfall. Gerade in westlichen Konsumgesellschaften mit ihrem grossen Güterkonsum hat eine zuverlässige und saubere Abfallentsorgung deshalb eine grosse Be - deu tung. Hier hat die Schweiz erfreuliche Ergebnisse vorzulegen: Während noch in den 80er- und 90er-Jahren die Abfallentsorgung eine wichtige Quelle der Umweltbelastung und ein Ärgernis für viele Bewohnerinnen und Bewohner unseres Landes darstellte, haben wir hier heute einen vergleichsweise guten Stand erreicht. Zwar ist es nur in Ausnahmefällen gelungen, den Konsum von Rohstoffen durch effizientere und langlebigere Güter zu reduzieren. Der Schadstoffgehalt vieler Güter liegt aber heute dank entsprechender Regelungen viel tiefer. So ist beispielsweise kein giftiges Cadmium mehr in Kunststoffen erlaubt. Die Separatsammlung einzelner Abfallfraktionen konnte die steigende Abfallmenge in den letzten 20 Jahren auffangen. Sie ist neben der Kehrichtverbrennung das zweite Standbein der Schweizer Abfallwirtschaft. Das verbesserte Recycling ist auch wichtig für die Reduzierung der Umweltbelastung. Dank diesem gelangen heute wesentlich mehr Rohstoffe wieder in den Güterkreislauf. In der Schweiz stieg der Anteil der verwerteten Abfälle aus dem Bereich von Haushalten und Kleingewerbe von etwa 25% im Jahr 1988 auf über 51% im Jahr 2005. Von grosser Bedeutung für diese Erfolge waren dabei sicher die Vorschriften der Ver - ordnung über Getränkeverpackungen, die beim Nichterreichen minimaler Recyclingquoten mit der Einführung eines Pfandes drohen. Wichtig waren auch freiwillige Sammel- und Finanzierungssysteme der Wirtschaft, z.B. für PET-Getränkeflaschen, Dosen und Papier; die Information durch Gemeinden, Abfallverbände und Wirtschaft; und schliesslich die verursachergerechte Finanzierung, d.h. die Sackgebühren für die nicht verwertbare Fraktion. Letztlich beruhen aber all diese Erfolge auf der Motivation und dem Mitmachen aller Bewohnerinnen und Bewohner. In den Nachbarländern sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen anders, was dazu führt, dass weitere Fraktionen separat gesammelt werden. Zum Beispiel zielt die schweizerische Gesetzgebung im Unterschied zu jener der Nachbarländer nicht allein auf Verpackungen: eine generelle Verpackungsverordnung gibt es hierzulande nicht, auch ist keine solche geplant. Hingegen gibt es Vorschriften, welche gewisse Verpa - ckungsarten oder -eigenschaften betreffen. Die aus dem Recycling gewonnenen Rohstoffe weisen aktuell eine gute Qualität auf und erzielen somit auch einen guten Preis auf dem Altstoffmarkt. Neue Produktentwicklungen (zum Beispiel neue Produktetiketten mit metallhaltigen Halb leiter-Chips) können jedoch die Qualität eines Sammelgutes beeinträchtigen und so ein gut funktionierendes System aus dem Gleichgewicht bringen. Das gilt es zu ver hindern. Erstrebenswert ist, dass ein Grossteil der Abfälle sauber und rein als Sekundärrohstoffe wieder in die Wirtschaft zurückfliesst. All diese Verwertungssysteme erlauben nicht nur eine Reduktion der Umweltbelastung, weil die Verwertung weniger belastend ist als die Entsorgung und Neuproduktion, die Verwertung ist oft auch deutlich billiger als die Verbrennung in Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA). Dennoch soll nicht um jeden Preis gesammelt werden: «Ein Abfall ist der stofflichen Wiederverwertung zuzuführen, wenn dadurch eine kleinere Umweltbelastung als aus der Beseitigung der Abfälle und der entsprechenden Neuproduktion entsteht. Zudem soll die Wiederverwertung längerfristig betriebswirtschaftlich gesichert sein» (Leitbild für die Schweizerische Abfallwirtschaft 1986). Das Verbot der direkten Ablagerung der nicht verwertbaren Abfälle und die grossen Verbesserungen bei der Abfallverbrennung haben die Umweltbelastung wesentlich reduziert. Eine moderne KVA kann Abfälle energetisch umwandeln zu Wärme und Strom, was auch für industrielle Prozesse in der näheren Umgebung genutzt wird. Die Abfallverwertung leistet so einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Ressourcennutzung. Vor allem Verbunde oder verschmutzte und vermischte Abfälle können auf diese Weise sinnvoll eingesetzt werden. Auch die energetische Nutzung anderer nichtverwertbarer Fraktionen zeichnet sich ab: Grünabfälle, Pflanzenreste und allenfalls Überreste von Holz könnten in Zukunft zu Treibstoffen verarbeitet und eingesetzt werden, was Abfälle unversehens zu einem wertvollen Gut macht. Dr. Hans-Peter Fahrni Bundesamt für Umwelt BAFU
Wegwerfgesellschaft Die Wegwerfgesellschaft ist ein Phänomen der westlichen Industrieländer. In Mangelwirtschaften – wie der Dritten Welt – wird aus der Not heraus eine intensive Wiederverwendung praktiziert. Ein Vorteil dieser Wirtschaftsbedingungen ist allerdings ein geringes Abfall - aufkommen. Was verstehen wir unter Wegwerfmentalität? Eine nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Einstellung sowie das gedankenlose Entsorgen von Abfällen (wie z.B. Flaschen, Papier, Ge - tränkedosen usw.) in die Landschaft, auf die Strasse oder in Grünanlagen, direkt nach Abschluss der Konsumhandlung. Die Wegwerfmentalität oder -gesellschaft orientiert sich daran, dass heute immer mehr unnötige und kurzlebige Gegenstände hergestellt und konsumiert werden. Auch hochwertige und entsprechend teure Produkte sind heute oft so gestaltet, dass sie auch bei einem geringfügigen Defekt nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand repariert werden können, z.B. elektronische Geräte. Kritische Stimmen argumentieren, dies diene einzig dazu, dass der Konsument neue Geräte kaufe und dadurch unnötigen Abfall produziere. In industrialisierten Ländern spricht man oft von «Müllnotstand». Nicht etwa, weil es zu viel Müll hat, nein, weil die Möglichkeiten, diesen zu entsorgen, fehlen oder ungenügend vorgesorgt wurde. Dies trifft vor allem auf den Gewerbemüll zu. In anderen Teilen spricht man derweil von ganz anderen Notständen. Leben von und mit Abfall Für tausende von Menschen sind Abfallberge wie z.B. die Smokey Mountain in Manila (Philippinen) zu einer Heimat und Einkommensquelle geworden. Die Bewohner von Smokey Mountain haben eigentliche Recycling Programme auf die Beine gestellt. Sie haben den «nicht-gewollten» Abfall in wertvollen einkommenserhaltenden Wertstoff geändert. Weshalb werden die Bewohner trotzdem evakuiert? Häufige Regenfälle lösen auf Müllhalden in tropischen Ländern immer wieder verheerende Erd - rutsche aus. Das Regenwasser transportiert gesundheitsschädliche Stoffe. Auch Gestank und Dämpfe haben erhebliche gesundheitliche Auswirkungen auf die Bewohner. Sie leiden an Atembeschwerden, Übelkeit, Kopfschmerzen etc. Nationale und internationale Organisationen werden eingesetzt, um Kosten effektive Programme umzusetzen. Es geht dabei nicht nur darum, dass allgemein weniger Abfall produziert wird, sondern auch darum, diesen richtig zu verwerten. Im Vordergrund stehen aber die Massnahmen, um die Bewohner zu unterstützen, denn diese haben durch die Umsiedlung teilweise ihr Einkommen verloren. Einerseits erlernen sie den professionellen Umgang mit Müll, andererseits neue Verarbeitungsmöglichkeiten. Über 100 Hausfrauen verarbeiten alte Zeitungen und Telefonbücher zu Handtaschen und Accessoires, die dann im australischen Markt verkauft werden. Eine Kleidermodelinie ist ebenfalls ins Leben gerufen worden, um zusätzliche Arbeitsplätze zu generieren. ABFALLWELTEN Auch wenn die Smokey Mountains heute mit Gras überwachsen sind, ist die Gefahr noch nicht gebannt. Neue Müllhalden entstehen. Die bessere Organisation hat neue «Bewohner» herangelockt. Die Menschen produzieren immer mehr Abfall. Während Mütter ihre Gemüsebeete mitten auf den «grünen» Bergen kultivieren, spielen die Kinder in den Regenrinnsalen, dabei die Gefahr durch das verun - reinigte Wasser völlig ausser acht lassend. (Quelle + Bilder: Asian Development Bank, Manila, Rita Festin) 3
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