Kiesteichente Dezember 2011 - Freie Waldorfschule Mannheim
Kiesteichente Dezember 2011 - Freie Waldorfschule Mannheim
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04/11 kiesteichente<br />
Internationale Werklehrertagung in <strong>Mannheim</strong><br />
Vom Handwerk zur Kunst<br />
...so lautet das Motto der Jahrgangsstufe 11 und 12 im künstlerisch-handwerklichen<br />
Unterricht. Die internationale Werklehrertagung<br />
<strong>2011</strong> in <strong>Mannheim</strong> widmete sich im Frühjahr ganz diesem<br />
Thema. Und so kam es, dass während eines langen Wochenendes<br />
im April alle Werkstätten der <strong>Waldorfschule</strong> in Neckarau zu Orten<br />
künstlerischen Schaffens wurden.<br />
Thomas Rappaport, Dozent an der Hochschule in Alfter und<br />
über viele Jahre Werklehrer an <strong>Waldorfschule</strong>n, versucht diesen<br />
besonderen künstlerischen Moment, in dem die Hände ihr „stilles<br />
Wissen“ dem Werkstück einprägen, in der einfachsten handwerklichen<br />
Tätigkeit, dem Spanschnitzen, sichtbar zu machen. Er ist<br />
überzeugt: „Wenn der Kopf den Händen traut, können diese zu<br />
sprechen beginnen.“ Diese Erfahrung machten während der Tagung<br />
auch zehn Werk- und Kunstlehrer der umliegenden <strong>Mannheim</strong>er<br />
Schulen, die bei ihm in einem Einführungskurs dem „stillen<br />
Wissen“ ihrer Hände nachspürten. Voraussetzungslos begann<br />
die Arbeit und die wenigen Handgriffe waren schnell erfasst. Das<br />
Messer wurde festgehalten und das Holz an seiner Klinge<br />
vorbeigeführt. Durch Druck und Zug bekamen die Späne ihre eigene<br />
Gestalt und ringelten sich mehr oder weniger fein vom Holz.<br />
Nach zunächst staunendem Schweigen wurden Erfahrungen ausgetauscht,<br />
die schnell auch einen größeren Bezug bekamen und<br />
grundsätzliche Fragen nach der Tätigkeit unserer Hände stellten.<br />
Mit dieser Methode gelang es Thomas Rappaport auf verblüffend<br />
einfache Weise, eine vertraute Atmosphäre zu schaffen, die Raum<br />
ließ, gemeinsam über Wesen und Ziel des Werkunterrichtes nachzudenken.<br />
„Die Werkstatt ist mein Atelier!“<br />
so beschreibt Christine Rehe aus Oldenburg ihre Tätigkeit mit den<br />
Schülern. Wenn sie die Schüler bei ihren Arbeiten begleitet, arbeitet<br />
sie parallel auch an ihren eigenen Werkstücken. Es geht in<br />
den oberen Klassen vor allem darum, dass die Schüler ihren eigenen<br />
Ausdruck finden und künstlerisch arbeiten. „Das können sie,<br />
wenn sie in den unteren Klassen den Umgang mit dem Werkzeug<br />
gelernt haben.“ So sieht es auch Ingo Fischle, zusammen mit<br />
Philipp Wagenmann, Rainer Hardorp, Oliver Luz und Jochen<br />
aus der schule<br />
Weidenbusch Gastgeber der Tagung an unserer Schule: „Durch<br />
Übung geschult, trifft der Schüler gefühlsmäßig Entscheidungen<br />
der Gestaltung. So vollzieht sich im Idealfall der Übergang vom<br />
kunsthandwerklichen Tun zum künstlerischen Arbeiten“.<br />
Nun ist der Werkunterricht an <strong>Waldorfschule</strong>n keine Fachausbildung<br />
und die Schule ist kein Malatelier und auch keine Tischlerei.<br />
Die Aufgabe an einer <strong>Waldorfschule</strong> liegt in ihrem Anspruch, ihre<br />
Schüler über das Kunsthandwerk hinaus zu einem tieferen Verständnis<br />
des Künstlerischen heranzuführen. Die Schüler können<br />
sich zunehmend darauf einlassen, sich vom Werkstück und nicht<br />
mehr vom Lehrer korrigieren zu lassen. So zu arbeiten ist in einer<br />
12. Klasse durchaus möglich, wenn in den vorangegangenen<br />
Schuljahren die Voraussetzungen geschaffen wurden und handwerkliche<br />
Fähigkeiten entwickelt werden konnten.<br />
„Der Schüler der 12. Klasse ist in der Lage, künstlerisch zu<br />
denken und kann<br />
nun seinen eigenen Intentionen nachspüren“. Der Lehrer wird<br />
zum Gesprächspartner auf Augenhöhe und kann, so Ingo Fischle,<br />
„dem Schüler jetzt vor allem durch sein eigenes künstlerisches<br />
Tun anregend helfen.“<br />
Um zu diesem wünschenswerten Punkt im Unterricht der oberen<br />
Klassen zu kommen, bedarf es eines breit angelegten Fundamentes<br />
in den vorangegangenen Schuljahren. Sowohl das Geschick<br />
im Umgang mit Material und Werkzeug braucht Zeit, die sich nicht<br />
beliebig verdichten, kürzen oder projektieren lässt, auch die Vielfalt<br />
der künstlerisch-handwerklichen Fächer trägt dazu bei, eine<br />
allgemeine Geschicklichkeit zu entwickeln. Indem die Fähigkeit,<br />
die in einer Disziplin erworben wurde, auf eine andere Disziplin<br />
gleichsam übertragen wird, variiert die erworbene Fingerfertigkeit<br />
und kann nun in einem Bereich angewendet werden, der ursprünglich<br />
Schwierigkeiten machte.<br />
Um dem Anspruch der <strong>Waldorfschule</strong> gerecht werden zu können,<br />
durch die erworbenen Fähigkeiten in den künstlerisch-handwerklichen<br />
Fächern positiv auf das Lernen in den kognitiven Fächer<br />
einzuwirken, braucht es Raum zur Entfaltung. Die Gruppengröße<br />
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