Vicki Baum - Filmarchiv Austria
Vicki Baum - Filmarchiv Austria
Vicki Baum - Filmarchiv Austria
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
VIcKI BAUM<br />
HOTEL SHANGHAI | A/D/VOLKS REPUBLIK cHINA 1996<br />
Spätestens seit Menschen im Hotel stand <strong>Vicki</strong><br />
<strong>Baum</strong>s Literatur in enger Verbindung zum Film.<br />
Eine große Zahl ihrer Romane wurde verfilmt, oft<br />
mehrfach und meist nur kurze Zeit nach deren Ver-<br />
öffentlichung. Menschen im Hotel wurde so gleich<br />
dreimal verfilmt: unter den Titeln GRAND HOTEL<br />
(USA 1932, Regie: Edmund Goulding), WEEKEND<br />
AT THE WALDORF (USA 1945, Regie: Robert Z.<br />
Leonard) und MENScHEN IM HOTEL (D 1959, Regie:<br />
Gottfried Reinhardt). Der 1959 von Rudolf Jugert<br />
verfilmte Roman Stud. Chem. Helene Willfüer kann<br />
als symptomatisch für den Film des sich wieder<br />
aufbauenden Nachkriegsdeutschlands angesehen<br />
werden. Mit seiner Mischung aus science, sex und<br />
crime, freilich in neokonservativer Abmilderung,<br />
und ohne die stärksten Momente des Romans, der<br />
in vielem für seine Zeit äußerst shocking gewesen<br />
sein musste, traf er wohl mitten ins Herz einer<br />
Generation, die alte Wunden leckte und doch lieber<br />
Boogie Woogie tanzte.<br />
<strong>Vicki</strong> <strong>Baum</strong>, die sich selbst als Medienstar insze-<br />
nierte (mit Bubikopf und schicker Kleidung, aber<br />
auch als Hausfrau und Mutter), hatte früh erkannt,<br />
dass in den neuen Medien, vor allem beim Film die<br />
Zukunft der Literatur lag. Dass Hollywood ihren<br />
großen Bestseller Menschen im Hotel 1931 für sich<br />
entdeckte, kann als Glücksfall einer Autorenkarriere<br />
betrachtet werden. Die Verfilmung von Edmund<br />
Goulding gehört zwar nicht zu den avanciertesten<br />
Filmen der Zeit, hat aber das Genre des Ensem-<br />
blefilms geprägt, denn alle wichtigen Rollen des<br />
Films waren hochkarätig besetzt. An der Spitze des<br />
Ensembles freilich tänzelte Greta Garbo als alternde<br />
Ballerina Grusinskaya herum, die mit ihrem melan-<br />
cholisch dahin gehauchten Satz »But I want to be<br />
alone!« die existenzielle Verfasstheit einer ganzen<br />
Generation benannte.<br />
Nicole Streitler, geb. 1972 in Dornbirn. Literaturwissenschaftlerin,<br />
Literaturkritikerin und Autorin. Zwischen 1997 und 2003 Universitätslektorin<br />
in Nizza/Frankreich und Bari/Italien. Mitarbeit an<br />
der digitalen Gesamtedition des Werkes von Robert Musil. Derzeit<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin im FWF-Projekt »Grundlagen der<br />
Horváth-Philologie« am Literaturarchiv der Österreichischen<br />
Nationalbibliothek und Lehrbeauftragte an der Universität Wien.<br />
Diverse Publikationen zu Ödön von Horváth und: Musil als Kritiker<br />
(Bern 2006).<br />
33