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Arbeitsdokumentation 2006 - Freiburger Münsterbauverein

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<strong>Arbeitsdokumentation</strong> <strong>2006</strong>


Inhalt<br />

Yvonne Faller - Christian Leuschner - Thomas Laubscher<br />

Die Arbeiten der Münsterbauhütte <strong>2006</strong><br />

Stefan King<br />

Der Spolienfund am südlichen Seitenschiff<br />

Eberhard Grether<br />

Konservierung und Restaurierung des Lammportals<br />

Johanna Quatmann - Luzius Kürten<br />

Restaurierung des Schöpfungsportals<br />

Seite 3<br />

Seite 22<br />

Seite 26<br />

Seite 28<br />

-2-


Vorwort<br />

Arbeitsbericht <strong>2006</strong><br />

Die Arbeiten im Jahr <strong>2006</strong> waren geprägt<br />

durch die Einrichtung zweier<br />

Großbaustellen: das westliche Joch<br />

auf der Südseite mit dem kompletten<br />

Strebewerk und die Pyramide des<br />

Hauptturmes.<br />

Dabei stellte die Einrüstung des Hauptturmes<br />

ein große Herausforderung dar.<br />

Nicht nur technisch, sondern auch logistisch,<br />

da der Münsterplatz, auf dem<br />

täglich ein lebhafter Markt stattfindet,<br />

für die Dauer der Montage aus Sicherheitsgründen<br />

mehrfach für einige Tage<br />

komplett gesperrt werden musste. Dies<br />

war für die Betreiber der Marktstände<br />

in der Hochsaison eine nur schwer zu<br />

vermittelnde Einschränkung. Zumal<br />

sich diese Sperrungen zeitlich nicht<br />

immer genau vorhersagen ließen, da<br />

die Montagearbeiten am Gerüst abhängig<br />

vom Wetter waren.<br />

Im Mai war der Turm mit Ausnahme<br />

der obersten 16 m eingerüstet, und es<br />

war der <strong>Freiburger</strong> Bevölkerung und<br />

den Besuchern deutlich vor Augen geführt,<br />

dass das Wahrzeichen der Stadt<br />

nun für eine Weile dem Anblick entzogen<br />

wird. Wir hoffen, dass diese Einschränkung<br />

den einen oder anderen<br />

dazu animiert, mit kleinen und großen<br />

Spenden die Einrüstzeit zu verkürzen.<br />

Für das Team der Münsterbauhütte bedeuteten diese beiden Großbaustellen verstärkten personellen<br />

und finanziellen Einsatz. Ein eigens für den Turm gebildetes Team aus Steinmetzen<br />

und Restauratoren unterstützt die Stammmannschaft aus der Münsterbauhütte.<br />

Ein Arbeitsfeld mit wachsender Bedeutung stellen die unterschiedlichen Restaurierungstechniken<br />

dar. Der Erhalt originaler Bausubstanz ist oberstes Gebot, solange dies konstruktiv und<br />

statisch vertretbar ist. Um auch hier immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein und<br />

um die Arbeitsergebnisse zu optimieren, wurde in diesem Jahr eigens eine Restaurierwerkstatt<br />

mit allen notwendigen Materialien und Geräten eingerichtet. Die ständige Weiterbildung durch<br />

die Zusammenarbeit mit freien Restauratoren und durch den Austausch mit den Spezialisten<br />

der Denkmalpflege wird die Qualifikation der Mitarbeiter der Münsterbauhütte laufend verbessern.<br />

Dieses Verfahren bietet die Chance, die für das Bauwerk wichtige Kontinuität mit neuen<br />

Erkenntnissen zu verbinden und damit zum langfristigen Erhalt des Bauwerkes beizutragen.<br />

Yvonne Faller<br />

-3-


Südansicht<br />

Chor-Nordseite<br />

Lageplan der aktuellen Münsterbaustellen<br />

-4-


Südseite Langhaus, 1. Joch<br />

Gerüstbau<br />

Bereits im Herbst 2005 wurde mit dem Gerüstbau begonnen und bis auf Seitenschiffhöhe (ca.<br />

10m) geführt (Abb.1). Zunächst wurden mit dem Autokran zwei Apostel abgebaut (Abb.2). Die<br />

beiden Figuren wurden an ihrer Rückseite von der Verankerung freigelegt, mit Nylongurten<br />

eingebunden und mit einem weiteren Gurt abgeseilt (Abb.3). Den Kraneinsatz übernahm die<br />

Dachdeckerfirma Baudler. Mit dem Gabelstapler wurden die Apostelfiguren dann stehend und<br />

mit Gurten gesichert zur Restaurierung in die Münsterbauhütte transportiert.<br />

Danach wurde das Seitenschiffdach bis zur Obergadenwand mit dem Gerüst überbaut. Da<br />

man im Bereich der steinernen Rinnen am Seitenschiff bzw. in der neuen Dachhaut des Seitenschiffs<br />

kein Auflager zur Verfügung hatte, wurden die beiden Joche 1 und 2 mit Stahlträgern<br />

von Pfeiler zu Pfeiler überbaut (Abb.4). Nun konnte der Gerüstbau zügig bis auf die Gesamthöhe<br />

von 32 m hochgezogen werden (Abb.5). Um die Pyramide des südlichen Treppenturms<br />

in die Sanierung mit einzubeziehen wurde das Gerüst an der südöstlichen Turmecke bis über<br />

die Sterngalerie erhöht (Abb.6-8). Während der laufenden Gerüstmontage an den Jochen 1<br />

und 2 konnten an den fertiggestellten Jochen 3 und 4 das alte Fundament abgebrochen und<br />

entsorgt werden (Abb.9).<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 1 Arbeitsgerüst bis<br />

zur halben Höhe fertiggestellt<br />

Abb. 2 Abbau Apostel am<br />

Strebepfeiler 1/2 Süd<br />

Abb. 3 Apostel am Haken<br />

-5-


Christian Leuschner<br />

Abb. 4 Stahlträgermontage<br />

in Höhe Seitenschiff<br />

Abb. 5 Süd- und Turmgerüst<br />

Abb. 6 Fertiggestellte<br />

Arbeitsgerüste - Südseite<br />

Abb. 7 Gerüstmontage<br />

Strebepfeiler 1/2 Süd<br />

-6-


Bauschäden<br />

Im Rahmen einer umfangreichen und ausführlichen<br />

Begehung wurden die größten<br />

Schäden begutachtet und fotografiert.<br />

Am Baldachin des westlichen Strebepfeilers<br />

0/1 Süd befand sich im Steinverband<br />

kein Mörtel mehr. Der Kalkmörtel war<br />

zu Humus zersetzt und aus den Fugen<br />

wuchsen Grünpflanzen (Abb.10). Die<br />

profilierten Steineschichten der Wimpergsteine<br />

waren derart zerstört, dass ablaufendes<br />

Regenwasser nicht mehr an den<br />

Wassernasen abtropfte, sondern sich<br />

über die darunter eingebauten Blattwerkfriese<br />

einen Weg gesucht hatte (Abb.11).<br />

Die dadurch verursachte Rückwitterung<br />

der Steinoberfläche hat den Blattfries in<br />

Teilbereichen so stark geschädigt, dass<br />

Kanten verrundet wurden und Details des<br />

Blattwerks fehlen (Abb.12). Teilbereiche<br />

der Strebepfeilerfläche weisen partiellen<br />

Steinverfall an einzelnen Quadersteinen<br />

(vorwiegend vom Lorettoberg) auf<br />

(Abb.13). Aber auch der ab 1912 verwendete<br />

Almendsberger Sandstein zeigt an<br />

einer Vierung des gleichen Steins (senkrechte<br />

Profilvierung) schon nach ca. 80<br />

Jahren deutliche Zerfallserscheinungen<br />

(Abb.13).<br />

In etwa 12m Höhe des Strebepfeilers 0/1<br />

befinden sich 3 Wasserspeier. Die Konsole<br />

unter dem Wasserspeier nach Westen<br />

stellt einen Affen dar und ist unrettbar<br />

zerfallen (Abb.14). Hier kann nur noch<br />

auf den vorhandenen Gipsabguss zum<br />

Kopieren zurückgegriffen werden. Ebenso<br />

viele Steinschäden weist am gleichen<br />

Strebepfeiler der Baldachin mit einer Königsfigur<br />

auf (Abb.15). Die Kapitelle unter<br />

dem Baldachin können nur durch Kopien<br />

ersetzt werden (Abb.16). Als tragende,<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 8 Gerüstaufbau am<br />

südlichen Treppenturm<br />

Abb. 9 Abbruch altes<br />

Gerüstfundament<br />

Abb. 10 „Begrünter“<br />

Baldachin am Strebepfeiler<br />

0/1Süd<br />

Abb. 11 Steinschäden an<br />

Baldachin und Blattfries<br />

Abb. 12 Wasserschäden<br />

am Blattfries<br />

-7-


statisch wichtige Teile können sie nicht<br />

mehr durch steinkonservatorische Mittel<br />

erhalten werden. Auch der Baldachin<br />

über König David mit der Harfe ist<br />

nicht mehr konservierbar (Abb.17). Er<br />

wurde bereits vor 90 Jahren als Kopie<br />

in Almendsberger Sandstein ersetzt.<br />

Die Fiale dieses Baldachins wurde bereits<br />

während der jährlichen Kontrollen<br />

vor 3 Jahren aus Sicherheitsgründen<br />

abgenommen.<br />

Am Strebebogen des Pfeilers 0/1 gibt<br />

es ebenfalls gravierende Steinschäden.<br />

Die Wassereinläufe in den Strebebögen<br />

sind aufgrund der permanenten<br />

Durchfeuchtung mit Regenwasser<br />

zerfallen und müssen ausgebaut werden<br />

(Abb.18). Die Bogenanfänger des<br />

Strebebogens sind ebenfalls durch<br />

Wasserschäden, die auf den defekten<br />

Wasserkanal im Strebebogen zurückzuführen<br />

sind, stark geschädigt<br />

(Abb.19). Gemeinsam mit dem Statiker<br />

muss hier eine Lösung gefunden<br />

werden, die sowohl den statischen, als<br />

auch den steinkonservatorischen Anforderungen<br />

gerecht wird.<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 13 Steinschäden in<br />

der Fläche des Lisenenpfeilers<br />

Abb. 14 Steinschäden an<br />

Wasserspeierkonsole<br />

Abb. 15 Taubenkot auf<br />

Königsfigur<br />

Abb. 16 Zerfallenes Blattkapitell<br />

-8


Sanierungsarbeiten<br />

Zunächst wurde mit dem Abbau der<br />

Maßwerke im 1.und 2.Joch des südlichen<br />

Seitenschiffs begonnen. Die 6<br />

Maßwerke wurden in einem ersten Restaurierungsschritt<br />

vorgefestigt. Nach<br />

der Ausreaktion des Kieselsäureesters<br />

wurde mit dem Strahlgerät (kleiner<br />

Strahlkopf) und Glaspudermehl mikrofein<br />

die Gipskrusten entfernt und<br />

die aufliegenden Schmutzschichten<br />

reduziert. Nach diesem Reinigungsvorgang<br />

wurden die jetzt zusätzlich erkennbaren<br />

Schäden (vor allem Risse)<br />

nachkartiert.<br />

Gemeinsam mit Vertretern der Denkmalpflege<br />

wurde das Restaurierungskonzept<br />

entwickelt. Um soviel Originalsubstanz<br />

wie möglich zu erhalten,<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 17 Ausgebauter Baldachin<br />

des König David<br />

Abb. 18 Steinschäden am<br />

Strebebogen 1/2 Süd<br />

Abb. 19 Steinschäden am<br />

Strebebogen 1/2 Süd<br />

Abb. 20 Rissverfüllung mit<br />

KSE-Mischung am Seitenschiffmaßwerk<br />

-9-


wurde beschlossen die nur an den<br />

Außenseiten stark angegriffenen 6<br />

Maßwerke des Seitenschiffs nach erfolgter<br />

Restaurierung umgedreht, mit<br />

der intakten Innenseite nach außen,<br />

wieder einzubauen. Die leicht zugängliche<br />

Situierung ermöglicht eine<br />

sehr gute Kontrolle der durchgeführten<br />

Konservierungsarbeiten von der<br />

Galerie aus. Weitere Arbeitsschritte<br />

waren das Schließen der Risse mit<br />

KSE-Silikatkleber, das Anböschen<br />

mit Mischungen aus dem KSE-Modulsystem<br />

der Fa. Remmers, sowie<br />

die Ergänzung durch Steinvierungen<br />

(Abb.20 u.21).<br />

Die letzte zu sichernde Apostelfigur<br />

des Strebepfeilers 0/1 wurde nach einer<br />

Vorfestigung mit Funcosil 300 der<br />

Fa.Remmers ebenfalls im Trockenstrahlverfahren<br />

gereinigt (Abb.22).<br />

Anschließend erfolgte die Nachkartierung<br />

der zusätzlich erkennbaren<br />

Schadstellen. Mit den o.a. Restaurierungstechniken<br />

wurde auch hier die<br />

Steinsubstanz konsolidiert und nach<br />

Abschluss der verschiedenen Arbeitsgänge<br />

nachgefestigt. Erst nach der<br />

Vollendung der Strebepfeilersanierung<br />

wird der Apostel wieder seinen<br />

angestammten Platz am ersten südlichen<br />

Strebepfeiler einnehmen.<br />

Für die zerstörte Doppelkreuzblume<br />

der 2. Obergadenfiale gab es kein erhaltenes<br />

Vorbild mehr. Nur auf einer<br />

alten Glasplatte war diese Fiale im<br />

Zusammenhang mit einer Turmabbildung<br />

erkennbar. Mittels CAD-Techniken<br />

wurde die benötigte Schablone<br />

zum Anfertigen der Kopie abgeleitet.<br />

Steinbildhauer Andreas Steffan hat<br />

das rekonstruierte Stück neu gefertigt<br />

(Abb.23).<br />

Spolienfund im 2.Joch des Seitenschiffs<br />

Bei den vorbereitenden Steinausbauarbeiten im 2.Joch des südlichen Seitenschiffs stieß<br />

Steinmetz Thomas Prinich auf profilierte Steinteile, die als Füllsteine hinter einem auszuwechselnden<br />

Quaderstein steckten (Abb.24). Der Fund wurde dokumentiert und vom Bauforscher,<br />

Herrn King, lokalisiert. Ein ausführlicher Bericht dazu, sowie ein genauer Lageplan sind in<br />

einem Beitrag dieser <strong>Arbeitsdokumentation</strong> separat enthalten. Die fünf Teilstücke werden im<br />

Lapidarium der Münsterbauhütte archiviert (Abb.25).<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 21 Verkleben einer<br />

Vierung im Seitenschiffmaßwerk<br />

Abb. 22 Reinigung einer<br />

Apostelfigur mit Glaspudermehl<br />

Abb. 23 Fertigen der<br />

Kreuzblume für die Obergadenfiale<br />

Abb. 24 Fundstelle der<br />

Profilfragmente<br />

Abb. 25 Profilfunde aus<br />

dem Quadermauerwerk<br />

-10


Abschlussarbeiten im Sockelbereich des 3. und 4. Jochs (Südseite)<br />

Nachdem der Sockelbereich der beiden Joche gerüstfrei und das Betonfundament abgebrochen<br />

war, konnten die Arbeiten an den Sockelprofilen und den vorher verbauten Wandflächen<br />

ausgeführt werden. Die Wandflächen wurden trocken mit Glaspudermehl gestrahlt und Fehlstellen<br />

ausgefugt (Abb.26). Bis auf 4 Quaderplatten über dem Sockel wurden keine Steinauswechslungen<br />

vorgenommen. Risse und kleine Fehlstellen wurden mit dem KSE-Modulsystem<br />

geschlossen und farblich einretuschiert. Vom Sockelprofil wurden 12 neue Stücke von den<br />

Auszubildenden in der Werkstatt gearbeitet und vor Ort eingebaut (Abb.27).<br />

Universitätskapelle<br />

Im Zusammenhang mit dem 550-Jahr-<br />

Jubiläum der Universität Freiburg wurde<br />

vom Erzb. Bauamt die Universitätskapelle<br />

saniert. Da auch die Fenster<br />

von den Sanierungsmaßnahmen betroffen<br />

waren, wurde die Gelegenheit<br />

genutzt, die Schäden an den Fensterbänken<br />

und Maßwerken zu beseitigen.<br />

Im März wurde die Fassade der Universitätskapelle<br />

eingerüstet. Um witterungsunabhängig<br />

arbeiten zu können<br />

wurde das Gerüst komplett eingehaust<br />

und mit einem Dach versehen.<br />

Nach einer partiellen Vorfestigung der<br />

Rinnengesimse unter den Maßwerkbrüstungen<br />

konnte mit der Steinreinigung<br />

begonnen werden. Anschließend<br />

werden schadhafte Fugen ausgeräumt<br />

sowie Risse und Schalen mit Silikatkleber<br />

verfüllt (Abb.28). Verschiedene<br />

Vierungen an der Fensterbank<br />

(Abb.29), der Wandfläche, den Fenstermaßwerken<br />

und den Kapellenbrüstungen<br />

folgten.<br />

Auf den schrägen Flächen der Fensterbank<br />

wurden massive neue Sandsteinplatten<br />

(Lahrer Stein) eingesetzt<br />

(Abb.30). Alle Fugen zwischen den<br />

Fenstermaßwerken wurden neu verbleit<br />

und die übrigen neu verfugt<br />

(Abb.31).<br />

Im Oktober konnten die Arbeiten der<br />

Münsterbauhütte abgeschlossen werden.<br />

(Abb.32).<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 26 Überarbeitung<br />

der Wandflächen im<br />

4.Joch, Südseite<br />

Abb. 27 Steinaustausch<br />

am Sockelgesims des<br />

4.Jochs<br />

Abb. 28 Rissverfüllungen<br />

an der Fensterbank,<br />

Unikapelle<br />

Abb. 29 Ausgearbeitete<br />

Fensterbank, Unikapelle<br />

Abb. 30 Eingesetzte<br />

Vierungen an der Fensterbank,<br />

Unikapelle<br />

-11-


Schöpfungsportal<br />

Aufgrund der günstigen Witterung konnten<br />

zum Jahresanfang <strong>2006</strong> die abschließenden<br />

Arbeiten am Schöpfungsportal von<br />

Seiten der Bauhütte ausgeführt werden. In<br />

Höhe der Fensterbank wurde der Wimpergstein<br />

versetzt, (Abb.33) und, mit Halsglied<br />

und Doppelkreuzblume, die abschließenden<br />

Werkstücke aufgesetzt (Abb.34 u.35).<br />

Nach der Reparatur der Butzenscheiben<br />

über der Fensterbank wurden die noch offenen<br />

Fugen geschlossen. Als letzte Maßnahme<br />

wurden die Maßwerke über dem<br />

Schöpfungsportal und der Blumeneggkapelle<br />

mit einem feinmaschigen Perlonnetz<br />

als Taubenschutz von der Fa. GSD installiert.<br />

Ein Bericht über die restauratorischen<br />

Arbeiten am Tympanon des Portales von<br />

Johanna Quadmann und Luzius Kürten ist<br />

diesem Jahresbericht beigefügt.<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 31 Bleiverguss am<br />

Maßwerk der Unikapelle<br />

Abb. 32 Saniertes Maßwerk,<br />

Unikapelle<br />

Abb. 33 Einbau des<br />

Wimpergsteins am Schöpfungsportal<br />

Abb. 34 Versetzen der<br />

Doppelkreuzblume<br />

Abb. 35 Endzustand des<br />

Wimpergs und Maßwerks,<br />

Schöpfungsportal<br />

-12-


Pyramide desWestturms<br />

Gerüstbau<br />

Die Gerüstbauarbeiten wurden noch im Jahr<br />

2005 beschränkt ausgeschrieben. Es wurden<br />

5 Firmen bundesweit zum Angebot aufgefordert.<br />

Die Fa.Becker aus Denzlingen erhielt<br />

den Auftrag als kompetenter und günstigster<br />

Bieter.<br />

Bedingt durch den unerwarteten Wintereinbruch<br />

Anfang März, konnten die eigentlichen<br />

Gerüstarbeiten erst Ende März begonnen<br />

werden. Der Aufbau des Baustellenaufzugs<br />

wurde bereits im Januar begonnen. Vom<br />

Zimmerer wurde das nördliche Gerüstlager<br />

im Dachbereich geöffnet und umgebaut. Es<br />

entstanden 3 aufklappbare Lukendeckel zum<br />

Durchfahren des Aufzugskorbes (Abb.36).<br />

Die Unterkonstruktion des Bauaufzugs wurde<br />

so eingerichtet, dass sie mit den aufgesetzten<br />

Masten mittig durch die Stahlträger in<br />

63m Höhe passen. Mit Hilfe eines Hubsteigers<br />

wurden die Abstrebungen der Masten<br />

im Abstand von jeweils 6m am Turmschaft<br />

verdübelt (Abb.37 u. 38). Es wurden zum Befestigen<br />

der einzelnen Ankerplatten jeweils<br />

4 demontierbare Hinterschnittdübel der Fa.<br />

Fischer mit 16mm Durchmesser verwendet.<br />

Aus den beiden auskragenden Stahlträgern<br />

mussten Aussparungen herausgeschnitten<br />

werden, die es ermöglichten, die Aufzugsmasten<br />

dazwischen weiter nach oben aufbauen<br />

zu können (Abb.39). Der weitere Aufbau<br />

des Aufzugs wurde vor den nördlichen<br />

Oktogonfenster vorbei bis auf eine vorläufige<br />

Höhe von 75 m weitergeführt (Abb.40). Hier<br />

entstand in der oberen Galerie um den Pyramidenansatz<br />

eine erste Gerüstplattform für<br />

den weiteren Materialtransport (Abb.41). Mit<br />

dem Erstellen weiterer Gerüstetagen wuchs<br />

auch der Bauaufzug kontinuierlich in die<br />

Höhe bis auf 94 m (Abb.42).<br />

Die Aufsicht über diese hochsensible Gerüstaufbauarbeiten<br />

wurde Herrn Egloff als SiGe-<br />

Ko übertragen. Während der Aufbauarbeiten<br />

musste der Münsterplatz abschnittweise in<br />

einem Sicherheitsradius von 30 m abgesperrt<br />

werden. Um den sicheren Passantenverkehr<br />

zu gewährleisten, wurden 4 Schutztunnel<br />

errichtet. Die Gerüstarbeiten wurden jeweils<br />

von Montag bis Donnerstag ausgeführt. So<br />

konnten die Absperrungen für den großen<br />

Marktbetrieb freitags und samstags entfernt<br />

werden.<br />

Um bei den Steinsanierungsarbeiten an der<br />

Turmpyramide in den kommenden Jahren<br />

den Markbetrieb nicht durch Sicherheitsabsperrungen<br />

zu beeinträchtigen, wurde ein 5m<br />

breiter Fangboden am Gerüstfuß installiert<br />

(Abb.43 u. 44).<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 36 Beginn des Aufzugsaufbaus<br />

am Westturm<br />

Abb. 37 Montage der<br />

Gittermasten für den Bauaufzug<br />

Abb. 38 Mastmontage mit<br />

Hubsteiger<br />

-13-


Parallel zum äußeren Gerüst wurde auf den<br />

Stahlträgern im Inneren auf der Besucherplattform<br />

ein Gerüstturm erstellt der es ermöglichte,<br />

eine Plattform für den weiteren<br />

Gerüstaufbau zu schaffen (Abb.45 u. 46).<br />

Bis Mitte Mai <strong>2006</strong> wurde das Gesamtgerüst<br />

bis zu der Höhe von 94 m fertig gestellt, von<br />

einem Prüfstatiker abgenommen und freigegeben.<br />

Aus statischen Überlegungen wird die oberste<br />

Turmspitze (von 94 – 116 m ) erst im Frühjahr<br />

2007 eingerüstet, im Sommer restauriert<br />

und im Herbst wieder ausgerüstet werden.<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 39 Trennarbeiten<br />

an den Stahlträgern der<br />

Turmplattform<br />

Abb. 40 Aufzug bis auf<br />

90m montiert<br />

Abb. 41 Gerüstaufbau an<br />

der Westturmpyramide<br />

Abb. 42 Gerüstaufbau an<br />

der Westturmpyramide<br />

Abb. 43 Montage des<br />

Fangbodens<br />

-14-


Sanierungsarbeiten<br />

Mitte Mai <strong>2006</strong> begannen die ersten Maßnahmen<br />

der Turmhelmsanierung.<br />

Die Bestandsaufnahme im Rahmen einer<br />

Sanierungsplanung umfasst sowohl die Ermittlung<br />

von Schäden, d. h. Schadensart,<br />

-ausmaß und -intensität, als auch Schadensursachen.<br />

Aufgrund der herausragenden Bedeutung<br />

der mittelalterlichen Turmpyramide wurde<br />

ein umfangreiches Untersuchungskonzept<br />

erstellt.<br />

Dazu wurde ein interdisziplinäres Team<br />

aus Bauforscher, Denkmalpflegern, Geolo-<br />

Thomas Laubscher<br />

Abb. 44 Das fertige Gerüst<br />

mit Fangboden<br />

Abb. 45 Aufbau des inneren<br />

Gerüsts<br />

Abb. 46 Untersicht des<br />

inneren Gerüsts<br />

Abb. 48 Steinschäden an<br />

der Turmpyramide<br />

-15-


gen/Mineralogen und Sachverständigen für<br />

Naturstein, Metall und Statik zusammengestellt.<br />

Zunächst wurde die Oberflächenbeschaffenheiten<br />

wie Bewuchs, Verschmutzungen und<br />

Krusten kartiert und mit Kieselsäureester<br />

eine partielle Vorfestigung der stark absandenden<br />

Oberflächen und Schalenbildungen<br />

vorgenommen.<br />

In einem weiteren Schritt wurde der Bewuchs<br />

mechanisch mit Holzspateln entfernt und die<br />

„Blumenkohl – Krusten“ mit dem Spachtel<br />

ausgedünnt. Die anschließende Trockenreinigung<br />

mit Glaspudermehl (Roto Soft, mikrofein:<br />

0,04 – 0,08 mm) erfolgte mit einem<br />

Druck von ca. 1,8 - 2,0 bar. Zum Einsatz<br />

kamen 2 Niederdruckstrahlgeräte der Fa.<br />

Weißenburger, Karlsruhe, sowie 2 Kompressoren<br />

der Fa. Kaeser, Coburg.<br />

Diese Arbeiten wurden von Florentine Sommer,<br />

Jenny Steiger und Tilmann Borsdorf unter<br />

der Leitung von Luzius Kürten und Thomas<br />

Laubscher sorgfältig ausgeführt.<br />

Als Grundlage für die Erstellung der Innenansichten<br />

der Turmhelmmaßwerke dienten<br />

die gespiegelten, photogrammetrischen<br />

Außenansichten des Turmhelms. Nils Erler<br />

überarbeitete anschließend digital die Innenansichten<br />

der Schichten 1-7, Tilmann Borsdorf<br />

stellte die Abwicklungen in den Schichten<br />

8-10 fertig.<br />

In enger Zusammenarbeit und Abstimmung<br />

mit dem LAD Baden-Württemberg und dem<br />

Diplomrestaurator Luzius Kürten wurde ein<br />

Schadensglossar erstellt. Die Durchführung<br />

der Schadenskartierung erfolgte auf der digitalen<br />

Plangrundlage der Photogrammetrien.<br />

Mit Hilfe von Tablett-PC können direkt<br />

vor Ort die Schadensbilder auf den Desktop<br />

übertragen werden (Abb.51). Hierfür wurde<br />

extra von der Münsterbauhütte eine ACAD<br />

Applikationssoftware modifiziert.<br />

Der Zustand der Mörtel- und Bleifugen wurde<br />

ebenfalls, jedoch separat dokumentiert.<br />

Hauptschadensbilder:<br />

Stein: Reliefbildung (Rückwitterung), Schalenbildung,<br />

Absanden, Schuppenbildung,<br />

Rostsprengungen, Krustenbildung, Risse<br />

(materialbedingte und statische Risse), Fehlstellen<br />

/Ausbrüche<br />

Fugen: Mörtel: Absanden, Flankenrisse,<br />

Fehlstellen, Rückwitterung, Salzausblühung<br />

Blei: Flankenrisse, Fehlstellen, mangelhaftes<br />

Nachverstemmen.<br />

Thomas Laubscher<br />

Abb. 49 Kartierung der<br />

Turmpyramide<br />

Abb. 50 Mineralogin im<br />

Maßwerk<br />

Abb. 51 Digitale Kartierung<br />

an der Turmpyramide<br />

-16-


Zusammenfassung der verschiedenen Untersuchungsergebnisse:<br />

Bauforschung: (Stefan King)<br />

Die komplette Bauzeitenkartierung der Außenseite zeigt, dass in den unteren Schichten sehr<br />

viel Originalgestein noch vorhanden ist, nach oben hin verstärkt ausgetauscht wurde. Insgesamt<br />

kann man von einem Originalbestand von 70-80% ausgehen.<br />

Gesteinsvarietäten: (Astrid Hirsch)<br />

Originalgestein (vermutlich Lorettoberg)3 Varietäten,<br />

Gestein 16.Jh. (vermutlich Lorettoberg) 1 Varietät,<br />

Gestein um 1920 (Allmendsberg) 1 Varietät,<br />

Gestein um 1960 (Freudenstadt und „Maintäler Sandstein“)<br />

Mörtel: (Stefan King)<br />

Drei Mörteltypen lassen sich identifizieren, der älteste scheint aus dem frühen 19.Jh. zu<br />

stammen. Originale Mörtelsubstanz lässt sich in den Fugen nicht mehr nachweisen.<br />

Metall: (Rolf-Dieter Blumer)<br />

Eine erste Untersuchung mit Iridionstrahlung zeigt intakte Schmiedehäute auf den Ringankern.<br />

Für genauere Erkenntnisse soll eine weitere Bestrahlung mit Kobalt erfolgen.<br />

Nach der Bestandskartierung und parallel zu den wissenschaftlichen Untersuchungen erfolgte<br />

die Maßnahmekartierung über die durchzuführenden konservatorischen Arbeiten.<br />

Gemeinsam mit den Vertretern der Denkmalpflege wurde festgelegt, welche Steine ausgetauscht<br />

werden müssen, und welche konservatorisch behandelt werden können.<br />

Dabei wurde abgewogen zwischen dem Wunsch originale Substanz zu erhalten und der<br />

Notwendigkeit, in dieser Höhe eine weitere Mindestlebensdauer von ca. 50 Jahren zu schaffen.<br />

Für die Schichten 6 und 7 sind die auszutauschenden Werkstücke / Vierungen im Oktober<br />

festgelegt und das Material im Steinbruch Lahr – Kuhbach bestellt worden.<br />

Auch dieser neu einzubauende Stein wurde im Vorfeld genau geprüft, um für die herausragende<br />

Einbauposition nur das beste Material zu erhalten.<br />

Für die Fertigung der Werkstücke wurde auf der Nord-West-Seite eigens eine Bauhütte mit<br />

bis zu 3 Arbeitsplätzen eingerichtet.<br />

Zur Mörtelentwicklung sind die Anforderungen an den Fugen- und Versetzmörtel gestellt,<br />

und die Parameter festgelegt worden. Zur Zeit laufen die Beprobungen.<br />

Thomas Laubscher<br />

-17-


Stufenanlage Altarbereich<br />

Im Auftrag des Erzb. Bauamtes wurden die Sandsteinstufen des umgestalteten Altarbereiches<br />

verlegt. Das Steinmaterial wurde von der Firma Vetter (Eltmann/Main) geliefert (Abb.52).<br />

Der Abbau der provisorischen hölzernen Stufenanlage und Altarzone wurde von der Zimmererfirma<br />

Schäfer ausgeführt. Die darunter befindliche alte Stufenanlage aus Pfaffenweiler<br />

Sandstein wurde von der Firma Luther abgebaut und in der Münsterbauhütte zwecks weiterer<br />

Verwendung eingelagert. Im Bereich der beiden Bündelpfeiler stieß man auf Fundamentreste<br />

des romanischen Münsterbaus aus dem 12.Jahrhundert. Nach umfangreichen Untersuchungen<br />

durch Bauforscher wurde ein Kompromiss zwischen Altbestand und Neuplanung gefunden,<br />

um den Altbestand zu sichern. Anfang September wurde mit dem Versetzen der neuen<br />

Stufenanlage in der Vierung begonnen (Abb.53 u. 54) und nach 6 Wochen fertiggestellt. Die<br />

unteren Schichten der Bündelpfeiler wurden durch den Steinmetz Michael Kästner mit neuen<br />

Werksteinen und Fingerspitzengefühl ersetzt. Bedingt durch die abgebauten steinernen<br />

Unterbauten der Seitenaltäre entstand diese gestörte Oberfläche im sichtbaren Bereich der<br />

Vierung (Abb.55 u.56). Die ca. 600 Platten für den Unterchorboden wurden von der Fa. Luther<br />

verlegt. Planmäßig zum 1.Advent konnten die neugestaltete Stufenanlage und die Unterchorzone<br />

feierlich eingeweiht werden.<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 52 Anlieferung des<br />

Steinmaterials für die Neugestaltung<br />

des Altarraums<br />

Abb. 53 Versetzen der<br />

Stufenanlage<br />

Abb. 54 Weiterer Aufbau<br />

der Stufenanlage<br />

Abb. 55 u. 56 Pfeilerergänzungen<br />

in der Vierung<br />

für die neue Stufenanlage<br />

-18-


Verschiedenes<br />

Steinbrüche Lahr und Kenzingen<br />

Seit mehr als 20 Jahren werden die zu ersetzenden<br />

Steinteile am <strong>Freiburger</strong> Münster aus<br />

Lahrer Sandstein hergestellt. Dieses Steinmaterial<br />

entspricht in Farbe und Eigenschaften<br />

exakt dem im Mittelalter verwendeten<br />

Heimbacher Sandstein. Der Steinbruch wird<br />

mehrmals im Jahr persönlich aufgesucht, um<br />

die Qualität der zu liefernden Sägestücke zu<br />

gewährleisten (Abb.57 u.58). Der Abbauhorizont<br />

dort ist derzeit ca.100m breit und etwa<br />

30m hoch. Um bei Lieferengpässen nicht den<br />

Fortschritt der Sanierungsarbeiten am Münster<br />

zu gefährden, wurde vor 8 Jahren noch<br />

der Steinbruch in Kenzingen als Lieferant<br />

hinzugezogen. Da dieser Steinbruch vor ca.<br />

15 Jahren wieder neu erschlossen wurde,<br />

beträgt hier die Abbaufläche nur 20m Breite<br />

und 15m Höhe (Abb.59 u.60). Beide Materialien<br />

sind optisch nicht zu unterscheiden und<br />

kosten derzeit 2400 Euro/m³ netto. Laufend<br />

gezogene Materialproben, die beim Mineralogischen<br />

Institut der <strong>Freiburger</strong> Universität beprüft<br />

werden, sollen insbesondere neben der<br />

optischen Begutachtung die einwandfreien<br />

und optimalen mineralogischen Eigenschaften<br />

sicherstellen.<br />

Exkursion<br />

Der regelmäßige Austausch mit Kollegen anderer<br />

Bauhütten ist ein wichtiger Bestandteil<br />

der Weiterbildung. In diesem Jahr führte die<br />

Reise nach Köln zur Bauhütte. Schwerpunkt<br />

der Gespräche waren vor allem die Methoden<br />

der Steinbearbeitung und Sanierung. Die Tatsache,<br />

dass am Kölner Dom kaum mittelalterliche<br />

Substanz zu erhalten ist, scheint ein<br />

größeres Maß an Freiheit bei Kopie und Restaurierung<br />

zu ermöglichen.<br />

Die Besichtigung der Baustellen und der Dächer<br />

des beeindruckenden Domes führte uns<br />

deutlich den Maßstabssprung in der Dimension<br />

des Bauwerkes vor Augen.<br />

Mit großer Begeisterung konnten wir Einblick<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 57 Gesamtansicht<br />

des Steinbruchs in Lahr/<br />

Kuhbach<br />

Abb. 58 Derzeitige Abbauwand<br />

Abb. 59 u. 60 Der Steinbruch<br />

in Kenzingen<br />

Abb. 61 Führung durch<br />

die Glasrestaurierungswerkstatt<br />

-19-


in die Arbeit der Glasrestaurierungswerkstatt<br />

nehmen (Abb.61).<br />

Eine Führung im Dom mit dem seltenen Blick<br />

auf den mittelalterlichen Originalplan der<br />

Westtürme (Abb.62) rundeten unser Bild vom<br />

bedeutendsten deutschen gotischen Dom ab.<br />

Verbunden mit einer Einladung an die Kölner<br />

Kollegen, die uns zwei Tage freundlichst begleitet<br />

haben, reisten wir mit einer Vielzahl<br />

neuer Eindrücke nach Freiburg zurück.<br />

Dach über Steinsäge<br />

Zur Jahreswende 2005/<strong>2006</strong> konnte das<br />

Richtfest für das Dach der neuen Steinkreissäge<br />

gefeiert werden. Zimmermeister Ortlieb<br />

sprach den Richtspruch und anschließend<br />

konnte die Säge in Betrieb genommen werden<br />

(Abb.63)<br />

Restaurierwerkstatt<br />

Da der Umfang der Restaurierungsarbeiten<br />

am Stein immer größer wird, war es nötig<br />

eine geeignete separate Werkstatt dafür einzurichten.<br />

Der Raum dafür wurde im EG des Museumsgebäudes<br />

gefunden. Um diesen mit Heizung<br />

und Wasseranschluss zu versehen, musste<br />

ein Kanal im Innenhof gegraben werden .<br />

Die Fa. Moser führte die Erdarbeiten aus und<br />

Fa.Link sorgte für die nötigen Rohrleitungen.<br />

Der neue erweiterte Arbeitsbereich wurde mit<br />

neuen Regalen und Werkbänken sowie einer<br />

Laufkatze ausgestattet. Die Beleuchtung und<br />

sonstige Elektroanschlüsse wurden durch<br />

die Firma Messmer erneuert oder erweitert<br />

(Abb.64).<br />

Sciencedays<br />

Die Münsterbauhütte beteiligte sich zum ersten<br />

Mal an den Sciencedays im Europapark<br />

Rust. Hier wurde Schülern die Arbeit der Steinmetzen<br />

sowie die kunstvolle Konstruktion des<br />

Münsters erläutert und auf unterschiedliche<br />

Weise demonstriert. Mit einem Modell vom<br />

Strebebogen wurden z.B. die wirkenden statischen<br />

Kräfte erläutert. Das Modell hatten unsere<br />

beiden Azubis Senta Eberhard und Florian<br />

Müller eigens dafür hergestellt (Abb.65).<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 62 Originalplan der<br />

Westtürme des Kölner<br />

Doms<br />

Abb. 63 Richtfest für das<br />

Wetterschutzdach der<br />

Steinsäge<br />

Abb. 64 Die neue Restaurierungswerkstatt<br />

Abb. 65 Stand der Münsterbauhütte<br />

in Rust<br />

-20-


Das Münster im Schnee<br />

Im März kam der Winter zurück. Innerhalb<br />

von zwei Tagen fielen 50 cm Schnee. Die<br />

Steinmetze der Münsterbauhütte hatten alle<br />

Mühe den Innenhof freizuschaufeln und einigermaßen<br />

betriebsfähig zu halten (Abb.67).<br />

Am Münster waren sämtliche Galerien der<br />

Seitenschiffe sowie des Obergadens bis zur<br />

Dachunterkante etwa einen Meter hoch zugeweht<br />

(Abb.66). Um bei einsetzenden Tauwetter<br />

für einen rückstaufreien Wasserablauf zu<br />

sorgen, mussten diese Bereiche vom Schnee<br />

freigeräumt werden. Da die Neuschneemassen<br />

noch sehr locker waren, konnte der<br />

Schnee von den Obergadengalerien und des<br />

Chorumganges auf das Seitenschiffdach bzw.<br />

auf die Chorplattform geworfen werden. Der<br />

Schnee von den Seitenschiffgalerien und<br />

den Rinnenbereichen des Chorkapellenkranzes<br />

wurde nach erfolgter Absperrung auf den<br />

Münsterplatz geschaufelt. Die Besucherplattform<br />

des Westturms wurde wegen Rutschgefahr<br />

für Besucher vorübergehend gesperrt.<br />

Christian Leuschner<br />

Abb. 66 Zugeschneite<br />

Seitenschiffgallerie<br />

Abb. 67 Schneemassen<br />

im Werkhof der Bauhütte<br />

-21-


Aus der Bauforschung<br />

Anmerkungen zu einem Spolienfund am südlichen Seitenschiff<br />

Vorbemerkungen<br />

Im Rahmen der Arbeiten zum Steinaustausch an der Außenfläche des südlichen Seitenschiffs<br />

im Bereich des westlichsten Jochs wurden im September <strong>2006</strong> einige Spolienstücke geborgen.<br />

Der Fundzusammenhang wurde von Herrn Leuschner, Münsterwerkmeister, durch kurze<br />

Beschreibung, Markierung der Fundstelle in Fassadenansicht sowie Fotografien von Fundstelle<br />

und Bruchstücken dokumentiert (Gutachten vom 7.11.2007). Es handelt sich um Teile eines<br />

Rundstabs, weshalb der Formensprache wegen zunächst vermutet worden war, es könne<br />

sich um wiederverwendete romanische Werkstücke handeln. Es stellte sich die Frage an die<br />

Bauforschung nach Alter und Herkunft der Spolien.<br />

Nach Auskunft von Herrn Leuschner wurde eine schadhafte Aufplattung aus Allmendsberger<br />

Stein ausgespitzt, und dabei sind die Spolienstücke herausgepurzelt. Sie waren als solche<br />

vorher nicht zu erkennen gewesen, da sie mit der bearbeiteten Seite ins Mauerwerk hinein<br />

versetzt waren. Aufbewahrt wurden dann jene Teile, an denen bearbeitete Oberfläche erkennbar<br />

war.<br />

Zur Klärung der anstehenden Fragen wurden zunächst die Spolienstücke genauer betrachtet,<br />

versucht sie zusammenzusetzen und eine Aufmaßzeichnung im Grundriss angefertigt, danach<br />

wurde die Fundstelle inspiziert und ebenfalls im Grundriss festgehalten und schließlich vom<br />

vermeintlichen Herkunftsort ebenfalls der Grundriss genommen. In derselben Reihenfolge erfolgt<br />

auch die Beschreibung. Zur Erläuterung wurden alle drei Zeichnungen grafisch überlagert.<br />

Die Spolienstücke<br />

Durch Ausspitzen und Herausfallen sind die Spolien in mehrere Teile zerbrochen und einzelne<br />

Partien sind verloren gegangen, sodass sich die Einzelteile nicht mehr alle zu einem Stück<br />

zusammenfügen lassen. Alle Stücke waren Teil eines Rundstabs von 16 cm Durchmesser<br />

mit beidseitigen Profilansätzen, soweit nachvollziehbar jeweils in Form eines S-Schwungs.<br />

Die Oberflächen sind fein mit der Fläche bearbeitet und die Hiebe parallel zum Verlauf des<br />

Rundstabs gesetzt.<br />

Unter den einzelnen Teilen finden sich zwei Lagerflächen, die – wie sich beim Versuch, sie<br />

zusammenzusetzen erweist – nicht Ober- und Unterlager eines einzigen Stück gewesen sein<br />

können, sondern es muss sich um die Überreste zweier Dienste gleichen Durchmessers gehandelt<br />

haben.<br />

Das Steinmaterial, aus dem die Stücke beschaffen sind, ist inhomogener Buntsandstein von<br />

außerordentlich schlechter Qualität. Es ist durchsetzt mit zahlreichen Tongallen und durchzogen<br />

von einer dunkelroten Tonschicht, an der die Einzelstücke auseinandergebrochen sind,<br />

was eine Muster aus fossilen Trockenrissen sichtbar werden ließ (Beurteilung durch Frau<br />

Astrid Hirsch). Die Farbe des Steins wechselt innerhalb der zusammenpassenden Einzelstücke<br />

mehrfach zwischen ganz hell und rot.<br />

Die Fundstelle<br />

Die Fundstelle liegt im Bereich eines ausgespitzten Mauersteins innerhalb der Wandfläche<br />

seitlich des Fensterbogens und in direktem Anschluss an diesen, sodass über die Höhe von<br />

29 cm sich die Breite vom Ober- zum Unterlager von 60 cm auf 42 cm verringert. Die Rücklage<br />

der Aussparung wird von reichlich hellgrauem Mauermörtel mit grobkörnig kieseligem Zuschlag<br />

und darin eingebetteten Bruchsteinen gebildet, beides dem ursprünglichen Mauerkern<br />

zugehörig.<br />

Stefan King<br />

-22-


Im Mauermörtel sind die Abdrücke zweier Rundstäbe erkennbar, die beide in vertikaler Ausrichtung<br />

gestaffelt nebeneinander liegen. Beide Rundstäbe besaßen einen Durchmesser von<br />

etwa 16 cm. Ihre Mittelpunkte waren 24 cm voneinander entfernt, ihr Abstand müsste demnach<br />

rund 8 cm betragen haben (Durchmesser und Lage der Rundstäbe ließen sich mit Hilfe einer<br />

Schablone in Form einer Kreisscheibe aus Pappe mit entsprechendem Durchmesser präzise<br />

einmessen).<br />

Beide Rundstababdrücke setzen in vollem Umfang am Oberlager an, während sich unten das<br />

Kernmauerwerk vorschiebt. Der rechte Rundstab war offenbar schräg abgebrochen und besaß<br />

eine Höhe von 22 bis 27 cm, der linke Rundstab von nur etwas über 17 cm, jeweils vom<br />

Oberlager aus nach unten gemessen. Die tiefste Stelle des rechten Abdrucks reicht von der<br />

Mauerflucht gemessen 42 cm in die Mauertiefe, diejenige des linken 33,5 cm. Ihre vertikale<br />

Ausrichtung und ihre Nähe zur Mauerflucht legen nahe, dass sich die Rundstäbe auf der Rückseite<br />

des hier eingebauten Mauerquaders befunden haben, es sich also nicht um Werkstücke<br />

handelt, die innerhalb des Kernmauerwerks wiederverwendet worden sind.<br />

Um die Fundstelle herum weisen viele Werksteine genau dasselbe charakteristische Steinmaterial<br />

mit häufigen Farbwechseln und zahllosen Tongallen auf.<br />

Die Herkunft<br />

Das Auftreten desselben Steinmaterials an den geborgenen Rundstäben und um deren Fundstelle<br />

herum legt nahe, nach deren Herkunft zuallererst innerhalb desselben Bauzusammenhangs,<br />

also im Bereich des Seitenschiffs, zu suchen. Passende Stellen lassen sich an den<br />

Bündelpfeilern auf der Innenseite finden.<br />

Die Bündelpfeiler sind aus einem spornförmigen Kern und insgesamt fünf angesetzten Rundstäben<br />

zusammengesetzt, und sie besitzen auf beiden Seiten noch kurze Fortsätze, womit<br />

sie auf vorgestellte schlanke Rundsäulen reagieren. Der mittige Rundstab an der Spitze ist<br />

mit 24 cm Durchmesser der stärkste und bildet das Auflager für den Jochbogen. Zu beiden<br />

Seiten folgt jeweils ein Rundstab mit 16 cm Durchmesser für die Kreuzrippen der Gewölbe<br />

des Seitenschiffs, dem sich dann wiederum ein Rundstab desselben Durchmessers für den<br />

Schildbogen anschließt, beidseitig mit S-förmigem Profilansatz. Die vorgestellten Rundsäulen<br />

gehören zu einer Blendarkatur innerhalb der Wandnischen im Brüstungsbereich und treten im<br />

höheren Teil der Wand nicht mehr auf.<br />

Die beiden nebeneinander liegenden Rundstäbe gleicher Stärke stimmen sowohl im Durchmesser<br />

von 16 cm, im Abstand zueinander und in der Form des Profilansatzes mit den Beobachtungen<br />

an den Spolien bzw. der Fundstelle überein. Es darf deshalb davon ausgegangen<br />

werden, dass ein Werkstück mit zwei Rundstäben im Bauverlauf wegen schlechten Materials<br />

ausgesondert worden oder vielleicht auch beim Versetzen auseinander gebrochen ist – wie<br />

die abgebrochenen Rundstäbe im Abdruck vermuten lassen. Es wurde dann umgearbeitet und<br />

auf seiner Rückseite geglättet, um doch noch einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden<br />

zu können.<br />

Es kam die Frage nach möglichen Farbspuren an den geborgenen Spolien auf. Nach dem geschilderten<br />

Zusammenhang muss der Stein noch während des Bauverlaufs zweckentfremdet<br />

worden sein und dürfte eigentlich keine Farbfassung tragen. Bei der genaueren Betrachtung<br />

der Spolien konnten solche auch nicht erkannt werden bzw. die danach aussehenden Bereiche<br />

sind Teil der durch den Stein verlaufenden dunkelroten Tonschicht.<br />

Anlagen<br />

3 Aufmaßzeichnungen, M 1.5:<br />

• größtes zusammensetzbares Bruchstück der geborgenen Spolien im Grundriss<br />

• Fundstelle im Grundriss<br />

• Dienstbündel an der Innenseite der südlichen Seitenschiffsaußenwand im Grund-<br />

riss<br />

Überlagerung, M 1:5:<br />

• Spolienbruchstück mit Dienstbündel<br />

• Dienstbündel mit Fundstelle<br />

Stefan King<br />

-23-


Stefan King<br />

Abb. 67 Spolienstück im<br />

Grundriss<br />

Abb. 68 Fundstelle im<br />

Grundriss<br />

Abb. 69 Dienstbündel im<br />

Grundriss<br />

-24-


Stefan King<br />

Abb. 70 Überlagerung<br />

Spolie u. Dienstbündel<br />

Abb. 71 Überlagerung<br />

Fundstelle u. Dienstbündel<br />

-25-


Konservierung und Restaurierung des Lammportales<br />

Das Lammportal ist der Zugang zum südlichen Seitenschiff. Die schwere, mit Metall beschlagene<br />

Türe sitzt in einem reich profilierten Gewände über dem das Tympanon mit der Lammdarstellung<br />

angeordnet ist. Das Lamm hat den Kopf leicht nach oben und nach hinten gedreht<br />

und blickt in Richtung wehender Fahne über seinem Rücken. Die Tympanonfläche wird von<br />

der reich profilierten Archivolte begrenzt und mündet in einem spitz zulaufenden Wimperg. Zu<br />

dessen beiden Seiten sind etwas kleinere Wimpergflächen mit Giebeln angeordnet, die allesamt<br />

auf Rundsäulen ruhen. Diese, mit ihrer reichen Kapitellverzierung und dem auffälligen<br />

Basenschmuck, sitzen auf stufenartigen Vorlagen im unteren Wandbereich auf.<br />

Ganz besonders reizvoll ist die detaillierte Gestaltung der Darstellung des Lammes. Die exakte<br />

Durcharbeitung der Fellstruktur, der nach oben gerichtete schmale Kopf sowie die im Wind<br />

wehende Fahne ist beeindruckend und stellt eine sehr sorgfältige Bildhauerarbeit dar. Die<br />

umgebenden Architekturelemente, insbesondere die aufwendigen geschlagenen Kapitelle der<br />

schmalen Säulen sowie die Wasserspeier, sind als herausragende Details zu nennen. Besonders<br />

bemerkenswert sind die beiden Kapitelle direkt im Anschluss an den Türrahmen, direkt<br />

unter dem Tympanon mit der Lammdarstellung. Dort sind kleine Figürchen ausgearbeitet, die<br />

sich mit ihrem Blick nach unten in Richtung Kirchenbesucher wenden.<br />

Die zugrunde liegende Voruntersuchung ergab, dass im Bereich des Portals auf dem Stein<br />

Farbfassungsschichten vorliegen. Hierbei lassen sich, zum Beispiel in den Rücklagen der<br />

Dreipassmotive in den Wimperggiebel, rot-braune Farbreste im Sinne eines idealisierten Sandsteinfarbtones<br />

nachweisen. Des Weiteren zeigen die stark profilierten Archivoltenzonen links<br />

und rechts des Lammtympanons ebenfalls Sandsteinfarbigkeit aufnehmende Farbschichten.<br />

Dort lassen sich auch parallel zu den Profilen Bänderungen im Sinne von Linien gerade in den<br />

Kehlungstiefen feststellen. Diese Farbreste lassen sich als architekturbetonende Bemalung interpretieren.<br />

Die sind zwar nicht im Sinne einer aufwendigen Bemalung, zum Beispiel im Sinne<br />

der Außenarchivolte des Hauptportales am Münster zu verstehen, müssen aber vermutlich als<br />

eine Akzentuierung von Architekturlinien begriffen werden.<br />

Auch auf der Hintergrundsfläche hinter der Lammdarstellung sind sandsteinfarbene Anstrichpartikel<br />

in den Steinporen nachzuweisen. Hinweise auf weitere Differenzierungen bzw. auf mehrere<br />

Farbschichten sind darüber im Rahmen der Bearbeitung nicht weiter festgestellt worden.<br />

Die Konservierungsmaßnahmen sollten nun auf diesen besonderen Befund ausgerichtet werden.<br />

Dies bedeutet, dass unter Erhalt der Farbfassungen die auf den Oberflächen befindlichen<br />

schwarz-grauen Krusten reduziert werden sollten. Neben Bestandteilen der Krusten, die einen<br />

langfristigen Erhalt der Farbschicht gefährden könnten, ist vor allen Dingen auch das Auftreten<br />

von starken Spannungen bei größerer Schichtstärke zu befürchten. Dies könnte zu einer Ablösung<br />

der darunter befindlichen Farbreste führen. Daher sollte diese Kruste gezielt reduziert<br />

werden. Gemäß den Erfahrungen in der Westvorhalle wurde für diese Arbeit das Micro-Strahl-<br />

Eberhard Grether<br />

Abb. 72 Wimperg, Lammportal<br />

-26-


verfahren angewendet. Damit wurden die Beläge einheitlich gedünnt. Neben einer Reduzierung<br />

der Sichtstärke und damit einer Eindämmung des Schadenspotentials wurde damit auch<br />

eine ästhetische Maßnahme durchgeführt. Durch Reduzieren der Kruste erscheinen nun der<br />

Stein und die Farbreste deutlich einheitlicher und optisch ruhiger.<br />

Es folgte die Durchführung der Steinkonservierung in Sinne von Festigung in mehreren Durchgängen.<br />

Von Seiten der Münsterbauhütte wurden Steinergänzungen in Form von Vierungen<br />

eingefügt. Zum Teil mussten auch komplett abgängige Steinelemente, insbesondere an den<br />

Randprofilen der Wimperge, ersetzt werden. Der Abschluss dieser Arbeiten führte auch zu<br />

einer Ergänzung der Fugen mit dem Standard Fugenmaterial.<br />

In einem weiteren eigenständigen Arbeitsschritt wurden die Fehlstellen im Stein mit Steinersatzmassen<br />

auf Basis von gemahlenem Steinmehl und KSE-Bindemittel ergänzt. Durch Auswahl<br />

geeigneter Mischungen verschiedenfarbiger Sande konnten zwei Standardfarben festgelegt<br />

werden. Hierbei wurden hellgelb-gräuliche Töne für die gelb-gräulichen Steine und braun-rötliche<br />

Töne für die Fehlstellen im rötlichen Steinbestand ausgewählt. Gemäß der Umgebungsfarbigkeit<br />

wurden die Steinersatzmassen nach ihren Farbigkeiten in die Fehlstellen eingebracht<br />

und durch Nacharbeiten der Oberfläche die jeweilige Struktur der Umgebung aufgenommen.<br />

Im Bereich von Fugen wurde die Ersatzmasse unterbrochen; Dort sollte nach Abbinden der<br />

Standard Fugenmörtel eingebracht werden.<br />

Nach einer Reaktionszeit von mehreren Wochen erfolgte abschließend eine Retusche der stärker<br />

auffallenden Stellen sowohl von Mörtelergänzungen, als auch von starken, optisch extrem<br />

auffälligen Flecken. Dies wurde durch Anlegen einer Grundfarbe im Sinne von Abdecken und<br />

anschließendem Auflasieren verschieden Farbnuancen erreicht. Ziel war ein optisches Integrieren<br />

der Retuschen in die jeweilige Umgebungsfarbigkeit des Steines bzw. der gealterten<br />

Oberflächen. Damit konnte eine Beruhigung aller Steinflächen erreicht werden nach dem die<br />

Konservierung ihren Abschluss gefunden hatte.<br />

Die Ergebnisse werden gemäß dem Standard solcher Maßnahmen am Münsterbau graphisch,<br />

schriftlich und fotografisch dokumentiert.<br />

Während der Arbeiten konnten einige Besonderheiten festgestellt werden. Zunächst fällt auf,<br />

dass die Fläche des Tympanons mit der plastischen Darstellung des Lammes, im Hintergrund<br />

eine Ritzung bzw. feine Einkerbung im Sinne eines umlaufenden Linienbandes aufweist. Dieses<br />

folgt jedoch nicht genau in einem gewissen Abstand der tatsächlichen Steingrenze, sondern ist<br />

zu diesem etwas verschoben. Man gewinnt fast den Eindruck, als handle es sich hierbei um die<br />

Vorritzung für eine Kontur einer Art Hintergrundbemalung. Hierfür spricht auch die Feststellung,<br />

dass der äußere Rand eine etwas andere Steinbearbeitung aufweist als die innere Rücklagenfläche<br />

des Tympanons. Des Weiteren ist auffällig, dass die gesamte Tympanonfläche relativ<br />

groß ist und die Anzahl bzw. die Platzierung der plastischen Elemente wie Lamm, Kreuz mit<br />

Fahne, Weinkelch und Nimbus hinter dem Haupt des Lammes, nur eine kleine Fläche der gesamten<br />

Tympanonzone einnimmt. Es wäre durchaus denkbar, dass die anderen Flächen mit<br />

einer, wie auch immer gearteten, Bemalung versehen waren. Hinweise konnten nicht eindeutig<br />

gewonnen werden; jedoch sind diese Linien und Ritzungen wie oben beschrieben so auffällig,<br />

dass dieses als Möglichkeit zumindest in Erwägung gezogen werden müsste.<br />

An den angrenzenden Wandvorlagen der Bündelpfeiler, sind Wappenfelder aufgemalt. Diese<br />

Bereiche wurden im Zuge der Bearbeitung mit UV-Licht bestrahlt und mit verschiedenen Fototechniken<br />

fotografiert. Dabei zeigte die UV-Reflektographie, dass neben dem jetzt sichtbaren<br />

Wappen, sich die Konturen eines etwas größeren Wappens abzeichnen. Diese unteren Wandzonen<br />

als Malereigrund verstanden werden müssen. Dies ist wichtig, insbesondere im Hinblick<br />

auf die Festlegung weiterer Reinigungsarbeiten in diesen Zonen. Auch wenn die Malereien<br />

jetzt nicht sichtbar sind, so haben sich doch in den Steinporen Reste von Bindemitteln und<br />

Pigmenten erhalten, die vor allen Dingen in der UV-Reflektographie sichtbar gemacht werden<br />

können. Dies stellt wichtige Quellen für die Interpretation von Farbgestaltungen im Außenbereich<br />

des Münsters dar.<br />

Nach der Winterpause werden jetzt im Frühjahr 2007 noch die verbliebenen restlichen Konservierungsarbeiten<br />

im unteren Bereich durchgeführt. Aufgrund der dann hergestellten Zugänglichkeit<br />

dieser Zonen werden diese Maßnahmen bei wärmerer Witterung, aufgrund der Reaktionsbedingungen<br />

für Festigungsmaterialien durchgeführt.<br />

Damit wird die Maßnahme an einem der Portale am Münster zum Abschluss gebracht werden.<br />

Neben dem Erhalt der Steinsubstanz wird dann auch vor allem der Erhalt historischer Farbreste<br />

Rechnung getragen sein. Darüber hinaus sind weitere Informationen zur historischen<br />

Farbigkeit am Außenbau dadurch erhalten und dokumentiert.<br />

Eberhard Grether<br />

-27-


Im Oktober 2005 beauftragte der <strong>Münsterbauverein</strong><br />

uns, ein Restauratorenteam - bestehend<br />

aus dem Steinrestauratoren Luzius<br />

Kürten und mir, Johanna Quatmann, als auf<br />

Fassung spezialisierten Restauratorin - mit<br />

der Konservierung und Restaurierung des<br />

Genesisportals. Die Arbeiten wurden vom<br />

Landesdenkmalamt (Restaurator O. Wölbert,<br />

RPS Stuttgart und Dr. D. Zimdars, RPF)<br />

begleitet. Der zu bearbeitende Abschnitt umfasste<br />

den Portalbereich zwischen den Strebepfeilern<br />

bis hinauf zum ersten Gesims.<br />

Das Portal wies neben starken Schmutzbelägen<br />

sandende und schuppende Partien,<br />

einige Schalenbildungen sowie Risse auf.<br />

Am Anfang der Arbeiten stand die Sichtung<br />

der Akten des <strong>Münsterbauverein</strong>s auf Informationen<br />

zu früheren Maßnahmen am<br />

Portal. Dabei stieß man auf relativ frühe Versuche,<br />

den Stein zu festigen, die 1971 vor<br />

allem an der linken (östl.) Hälfte des Portals<br />

durchgeführt worden waren.<br />

Parallel zur Erforschung der alten Akten wurde<br />

der Bestand (Stein, Mörtel, Metalle, Fassung)<br />

zeichnerisch, fotografisch und textlich<br />

dokumentiert. In der gleichen Weise wurden<br />

die Schäden und nach Abschluss der Arbeiten<br />

auch die Maßnahmen beschrieben.<br />

Auf die Anamnese, die auch naturwissenschaftliche<br />

Untersuchungen erforderte (Dr.<br />

F. Grüner, MA Stuttgart), folgte die Erarbeitung<br />

eines Restaurierungskonzeptes und<br />

das Anlegen von Musterachsen, die mit der<br />

Münsterbauhütte und dem Denkmalamt abgestimmt<br />

wurden.<br />

Zunächst wurden die Gipskrusten und dick<br />

aufliegende Schmutzschichten vorsichtig im<br />

Mikrostrahlverfahren mit Edelkorund (38-35<br />

µ) gedünnt bzw. reduziert, um die Durchlässigkeit<br />

des anschließend aufzutragenden<br />

Steinfestigungsmittels zu gewährleisten.<br />

Das Festigungsmittel war Funcosil 300 und<br />

es wurde nur in bindemittelarmen Bereichen<br />

des Steines angewandt.<br />

Der im Sockelbereich vorhandene biogene<br />

Bewuchs wurde abgewaschen.<br />

Anschließend wurden der Stein – wo nötig<br />

– weiter in dem erwähnten Mikrostrahlverfahren<br />

gereinigt.<br />

Industriell hergestellte Nägel, die über das<br />

gesamte Portal verteilt in den Fugen steckten<br />

und die vermutlich im Zusammenhang<br />

mit der im Jahr 1913 genommenen Abgussform<br />

stehen, wurden entfernt. In unmittelbarer<br />

Nähe des Portals waren keine handgeschmiedeten<br />

Nägel vorhanden.<br />

Einzelne Bruchstücke wurden mit Araldit<br />

2011, einem hochwertigen Epoxydharz und<br />

Glasfaserstäben wieder verbunden. Risse,<br />

Schalen und Hohlstellen wurden mit einer<br />

mineralischen Kieselsol gebundenen Mas-<br />

Restaurierung des Schöpfungsportals<br />

Johanna Quatmann<br />

Luzius Kürten<br />

Abb. 73 Kittmasse, Haft-<br />

u. Farbproben<br />

Abb. 74 Hinterfüllung<br />

einer Schale<br />

Abb. 75 spätmittelalterliche<br />

Farbreste auf gelbem<br />

Stein<br />

-28-


se hinterfüllt. Die Injektionsmasse bestand aus<br />

Quarzmehl, Hohlglaskügelchen und amorphem<br />

Kieselgel (Cabosil). Schalen und Risse wurden<br />

bei Bedarf zusätzlich mit Glasfaserdübel gesichert.<br />

Einige Fehlstellen mussten aus konservatorischen<br />

Gründen mit Kittungen geschlossen<br />

werden, um das Eindringen von Wasser zu verhindern.<br />

Die in den Akten und auch vor Ort festgestellten<br />

Maßnahmen von 1971 hatten den Stein hydrophobiziert.<br />

Diese künstlich eingebrachte Eigenschaft<br />

verlangte nun ein Bindemittel, das für die<br />

Kittungen eine größtmögliche Haftung auf der<br />

wasserabweisenden Oberfläche gewährleistete.<br />

Deshalb wurde Funcosil 500 STE verwendet.<br />

Viele der Steine enthalten amorphe Eisenoxide,<br />

die durch verdunstende Feuchtigkeit an<br />

die Oberfläche wandern, dort oxidieren und die<br />

Oberfläche verbräunen. Die Verbräunungen<br />

wurden kartiert. Da die Eisenoxide nicht nur<br />

durch Feuchtigkeit, sondern auch durch Kieselsole<br />

oder andere alkalische Materialien mobilisiert<br />

und an die Oberfläche getrieben werden<br />

können, wurden Funcosil 500 STE als Bindemittel<br />

für die Kittungen und Anböschungen<br />

verwendet. Als Zuschlagsstoffe dienten unterschiedlich<br />

farbige Quarzsande und Quarzmehle<br />

mit einem Größtkorn von 0,25 Millimeter, die einen<br />

rötlichen Grundton ergaben. Einige farblich<br />

unstimmige Kittungen wurden abschließend retuschiert.<br />

Defekte Fugen wurden mit eingefärbtem<br />

wieder Kalkmörtel geschlossen.<br />

Die Untersuchung der historischen Bemalungen<br />

belegte zwei Fassungen: die erste vom<br />

Beginn des 16. Jh., die zweite aus dem letzten<br />

Drittel des 18. Jh.<br />

Johanna Quatmann<br />

Luzius Kürten<br />

Abb. 76 rote, spätmittelal.<br />

Farbe auf gelbem Stein<br />

Abb. 77 rote Farbe aus<br />

dem Spätbarock<br />

Abb. 78 gelbe Farbe aus<br />

dem Spätbarock<br />

Abb. 79 Schadensbild im<br />

Vorzustand<br />

Abb. 80 Vorzustand-<br />

Schmutz,Risse und defekte<br />

Fuge<br />

Abb. 81 Kittung, noch<br />

nicht ausreagiert<br />

Abb. 82 Kittung<br />

-29-


Impressum<br />

Herausgeber: Münsterbauhütte Freiburg<br />

Beiträge: Yvonne Faller, Münsterbaumeisterin<br />

Christian Leuschner, Münsterwerkmeister<br />

Thomas Laubscher, Steintechniker<br />

Stefan King, Bauforscher<br />

Eberhard Grether, Restaurator<br />

Johanna Quatmann, Restauratorin<br />

Luzius Kürten, Steinrestaurator<br />

Fotos / Pläne: Andreas Schedlbauer, Steintechniker<br />

Frank Degner, technischer Mitarbeiter<br />

Redaktion: Christian Leuschner, Münsterwerkmeister<br />

Frank Degner, technischer Mitarbeiter<br />

Layout & Druck: Frank Degner, technischer Mitarbeiter<br />

Bereits erschienene Berichte: <strong>Arbeitsdokumentation</strong> 2002<br />

<strong>Arbeitsdokumentation</strong> 2003<br />

<strong>Arbeitsdokumentation</strong> 2004<br />

<strong>Arbeitsdokumentation</strong> 2005<br />

Kontaktadresse: <strong>Freiburger</strong> <strong>Münsterbauverein</strong>,<br />

Schoferstr. 4<br />

79098 Freiburg<br />

Tel.: 0761 33432<br />

Fax: 0761 39527<br />

e-mail: info@muensterbauverein-freiburg.de<br />

Web: www.muensterbauverein-freiburg.<br />

© <strong>Freiburger</strong> Münsterbauhütte 2007. Alle Rechte vorbehalten.<br />

Erhältlich gegen Schutzgebühr von 25€.<br />

-30-


Anhang:<br />

Kartierungen


MASSNAHMEKARTIERUNG SEITENSCHIFF SÜD 1.JOCH<br />

Kartierungslegende:


MASSNAHMEKARTIERUNG SEITENSCHIFF SÜD 2.JOCH<br />

Kartierungslegende:


MASSNAHMEKARTIERUNG OBERGADEN 1.JOCH SÜD<br />

Kartierungslegende:


MASSNAHMEKARTIERUNG OBERGADEN 2.JOCH SÜD<br />

Kartierungslegende:


ABSCHLUSSKARTIERUNG SCHÖPFUNGSPORTAL<br />

Kartierungslegende:

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