Download Diplomarbeit - Norbert Freudenthaler
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Wenn das reflektierte Licht zur Erinnerung wird;<br />
Das Licht bahnt sich seinen Weg, ausgehend von einer Oberfläche durch die Linse unseres<br />
Auges und trifft auf die Netzhaut. Verkehrt, verkleinert und ohne jegliche Bedeutung. Wir<br />
können zwar den physikalischen Vorgang des Sehens beschreiben, den daraus resultierenden<br />
neuronalen Elektronensturm der in unserem Gehirn tobt, können wir letztlich nicht<br />
vollständig entschlüsseln, zu komplex ist das Gewirr der Milliarden Verbindungen die das<br />
Wahrnehmen ausmachen.<br />
Als Neugeborener ist jedes Bild das wir sehen unverständlich, wir müssen das Sehen erst<br />
erlernen. Es fehlt uns einfach an Erfahrung. Erst das Benennen des Gesehenen lässt uns<br />
verstehen und langsam entschlüsseln wir die uns überrollende Bilderflut. Es ist also nicht<br />
das Auge, das sieht, vielmehr ist es das Gehirn, wobei das Auge - aufgrund seines neuronalen<br />
Aufbaus - auch oft als Teil des Gehirns definiert wird.<br />
Ein Beispiel: Wenn wir einen gotischen Raum auf einem Foto sehen, selbst aber noch nie einen<br />
solchen betreten haben, so werden wir nur einen Bruchteil dessen wahrnehmen, was in einem<br />
solchen Raum zu erfahren ist. Ist in unserer Erinnerung das Erlebnis gotischer Raum fest gespeichert,<br />
sehen wir viel mehr auf dem Foto als eigentlich abgebildet oder abbildbar ist.<br />
Wie viel und was Jemand sieht ist also eine Frage der „Bildung“. Sehen muss man lernen.<br />
(Schattner Karljosef, Kinold Klaus, 2003, S.21)