Nutzen und Risiken der Regulierung - Home - Ernst & Young ...
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Prof. Giorgio Behr, Sie sind einerseits Unternehmer,<br />
arbeiten an<strong>der</strong>seits auch als<br />
Berater für Rechnungslegungsfragen innerhalb<br />
von internationalen Organisationen.<br />
Können Sie sicherstellen, dass die öffentlichen<br />
Behörden von Ihrer unternehmerischen<br />
Erfahrung, insbeson<strong>der</strong>e mit Blick auf<br />
die weltwirtschaftlichen Entwicklungen,<br />
profitieren?<br />
Die Meinung <strong>der</strong> Verfasser von Geschäftsberichten<br />
– also <strong>der</strong> Unternehmer<br />
<strong>und</strong> Unternehmen – wird bei uns<br />
nicht mit <strong>der</strong> notwendigen Regelmässigkeit<br />
<strong>und</strong> Intensität gehört – <strong>und</strong> vielleicht<br />
auch zu wenig prägnant vertreten.<br />
In den USA spielen Industrie <strong>und</strong><br />
Banken dagegen eine wichtige Rolle<br />
bei <strong>der</strong> Definition von Standards. Auf<br />
internationaler Ebene sollten die Anstrengungen<br />
<strong>der</strong> Unternehmen <strong>und</strong> ihrer<br />
Verbände intensiviert werden, um die<br />
Verfechter einer äusserst detaillierten,<br />
in vielen Fällen aber nutzlosen Information<br />
«zur Ordnung zu rufen».<br />
Dr. Peter Wuffli, UBS ist ein eindrucksvoller<br />
Player auf dem globalen Parkett. Wie nehmen<br />
Sie die «regulatorischen Differenzen»<br />
wahr <strong>und</strong> denken Sie, dass «regulatorische<br />
Arbitrage» ein Problem von zunehmen<strong>der</strong><br />
Bedeutung wird?<br />
Natürlich hat je<strong>der</strong> Markt seine eigene<br />
regulierende Philosophie <strong>und</strong> seine historisch<br />
gewachsenen Strukturen. In den<br />
USA sehen wir eine sehr bruchstückhafte<br />
regulierende Landschaft, während<br />
diese in Grossbritannien sehr einheitlich<br />
ist. In Japan greifen die Aufsichtsbehörden<br />
sehr direkt ein, während sie sich in<br />
<strong>der</strong> Schweiz zu einem wichtigen Teil auf<br />
externe <strong>und</strong> interne Kontrolle verlassen.<br />
8<br />
Für eine Bank mit unserer Ausrichtung<br />
auf weltweite Geschäftsstrukturen ist es<br />
eine grössere Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> mit<br />
enormen Kosten verb<strong>und</strong>en, mit dieser<br />
Vielfalt umzugehen. Wir würden weltweite<br />
Annäherung bei den regulierenden<br />
Philosophien <strong>und</strong> ein striktes Festhalten<br />
am Herkunftsland als Vorgaben klar bevorzugen,<br />
was die Arbitrage-Möglichkeiten<br />
im regulierenden Bereich verringern<br />
würde.<br />
Prof. Heinrich Koller, auf welchen Platz in<br />
<strong>der</strong> «regulatorischen Rangfolge» würden<br />
Sie die Schweiz beispielsweise im Vergleich<br />
mit an<strong>der</strong>en OECD-Län<strong>der</strong>n stellen?<br />
Entgegen ersten Befürchtungen am<br />
Anfang <strong>der</strong> Debatte um die Corporate<br />
Governance steht die Schweiz recht<br />
gut da. In den meisten <strong>der</strong> mittlerweile<br />
zahlreichen Studien zu diesem Thema<br />
nimmt sie einen Platz im Mittelfeld ein.<br />
Das hängt auch damit zusammen, dass<br />
<strong>der</strong> Gesetzgebungsprozess in <strong>der</strong> Schweiz<br />
ein wenig länger dauert als an<strong>der</strong>swo.<br />
Die relative Trägheit <strong>der</strong> Schweizer Gesetzgebung<br />
hat aber auch den Vorteil,<br />
dass <strong>der</strong> teilweise vorhandene Aktivismus<br />
wie<strong>der</strong> ein wenig eingedämmt wird.<br />
Gesetzgeberische Schnellschüsse werden<br />
so vermieden.<br />
Tom McGrath, die Konvergenz <strong>der</strong> Rechnungslegungsvorschriften<br />
wird oft als ein<br />
notwendiges Element für die weltweiten Kapitalmärkte<br />
angesehen. Welche Fortschritte<br />
wurden dabei erzielt?<br />
Ab Januar 2005 werden r<strong>und</strong> 90 Län<strong>der</strong><br />
die International Financial Reporting<br />
Standards übernehmen o<strong>der</strong> ihre nationalen<br />
Rechnungslegungsstandards an<br />
diese anpassen. Dies stellt einen wichtigen<br />
Fortschritt dar. Das International<br />
Accounting Standards Board (IASB) <strong>und</strong><br />
das US Financial Accounting Standards<br />
Board (FASB) haben massgeblich zum<br />
Ziel <strong>der</strong> weltweiten Konvergenz beigetragen.<br />
Das IASB <strong>und</strong> das FASB veröffentlichten<br />
im Oktober 2002 eine Absichtserklärung,<br />
welche einen wichtigen<br />
Schritt in Richtung <strong>der</strong> Formalisierung<br />
ihrer Bemühungen zur Annäherung <strong>der</strong><br />
US-Standards <strong>und</strong> internationaler Standards<br />
darstellte. Mit dieser Absichtserklärung<br />
wurde auch die Verpflichtung<br />
bei<strong>der</strong> Organisationen auf gemeinsame<br />
Projekte <strong>und</strong> die Koordination künftiger<br />
Arbeitsprogramme bekräftigt.<br />
Prof. Giorgio Behr, Sie sind als Experte für<br />
verschiedene Behörden tätig. Denken Sie,<br />
dass alles in allem die Politiker Vorschriften<br />
zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts<br />
o<strong>der</strong> nur zur vorübergehenden Befriedigung<br />
<strong>der</strong> Wählerschaft erlassen? Und welches<br />
sind, aufgr<strong>und</strong> Ihrer Erfahrung, die Massstäbe,<br />
welche die Aufsichtsbehörden beachten,<br />
wenn sie ihre Aufgaben wahrnehmen?<br />
Die Aufsichtsbehörden sollten sich mehr<br />
auf die Kapitalmarktstrukturen, auf die<br />
Kontrolle des Zugangs zu diesen Märkten<br />
<strong>und</strong> auf die Aufsicht in Bezug auf<br />
alle Marktteilnehmer (Emittenten, Banken,<br />
Analysten, Berater <strong>und</strong> Wirtschaftsprüfer)<br />
konzentrieren. Lei<strong>der</strong><br />
werden Themen von Bedeutung – wie die<br />
Schaffung einer europäischen Kapitalmarkt<br />
Aufsichtsbehörde – vernachlässigt<br />
<strong>und</strong> leichte Aufgaben (z.B. verschärfte<br />
Vorschriften für Wirtschafprüfungsgesellschaften)<br />
bevorzugt, um den Eindruck<br />
zu vermitteln, dass «wirkungsvolle<br />
Massnahmen eingeführt worden<br />
seien». Die Schweiz sollte ihrer Tradition<br />
treu bleiben <strong>und</strong> weiterhin Gesetze<br />
mit wenigen, aber verständlichen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen entwerfen sowie bestehende<br />
Gesetze an die mo<strong>der</strong>nen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
anpassen, statt ständig