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Der Gynäkologe<br />

Fortbildungsorgan der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

Elektronischer Sonderdruck für<br />

D.E. Aust<br />

Ein Service von Springer Medizin<br />

Gynäkologe 2010 · 43:805–812 · DOI 10.1007/s00129-010-2582-9<br />

© Springer-Verlag 2010<br />

www.DerGynaekologe.de<br />

zur nichtkommerziellen Nutzung auf der<br />

privaten Homepage und Institutssite des Autors<br />

D.E. Aust · K. Dahl · K. Ammerbacher · K. Wagner · M. Ziegenfuss<br />

Fehlgeburt: Wie Bestattungsrituale bei der<br />

Trauerarbeit helfen<br />

<strong>Sternenkinder</strong> <strong>Dresden</strong> e.V.


Gynäkologe 2010 · 43:805–812<br />

DOI 10.1007/s00129-010-2582-9<br />

Online publiziert: 9. September 2010<br />

© Springer-Verlag 2010<br />

Redaktion<br />

W. Distler, <strong>Dresden</strong><br />

Die Erkenntnis: „Ich bin schwanger!“<br />

weckt bei der werdenden Mutter die<br />

Erwartung, dass in neun Monaten ein<br />

gesundes Kind das Licht der Welt erblickt.<br />

Diese Erwartung und Vorfreude<br />

wird meist von all jenen geteilt,<br />

die um die Schwangerschaft wissen.<br />

Jedoch nimmt bei Weitem nicht jede<br />

Schwangerschaft dieses glückliche<br />

Ende: Geschätzte 8–20% aller implantierten<br />

befruchteten Eizellen werden<br />

abgestoßen, die Fehlgeburt ist die<br />

häufigste Komplikation der Schwangerschaft.<br />

Die Trauer über den Verlust<br />

ist für die betroffenen Eltern oft<br />

besonders schmerzhaft, nicht zuletzt<br />

weil öffentliche Abschiedsrituale<br />

wie Trauerfeier und Begräbnis nicht<br />

selbstverständlich sind.<br />

Laut statistischem Bundesamt wurden im<br />

Jahr 2008 in Deutschland 675.000 Kinder<br />

lebend geboren. Geht man von einer<br />

Fehlgeburtenrate von 8–20% aller implantierten<br />

Eizellen aus [2, 6], stehen diesen<br />

675.000 lebenden Kindern zwischen<br />

58.695 und 168.750 Fehlgeburten gegenüber.<br />

Von diesen finden 80% (46.956–<br />

135.000) während des ersten Trimenons<br />

(


Abb. 1 8 Entwurf der Grabanlage auf dem Neuen Katholischen Friedhof <strong>Dresden</strong> mit einer abgerundeten<br />

und hinterpflanzten Sandsteinmauer, die Kontinuität und „Rückgrat“ symbolisiert und zum Verweilen<br />

einlädt. Davor auf einem 1000 m 2 großen Areal die durch kreisrunde Steinplatten gekennzeichneten<br />

Gräber in einem „Meer“ aus Gräsern, die sich im Wind wiegen. Beides symbolisiert Leichtigkeit.<br />

Im Vordergrund links die Stele, welche die Grabanlage vorstellt. (Mit freundl. Genehmigung von<br />

P. Jungmichel und N. Kummert)<br />

Abb. 2 8 Die Grabanlage im Herbst 2009 mit Windrädern und anderen persönlichen Grabgaben<br />

dungen – weder gezeigt noch in den Arm<br />

gegeben hat. Die Wünsche von Eltern sind<br />

jedoch völlig entgegengesetzt:<br />

Liebe Ärzte, liebe Schwestern, liebe Hebammen!<br />

Fragt uns nicht, was wir wollen. Fragt<br />

nicht: „Wollen Sie Ihr Kind noch einmal halten?“,<br />

sondern geben Sie es uns! Wir sind in<br />

einer Ausnahmesituation, im Schock, wir<br />

können keine Entscheidungen treffen!<br />

Und wie wichtig es ist, dass wir unsere<br />

Kinder halten, waschen, in eigene Kleidung<br />

packen usw. fühlen wir oft erst Monate<br />

später. Zu der Trauer kommt sonst<br />

noch das Gefühl, etwas verpasst zu haben<br />

806 | Der Gynäkologe 10 · 2010<br />

Leitthema<br />

oder gar Schuldgefühle. Notfalls zwingen<br />

Sie uns all das zu tun, was andere Eltern<br />

nach der Geburt mit ihren Kindern auch<br />

tun. Keiner der Eltern in unserem Kreis<br />

hat gesagt „Dies oder das hätte ich im<br />

Nachhinein doch nicht machen wollen“.<br />

Vielmehr wurde immer wieder bereut, etwas<br />

nicht getan zu haben.<br />

Liebe Ärzte, liebe Schwestern, liebe Hebammen!<br />

Schaffen Sie mit uns so viele Andenken<br />

an unsere Kinder wie möglich!<br />

Wir können nicht genügend Erinnerungen<br />

an unsere Kinder haben! Wir können die<br />

Zeit nicht mehr zurückdrehen und bereu-<br />

en jede verpasste „Gelegenheit“. Uns bleiben<br />

nur diese Andenken.<br />

Aus den „Wünschen der Betroffenen“,<br />

Kaleb <strong>Dresden</strong> e.V.<br />

Inzwischen wurden in den Kliniken für<br />

das private Abschiednehmen vom Kind<br />

individuelle Standards entwickelt, die<br />

den Wünschen der Eltern Rechnung tragen.<br />

Die Möglichkeit, in der Klinik in aller<br />

Ruhe zunächst eine Beziehung zu diesem<br />

früh verstorbenen Kind aufzubauen,<br />

sich so viele Erinnerungen wie möglich<br />

zu schaffen und dann von ihm Abschied<br />

zu nehmen, ist ein wichtiger erster Schritt<br />

der Trauerarbeit. Die nächste brennende<br />

Frage der betroffenen Eltern, die jedoch<br />

oft erst nach einigen Tagen „an die Oberfläche“<br />

tritt, ist: was passiert jetzt eigentlich<br />

mit dem Kind?<br />

Liebe Ärzte, liebe Schwestern, liebe Hebammen!<br />

Informieren Sie uns über unsere<br />

Rechte und Möglichkeiten als Trauernde!<br />

Meistens überrascht uns der Tod<br />

unserer Kinder so plötzlich, dass wir uns<br />

vorher nicht über das Bestattungsgesetz informiert<br />

haben … Vermitteln Sie Kontakte<br />

zur Selbsthilfe, Seelsorgern, Pfarrern und/<br />

oder bewährten Psychologen.<br />

Aus den „Wünschen der Betroffenen“,<br />

Kaleb <strong>Dresden</strong> e.V.<br />

Fehlgeborene Kinder werden weder in die<br />

standesamtlichen Geburtsregister bzw.<br />

Familienbücher eingetragen noch besteht<br />

in Deutschland eine individuelle Bestattungspflicht.<br />

Inzwischen ist in den meisten<br />

Bundesländern eine individuelle Bestattung<br />

auf Wunsch der Eltern möglich,<br />

eine bundeseinheitliche Regelung gibt es<br />

jedoch nicht.<br />

Das Sächsische Bestattungsgesetz<br />

(2009) beispielsweise sieht in § 18, Abs. 6<br />

vor: „Sofern Fehlgeborene (§ 9 Abs. 2) und<br />

Feten aus operativen und medikamentösen<br />

Schwangerschaftsabbrüchen nicht gemäß<br />

Absatz 2 bestattet werden, sind sie innerhalb<br />

eines Jahres zu bestatten, sofern sie nicht zu<br />

medizinischen, pharmazeutischen oder wissenschaftlichen<br />

Zwecken verwendet oder sofern<br />

sie nicht als Beweismittel aufbewahrt<br />

werden. Die Bestattung kann auch gemeinschaftlich<br />

oder anonym erfolgen.“


Zusammenfassung · Abstract<br />

Gynäkologe 2010 · 43:805–812 DOI 10.1007/s00129-010-2582-9<br />

© Springer-Verlag 2010<br />

D.E. Aust · K. Dahl · K. Ammerbacher · K. Wagner · M. Ziegenfuss<br />

Fehlgeburt: Wie Bestattungsrituale bei der Trauerarbeit<br />

helfen. <strong>Sternenkinder</strong> <strong>Dresden</strong> e.V.<br />

Zusammenfassung<br />

Der Tod eines im Mutterleib heranwachsenden<br />

Kindes ist für die betroffenen Eltern ganz<br />

unabhängig vom Gestationsalter ein traumatischer<br />

und schmerzhafter Verlust, den das<br />

soziale Umfeld oft nicht in vollem Umfang als<br />

solchen wahrnimmt. Dies erschwert die Trauerarbeit<br />

der Eltern. Abschiedsrituale, ein Ort<br />

der Erinnerung und das Erlebnis einer solidarischen<br />

Gemeinschaft helfen bei der Verarbeitung<br />

der Trauer um das verlorene Kind.<br />

Für das private Abschiednehmen entwickelten<br />

viele Kliniken individuelle Standards. Die<br />

Verarbeitung der Trauer erfordert aber auch<br />

Beachtung und Respekt durch die Öffentlichkeit,<br />

selbst wenn eine individuelle Bestattungspflicht<br />

und damit ein öffentlicher Rahmen<br />

für Fehlgeborene Die Trauerfeier räumt<br />

dem Kind einen Platz in<br />

der Gesellschaft ein<br />

Daher haben sich in den letzten Jahrzehnten<br />

in vielen deutschen Städten<br />

und Gemeinden Initiativen gegründet,<br />

die sich dieser Situation annehmen<br />

(. Tab. 1; [4]). Nach Angaben der<br />

Initiative Regenbogen e. V. gibt es in<br />

Deutschland 296 Grab­ und Gedenkanlagen<br />

für Fehlgeborene, einige von ihnen<br />

sind noch in Planung [1]. Ziel dieser Initiativen<br />

ist es, den Eltern einen Ort der<br />

Trauer und der Erinnerung sowie einen<br />

würdigen Abschied von ihren Kindern<br />

zu ermöglichen, ohne dass den Betroffenen<br />

hierdurch Kosten entstehen.<br />

Durch Bestattung bzw. Trauerfeier<br />

werden sowohl das verstorbene Kind als<br />

auch die Trauer der Eltern öffentlich gewürdigt,<br />

die Trauerfeier räumt dem verstorbenen<br />

Kind einen gesellschaftlichen<br />

Platz ein und erkennt damit den sozialen<br />

Bezug dieser Kinder und die Notwendigkeit,<br />

um sie zu trauern, an.<br />

<strong>Sternenkinder</strong> <strong>Dresden</strong> e.V.<br />

Entstehung<br />

So entstand auch in <strong>Dresden</strong> aus der karitativen<br />

Idee, die fehlgeborenen Kinder des<br />

katholischen Krankenhauses St. Joseph­<br />

Stift <strong>Dresden</strong> würdig zu bestatten, ein Gemeinschaftsprojekt<br />

zur Bestattung Fehlgeborener<br />

im Großraum <strong>Dresden</strong>. Vorbild<br />

war dabei das Projekt „Schmetterlingskinder“<br />

im Großraum Leipzig [7], das<br />

von einer Pflegedienstleiterin des Städtischen<br />

Klinikums St. Georg initiiert wurde.<br />

Während der Projektvorbereitung in


<strong>Dresden</strong> stellte sich sehr bald heraus, dass<br />

eine würdige Bestattung früh toter Kinder<br />

nicht auf eine Klinik beschränkt werden<br />

kann, sodass ein Arbeitskreis mit Repräsentanten<br />

mehrerer Kliniken, verschiedener<br />

Berufsgruppen und der Selbsthilfe<br />

entstand.<br />

Die erste große Herausforderung war<br />

die Gestaltung und Finanzierung einer<br />

zentralen Kindergrabanlage. Hierzu war<br />

die Gründung eines Vereins als Rechtsträger<br />

notwendig. Diesem Verein traten<br />

nicht nur engagierte Einzelpersonen,<br />

sondern auch die beteiligten Kliniken als<br />

juristische Personen bei. Durch die Mitgliedsbeiträge<br />

dieser Kliniken (mittlerweile<br />

10 im Großraum <strong>Dresden</strong>) werden<br />

die Kosten der Bestattungen und der<br />

Grabpflege gedeckt, allerdings wurden in<br />

der Gründungsphase des Vereins große<br />

Summen für die Gestaltung des Bestattungsplatzes<br />

benötigt. Hierfür wurden<br />

großzügige Spenden von Einzelpersonen,<br />

den Kirchen, den Kliniken, verschiedenen<br />

Firmen und Stiftungen sowie ein großzügiges<br />

zinsloses Darlehen des Caritasverbandes<br />

für das Bistum <strong>Dresden</strong>­Meißen<br />

verwendet. Zwei Studentinnen der Fakultät<br />

Landschaftsarchitektur der Technischen<br />

Universität <strong>Dresden</strong> gestalteten<br />

im Rahmen einer Semesterarbeit die<br />

„Wiese der <strong>Sternenkinder</strong>“ (. Abb. 1, 2),<br />

auf der die Fehlgeborenen seit 2007 bestattet<br />

werden.<br />

Bestattungsrituale<br />

Am 29.09.2007 wurde die erste gemeinschaftliche<br />

Erdbestattung von 60 „<strong>Sternenkinder</strong>n“<br />

durchgeführt. An der ersten<br />

Bestattung nahmen etwa 100 Angehörige<br />

teil. In halbjährlichen Abständen folgten<br />

weitere Bestattungen.<br />

Die Trauerfeier enthält viele Elemente<br />

mit Symbolgehalt. Im Eingangsbereich<br />

der Trauerhalle liegt ein Gedenkbuch aus<br />

(. Abb. 3). Angehörige können in dieses<br />

Buch einen Stern stempeln und – wenn<br />

sie es möchten – den Namen des Kindes,<br />

einen Gruß oder einen Wunsch für ihr<br />

Kind einschreiben. In das Gedenkbuch<br />

kann auch ein Stern für ein Kind eingestempelt<br />

werden, von dem es keine sterblichen<br />

Überreste mehr gibt. Damit erhalten<br />

auch diese Kinder einen Gedenkort.<br />

Dieses Angebot wird insbesondere von<br />

Abb. 3 8 Dieses Buch liegt bei den Bestattungsfeiern aus. Trauernde können hier Sterne für ihre verstorbenen<br />

Kinder einstempeln und ihnen so noch einen letzten Gedanken mit auf den Weg geben;<br />

diese Art des Gedenkens erfreut sich v. a. bei Geschwisterkindern großer Beliebtheit<br />

Abb. 4 8 Unmittelbar nach der dritten Bestattung im Herbst 2008. Unter dem Symbol der Fußspuren<br />

wurden über 40 Fehlgeborene begraben. Die Kerzen wurden von den Eltern während der Trauerfeier<br />

angezündet und zum Grab mitgenommen. Viele Betroffene verabschieden sich mit einem persönlichen<br />

Blumengesteck oder einer selbstgemachten Grabgabe<br />

den Geschwisterkindern sehr gern genutzt.<br />

Der Arbeitskreis <strong>Sternenkinder</strong> gestaltet<br />

die Trauerfeier mit Musik und Meditation,<br />

die Menschen aller Weltanschauungen<br />

ansprechen. An der Feier selbst<br />

wirken Hebammen, Betroffene, Seelsorger<br />

der beiden großen christlichen Kirchen<br />

und Repräsentanten des Vereins<br />

mit. Musikalisch wird sie untermalt von<br />

Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle<br />

und des Deutsch­Französischen Chores<br />

<strong>Dresden</strong> e. V.<br />

Auf der „Wiese der <strong>Sternenkinder</strong>“<br />

wird an der Begräbnisstelle ebenerdig<br />

ein runder Gedenkstein niedergelegt, der<br />

das Datum der Bestattung und ein eingraviertes<br />

Symbol enthält. Das Symbol<br />

kommt aus dem Kreis der Trauernden<br />

und steht als Thema über dem festlichen<br />

Der Gynäkologe 10 · 2010 |<br />

809


Abb. 5 8 Auch das „Grab des unbestatteten Kindes“, gekennzeichnet mit einem Stern, wird von den<br />

Eltern, deren Verlust schon länger zurückliegt oder deren Kind nicht bestattet wurde, mit Kerzen und<br />

Grabgaben geschmückt<br />

Rahmen der Abschiedsfeier. Bisher wählten<br />

Angehörige das Einhorn, den Schmetterling,<br />

das Schneeglöckchen, Kinderfußspuren,<br />

den Regenbogen, die Sonne sowie<br />

eine Schnecke mit Häuschen als Symbol<br />

(. Abb. 4, 5).<br />

Dem <strong>Sternenkinder</strong> <strong>Dresden</strong> e.V. ist es<br />

ein Anliegen, den Eltern und nahen Angehörigen<br />

einen würdevollen Abschied von<br />

ihrem früh verstorbenen Kind und einen<br />

Ort zum Trauern zu ermöglichen. Die positive<br />

Resonanz auf die Bestattungen zeigt<br />

die große Bedeutung einer „öffentlichen“<br />

Abschiednahme; sie erfreut und motiviert<br />

die Akteure immer wieder neu.<br />

Am 20.9. haben wir mit Euch auf der Wiese<br />

der <strong>Sternenkinder</strong> unseren Bastian [Name<br />

geändert] beerdigt. Vielen Dank für die<br />

authentische und persönliche Atmosphäre.<br />

Schön, dass so viele Menschen da waren<br />

und dennoch jeder den Raum für seine<br />

ganz eigene Trauer hatte. Mir hat die<br />

Trauerfeier und die Beerdigung sehr geholfen,<br />

von meinem kleinen Sohn Abschied zu<br />

nehmen. Danke.<br />

Arbeitskreis<br />

Aus dem Internetgästebuch<br />

des Vereins<br />

Bereits vor der Vereinsgründung wurde<br />

ein Arbeitskreis gebildet. Ihm gehören<br />

an:<br />

810 | Der Gynäkologe 10 · 2010<br />

Leitthema<br />

F Mitarbeitende der Dresdner Krankenhäuser,<br />

wie Pflegende, Gynäkologen,<br />

Hebammen, Seelsorger, Sozialpädagogen,<br />

Psychologen,<br />

F betroffene Eltern,<br />

F Pathologen,<br />

F Bestatter und<br />

F Vertreter der Friedhofsverwaltungen.<br />

Der Arbeitskreis trifft sich einmal im<br />

Quartal. Aus ihm entstanden Arbeitsgruppen,<br />

die sich der Vorbereitung der<br />

Trauerfeier und der Öffentlichkeitsarbeit<br />

widmen. Vertreter der Kliniken, die<br />

dem Arbeitskreis angehören, haben eine<br />

wichtige Brückenfunktion zwischen Verein/Arbeitskreis<br />

und Klinik. So sind sie<br />

verantwortlich für die persönliche Einladung<br />

der Betroffenen zur Trauerfeier und<br />

für die Umsetzung unseres Anliegens in<br />

den Kliniken.<br />

Im Arbeitskreis ist dem Verein die Bildung<br />

eines Netzwerkes der an Beistand und<br />

Bestattung beteiligten Berufsgruppen gelungen.<br />

Es entstand eine Gesprächsebene,<br />

auf der sich unterschiedliche Berufsgruppen<br />

und die Selbsthilfe zum Thema Fehlgeburt<br />

beraten, austauschen und fachlich<br />

fortbilden können. Durch eine Verbesserung<br />

der Kommunikation und das<br />

Ausschöpfen von Bildungsmöglichkeiten<br />

entstand ein Netzwerk, das Fachkompetenz<br />

verfügbar macht und die Qualität<br />

der Betreuung Betroffener, aber auch die<br />

ethische Kompetenz der betreuenden Be­<br />

rufsgruppen erhöht. Gemeinsam mit den<br />

Vereinen „Glücklose Schwangerschaft<br />

<strong>Dresden</strong> e.V.“ und „Kaleb <strong>Dresden</strong> e.V.“<br />

werden Fortbildungen für Pflegende veranstaltet.<br />

Aus dem Arbeitskreis sind im Laufe<br />

der Jahre auch Kontakte zu anderen Personen<br />

und Gruppen entstanden, die für<br />

ihre Stadt bzw. Region ein ähnliches Projekt<br />

planten. So entstand nach dem Vorbild<br />

des Vereins „<strong>Sternenkinder</strong> <strong>Dresden</strong><br />

e.V.“ ein Bestattungsprojekt in Aue/Erzgebirge,<br />

das durch den Verein „<strong>Sternenkinder</strong><br />

Aue e.V.“ betreut wird [5]. Ziel der<br />

nächsten Jahre soll es sein, ein Netzwerk<br />

zwischen allen sächsischen Projekten herzustellen<br />

und langfristig flächendeckend<br />

den betroffenen Eltern Betreuung, Trauerfeiern<br />

und Bestattungen anbieten zu<br />

können.<br />

Fazit für die Praxis<br />

Eine wichtige Erfahrung der Projektarbeit<br />

ist, dass Trauer nach Fehlgeburt in ihrer<br />

Schwere erkannt und gewürdigt werden<br />

muss. Essenziell für die Trauerarbeit ist es,<br />

zunächst eine Beziehung zwischen Eltern<br />

und Kind durch Halten und Betrachten<br />

des Kindes zu fördern und mit Handabdrücken,<br />

Fußabdrücken, Fotos so viele Erinnerungen<br />

an das verstorbene Kind wie<br />

möglich zu schaffen. Dies erfordert eine<br />

enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten<br />

und Schwestern auf den Stationen und<br />

im Kreißsaal. Für den Abschied leistet eine<br />

symbolreiche Trauerfeier und das gemeinsame<br />

Bestatten der Kinder in der solidarischen<br />

Gemeinschaft der Betroffenen<br />

einen wichtigen Beitrag. Der Bestattungsplatz<br />

kann als Ort für Trauer und Erinnerung<br />

dienen. Trauernde Menschen sind<br />

aktiv-kreative Menschen mit einem starken<br />

Gestaltungswillen. Sie verändern starre<br />

Regelwerke in Gesellschaft und Gesundheitswesen,<br />

wie unser Projekt eindrücklich<br />

belegt.<br />

Korrespondenzadresse<br />

PD Dr. D.E. Aust<br />

Institut für Pathologie,<br />

Universitätsklinikum Carl<br />

Gustav Carus an der TU <strong>Dresden</strong><br />

Fetscherstr. 74, 01309 <strong>Dresden</strong><br />

Daniela.Aust@<br />

uniklinikum-dresden.de<br />

info@sternenkinder-dresden.de


Interessenkonflikt. Die korrespondierende Autorin<br />

gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.<br />

Literatur<br />

1. http://www.initiative-regenbogen.de<br />

2. Nybo Andersen AM, Wohlfahrt J, Christens P et al<br />

(2000) Maternal age and fetal loss: population based<br />

register linkage study. BMJ 320:1708–1712<br />

3. http://www.saling-institut.de; Allgemeines zu<br />

Fehl- und Frühgeburten (Saling E, Schreiber M)<br />

4. http://www.kg.sgkg.de (Schäfer K)<br />

5. http://www.sternenkinder-aue.de (Teubner B)<br />

6. Wang X, Chen C, Wang L et al (2003) Conception,<br />

early pregnancy loss and time to clinical pregnancy:<br />

a population-based prospective study. Fertil<br />

Steril 79:577–584<br />

7. http://www.schmetterlingskinder-leipzig.de<br />

(Wendisch J)<br />

812 | Der Gynäkologe 10 · 2010<br />

Buchtipp<br />

Führungskompetenzen<br />

für Leitende Ärzte im<br />

Krankenhaus<br />

„Es ist eine Erweiterung des Selbstverständnisses<br />

zu beobachten“ - Der Autor<br />

Jens Hollmann im Interview<br />

Lange Jahre galten fast ausschließlich<br />

die medizinischen Kompetenzen als<br />

ausschlaggebend für die Besetzung ärztlicher<br />

Leitungspositionen. Gilt das aus<br />

Ihrer Sicht auch heute noch?<br />

7 Herausragende medizinische Kompetenzen<br />

sind unverändert eine Selbstverständlichkeit.<br />

Zunehmend gewinnen aber auch überfachliche<br />

Führungsqualifikationen an Bedeutung, um das<br />

Abteilungsteam bedarfsgerecht und zukunftsorientiert<br />

zu entwickeln und die Leistungsbereitschaft<br />

zu stärken. Wer sich heute um eine Position<br />

als Leitender Arzt bewirbt, muss damit rechnen,<br />

einem Auswahlverfahren unterzogen zu werden,<br />

das speziell diese Führungsqualifikationen prüft<br />

– und dies haben Ärzte weder im Studium noch in<br />

ihrer weiteren fachlichen Ausbildung erlernt.<br />

Haben sich die Herausforderungen an<br />

die Führungskompetenz Leitender Ärzte<br />

verändert?<br />

7 Ja – und das spüren auch die meisten Chefärzte<br />

sehr deutlich. Die Jahre, in denen Assistenzärzte<br />

froh waren, eine Stelle zu bekommen und<br />

sich jeder Führung fügten, sind vorbei. Heute<br />

verzeichnen Kliniken einen Ärzte mangel, und die<br />

Arbeitsatmosphäre in einer Abteilung spielt eine<br />

wichtige Rolle für die Reputation der Klinik in der<br />

Ärzterekrutierung.<br />

Die Art der ärztlichen Führung wirkt sich<br />

also auch auf die Mitarbeiterbindung aus?<br />

7 Natürlich – und dies berührt maßgeblich<br />

die ökonomischen Interessen der Klinik. Ärztlichen<br />

Nachwuchs gezielt zu entwickeln und<br />

zu binden, ist für die Klinikleitung effektiver<br />

und effizienter als die Neugewinnung von Personal.<br />

Immer mehr Kliniken verlangen daher<br />

ein adäquates Situationsmanagement von ihren<br />

ärztlichen Führungskräften und investieren<br />

gezielt in die überfachliche Führungsausbildung<br />

der Leitenden Ärzte.<br />

Können Sie uns Beispiele nennen?<br />

7 Die drei wichtigsten Kompetenzen<br />

überfachlicher Natur sind aus meiner Sicht<br />

die Fähigkeit, ein Team zielgenau zu entwi-<br />

Führungskompetenzen<br />

für Leitende Ärzte –<br />

Motivationsstrategien,<br />

Teamführung und Konfliktmanagement<br />

im<br />

Krankenhaus<br />

Hollmann, Jens<br />

Springer-Verlag GmbH<br />

1st Edition., 2010, XIII,<br />

199 S. 30 Abb., Geb.<br />

ISBN: 978-3-642-<br />

05264-4<br />

44,95 €<br />

ckeln und zu führen, die Motivation und Leistungsbereitschaft<br />

der Mitarbeiter passgenau<br />

zu fördern sowie Konflikte souverän analysieren<br />

und konstruktiv bewältigen zu können.<br />

Wirken sich Führungskompetenzen<br />

karrierefördernd aus?<br />

7 Auf jeden Fall; bei meinen Klienten kann ich<br />

überwiegend drei Interessenlagen erkennen:<br />

Die Klinikleitung will, dass ihre Ärzte kompetent<br />

führen und investiert in die Führungsausbildung<br />

ihrer Chefärzte; die Leitenden Ärzte<br />

bereiten sich mit der Führungsausbildung<br />

auf ihren nächsten Karriereschritt vor und die<br />

Chefärzte selbst festigen mit diesen Qualifikationen<br />

ihre Position und bauen sie aus.<br />

Sie beraten und coachen Leitende Ärzte,<br />

welche thematischen Schwerpunkte sind<br />

entscheidend?<br />

7 Immer mehr ärztliche Führungspersönlichkeiten<br />

legen Wert auf ihre Kompetenzen<br />

in den Bereichen Teamführung, Motivationsstrategien<br />

und Konfliktmanagement. Es ist<br />

eine Erweiterung des Selbstverständnisses zu<br />

beobachten. Dort, wo die Klinikleitung noch<br />

nicht die Weitsicht hat, ihren Leitenden Ärzten<br />

ein solches Führungsprogramm zu ermöglichen,<br />

werden diese zunehmend selbst aktiv.<br />

Ihr abschließendes Statement?<br />

7 Früher dachten viele Chefärzte, es ginge auch<br />

ohne qualifizierte und kompetente Führung. Natürlich<br />

geht es auch ohne, aber der nachhaltige<br />

Erfolg der Abteilung ist eben nicht sichergestellt<br />

oder wird sich sogar gar nicht erst einstellen.<br />

7 Weitere Infos<br />

www.medplus-kompetenz.de<br />

info@medplus-kompetenz.de<br />

Das Interview führte Hinrich Küster,<br />

Springer Medizin Heidelberg

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