14.02.2013 Aufrufe

Geschichte der deutschen Volksgruppen in ... - Donauschwaben

Geschichte der deutschen Volksgruppen in ... - Donauschwaben

Geschichte der deutschen Volksgruppen in ... - Donauschwaben

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ansiedlung<br />

Nationales Zusammenleben<br />

Vertreibung<br />

ertreibung<br />

Integration<br />

<strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Volksgruppen</strong><br />

olksgruppen<br />

<strong>in</strong> Südosteuropa<br />

Südosteurop<br />

Unterrichtsfassung


<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> Südosteuropa<br />

Ansiedlung, Nationales Zusammenleben, Vertreibung, Integration<br />

Reg.Nr. 84128<br />

Impressum<br />

Medien<strong>in</strong>haber: Dr. Karl Kummer Institut<br />

1010 Wien<br />

Projektleitung: MR i.R. Dr. Walter Heg<strong>in</strong>ger<br />

Wissenschaftliche Beratung: Univ. Prof. Dr. Arnold Suppan<br />

Autor: Mag. Peter Wassertheurer<br />

Grafische Gestaltung: Branko Suznjevic<br />

Lektorat: Dr. Gerhard Schiel<br />

Bestelladresse: Verband <strong>der</strong> volks<strong>deutschen</strong> Landsmannschaften<br />

Österreichs (VLÖ)<br />

Ste<strong>in</strong>gasse 25, A-1030<br />

vloe@chello.at<br />

Druck: Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur<br />

M<strong>in</strong>oritenplatz 5, 1014 Wien


E<strong>in</strong>leitung<br />

Das Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat vor Jahren<br />

damit begonnen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mehrteiligen Serie die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> Mittel- und Südosteuropa an österreichischen Schulen vorzustellen.<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Teil entstanden die drei Filme "Südtirol - e<strong>in</strong> Modell für<br />

Europa", "Karnien, Friaul, Kärnten" und "Štajerska - die an<strong>der</strong>e Steiermark." Der<br />

zweite Teil <strong>der</strong> Serie widmete sich unter dem Titel "Sudetendeutsche und<br />

Tschechen" <strong>der</strong> österreichisch-deutsch-tschechischen <strong>Geschichte</strong> <strong>in</strong> den böhmischen<br />

Län<strong>der</strong>n. Im jetzt vorliegenden dritten und letzten Teil beschäftigt sich<br />

die Serie mit <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Siedlungsgeschichte <strong>in</strong> Südosteuropa: "<strong>Geschichte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> Südosteuropa" behandelt die wichtigsten historischen<br />

Entwicklungen <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen, <strong>der</strong> Landler, <strong>der</strong><br />

Bukow<strong>in</strong>a<strong>deutschen</strong>, <strong>der</strong> Dobrudscha- und Bessarabien<strong>deutschen</strong> <strong>in</strong> Rumänien,<br />

<strong>der</strong> Karpaten<strong>deutschen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei und <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong>, <strong>der</strong>en<br />

Siedlungsgebiet nach dem Ersten Weltkrieg zwischen Ungarn, Jugoslawien und<br />

Rumänien zur Aufteilung kam. Das für die "<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> Südosteuropa" hergestellte Begleitmaterial ist e<strong>in</strong>e schriftliche<br />

Ergänzung zum Film und versucht, den europäischen Südosten als multiethnischen<br />

Kulturraum zu präsentieren, <strong>in</strong> dem seit dem Mittelalter zahlreiche Völker<br />

neben- und mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> siedelten. Die <strong>Geschichte</strong> Südosteuropas war von zahlreichen<br />

Berührungspunkten zwischen slawischen, romanischen, germanischen<br />

und sogar außereuropäischen Sprachen, Kulturen, Religionen und Nationen<br />

gekennzeichnet, aber ebenso von imperialen Kriegen und nationalen Konflikten.<br />

Dieses Begleitheft möchte den SchülerInnen am Beispiel <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Volksgruppen</strong> die soziale und geistige Entwicklung Südosteuropas, die<br />

Ursachen für nationale Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen und das gewaltsame Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>brechen<br />

historisch gewachsener Gesellschaften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em multiethnischen<br />

Umfeld aufzeigen.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> nach Österreich evakuierten,<br />

geflüchteten o<strong>der</strong> vertriebenen "Volks<strong>deutschen</strong>" nach Deutschland "repatriiert"<br />

(wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>gebürgert). Nur 170.000 Personen konnten <strong>in</strong> Österreich bleiben<br />

und wurde mit <strong>der</strong> Verleihung <strong>der</strong> Staatsbürgerschaft von 1954<br />

(Optionsgesetz) endgültig <strong>in</strong> die österreichische Nachkriegsgesellschaft <strong>in</strong>tegriert.<br />

Der Begriff "Volksdeutsche" (<strong>in</strong> <strong>der</strong> englischsprachigen Literatur existiert<br />

die Lehnübersetzung ethnic Germans) entstammte dem NS-Jargon und wurde<br />

nach 1945 <strong>in</strong> Österreich weiter verwendet, um sie von Reichs<strong>deutschen</strong><br />

(Wehrmachtsangehörige, reichsdeutsche Beamte) und fremdsprachigen<br />

"Displaced Persons" (NS-Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, KZ-Inhaftierte)<br />

unterscheiden zu können. Im vorliegenden Unterrichtsbehelf wird das<br />

Begriffspaar "volksdeutsch, Volksdeutsche" ausschließlich für die<br />

Zwischenkriegszeit und für den Zweiten Weltkrieg und se<strong>in</strong>e Folgen verwendet,<br />

um den ideologischen Annäherungsprozess <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong>führung<br />

ab den 1930er Jahren und die NS-Gleichschaltungspolitik mittels <strong>der</strong><br />

Volks<strong>deutschen</strong> Mittelstelle (VOMI) zu unterstreichen. Beide Begriffe hatten<br />

aber nie wirklich im Sprachgebrauch <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> E<strong>in</strong>gang<br />

gefunden. Dort spricht man bis heute von den Schwaben, Sachsen, Landlern<br />

o<strong>der</strong> Karpaten<strong>deutschen</strong>.<br />

Univ. Prof. Dr. Arnold Suppan, Universität Wien<br />

Wissenschaftlicher Betreuer


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Herrschaft und Christianisierung <strong>der</strong> Magyaren <strong>in</strong> Pannonien S.1<br />

1.1. Die Pannonische Mark und die Magyaren S.1<br />

1.2. Christianisierung und <strong>der</strong> Erhalt <strong>der</strong> Königswürde S. 2<br />

2. Deutsche Siedler im Königreich Ungarn S. 2<br />

2.1. Privilegien und deutsches Stadtrecht S. 3<br />

2.2. Sächsische Nationsuniversität und das Eigen-Landrecht S. 4<br />

3. Reformation und Toleranz S. 5<br />

3.1. Luthertum und Johannes Honter S. 5<br />

3.2. Glaubensbekenntnisse und Toleranz S. 6<br />

3.3. Die Reformation im Karpatenraum S. 6<br />

4. Die osmanische Herrschaft S. 6<br />

4.1. Das ungarische Erbe S. 6<br />

4.2. Die Ungarn-Politik Ferd<strong>in</strong>ands S. 7<br />

4.3. Die politische Machtteilung im Königreich Ungarn S. 8<br />

5. Habsburgs Aufstieg zur Großmacht S. 8<br />

5.1. Die osmanische Belagerung Wiens 1683 und Eroberung Ungarns S. 8<br />

5.2. Der Ausgriff nach Südosteuropa S. 9<br />

6. Die Neubesiedlung des Königreichs Ungarn S. 9<br />

6.1. Die Privatkolonisation S. 11<br />

6.2. Die staatliche Kolonisation S. 12<br />

6.3. Die <strong>Donauschwaben</strong> S. 15<br />

6.4. Siebenbürgen nach <strong>der</strong> osmanischen Herrschaft S. 15<br />

6.5. Die Bukow<strong>in</strong>a und die Dobrudscha S. 16<br />

7. Aufgeklärter Absolutismus und Nationalismus S. 18<br />

7.1. Nationale Emanzipation und Magyarisierung S. 18<br />

7.2. Die <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> und die Magyarisierung S. 18<br />

8. Revolutionsjahr 1848/49 und Ausgleich mit Ungarn 1867 S. 20<br />

8.1. Das Revolutionsjahr im Königreich Ungarn S. 20<br />

8.2. Ausgleich mit Ungarn und die <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> S. 20<br />

9. Der Erste Weltkrieg und die Nachkriegsordnung S. 24<br />

9.1. Der Kriegsausbruch 1914 S. 24<br />

9.2. Trianon 1920 S. 26<br />

10. Die <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit S. 27<br />

10.1. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Jugoslawien S. 28<br />

10.2. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Rumänien S. 29<br />

10.3. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Ungarn S. 30<br />

10.4. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit im slowakischen Teil <strong>der</strong> Tschechoslowakei S. 31<br />

11. Der Zweite Weltkrieg und die Folgen S. 32<br />

11.1. Die Rumänien-Deutschen im Zweiten Weltkrieg S. 33<br />

11.2. Die Jugoslawien-Deutschen im Zweiten Weltkrieg S. 34<br />

11.3. Die Ungarn-Deutschen im Zweiten Weltkrieg S. 37<br />

11.4. Die Karpaten-Deutschen im Zweiten Weltkrieg S. 39


12. Flucht, Vertreibung, Aussiedlung S. 40<br />

12.1. Rumänien S. 40<br />

12.2. Jugoslawien S. 41<br />

12.3. Ungarn S. 42<br />

12.4. Tschechoslowakei S. 43<br />

13. Die <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten nach dem Zweiten Weltkrieg S. 43<br />

Anhang<br />

Ortsangaben


1. Herrschaft und Christianisierung<br />

<strong>der</strong> Magyaren <strong>in</strong> Pannonien<br />

1.1. Die Pannonische Mark und die Magyaren<br />

Karl <strong>der</strong> Große (742-814)<br />

796 schlug Karl <strong>der</strong> Große (742-814)<br />

die Awaren und glie<strong>der</strong>te den westpannonischen<br />

Raum <strong>in</strong> das Karol<strong>in</strong>gische<br />

Imperium e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> als Grenzmark<br />

(Pannonische Mark) organisiert und<br />

verwaltet wurde. Bereits zur Mitte des<br />

9. Jahrhun<strong>der</strong>ts hatten sich deutsche<br />

Siedler um den Plattensee (ung.<br />

Balaton) und um die Gegend<br />

von Fünfkirchen (ung. Pécs)<br />

nie<strong>der</strong>gelassen. Im Jahr 895<br />

drangen die Magyaren <strong>in</strong> den<br />

pannonischen Raum e<strong>in</strong> und<br />

konnten erst 955 am Lechfeld bei Augsburg durch<br />

Otto den Großen (912-973) besiegt werden. Die Magyaren<br />

zogen sich daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong> den zentralpannonischen<br />

Raum zurück und sicherten sich dort unter dem<br />

Geschlecht <strong>der</strong> Árpáden die Vorherrschaft.<br />

Die Magyarenzüge<br />

Zeittafel<br />

2. Hälfte 6. Jhd.<br />

Slawische Landnahme im Donauraum und am Balkan<br />

768-814<br />

Herrschaft Karl des Großen, <strong>der</strong> 800 vom Papst<br />

die Kaiserkrone erhält<br />

796<br />

Karl <strong>der</strong> Große schlägt die Awaren und errichtet das<br />

Bayrische Ostland zur Sicherung <strong>der</strong> Ostgrenze an<br />

<strong>der</strong> mittleren Donau und Save<br />

830-900<br />

Großmährisches Reich unter den slawischen Fürsten<br />

Mojmir, Rastislav und Svatopluk (Zwentibald);<br />

<strong>in</strong> Böhmen setzen sich unter den westslawischen<br />

Stämmen die Pøemysliden als Herrschergeschlecht<br />

durch<br />

860<br />

Urkundliche Erwähnung von 35 bayrischen Siedlungen<br />

im Gebiet um den Plattensee und Fünfkirchen<br />

(ung. Pécs)<br />

895-906<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Magyaren <strong>in</strong> den pannonischen<br />

Raum (Landnahme) und Vorstöße nach Mittel-<br />

und Westeuropa<br />

1


1.2. Christianisierung und Erhalt <strong>der</strong> Königswürde<br />

2<br />

Fürst Géza (971-997) rief am<br />

Ende des 10. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

hospites (Gäste) aus dem<br />

Westen Europas <strong>in</strong>s Land. Es<br />

folgte die Christianisierung<br />

<strong>der</strong> Magyaren durch deutsche<br />

Missionare aus dem<br />

Bistum Passau. Fürst Géza<br />

ließ se<strong>in</strong>en Sohn Wajk auf<br />

den Namen Stephan (969-<br />

1038) taufen. Stephan för<strong>der</strong>te<br />

die christliche Mission und<br />

erhielt im Jahr 1000 vom<br />

Papst die Königswürde.<br />

Unter König Stephan I. wurden<br />

weitere Siedler aus dem<br />

Ausland angeworben.<br />

Stephanskrone<br />

2. Deutsche Siedler im Königreich Ungarn<br />

Mittelalterliche deutsche Siedlungen <strong>in</strong> Südosteuropa<br />

Zeittafel<br />

906<br />

Zerstörung des Großmährischen Reiches durch die<br />

Magyaren<br />

907<br />

Nie<strong>der</strong>lage des bayrischen Heerbanners unter Luitpold<br />

gegen die Magyaren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Preßburg<br />

(slow. Bratislava, ung. Pozsony)<br />

955<br />

Kg. Otto <strong>der</strong> Große (962 Kaiser) besiegt die Magyaren<br />

am Lechfeld bei Augsburg; Rückzug <strong>der</strong> Magyaren <strong>in</strong><br />

den pannonischen Raum mit Festigung <strong>der</strong> Herrschaft<br />

durch das Geschlecht <strong>der</strong> Árpáden; Ansiedlung von<br />

Hilfsvölkern zum Schutz <strong>der</strong> Grenzen<br />

971-997<br />

Ung. Fürst Géza leitet die Christianisierung e<strong>in</strong> und<br />

holt dafür deutsche “hospites” (Gäste) <strong>in</strong>s Land<br />

996-997<br />

Gézas Sohn István (Stephan) heiratet die Schwester<br />

Kaiser He<strong>in</strong>richs II. und erhält im Jahre 1000 vom<br />

Papst e<strong>in</strong>e Königskrone<br />

1000<br />

Gründung des Erzbistums Gran (ung. Esztergom) und<br />

Christianisierung Ungarns


2.1. Privilegien und deutsches Stadtrecht<br />

Géza II. (1141-1162) siedelte im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t auf<br />

dem Königsboden (lat. fundus regius) deutsche Siedler<br />

aus dem fränkisch-luxemburgischen und flämischen<br />

Raum an. Sie wurden als Sachsen bezeichnet und <strong>in</strong><br />

Siebenbürgen (lat. Ultrasylvas) und im Karpathenraum<br />

(Zips, Hauerland) angesiedelt, weshalb man sie als<br />

Siebenbürger Sachsen und Zipser Sachsen bezeichnete.<br />

Die Sachsen erhielten auf dem<br />

Königsboden Privilegien zugesprochen.<br />

Dazu zählten die freie Wahl<br />

<strong>der</strong> Richter, steuerliche Begünstigungen<br />

und das Recht zur alle<strong>in</strong>igen<br />

Besiedelung (lat. unus sit populus)<br />

ihres Gebiets. 1224 bestätigte<br />

König Andreas II. im sogenannten<br />

Andreanum (Andreanischer Freibrief)<br />

den <strong>deutschen</strong> Siedlern ihre<br />

Privilegien. Später wurden die<br />

Privilegien auf die an<strong>der</strong>en <strong>deutschen</strong><br />

Siedlungsgebiete <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />

ausgeweitet. Die <strong>deutschen</strong> Siedler<br />

Stolzenburg-<br />

Brautpaar<br />

waren aber dem König gegenüber zu Abgaben und<br />

militärischem Beistand verpflichtet.<br />

Zeittafel<br />

1102<br />

Kroatien und Dalmatien mit Ungarn vere<strong>in</strong>t (pacta conventa)<br />

1141-1162<br />

Kg. Géza II. siedelt deutsche Bauern und Handwerker<br />

auf dem Königsboden (fundus regius) <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />

an und stattet sie mit Privilegien aus; die <strong>deutschen</strong><br />

Siedler kommen aus dem fränkisch-luxemburgischen<br />

Raum; deutsche Siedler und Bergleute werden auch<br />

aus dem bayrisch-österreichischen und schlesischen<br />

Raum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zips (Zipser Sachsen) zum Schutz <strong>der</strong><br />

Grenzen angesiedelt; im oberungarischen Gebiet entstehen<br />

deutsche Bergwerkssiedlungen<br />

1186<br />

Erste urkundliche Erwähnung<br />

von <strong>deutschen</strong> Siedlern<br />

(Sachsen) <strong>in</strong> Siebenbürgen;<br />

Ausbreitung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Siedler im gesamten siebenbürgischen<br />

Raum bis <strong>in</strong>s 14.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

1211-1225<br />

Kg. Andreas II. siedelt den<br />

Deutschen Ritterorden zum<br />

Grenzschutz im siebenbürgischen<br />

Burzenland an; <strong>der</strong><br />

Deutsche Ritterorden errichtet<br />

Festungsanlagen und holt dafür<br />

deutsche Siedler <strong>in</strong>s Burzenland;<br />

<strong>der</strong> Deutsche Ritterorden<br />

muss das Land 1225 wie<strong>der</strong><br />

verlassen, die <strong>deutschen</strong><br />

Siedlungen bleiben<br />

1222<br />

"Goldene Bulle" Kg. Andreas II.<br />

mit Schwächung <strong>der</strong> Zentral-<br />

gewalt<br />

1224<br />

König Andreas II. bestätigt im<br />

"Andreanischen Freibrief"<br />

(Andreanum) die Privilegien für<br />

die <strong>deutschen</strong> Siedler auf dem<br />

Königsboden<br />

1241<br />

Die Mongolen dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> den pannonischen Raum e<strong>in</strong>,<br />

besiegen Kg. Béla IV. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Mohi und<br />

verwüsten das Land<br />

1271<br />

Die Zipser Sachsen erhalten unter Kg. Stephan IV. die-<br />

selben Privilegien wie die Siebenbürger Sachsen;<br />

Ausbreitung <strong>der</strong> Zipser Sachsen im oberungarischen<br />

Raum im 13. und 14. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

1301<br />

Mit dem Tod des Kg. Andreas III. Aussterben <strong>der</strong> Árpáden;<br />

Beg<strong>in</strong>n kriegerischer Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen um<br />

die Stephanskrone zwischen Wittelsbachern, Pøemysliden<br />

und dem Geschlecht <strong>der</strong> Anjou<br />

1308-1313<br />

Der Luxemburger He<strong>in</strong>rich VII. wird römisch-deutscher<br />

König und erwirbt auch die böhmische Königskrone<br />

1308-1342<br />

Karl I. Robert von Anjou ungarischer König; Festigung<br />

<strong>der</strong> Zentralgewalt<br />

3


Im 13. und 14. Jahrhun<strong>der</strong>t verbreiteten<br />

sich die deutsche Rechtsordnung<br />

und deutsche Wirtschaftspraktiken <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Landwirtschaft und im Bergbau.<br />

Durch die Urbanisierung im 14.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t kam das Magdeburger<br />

Stadtrecht <strong>in</strong> den <strong>deutschen</strong> Siedlungsgebieten<br />

<strong>in</strong> Schlesien sowie im<br />

böhmisch-mährischen und pannonischen<br />

Raum zur Anwendung. In den<br />

sächsischen Dörfern <strong>der</strong> Zips und<br />

Siebenbürgens galt das Sachsenrecht.<br />

2.2. Sächsische Nationsuniversität und das<br />

Eigen-Landrecht<br />

Szekler Ehepaar<br />

4<br />

Schemnitz<br />

Die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Siebenbürger<br />

Sachsen bestand seit dem 15.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> natio saxonica,<br />

<strong>der</strong>en oberste Vertretungs<strong>in</strong>stanz<br />

die Sächsische Nationsuniversität<br />

(lat. Universitas<br />

Saxonum) war. Die Vertreter <strong>der</strong><br />

Nationsuniversität gehörten<br />

ebenso dem Landtag an wie die<br />

Szekler (Grenzbauernvolk im<br />

Osten des Königsbodens) und<br />

<strong>der</strong> magyarische Adel. Seit<br />

1477 stand ihr e<strong>in</strong> gewählter<br />

Sachsengraf (lat. Comes<br />

Saxonum) vor. 1486 übertrug <strong>der</strong><br />

1486<br />

Kg. Matthias Corv<strong>in</strong>us überträgt die<br />

Privilegien auf alle sächsischen<br />

Siedlungen <strong>in</strong><br />

Siebenbürgen<br />

1490-1516<br />

Wladislaw II. aus dem<br />

polnischen Haus <strong>der</strong><br />

Jagiellonen König von Böhmen<br />

und Ungarn<br />

Zeittafel<br />

1335<br />

Kongress <strong>in</strong> Visegrád mit<br />

ungarischer, polnischer und<br />

böhmischer Beteiligung<br />

1366<br />

Ausweitung <strong>der</strong> Privilegien<br />

des Andreanums auf das<br />

Nösnerland <strong>in</strong> Nordsiebenbürgen<br />

unter Kg. Ludwig<br />

dem Großen<br />

1387-1437<br />

Sigismund von Luxemburg<br />

ungarischer König<br />

1437<br />

Unionsbildung <strong>der</strong> ständischen Vertreter <strong>der</strong> Siebenbürger<br />

Sachsen, Szekler und des ungarischen Adels<br />

zur Stärkung <strong>der</strong> eigenen Interessen; die Sächsische<br />

Nationsuniversität ist<br />

die höchste politische<br />

Vertretungs<strong>in</strong>stanz<br />

<strong>der</strong> Siebenbürger<br />

Sachsen (natio saxonica)<br />

1453<br />

Osmanische Eroberung<br />

Konstant<strong>in</strong>opels<br />

1456<br />

Reichsverweser János<br />

Hunyádi verteidigt<br />

Belgrad gegen die<br />

Osmanen<br />

1458-1490<br />

Kg. Matthias Corv<strong>in</strong>us<br />

mo<strong>der</strong>nisiert Ungarn<br />

und besetzt Mähren,<br />

Schlesien und Wien<br />

1477<br />

Erstmalige Wahl e<strong>in</strong>es<br />

Sachsengrafen (lat.<br />

Comes Saxonum) zum<br />

obersten Vertreter <strong>der</strong><br />

Sächsischen Nationsuniversität


ungarische König Matthias Corv<strong>in</strong>us (1458-1490) die<br />

Privilegien auf alle Siedlungen <strong>der</strong> Siebenbürger<br />

Sachsen. Damit war <strong>in</strong> Siebenbürgen e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitlicher<br />

Rechtsraum entstanden, <strong>der</strong> wesentlich zur Bildung<br />

e<strong>in</strong>er siebenbürgisch-sächsischen Identität beitrug.<br />

1583 wurde unter dem Sachsengrafen Stefan Báthory<br />

(1571-1583) das gesprochene Gewohnheitsrecht <strong>der</strong><br />

Siebenbürger Sachsen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Eigen-Landrecht<br />

nie<strong>der</strong>geschrieben, das allen Mitglie<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nationsuniversität die gleichen Rechte garantierte.<br />

3. Reformation und Toleranz<br />

3.1. Luthertum und Johannes Honter<br />

Johannes Honter<br />

(1498-1549)<br />

Die Lehre Mart<strong>in</strong> Luthers<br />

(1483-1546) wurde von<br />

Kaufleuten und Studenten<br />

nach Siebenbürgen gebracht.<br />

Bereits im Herbst<br />

1542 wurde <strong>in</strong> Kronstadt<br />

(rum. Braþov, ung. Brassó)<br />

die katholische Liturgie<br />

unter Johannes Honter<br />

(1498-1549), dem protestantischen<br />

Reformator <strong>der</strong><br />

Siebenbürger Sachsen, reformiert.<br />

1544 traten die<br />

Siebenbürger Sachsen geschlossen<br />

zum protestan-<br />

tischen Glauben Augsburger Bekenntnisses (Evangelisch<br />

AB) über. 1550 wurde die neue Kirchenordnung<br />

aller Deutschen <strong>in</strong> Sybembürgen e<strong>in</strong>geführt und durch<br />

die Sächsische Nationsuniversität zum Gesetz erhoben.<br />

Der Sitz <strong>der</strong> evangelischen Bischöfe war von 1572<br />

bis 1867 Birthälm (rum. Biertan, ung. Berethalom).<br />

Honter reformierte auch<br />

das sächsische Schulsystem<br />

nach humanistischen<br />

Idealen. In<br />

Kronstadt (rum. Braþov,<br />

ung. Brassó) wurden<br />

das erste humanistische<br />

Gymnasium auf<br />

südosteuropäischem<br />

Boden e<strong>in</strong>gerichtet. Der<br />

Protestantismus entwickelte<br />

sich zu e<strong>in</strong>er<br />

wichtigen Identitätssäule<br />

<strong>der</strong> Siebenbürger<br />

Sachsen.<br />

Birthälm als evangelische Bischofsstadt (1572-1867)<br />

1517<br />

Mart<strong>in</strong> Luthers Thesenanschlag<br />

<strong>in</strong> Wittenberg gegen die Zustände<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> katholischen Kirche<br />

lösen im deutschsprachigen Raum<br />

die Reformation aus<br />

1521<br />

Unter Sultan Süleyman I. erobern<br />

die Osmanen Belgrad (serb. Beograd)<br />

und dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> den südpannonischen<br />

Raum vor<br />

Zeittafel<br />

1498<br />

Geburt des sächsischen Reformators Johannes<br />

Honter(-us) <strong>in</strong> Kronstadt (rum. Braþov, ung. Brassó);<br />

unter Honter(-us) erfolgen wichtige Reformen im sächsischen<br />

Schulsystem<br />

1515<br />

Kaiser Maximilian I. verheiratet se<strong>in</strong>e beiden<br />

Enkelk<strong>in</strong><strong>der</strong> Ferd<strong>in</strong>and und Anna mit den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

König Wladislaws II. von Ungarn und Böhmen Lajos<br />

(Ludwig) und Maria; wechselseitiges Erbrecht<br />

5


3.2. Glaubensbekenntnisse und Toleranz<br />

Die kirchlichen Erneuerungsbewegungen beschränkten<br />

sich nicht nur auf die Siebenbürger Sachsen, son<strong>der</strong>n<br />

erfassten auch die magyarische Bevölkerung, die<br />

1564 teilweise zum calv<strong>in</strong>ischen Bekenntnis (Jean<br />

Calv<strong>in</strong> 1509-1564) übertrat. In Klausenburg (rum. Cluj,<br />

ung. Kolozsvár) entwickelte sich das geistige Zentrum<br />

<strong>der</strong> Unitarier (Anti-Tr<strong>in</strong>itarier), die vor allem bei den<br />

Szeklern im Osten Siebenbürgens und bei den<br />

Rumänen zahlreiche Anhänger gew<strong>in</strong>nen konnten.<br />

1557 beschloss <strong>der</strong> Siebenbürgische Landtag zu<br />

Thorenburg (rum. Turda, ung. Torda) die Duldung aller<br />

christlichen Konfessionen. 1568 war <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />

die religiöse Toleranz sogar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Gesetz<br />

verankert worden.<br />

3.3. Die Reformation im Karpatenraum<br />

Auch im oberungarischen Karpatenraum verbreitete<br />

sich <strong>in</strong> den <strong>deutschen</strong> Bergstädten wie Kremnitz (slow.<br />

Kremnica; ung. Körmöcbánya), Schemnitz (slow.<br />

Banská Štiavnica, ung. Selmecbánya), Neusohl (slow.<br />

Banská Bystrica, ung. Besztercebánya),<br />

Libethen (slow. Lubietová, ung.<br />

Libetbánya), Puk(k)anz (slow. Pukanec,<br />

ung. Bakabánya), Königsberg (slow.<br />

Nová Baòa, ung. Újbánya) und Dilln<br />

(slow. Banská Bela, ung. Belabánya)<br />

die Reformation, was schließlich 1614<br />

zur E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> evangelischen<br />

Kirchenordnung nach Augsburger<br />

Bekenntnis führte. Der geistige Träger<br />

<strong>der</strong> Reformation <strong>in</strong> Oberungarn war<br />

Leonhard Stöckel (1510-1560), <strong>der</strong> dort<br />

auch das Schulwesen reformierte.<br />

6<br />

Evangelische (vorne) und katholische Kirche<br />

<strong>in</strong> Leutschau <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zips<br />

4. Die osmanische Herrschaft<br />

4.1. Das ungarische Erbe<br />

1521 eroberte Sultan Süleyman I. (1520-1566) Belgrad<br />

(serb. Beograd) und stand 1526 mit 100.000 Mann vor<br />

den Grenzen des Königreichs Ungarn. König Ludwig II.<br />

von Ungarn (1516-1526) unterlag <strong>der</strong> osmanischen<br />

Übermacht bei Mohács 1526 und ertrank auf <strong>der</strong><br />

Flucht. Damit endete die Herrschaft <strong>der</strong> polnischen<br />

1523<br />

Ungarischer Landtag beschließt<br />

Bestimmungen gegen Lutheraner<br />

<strong>in</strong> Budapest<br />

1524-1525<br />

Bauernaufstände im süd-<br />

und west<strong>deutschen</strong><br />

Raum<br />

Zeittafel<br />

1526<br />

König Ludwig II. von Ungarn<br />

verliert <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Mohács gegen<br />

Sultan Süleyman I. und kommt dabei ums Leben;<br />

Verlegung des ungarischen Landtages<br />

von Budapest nach Preßburg


Jagiellonen <strong>in</strong> Ungarn. In den Folgejahren entbrannte<br />

e<strong>in</strong> Kampf um das Erbe <strong>der</strong> Stephanskrone. Ungarn<br />

war zu diesem Zeitpunkt e<strong>in</strong>e Wahlmonarchie. Der<br />

Habsburger Ferd<strong>in</strong>and I. (1503-1564) pochte zwar auf<br />

die ungarische Erbfolge, 1526 war jedoch Johann<br />

Szapolyai (1510-1526) von e<strong>in</strong>er Adelspartei aus<br />

Ungarn, Siebenbürgen und Slawonien zum Nachfolger<br />

von Ludwig II. gewählt worden. Ferd<strong>in</strong>and I. ließ sich<br />

ebenfalls 1526 <strong>in</strong> Preßburg (slowa. Bratislava) zum<br />

ungarischen Gegenkönig wählen und griff Johann<br />

Szapolyai an, <strong>der</strong> trotz osmanischer Waffenhilfe<br />

geschlagen nach Polen flüchten<br />

musste. Ferd<strong>in</strong>and I. wurde<br />

1527 <strong>in</strong> Stuhlweißenburg (ung.<br />

Székesfehérvár) trotz <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>wände Süleymans zum<br />

ungarischen König gekrönt.<br />

1529 stand Süleyman mit<br />

Unterstützung Frankreichs vor<br />

den Toren Wiens. Noch ehe<br />

das osmanische Heer Ende<br />

September 1529 e<strong>in</strong>en<br />

Belagerungsr<strong>in</strong>g um die Stadt<br />

aufbauen konnte, war es<br />

gelungen, 18.000 Soldaten<br />

unter <strong>der</strong> Führung von Graf<br />

Niklas Salm (1459-1530) <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Stadt zu positionieren. Obwohl<br />

die Osmanen mit M<strong>in</strong>ensprengungen<br />

den Abwehrr<strong>in</strong>g<br />

zu durchbrechen versuchten,<br />

hielt Wien allen Sturmläufen<br />

stand. Am 14. Oktober 1529<br />

traten die Osmanen schließlich nach erfolgloser<br />

Belagerung und wegen <strong>der</strong> schlechten<br />

Witterung den Rückzug an.<br />

4.2. Die Ungarn-Politik Ferd<strong>in</strong>ands<br />

Belagerung Wien<br />

1529<br />

Ferd<strong>in</strong>and I. nutzte diese Schwäche <strong>der</strong> Osmanen und<br />

stieß bis Ungarn nach, wo er Raab (ung. Györ),<br />

Komorn (slow. Komárno, ung. Komárom) und Gran<br />

(ung. Esztergom) eroberte und erst vor <strong>der</strong> slawonischen<br />

Stadt Esseg (kroat. Osijek) von den Osmanen<br />

aufgehalten werden konnte. Ferd<strong>in</strong>and I. schloss 1538<br />

mit Johann Szapolyai den Frieden von Großwarde<strong>in</strong><br />

(rum. Oradea, ung. Nagyvárad), <strong>in</strong> dem festgelegt<br />

wurde, dass <strong>der</strong> Habsburger nach dem Tod von<br />

Szapolyai König von Ungarn se<strong>in</strong> sollte. Nach dem Tod<br />

Szapolyais kam es aber zu weiteren Kämpfen um die<br />

ungarische Krone, die Ferd<strong>in</strong>and I. erst nach verlustreichen<br />

Kämpfen gegen die Osmanen 1547 durch e<strong>in</strong>e<br />

jährliche Tributzahlung von 30.000 Dukaten an den<br />

Sultan zuerkannt erhielt.<br />

Zeittafel<br />

1526-1540<br />

Kampf um die Stephanskrone zwischen Ferd<strong>in</strong>and von<br />

Habsburg und dem siebenbürgischen Fürsten János<br />

Szapolyai<br />

1527<br />

Der Habsburger Ferd<strong>in</strong>and I. wird <strong>in</strong> Stuhlweißenburg<br />

(ung. Székesfehérvár) zum ungarischen König gekrönt<br />

1529<br />

Erfolglose Belagerung Wiens durch die Osmanen;<br />

danach Vorstoß Ferd<strong>in</strong>ands I. bis Ungarn<br />

1532<br />

Erfolglose osmanische Belagerung von Güns (ung.<br />

Köszeg)<br />

1522-1630<br />

Ausbau e<strong>in</strong>er habsburgischen<br />

Militärgrenze <strong>in</strong> Kroatien und Westungarn<br />

1537<br />

Nie<strong>der</strong>lage Ferd<strong>in</strong>ands I. bei Esseg<br />

(kroat. Osijek) gegen die Osmanen<br />

1540<br />

Tod von János Szapolyai<br />

1541<br />

Sultan Süleyman richtet im zentralungarischen<br />

Raum das Paschalyk Buda e<strong>in</strong>;<br />

damit Dreiteilung des ungarischen<br />

Königreichs vollzogen: nur <strong>der</strong> Norden<br />

und Westen bleiben habsburgisch<br />

1544<br />

Die Siebenbürger Sachsen treten unter<br />

Johannes Honter(-us) geschlossen zum<br />

Evangelischen Glauben Augsburger<br />

Bekenntnisses (AB) über<br />

1550<br />

E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> sächsischen<br />

Kirchenordnung<br />

1557/1568<br />

Siebenbürgischer Landtag beschließt die<br />

Duldung aller christlichen Lehren und verabschiedet<br />

<strong>in</strong> Thorenburg (rum. Turda)<br />

e<strong>in</strong> Gesetz zur religiösen Toleranz<br />

1559<br />

Oberungarische Bergstädte treten zum lutherischen<br />

Bekenntnis über<br />

1563<br />

Maximillian II. (1564 Kaiser) erhält die ungarische<br />

Stephanskrone<br />

1564<br />

Tod des Reformators Jean Calv<strong>in</strong>; zunehmende<br />

Ausbreitung des Calv<strong>in</strong>ismus im Königreich Ungarn<br />

1566<br />

Gründung e<strong>in</strong>es Jesuitensem<strong>in</strong>ars und<br />

Gegenreformation <strong>in</strong> Oberungarn; Tod Sultan<br />

Süleymans bei Szigetvár (rum. Sigeth)<br />

1568<br />

Glaubensfreiheit <strong>in</strong> Siebenbürgen gesetzlich verankert:<br />

gilt für Katholizismus, Luthertum, Calv<strong>in</strong>ismus,<br />

Unitarismus; die Orthodoxie wird toleriert<br />

1571-1598<br />

Siebenbürgen unter <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> Báthorys<br />

1572<br />

Rudolf II. (1576 Kaiser) erhält die Stephanskrone<br />

7


4.3. Die politische Machtteilung im Königreich<br />

Ungarn<br />

Die Stabilisierung <strong>der</strong> osmanischen Herrschaft bedeutete<br />

für den pannonischen Raum im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

e<strong>in</strong>e Verschiebung <strong>der</strong> geopolitischen Lage, die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

folgenden Form bis zum Ende des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

bestand:<br />

1.) die Osmanen sicherten sich ihren<br />

E<strong>in</strong>flussbereich im Zentrum Ungarns, das als<br />

Paschalyk von e<strong>in</strong>em Pascha <strong>in</strong> Ofen (ung. Buda) verwaltet<br />

wurde,<br />

2.) die Habsburger mussten sich mit Oberungarn,<br />

dem Gebiet westlich des Plattensees und dem<br />

Nordwesten Kroatiens begnügen,<br />

3.) im Osten Ungarns entstand unter osmanischer<br />

Oberhoheit e<strong>in</strong> selbständiges Wahlfürstentum<br />

Siebenbürgen, das dem Sultan gegenüber tributpflichtig<br />

war. Siebenbürgen war damit dem Machtbereich <strong>der</strong><br />

Habsburger entzogen.<br />

5. Habsburgs Aufstieg zur Großmacht<br />

5.1. Die osmanische Belagerung Wiens 1683<br />

und Eroberung Ungarns<br />

1683 zog Großwesir Kara Mustafa mit über 200.000<br />

Mann durch Ungarn gegen Wien. Kaiser Leopold I.<br />

(1640-1705) vere<strong>in</strong>barte am 2. Mai 1683 mit dem polnischen<br />

König Jan III. Sobieski (1674-1696) e<strong>in</strong> Militär-<br />

8<br />

Zeittafel<br />

1572-1867<br />

Birthälm (rum. Biertan, ung. Berethalom) ist evangelischer<br />

Bischofssitz<br />

1583<br />

Eigen-Landrecht <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen <strong>in</strong> schriftlicher<br />

Form garantiert Rechtsgleichheit für alle<br />

Sachsen<br />

1614<br />

E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> evangelischen Kirchenordnung<br />

Augsburger Bekenntnisses (AB) <strong>in</strong> vielen Bergstädten<br />

Oberungarns<br />

1616-1637<br />

Gegenreformation <strong>in</strong> West- und<br />

Oberungarn unter Erzbischof Peter Pázmany<br />

1635<br />

Jesuitenuniversität <strong>in</strong> Tyrnau (ung. Nagyszombat, slow.<br />

Trnava) gegründet<br />

Dreiteilung Ungarns<br />

1648<br />

Ende des 30-jährigen<br />

Krieges mit Westfälischem<br />

Frieden<br />

1664<br />

Mit dem Frieden von<br />

Eisenburg (ung. Vasvár)<br />

größte territoriale Ausbreitung<br />

<strong>der</strong> Osmanen im Königreich<br />

Ungarn; Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong><br />

Magnatenverschwörung<br />

1666<br />

Piaristen beteiligen sich <strong>in</strong><br />

Oberungarn an <strong>der</strong><br />

Gegenreformation<br />

1683<br />

Großwesir Kara Mustafa greift Wien an und belagert<br />

erfolglos die Stadt, die unter Rüdiger von Starhemberg<br />

verteidigt wird;<br />

bei <strong>der</strong> Entsatzschlacht am Kahlenberg werden die<br />

Osmanen vom polnischen König Sobieski, den<br />

Kaiserlichen und den Reichstruppen geschlagen


ündnis. Unter dem militärischen Geschick Sobieskis<br />

konnte am 12. September 1683 die Entsatzschlacht um<br />

Wien erfolgreich geführt werden. Die Heilige Liga,<br />

gebildet aus Österreich, Polen, Venedig und dem<br />

Papst, verfolgte die geschlagenen Osmanen und stieß<br />

<strong>in</strong> den pannonischen Raum vor. 1686 konnte Ofen<br />

(ung. Buda) genommen werden. Diese Erfolge stärkten<br />

die Habsburger, die auf dem ungarischen Reichstag <strong>in</strong><br />

Preßburg (slowak. Bratislava, ung. Pozsony) 1687 das<br />

Erbrecht für den männlichen Stamm durchsetzen konnten.<br />

Damit war das<br />

ungarische Wahlkönigtum<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Erbmonarchie<br />

umgewandelt<br />

worden. 1697 wurde <strong>der</strong><br />

Oberbefehl über die kaiserliche<br />

Armee <strong>in</strong><br />

Ungarn auf Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />

von Savoyen (1663-<br />

1736) übertragen, <strong>der</strong><br />

1697 bei Zenta (serb.<br />

Senta) die Osmanen<br />

vernichtend schlug und<br />

so die Voraussetzungen<br />

für den Frieden von<br />

Pr<strong>in</strong>z Eugen von Savoyen<br />

(1663-1736)<br />

Karlowitz (serb. Sremski<br />

Karlovci) von 1699<br />

schuf. Der Frieden von<br />

Karlowitz war e<strong>in</strong>e bee<strong>in</strong>drucken-<br />

de Machtdemonstration <strong>der</strong> Habsburger <strong>in</strong><br />

Südosteuropa. Kaiser Leopold I. (1640-1705) fiel mit<br />

Ausnahme des Temescher Banats die Herrschaft über<br />

ganz Ungarn, Siebenbürgen und e<strong>in</strong>en Großteil<br />

Slawoniens zu.<br />

5.2. Der Ausgriff nach Südosteuropa<br />

In e<strong>in</strong>em neuen Türkenkrieg 1716/17 eroberte Pr<strong>in</strong>z<br />

Eugen den Banat und Belgrad (serb. Beograd), wo<br />

auch das Pr<strong>in</strong>z-Eugen-Lied entstand. Im Frieden von<br />

Passarowitz (serb. Požarevac) 1718 erhielten die<br />

Habsburger sowohl den Banat als auch Nordserbien<br />

und die Kle<strong>in</strong>e Walachei. Diese beiden Gebiete mussten<br />

1739 wie<strong>der</strong> abgetreten werden.<br />

6. Die Neubesiedlung des Königreichs<br />

Ungarn<br />

E<strong>in</strong>e Folge <strong>der</strong> vielen Kriege gegen die Osmanen<br />

waren weite verödete Landstriche <strong>in</strong> Ungarn mit e<strong>in</strong>er<br />

sehr dünnen Bevölkerungsdichte. Kaiser Leopold I. ließ<br />

Zeittafel<br />

1684<br />

Österreich, Polen, Venedig und <strong>der</strong> Papst bilden die<br />

"Heilige Liga" und greifen unter dem Kommando von<br />

Max Emanuel von Bayern und Ludwig Wilhelm von<br />

Baden die flüchtenden Osmanen an<br />

1686<br />

Karl von Lothr<strong>in</strong>gen erobert Ofen (ung. Buda);<br />

Russland tritt <strong>der</strong> "Heiligen Liga" bei<br />

1687<br />

Ungarischer Landtag zu Preßburg beschließt durch die<br />

Anerkennung <strong>der</strong> männlichen Erbfolge <strong>der</strong> Habsburger<br />

die Umwandlung des ungarischen Wahlkönigtums <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Erbmonarchie; Josef I. wird zum König von<br />

Ungarn gekrönt; Sieg Karls von Lothr<strong>in</strong>gen über die<br />

Osmanen bei Mohács; "Blutgericht" von Eperies<br />

(Prešov)<br />

1688<br />

Max Emanuel von Bayern erobert Belgrad (serb.<br />

Beograd); Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Ansiedlung von Kolonisten aus<br />

dem oberungarischen Raum und aus den <strong>deutschen</strong><br />

Län<strong>der</strong>n durch private Grundbesitzer auf den rückeroberten<br />

Gebieten<br />

1689<br />

Erstes Impopulationspatent <strong>der</strong> Habsburger unter<br />

Kaiser Leopold I. mit weitreichenden Begünstigungen;<br />

Ansiedlung von <strong>deutschen</strong> Bauern und Handwerkern<br />

durch weltliche und geistliche Grundherren<br />

(Privatkolonisation)<br />

1690<br />

"Großer Serbenzug" <strong>in</strong> die Vojvod<strong>in</strong>a (Syrmien,<br />

Batschka, Banat)<br />

1691<br />

Leopold<strong>in</strong>isches Diplom; Kaiser Leopold I. nimmt den<br />

Titel "Fürst von Siebenbürgen" an<br />

1694<br />

E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Siebenbürgischen Hofkanzlei <strong>in</strong> Wien;<br />

die Verwaltung <strong>in</strong> Siebenbürgen obliegt dem Gubernium,<br />

dem e<strong>in</strong> Gubernator vorsteht<br />

1697<br />

Pr<strong>in</strong>z Eugen von Savoyen übernimmt den Oberbefehl<br />

über die kaiserlichen Truppen <strong>in</strong> Ungarn und besiegt<br />

die Osmanen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Zenta (serb. Senta)<br />

1699<br />

Friede von Karlowitz (serb. Sremski Karlovci); Kaiser<br />

Leopold I. wird Herrscher über ganz Ungarn,<br />

Siebenbürgen und große Teile Slawoniens<br />

1703<br />

Kuruzzenaufstand unter Ferenc II. Rakóczi gegen<br />

die Herrschaft <strong>der</strong> Habsburger im Königreich Ungarn;<br />

Friedensschluss 1711<br />

1703-1790<br />

Siebenbürgisches Gubernium mit Sitz <strong>in</strong> Hermannstadt<br />

(rum. Sibiu, ung. Nagyszeben); ab 1790 Verlegung<br />

nach Klausenburg (rum. Cluj, ung. Kolozsvár)<br />

1713<br />

Pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI. zur Sicherung<br />

des Zusammenhalts und <strong>der</strong> weiblichen Erbfolge <strong>der</strong><br />

österreichischen Kronlän<strong>der</strong><br />

9


deshalb Pläne für die Ansiedlung von Kolonisten ausarbeiten.<br />

Bischof Graf Leopold Kollonitsch (1613 -1707)<br />

regte den ökonomischen Aufbau des ungarischen<br />

Königreichs durch a.) den Abzug <strong>der</strong> kaiserlichen<br />

Truppen, b.) e<strong>in</strong>e gerechte Verteilung <strong>der</strong> Steuerlast auf<br />

alle gesellschaftlichen Gruppen und c.) durch die<br />

Ansiedlung von <strong>deutschen</strong> Kolonisten an. Am 11.<br />

August 1689 verabschiedete Leopold I. das erste<br />

Impopulationspatent (Ansiedlungspatent) <strong>der</strong> Habsburger,<br />

das e<strong>in</strong>e 5-jährige Steuerfreiheit für ausländische,<br />

e<strong>in</strong>e 3-jährige für <strong>in</strong>ländische Siedler, stark ermäßigte<br />

Grundstückspreise, e<strong>in</strong> Erbrecht auf Haus- und<br />

Grundbesitz sowie zahlreiche För<strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />

<strong>in</strong> Bereichen <strong>der</strong> Industrie und des Bergbaus<br />

vorsah. Das ungarische E<strong>in</strong>richtungswerk konzentrierte<br />

sich auf die folgenden Gebiete:<br />

a.) das Mittelgebirge mit den Schwerpunkten<br />

Buchenwald (ung. Bákony), Schildgebirge (ung.<br />

Vértes) und Ofener Bergland (ung. Budai Hegység) mit<br />

den wichtigen Zentren Wesprim (ung. Veszprém),<br />

Stuhlweißenburg (ung. Székesfehérvár), Gran (ung.<br />

Esztergom), Ofen (ung. Buda) und Pest<br />

10<br />

1716<br />

Pr<strong>in</strong>z Eugen schlägt die Osmanen bei<br />

Peterwarde<strong>in</strong> (serb. Petrovarad<strong>in</strong>);<br />

1717<br />

<strong>der</strong> Banat wird als<br />

Krondomäne unmittelbares<br />

Reichsland<br />

1718<br />

Eroberung des Banats mit Ende<br />

<strong>der</strong> osmanischen Herrschaft durch<br />

den Frieden von Passarowitz<br />

(serb. Požarevac);<br />

Zeittafel


.) die Komitate Tolnau (ung. Tolna), Branau (ung.<br />

Baranya) und Schomodei (ung. Somogy) <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> sogenannten Schwäbischen Türkei<br />

c.) das ostungarische Komitat Sathmar<br />

d.) Slawonien und Syrmien<br />

e.) die Batschka (ung. Bácska, serb. Baèka)<br />

f.) den Banat<br />

6.1. Die Privatkolonisation<br />

Teile des ungarischen Adels erhielten ihren ehemaligen<br />

Grundbesitz wie<strong>der</strong> zurück. Außerdem übertrug <strong>der</strong><br />

Kaiser Län<strong>der</strong>eien an Personen, die sich bei <strong>der</strong><br />

Rückeroberung des ungarischen Königreichs beson<strong>der</strong>e<br />

Verdienste erworben hatten. Die erste Phase <strong>der</strong><br />

Kolonisation wurde daher auf privater Initiative von<br />

ungarischen Großgrundbesitzern organisiert und konzentrierte<br />

sich zunächst auf das Ofener Bergland und<br />

“Paß <strong>der</strong> Ungarischen Hofkanzlei für die Ansiedlung <strong>in</strong> Ungarn des<br />

Gottlieb Heilig aus dem Württembergischen<br />

vom 27. Juni 1786”<br />

11


die Schwäbische Türkei. In <strong>der</strong><br />

Frühphase <strong>der</strong> Privatkolonisation<br />

wurden ke<strong>in</strong>e ausländischen<br />

Kolonisten angeworben,<br />

son<strong>der</strong>n Arbeitskräfte aus<br />

den dichter besiedelten<br />

Komitaten <strong>in</strong> West- und<br />

Oberungarn geholt. Die<br />

b<strong>in</strong>nenländische Kolonisation<br />

konnte aber den Bedarf an<br />

Arbeitskräften nicht befriedigen.<br />

So richtete etwa <strong>der</strong><br />

ungarische Landtag 1722 e<strong>in</strong><br />

Bittschreiben an den Kaiser, <strong>in</strong><br />

dem um die Entsendung von<br />

<strong>deutschen</strong> Bauern und<br />

Handwerkern angesucht wurde.<br />

Neben <strong>deutschen</strong> Siedlern<br />

warb man auch um Spanier, Italiener<br />

und Franzosen.<br />

6.2. Die staatliche Kolonisation<br />

Der erste Schwabenzug (1722-1726)<br />

12<br />

Das staatlich gelenkte Kolonisationswerk<br />

<strong>der</strong> Habsburger<br />

vollzog sich während <strong>der</strong><br />

Regierungszeiten von Karl VI.<br />

(1711-1740), Maria Theresia<br />

(1740-1780) und Joseph II.<br />

(1780-1790). In diese Zeit fielen<br />

die "Drei großen Schwabenzüge",<br />

die nach dem<br />

Frieden von Passarowitz (serb.<br />

Požarevac) von 1718 ihren<br />

Anfang nahmen.<br />

Graf Claudius Florimund von Mercy<br />

(1666-1734)<br />

Die erste Ansiedlungswelle betraf den Banat, <strong>der</strong> als<br />

unmittelbares Reichsland (Krondomäne Banat) bis<br />

1751 unter <strong>der</strong> Verwaltung <strong>der</strong> Wiener Hofkammer und<br />

des Hofkriegsrats stand. Karl VI. konnte 46 Siedlungen<br />

für 15.000 Kolonisten errichten, die aus den westlichen<br />

Teilen des <strong>deutschen</strong> Reichsgebiets kamen. Die Pest<br />

und das Sumpffieber for<strong>der</strong>ten aber viele Opfer unter<br />

den Kolonisten. Viele fühlten sich an den<br />

Kolonistenspruch: "Dem Ersten <strong>der</strong> Tod, dem Zweiten<br />

die Not, erst dem Dritten das Brot" er<strong>in</strong>nert und suchten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schwäbischen Türkei o<strong>der</strong> im Ofener Bergland<br />

e<strong>in</strong>e neue Lebensgrundlage.<br />

1722-1726<br />

Erster "Schwabenzug" unter<br />

<strong>der</strong> Regierung von Karl VI.<br />

mit <strong>der</strong> Ansiedlung von 15.000<br />

Kolonisten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Baranya, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Batschka<br />

und im Banat<br />

1740-1748<br />

Österreichischer Erbfolgekrieg<br />

mit <strong>der</strong> Anerkennung<br />

<strong>der</strong> Pragmatischen Sanktion<br />

im Frieden von Aachen;<br />

Österreich verliert<br />

den größten<br />

Teil Schlesiens<br />

Zeittafel<br />

Die Vorfahren <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong><br />

fuhren mit <strong>der</strong> Ulmer Schachtel auf <strong>der</strong> Donau <strong>in</strong> ihre neue Heimat


Der zweite Schwabenzug (1763-1773)<br />

Die zweite Ansiedlungswelle konzentrierte sich auf die<br />

nur sehr dünn besiedelte Batschka, die von Beg<strong>in</strong>n an<br />

<strong>der</strong> Ungarischen Hofkammer unterstellt war. Maria<br />

Theresia erließ am 25. Februar 1763 e<strong>in</strong> Kolonisierungs-Patent,<br />

dem bis 1773 über 40.000 deutsche<br />

Kolonisten aus Lothr<strong>in</strong>gen, Trier, <strong>der</strong> Schweiz,<br />

Schwaben und Tirol folgten.<br />

Der dritte Schwabenzug (1782-1787)<br />

Der dritte Schwabenzug<br />

erfolgte durch das Impopulationspatent<br />

von Joseph II. vom<br />

21. September 1782 und<br />

erstreckte sich über alle<br />

Siedlungsgebiete im Königreich<br />

Ungarn. Dem Ansiedlungsaufruf<br />

Josephs II. folgten<br />

7.600 deutsche Familien,<br />

wobei sich die Mehrheit von<br />

6.000 im Banat ansiedelte.<br />

Kaiser Joseph II<br />

(1741-1790)<br />

Erstes Impopulationspatent<br />

11. August 1689<br />

1756-1763<br />

Siebenjähriger Krieg<br />

zwischen Österreich, Frankreich<br />

und Russland e<strong>in</strong>erseits,<br />

Preußen und Großbritannien<br />

an<strong>der</strong>seits<br />

1763<br />

Kolonisierungspatent Maria Theresias<br />

1762-1770<br />

E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Siebenbürgischen<br />

Militärgrenze<br />

1782<br />

Impopulationspatent Josephs II.<br />

Zeittafel<br />

13


14<br />

Modelle für Ansiedlungshäuser<br />

Plan des im Jahre 1785 erbauten<br />

Kameraldorfes Tscherwenka,<br />

entworfen am 1. Dezember 1784 von<br />

Ing. Joseph v. Kiss


6.3. Die <strong>Donauschwaben</strong><br />

Das Ansiedlungswerk <strong>der</strong> Habsburger, das auch<br />

Rumänen, Slowaken und Ukra<strong>in</strong>er betraf, führte zu<br />

e<strong>in</strong>er ethnographischen Neuordnung im ungarischen<br />

Königreich. Die Gesamtzahl <strong>der</strong> angesiedelten<br />

Deutschen betrug schätzungsweise 200.000 Personen,<br />

die sich wie folgt verteilten:<br />

Banat: 85.000<br />

Batschka: 35.000<br />

Sathmar: 7.000<br />

Syrmien-Slawonien: 15.000<br />

Schwäbische Türkei: 30.000<br />

Mittelgebirge: 35.000<br />

Die Neusiedler waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> überwiegenden Mehrzahl<br />

Deutsche, die zum Großteil aus dem fränkisch-pfälzischen,<br />

dem bairisch-österreichisch-böhmischen und zu<br />

e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>eren Teil aus dem schwäbischen Sprachraum<br />

kamen. Zu Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurden<br />

diese <strong>deutschen</strong> Kolonisten als <strong>Donauschwaben</strong><br />

bezeichnet. Die <strong>Donauschwaben</strong> waren daher nach<br />

den Siebenbürger Sachsen und den Zipser Sachsen die<br />

dritte große deutsche Volksgruppe im Königreich Ungarn.<br />

6.4. Siebenbürgen nach <strong>der</strong> osmanischen<br />

Herrschaft<br />

Kaiser Leopold I. bestätigte 1691 im Leopold<strong>in</strong>ischen<br />

Diplom die Religionsfreiheit für Siebenbürgen und die<br />

Landesrechte für die drei Nationen. 1694 wurde <strong>in</strong><br />

Wien die Siebenbürgische Hofkanzlei e<strong>in</strong>gerichtet. Die<br />

Verwaltung und die Gerichtsbarkeit oblagen von 1703<br />

bis 1790 dem Gubernium mit Sitz <strong>in</strong> Hermannstadt<br />

(rum. Sibiu, ung. Nagyszeben), das <strong>der</strong> Siebenbürgischen<br />

Hofkanzlei <strong>in</strong> Wien direkt unterstellt war. Zu<br />

e<strong>in</strong>schneidenden Reformen <strong>in</strong> Siebenbürgen kam es<br />

durch die Aufhebung des Leopold<strong>in</strong>ischen Diploms<br />

unter Joseph II., wovon historische Privilegien wie die<br />

Eigengerichtsbarkeit o<strong>der</strong> die Selbstverwaltung <strong>der</strong><br />

Sächsischen Nationsuniversität betroffen waren.<br />

Außerdem wurde mit dem sogenannten Konzivilitätsreskript<br />

vom 4. Juli 1781 das ausschließliche<br />

Besitzrecht <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen auf dem<br />

Königsboden aufgehoben. Damit konnten sich nunmehr<br />

auch Rumänen und Ungarn im sächsischen<br />

Altland (Königsboden) ansiedeln. 1790 erreichten die<br />

Siebenbürger Sachsen zum<strong>in</strong>dest wie<strong>der</strong> die kaiserliche<br />

Anerkennung <strong>der</strong> Nationsuniversität mit ihren<br />

Führungsstrukturen und Entscheidungsgremien.<br />

Durch die Transmigrationen (zwangsweise <strong>in</strong>nerterritoriale<br />

Umsiedlung) von Protestanten aus den österreichischen<br />

Län<strong>der</strong>n waren im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t unter<br />

1763-1773<br />

Zweiter "Schwabenzug" unter<br />

<strong>der</strong> Regierung von Kg. Maria Theresia<br />

mit Besiedelung <strong>der</strong> Batschka, die von<br />

<strong>der</strong> Ungarischen Hofkammer verwaltet wird;<br />

Maria Theresia erlässt e<strong>in</strong><br />

"Kolonisierungs-Patent",<br />

dem 40.000 Kolonisten folgen<br />

1775<br />

Die osmanische Bukow<strong>in</strong>a wird<br />

dem Habsburgerreich e<strong>in</strong>verleibt;<br />

deutsche Siedler aus dem Banat,<br />

<strong>der</strong> Zips, dem Böhmerwald und<br />

dem südwest<strong>deutschen</strong> Raum<br />

kommen <strong>in</strong> die Bukow<strong>in</strong>a<br />

1781<br />

Mit dem Konzivilitätsreskript hebt<br />

Joseph II. die Privilegien <strong>der</strong><br />

Siebenbürger Sachsen auf;<br />

das Toleranzpatent Kaiser Josephs II.<br />

gewährt den Protestanten und<br />

Orthodoxen religiöse Freiheit;<br />

1782/83 werden die Judenpatente<br />

erlassen<br />

1782-1787<br />

Dritter "Schwabenzug" unter<br />

<strong>der</strong> Regierung von<br />

Kaiser Joseph II.<br />

<strong>in</strong> den Banat<br />

Zeittafel<br />

15


Karl VI. und Maria Theresia die<br />

sogenannten Landler nach<br />

Siebenbürgen ausgewiesen worden.<br />

Die Landler kamen hauptsächlich<br />

aus Oberösterreich und<br />

Kärnten und unterschieden sich<br />

deutlich <strong>in</strong> ihren Dialekten und<br />

Gebräuchen von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>heimischen<br />

sächsischen Bevölkerung.<br />

Sie lebten vor allem <strong>in</strong> den<br />

Ortschaften Großau (rum.<br />

Cristian, ung. Kereszténysziget),<br />

Neppendorf (rum. Tuniþor, ung.<br />

Kistorony) und Großpold (rum.<br />

Apoldu de Sus, ung. Nagyapold).<br />

Deutsche Siedlungsgebiete <strong>in</strong> Südosteuropa nach den Osmanen<br />

6.5. Die Bukow<strong>in</strong>a und die Dobrudscha<br />

Unter Joseph II. kam die Bukow<strong>in</strong>a (Buchenland) 1775<br />

zum Habsburgerreich. In mehreren E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungswellen<br />

strömten deutsche Siedler um 1780 aus dem Banat,<br />

Südwestdeutschland, <strong>der</strong> Zips und aus dem<br />

Böhmerwald <strong>in</strong> die Bukow<strong>in</strong>a. Geme<strong>in</strong>sam mit den<br />

16<br />

Landler<br />

1783<br />

Abschaffung <strong>der</strong> persönlichen<br />

Leibeigenschaft im Habsburgerreich;<br />

rumänischer Bauernaufstand <strong>in</strong><br />

Siebenbürgen<br />

1783/84<br />

Deutsch wird Amtssprache,<br />

um e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>heitlichung<br />

<strong>der</strong> Verwaltung im S<strong>in</strong>ne<br />

des aufgeklärten Absolutismus<br />

herbeizuführen<br />

Zeittafel


zugewan<strong>der</strong>ten Juden, Ukra<strong>in</strong>ern und Rumänen entstand<br />

e<strong>in</strong>e multiethnische und multikonfessionelle<br />

Landesbevölkerung. In Czernowitz (ukr. Èernivci, rum.<br />

Cern–uti) entwickelte sich bis zum Zweiten Weltkrieg<br />

e<strong>in</strong> deutsch-jüdisches Bürgertum, das hohe kulturelle<br />

Leistungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur vollbrachte.<br />

Die Dobrudscha war als Grenzgebiet zwischen Donau<br />

und Schwarzem Meer historisches Wohngebiet für<br />

Bulgaren, Walachen, Türken und Tataren. Zar<br />

Alexan<strong>der</strong> I. von Russland (1801-1825) holte 1804<br />

deutsche Siedler aus Elsass-Lothr<strong>in</strong>gen und dem pfälzisch-württembergischen<br />

Raum nach Südrussland und<br />

das nördlich <strong>der</strong> Dobrudscha gelegene Bessarabien.<br />

Nach dem russisch-osmanischen Krieg von 1827/28<br />

wan<strong>der</strong>ten deutsche Siedler aus Bessarabien und<br />

Südrussland <strong>in</strong> die Dobrudscha e<strong>in</strong>.<br />

1790<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Sächsischen<br />

Nationsuniversität<br />

Zeittafel<br />

17


7. Aufgeklärter Absolutismus und<br />

Nationalismus<br />

7.1. Nationale Emanzipation und Magyarisierung<br />

Im ersten Drittel des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts war e<strong>in</strong>e magyarische<br />

Nationalbewegung unter <strong>der</strong> Führung von István<br />

Graf Széchenyi (1792-1860) entstanden, die auf<br />

Grundlage <strong>der</strong> Ideale <strong>der</strong> Französischen Revolution und<br />

<strong>der</strong> Deutschen Romantik e<strong>in</strong>e kulturelle und soziale<br />

Reform anstrebte. Noch radikaler waren die For<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> liberalen magyarischen Opposition unter Führung von<br />

Lajos Kossuth (1802-1894), <strong>der</strong> die nationale Selbstbestimmung<br />

und die volle Gleichberechtigung <strong>der</strong><br />

Magyaren im Habsburgerreich anstrebte. Unter Kossuth<br />

hatte sich die ungarische Aufklärung zu e<strong>in</strong>er politischen<br />

Reformbewegung entwickelt, die neben sozialen und<br />

wirtschaftspolitischen Än<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>e<br />

Magyarisierung <strong>der</strong> Gesellschaft verlangte.<br />

1843/44 verabschiedete <strong>der</strong><br />

ungarische Landtag e<strong>in</strong> Sprachengesetz,<br />

das die late<strong>in</strong>ische Amtssprache<br />

durch die ungarische ersetzte.<br />

Die Magyarisierung war e<strong>in</strong>e bewusste<br />

Reaktion auf die demografischen<br />

Verhältnisse im Königreich Ungarn um<br />

1840. Von den 14 Millionen E<strong>in</strong>wohnern<br />

waren nur 6 Millionen Magyaren, die<br />

sich gegenüber den nichtmagyarischen<br />

Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong> <strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit<br />

befanden. Die <strong>deutschen</strong> Volks-<br />

István Graf Széchenyi<br />

(1792-1860)<br />

die Serben 800.000.<br />

gruppen umfassten 1,3 bis 1,5<br />

Millionen Bewohner, die Rumänen<br />

2,2 Millionen, die Slowaken 1,7 Millionen,<br />

die Kroaten 1,2 Millionen und<br />

7.2. Die <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> und die<br />

Magyarisierung<br />

Die <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> reagierten unterschiedlich<br />

auf die zunehmende Magyarisierung, was aus <strong>der</strong> geografischen<br />

Streulage <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Siedlungsgebiete,<br />

<strong>der</strong> unterschiedlichen sozialen Zugehörigkeit und dem<br />

sehr differenzierten Zugang zum Magyarentum resultierte.<br />

Die ersten Bewegungen gegen die Magyarisierung<br />

kamen <strong>in</strong> den Städten auf, wo <strong>in</strong> Budapest von Eduard<br />

Glatz (1812-1889) die deutschsprachige Pester<br />

Zeitung herausgegeben wurde. Glatz konnte mit se<strong>in</strong>er<br />

Schrift Das deutsche Element <strong>in</strong> Ungarn erste wichtige<br />

18<br />

1789-1795<br />

Französische Revolution;<br />

Jakob<strong>in</strong>erverschwörung <strong>in</strong> Ungarn<br />

1792-1815<br />

Napoleonische Kriege<br />

1802<br />

Gründung e<strong>in</strong>es ungarischen<br />

Nationalmuseums<br />

1804<br />

Österreich wird unter<br />

Kaiser Franz I. Kaisertum;<br />

russischer Zar Alexan<strong>der</strong> I. siedelt<br />

deutsche Kolonisten <strong>in</strong> Südrussland<br />

und <strong>in</strong> Bessarabien an<br />

1806<br />

Ende des Heiligen Römischen Reiches<br />

deutscher Nation<br />

1814-1815<br />

Wiener Kongress zur politischen<br />

Neuordnung Europas nach den<br />

Napoleonischen Kriegen<br />

1825<br />

Gründung <strong>der</strong> Ungarischen Akademie<br />

<strong>der</strong> Wissenschaften und Beg<strong>in</strong>n<br />

<strong>der</strong> magyarischen Nationalbewegung<br />

unter Graf István Széchenyi<br />

1827<br />

Deutsche Siedler wan<strong>der</strong>n aus<br />

Bessarabien <strong>in</strong> die Dobrudscha e<strong>in</strong><br />

1842<br />

Landtag <strong>in</strong> Klausenburg<br />

(rum. Cluj, ung. Kolozsvár)<br />

beschließt E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> ungarischen<br />

Amtssprache <strong>in</strong> Siebenbürgen;<br />

Gründung des "Vere<strong>in</strong>s für siebenbürgische<br />

Landeskunde" zur För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> sächsischen Kultur<br />

Zeittafel


Impulse für e<strong>in</strong> deutsches<br />

National- und Volksbewusstse<strong>in</strong><br />

unter Teilen des <strong>deutschen</strong><br />

Stadtbürgertums entwickeln,<br />

ohne freilich die <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> den ländlichen<br />

Gebieten zu erreichen.<br />

Eduard Glatz (1812-1889)<br />

In Siebenbürgen for<strong>der</strong>te <strong>der</strong><br />

magyarische Adel e<strong>in</strong>e rasche<br />

E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> das ungarische<br />

Königreich und die E<strong>in</strong>führung<br />

<strong>der</strong> ungarischen Landessprache.<br />

Die Siebenbürger Sachsen reagierten<br />

darauf mit Ablehnung.<br />

Der sächsische Pfarrer und<br />

Pädagoge Stephan Ludwig Roth (1796-1849) verlangte<br />

e<strong>in</strong>e Gleichbehandlung aller <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />

gesprochenen Landessprachen. 1842 wurde <strong>der</strong><br />

Vere<strong>in</strong> für siebenbürgische Landeskunde zur<br />

För<strong>der</strong>ung des nationalen Zusammenhalts <strong>der</strong><br />

Sachsen gegründet. E<strong>in</strong>e zentrale Rolle zur Wahrung<br />

<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Identität spielte <strong>in</strong> Siebenbürgen die<br />

evangelische Kirche.<br />

Das Deutschtum im oberungarischen Karpatenraum<br />

setzte <strong>der</strong> Magyarisierung kaum Wi<strong>der</strong>stand entgegen.<br />

1824 war am Käsmarker Kollegium (dt. Käsmark: slow.<br />

Kežmarok, ung. Késmárk) e<strong>in</strong> magyarischer Selbstbildungsvere<strong>in</strong><br />

gegründet worden, um den nichtmagyarischen<br />

<strong>Volksgruppen</strong> den Zugang zur ungarischen<br />

Sprache und Literatur zu öffnen. Träger dieser<br />

Entwicklung war die deutsche lutherische Geistlichkeit,<br />

die durch die gesetzlichen Verordnungen von 1840 und<br />

1844 zum Gebrauch <strong>der</strong> ungarischen Sprache im <strong>in</strong>nerkirchlichen<br />

Schriftverkehr und im Schulunterricht verpflichtet<br />

war.<br />

In den südungarischen Siedlungsgebieten <strong>der</strong><br />

<strong>Donauschwaben</strong> war es h<strong>in</strong>gegen <strong>der</strong> katholische<br />

Klerus donauschwäbischer Abstammung, <strong>der</strong> die<br />

Magyarisierung des geistigen Lebens mit großem Eifer<br />

betrieb. Ansätze für e<strong>in</strong>e<br />

gezielte Magyarisierung<br />

gab es auch im Schulbereich,<br />

jedoch konnten<br />

die <strong>Donauschwaben</strong> zum<strong>in</strong>dest<br />

<strong>in</strong> den ländlichen<br />

Geme<strong>in</strong>den ihre deutsche<br />

Unterrichtssprache<br />

bewahren. Die <strong>Donauschwaben</strong><br />

entwickelten<br />

erst nach 1848 e<strong>in</strong> reges<br />

deutsches Vere<strong>in</strong>sleben,<br />

das im dörflichen Bezie-<br />

1840/1844<br />

Sprachenverordnungen, die<br />

den Gebrauch <strong>der</strong> ungarischen<br />

Sprache <strong>in</strong> Oberungarn vorschreiben<br />

1843/1844<br />

Soziale Unruhen und revolutionäre<br />

Bewegungen unter Führung von<br />

Lajos Kossuth;<br />

ungarischer Landtag<br />

beschließt E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> ungarischen<br />

Amtssprache;<br />

erste Magyarisierungsansätze<br />

gegen die nichtmagyarischen <strong>Volksgruppen</strong><br />

1848<br />

Revolutionen <strong>in</strong> Wien und Budapest;<br />

Deutsche Nationalversammlung <strong>in</strong> Frankfurt;<br />

Verabschiedung <strong>der</strong> ung. Aprilgesetze;<br />

Unionisten for<strong>der</strong>n den Anschluss<br />

Siebenbürgens an das Königreich Ungarn;<br />

serbische Ausschreitungen <strong>in</strong> Südungarn<br />

gegen Magyarisierung;<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>es <strong>deutschen</strong> Vere<strong>in</strong>slebens<br />

bei den <strong>Donauschwaben</strong> <strong>in</strong> Südungarn;<br />

Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Herrschaft von<br />

Kaiser Franz Joseph I<br />

1849<br />

Reichstag <strong>in</strong> Kremsier (tsch. Kroméøíž);<br />

E<strong>in</strong>führung des neoabsolutistischen<br />

Herrschaftsystems <strong>in</strong> <strong>der</strong> oktroyierten<br />

Märzverfassung;<br />

H<strong>in</strong>richtung von Stephan Ludwig Roth;<br />

Bogaroscher Petition <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong><br />

an den Kaiser mit For<strong>der</strong>ung nach<br />

politischer Eigenständigkeit;<br />

Nie<strong>der</strong>schlagung <strong>der</strong> ungarischen<br />

Revolution<br />

Zipser Bäuer<strong>in</strong>nen am<br />

Handwebstuhl<br />

Zeittafel<br />

19


hungsgeflecht die Entwicklung e<strong>in</strong>es donauschwäbischen<br />

Volksbewusstse<strong>in</strong>s anregte.<br />

8. Revolutionsjahr 1848/49 und<br />

Ausgleich mit Ungarn 1867<br />

8.1. Das Revolutionsjahr im Königreich Ungarn<br />

Am 15. März 1848 kam es <strong>in</strong> Budapest zu revolutionären<br />

Ausschreitungen, die zur Verabschiedung <strong>der</strong><br />

Aprilgesetze von 1848 führten, auf <strong>der</strong>en Grundlage<br />

das ungarische Feudalsystem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e liberale<br />

Bürgergesellschaft umgewandelt werden sollte. Die<br />

Aprilgesetze berücksichtigten aber nicht die nationalen<br />

Bedürfnisse <strong>der</strong> nichtmagyarischen <strong>Volksgruppen</strong>, vornehmlich<br />

die <strong>der</strong> Serben, Kroaten und Rumänen. Für<br />

die Gleichbehandlung <strong>der</strong> Sprachen im Königreich<br />

Ungarn setzte sich <strong>der</strong> sächsische Pfarrer und Lehrer<br />

Stephan Ludwig Roth (1796-1849) e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> 1849 wegen<br />

Hochverrats von e<strong>in</strong>em ungarischen Standgericht verurteilt<br />

und h<strong>in</strong>gerichtet wurde. Die Haltung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Bevölkerung zu den revolutionären Vorgängen <strong>in</strong><br />

Ungarn war une<strong>in</strong>heitlich. Während das eher liberal<br />

ges<strong>in</strong>nte deutsche Stadtbürgertum se<strong>in</strong>e Sympathien<br />

für das ungarische Freiheitsstreben<br />

offen dokumentierte, stand<br />

die deutsche Landbevölkerung <strong>in</strong><br />

ihrem traditionellen Loyalitätsbewusstse<strong>in</strong><br />

auf Seiten des<br />

Kaisers. Während sich die<br />

Siebenbürger Sachsen gegen<br />

e<strong>in</strong>e Union mit Ungarn aussprachen,<br />

formulierte am 2. Oktober<br />

1849 e<strong>in</strong>e Delegation von 133<br />

<strong>Donauschwaben</strong> e<strong>in</strong>e Petition<br />

(Bogaroscher Petition) an den<br />

Kaiser, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie die Errichtung<br />

e<strong>in</strong>er eigenen autonomen Verwaltung<br />

<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Woiwodschaft<br />

for<strong>der</strong>ten.<br />

8.2. Ausgleich mit Ungarn und die <strong>deutschen</strong><br />

<strong>Volksgruppen</strong><br />

Nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich verabschiedete<br />

das Königreich Ungarn e<strong>in</strong> eigenes<br />

Staatsgrundgesetz, das alle E<strong>in</strong>wohner zur ungarischen<br />

Staatsnation verpflichtete und das Ungarische<br />

zur Staatssprache deklarierte. Das Nationalitätengesetz<br />

von 1868 garantierte immerh<strong>in</strong> den Gebrauch<br />

<strong>der</strong> eigenen Muttersprache im Schulunterricht, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Kirche und gegenüber den Behörden. Die <strong>deutschen</strong><br />

20<br />

Stephan Ludwig Roth<br />

(1796-1849)<br />

1849-1860<br />

E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Serbischen Woiwodschaft<br />

und des Temescher Banats<br />

1859<br />

Österreich verliert die Schlacht bei Solfer<strong>in</strong>o<br />

und gibt das neoabsolutistische<br />

Herrschaftssystem auf<br />

1860<br />

Oktoberdiplom mit Wie<strong>der</strong>herstellung des<br />

Kronlän<strong>der</strong>fö<strong>der</strong>alismus<br />

1861<br />

Verabschiedung des Februarpatents<br />

mit Kurienwahl <strong>der</strong> Landtage und des<br />

Reichsrats <strong>in</strong> Wien<br />

1865<br />

Ferenc Deák verlangt für Ungarn volle<br />

Autonomie<br />

1866<br />

Österreichische Nie<strong>der</strong>lage gegen Preußen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Königgrätz<br />

(tsch. Hradec Králové)<br />

1867<br />

Österreichisch-ungarischer Ausgleich<br />

mit Schaffung <strong>der</strong> Doppelmonarchie;<br />

Kaiser Franz Joseph zum ungarischen<br />

König gekrönt;<br />

das Königreich Ungarn wird e<strong>in</strong><br />

magyarischer Nationalstaat<br />

1868<br />

Ungarisch-kroatischer Ausgleich;<br />

Ungarischer Reichsrat verabschiedet<br />

Nationalitätengesetz<br />

Zeittafel


Junge ungarndeutsche Frau<br />

aus Ba<strong>der</strong>seck/Bátaszék,<br />

gekleidet zum sonntäglichen<br />

Kirchgang<br />

<strong>Volksgruppen</strong> verfügten aber<br />

über ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Siedlungsraum, wodurch<br />

e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>heitlichung <strong>der</strong><br />

Interessen kaum möglich<br />

war. Im Bewusstse<strong>in</strong> vieler<br />

Magyaren waren die Deutschen<br />

aufgrund <strong>der</strong> engen<br />

Verflechtungen ke<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit,<br />

son<strong>der</strong>n Ungarn mit<br />

deutscher Abstammung.<br />

1879 und 1883 verabschiedete<br />

das ungarische Parlament<br />

neuerlich Schulgesetze,<br />

die den verpflichtenden<br />

Gebrauch <strong>der</strong> ungarischen<br />

Unterrichtssprache<br />

auch <strong>in</strong> den <strong>deutschen</strong> Volksschulen<br />

und Gymnasien verlangten.<br />

Außerdem hatte sich<br />

die deutsche Lehrerschaft<br />

e<strong>in</strong>er ungarischen Sprachprüfung zu unterziehen.<br />

Die Siebenbürger Sachsen im Königreich Ungarn nach 1867<br />

Mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> sächsischen Verwaltungsautonomie<br />

und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> ungarischen<br />

Schulgesetze sah sich auch die sächsische<br />

Volksgruppe e<strong>in</strong>er verstärkten Magyarisierung ausgesetzt.<br />

1876 wurde die Sächsische Volkspartei als Interessensvertretung<br />

gegründet, <strong>der</strong>en Führung e<strong>in</strong>e<br />

Konfrontation mit<br />

<strong>der</strong> ungarischen<br />

Regierung zu vermeiden<br />

versuchte.<br />

Vertreter <strong>der</strong> SächsischenVolkspartei<br />

kandidierten auf<br />

<strong>der</strong> Liste <strong>der</strong> ungarischenRegierungspartei,<br />

was<br />

den Siebenbürger<br />

Sachsen zum<strong>in</strong>dest<br />

e<strong>in</strong>e Vertretung<br />

im ungarischen<br />

Parlament<br />

garantierte. Am<br />

Zweiten Sachsentag<br />

von 1890 anerkannten die<br />

Siebenbürger Sachsen die neuen<br />

Ungarndeutsche<br />

Volkskunst<br />

Herrschaftsverhältnisse und trachteten nach e<strong>in</strong>em<br />

Ausgleich, <strong>der</strong> ihnen das kulturelle Überleben im<br />

Zwiespalt zwischen Volkstreue und Staatsloyalität<br />

sichern sollte. Das ungarische Ortsnamengesetz von<br />

1872<br />

Auflösung <strong>der</strong> sächsischen<br />

Nationsuniversität<br />

1876<br />

Gründung <strong>der</strong> Sächsischen<br />

Volkspartei<br />

1878<br />

Berl<strong>in</strong>er Kongress:<br />

Rumänien, Serbien und Montenegro<br />

werden souveräne Fürstentümer<br />

Zeittafel<br />

21


1898 und das sogenannte<br />

Apponyische Schulgesetz des<br />

ungarischen Unterrichtsm<strong>in</strong>isters<br />

Albert Apponyi (1906-1910) von<br />

1907 stießen aber selbst bei den<br />

gemäßigten Siebenbürger Sachsen<br />

auf herbe Kritik. Das neue<br />

Schulgesetz verpflichtete nämlich<br />

alle Schulen und<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten, "<strong>in</strong> <strong>der</strong> Seele <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> den Geist <strong>der</strong> Anhänglichkeit<br />

an das ungarische Vaterland<br />

und das Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Angehörigkeit zur ungarischen<br />

Nation" mit Nachdruck zu för<strong>der</strong>n.<br />

Die Magyarisierung provozierte den<br />

Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Jungsachsen (Grüne), die sich unter<br />

Führung von Rudolf Brandsch (1880-1953) und dem<br />

Zipser Edmund Ste<strong>in</strong>acker (1839-1929) für den Austritt<br />

<strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen aus dem ungarischen<br />

Reichstag aussprachen, die Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung <strong>der</strong><br />

sächsischen Schulautonomie for<strong>der</strong>ten und e<strong>in</strong>e<br />

Vere<strong>in</strong>igung aller <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> im ungarischen<br />

Königreich anstrebten. Dazu wurde die<br />

Karpatendeutsche Bewegung gegründet, <strong>der</strong> zahlreiche<br />

protestantische Intellektuelle<br />

von den <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong><br />

im ungarischen Königreich angehörten.<br />

Ste<strong>in</strong>acker und Brandsch<br />

erarbeiteten e<strong>in</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenprogramm<br />

für die Deutschen im<br />

Königreich Ungarn, das folgende<br />

Schwerpunkte enthielt:<br />

a.) e<strong>in</strong>e strikte Ablehnung <strong>der</strong><br />

magyarischen Assimilation, ohne<br />

dabei die Loyalität gegenüber <strong>der</strong><br />

ungarischen Staatsmacht aufzukündigen,<br />

b.) gezielte<br />

För<strong>der</strong>ung<br />

e<strong>in</strong>es Nationalbewusstse<strong>in</strong>s<br />

Edmund Ste<strong>in</strong>acker<br />

(1839-1929)<br />

22<br />

Albert Apponyi<br />

(1846-1933)<br />

Rudolf Brandsch<br />

(1880-1953)<br />

<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Ungarn durch<br />

e<strong>in</strong>e verstärkte Presse- und<br />

Kulturarbeit und<br />

c.) den Ausbau e<strong>in</strong>es genossenschaftlichen<br />

Agrarsystems nach<br />

Vorbild des Deutschen Reichs.<br />

1879/1883<br />

Ungarisches Parlament erlässt<br />

Schulgesetze zum Gebrauch<br />

<strong>der</strong> ungarischen Sprache<br />

1882<br />

Serbien wird Königreich<br />

1890<br />

Zweiter Sachsentag mit<br />

Verabschiedung e<strong>in</strong>es Volksprogramms<br />

1894<br />

Gründung <strong>der</strong> Burzenlän<strong>der</strong><br />

sächsischen Bürger- und Bauernpartei;<br />

Jungsächsiche Bewegung: Grüne for<strong>der</strong>n<br />

nationale Erneuerung<br />

1895<br />

Nationalitätenkongress <strong>der</strong> Slowaken,<br />

Serben und Rumänen <strong>in</strong> Budapest<br />

Zeittafel


Die <strong>Donauschwaben</strong> im Königreich Ungarn nach 1867<br />

Die <strong>Donauschwaben</strong> verhielten sich eher unpolitisch<br />

und hatten auch ke<strong>in</strong>e eigenen Vertreter im ungarischen<br />

Reichstag, obwohl 1880 bereits über 800.000<br />

<strong>Donauschwaben</strong> im Königreich Ungarn lebten. E<strong>in</strong>en<br />

zentralen E<strong>in</strong>fluss auf das vornehmlich bäuerlich strukturierte<br />

Geme<strong>in</strong>wesen <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong> übte <strong>der</strong><br />

deutsche Klerus aus, <strong>der</strong> um e<strong>in</strong>e Verbreitung geistlicher<br />

Literatur <strong>in</strong> deutscher Sprache für den privaten<br />

Gebrauch bemüht war. Von größter Wichtigkeit war<br />

auch das Engagement donauschwäbischer Schriftsteller<br />

und Kulturpolitiker wie das von Adam Müller-<br />

Banatia:<br />

deutsche Schule und Lehrerbildungsanstalt <strong>in</strong> Temeschburg<br />

Guttenbrunn (1852-1923) aus dem Banat, <strong>der</strong> die<br />

<strong>Geschichte</strong> und die Traditionen <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong><br />

zum Gegenstand se<strong>in</strong>es literarischen Schaffens machte<br />

und zur Entwicklung e<strong>in</strong>es <strong>deutschen</strong> Volksbewusstse<strong>in</strong>s<br />

unter den <strong>Donauschwaben</strong> beitrug.<br />

Diese kulturellen Impulse bildeten vor allem im<br />

Schulbereich e<strong>in</strong> Gegengewicht zur allgeme<strong>in</strong>en<br />

Magyarisierung, die so etwas abgeschwächt werden<br />

konnte. Die <strong>Donauschwaben</strong> verfügten zwar über ke<strong>in</strong><br />

autonomes Schulsystem wie etwa die Siebenbürger<br />

Sachsen, doch konnte sich auch bei ihnen die deutsche<br />

Unterrichtssprache neben <strong>der</strong> ungarischen zum<strong>in</strong>dest<br />

im Banat und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Batschka halten.<br />

Hanfmarkt <strong>in</strong><br />

Hodschag<br />

1898<br />

Verabschiedung des<br />

ungarischen<br />

Ortsnamengesetzes<br />

1900<br />

Deutsches Tagblatt für Ungarn<br />

ersche<strong>in</strong>t erstmals <strong>in</strong> Werschetz<br />

1906<br />

Gründung <strong>der</strong><br />

Ungarländischen Deutschen<br />

Partei<br />

1907<br />

Verabschiedung des<br />

Apponyischen Schulgesetzes<br />

Zeittafel<br />

23


9. Der Erste Weltkrieg und die<br />

Nachkriegsordnung<br />

9.1. Der Kriegsausbruch 1914<br />

Nach <strong>der</strong> Ermordung des österreichischen Thronfolgers<br />

Franz Ferd<strong>in</strong>and (1863-1914) und se<strong>in</strong>er Gatt<strong>in</strong><br />

am 28. Juni 1914 im bosnischen Sarajewo erklärte<br />

Österreich-Ungarn schon am 28. Juli 1914 den Krieg<br />

an Serbien. Österreich-Ungarn hatte e<strong>in</strong> Ultimatum an<br />

die serbische Regierung gerichtet und die<br />

E<strong>in</strong>beziehung österreichischer Beamter <strong>in</strong> die Untersuchungen<br />

zum Attentat gefor<strong>der</strong>t, was Serbien mit<br />

dem Verweis auf se<strong>in</strong>e Souveränität abgelehnt hatte.<br />

Vor <strong>der</strong> Kriegserklärung Österreich-Ungarns an<br />

Serbien hatte <strong>der</strong> deutsche Kaiser Wilhelm Wien se<strong>in</strong>e<br />

volle Unterstützung zugesagt. Die Kriegserklärung an<br />

Serbien löste nach dem 28. Juli 1918 zwischen den<br />

europäischen Staaten e<strong>in</strong>e Kettenreaktion an Ultimaten<br />

und Kriegserklärungen aus, so dass sich b<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>er<br />

Woche alle europäischen Großmächte gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

im Kriegszustand befanden.<br />

Die österreichisch-ungarischen Truppen, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />

Reihen Deutsch-Österreicher, Tschechen, Slowaken,<br />

Magyaren, Polen, Rumänen, Italiener, Ruthenen,<br />

Slowenen, Kroaten und Serben standen, waren<br />

geme<strong>in</strong>sam mit den Honvéd-Regimentern an den<br />

Fronten im Südosten gegen Serbien, im Osten auf den<br />

Schlachtfel<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Galizien und nach dem Übertritt<br />

Italiens an die Seite <strong>der</strong> Entente auch im Süden am<br />

Isonzo an blutigen und verlustreichen Kämpfen beteiligt.<br />

Mit dem Kriegse<strong>in</strong>tritt Rumäniens gegen die<br />

Mittelmächte verlängerte sich die Front im Osten bis<br />

nach Siebenbürgen. Die schweren Verluste an allen<br />

Fronten führten bald zu e<strong>in</strong>em Nachlassen <strong>der</strong> anfäng-<br />

24<br />

Honvéd<br />

Zeittafel<br />

1914<br />

Ermordung des österreichischen Thronfolgers<br />

Franz Ferd<strong>in</strong>and (28.6.);<br />

Ultimatum Österreich-Ungarns an Serbien (23.7.);<br />

Österreich-Ungarn erklärt Serbien<br />

den Krieg (28.7.)<br />

1914-1918<br />

Erster Weltkrieg mit Karpatenfront<br />

und Balkanfront; Zerschlagung<br />

<strong>der</strong> multiethnischen Großreiche<br />

<strong>der</strong> Habsburger, Osmanen<br />

und Romanovs<br />

1916<br />

Nach Vorstoss rumänischer Truppen<br />

nach Siebenbürgen Gegenangriff<br />

<strong>der</strong> Mittelmächte und Eroberung<br />

Bukarests;<br />

Tod Kaiser Franz Josephs (21.11.)<br />

1918<br />

Manifest Karls I. zur Umwandlung<br />

<strong>der</strong> Donaumonarchie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en fö<strong>der</strong>ativen<br />

Bundesstaat (16.10.);<br />

Proklamation <strong>der</strong> Ersten Tschechoslowakischen<br />

Republik (28.10.);<br />

Ernennung <strong>der</strong> Regierung Károlyi<br />

<strong>in</strong> Ungarn (31.10.);<br />

Waffenstillstand zwischen Österreich-Ungarn<br />

und den Alliierten (3.11.);<br />

Abschluss des Waffenstillstands zwischen<br />

Deutschland und den Alliierten (11.11.);<br />

Ausrufung <strong>der</strong> Republik<br />

Deutsch-Österreich (12.11.);<br />

Waffenstillstandsabkommen zwischen<br />

Ungarn und den Alliierten <strong>in</strong> Belgrad (13.11.);<br />

Ausrufung <strong>der</strong> Republik Ungarn (16.11.);<br />

Siebenbürger erklären den Anschluss<br />

an Rumänien (1.12.);<br />

Proklamation des Königreichs<br />

<strong>der</strong> Serben, Kroaten und Slowenen (1.12.);<br />

Schwäbisches Manifest (8.12.)


lichen Kriegseuphorie. In <strong>der</strong> Innenpolitik führten die<br />

Ermordung des M<strong>in</strong>isterpräsidenten Graf Karl Stürgkh<br />

(1859-1916) und <strong>der</strong> Tod von Kaiser Franz Joseph am<br />

21. November 1916 zu e<strong>in</strong>er Suche nach Friedens<strong>in</strong>itiativen.<br />

We<strong>der</strong> <strong>der</strong> neue Kaiser Karl (1887-1922),<br />

noch Papst Benedikt XV. (1854-1922), noch <strong>der</strong> US-<br />

Präsident Woodrow Wilson (1856-1924) waren erfolgreich.<br />

An<strong>der</strong>erseits artikulierten die österreichischungarischen<br />

Nationalitäten neue nationalpolitische<br />

For<strong>der</strong>ungen, die bis zur faktischen Unabhängigkeit<br />

reichten.<br />

Am 16. Oktober 1918 veröffentlichte Kaiser Karl e<strong>in</strong><br />

Manifest zur Umgestaltung <strong>der</strong> Monarchie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en ethnisch<br />

geglie<strong>der</strong>ten Bundesstaat, "<strong>in</strong> dem je<strong>der</strong><br />

Volksstamm auf se<strong>in</strong>em Siedlungsgebiet se<strong>in</strong> eigenes<br />

staatliches Geme<strong>in</strong>wesen bildet." Das Schicksal Österreich-Ungarns<br />

war zu diesem Zeitpunkt jedoch längst<br />

schon entschieden. Am 3. November 1918 erfolgte<br />

schließlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Villa<br />

Giusti bei Padua die<br />

Unterzeichnung des<br />

Waffenstillstandes zwischenÖsterreich-Ungarn<br />

und <strong>der</strong> Entente.<br />

Nicht nur französische<br />

und italienische, son<strong>der</strong>n<br />

auch serbische,<br />

rumänische und tschechoslowakischeTrup-<br />

pen rückten <strong>in</strong> Ungarn<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Rumänische Truppen rücken 1918 <strong>in</strong><br />

Temeschburg e<strong>in</strong><br />

1919<br />

Ungarn wird e<strong>in</strong>e kommunistische<br />

Räterepublik (21.3.);<br />

Sturz <strong>der</strong> ungarischen Räterepublik (1.8.);<br />

Friedensvertrag von Sa<strong>in</strong>t Germa<strong>in</strong><br />

zwischen Österreich und den Alliierten<br />

mit Verlust <strong>der</strong> deutsch besiedelten<br />

Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens,<br />

Südtirols, des Kärntner Kanaltals<br />

und von Teilen <strong>der</strong><br />

Untersteiermark (10.9.);<br />

Deutsch-Sächsischer Volksrat für<br />

Siebenbürgen gegründet (6.11.);<br />

Rumänien und Jugoslawien<br />

müssen M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenschutzvertrag<br />

unterzeichnen<br />

Zeittafel<br />

1920<br />

Ehemaliger k.u.k. Admiral Horthy<br />

wird Reichsverweser Ungarns (1.3.);<br />

Friedensvertrag von Trianon mit<br />

enormen Gebietsverlusten<br />

für Ungarn (4.6.): Slowakei,<br />

Karpato-Ukra<strong>in</strong>e, Maramures,<br />

Crisana, Siebenbürgen, Banat,<br />

Batschka, südöstliche Baranya,<br />

Kroatien-Slawonien, Fiume<br />

(Rijeka), Prekmurje (Übermurgebiet),<br />

Medjimurje (Mur<strong>in</strong>sel),<br />

Burgenland;<br />

Schwäbisch-Deutscher Kulturbund<br />

<strong>in</strong> Neusatz gegründet (20.6.)<br />

Mitteleuropa vor und nach dem<br />

1. Weltkrieg<br />

25


9.2. Trianon 1920<br />

Der Vertrag von Trianon vom 4. Juni 1920 bedeutete für<br />

Ungarn e<strong>in</strong>en Verlust von 70% se<strong>in</strong>es ehemaligen<br />

Territoriums und 60% se<strong>in</strong>er ehemaligen Bevölkerung.<br />

Nur etwa 25% <strong>der</strong> zwei Millionen Deutschen, die bis<br />

zum Ende des Ersten Weltkriegs auf ungarischem<br />

Boden gelebt hatten, blieben als M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit dem ungarischen<br />

Staat erhalten. Die <strong>deutschen</strong> Siedlungsgebiete<br />

im Trianon-Ungarn konzentrierten sich auf die Komitate<br />

Tolnau und Branau <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schwäbischen Türkei, das<br />

ungarische Mittelgebirge und das Gebiet um Ödenburg.<br />

Das neu gegründete Königreich <strong>der</strong> Serben, Kroaten<br />

und Slowenen bekam den Westbanat, die Batschka,<br />

die südliche Baranya, Kroatien-Slawonien, Medjimurje<br />

(Mur<strong>in</strong>sel) und Prekmurje (Übermurgebiet) zugesprochen.<br />

Siebenbürgen, das Kreischgebiet, das Marmarosgebiet,<br />

<strong>der</strong> östliche Banat und die Bukow<strong>in</strong>a fielen<br />

an das Königreich Rumänien. Die ebenfalls aus dem<br />

geme<strong>in</strong>samen Erbe <strong>der</strong> österreichisch-ungarischen<br />

Doppelmonarchie gegründete Tschechoslowakei<br />

erhielt neben Böhmen und Mähren auch das gesamte<br />

slowakische Gebiet und die Karpato-Ukra<strong>in</strong>e.<br />

Jugoslawien 1918-1941<br />

Deutsche Wohngebiete<br />

26<br />

1921<br />

Deutsch-schwäbische Volksgeme<strong>in</strong>schaft<br />

im rumänischen Banat gegründet (13.3.)<br />

Verband <strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong><br />

Rumänien gegründet (18.9.);<br />

Erfolglose Rückkehr Kaiser Karls I.<br />

(Kg. Karl IV.) nach Ungarn (20.10.);<br />

1922<br />

Gründung <strong>der</strong> Deutsch-Sächsischen<br />

Selbsthilfe durch Fritz Fabritius;<br />

Gründung <strong>der</strong> Partei <strong>der</strong> Deutschen<br />

im Königreich <strong>der</strong> Serben, Kroaten<br />

und Slowenen (17.12.)<br />

Zeittafel


10. Die <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit<br />

Etwa die Hälfte <strong>der</strong> zwölf Millionen Deutschen des<br />

Habsburgerreichs lebte nach <strong>der</strong> geopolitischen<br />

Neuordnung Europas als M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> den<br />

Nachfolgestaaten. Das von US-Präsidenten Wilson<br />

propagierte nationale Selbstbestimmungsrecht fand bei<br />

den Nachfolgestaaten <strong>der</strong> österreichisch-ungarischen<br />

Monarchie kaum Anwendung. So wurden die 3<br />

Millionen Deutschen aus den böhmischen Län<strong>der</strong>n<br />

(Sudetendeutsche) <strong>der</strong> neu gegründeten Tschechoslowakei<br />

e<strong>in</strong>verleibt, obwohl sich <strong>der</strong>en Vertreter 1918 mit<br />

dem H<strong>in</strong>weis auf das Selbstbestimmungsrecht für<br />

e<strong>in</strong>en Verbleib bei Deutsch-Österreich ausgesprochen<br />

hatten. Dasselbe Schicksal erlitten auch die Deutschen<br />

<strong>in</strong> Südtirol, das Italien zugesprochen wurde, und die<br />

Deutschen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Untersteiermark, die dem Königreich<br />

<strong>der</strong> Serben, Kroaten und Slowenen (SHS) zugeteilt<br />

wurden. Die neuen Staaten waren zwar gegenüber<br />

dem Völkerbund zum Schutz <strong>der</strong> nationalen<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten verpflichtet, <strong>in</strong> Wirklichkeit waren aber die<br />

<strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten e<strong>in</strong>em permanenten<br />

Assimilationsdruck ausgesetzt. Das führte dazu, dass<br />

zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 1930er Jahre e<strong>in</strong>e deutschnational ausgerichtete<br />

Erneuerungsbewegung provoziert wurde,<br />

die sehr rasch vom NS-Regime <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> politisch<br />

<strong>in</strong>strumentalisiert werden konnte.<br />

1923<br />

Ungarn tritt dem Völkerbund bei (31.1.);<br />

Verabschiedung <strong>der</strong> rumänischen<br />

Verfassung, die Rumänien zum<br />

e<strong>in</strong>heitlichen und unteilbaren<br />

Nationalstaat erklärt (31.3.);<br />

Ungarländischer Deutscher<br />

Volksbildungsvere<strong>in</strong> (UDV)<br />

gegründet (15.6.);<br />

Ungarische Schulverordnung<br />

erlassen (22.6.);<br />

1924<br />

Gründung des Kl<strong>in</strong>gsor <strong>in</strong> Rumänien;<br />

Auflösung des Kulturbundes<br />

<strong>in</strong> Jugoslawien (11.4.);<br />

Zeittafel<br />

27


10.1. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Jugoslawien<br />

Im SHS-Königreich gab es über 500.000 Deutsche, von<br />

denen <strong>der</strong> Großteil von etwa 450.000 als <strong>Donauschwaben</strong><br />

im ehemaligen südungarischen Raum, nämlich<br />

im Westbanat, <strong>der</strong> Batschka, <strong>der</strong> Südbaranja, <strong>in</strong><br />

Ostslawonien und Syrmien, wohnte. Die an<strong>der</strong>en<br />

50.000 Deutschen lebten im slowenischen Gebiet <strong>der</strong><br />

ehemaligen Untersteiermark und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gottscheer<br />

Sprach<strong>in</strong>sel.<br />

Am 5. Dezember 1919 ratifizierte das Königreich SHS<br />

die vom Völkerbund verlangte Konvention zum Schutz<br />

<strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten. Die Regierung <strong>in</strong> Belgrad zeigte aber<br />

kaum Anstrengungen, diesen Verpflichtungen nachzukommen.<br />

So erfolgte 1922 unter Unterrichtsm<strong>in</strong>ister<br />

Svetozar Pribièeviæ (1875-1936) die Verstaatlichung<br />

aller Privatschulen. Deutschunterricht gab es nur noch<br />

<strong>in</strong> Parallelklassen, wobei die Zuordnung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

mittels Namensanalyse <strong>der</strong> Großeltern ermittelt wurde.<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Nationalität aufgrund<br />

des slawischen Familiennamens<br />

e<strong>in</strong>es Großelternteils<br />

nicht e<strong>in</strong>deutig festgestellt werden<br />

konnte, mussten - unabhängig<br />

von <strong>der</strong> Muttersprache <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>! - die öffentlichen Schulen<br />

mit serbokroatischer o<strong>der</strong> slowenischer<br />

Unterrichtssprache besuchen.<br />

Erst <strong>in</strong> den Schulverordnungen<br />

von 1930 bis 1933<br />

wurde die Namensanalyse abgeschafft,<br />

wobei jetzt die Sprache <strong>in</strong><br />

Sepp Janko<br />

(1905-2001)<br />

<strong>der</strong> Familie als Kriterium für die<br />

Wahl <strong>der</strong> Schule herangezogen<br />

wurde. Die m<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenfe<strong>in</strong>dlichen Maßnahmen<br />

<strong>der</strong> jugoslawischen Zentralregierung<br />

machten e<strong>in</strong>e eigenständige politische<br />

Vertretung <strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Jugoslawien notwendig.<br />

1922 wurde die Partei <strong>der</strong> Deutschen im Königreich <strong>der</strong><br />

Serben, Kroaten und Slowenen gegründet, am 20. Juni<br />

1920 <strong>der</strong> Schwäbisch-Deutsche Kulturbund, <strong>der</strong> jedoch<br />

zweimal e<strong>in</strong>gestellt wurde.<br />

In den 1930er Jahren etablierte sich<br />

e<strong>in</strong>e deutsche Erneuerungsbewegung<br />

aus vornehmlich jungen protestantischen<br />

Intellektuellen, die vielfach<br />

<strong>in</strong> Deutschland studiert hatten<br />

und dort mit dem Nationalsozialismus<br />

<strong>in</strong> enge Berührung<br />

gekommen waren. Die Erneuerer<br />

for<strong>der</strong>ten mehr Autonomie und das<br />

Recht auf e<strong>in</strong>e eigene Weltanschauung.<br />

28<br />

1925<br />

Vertrag von Locarno mit Verzicht<br />

Deutschlands auf Elsass-Lothr<strong>in</strong>gen und<br />

Anerkennung <strong>der</strong> Westgrenze (16.10.);<br />

Gesetz über die Ablegung <strong>der</strong><br />

Reifeprüfung <strong>in</strong> rumänischer Sprache<br />

verabschiedet (12.11.);<br />

1926<br />

Gründung des Banater Deutschen<br />

Katholischen Lehrerverbandes (23.4.);<br />

Sachsenbund <strong>in</strong> Rumänien gegründet;<br />

Deutschland tritt dem Völkerbund bei<br />

(8.9.); Eröffnung <strong>der</strong> Banatia <strong>in</strong><br />

Temeschburg (rum. Timiþoara, ung.<br />

Temesvár);<br />

1927<br />

Verbot gegen den Kulturbund wie<strong>der</strong><br />

aufgehoben (12.1.); Vertrag zwischen<br />

Ungarn und Italien gegen die Kle<strong>in</strong>e<br />

Entente (5.4.);<br />

Deutsche Jugend-Bessarabien<br />

Zeittafel


1934 gründeten sie die Jugendorganisation<br />

Kameradschaft <strong>der</strong> Erneuerungsbewegung, um e<strong>in</strong><br />

betont deutschnationales Gegengewicht zur konservativ-gemäßigten<br />

Politik des Kulturbundes zu schaffen.<br />

Die politische und wirtschaftliche Annäherung des<br />

jugoslawischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten Milan Stojad<strong>in</strong>oviæ<br />

an Hitler-Deutschland för<strong>der</strong>te <strong>in</strong>direkt den NS-E<strong>in</strong>fluss<br />

unter den <strong>Donauschwaben</strong>,Untersteirern<br />

und Gottscheern.<br />

1939<br />

übernahmen die<br />

Erneuerer den<br />

Kulturbund und<br />

organisierten ihn<br />

nach <strong>der</strong> NS-<br />

Führerideologie<br />

neu.<br />

Deutsche Mannschaft<br />

10.2. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Rumänien<br />

Beim Vierten Sachsentag vom 6. November 1919 <strong>in</strong><br />

Schäßburg (rum. Sighiþoara, ung. Segesvár) verabschiedete<br />

<strong>der</strong> Volksrat als politische Vertretung <strong>der</strong><br />

Siebenbürger Sachsen e<strong>in</strong> Programm, <strong>in</strong> dem von <strong>der</strong><br />

rumänischen Regierung das Recht auf e<strong>in</strong> autonomes<br />

Schulwesen, das Recht auf den Gebrauch <strong>der</strong><br />

Muttersprache und das allgeme<strong>in</strong>e Wahlrecht gefor<strong>der</strong>t<br />

wurden.<br />

In den 1920er Jahren wurde e<strong>in</strong>e Reihe von<br />

Selbsthilfegruppen <strong>in</strong>s Leben gerufen, die als<br />

Erneuerungsbewegung zunehmend <strong>in</strong> Opposition zum<br />

Volksrat standen, <strong>der</strong> durch se<strong>in</strong>e Politik <strong>der</strong><br />

Anpassung an die rumänische Staatsnation auf<br />

Ablehnung stieß. Die Erneuerer verlangten von<br />

Bukarest die Gleichstellung <strong>der</strong> sächsischen Volksgruppe<br />

und e<strong>in</strong>e autonome Verwaltung des sächsischen<br />

Kirchen- und Schulwesens. Mit <strong>der</strong> Gründung<br />

<strong>der</strong> Nationalsozialistischen Selbsthilfebewegung <strong>der</strong><br />

Deutschen <strong>in</strong> Rumänien (NSDR) von 1932 kam es zu<br />

e<strong>in</strong>er Radikalisierung <strong>der</strong> politischen<br />

Verhältnisse <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

<strong>deutschen</strong> Volksgruppe. Im Februar<br />

1938 proklamierte <strong>der</strong> rumänische<br />

König Carol II. (1893-1953 ) e<strong>in</strong>e<br />

Königsdiktatur, wodurch es zu<br />

e<strong>in</strong>er politischen und ideologischen<br />

Annäherung zwischen dem<br />

Dritten Reich und Rumänien kam.<br />

Carol II von Rumänien (1893-1953)<br />

1929<br />

Königsdiktatur <strong>in</strong> Jugoslawien (6.1.);<br />

Gründung <strong>der</strong> Karpaten<strong>deutschen</strong> Partei<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />

1930<br />

Aufbau <strong>der</strong> Deutschen Evangelisch-<br />

Christlichen Kirche Augsburger<br />

Bekenntnisses im Königreich Jugoslawien;<br />

Gründung <strong>der</strong> Liga <strong>der</strong> Deutschen<br />

für Völkerbund und Völkerverständigung<br />

<strong>in</strong> Belgrad (15.5.)<br />

1932<br />

Gründung <strong>der</strong> Nationalsozialistischen<br />

Selbsthilfebewegung<br />

<strong>in</strong> Rumänien (22.5.)<br />

1933<br />

Hitler zum Reichskanzler ernannt (30.1.);<br />

5. Sachsentag <strong>in</strong> Hermannstadt (1.10.);<br />

Tod Jakob Bleyers (5.12.);<br />

Drittes Reich tritt aus dem<br />

Völkerbund aus (12.10.)<br />

Zeittafel<br />

29


Bei den Banater Schwaben lag die politische und kulturelle<br />

Führung <strong>in</strong> den Händen <strong>der</strong> eher katholischkonservativ<br />

orientierten Deutsch-Schwäbischen<br />

Volksgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Temeschburg (rum.Timiþoara,<br />

ung.Temesvár), mit 40.000 <strong>deutschen</strong> E<strong>in</strong>wohnern das<br />

kulturelle und geistige Zentrum im östlichen Banat.<br />

E<strong>in</strong>e Erneuerungsbewegung gab es später auch bei<br />

den Banater Schwaben, die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jungschwäbischen<br />

Bewegung o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freien Deutschen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft formierten. Durch die ideologischen<br />

Annäherungen zwischen <strong>der</strong> rumänischen Königsdiktatur<br />

und dem Dritten Reich gerieten auch die Banater<br />

Schwaben <strong>in</strong>s Fahrwasser <strong>der</strong> NS-<strong>Volksgruppen</strong>politik.<br />

Neben den Sachsen und Landlern <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />

sowie den Schwaben im rumänischen Banat und im<br />

Komitat Sathmar gehörten nach <strong>der</strong> Volkszählung von<br />

1930 weitere 81.089 Bessarabiendeutsche, 75.533<br />

Dobrudschadeutsche und die Deutschen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Südbukow<strong>in</strong>a zur <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit im rumänischen<br />

Königreich <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit, <strong>in</strong>sgesamt<br />

etwa 750.000 Personen.<br />

10.3. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Ungarn<br />

Im Trianon-Ungarn lebten nach <strong>der</strong> Volkszählung von<br />

1920 über 550.000 Deutsche. Der Germanist und<br />

Volkstumspolitiker Jakob Bleyer gab 1921 das<br />

Sonntagsblatt für das deutsche Volk <strong>in</strong> Ungarn heraus,<br />

das <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie an das schwäbisch-bäuerliche<br />

Leserpublikum gerichtet war. Bleyer wollte e<strong>in</strong>e<br />

Verbesserung des <strong>deutschen</strong> Schulwesens erreichen<br />

und durch gezielte Fortbildungsprogramme den Bildungsstand<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Volksgruppe anheben. Das<br />

Deutschtum <strong>in</strong> Ungarn sollte durch die Herausgabe von<br />

Heimatliteratur und durch landesweite Kulturveranstaltungen<br />

gestärkt werden. 1923 gründete<br />

Bleyer zur Umsetzung dieser Ziele den Ungarländischen<br />

Deutschen Volksbildungsvere<strong>in</strong><br />

(UDV). 1926<br />

war Bleyer über die Liste <strong>der</strong><br />

Regierungspartei zu e<strong>in</strong>em<br />

Mandat im ungarischen<br />

Parlament gekommen, wo er<br />

im Interesse <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit die im UDV formulierten<br />

Ziele zu vertreten versuchte.<br />

Dazu zählte <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Ausbau des <strong>deutschen</strong><br />

Schulwesens.<br />

Nach dem Tod Bleyers spitzte<br />

sich die <strong>in</strong>terne Diskussion um<br />

30<br />

Jakob Bleyer (1874-1933)<br />

1934<br />

Gratz wird Vorsitzen<strong>der</strong> des UDV (6.5);<br />

Verbot <strong>der</strong> Nationalen Erneuerungsbewegung<br />

<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Rumänien (4.6.)<br />

1935<br />

Deutsche Volkspartei Rumäniens<br />

gegründet (10.2.);<br />

Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />

Wehrpflicht <strong>in</strong> Deutschland (16.3.);<br />

Umwandlung <strong>der</strong> Sudeten<strong>deutschen</strong><br />

Heimatfront <strong>in</strong> die<br />

Sudetendeutsche Partei (SdP) und<br />

Wahlsieg im Mai;<br />

Nürnberger Parteitag mit Verkündung<br />

<strong>der</strong> Nürnberger Rassengesetze (15.9.);<br />

Ungarn verpflichtet sich zur För<strong>der</strong>ung<br />

des gemischtsprachigen<br />

Schultyps (23.11.);<br />

1936<br />

Deutschland kündigt den Vertrag<br />

von Locarno und besetzt das<br />

entmilitarisierte Rhe<strong>in</strong>land (7.3.);<br />

Deutsch-ungarisches Kulturabkommen (28.5.);<br />

Miklós Horthy bei Hitler (22.8.);<br />

deutsch-italienische Achsenbildung (25.10.)<br />

Zeittafel


die künftige Ausrichtung <strong>der</strong> ungarn<strong>deutschen</strong><br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenpolitik weiter zu. Die Erneuerer unter <strong>der</strong><br />

Führung von Franz Basch (1901-1945) verweigerten<br />

die politische Anpassung und suchten h<strong>in</strong>gegen die<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Staatsführung. Mit <strong>der</strong><br />

Gründung <strong>der</strong> Volks<strong>deutschen</strong> Kameradschaft radikalisierte<br />

sich das Verhältnis <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> ungarn<strong>deutschen</strong><br />

Volksgruppe, weil sich die Erneuerer sehr stark<br />

programmatisch am nationalsozialistischen Vorbild<br />

orientierten. Basch erklärte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Volksprogramm,<br />

dass die Volkstreue e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Staatstreue ebenbürtige<br />

Pflicht darstelle. Dieses Doppelbekenntnis, das zwischen<br />

Staatsloyalität und völkischer Treue unterschied,<br />

war vielfach die Ursache für das Misstrauen <strong>der</strong> ungarischen<br />

Staatsnation gegenüber <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit.<br />

10.4. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit im slowakischen Teil<br />

<strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />

Die Situation des Deutschtums auf slowakischem<br />

Gebiet war bereits ab <strong>der</strong> 2. Hälfte des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts durch die erfolgreiche Magyarisierung<br />

Oberungarns <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Existenz sehr stark e<strong>in</strong>geschränkt<br />

worden. Es gab nur noch e<strong>in</strong>ige wenige deutsche<br />

Sprach<strong>in</strong>seln <strong>in</strong> Preßburg (slowak. Bratislava) und<br />

Umgebung, im Hauerland mit Kremnitz (slow.<br />

Kremnica) und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Oberzips um Käsmark (slow.<br />

Kežmarok). 1919 nahm <strong>der</strong> Deutsche Kulturverband<br />

se<strong>in</strong>e Arbeit auf und konzentrierte sich zunächst auf die<br />

verbliebenen <strong>deutschen</strong> Sprach<strong>in</strong>seln. Erst 1929 wurde<br />

die Karpatendeutsche Partei (KdP) gegründet, die ab<br />

1933 unter Franz Karmas<strong>in</strong> (1901-1970) e<strong>in</strong>en stärkeren<br />

Kontakt zu Konrad Henle<strong>in</strong>s (1898-1945)<br />

Sudetendeutscher Heimatfront pflegte, die 1935 bei<br />

den Parlamentswahlen als Sudetendeutsche Partei<br />

(SdP) kandidierte. 1935 schloss die KdP e<strong>in</strong><br />

Wahlbündnis mit <strong>der</strong> SdP und errang 30.000 Stimmen,<br />

was ihr zwei Mandate sicherte. Am 8. Oktober 1938<br />

erfolgte nach dem Münchener Abkommen vom 29.<br />

September 1938, das die mehrheitlich deutsch besiedelten<br />

Randgebiete Böhmens und Mährens<br />

(Sudetenland) an das Dritte Reich anschloss,<br />

die Umbenennung <strong>der</strong> KdP <strong>in</strong> Deutsche Partei<br />

(DP). Die DP organisierte sich nach dem<br />

Vorbild <strong>der</strong> Nationalsozialistischen Deutschen<br />

Arbeiterpartei (NSDAP) und gehörte <strong>der</strong><br />

Regierung unter Josef Tiso (1887-1947) an.<br />

Am 14. März 1939 erklärte <strong>der</strong> slowakische<br />

Landtag unter dem Druck Hitlers se<strong>in</strong>e<br />

Unabhängigkeit von Prag, womit die Slowakei<br />

mit 2,6 Millionen E<strong>in</strong>wohnern und e<strong>in</strong>er<br />

Fläche von etwa 38.000 km² ihre staatliche<br />

Souveränität erhielt.<br />

1937<br />

Anerkennung <strong>der</strong> Volks<strong>deutschen</strong><br />

Kameradschaft von Franz Basch<br />

als alle<strong>in</strong>ige Vertreter<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> ungarn<strong>deutschen</strong> Volksgruppe<br />

1938<br />

Rumänien wird Königsdiktatur (11.2.);<br />

Anschluss Österreichs an das<br />

Dritte Reich (13.3.);<br />

Hitler entwirft Plan zur Zerschlagung<br />

<strong>der</strong> Tschechoslowakei (30.5.);<br />

Hitler trifft den ungarischen<br />

M<strong>in</strong>isterpräsidenten Darányi (18.6.);<br />

Frankreich, England, Italien und<br />

das Dritte Reich beschließen<br />

im Münchner Abkommen<br />

den Anschluss <strong>der</strong> mehrheitlich<br />

von Deutschen bewohnten Randgebiete<br />

<strong>in</strong> Böhmen und Mähren (Sudetenland)<br />

an Deutschland (30.9.);<br />

Ungarn erhält durch den<br />

Ersten Wiener Schiedsspruch<br />

Gebiete <strong>in</strong> <strong>der</strong> südlichen Slowakei und<br />

die Karpato-Ukra<strong>in</strong>e zugesprochen (2.11.);<br />

Volksbund <strong>der</strong> Deutschen<br />

<strong>in</strong> Ungarn gegründet (26.11.)<br />

Josef Tiso (1887-1947)<br />

Zeittafel<br />

31


11. Der Zweite Weltkrieg und die<br />

Folgen<br />

Die Annäherung <strong>der</strong><br />

<strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong>führung<br />

an die<br />

nationalsozialistische<br />

Ideologie führte schon<br />

sehr bald nach <strong>der</strong><br />

Machtübernahme <strong>der</strong><br />

Nationalsozialisten <strong>in</strong><br />

Deutschland von 1933<br />

zu e<strong>in</strong>er politischen<br />

Instrumentalisierung<br />

<strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenpolitik<br />

durch Berl<strong>in</strong> und spätestens<br />

nach dem Anschluss<br />

Österreichs im<br />

März 1938 zu e<strong>in</strong>er<br />

ideologischen Gleichschaltung<br />

<strong>der</strong> volks<strong>deutschen</strong>E<strong>in</strong>richtungen<br />

über die Volksdeutsche<br />

Mittelstelle<br />

(VOMI). Die Übernahme<br />

und öffentliche Präsentationnationalsozialistischer<br />

Symbole erweckte<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> nicht<strong>deutschen</strong>Mehrheitsbevölkerung<br />

<strong>der</strong> Tschechoslowakei,<br />

Ungarns, Rumäniens,<br />

Jugoslawiens und<br />

Polens den E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>er<br />

weitgehenden Identifikation<br />

<strong>der</strong> Volks<strong>deutschen</strong> mit <strong>der</strong><br />

NS-Ideologie.<br />

In <strong>der</strong> Reichstagsrede vom<br />

6. Oktober 1939 for<strong>der</strong>te<br />

Hitler im Berl<strong>in</strong>er Sportpalast<br />

die Splitter des <strong>deutschen</strong><br />

Volkstums auf, heim<br />

<strong>in</strong>s Reich zu kommen.<br />

Die Dobrudscha<strong>deutschen</strong> Umsiedler fahren im November 1940<br />

die donauaufwärts “heim <strong>in</strong>s Reich”<br />

32<br />

E<strong>in</strong>e<br />

Wagenkolone von<br />

Bessarabien<strong>deutschen</strong>


11.1. Die Rumänien-Deutschen im Zweiten<br />

Weltkrieg<br />

Am 5. September 1940 unterzeichnete das Deutsche<br />

Reich e<strong>in</strong>en Umsiedlungsvertrag mit <strong>der</strong> Sowjetunion.<br />

Daraufh<strong>in</strong> wurden 93.000 Bessarabiendeutsche nach<br />

Deutschland umgesiedelt. Die 43.000 Deutschen aus<br />

<strong>der</strong> Nordbukow<strong>in</strong>a kamen über Czernowitz (ukr. Èernivci,<br />

rum. Cern–uti) und Krakau (poln. Kraków) mit <strong>der</strong><br />

Bahn nach Schlesien. Auch mit Rumänien gab es 1940<br />

e<strong>in</strong>en Umsiedlungsvertrag, <strong>der</strong> den Transfer <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Bevölkerung aus <strong>der</strong> Norddobrudscha (15.400<br />

Personen) und <strong>der</strong> Südbukow<strong>in</strong>a (52.000) regelte.<br />

Insgesamt wurden bis zum Frühjahr 1944 ungefähr<br />

215.000 Volksdeutsche aus Südosteuropa <strong>in</strong>s<br />

Deutsche Reich und <strong>in</strong> die besetzten Gebiete umgesiedelt.<br />

Am 23. November 1940 trat Rumänien<br />

dem Dreimächtepakt Deutschland,<br />

Italien und Japan bei. Das<br />

rumänische <strong>Volksgruppen</strong>gesetz von<br />

1940 räumte den Volks<strong>deutschen</strong> die<br />

Möglichkeit e<strong>in</strong>, als "rumänische juristische<br />

Person des öffentlichen<br />

Rechts" zu wirken. Im November<br />

1940 wurde <strong>in</strong> Mediasch (rum.<br />

Mediaþ, ung. Medgyes) die Nationalsozialistische<br />

Deutsche Arbeiterpartei<br />

<strong>der</strong> Deutschen Volksgruppe <strong>in</strong><br />

Rumänien gegründet. Bereits im Juni<br />

1940 waren über e<strong>in</strong>e Tausend-<br />

Mann-Aktion bis zu 1.500 Rumäniendeutsche<br />

für die Waffen-SS ausgemustert<br />

worden. Bis 1942 dienten<br />

aber auch über 40.000 rumänische<br />

Volksdeutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> rumäni-<br />

schen Armee, wozu sie<br />

Ausweis e<strong>in</strong>er<br />

Umsiedler<strong>in</strong><br />

Siebenbürger<br />

Sachsen 1941<br />

1939<br />

Ungarn genehmigt die<br />

VDU-Satzungen (13.4.);<br />

Slowakei erklärt ihre<br />

Unabhängigkeit (14.3);<br />

deutsche Truppen besetzen die<br />

restliche Tschechoslowakei (15.3);<br />

deutsch-italienischer Vertrag zur<br />

Umsiedlung <strong>der</strong> Südtiroler (23.6.);<br />

deutsch-sowjetischer<br />

Nichtangriffspakt (23.8.);<br />

deutscher Angriff auf Polen (1.9.);<br />

England und Frankreich stellen<br />

Ultimatum an Deutschland, danach<br />

Kriegserklärung (3.9.);<br />

Reichstagsrede Hitlers zur<br />

Heimholung deutscher Volkssplitter (6.10.);<br />

deutsch-estnischer Vertrag zur<br />

Umsiedlung <strong>der</strong> Estland<strong>deutschen</strong> (15.10.);<br />

Polen wird deutsches<br />

Generalgouvernement (16.10.);<br />

deutsch-lettischer Vertrag zur<br />

Umsiedlung <strong>der</strong> Lettland<strong>deutschen</strong> (30.10.);<br />

deutsch-sowjetischer Vertrag zur<br />

Umsiedlung <strong>der</strong> Deutschen aus<br />

Wolhynien und Ost-Galizien<br />

Zeittafel<br />

33


wegen ihrer rumänischen Staatsbürgerschaft verpflichtet<br />

waren. 1943 wurde zwischen Berl<strong>in</strong> und Bukarest<br />

e<strong>in</strong> bilaterales Abkommen unterzeichnet, das "rumänischen<br />

Staatsbürgern volksdeutscher Zugehörigkeit" die<br />

Möglichkeit eröffnete, sich freiwillig zur Waffen-SS zu<br />

melden. Bis Ende 1943 meldeten sich 54.000<br />

Volksdeutsche aus Rumänien zur Waffen-SS. Der<br />

Großteil von ihnen wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> SS-Division Pr<strong>in</strong>z<br />

Eugen am Balkan o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Ostfront e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Weitere 150.000 rumänische Volksdeutsche standen <strong>in</strong><br />

den Reihen <strong>der</strong> Deutschen Wehrmacht o<strong>der</strong> kamen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrie zum E<strong>in</strong>satz. Am 23.<br />

August 1944 trat Rumänien nach dem Sturz des<br />

Antonescu-Regimes auf die Seite <strong>der</strong> Alliierten über.<br />

Die Sathmarer-Schwaben wurden nach dem Zweiten<br />

Wiener Schiedsspruch Ungarn zugesprochen, wodurch<br />

e<strong>in</strong>e neue Welle <strong>der</strong> Magyarisierung e<strong>in</strong>setzte. Die<br />

Banater Schwaben erhielten jedoch auf Grundlage<br />

bilateraler Vere<strong>in</strong>barungen zwischen Berl<strong>in</strong> und<br />

Bukarest e<strong>in</strong>e autonome Verwaltung, jedoch blieb <strong>der</strong><br />

eigene Wirkungsradius auf die von reichs<strong>deutschen</strong><br />

Stellen vorgegebenen Eckpunkte beschränkt. Am Ende<br />

des Zweiten Weltkriegs mussten die Banater<br />

Schwaben ähnlich wie die Siebenbürger Sachsen<br />

Enteignungen und Zwangsdeportationen <strong>in</strong> die UdSSR<br />

erdulden.<br />

11.2. Die Jugoslawien-Deutschen im Zweiten<br />

Weltkrieg<br />

Auch das Königreich Jugoslawien trat am 25. März<br />

1941 dem Dreimächtepakt bei. Daraufh<strong>in</strong> organisierten<br />

serbische Offiziere e<strong>in</strong>en Putsch gegen die jugoslawische<br />

Regierung, riefen den Thronfolger Peter II.<br />

Karadjordjeviæ zum König aus und schlossen e<strong>in</strong>en<br />

Freundschafts- und Nichtangriffspakt mit <strong>der</strong><br />

Sowjetunion ab. Hitler hatte sofort am 27. März 1941<br />

nach Bekanntwerden des Putsches den Befehl erteilt,<br />

"Jugoslawien militärisch und als Staatsgebilde zu zerschlagen."<br />

Nach <strong>der</strong> militärischen Kapitulation <strong>der</strong><br />

jugoslawischen Armee am 17. April 1941 wurde<br />

Jugoslawien zwischen Deutschland, Italien, Ungarn<br />

und Bulgarien aufgeteilt.<br />

Kroatien erklärte sich am 10. April 1941 zum<br />

Unabhängigen Staat Kroatien, dem Ante Paveliæ<br />

(1889-1959) als Führer <strong>der</strong> nationalistischen<br />

Ustaša-Bewegung vorstand. Dem unabhängigen<br />

Kroatien fiel die donauschwäbische Bevölkerung<br />

Slawoniens, Syrmiens und Bosniens zu. Die<br />

<strong>Donauschwaben</strong> im Westbanat bekamen e<strong>in</strong>e<br />

weitgehende Autonomie zugesprochen und blieben<br />

beim stark verkle<strong>in</strong>erten und unter deutscher<br />

34<br />

1940<br />

Rumänien muss Bessarabien<br />

und die Nordbukow<strong>in</strong>a an<br />

die UdSSR abtreten (28.6.);<br />

Deutsches Haus <strong>in</strong> Budapest<br />

e<strong>in</strong>geweiht (18.8.);<br />

Zweiter Wiener Schiedsspruch<br />

beschließt die Abtretung<br />

Nordsiebenbürgens von<br />

Rumänien an Ungarn (30.8.);<br />

<strong>Volksgruppen</strong>abkommen<br />

zwischen dem Dritten Reich<br />

und Ungarn zum Schutz <strong>der</strong><br />

Volks<strong>deutschen</strong> (30.8.);<br />

Umsiedlungsvertrag zwischen<br />

dem Dritten Reich und Rumänien<br />

zur Umsiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Bevölkerung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Norddobrudscha<br />

und <strong>der</strong> Südbukow<strong>in</strong>a (22.10);<br />

Deutsches <strong>Volksgruppen</strong>dekret <strong>in</strong><br />

Rumänien (20.11.);<br />

Ungarn tritt dem Dreimächtepakt<br />

bei (22.11.);<br />

Rumänien tritt dem Dreimächtepakt<br />

bei (23.11);<br />

Gründung <strong>der</strong> Nationalsozialistischen<br />

Arbeiterpartei <strong>der</strong> Deutschen<br />

Volksgruppe <strong>in</strong> Rumänien<br />

Zeittafel


Militärverwaltung stehenden serbischen Staat, <strong>der</strong><br />

unter <strong>der</strong> Führung von General Milan Nediæ stand. Die<br />

Batschka und das Baranja-Dreieck kamen mit ihren<br />

<strong>Donauschwaben</strong> zu Ungarn. Das Deutsche Reich<br />

selbst beanspruchte hauptsächlich slowenische<br />

Gebiete, nämlich die Untersteiermark, das Mießtal und<br />

die Oberkra<strong>in</strong>. Diese Gebiete wurden <strong>in</strong> weiterer Folge<br />

von den Gauleitern <strong>der</strong> beiden Reichsgaue Kärnten<br />

und Steiermark verwaltet und auf Befehl Hitlers <strong>der</strong><br />

<strong>deutschen</strong> Zivilverwaltung unterstellt. Die Gottschee fiel<br />

an Italien, weshalb im Herbst 1941 die Umsiedlung <strong>der</strong><br />

Gottscheer <strong>in</strong> die Unter-Steiermark durchgeführt wurde.<br />

Die Aufteilung Jugoslawiens<br />

nach dem Aprilkrieg 1941<br />

Am 26. November 1942 wurde <strong>in</strong> Bihaæ im Nordwesten<br />

Bosniens auf Initiative <strong>der</strong> militärischen Führung <strong>der</strong><br />

Partisanenarmee <strong>der</strong> Antifaschistische Rat <strong>der</strong><br />

Volksbefreiung Jugoslawiens (AVNOJ) als oberstes<br />

legislatives Organ Jugoslawiens gegründet. An <strong>der</strong><br />

Spitze des Nationalkomitees zur Befreiung Jugoslawiens<br />

stand Marschall Josip Broz Tito (1892-1980).<br />

Tito leitete den militärischen Kampf des kommunistischen<br />

Wi<strong>der</strong>standes gegen die deutsche Besatz-<br />

35


ungsmacht. Die Partisanentätigkeit radikalisierte die<br />

Maßnahmen <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Besatzer. Am 16.<br />

September 1941 erließ das Oberkommando <strong>der</strong><br />

Wehrmacht (OKW) den Befehl Nr. 888 von<br />

Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel (1882-1946), <strong>der</strong><br />

anordnete, dass <strong>in</strong> Serbien für jeden getöteten<br />

Deutschen 100 Zivilisten erschossen werden. Am 20.<br />

Oktober 1941 wurden<br />

etwa <strong>in</strong> Kragujevac<br />

2300 serbische<br />

Zivilisten erschossen.<br />

Unter den Opfern<br />

befanden sich 300<br />

Schüler, die man<br />

zuvor aus <strong>der</strong> Schule<br />

getrieben hatte.<br />

Kundgebung <strong>der</strong> Deutschen Volksgruppe <strong>in</strong> Jugoslawien <strong>in</strong> Esseg am<br />

1. 6. 1941, vorne <strong>Volksgruppen</strong>führer Janko<br />

Mit <strong>der</strong>selben Brutalität wurde auch die Vernichtung des<br />

serbischen Judentums betrieben. Im Westbanat stellte<br />

die deutsche <strong>Volksgruppen</strong>führung als Reaktion auf die<br />

Übergriffe und Sabotageakte <strong>der</strong> Partisanen e<strong>in</strong>e<br />

Schutzformation mit dem Namen Pr<strong>in</strong>z Eugen auf, die<br />

anfänglich lediglich <strong>der</strong> zivilen Verteidigung diente. Im<br />

April 1942 wurde aber auf Befehl Hitlers die Aufstellung<br />

<strong>der</strong> SS-Freiwilligen-Gebirgsdivision Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />

(SS-Div. Pr<strong>in</strong>z Eugen) angeordnet, die unter dem<br />

Kommando des Siebenbürger-Sachsen Arthur Phleps<br />

(1881-1944) stand.<br />

Die Deutsche Volksgruppe <strong>in</strong> Kroatien (DVGK) genoss<br />

nach Festlegung <strong>der</strong> politischen Führung <strong>der</strong> Ustaša-<br />

Bewegung "das une<strong>in</strong>geschränkte Recht zu politischer,<br />

kultureller, wirtschaftlicher und verwaltungsmäßiger<br />

Arbeit." Dieses Recht garantierte das Bekenntnis zum<br />

Nationalsozialismus und e<strong>in</strong>e enge Kontaktpflege zur<br />

nationalsozialistischen Führung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Die volks-<br />

36<br />

SS-Div.<br />

Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />

1941<br />

Deutsch-sowjetischer Vertrag zur<br />

Nachumsiedlung <strong>der</strong> Deutschen<br />

aus Estland, Lettland und Litauen (10.1.);<br />

Königreich Jugoslawien tritt dem<br />

Dreimächtepakt bei (25.3);<br />

Hitler befiehlt die militärische<br />

Zerschlagung Jugoslawiens (27.3.);<br />

Nichtangriffspakt zwischen<br />

<strong>der</strong> Sowjetunion und Jugoslawien (5.4.);<br />

Slavko Kvaternik erklärt Kroatien<br />

für unabhängig (10.4.);<br />

Kapitulation Jugoslawiens (17.4.);<br />

deutscher Angriff auf die UdSSR<br />

mit Beteiligung von Rumänien, Ungarn,<br />

die Slowakei, Kroatien, Italien<br />

und F<strong>in</strong>nland (22.6.); Befehl des<br />

Oberkommandos <strong>der</strong> Wehrmacht<br />

zur Geiselerschießung <strong>in</strong> Serbien<br />

als Reaktion auf Partisanenüberfälle;<br />

Zeittafel


nach NS-Muster und regelte die Anliegen <strong>der</strong> DVGK<br />

über die Nationalsozialistische Deutsche Gefolgschaft<br />

Kroatiens (NSDGK). 1941 gab es mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzstaffel<br />

(ES) und <strong>der</strong> Deutschen Mannschaft (DM) zwei SS-<br />

Vorfeldorganisationen, die bei <strong>der</strong> Ausmusterung <strong>der</strong><br />

Jugoslawien<strong>deutschen</strong> zur Waffen-SS e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Rolle spielten. Im Dezember 1942 wurde auf Befehl<br />

Hitlers die SS-Division Pr<strong>in</strong>z Eugen <strong>in</strong> den kroatischbosnischen<br />

Raum verlegt, wo sie bis Kriegsende zur<br />

Bekämpfung <strong>der</strong> Partisanenbewegung e<strong>in</strong>gesetzt<br />

wurde. Der SS-Division Pr<strong>in</strong>z Eugen gehörten viele<br />

Volksdeutsche aus Jugoslawien und Rumänien an.<br />

Nach <strong>der</strong> Kapitulation Rumäniens rückte die Rote<br />

Armee unaufhaltsam <strong>in</strong> das donauschwäbische Gebiet<br />

vor. Als Anfang September 1944 die Rote Armee bis <strong>in</strong><br />

den Westbanat vorstieß, setzten Fluchtbewegungen<br />

und Evakuierungen e<strong>in</strong>. Aber lediglich <strong>in</strong> Syrmien und<br />

Slawonien, die zum kroatischen Staatsgebiet gehörten,<br />

konnte die deutsche Bevölkerung von den <strong>deutschen</strong><br />

Militärbehörden rechtzeitig evakuiert werden. 200.000<br />

<strong>Donauschwaben</strong> wurden schließlich Gefangene <strong>der</strong><br />

Roten Armee und <strong>der</strong> Partisanen.<br />

11.3. Die Ungarn-Deutschen im Zweiten Weltkrieg<br />

Die Wie<strong>der</strong>errichtung des ungarischen Großreichs <strong>der</strong><br />

Stephanskrone wurde nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> südslowakischen Gebiete <strong>in</strong> den nationalkonservativen<br />

Kreisen <strong>der</strong> ungarischen Gesellschaft neuerlich<br />

zum erklärten Ziel hochstilisiert. Bereits am 2.<br />

November 1938 waren durch den Ersten Wiener<br />

SS-Div. Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />

im E<strong>in</strong>satz<br />

1942<br />

Ungarische Armee richtet <strong>in</strong><br />

Neusatz (serb. Novi Sad, ung. Újvidék)<br />

e<strong>in</strong> blutiges Massaker unter<br />

<strong>der</strong> serbischen und jüdischen<br />

Bevölkerung nach Partisanenübergriffen<br />

an (21./23.1.);<br />

deutsch-ungarisches Abkommen<br />

über Erlaubnis für SS-Werbeaktionen (1.2.);<br />

Ribbentrop for<strong>der</strong>t die Volks<strong>deutschen</strong><br />

zum Fronte<strong>in</strong>satz auf (14.6.);<br />

Antifaschistischer Rat<br />

<strong>der</strong> Volksbefreiung Jugoslawiens<br />

(AVNOJ) <strong>in</strong> Bosnien gegründet (26.11.);<br />

Hitler verlangt die Verlegung<br />

<strong>der</strong> 7. SS-Div. Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />

nach Kroatien (5.12.)<br />

Zeittafel<br />

37


Schiedsspruch Gebiete <strong>der</strong> Südslowakei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Ausmaß von 10.400 km² und 860.000 Personen an Ungarn<br />

gefallen. Ungarn trat im Jänner 1939 aus dem<br />

Völkerbund aus, beteiligte sich aber nicht am Krieg<br />

gegen Polen. Der Zweite Wiener Schiedsspruch vom<br />

30. August 1940, <strong>der</strong> den Anschluss Nordsiebenbürgens<br />

an Ungarn festschrieb, führte zu e<strong>in</strong>er weiteren<br />

Annäherung <strong>der</strong> ungarischen Außenpolitik an die<br />

Interessen des Dritten Reichs, was sich aber bald als<br />

Abhängigkeit erwies. Im November 1940 trat Ungarn<br />

dem Dreimächtepakt bei und machte sich damit für die<br />

Kriegspläne Deutschlands unentbehrlich. Ungarische<br />

Truppen beteiligten sich im April 1941 an <strong>der</strong> militärischen<br />

Zerschlagung Jugoslawiens und annektierten<br />

das Baranyadreieck und die Batschka. Im W<strong>in</strong>ter<br />

1941/42 kam es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Batschka zu schrecklichen Ausschreitungen<br />

ungarischer E<strong>in</strong>heiten gegen Serben und<br />

Juden. Die berüchtigte "Razzia <strong>in</strong> <strong>der</strong> Batschka" kostete<br />

2.455 Serben und 810 Juden das Leben. Das Zentrum<br />

dieser Ausschreitungen war Neusatz (serb. Novi<br />

Sad, ung. Újvidék). Ende Juni 1941 erklärte auch Ungarn<br />

<strong>der</strong> Sowjetunion den Krieg und marschierte mit<br />

e<strong>in</strong>er Armee bis an den Don vor, wo sie im W<strong>in</strong>ter<br />

1942/43 vernichtet wurde.<br />

Ähnlich wie <strong>in</strong> Rumänien und Jugoslawien traten ab<br />

1941 junge Ungarndeutsche zunächst freiwillig, später<br />

verpflichtend den Verbänden <strong>der</strong> Waffen-SS bei, nachdem<br />

sie zuvor zu Schulungskursen nach Deutschland<br />

e<strong>in</strong>geladen worden waren. Am 1. Februar 1942 unterzeichneten<br />

Budapest und Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Abkommen zur<br />

Bildung e<strong>in</strong>er deutsch-ungarischen Musterungskommission,<br />

die es den Ungarn<strong>deutschen</strong> ermöglichte,<br />

zur Waffen-SS e<strong>in</strong>gezogen zu werden. An<strong>der</strong>seits dienten<br />

die Volks<strong>deutschen</strong> <strong>in</strong> Ungarn auch <strong>in</strong> den Reihen<br />

<strong>der</strong> ungarischen Armee. Nach e<strong>in</strong>er amtlichen Zählung<br />

vom 28. Dezember 1943 dienten 22.125 Ungarn-<br />

38<br />

Admiral Miklós von Horthy<br />

(1868-1957)<br />

1943<br />

Geheimverhandlungen <strong>der</strong> ungarischen<br />

Regierung mit den Westmächten (Sept.);<br />

2. AVNOJ-Sitzung <strong>in</strong> Jajce (29./30.11.);<br />

Zeittafel


deutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Waffen-SS, 1.729 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Deutschen<br />

Wehrmacht und 459 <strong>in</strong> wehrähnlichen Verbänden.<br />

Etwa 35.000 von ihnen entschieden sich für die ungarische<br />

Armee. Die ständigen Rekrutierungsfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Reichsregierung und die drohende Nie<strong>der</strong>lage des<br />

Dritten Reichs verstärkten das Spannungspotential<br />

zum ungarischen Satelliten-Staat. Am 19. März 1944<br />

kam es schließlich zur Besetzung Ungarns durch die<br />

verbündeten <strong>deutschen</strong> Truppen. Damit begannen<br />

auch die Deportationen von m<strong>in</strong>destens 450.000 ungarischen<br />

Juden <strong>in</strong> das Konzentrationslager Auschwitz-<br />

Birkenau, <strong>in</strong> dem 250.000 ermordet wurden.<br />

Ab September 1944 rückte die Rote Armee auf ungarisches<br />

Staatsgebiet vor. Admiral Miklós von Horthy<br />

(1868-1957) bot Stal<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Son<strong>der</strong>frieden an, wurde<br />

aber sofort von deutscher Seite abgesetzt. Die<br />

Nachfolge trat <strong>der</strong> Führer <strong>der</strong> Pfeilkreuzler (ungarische<br />

Faschisten) Ferenc Szálasi (1897-1946) an, unter dessen<br />

Regime <strong>der</strong> blutige Terror gegen die jüdische<br />

Bevölkerung und gegen die politische Opposition <strong>in</strong>tensiviert<br />

wurde. Anfang Oktober 1944 stieß die Rote<br />

Armee <strong>in</strong> den Südosten Ungarns vor und eroberte den<br />

Banat und die Batschka.<br />

11.4. Die Karpaten-Deutschen im Zweiten<br />

Weltkrieg<br />

Die Verfassung <strong>der</strong> Slowakei vom 21. Juli 1939 sicherte<br />

<strong>der</strong> Slowakischen Volkspartei den alle<strong>in</strong>igen<br />

Führungsanspruch zu und garantierte <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Volksgruppe, "an <strong>der</strong> Staatsgewalt durch ihre registrierte<br />

politische Partei" teilzunehmen. Die Slowakei wurde<br />

schrittweise nach Vorbild Italiens und Deutschlands <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e autoritäre E<strong>in</strong>parteiendiktatur umgebaut. Mit dem<br />

Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wuchs <strong>der</strong> Druck<br />

Berl<strong>in</strong>s auf die slowakische Regierung, die <strong>der</strong><br />

Wehrmacht das Land als Aufmarschgebiet gegen<br />

Polen überlassen musste.<br />

Die Slowakei sollte nach den<br />

Plänen <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Militärführung "unter Ausnutzung<br />

<strong>der</strong> wehrwirtschaftlichen<br />

Betriebe" e<strong>in</strong> Bestandteil<br />

<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrie<br />

werden. Am 24.<br />

November 1940 trat die<br />

Slowakei dem Dreimächtepakt<br />

bei und nahm mit zwei<br />

Divisionen auch am Feldzug<br />

gegen die Sowjetunion teil.<br />

Im Juni 1944 for<strong>der</strong>te Berl<strong>in</strong><br />

wegen <strong>der</strong> hohen<br />

Verluste<br />

Tiso und Tuka<br />

1944<br />

Deutsche Truppen besetzen<br />

Ungarn (19.3.);<br />

Slowakei gestattet Berl<strong>in</strong><br />

SS-Werbung (7.6.);<br />

Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Deportation ungarischer<br />

Juden (15.5.);<br />

Tiso stimmt SS-Werbeaktionen<br />

auf slowakischem Staatsgebiet zu (7.6.);<br />

Rumänien wechselt zu<br />

den Alliierten über (23.8.);<br />

Beg<strong>in</strong>n des Nationalen Aufstands<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei (29.8.);<br />

die Rote Armee besetzt<br />

den Westbanat (6.10);<br />

Putsch <strong>der</strong> Pfeilkreuzler mit Ernennung<br />

von Ferenc Szálasi zum ungarischen<br />

M<strong>in</strong>isterpräsidenten (15./16.10.);<br />

Horthy tritt zurück (16.10.);<br />

Rote Armee stößt <strong>in</strong><br />

die Ostslowakei vor (18.10.);<br />

die Rote Armee besetzt<br />

die Batschka (23.10.);<br />

Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Evakuierung von<br />

120.000 Karpaten<strong>deutschen</strong> (27.10.);<br />

Belgra<strong>der</strong> AVNOJ-Bestimmungen<br />

zur Enteignung des <strong>deutschen</strong><br />

Vermögens <strong>in</strong> Jugoslawien (21.11.);<br />

Evakuierung <strong>der</strong> Deutschen<br />

Nordsiebenbürgens (November)<br />

Zeittafel<br />

39


die Erlaubnis e<strong>in</strong>, auf slowakischem Staatsgebiet<br />

Werbung für die Waffen-SS machen zu dürfen. In <strong>der</strong><br />

Innenpolitik wurden mit <strong>der</strong> Ernennung von Vojtech<br />

Tuka (1880-1946) zum slowakischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten<br />

Vorkehrungen zur Ausmerzung <strong>der</strong> 135.000 slowakischen<br />

Juden aus dem öffentlichen Leben getroffen.<br />

Der am 10. September 1941 erlassene Judenkodex<br />

ordnete die Enteignung, Entrechtung und<br />

Deportation <strong>der</strong> slowakischen Juden <strong>in</strong> die NS-<br />

Vernichtungslager Auschwitz, Lubl<strong>in</strong> und Majdanek an,<br />

<strong>in</strong> denen 56.000 slowakische Juden den Holocaust<br />

nicht überlebten. Erst am 15. Mai 1942 wurden die<br />

Deportationen auf Initiative des slowakischen<br />

Staatspräsidenten Tiso bis zum Herbst 1944 e<strong>in</strong>gestellt.<br />

Am 29. August 1944 brach <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mittel- und<br />

Ostslowakei <strong>der</strong> slowakische Nationalaufstand los. Tiso<br />

bat Hitler um Unterstützung gegen die Aufständischen,<br />

die erst nach heftigen Kämpfen bis Ende Oktober 1944<br />

von den <strong>deutschen</strong> Truppen geschlagen werden konnten.<br />

Am 5. April 1945 wurde nach dem militärischen<br />

Vorrücken <strong>der</strong> Roten Armee im ostslowakischen<br />

Kaschau (slow. Košice) das Programm <strong>der</strong> "Regierung<br />

<strong>der</strong> nationalen Front <strong>der</strong> Tschechen und Slowaken"<br />

verkündet.<br />

12. 1. Rumänien<br />

Die deutsche Bevölkerung Rumäniens wurde - abgesehen<br />

von den im November 1944 nach Österreich evakuierten<br />

48.000 Nordsiebenbürgern - nicht vertrieben<br />

o<strong>der</strong> ausgesiedelt. 80.000 Rumäniendeutsche wurden<br />

aber zur Zwangsarbeit <strong>in</strong> die Sowjetunion deportiert,<br />

wobei 12.000 (15%) die sowjetischen Arbeitslager nicht<br />

überlebten. Von den Nordsiebenbürgern wurden im<br />

40<br />

SS-Div. Schill zur Nie<strong>der</strong>schlagung des<br />

slowakischen Aufstands<br />

12. Flucht, Vertreibung, Aussiedlung<br />

1944/45-1948<br />

Internierung von 190.000<br />

<strong>Donauschwaben</strong> <strong>in</strong> jugoslawischen<br />

Lagern mit m<strong>in</strong>destens 51.000 Opfern;<br />

Gesamtzahl <strong>der</strong> donauschwäbischen<br />

Kriegsopfer <strong>in</strong> Jugoslawien 91.000;<br />

ab Dezember 1944 Beg<strong>in</strong>n von<br />

Zwangsdeportationen von <strong>Donauschwaben</strong><br />

<strong>in</strong> die Sowjetunion<br />

Zeittafel<br />

1945<br />

Rumänisch-sowjetischer Wirtschaftsvertrag<br />

mit 80.000 <strong>deutschen</strong> Zwangsdeportierten (7.1.);<br />

Waffenstillstandsabkommen zwischen Ungarn und<br />

den Alliierten (20.1.);<br />

Verordnungen <strong>der</strong> ungarischen Nationalversammlung<br />

zur Konfiskation des Fe<strong>in</strong>dvermögens (15.3.);<br />

Enteignungsdekret Rumäniens (23.3.);<br />

Prager Aufstand mit Ausschreitungen gegen die deutsche<br />

Zivilbevölkerung (5.5.);<br />

Potsdamer Abkommen ordnet die Ausweisung <strong>der</strong> verbliebenen<br />

Deutschen aus Polen, <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />

und Ungarn nach Deutschland an (2.8.);<br />

Verordnungen <strong>der</strong> ungarischen Nationalversammlung<br />

zur Umsiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Volksgruppe (22.12.)


Sommer 1945 etwa 12.000 wie<strong>der</strong> nach Rumänien<br />

zurückgeschickt. Rumänien beteiligte sich nicht an <strong>der</strong><br />

Zwangsausweisung <strong>der</strong> Deutschen, die von den drei<br />

alliierten Siegermächten unter Artikel XIII des<br />

Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 angeordnet<br />

wurden: Die drei Regierungen haben die Frage unter<br />

allen Gesichtspunkten beraten und erkennen an, dass<br />

die Überführung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Bevölkerung o<strong>der</strong> von<br />

Bestandteilen <strong>der</strong>selben, die <strong>in</strong> Polen, <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />

und Ungarn zurückgeblieben s<strong>in</strong>d, nach<br />

Deutschland durchgeführt werden muss.<br />

Siebenbürger<br />

Trecks im Herbst 1944<br />

12. 2. Jugoslawien<br />

200.000 <strong>Donauschwaben</strong> wurden im Herbst 1944 von<br />

<strong>der</strong> Kriegsfront überrollt. Bis 6. Oktober 1944 besetzte<br />

die Rote Armee den Westbanat und bis zum 23.<br />

Oktober 1944 die gesamte Batschka. Die Erschießungs-<br />

und Säuberungsaktionen <strong>der</strong> Tito-Partisanen<br />

betrafen <strong>in</strong> den ersten Wochen vor allem wohlhabende<br />

deutsche Bürger im Alter von 16 bis 60 Jahren (NS-<br />

Funktionäre und Klassenfe<strong>in</strong>de) und for<strong>der</strong>ten ab dem<br />

Herbst 1944 (Aktion Intelligenzija) rund<br />

9.500 Todesopfer. Im W<strong>in</strong>ter 1944/45 wurden<br />

<strong>in</strong> den donauschwäbischen Siedlungsgebieten<br />

Arbeitslager und Konzentrationslager<br />

für die Zivilbevölkerung e<strong>in</strong>gerichtet,<br />

die es nach Kriegsende auch für die deutsche<br />

Volksgruppe auf slowenischem Gebiet<br />

gab. Zwischen November 1944<br />

und März 1948 kamen von den 170.000<br />

zivil<strong>in</strong>ternierten <strong>Donauschwaben</strong> m<strong>in</strong>destens<br />

51.000 durch Gewalt, Hunger o<strong>der</strong><br />

1946<br />

Verordnung des tschechoslowakischen<br />

Innenm<strong>in</strong>isteriums zur Zurückhaltung<br />

von <strong>deutschen</strong> Spezialisten und<br />

Facharbeitern (27.5.);<br />

Rumänisches Wahlgesetz schließt<br />

Deutsche aus (14.6.)<br />

1947<br />

Massenflucht von Deutschen aus<br />

den jugoslawischen Lagern über<br />

die ungarische und rumänische Grenze<br />

1948<br />

Auflösung <strong>der</strong> Lager <strong>in</strong> Jugoslawien;<br />

Volkzählung <strong>in</strong> Jugoslawien mit 55.337<br />

Deutschen (15.3.)<br />

1949<br />

Alliierte Hohe Kommission beschließt<br />

mit Prag die weitere Aussiedlung von<br />

20.000 Deutschen (26.10.);<br />

Tschechoslowakische Regierungsverordnungen<br />

zum Wie<strong>der</strong>erwerb<br />

<strong>der</strong> Staatsbürgerschaft für deutsche<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit (29.11.);<br />

Gründung des Deutschen Antifaschistischen<br />

Komitees <strong>in</strong> Rumänien;<br />

Ungarndeutsche erhalten<br />

Staatsbürgerschaft zurück<br />

1950<br />

Volkszählung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei:<br />

175.790 Deutsche<br />

1950/51<br />

Rückkehr <strong>der</strong> Rumänien<strong>deutschen</strong><br />

aus den sowjetischen Arbeitslagern<br />

1951/52<br />

40.000 Deutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />

verweigern die Annahme<br />

<strong>der</strong> tschechoslowakischen<br />

Staatsbürgerschaft<br />

Zeittafel<br />

Donauschwäbischer Treck <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Obersteiermark, Jänner 1945<br />

41


Krankheit ums Leben, darunter bis zu 6.000 K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

unter 14 Jahren. Über 12.000 Angehörige <strong>der</strong> donauschwäbischen<br />

Volksgruppe aus <strong>der</strong> Batschka und dem<br />

Banat wurden im W<strong>in</strong>ter 1944 zur Zwangsarbeit <strong>in</strong> die<br />

Sowjetunion deportiert, von denen m<strong>in</strong>destens 2.000<br />

starben.<br />

12. 3. Ungarn<br />

Bereits nach dem Vordr<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Roten Armee <strong>in</strong> den<br />

pannonischen Raum im Herbst 1944 wurde<br />

die Evakuierung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Bevölkerung<br />

angeordnet, <strong>der</strong> aber nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er<br />

Teil Folge leistete. Der Großteil <strong>der</strong><br />

Ungarn<strong>deutschen</strong> erlebte das Kriegsende<br />

im eigenen Land. Am 22. Dezember 1945<br />

verabschiedete die ungarische Nationalversammlung<br />

auf Grundlage des Potsdamer<br />

Abkommens e<strong>in</strong>e Verordnung zur<br />

Umsiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Bevölkerung<br />

nach Deutschland. Ausgenommen von dieser<br />

Verordnung blieben Personen, die älter<br />

als 65 Jahre waren, die seit 1940 e<strong>in</strong>er<br />

Gewerkschaft angehörten o<strong>der</strong> die glaubhaft<br />

nachweisen konnten, dass sie wegen ihrer nationalen<br />

Treue zum Ungarntum Verfolgungen erleiden mussten.<br />

Die Enteignung und<br />

Aussiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Bevölkerung<br />

aus Ungarn umfasste<br />

190.000 Personen.<br />

42<br />

Ungarndeutsche vor <strong>der</strong><br />

Aussiedlung 1945/46<br />

<strong>Donauschwaben</strong> auf <strong>der</strong><br />

Flucht im Spätherbst 1944<br />

1950-1959<br />

Deutsche K<strong>in</strong><strong>der</strong> durch das Rote Kreuz<br />

aus jugoslawischen K<strong>in</strong><strong>der</strong>heimen nach<br />

Österreich und Deutschland überführt<br />

Zeittafel<br />

1952<br />

Rumänische Verfassung garantiert<br />

Rechte auch für die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit (24.9.)<br />

1953<br />

Deutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei erhalten<br />

per Dekret die Staatsbürgerschaft (24.4.); 60.000<br />

Personen mit deutscher Volkszugehörigkeit <strong>in</strong><br />

Jugoslawien<br />

1954<br />

Verband <strong>der</strong> volks<strong>deutschen</strong> Landsmannschaften<br />

Österreichs (VLÖ) <strong>in</strong> L<strong>in</strong>z gegründet; Rumänien<br />

hebt diskrim<strong>in</strong>ierende Bestimmungen gegen<br />

die 385.000 Angehörigen <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit auf<br />

1956<br />

Ausbruch <strong>der</strong> Revolution <strong>in</strong> Ungarn mit<br />

sowjetischer Militär<strong>in</strong>tervention (23.10.);<br />

Rumänien gibt enteignete Häuser an die Deutschen<br />

zurück<br />

Vertreibung aus Ungarn -<br />

e<strong>in</strong> deutscher Bauer packt se<strong>in</strong>en Wagen<br />

1956-1969<br />

33.210 Deutsche<br />

aus <strong>der</strong> Tschechoslowakei <strong>in</strong> die BRD<br />

ausgereist


12. 4. Tschechoslowakei<br />

Die deutsche Bevölkerung <strong>der</strong> Ostslowakei wurde<br />

bereits seit Ende September 1944 evakuiert. Am 27.<br />

Oktober 1944 erfolgte die Anordnung zur Evakuierung<br />

<strong>der</strong> gesamten <strong>deutschen</strong> Bevölkerung aus <strong>der</strong><br />

Slowakei. Insgesamt waren 120.000 Karpatendeutsche<br />

von <strong>der</strong> Überführung <strong>in</strong> das sudetendeutsche Gebiet<br />

betroffen. Im Sommer<br />

1945 strömte e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong><br />

Karpaten<strong>deutschen</strong> wie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> ihre Heimatgebiete<br />

zurück, wurde aber<br />

vertrieben. Nach dem<br />

Prager Aufstand vom 5.<br />

Mai 1945 war <strong>in</strong> Böhmen<br />

und Mähren e<strong>in</strong>e Welle<br />

des Hasses gegen die<br />

deutsche Bevölkerung<br />

ausgebrochen, die bis<br />

Juni und Juli 1945 auch<br />

die sudeten<strong>deutschen</strong><br />

Gebiete mit voller Wucht erreichte. Nahezu 800.000<br />

Deutsche wurden zwischen Mai und Juli 1945 <strong>in</strong> wilden<br />

Vertreibungen nach Deutschland und Österreich abgeschoben.<br />

E<strong>in</strong>ige Dekrete des Präsidenten Eduard<br />

Beneš (1884-1948) bestimmten die Enteignung des privaten<br />

sowie des gesamten landwirtschaftlichen,<br />

gewerblichen und <strong>in</strong>dustriellen Besitzes bzw. die<br />

Aberkennung <strong>der</strong> tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft.<br />

Die organisierte Zwangsumsiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Bevölkerung nach Deutschland erfolgte durch<br />

das Potsdamer Abkommen und betraf etwa 2,2<br />

Millionen Sudetendeutsche.<br />

13. Die <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg<br />

Die Bilanz <strong>der</strong> Vertreibungen und Umsiedlungen <strong>der</strong><br />

Volks<strong>deutschen</strong> aus den<br />

früheren Heimatgebieten<br />

war sehr unterschiedlich.<br />

Während <strong>in</strong> Rumänien<br />

die deutsche Bevölkerung<br />

nur im Norden evakuiert<br />

worden war, verblieb<br />

<strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong><br />

<strong>deutschen</strong> Bevölkerung<br />

Deutscher Friedhof <strong>in</strong><br />

Krndija/Kerndia <strong>in</strong> Slawonien<br />

1960<br />

51.000 Personen deutscher Volkszugehörigkeit<br />

<strong>in</strong> Ungarn<br />

Zeittafel<br />

1961<br />

20.000 Personen mit deutscher Volkszugehörigkeit<br />

<strong>in</strong> Jugoslawien; 51.385 deutsche<br />

Ausreiseanträge <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />

1966<br />

Volkszählung <strong>in</strong> Rumänien mit 383.000<br />

Deutschen<br />

Volksdeutsche Vertriebene<br />

<strong>in</strong> Österreich nach 1945<br />

1968<br />

Tschechoslowakei anerkennt die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Verfassung; E<strong>in</strong>marsch <strong>der</strong> Sowjetunion <strong>in</strong> die<br />

Tschechoslowakei<br />

1969<br />

"Kulturverband tschechoslowakischer Bürger<br />

deutscher Nationalität" gegründet (14.6.)<br />

1973<br />

Aktion Greif zur Fe<strong>der</strong> <strong>in</strong> Ungarn<br />

1970-1975<br />

Weitere 8.857 Deutsche aus <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />

ausgereist<br />

1971<br />

12.300 Personen mit deutscher Volkszugehörigkeit<br />

<strong>in</strong> Jugoslawien<br />

43


mit 385.000 Personen auch nach 1945 im Land. Auch<br />

<strong>in</strong> Ungarn verblieb trotz <strong>der</strong> Bestimmungen des<br />

Potsdamer Abkommens e<strong>in</strong>e deutsche Bevölkerung<br />

von 250.000 Personen. Die Tschechoslowakei war um<br />

e<strong>in</strong>e möglichst vollständige Aussiedlung <strong>der</strong> Deutschen<br />

bemüht und hielt nur e<strong>in</strong>en Rest von 200.000<br />

Deutschen zurück, die als Facharbeiter unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Wirtschaft gebraucht wurden o<strong>der</strong> aus Mischehen<br />

abstammten. Auch <strong>in</strong> Jugoslawien reduzierte sich die<br />

deutsche Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg auf<br />

knapp 56.000 Personen, die zum großen Teil im serbischen<br />

Raum lebten. In <strong>der</strong> Ära des Kalten Krieges s<strong>in</strong>d<br />

auf Grundlage von bilateralen Verträgen mit <strong>der</strong> damaligen<br />

Bundesrepublik Deutschland (BRD) <strong>in</strong> den 1960er<br />

und 1980er Jahren weitere zehntausende Deutsche<br />

aus Rumänien, Ungarn und <strong>der</strong> Tschechoslowakei im<br />

Zuge <strong>der</strong> Familienzusammenführung ausgesiedelt worden.<br />

Mit dem Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> kommunistischen Regime <strong>in</strong><br />

Europa von 1989/90 eröffneten sich auch für die <strong>deutschen</strong><br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten <strong>in</strong> den postkommunistischen<br />

Staaten neue Möglichkeiten zur Pflege und Entfaltung<br />

<strong>der</strong> eigenen ethnischen Identität. Nach 1989 setzte<br />

allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e neue Auswan<strong>der</strong>ungswelle von<br />

Deutschen aus Ost- und Südosteuropa nach Deutschland<br />

e<strong>in</strong>, von <strong>der</strong> vor allem Rumänien betroffen war. Bei<br />

<strong>der</strong> Volkszählung von 2002 zählte die deutsche<br />

Volksgruppe <strong>in</strong> Rumänien nicht e<strong>in</strong>mal mehr 60.000<br />

Personen. Im Vergleich dazu bekannten sich <strong>in</strong> Ungarn<br />

bei <strong>der</strong> Volkszählung von 2001 über 60.000 Perso-<br />

nen zur <strong>deutschen</strong> Volksgruppe. In Tschechien s<strong>in</strong>d es<br />

h<strong>in</strong>gegen (Volkszählung 2002) nur mehr 38.321<br />

Personen. In <strong>der</strong> Slowakei leben noch (Volkszählung<br />

1991) <strong>in</strong>sgesamt 5.629 Deutsche, <strong>in</strong> Slowenien nach<br />

<strong>der</strong> Volkszählung von 1991 e<strong>in</strong> Rest von knapp 1.800<br />

Personen, <strong>in</strong> Kroatien nach amtlichen Angaben noch<br />

2.800. In Serbien-Montenegro umfasst die deutsche<br />

44<br />

Sathmarer<br />

Schwaben<br />

aus<br />

Rumänien<br />

beim<br />

Umzug<br />

2002<br />

1977<br />

Aktion Werkstattgespräche<br />

ungarndeutscher Autoren<br />

1978-1989<br />

Bonn und Bukarest vere<strong>in</strong>baren<br />

Reiseerleichterungen für<br />

die Rumänien<strong>deutschen</strong>;<br />

240.000 Rumäniendeutsche<br />

verlassen bis zur Wende 1989<br />

Rumänien und ziehen vornehmlich<br />

nach Deutschland<br />

1989<br />

Gründung des Demokratischen Forums<br />

<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Rumänien;<br />

Proklamation <strong>der</strong> Republik Ungarn (23.10.)<br />

1990<br />

Gründung des Karpaten<strong>deutschen</strong><br />

Vere<strong>in</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei (30.9.);<br />

Gründung <strong>der</strong> Friedensbrücke<br />

<strong>in</strong> Slowenien (16.12.)<br />

1990<br />

110.000 Deutsche verlassen<br />

Rumänien<br />

1991<br />

Gründung <strong>der</strong> Volks<strong>deutschen</strong> Geme<strong>in</strong>schaft-<br />

Landmannschaft <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong><br />

<strong>in</strong> Kroatien (19.12.);<br />

48.556 Deutsche <strong>in</strong> Tschechien;<br />

5.629 Deutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei;<br />

30.000 Deutsche <strong>in</strong> Ungarn<br />

1992<br />

Gründung des Gottscheer Altsiedler Vere<strong>in</strong>s<br />

<strong>in</strong> Slowenien (16.5.);<br />

Gründung <strong>der</strong> Landesversammlung<br />

<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Böhmen, Mähren<br />

und Schlesien;<br />

119.436 Deutsche <strong>in</strong> Rumänien<br />

1994<br />

Gründung des Slowenischen<br />

Gottscheer Vere<strong>in</strong>s Peter Kozler (19.9.)<br />

Zeittafel


M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit nach <strong>der</strong> letzten Volkszählung von 2002<br />

nur mehr 3.901 Personen.<br />

Donauschwäbisches Mahnmal am Friedhof <strong>in</strong><br />

Valpovo/Walpach (Kroatien)<br />

Das Europäische Parlament (EP) hat <strong>in</strong> Anlehnung an<br />

dieses Kriterienpaket <strong>in</strong> zahlreichen Resolutionen jede<br />

Form e<strong>in</strong>er ethnischen o<strong>der</strong> rassistisch motivierten<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung von sozialen Gruppen o<strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten<br />

verurteilt und zu mehr Toleranz aufgefor<strong>der</strong>t. Der<br />

europäische Integrationsprozess wird <strong>in</strong> allen Län<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> EU das Bewusstse<strong>in</strong> für die historisch gewachsene<br />

Vielfalt Europas stärken und das Verständnis für an<strong>der</strong>e<br />

europäische Identitäten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em globalen, gesamteuropäischen<br />

Kontext för<strong>der</strong>n.<br />

Zeittafel<br />

1995<br />

Wahl <strong>der</strong> Ungarn<strong>deutschen</strong> Selbstverwaltung zur politischen<br />

Vertretung <strong>der</strong> ungarn<strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit<br />

(11.3)<br />

1996<br />

Gründung des Deutschen Volksverbandes <strong>in</strong> <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Bundesrepublik Jugoslawien (14.12.)<br />

2000<br />

Gründung des Kulturvere<strong>in</strong>s <strong>der</strong> deutschsprachigen<br />

Frauen - Brücken <strong>in</strong> Slowenien (1.12.)<br />

2001<br />

Kulturabkommen zwischen Österreich und Slowenien<br />

(30.4); Bundesrepublik Jugoslawien anerkennt die<br />

deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit als autochthone Volksgruppe<br />

(29.6.); 60.000 Deutsche <strong>in</strong> Ungarn; <strong>der</strong> Europäische<br />

Rat <strong>der</strong> EU-Staats- und Regierungschefs verabschiedet<br />

im belgischen Laeken e<strong>in</strong>e Erklärung über "Die<br />

Zukunft <strong>der</strong> Europäischen Union " und vere<strong>in</strong>baren<br />

dazu die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es EU-Konvents unter <strong>der</strong><br />

Leitung des ehemaligen französischen Präsidenten<br />

Valéry Giscard d'Esta<strong>in</strong>g<br />

2002<br />

60.000 Deutsche <strong>in</strong> Rumänien; e<strong>in</strong> vom EU-Parlament<br />

beauftragtes Rechtsgutachten stellt fest, dass die<br />

Beneš-Dekrete ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis für e<strong>in</strong>en EU-Beitritt<br />

Tschechiens darstellen; Arbeitsbeg<strong>in</strong>n des EU-<br />

Konvents zu Fragen <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU<br />

nach <strong>der</strong> Erweiterung und zu Vorschlägen über e<strong>in</strong>e<br />

Verfassung für Europa (28. 2.)<br />

2003<br />

Das Europäische Parlament (EP) beschließt für den 1.<br />

Mai 2004 die Aufnahme von 10 neuen Mitglie<strong>der</strong>n <strong>in</strong><br />

die Europäische Union: Polen, Tschechien, Slowakei,<br />

Ungarn, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Malta<br />

und Zypern - am 16. April 2003 unterzeichnen dazu<br />

beim Gipfel <strong>in</strong> Athen die EU-Staats- und<br />

Regierungschefs geme<strong>in</strong>sam mit den neuen<br />

Mitglie<strong>der</strong>n die Beitrittsverträge; bis 2007 sollen dann<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zweiten EU-Erweiterungsrunde Rumänien und<br />

Bulgarien Mitglie<strong>der</strong> werden; auch Kroatien überreicht<br />

<strong>in</strong> Brüssel e<strong>in</strong>en Beitrittsantrag - im Herbst 2005<br />

sollen voraussichtlich auch die EU-Beitrittsverhandlungen<br />

mit <strong>der</strong> Türkei beg<strong>in</strong>nen; <strong>der</strong><br />

EU-Konvent stellt bei <strong>der</strong> Tagung des EU-Rates <strong>in</strong><br />

Thessaloniki den EU-Regierungs- und Staatschefs den<br />

Entwurf für e<strong>in</strong>e Verfassung für Europa vor (20.6.)<br />

2005<br />

Beitrit von 10 neuen Staaten zur EU (1.5.)<br />

45


Wichtige geografische Angaben<br />

Altofen (ung. Óbuda)<br />

Belgrad (serb. Beograd)<br />

Bessarabien (rum. Basarabia)<br />

Birthälm (rum. Biertan, ung. Berethalom)<br />

Bistritz (rum. Bistri½a, ung. Beszterce)<br />

Branau (ung. Baranya) - Komitat<br />

Broos (rum. Or–þtie, ung. Szászváros)<br />

Buchenland (rum. Bukow<strong>in</strong>a)<br />

Buchenwald (ung. Bakóny)<br />

Bukarest: (rum. Bucureþti)<br />

Burzenland (rum. Tara Bârsei, ung. Barcaság)<br />

Czernowitz (ukr. Èernivci, rum. Cern–u½i)<br />

Debrecz<strong>in</strong> (ung. Debrecen)<br />

Dilln (slow. Banská Bela, ung. Bélabánya)<br />

Draas (rum. Dr–uþeni, ung. Homoróddaróc)<br />

Eisenberg (ung. Pécsvárad)<br />

Eisenburg (ung. Vasvár)<br />

Esseg (kroat. Osijek, ung. Eszék)<br />

Fünfkirchen (ung. Pécs)<br />

Göllnitz (slow. Gelnica, ung. Gölnicbánya)<br />

Gran (ung. Esztergom)<br />

Großau (rum. Cristian, ung. Kereszténysziget)<br />

Große Kokel (rum. Târnava Mare, ung. Nagy-Küküllö) - Fluss<br />

Großpold (rum. Apoldu de Sus, ung. Nagyapold)<br />

Großschenk (rum. C<strong>in</strong>cu, ung. Nagys<strong>in</strong>k)<br />

Großwarde<strong>in</strong> (rum. Oradea, ung. Nagyvárad)<br />

Hatzfeld (rum. Jimbolia, ung. Zsombolya, serb. Èombolj)<br />

Hauerland (dt./slow.)<br />

Hermannstadt (rum. Sibiu, ung. Nagyszeben)<br />

Hornád (slow.) (dt. Kunert) - Fluss<br />

Karlowitz (serb. Sremski Karlovci, ung. Karlóca)<br />

Karlsburg (rum. Alba Iulia, ung. Gyulafehérvár<br />

Käsmark (slow. Kežmarok, ung. Késmárk)<br />

Kirchdrauf (slow. Spišské Pohradie, ung. Szépesváralja)<br />

Klausenburg (rum. Cluj, ung. Kolozsvár)<br />

Kle<strong>in</strong>e Kokel (rum. Târnava Mic–, ung. Kis-Küküllö) - Fluss<br />

Komorn (slow. Komárno, ung. Komárom)<br />

Königgrätz (tsch. Hradec Králové)<br />

Königsberg (slow. Nová Baòa, ung. Újbánya)<br />

Konstant<strong>in</strong>opel (Byzanz, türk. Istanbul)<br />

Krakau (poln. Kraków)<br />

Kremnitz (slow. Kremnica, ung. Körmöcbánya)<br />

Kronstadt (rum. Braþov, ung. Brassó)<br />

Leschkirch (rum. Nocrih, ung. Ujegyház)<br />

Libethen (slow. Lubietová, ung. Libetbánya)<br />

Mediasch (rum. Mediaþ, ung. Medgyes)<br />

Mühlbach (rum. Sebeþ, ung. Sebes)<br />

Neppendorf (rum. Turniþor, ung. Kistorony)<br />

Neusohl (slow. Banská Bystrica, ung. Besztercebánya)<br />

Oberwischau (rum. Viþeul de Sus, ung. Felsövisa)<br />

Ödenburg (ung. Sopron)<br />

Ofen (ung. Buda)


Ofner Bergland (ung. Budai Hegység)<br />

Passarowitz (serb. Požarevac)<br />

Peterwarde<strong>in</strong> (serb. Petrovarad<strong>in</strong>)<br />

Petschwar (ung. Pécsvárad)<br />

Plattensee (ung. Balaton)<br />

Poprad (slow.) (dt. Popper) - Fluss<br />

Prag (tsch. Praha)<br />

Prerau (tsch. Pøerov)<br />

Preßburg (slow. Bratislava, ung. Pozsony)<br />

Puk(k)anz (slow. Pukanec, ung. Bakabánya)<br />

Raab (ung. Györ)<br />

Reener Ländchen (rum. Depresiunea Regh<strong>in</strong>, ung. Régenimedense)<br />

Reschitz (rum. Reþi½a)<br />

Reps (rum. Rupea, ung. Kohalöm)<br />

Reußmarkt (rum. Miercurea, ung. Szerdahely)<br />

Salzste<strong>in</strong> (ung. Slankomen)<br />

Sathmar (rum. Satu Mare, ung. Szatmárnémeti)<br />

Schäßburg (rum. Sighiþoara, ung. Segesvár)<br />

Schemnitz (slow. Banská Štiavnica, ung. Selmecbánya)<br />

Schildgebirge (ung. Vértes)<br />

Schomodei (ung. Somogy) - Komitat<br />

Schwäbische Türkei (Komitate Tolnau, Branau und Schomodei)<br />

Siebenbürgen (rum. Transsylvania, ung. Erdély, Ardeal)<br />

Sille<strong>in</strong> (slow. Žil<strong>in</strong>a, ung. Zsolna)<br />

Seml<strong>in</strong> (serb. Zemun)<br />

Stuhlweißenburg (ung. Székesfehérvár)<br />

Temeschburg (rum.Timiþoara, ung.Temesvár)<br />

Thorenburg (rum. Turda, ung. Torda)<br />

Tolnau (ung. Tolna) - Komitat<br />

Tyrnau (slow.Trnava, ung. Nagyszombat)<br />

Weißenburg - heute Karlsburg<br />

Weißkirchen (serb. Bela Crkva, ung. Fehértemplom)<br />

Wesprim (ung. Veszprém)<br />

Wieselburg (ung. Mosonmagyaróvár)<br />

Zenta (serb. Senta)<br />

Zips (slow. Spiš, ung. Szepes)<br />

dt.: deutsch; kroat.: kroatisch; poln.: polnisch; rum.: rumänisch; serb.: serbisch;<br />

slow.: slowakisch; tsch.: tschechisch; türk.: türkisch; ukr.: ukra<strong>in</strong>isch; ung.:<br />

ungarisch;


Bildnachweis<br />

Die verwendete Bild-, Karten - und Fotomaterial wurden zur Verfügung gestellt o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Rechte<br />

zur Vervielfältigung erworben:<br />

Verband <strong>der</strong> volks<strong>deutschen</strong> Landsmannschaften Österreichs (VLÖ)<br />

Sudetendeutsches Dokumentationsarchiv Wien<br />

Donauschwäbische Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft (DAG)<br />

Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm<br />

Donauschwäbische Kulturstiftung<br />

Karpatendeutsche Landsmannschaft Slowakei e.V.<br />

Landsmannschaft <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen<br />

Demokratisches Forum <strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Sathmar<br />

Bildarchiv <strong>der</strong> Österreichischen Nationalbibliothek<br />

Jörg K. Hoensch, <strong>Geschichte</strong> Ungarns © 1984 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart


Literaturangabe<br />

Günter Schödl (Hg.), Land an <strong>der</strong> Donau. <strong>in</strong>: Deutsche <strong>Geschichte</strong> im Osten Europas. 1. Aufl. Berl<strong>in</strong> 1995.<br />

Annemie Schenk, Deutsche <strong>in</strong> Siebenbürgen. Ihre <strong>Geschichte</strong> und Kultur. München 1992.<br />

Konrad Gündisch, Siebenbürger und die Siebenbürger Sachsen. <strong>in</strong>: Studienbuchreihe <strong>der</strong> Stiftung<br />

Ostdeutscher Kulturrat. Bd. 8. München 1998.<br />

Erich Buch<strong>in</strong>ger, Die "Landler" <strong>in</strong> Siebenbürgen. Vorgeschichte, Durchführung und Ergebnis e<strong>in</strong>er<br />

Zwangsumsiedlung im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t. München 1980.<br />

Ingomar Senz, Die <strong>Donauschwaben</strong>. <strong>in</strong>: Studienreihe <strong>der</strong> Stiftung ostdeutscher Kulturrat. Bd. 5. München 1994.<br />

Horst Haselste<strong>in</strong>er, Die Serben und <strong>der</strong> Ausgleich. Zur politischen und staatsrechtlichen Stellung <strong>der</strong> Serben<br />

Südungarns <strong>in</strong> den Jahren 1860-1867. Wien 1976.<br />

Holger Fischer, E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e <strong>Geschichte</strong> Ungarns. 1. Aufl. Frankfurt/Ma<strong>in</strong> 1999.<br />

Dokumentation <strong>der</strong> Vertreibung <strong>der</strong> Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Die Vertreibung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />

Bevölkerung aus <strong>der</strong> Tschechoslowakei. Bd. IV/1. Hg. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Vertriebene, Flüchtl<strong>in</strong>ge und<br />

Kriegsgeschädigte. Berl<strong>in</strong> 1957.<br />

Johannes F. Müller, Ostdeutsches Schicksal am Schwarzen Meer. Donzdorf 1981.<br />

Arnold Suppan , Zwischen Adria und Karawanken. <strong>in</strong>: Deutsche <strong>Geschichte</strong> <strong>in</strong> Osten Europas. Berl<strong>in</strong> 1998.<br />

Das Schicksal <strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Ungarn. <strong>in</strong>: Dokumentation <strong>der</strong> Vertreibung <strong>der</strong> Deutschen aus Ost-<br />

Mitteleuropa. Bd. II. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Vertriebene, Flüchtl<strong>in</strong>ge und Kriegsgeschädigte. Düsseldorf 1956.<br />

Niklas Perzi, Die Beneš-Dekrete. E<strong>in</strong>e europäische Tragödie. St. Pölten 2003.<br />

Das Schicksal <strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Rumänien. <strong>in</strong>: Dokumentation <strong>der</strong> Vertreibung <strong>der</strong> Deutschen aus Ost-<br />

Mitteleuropa. Bd. III. Hg. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Vertriebene, Flüchtl<strong>in</strong>ge und Kriegsgeschädigte. Berl<strong>in</strong> 1957.<br />

Wassertheurer Peter, Die Bildungs- und Kulturarbeit <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Tschechien. <strong>in</strong>:<br />

Nationalstaat o<strong>der</strong> multikulturelle Gesellschaft? Die M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenpolitik <strong>in</strong> Mittel-. Ost- und Südosteuropa im<br />

Bereich des Bilungswe-sens 1945-2002. St. Pöltner Osteuropa Studien Bd. 1. Hg. Peter Bachmaier. St.<br />

Pölten 2003.<br />

Stefan Karner, Die deutschsprachige Volksgruppe <strong>in</strong> Slowenien. Aspekte ihrer Entwicklung 1939-1997.<br />

Klagenfurt 1998.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!