Geschichte der deutschen Volksgruppen in ... - Donauschwaben
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Ansiedlung<br />
Nationales Zusammenleben<br />
Vertreibung<br />
ertreibung<br />
Integration<br />
<strong>Geschichte</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>deutschen</strong><br />
<strong>Volksgruppen</strong><br />
olksgruppen<br />
<strong>in</strong> Südosteuropa<br />
Südosteurop<br />
Unterrichtsfassung
<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> Südosteuropa<br />
Ansiedlung, Nationales Zusammenleben, Vertreibung, Integration<br />
Reg.Nr. 84128<br />
Impressum<br />
Medien<strong>in</strong>haber: Dr. Karl Kummer Institut<br />
1010 Wien<br />
Projektleitung: MR i.R. Dr. Walter Heg<strong>in</strong>ger<br />
Wissenschaftliche Beratung: Univ. Prof. Dr. Arnold Suppan<br />
Autor: Mag. Peter Wassertheurer<br />
Grafische Gestaltung: Branko Suznjevic<br />
Lektorat: Dr. Gerhard Schiel<br />
Bestelladresse: Verband <strong>der</strong> volks<strong>deutschen</strong> Landsmannschaften<br />
Österreichs (VLÖ)<br />
Ste<strong>in</strong>gasse 25, A-1030<br />
vloe@chello.at<br />
Druck: Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur<br />
M<strong>in</strong>oritenplatz 5, 1014 Wien
E<strong>in</strong>leitung<br />
Das Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat vor Jahren<br />
damit begonnen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mehrteiligen Serie die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
<strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> Mittel- und Südosteuropa an österreichischen Schulen vorzustellen.<br />
In e<strong>in</strong>em ersten Teil entstanden die drei Filme "Südtirol - e<strong>in</strong> Modell für<br />
Europa", "Karnien, Friaul, Kärnten" und "Štajerska - die an<strong>der</strong>e Steiermark." Der<br />
zweite Teil <strong>der</strong> Serie widmete sich unter dem Titel "Sudetendeutsche und<br />
Tschechen" <strong>der</strong> österreichisch-deutsch-tschechischen <strong>Geschichte</strong> <strong>in</strong> den böhmischen<br />
Län<strong>der</strong>n. Im jetzt vorliegenden dritten und letzten Teil beschäftigt sich<br />
die Serie mit <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Siedlungsgeschichte <strong>in</strong> Südosteuropa: "<strong>Geschichte</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> Südosteuropa" behandelt die wichtigsten historischen<br />
Entwicklungen <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen, <strong>der</strong> Landler, <strong>der</strong><br />
Bukow<strong>in</strong>a<strong>deutschen</strong>, <strong>der</strong> Dobrudscha- und Bessarabien<strong>deutschen</strong> <strong>in</strong> Rumänien,<br />
<strong>der</strong> Karpaten<strong>deutschen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei und <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong>, <strong>der</strong>en<br />
Siedlungsgebiet nach dem Ersten Weltkrieg zwischen Ungarn, Jugoslawien und<br />
Rumänien zur Aufteilung kam. Das für die "<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
<strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> Südosteuropa" hergestellte Begleitmaterial ist e<strong>in</strong>e schriftliche<br />
Ergänzung zum Film und versucht, den europäischen Südosten als multiethnischen<br />
Kulturraum zu präsentieren, <strong>in</strong> dem seit dem Mittelalter zahlreiche Völker<br />
neben- und mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> siedelten. Die <strong>Geschichte</strong> Südosteuropas war von zahlreichen<br />
Berührungspunkten zwischen slawischen, romanischen, germanischen<br />
und sogar außereuropäischen Sprachen, Kulturen, Religionen und Nationen<br />
gekennzeichnet, aber ebenso von imperialen Kriegen und nationalen Konflikten.<br />
Dieses Begleitheft möchte den SchülerInnen am Beispiel <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
<strong>Volksgruppen</strong> die soziale und geistige Entwicklung Südosteuropas, die<br />
Ursachen für nationale Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen und das gewaltsame Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>brechen<br />
historisch gewachsener Gesellschaften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em multiethnischen<br />
Umfeld aufzeigen.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> nach Österreich evakuierten,<br />
geflüchteten o<strong>der</strong> vertriebenen "Volks<strong>deutschen</strong>" nach Deutschland "repatriiert"<br />
(wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>gebürgert). Nur 170.000 Personen konnten <strong>in</strong> Österreich bleiben<br />
und wurde mit <strong>der</strong> Verleihung <strong>der</strong> Staatsbürgerschaft von 1954<br />
(Optionsgesetz) endgültig <strong>in</strong> die österreichische Nachkriegsgesellschaft <strong>in</strong>tegriert.<br />
Der Begriff "Volksdeutsche" (<strong>in</strong> <strong>der</strong> englischsprachigen Literatur existiert<br />
die Lehnübersetzung ethnic Germans) entstammte dem NS-Jargon und wurde<br />
nach 1945 <strong>in</strong> Österreich weiter verwendet, um sie von Reichs<strong>deutschen</strong><br />
(Wehrmachtsangehörige, reichsdeutsche Beamte) und fremdsprachigen<br />
"Displaced Persons" (NS-Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, KZ-Inhaftierte)<br />
unterscheiden zu können. Im vorliegenden Unterrichtsbehelf wird das<br />
Begriffspaar "volksdeutsch, Volksdeutsche" ausschließlich für die<br />
Zwischenkriegszeit und für den Zweiten Weltkrieg und se<strong>in</strong>e Folgen verwendet,<br />
um den ideologischen Annäherungsprozess <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong>führung<br />
ab den 1930er Jahren und die NS-Gleichschaltungspolitik mittels <strong>der</strong><br />
Volks<strong>deutschen</strong> Mittelstelle (VOMI) zu unterstreichen. Beide Begriffe hatten<br />
aber nie wirklich im Sprachgebrauch <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> E<strong>in</strong>gang<br />
gefunden. Dort spricht man bis heute von den Schwaben, Sachsen, Landlern<br />
o<strong>der</strong> Karpaten<strong>deutschen</strong>.<br />
Univ. Prof. Dr. Arnold Suppan, Universität Wien<br />
Wissenschaftlicher Betreuer
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Herrschaft und Christianisierung <strong>der</strong> Magyaren <strong>in</strong> Pannonien S.1<br />
1.1. Die Pannonische Mark und die Magyaren S.1<br />
1.2. Christianisierung und <strong>der</strong> Erhalt <strong>der</strong> Königswürde S. 2<br />
2. Deutsche Siedler im Königreich Ungarn S. 2<br />
2.1. Privilegien und deutsches Stadtrecht S. 3<br />
2.2. Sächsische Nationsuniversität und das Eigen-Landrecht S. 4<br />
3. Reformation und Toleranz S. 5<br />
3.1. Luthertum und Johannes Honter S. 5<br />
3.2. Glaubensbekenntnisse und Toleranz S. 6<br />
3.3. Die Reformation im Karpatenraum S. 6<br />
4. Die osmanische Herrschaft S. 6<br />
4.1. Das ungarische Erbe S. 6<br />
4.2. Die Ungarn-Politik Ferd<strong>in</strong>ands S. 7<br />
4.3. Die politische Machtteilung im Königreich Ungarn S. 8<br />
5. Habsburgs Aufstieg zur Großmacht S. 8<br />
5.1. Die osmanische Belagerung Wiens 1683 und Eroberung Ungarns S. 8<br />
5.2. Der Ausgriff nach Südosteuropa S. 9<br />
6. Die Neubesiedlung des Königreichs Ungarn S. 9<br />
6.1. Die Privatkolonisation S. 11<br />
6.2. Die staatliche Kolonisation S. 12<br />
6.3. Die <strong>Donauschwaben</strong> S. 15<br />
6.4. Siebenbürgen nach <strong>der</strong> osmanischen Herrschaft S. 15<br />
6.5. Die Bukow<strong>in</strong>a und die Dobrudscha S. 16<br />
7. Aufgeklärter Absolutismus und Nationalismus S. 18<br />
7.1. Nationale Emanzipation und Magyarisierung S. 18<br />
7.2. Die <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> und die Magyarisierung S. 18<br />
8. Revolutionsjahr 1848/49 und Ausgleich mit Ungarn 1867 S. 20<br />
8.1. Das Revolutionsjahr im Königreich Ungarn S. 20<br />
8.2. Ausgleich mit Ungarn und die <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> S. 20<br />
9. Der Erste Weltkrieg und die Nachkriegsordnung S. 24<br />
9.1. Der Kriegsausbruch 1914 S. 24<br />
9.2. Trianon 1920 S. 26<br />
10. Die <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit S. 27<br />
10.1. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Jugoslawien S. 28<br />
10.2. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Rumänien S. 29<br />
10.3. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Ungarn S. 30<br />
10.4. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit im slowakischen Teil <strong>der</strong> Tschechoslowakei S. 31<br />
11. Der Zweite Weltkrieg und die Folgen S. 32<br />
11.1. Die Rumänien-Deutschen im Zweiten Weltkrieg S. 33<br />
11.2. Die Jugoslawien-Deutschen im Zweiten Weltkrieg S. 34<br />
11.3. Die Ungarn-Deutschen im Zweiten Weltkrieg S. 37<br />
11.4. Die Karpaten-Deutschen im Zweiten Weltkrieg S. 39
12. Flucht, Vertreibung, Aussiedlung S. 40<br />
12.1. Rumänien S. 40<br />
12.2. Jugoslawien S. 41<br />
12.3. Ungarn S. 42<br />
12.4. Tschechoslowakei S. 43<br />
13. Die <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten nach dem Zweiten Weltkrieg S. 43<br />
Anhang<br />
Ortsangaben
1. Herrschaft und Christianisierung<br />
<strong>der</strong> Magyaren <strong>in</strong> Pannonien<br />
1.1. Die Pannonische Mark und die Magyaren<br />
Karl <strong>der</strong> Große (742-814)<br />
796 schlug Karl <strong>der</strong> Große (742-814)<br />
die Awaren und glie<strong>der</strong>te den westpannonischen<br />
Raum <strong>in</strong> das Karol<strong>in</strong>gische<br />
Imperium e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> als Grenzmark<br />
(Pannonische Mark) organisiert und<br />
verwaltet wurde. Bereits zur Mitte des<br />
9. Jahrhun<strong>der</strong>ts hatten sich deutsche<br />
Siedler um den Plattensee (ung.<br />
Balaton) und um die Gegend<br />
von Fünfkirchen (ung. Pécs)<br />
nie<strong>der</strong>gelassen. Im Jahr 895<br />
drangen die Magyaren <strong>in</strong> den<br />
pannonischen Raum e<strong>in</strong> und<br />
konnten erst 955 am Lechfeld bei Augsburg durch<br />
Otto den Großen (912-973) besiegt werden. Die Magyaren<br />
zogen sich daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong> den zentralpannonischen<br />
Raum zurück und sicherten sich dort unter dem<br />
Geschlecht <strong>der</strong> Árpáden die Vorherrschaft.<br />
Die Magyarenzüge<br />
Zeittafel<br />
2. Hälfte 6. Jhd.<br />
Slawische Landnahme im Donauraum und am Balkan<br />
768-814<br />
Herrschaft Karl des Großen, <strong>der</strong> 800 vom Papst<br />
die Kaiserkrone erhält<br />
796<br />
Karl <strong>der</strong> Große schlägt die Awaren und errichtet das<br />
Bayrische Ostland zur Sicherung <strong>der</strong> Ostgrenze an<br />
<strong>der</strong> mittleren Donau und Save<br />
830-900<br />
Großmährisches Reich unter den slawischen Fürsten<br />
Mojmir, Rastislav und Svatopluk (Zwentibald);<br />
<strong>in</strong> Böhmen setzen sich unter den westslawischen<br />
Stämmen die Pøemysliden als Herrschergeschlecht<br />
durch<br />
860<br />
Urkundliche Erwähnung von 35 bayrischen Siedlungen<br />
im Gebiet um den Plattensee und Fünfkirchen<br />
(ung. Pécs)<br />
895-906<br />
E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Magyaren <strong>in</strong> den pannonischen<br />
Raum (Landnahme) und Vorstöße nach Mittel-<br />
und Westeuropa<br />
1
1.2. Christianisierung und Erhalt <strong>der</strong> Königswürde<br />
2<br />
Fürst Géza (971-997) rief am<br />
Ende des 10. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
hospites (Gäste) aus dem<br />
Westen Europas <strong>in</strong>s Land. Es<br />
folgte die Christianisierung<br />
<strong>der</strong> Magyaren durch deutsche<br />
Missionare aus dem<br />
Bistum Passau. Fürst Géza<br />
ließ se<strong>in</strong>en Sohn Wajk auf<br />
den Namen Stephan (969-<br />
1038) taufen. Stephan för<strong>der</strong>te<br />
die christliche Mission und<br />
erhielt im Jahr 1000 vom<br />
Papst die Königswürde.<br />
Unter König Stephan I. wurden<br />
weitere Siedler aus dem<br />
Ausland angeworben.<br />
Stephanskrone<br />
2. Deutsche Siedler im Königreich Ungarn<br />
Mittelalterliche deutsche Siedlungen <strong>in</strong> Südosteuropa<br />
Zeittafel<br />
906<br />
Zerstörung des Großmährischen Reiches durch die<br />
Magyaren<br />
907<br />
Nie<strong>der</strong>lage des bayrischen Heerbanners unter Luitpold<br />
gegen die Magyaren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Preßburg<br />
(slow. Bratislava, ung. Pozsony)<br />
955<br />
Kg. Otto <strong>der</strong> Große (962 Kaiser) besiegt die Magyaren<br />
am Lechfeld bei Augsburg; Rückzug <strong>der</strong> Magyaren <strong>in</strong><br />
den pannonischen Raum mit Festigung <strong>der</strong> Herrschaft<br />
durch das Geschlecht <strong>der</strong> Árpáden; Ansiedlung von<br />
Hilfsvölkern zum Schutz <strong>der</strong> Grenzen<br />
971-997<br />
Ung. Fürst Géza leitet die Christianisierung e<strong>in</strong> und<br />
holt dafür deutsche “hospites” (Gäste) <strong>in</strong>s Land<br />
996-997<br />
Gézas Sohn István (Stephan) heiratet die Schwester<br />
Kaiser He<strong>in</strong>richs II. und erhält im Jahre 1000 vom<br />
Papst e<strong>in</strong>e Königskrone<br />
1000<br />
Gründung des Erzbistums Gran (ung. Esztergom) und<br />
Christianisierung Ungarns
2.1. Privilegien und deutsches Stadtrecht<br />
Géza II. (1141-1162) siedelte im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t auf<br />
dem Königsboden (lat. fundus regius) deutsche Siedler<br />
aus dem fränkisch-luxemburgischen und flämischen<br />
Raum an. Sie wurden als Sachsen bezeichnet und <strong>in</strong><br />
Siebenbürgen (lat. Ultrasylvas) und im Karpathenraum<br />
(Zips, Hauerland) angesiedelt, weshalb man sie als<br />
Siebenbürger Sachsen und Zipser Sachsen bezeichnete.<br />
Die Sachsen erhielten auf dem<br />
Königsboden Privilegien zugesprochen.<br />
Dazu zählten die freie Wahl<br />
<strong>der</strong> Richter, steuerliche Begünstigungen<br />
und das Recht zur alle<strong>in</strong>igen<br />
Besiedelung (lat. unus sit populus)<br />
ihres Gebiets. 1224 bestätigte<br />
König Andreas II. im sogenannten<br />
Andreanum (Andreanischer Freibrief)<br />
den <strong>deutschen</strong> Siedlern ihre<br />
Privilegien. Später wurden die<br />
Privilegien auf die an<strong>der</strong>en <strong>deutschen</strong><br />
Siedlungsgebiete <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />
ausgeweitet. Die <strong>deutschen</strong> Siedler<br />
Stolzenburg-<br />
Brautpaar<br />
waren aber dem König gegenüber zu Abgaben und<br />
militärischem Beistand verpflichtet.<br />
Zeittafel<br />
1102<br />
Kroatien und Dalmatien mit Ungarn vere<strong>in</strong>t (pacta conventa)<br />
1141-1162<br />
Kg. Géza II. siedelt deutsche Bauern und Handwerker<br />
auf dem Königsboden (fundus regius) <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />
an und stattet sie mit Privilegien aus; die <strong>deutschen</strong><br />
Siedler kommen aus dem fränkisch-luxemburgischen<br />
Raum; deutsche Siedler und Bergleute werden auch<br />
aus dem bayrisch-österreichischen und schlesischen<br />
Raum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zips (Zipser Sachsen) zum Schutz <strong>der</strong><br />
Grenzen angesiedelt; im oberungarischen Gebiet entstehen<br />
deutsche Bergwerkssiedlungen<br />
1186<br />
Erste urkundliche Erwähnung<br />
von <strong>deutschen</strong> Siedlern<br />
(Sachsen) <strong>in</strong> Siebenbürgen;<br />
Ausbreitung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Siedler im gesamten siebenbürgischen<br />
Raum bis <strong>in</strong>s 14.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
1211-1225<br />
Kg. Andreas II. siedelt den<br />
Deutschen Ritterorden zum<br />
Grenzschutz im siebenbürgischen<br />
Burzenland an; <strong>der</strong><br />
Deutsche Ritterorden errichtet<br />
Festungsanlagen und holt dafür<br />
deutsche Siedler <strong>in</strong>s Burzenland;<br />
<strong>der</strong> Deutsche Ritterorden<br />
muss das Land 1225 wie<strong>der</strong><br />
verlassen, die <strong>deutschen</strong><br />
Siedlungen bleiben<br />
1222<br />
"Goldene Bulle" Kg. Andreas II.<br />
mit Schwächung <strong>der</strong> Zentral-<br />
gewalt<br />
1224<br />
König Andreas II. bestätigt im<br />
"Andreanischen Freibrief"<br />
(Andreanum) die Privilegien für<br />
die <strong>deutschen</strong> Siedler auf dem<br />
Königsboden<br />
1241<br />
Die Mongolen dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> den pannonischen Raum e<strong>in</strong>,<br />
besiegen Kg. Béla IV. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Mohi und<br />
verwüsten das Land<br />
1271<br />
Die Zipser Sachsen erhalten unter Kg. Stephan IV. die-<br />
selben Privilegien wie die Siebenbürger Sachsen;<br />
Ausbreitung <strong>der</strong> Zipser Sachsen im oberungarischen<br />
Raum im 13. und 14. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
1301<br />
Mit dem Tod des Kg. Andreas III. Aussterben <strong>der</strong> Árpáden;<br />
Beg<strong>in</strong>n kriegerischer Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen um<br />
die Stephanskrone zwischen Wittelsbachern, Pøemysliden<br />
und dem Geschlecht <strong>der</strong> Anjou<br />
1308-1313<br />
Der Luxemburger He<strong>in</strong>rich VII. wird römisch-deutscher<br />
König und erwirbt auch die böhmische Königskrone<br />
1308-1342<br />
Karl I. Robert von Anjou ungarischer König; Festigung<br />
<strong>der</strong> Zentralgewalt<br />
3
Im 13. und 14. Jahrhun<strong>der</strong>t verbreiteten<br />
sich die deutsche Rechtsordnung<br />
und deutsche Wirtschaftspraktiken <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Landwirtschaft und im Bergbau.<br />
Durch die Urbanisierung im 14.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t kam das Magdeburger<br />
Stadtrecht <strong>in</strong> den <strong>deutschen</strong> Siedlungsgebieten<br />
<strong>in</strong> Schlesien sowie im<br />
böhmisch-mährischen und pannonischen<br />
Raum zur Anwendung. In den<br />
sächsischen Dörfern <strong>der</strong> Zips und<br />
Siebenbürgens galt das Sachsenrecht.<br />
2.2. Sächsische Nationsuniversität und das<br />
Eigen-Landrecht<br />
Szekler Ehepaar<br />
4<br />
Schemnitz<br />
Die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Siebenbürger<br />
Sachsen bestand seit dem 15.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> natio saxonica,<br />
<strong>der</strong>en oberste Vertretungs<strong>in</strong>stanz<br />
die Sächsische Nationsuniversität<br />
(lat. Universitas<br />
Saxonum) war. Die Vertreter <strong>der</strong><br />
Nationsuniversität gehörten<br />
ebenso dem Landtag an wie die<br />
Szekler (Grenzbauernvolk im<br />
Osten des Königsbodens) und<br />
<strong>der</strong> magyarische Adel. Seit<br />
1477 stand ihr e<strong>in</strong> gewählter<br />
Sachsengraf (lat. Comes<br />
Saxonum) vor. 1486 übertrug <strong>der</strong><br />
1486<br />
Kg. Matthias Corv<strong>in</strong>us überträgt die<br />
Privilegien auf alle sächsischen<br />
Siedlungen <strong>in</strong><br />
Siebenbürgen<br />
1490-1516<br />
Wladislaw II. aus dem<br />
polnischen Haus <strong>der</strong><br />
Jagiellonen König von Böhmen<br />
und Ungarn<br />
Zeittafel<br />
1335<br />
Kongress <strong>in</strong> Visegrád mit<br />
ungarischer, polnischer und<br />
böhmischer Beteiligung<br />
1366<br />
Ausweitung <strong>der</strong> Privilegien<br />
des Andreanums auf das<br />
Nösnerland <strong>in</strong> Nordsiebenbürgen<br />
unter Kg. Ludwig<br />
dem Großen<br />
1387-1437<br />
Sigismund von Luxemburg<br />
ungarischer König<br />
1437<br />
Unionsbildung <strong>der</strong> ständischen Vertreter <strong>der</strong> Siebenbürger<br />
Sachsen, Szekler und des ungarischen Adels<br />
zur Stärkung <strong>der</strong> eigenen Interessen; die Sächsische<br />
Nationsuniversität ist<br />
die höchste politische<br />
Vertretungs<strong>in</strong>stanz<br />
<strong>der</strong> Siebenbürger<br />
Sachsen (natio saxonica)<br />
1453<br />
Osmanische Eroberung<br />
Konstant<strong>in</strong>opels<br />
1456<br />
Reichsverweser János<br />
Hunyádi verteidigt<br />
Belgrad gegen die<br />
Osmanen<br />
1458-1490<br />
Kg. Matthias Corv<strong>in</strong>us<br />
mo<strong>der</strong>nisiert Ungarn<br />
und besetzt Mähren,<br />
Schlesien und Wien<br />
1477<br />
Erstmalige Wahl e<strong>in</strong>es<br />
Sachsengrafen (lat.<br />
Comes Saxonum) zum<br />
obersten Vertreter <strong>der</strong><br />
Sächsischen Nationsuniversität
ungarische König Matthias Corv<strong>in</strong>us (1458-1490) die<br />
Privilegien auf alle Siedlungen <strong>der</strong> Siebenbürger<br />
Sachsen. Damit war <strong>in</strong> Siebenbürgen e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitlicher<br />
Rechtsraum entstanden, <strong>der</strong> wesentlich zur Bildung<br />
e<strong>in</strong>er siebenbürgisch-sächsischen Identität beitrug.<br />
1583 wurde unter dem Sachsengrafen Stefan Báthory<br />
(1571-1583) das gesprochene Gewohnheitsrecht <strong>der</strong><br />
Siebenbürger Sachsen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Eigen-Landrecht<br />
nie<strong>der</strong>geschrieben, das allen Mitglie<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Nationsuniversität die gleichen Rechte garantierte.<br />
3. Reformation und Toleranz<br />
3.1. Luthertum und Johannes Honter<br />
Johannes Honter<br />
(1498-1549)<br />
Die Lehre Mart<strong>in</strong> Luthers<br />
(1483-1546) wurde von<br />
Kaufleuten und Studenten<br />
nach Siebenbürgen gebracht.<br />
Bereits im Herbst<br />
1542 wurde <strong>in</strong> Kronstadt<br />
(rum. Braþov, ung. Brassó)<br />
die katholische Liturgie<br />
unter Johannes Honter<br />
(1498-1549), dem protestantischen<br />
Reformator <strong>der</strong><br />
Siebenbürger Sachsen, reformiert.<br />
1544 traten die<br />
Siebenbürger Sachsen geschlossen<br />
zum protestan-<br />
tischen Glauben Augsburger Bekenntnisses (Evangelisch<br />
AB) über. 1550 wurde die neue Kirchenordnung<br />
aller Deutschen <strong>in</strong> Sybembürgen e<strong>in</strong>geführt und durch<br />
die Sächsische Nationsuniversität zum Gesetz erhoben.<br />
Der Sitz <strong>der</strong> evangelischen Bischöfe war von 1572<br />
bis 1867 Birthälm (rum. Biertan, ung. Berethalom).<br />
Honter reformierte auch<br />
das sächsische Schulsystem<br />
nach humanistischen<br />
Idealen. In<br />
Kronstadt (rum. Braþov,<br />
ung. Brassó) wurden<br />
das erste humanistische<br />
Gymnasium auf<br />
südosteuropäischem<br />
Boden e<strong>in</strong>gerichtet. Der<br />
Protestantismus entwickelte<br />
sich zu e<strong>in</strong>er<br />
wichtigen Identitätssäule<br />
<strong>der</strong> Siebenbürger<br />
Sachsen.<br />
Birthälm als evangelische Bischofsstadt (1572-1867)<br />
1517<br />
Mart<strong>in</strong> Luthers Thesenanschlag<br />
<strong>in</strong> Wittenberg gegen die Zustände<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> katholischen Kirche<br />
lösen im deutschsprachigen Raum<br />
die Reformation aus<br />
1521<br />
Unter Sultan Süleyman I. erobern<br />
die Osmanen Belgrad (serb. Beograd)<br />
und dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> den südpannonischen<br />
Raum vor<br />
Zeittafel<br />
1498<br />
Geburt des sächsischen Reformators Johannes<br />
Honter(-us) <strong>in</strong> Kronstadt (rum. Braþov, ung. Brassó);<br />
unter Honter(-us) erfolgen wichtige Reformen im sächsischen<br />
Schulsystem<br />
1515<br />
Kaiser Maximilian I. verheiratet se<strong>in</strong>e beiden<br />
Enkelk<strong>in</strong><strong>der</strong> Ferd<strong>in</strong>and und Anna mit den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
König Wladislaws II. von Ungarn und Böhmen Lajos<br />
(Ludwig) und Maria; wechselseitiges Erbrecht<br />
5
3.2. Glaubensbekenntnisse und Toleranz<br />
Die kirchlichen Erneuerungsbewegungen beschränkten<br />
sich nicht nur auf die Siebenbürger Sachsen, son<strong>der</strong>n<br />
erfassten auch die magyarische Bevölkerung, die<br />
1564 teilweise zum calv<strong>in</strong>ischen Bekenntnis (Jean<br />
Calv<strong>in</strong> 1509-1564) übertrat. In Klausenburg (rum. Cluj,<br />
ung. Kolozsvár) entwickelte sich das geistige Zentrum<br />
<strong>der</strong> Unitarier (Anti-Tr<strong>in</strong>itarier), die vor allem bei den<br />
Szeklern im Osten Siebenbürgens und bei den<br />
Rumänen zahlreiche Anhänger gew<strong>in</strong>nen konnten.<br />
1557 beschloss <strong>der</strong> Siebenbürgische Landtag zu<br />
Thorenburg (rum. Turda, ung. Torda) die Duldung aller<br />
christlichen Konfessionen. 1568 war <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />
die religiöse Toleranz sogar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen Gesetz<br />
verankert worden.<br />
3.3. Die Reformation im Karpatenraum<br />
Auch im oberungarischen Karpatenraum verbreitete<br />
sich <strong>in</strong> den <strong>deutschen</strong> Bergstädten wie Kremnitz (slow.<br />
Kremnica; ung. Körmöcbánya), Schemnitz (slow.<br />
Banská Štiavnica, ung. Selmecbánya), Neusohl (slow.<br />
Banská Bystrica, ung. Besztercebánya),<br />
Libethen (slow. Lubietová, ung.<br />
Libetbánya), Puk(k)anz (slow. Pukanec,<br />
ung. Bakabánya), Königsberg (slow.<br />
Nová Baòa, ung. Újbánya) und Dilln<br />
(slow. Banská Bela, ung. Belabánya)<br />
die Reformation, was schließlich 1614<br />
zur E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> evangelischen<br />
Kirchenordnung nach Augsburger<br />
Bekenntnis führte. Der geistige Träger<br />
<strong>der</strong> Reformation <strong>in</strong> Oberungarn war<br />
Leonhard Stöckel (1510-1560), <strong>der</strong> dort<br />
auch das Schulwesen reformierte.<br />
6<br />
Evangelische (vorne) und katholische Kirche<br />
<strong>in</strong> Leutschau <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zips<br />
4. Die osmanische Herrschaft<br />
4.1. Das ungarische Erbe<br />
1521 eroberte Sultan Süleyman I. (1520-1566) Belgrad<br />
(serb. Beograd) und stand 1526 mit 100.000 Mann vor<br />
den Grenzen des Königreichs Ungarn. König Ludwig II.<br />
von Ungarn (1516-1526) unterlag <strong>der</strong> osmanischen<br />
Übermacht bei Mohács 1526 und ertrank auf <strong>der</strong><br />
Flucht. Damit endete die Herrschaft <strong>der</strong> polnischen<br />
1523<br />
Ungarischer Landtag beschließt<br />
Bestimmungen gegen Lutheraner<br />
<strong>in</strong> Budapest<br />
1524-1525<br />
Bauernaufstände im süd-<br />
und west<strong>deutschen</strong><br />
Raum<br />
Zeittafel<br />
1526<br />
König Ludwig II. von Ungarn<br />
verliert <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Mohács gegen<br />
Sultan Süleyman I. und kommt dabei ums Leben;<br />
Verlegung des ungarischen Landtages<br />
von Budapest nach Preßburg
Jagiellonen <strong>in</strong> Ungarn. In den Folgejahren entbrannte<br />
e<strong>in</strong> Kampf um das Erbe <strong>der</strong> Stephanskrone. Ungarn<br />
war zu diesem Zeitpunkt e<strong>in</strong>e Wahlmonarchie. Der<br />
Habsburger Ferd<strong>in</strong>and I. (1503-1564) pochte zwar auf<br />
die ungarische Erbfolge, 1526 war jedoch Johann<br />
Szapolyai (1510-1526) von e<strong>in</strong>er Adelspartei aus<br />
Ungarn, Siebenbürgen und Slawonien zum Nachfolger<br />
von Ludwig II. gewählt worden. Ferd<strong>in</strong>and I. ließ sich<br />
ebenfalls 1526 <strong>in</strong> Preßburg (slowa. Bratislava) zum<br />
ungarischen Gegenkönig wählen und griff Johann<br />
Szapolyai an, <strong>der</strong> trotz osmanischer Waffenhilfe<br />
geschlagen nach Polen flüchten<br />
musste. Ferd<strong>in</strong>and I. wurde<br />
1527 <strong>in</strong> Stuhlweißenburg (ung.<br />
Székesfehérvár) trotz <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>wände Süleymans zum<br />
ungarischen König gekrönt.<br />
1529 stand Süleyman mit<br />
Unterstützung Frankreichs vor<br />
den Toren Wiens. Noch ehe<br />
das osmanische Heer Ende<br />
September 1529 e<strong>in</strong>en<br />
Belagerungsr<strong>in</strong>g um die Stadt<br />
aufbauen konnte, war es<br />
gelungen, 18.000 Soldaten<br />
unter <strong>der</strong> Führung von Graf<br />
Niklas Salm (1459-1530) <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Stadt zu positionieren. Obwohl<br />
die Osmanen mit M<strong>in</strong>ensprengungen<br />
den Abwehrr<strong>in</strong>g<br />
zu durchbrechen versuchten,<br />
hielt Wien allen Sturmläufen<br />
stand. Am 14. Oktober 1529<br />
traten die Osmanen schließlich nach erfolgloser<br />
Belagerung und wegen <strong>der</strong> schlechten<br />
Witterung den Rückzug an.<br />
4.2. Die Ungarn-Politik Ferd<strong>in</strong>ands<br />
Belagerung Wien<br />
1529<br />
Ferd<strong>in</strong>and I. nutzte diese Schwäche <strong>der</strong> Osmanen und<br />
stieß bis Ungarn nach, wo er Raab (ung. Györ),<br />
Komorn (slow. Komárno, ung. Komárom) und Gran<br />
(ung. Esztergom) eroberte und erst vor <strong>der</strong> slawonischen<br />
Stadt Esseg (kroat. Osijek) von den Osmanen<br />
aufgehalten werden konnte. Ferd<strong>in</strong>and I. schloss 1538<br />
mit Johann Szapolyai den Frieden von Großwarde<strong>in</strong><br />
(rum. Oradea, ung. Nagyvárad), <strong>in</strong> dem festgelegt<br />
wurde, dass <strong>der</strong> Habsburger nach dem Tod von<br />
Szapolyai König von Ungarn se<strong>in</strong> sollte. Nach dem Tod<br />
Szapolyais kam es aber zu weiteren Kämpfen um die<br />
ungarische Krone, die Ferd<strong>in</strong>and I. erst nach verlustreichen<br />
Kämpfen gegen die Osmanen 1547 durch e<strong>in</strong>e<br />
jährliche Tributzahlung von 30.000 Dukaten an den<br />
Sultan zuerkannt erhielt.<br />
Zeittafel<br />
1526-1540<br />
Kampf um die Stephanskrone zwischen Ferd<strong>in</strong>and von<br />
Habsburg und dem siebenbürgischen Fürsten János<br />
Szapolyai<br />
1527<br />
Der Habsburger Ferd<strong>in</strong>and I. wird <strong>in</strong> Stuhlweißenburg<br />
(ung. Székesfehérvár) zum ungarischen König gekrönt<br />
1529<br />
Erfolglose Belagerung Wiens durch die Osmanen;<br />
danach Vorstoß Ferd<strong>in</strong>ands I. bis Ungarn<br />
1532<br />
Erfolglose osmanische Belagerung von Güns (ung.<br />
Köszeg)<br />
1522-1630<br />
Ausbau e<strong>in</strong>er habsburgischen<br />
Militärgrenze <strong>in</strong> Kroatien und Westungarn<br />
1537<br />
Nie<strong>der</strong>lage Ferd<strong>in</strong>ands I. bei Esseg<br />
(kroat. Osijek) gegen die Osmanen<br />
1540<br />
Tod von János Szapolyai<br />
1541<br />
Sultan Süleyman richtet im zentralungarischen<br />
Raum das Paschalyk Buda e<strong>in</strong>;<br />
damit Dreiteilung des ungarischen<br />
Königreichs vollzogen: nur <strong>der</strong> Norden<br />
und Westen bleiben habsburgisch<br />
1544<br />
Die Siebenbürger Sachsen treten unter<br />
Johannes Honter(-us) geschlossen zum<br />
Evangelischen Glauben Augsburger<br />
Bekenntnisses (AB) über<br />
1550<br />
E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> sächsischen<br />
Kirchenordnung<br />
1557/1568<br />
Siebenbürgischer Landtag beschließt die<br />
Duldung aller christlichen Lehren und verabschiedet<br />
<strong>in</strong> Thorenburg (rum. Turda)<br />
e<strong>in</strong> Gesetz zur religiösen Toleranz<br />
1559<br />
Oberungarische Bergstädte treten zum lutherischen<br />
Bekenntnis über<br />
1563<br />
Maximillian II. (1564 Kaiser) erhält die ungarische<br />
Stephanskrone<br />
1564<br />
Tod des Reformators Jean Calv<strong>in</strong>; zunehmende<br />
Ausbreitung des Calv<strong>in</strong>ismus im Königreich Ungarn<br />
1566<br />
Gründung e<strong>in</strong>es Jesuitensem<strong>in</strong>ars und<br />
Gegenreformation <strong>in</strong> Oberungarn; Tod Sultan<br />
Süleymans bei Szigetvár (rum. Sigeth)<br />
1568<br />
Glaubensfreiheit <strong>in</strong> Siebenbürgen gesetzlich verankert:<br />
gilt für Katholizismus, Luthertum, Calv<strong>in</strong>ismus,<br />
Unitarismus; die Orthodoxie wird toleriert<br />
1571-1598<br />
Siebenbürgen unter <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> Báthorys<br />
1572<br />
Rudolf II. (1576 Kaiser) erhält die Stephanskrone<br />
7
4.3. Die politische Machtteilung im Königreich<br />
Ungarn<br />
Die Stabilisierung <strong>der</strong> osmanischen Herrschaft bedeutete<br />
für den pannonischen Raum im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
e<strong>in</strong>e Verschiebung <strong>der</strong> geopolitischen Lage, die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
folgenden Form bis zum Ende des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
bestand:<br />
1.) die Osmanen sicherten sich ihren<br />
E<strong>in</strong>flussbereich im Zentrum Ungarns, das als<br />
Paschalyk von e<strong>in</strong>em Pascha <strong>in</strong> Ofen (ung. Buda) verwaltet<br />
wurde,<br />
2.) die Habsburger mussten sich mit Oberungarn,<br />
dem Gebiet westlich des Plattensees und dem<br />
Nordwesten Kroatiens begnügen,<br />
3.) im Osten Ungarns entstand unter osmanischer<br />
Oberhoheit e<strong>in</strong> selbständiges Wahlfürstentum<br />
Siebenbürgen, das dem Sultan gegenüber tributpflichtig<br />
war. Siebenbürgen war damit dem Machtbereich <strong>der</strong><br />
Habsburger entzogen.<br />
5. Habsburgs Aufstieg zur Großmacht<br />
5.1. Die osmanische Belagerung Wiens 1683<br />
und Eroberung Ungarns<br />
1683 zog Großwesir Kara Mustafa mit über 200.000<br />
Mann durch Ungarn gegen Wien. Kaiser Leopold I.<br />
(1640-1705) vere<strong>in</strong>barte am 2. Mai 1683 mit dem polnischen<br />
König Jan III. Sobieski (1674-1696) e<strong>in</strong> Militär-<br />
8<br />
Zeittafel<br />
1572-1867<br />
Birthälm (rum. Biertan, ung. Berethalom) ist evangelischer<br />
Bischofssitz<br />
1583<br />
Eigen-Landrecht <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen <strong>in</strong> schriftlicher<br />
Form garantiert Rechtsgleichheit für alle<br />
Sachsen<br />
1614<br />
E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> evangelischen Kirchenordnung<br />
Augsburger Bekenntnisses (AB) <strong>in</strong> vielen Bergstädten<br />
Oberungarns<br />
1616-1637<br />
Gegenreformation <strong>in</strong> West- und<br />
Oberungarn unter Erzbischof Peter Pázmany<br />
1635<br />
Jesuitenuniversität <strong>in</strong> Tyrnau (ung. Nagyszombat, slow.<br />
Trnava) gegründet<br />
Dreiteilung Ungarns<br />
1648<br />
Ende des 30-jährigen<br />
Krieges mit Westfälischem<br />
Frieden<br />
1664<br />
Mit dem Frieden von<br />
Eisenburg (ung. Vasvár)<br />
größte territoriale Ausbreitung<br />
<strong>der</strong> Osmanen im Königreich<br />
Ungarn; Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong><br />
Magnatenverschwörung<br />
1666<br />
Piaristen beteiligen sich <strong>in</strong><br />
Oberungarn an <strong>der</strong><br />
Gegenreformation<br />
1683<br />
Großwesir Kara Mustafa greift Wien an und belagert<br />
erfolglos die Stadt, die unter Rüdiger von Starhemberg<br />
verteidigt wird;<br />
bei <strong>der</strong> Entsatzschlacht am Kahlenberg werden die<br />
Osmanen vom polnischen König Sobieski, den<br />
Kaiserlichen und den Reichstruppen geschlagen
ündnis. Unter dem militärischen Geschick Sobieskis<br />
konnte am 12. September 1683 die Entsatzschlacht um<br />
Wien erfolgreich geführt werden. Die Heilige Liga,<br />
gebildet aus Österreich, Polen, Venedig und dem<br />
Papst, verfolgte die geschlagenen Osmanen und stieß<br />
<strong>in</strong> den pannonischen Raum vor. 1686 konnte Ofen<br />
(ung. Buda) genommen werden. Diese Erfolge stärkten<br />
die Habsburger, die auf dem ungarischen Reichstag <strong>in</strong><br />
Preßburg (slowak. Bratislava, ung. Pozsony) 1687 das<br />
Erbrecht für den männlichen Stamm durchsetzen konnten.<br />
Damit war das<br />
ungarische Wahlkönigtum<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Erbmonarchie<br />
umgewandelt<br />
worden. 1697 wurde <strong>der</strong><br />
Oberbefehl über die kaiserliche<br />
Armee <strong>in</strong><br />
Ungarn auf Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />
von Savoyen (1663-<br />
1736) übertragen, <strong>der</strong><br />
1697 bei Zenta (serb.<br />
Senta) die Osmanen<br />
vernichtend schlug und<br />
so die Voraussetzungen<br />
für den Frieden von<br />
Pr<strong>in</strong>z Eugen von Savoyen<br />
(1663-1736)<br />
Karlowitz (serb. Sremski<br />
Karlovci) von 1699<br />
schuf. Der Frieden von<br />
Karlowitz war e<strong>in</strong>e bee<strong>in</strong>drucken-<br />
de Machtdemonstration <strong>der</strong> Habsburger <strong>in</strong><br />
Südosteuropa. Kaiser Leopold I. (1640-1705) fiel mit<br />
Ausnahme des Temescher Banats die Herrschaft über<br />
ganz Ungarn, Siebenbürgen und e<strong>in</strong>en Großteil<br />
Slawoniens zu.<br />
5.2. Der Ausgriff nach Südosteuropa<br />
In e<strong>in</strong>em neuen Türkenkrieg 1716/17 eroberte Pr<strong>in</strong>z<br />
Eugen den Banat und Belgrad (serb. Beograd), wo<br />
auch das Pr<strong>in</strong>z-Eugen-Lied entstand. Im Frieden von<br />
Passarowitz (serb. Požarevac) 1718 erhielten die<br />
Habsburger sowohl den Banat als auch Nordserbien<br />
und die Kle<strong>in</strong>e Walachei. Diese beiden Gebiete mussten<br />
1739 wie<strong>der</strong> abgetreten werden.<br />
6. Die Neubesiedlung des Königreichs<br />
Ungarn<br />
E<strong>in</strong>e Folge <strong>der</strong> vielen Kriege gegen die Osmanen<br />
waren weite verödete Landstriche <strong>in</strong> Ungarn mit e<strong>in</strong>er<br />
sehr dünnen Bevölkerungsdichte. Kaiser Leopold I. ließ<br />
Zeittafel<br />
1684<br />
Österreich, Polen, Venedig und <strong>der</strong> Papst bilden die<br />
"Heilige Liga" und greifen unter dem Kommando von<br />
Max Emanuel von Bayern und Ludwig Wilhelm von<br />
Baden die flüchtenden Osmanen an<br />
1686<br />
Karl von Lothr<strong>in</strong>gen erobert Ofen (ung. Buda);<br />
Russland tritt <strong>der</strong> "Heiligen Liga" bei<br />
1687<br />
Ungarischer Landtag zu Preßburg beschließt durch die<br />
Anerkennung <strong>der</strong> männlichen Erbfolge <strong>der</strong> Habsburger<br />
die Umwandlung des ungarischen Wahlkönigtums <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e Erbmonarchie; Josef I. wird zum König von<br />
Ungarn gekrönt; Sieg Karls von Lothr<strong>in</strong>gen über die<br />
Osmanen bei Mohács; "Blutgericht" von Eperies<br />
(Prešov)<br />
1688<br />
Max Emanuel von Bayern erobert Belgrad (serb.<br />
Beograd); Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Ansiedlung von Kolonisten aus<br />
dem oberungarischen Raum und aus den <strong>deutschen</strong><br />
Län<strong>der</strong>n durch private Grundbesitzer auf den rückeroberten<br />
Gebieten<br />
1689<br />
Erstes Impopulationspatent <strong>der</strong> Habsburger unter<br />
Kaiser Leopold I. mit weitreichenden Begünstigungen;<br />
Ansiedlung von <strong>deutschen</strong> Bauern und Handwerkern<br />
durch weltliche und geistliche Grundherren<br />
(Privatkolonisation)<br />
1690<br />
"Großer Serbenzug" <strong>in</strong> die Vojvod<strong>in</strong>a (Syrmien,<br />
Batschka, Banat)<br />
1691<br />
Leopold<strong>in</strong>isches Diplom; Kaiser Leopold I. nimmt den<br />
Titel "Fürst von Siebenbürgen" an<br />
1694<br />
E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Siebenbürgischen Hofkanzlei <strong>in</strong> Wien;<br />
die Verwaltung <strong>in</strong> Siebenbürgen obliegt dem Gubernium,<br />
dem e<strong>in</strong> Gubernator vorsteht<br />
1697<br />
Pr<strong>in</strong>z Eugen von Savoyen übernimmt den Oberbefehl<br />
über die kaiserlichen Truppen <strong>in</strong> Ungarn und besiegt<br />
die Osmanen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Zenta (serb. Senta)<br />
1699<br />
Friede von Karlowitz (serb. Sremski Karlovci); Kaiser<br />
Leopold I. wird Herrscher über ganz Ungarn,<br />
Siebenbürgen und große Teile Slawoniens<br />
1703<br />
Kuruzzenaufstand unter Ferenc II. Rakóczi gegen<br />
die Herrschaft <strong>der</strong> Habsburger im Königreich Ungarn;<br />
Friedensschluss 1711<br />
1703-1790<br />
Siebenbürgisches Gubernium mit Sitz <strong>in</strong> Hermannstadt<br />
(rum. Sibiu, ung. Nagyszeben); ab 1790 Verlegung<br />
nach Klausenburg (rum. Cluj, ung. Kolozsvár)<br />
1713<br />
Pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI. zur Sicherung<br />
des Zusammenhalts und <strong>der</strong> weiblichen Erbfolge <strong>der</strong><br />
österreichischen Kronlän<strong>der</strong><br />
9
deshalb Pläne für die Ansiedlung von Kolonisten ausarbeiten.<br />
Bischof Graf Leopold Kollonitsch (1613 -1707)<br />
regte den ökonomischen Aufbau des ungarischen<br />
Königreichs durch a.) den Abzug <strong>der</strong> kaiserlichen<br />
Truppen, b.) e<strong>in</strong>e gerechte Verteilung <strong>der</strong> Steuerlast auf<br />
alle gesellschaftlichen Gruppen und c.) durch die<br />
Ansiedlung von <strong>deutschen</strong> Kolonisten an. Am 11.<br />
August 1689 verabschiedete Leopold I. das erste<br />
Impopulationspatent (Ansiedlungspatent) <strong>der</strong> Habsburger,<br />
das e<strong>in</strong>e 5-jährige Steuerfreiheit für ausländische,<br />
e<strong>in</strong>e 3-jährige für <strong>in</strong>ländische Siedler, stark ermäßigte<br />
Grundstückspreise, e<strong>in</strong> Erbrecht auf Haus- und<br />
Grundbesitz sowie zahlreiche För<strong>der</strong>ungsmaßnahmen<br />
<strong>in</strong> Bereichen <strong>der</strong> Industrie und des Bergbaus<br />
vorsah. Das ungarische E<strong>in</strong>richtungswerk konzentrierte<br />
sich auf die folgenden Gebiete:<br />
a.) das Mittelgebirge mit den Schwerpunkten<br />
Buchenwald (ung. Bákony), Schildgebirge (ung.<br />
Vértes) und Ofener Bergland (ung. Budai Hegység) mit<br />
den wichtigen Zentren Wesprim (ung. Veszprém),<br />
Stuhlweißenburg (ung. Székesfehérvár), Gran (ung.<br />
Esztergom), Ofen (ung. Buda) und Pest<br />
10<br />
1716<br />
Pr<strong>in</strong>z Eugen schlägt die Osmanen bei<br />
Peterwarde<strong>in</strong> (serb. Petrovarad<strong>in</strong>);<br />
1717<br />
<strong>der</strong> Banat wird als<br />
Krondomäne unmittelbares<br />
Reichsland<br />
1718<br />
Eroberung des Banats mit Ende<br />
<strong>der</strong> osmanischen Herrschaft durch<br />
den Frieden von Passarowitz<br />
(serb. Požarevac);<br />
Zeittafel
.) die Komitate Tolnau (ung. Tolna), Branau (ung.<br />
Baranya) und Schomodei (ung. Somogy) <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> sogenannten Schwäbischen Türkei<br />
c.) das ostungarische Komitat Sathmar<br />
d.) Slawonien und Syrmien<br />
e.) die Batschka (ung. Bácska, serb. Baèka)<br />
f.) den Banat<br />
6.1. Die Privatkolonisation<br />
Teile des ungarischen Adels erhielten ihren ehemaligen<br />
Grundbesitz wie<strong>der</strong> zurück. Außerdem übertrug <strong>der</strong><br />
Kaiser Län<strong>der</strong>eien an Personen, die sich bei <strong>der</strong><br />
Rückeroberung des ungarischen Königreichs beson<strong>der</strong>e<br />
Verdienste erworben hatten. Die erste Phase <strong>der</strong><br />
Kolonisation wurde daher auf privater Initiative von<br />
ungarischen Großgrundbesitzern organisiert und konzentrierte<br />
sich zunächst auf das Ofener Bergland und<br />
“Paß <strong>der</strong> Ungarischen Hofkanzlei für die Ansiedlung <strong>in</strong> Ungarn des<br />
Gottlieb Heilig aus dem Württembergischen<br />
vom 27. Juni 1786”<br />
11
die Schwäbische Türkei. In <strong>der</strong><br />
Frühphase <strong>der</strong> Privatkolonisation<br />
wurden ke<strong>in</strong>e ausländischen<br />
Kolonisten angeworben,<br />
son<strong>der</strong>n Arbeitskräfte aus<br />
den dichter besiedelten<br />
Komitaten <strong>in</strong> West- und<br />
Oberungarn geholt. Die<br />
b<strong>in</strong>nenländische Kolonisation<br />
konnte aber den Bedarf an<br />
Arbeitskräften nicht befriedigen.<br />
So richtete etwa <strong>der</strong><br />
ungarische Landtag 1722 e<strong>in</strong><br />
Bittschreiben an den Kaiser, <strong>in</strong><br />
dem um die Entsendung von<br />
<strong>deutschen</strong> Bauern und<br />
Handwerkern angesucht wurde.<br />
Neben <strong>deutschen</strong> Siedlern<br />
warb man auch um Spanier, Italiener<br />
und Franzosen.<br />
6.2. Die staatliche Kolonisation<br />
Der erste Schwabenzug (1722-1726)<br />
12<br />
Das staatlich gelenkte Kolonisationswerk<br />
<strong>der</strong> Habsburger<br />
vollzog sich während <strong>der</strong><br />
Regierungszeiten von Karl VI.<br />
(1711-1740), Maria Theresia<br />
(1740-1780) und Joseph II.<br />
(1780-1790). In diese Zeit fielen<br />
die "Drei großen Schwabenzüge",<br />
die nach dem<br />
Frieden von Passarowitz (serb.<br />
Požarevac) von 1718 ihren<br />
Anfang nahmen.<br />
Graf Claudius Florimund von Mercy<br />
(1666-1734)<br />
Die erste Ansiedlungswelle betraf den Banat, <strong>der</strong> als<br />
unmittelbares Reichsland (Krondomäne Banat) bis<br />
1751 unter <strong>der</strong> Verwaltung <strong>der</strong> Wiener Hofkammer und<br />
des Hofkriegsrats stand. Karl VI. konnte 46 Siedlungen<br />
für 15.000 Kolonisten errichten, die aus den westlichen<br />
Teilen des <strong>deutschen</strong> Reichsgebiets kamen. Die Pest<br />
und das Sumpffieber for<strong>der</strong>ten aber viele Opfer unter<br />
den Kolonisten. Viele fühlten sich an den<br />
Kolonistenspruch: "Dem Ersten <strong>der</strong> Tod, dem Zweiten<br />
die Not, erst dem Dritten das Brot" er<strong>in</strong>nert und suchten<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schwäbischen Türkei o<strong>der</strong> im Ofener Bergland<br />
e<strong>in</strong>e neue Lebensgrundlage.<br />
1722-1726<br />
Erster "Schwabenzug" unter<br />
<strong>der</strong> Regierung von Karl VI.<br />
mit <strong>der</strong> Ansiedlung von 15.000<br />
Kolonisten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Baranya, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Batschka<br />
und im Banat<br />
1740-1748<br />
Österreichischer Erbfolgekrieg<br />
mit <strong>der</strong> Anerkennung<br />
<strong>der</strong> Pragmatischen Sanktion<br />
im Frieden von Aachen;<br />
Österreich verliert<br />
den größten<br />
Teil Schlesiens<br />
Zeittafel<br />
Die Vorfahren <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong><br />
fuhren mit <strong>der</strong> Ulmer Schachtel auf <strong>der</strong> Donau <strong>in</strong> ihre neue Heimat
Der zweite Schwabenzug (1763-1773)<br />
Die zweite Ansiedlungswelle konzentrierte sich auf die<br />
nur sehr dünn besiedelte Batschka, die von Beg<strong>in</strong>n an<br />
<strong>der</strong> Ungarischen Hofkammer unterstellt war. Maria<br />
Theresia erließ am 25. Februar 1763 e<strong>in</strong> Kolonisierungs-Patent,<br />
dem bis 1773 über 40.000 deutsche<br />
Kolonisten aus Lothr<strong>in</strong>gen, Trier, <strong>der</strong> Schweiz,<br />
Schwaben und Tirol folgten.<br />
Der dritte Schwabenzug (1782-1787)<br />
Der dritte Schwabenzug<br />
erfolgte durch das Impopulationspatent<br />
von Joseph II. vom<br />
21. September 1782 und<br />
erstreckte sich über alle<br />
Siedlungsgebiete im Königreich<br />
Ungarn. Dem Ansiedlungsaufruf<br />
Josephs II. folgten<br />
7.600 deutsche Familien,<br />
wobei sich die Mehrheit von<br />
6.000 im Banat ansiedelte.<br />
Kaiser Joseph II<br />
(1741-1790)<br />
Erstes Impopulationspatent<br />
11. August 1689<br />
1756-1763<br />
Siebenjähriger Krieg<br />
zwischen Österreich, Frankreich<br />
und Russland e<strong>in</strong>erseits,<br />
Preußen und Großbritannien<br />
an<strong>der</strong>seits<br />
1763<br />
Kolonisierungspatent Maria Theresias<br />
1762-1770<br />
E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Siebenbürgischen<br />
Militärgrenze<br />
1782<br />
Impopulationspatent Josephs II.<br />
Zeittafel<br />
13
14<br />
Modelle für Ansiedlungshäuser<br />
Plan des im Jahre 1785 erbauten<br />
Kameraldorfes Tscherwenka,<br />
entworfen am 1. Dezember 1784 von<br />
Ing. Joseph v. Kiss
6.3. Die <strong>Donauschwaben</strong><br />
Das Ansiedlungswerk <strong>der</strong> Habsburger, das auch<br />
Rumänen, Slowaken und Ukra<strong>in</strong>er betraf, führte zu<br />
e<strong>in</strong>er ethnographischen Neuordnung im ungarischen<br />
Königreich. Die Gesamtzahl <strong>der</strong> angesiedelten<br />
Deutschen betrug schätzungsweise 200.000 Personen,<br />
die sich wie folgt verteilten:<br />
Banat: 85.000<br />
Batschka: 35.000<br />
Sathmar: 7.000<br />
Syrmien-Slawonien: 15.000<br />
Schwäbische Türkei: 30.000<br />
Mittelgebirge: 35.000<br />
Die Neusiedler waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> überwiegenden Mehrzahl<br />
Deutsche, die zum Großteil aus dem fränkisch-pfälzischen,<br />
dem bairisch-österreichisch-böhmischen und zu<br />
e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>eren Teil aus dem schwäbischen Sprachraum<br />
kamen. Zu Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurden<br />
diese <strong>deutschen</strong> Kolonisten als <strong>Donauschwaben</strong><br />
bezeichnet. Die <strong>Donauschwaben</strong> waren daher nach<br />
den Siebenbürger Sachsen und den Zipser Sachsen die<br />
dritte große deutsche Volksgruppe im Königreich Ungarn.<br />
6.4. Siebenbürgen nach <strong>der</strong> osmanischen<br />
Herrschaft<br />
Kaiser Leopold I. bestätigte 1691 im Leopold<strong>in</strong>ischen<br />
Diplom die Religionsfreiheit für Siebenbürgen und die<br />
Landesrechte für die drei Nationen. 1694 wurde <strong>in</strong><br />
Wien die Siebenbürgische Hofkanzlei e<strong>in</strong>gerichtet. Die<br />
Verwaltung und die Gerichtsbarkeit oblagen von 1703<br />
bis 1790 dem Gubernium mit Sitz <strong>in</strong> Hermannstadt<br />
(rum. Sibiu, ung. Nagyszeben), das <strong>der</strong> Siebenbürgischen<br />
Hofkanzlei <strong>in</strong> Wien direkt unterstellt war. Zu<br />
e<strong>in</strong>schneidenden Reformen <strong>in</strong> Siebenbürgen kam es<br />
durch die Aufhebung des Leopold<strong>in</strong>ischen Diploms<br />
unter Joseph II., wovon historische Privilegien wie die<br />
Eigengerichtsbarkeit o<strong>der</strong> die Selbstverwaltung <strong>der</strong><br />
Sächsischen Nationsuniversität betroffen waren.<br />
Außerdem wurde mit dem sogenannten Konzivilitätsreskript<br />
vom 4. Juli 1781 das ausschließliche<br />
Besitzrecht <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen auf dem<br />
Königsboden aufgehoben. Damit konnten sich nunmehr<br />
auch Rumänen und Ungarn im sächsischen<br />
Altland (Königsboden) ansiedeln. 1790 erreichten die<br />
Siebenbürger Sachsen zum<strong>in</strong>dest wie<strong>der</strong> die kaiserliche<br />
Anerkennung <strong>der</strong> Nationsuniversität mit ihren<br />
Führungsstrukturen und Entscheidungsgremien.<br />
Durch die Transmigrationen (zwangsweise <strong>in</strong>nerterritoriale<br />
Umsiedlung) von Protestanten aus den österreichischen<br />
Län<strong>der</strong>n waren im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t unter<br />
1763-1773<br />
Zweiter "Schwabenzug" unter<br />
<strong>der</strong> Regierung von Kg. Maria Theresia<br />
mit Besiedelung <strong>der</strong> Batschka, die von<br />
<strong>der</strong> Ungarischen Hofkammer verwaltet wird;<br />
Maria Theresia erlässt e<strong>in</strong><br />
"Kolonisierungs-Patent",<br />
dem 40.000 Kolonisten folgen<br />
1775<br />
Die osmanische Bukow<strong>in</strong>a wird<br />
dem Habsburgerreich e<strong>in</strong>verleibt;<br />
deutsche Siedler aus dem Banat,<br />
<strong>der</strong> Zips, dem Böhmerwald und<br />
dem südwest<strong>deutschen</strong> Raum<br />
kommen <strong>in</strong> die Bukow<strong>in</strong>a<br />
1781<br />
Mit dem Konzivilitätsreskript hebt<br />
Joseph II. die Privilegien <strong>der</strong><br />
Siebenbürger Sachsen auf;<br />
das Toleranzpatent Kaiser Josephs II.<br />
gewährt den Protestanten und<br />
Orthodoxen religiöse Freiheit;<br />
1782/83 werden die Judenpatente<br />
erlassen<br />
1782-1787<br />
Dritter "Schwabenzug" unter<br />
<strong>der</strong> Regierung von<br />
Kaiser Joseph II.<br />
<strong>in</strong> den Banat<br />
Zeittafel<br />
15
Karl VI. und Maria Theresia die<br />
sogenannten Landler nach<br />
Siebenbürgen ausgewiesen worden.<br />
Die Landler kamen hauptsächlich<br />
aus Oberösterreich und<br />
Kärnten und unterschieden sich<br />
deutlich <strong>in</strong> ihren Dialekten und<br />
Gebräuchen von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>heimischen<br />
sächsischen Bevölkerung.<br />
Sie lebten vor allem <strong>in</strong> den<br />
Ortschaften Großau (rum.<br />
Cristian, ung. Kereszténysziget),<br />
Neppendorf (rum. Tuniþor, ung.<br />
Kistorony) und Großpold (rum.<br />
Apoldu de Sus, ung. Nagyapold).<br />
Deutsche Siedlungsgebiete <strong>in</strong> Südosteuropa nach den Osmanen<br />
6.5. Die Bukow<strong>in</strong>a und die Dobrudscha<br />
Unter Joseph II. kam die Bukow<strong>in</strong>a (Buchenland) 1775<br />
zum Habsburgerreich. In mehreren E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungswellen<br />
strömten deutsche Siedler um 1780 aus dem Banat,<br />
Südwestdeutschland, <strong>der</strong> Zips und aus dem<br />
Böhmerwald <strong>in</strong> die Bukow<strong>in</strong>a. Geme<strong>in</strong>sam mit den<br />
16<br />
Landler<br />
1783<br />
Abschaffung <strong>der</strong> persönlichen<br />
Leibeigenschaft im Habsburgerreich;<br />
rumänischer Bauernaufstand <strong>in</strong><br />
Siebenbürgen<br />
1783/84<br />
Deutsch wird Amtssprache,<br />
um e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>heitlichung<br />
<strong>der</strong> Verwaltung im S<strong>in</strong>ne<br />
des aufgeklärten Absolutismus<br />
herbeizuführen<br />
Zeittafel
zugewan<strong>der</strong>ten Juden, Ukra<strong>in</strong>ern und Rumänen entstand<br />
e<strong>in</strong>e multiethnische und multikonfessionelle<br />
Landesbevölkerung. In Czernowitz (ukr. Èernivci, rum.<br />
Cern–uti) entwickelte sich bis zum Zweiten Weltkrieg<br />
e<strong>in</strong> deutsch-jüdisches Bürgertum, das hohe kulturelle<br />
Leistungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur vollbrachte.<br />
Die Dobrudscha war als Grenzgebiet zwischen Donau<br />
und Schwarzem Meer historisches Wohngebiet für<br />
Bulgaren, Walachen, Türken und Tataren. Zar<br />
Alexan<strong>der</strong> I. von Russland (1801-1825) holte 1804<br />
deutsche Siedler aus Elsass-Lothr<strong>in</strong>gen und dem pfälzisch-württembergischen<br />
Raum nach Südrussland und<br />
das nördlich <strong>der</strong> Dobrudscha gelegene Bessarabien.<br />
Nach dem russisch-osmanischen Krieg von 1827/28<br />
wan<strong>der</strong>ten deutsche Siedler aus Bessarabien und<br />
Südrussland <strong>in</strong> die Dobrudscha e<strong>in</strong>.<br />
1790<br />
Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Sächsischen<br />
Nationsuniversität<br />
Zeittafel<br />
17
7. Aufgeklärter Absolutismus und<br />
Nationalismus<br />
7.1. Nationale Emanzipation und Magyarisierung<br />
Im ersten Drittel des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts war e<strong>in</strong>e magyarische<br />
Nationalbewegung unter <strong>der</strong> Führung von István<br />
Graf Széchenyi (1792-1860) entstanden, die auf<br />
Grundlage <strong>der</strong> Ideale <strong>der</strong> Französischen Revolution und<br />
<strong>der</strong> Deutschen Romantik e<strong>in</strong>e kulturelle und soziale<br />
Reform anstrebte. Noch radikaler waren die For<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> liberalen magyarischen Opposition unter Führung von<br />
Lajos Kossuth (1802-1894), <strong>der</strong> die nationale Selbstbestimmung<br />
und die volle Gleichberechtigung <strong>der</strong><br />
Magyaren im Habsburgerreich anstrebte. Unter Kossuth<br />
hatte sich die ungarische Aufklärung zu e<strong>in</strong>er politischen<br />
Reformbewegung entwickelt, die neben sozialen und<br />
wirtschaftspolitischen Än<strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>e<br />
Magyarisierung <strong>der</strong> Gesellschaft verlangte.<br />
1843/44 verabschiedete <strong>der</strong><br />
ungarische Landtag e<strong>in</strong> Sprachengesetz,<br />
das die late<strong>in</strong>ische Amtssprache<br />
durch die ungarische ersetzte.<br />
Die Magyarisierung war e<strong>in</strong>e bewusste<br />
Reaktion auf die demografischen<br />
Verhältnisse im Königreich Ungarn um<br />
1840. Von den 14 Millionen E<strong>in</strong>wohnern<br />
waren nur 6 Millionen Magyaren, die<br />
sich gegenüber den nichtmagyarischen<br />
Bevölkerungsgruppen <strong>in</strong> <strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit<br />
befanden. Die <strong>deutschen</strong> Volks-<br />
István Graf Széchenyi<br />
(1792-1860)<br />
die Serben 800.000.<br />
gruppen umfassten 1,3 bis 1,5<br />
Millionen Bewohner, die Rumänen<br />
2,2 Millionen, die Slowaken 1,7 Millionen,<br />
die Kroaten 1,2 Millionen und<br />
7.2. Die <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> und die<br />
Magyarisierung<br />
Die <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> reagierten unterschiedlich<br />
auf die zunehmende Magyarisierung, was aus <strong>der</strong> geografischen<br />
Streulage <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Siedlungsgebiete,<br />
<strong>der</strong> unterschiedlichen sozialen Zugehörigkeit und dem<br />
sehr differenzierten Zugang zum Magyarentum resultierte.<br />
Die ersten Bewegungen gegen die Magyarisierung<br />
kamen <strong>in</strong> den Städten auf, wo <strong>in</strong> Budapest von Eduard<br />
Glatz (1812-1889) die deutschsprachige Pester<br />
Zeitung herausgegeben wurde. Glatz konnte mit se<strong>in</strong>er<br />
Schrift Das deutsche Element <strong>in</strong> Ungarn erste wichtige<br />
18<br />
1789-1795<br />
Französische Revolution;<br />
Jakob<strong>in</strong>erverschwörung <strong>in</strong> Ungarn<br />
1792-1815<br />
Napoleonische Kriege<br />
1802<br />
Gründung e<strong>in</strong>es ungarischen<br />
Nationalmuseums<br />
1804<br />
Österreich wird unter<br />
Kaiser Franz I. Kaisertum;<br />
russischer Zar Alexan<strong>der</strong> I. siedelt<br />
deutsche Kolonisten <strong>in</strong> Südrussland<br />
und <strong>in</strong> Bessarabien an<br />
1806<br />
Ende des Heiligen Römischen Reiches<br />
deutscher Nation<br />
1814-1815<br />
Wiener Kongress zur politischen<br />
Neuordnung Europas nach den<br />
Napoleonischen Kriegen<br />
1825<br />
Gründung <strong>der</strong> Ungarischen Akademie<br />
<strong>der</strong> Wissenschaften und Beg<strong>in</strong>n<br />
<strong>der</strong> magyarischen Nationalbewegung<br />
unter Graf István Széchenyi<br />
1827<br />
Deutsche Siedler wan<strong>der</strong>n aus<br />
Bessarabien <strong>in</strong> die Dobrudscha e<strong>in</strong><br />
1842<br />
Landtag <strong>in</strong> Klausenburg<br />
(rum. Cluj, ung. Kolozsvár)<br />
beschließt E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> ungarischen<br />
Amtssprache <strong>in</strong> Siebenbürgen;<br />
Gründung des "Vere<strong>in</strong>s für siebenbürgische<br />
Landeskunde" zur För<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> sächsischen Kultur<br />
Zeittafel
Impulse für e<strong>in</strong> deutsches<br />
National- und Volksbewusstse<strong>in</strong><br />
unter Teilen des <strong>deutschen</strong><br />
Stadtbürgertums entwickeln,<br />
ohne freilich die <strong>deutschen</strong><br />
<strong>Volksgruppen</strong> <strong>in</strong> den ländlichen<br />
Gebieten zu erreichen.<br />
Eduard Glatz (1812-1889)<br />
In Siebenbürgen for<strong>der</strong>te <strong>der</strong><br />
magyarische Adel e<strong>in</strong>e rasche<br />
E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> das ungarische<br />
Königreich und die E<strong>in</strong>führung<br />
<strong>der</strong> ungarischen Landessprache.<br />
Die Siebenbürger Sachsen reagierten<br />
darauf mit Ablehnung.<br />
Der sächsische Pfarrer und<br />
Pädagoge Stephan Ludwig Roth (1796-1849) verlangte<br />
e<strong>in</strong>e Gleichbehandlung aller <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />
gesprochenen Landessprachen. 1842 wurde <strong>der</strong><br />
Vere<strong>in</strong> für siebenbürgische Landeskunde zur<br />
För<strong>der</strong>ung des nationalen Zusammenhalts <strong>der</strong><br />
Sachsen gegründet. E<strong>in</strong>e zentrale Rolle zur Wahrung<br />
<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Identität spielte <strong>in</strong> Siebenbürgen die<br />
evangelische Kirche.<br />
Das Deutschtum im oberungarischen Karpatenraum<br />
setzte <strong>der</strong> Magyarisierung kaum Wi<strong>der</strong>stand entgegen.<br />
1824 war am Käsmarker Kollegium (dt. Käsmark: slow.<br />
Kežmarok, ung. Késmárk) e<strong>in</strong> magyarischer Selbstbildungsvere<strong>in</strong><br />
gegründet worden, um den nichtmagyarischen<br />
<strong>Volksgruppen</strong> den Zugang zur ungarischen<br />
Sprache und Literatur zu öffnen. Träger dieser<br />
Entwicklung war die deutsche lutherische Geistlichkeit,<br />
die durch die gesetzlichen Verordnungen von 1840 und<br />
1844 zum Gebrauch <strong>der</strong> ungarischen Sprache im <strong>in</strong>nerkirchlichen<br />
Schriftverkehr und im Schulunterricht verpflichtet<br />
war.<br />
In den südungarischen Siedlungsgebieten <strong>der</strong><br />
<strong>Donauschwaben</strong> war es h<strong>in</strong>gegen <strong>der</strong> katholische<br />
Klerus donauschwäbischer Abstammung, <strong>der</strong> die<br />
Magyarisierung des geistigen Lebens mit großem Eifer<br />
betrieb. Ansätze für e<strong>in</strong>e<br />
gezielte Magyarisierung<br />
gab es auch im Schulbereich,<br />
jedoch konnten<br />
die <strong>Donauschwaben</strong> zum<strong>in</strong>dest<br />
<strong>in</strong> den ländlichen<br />
Geme<strong>in</strong>den ihre deutsche<br />
Unterrichtssprache<br />
bewahren. Die <strong>Donauschwaben</strong><br />
entwickelten<br />
erst nach 1848 e<strong>in</strong> reges<br />
deutsches Vere<strong>in</strong>sleben,<br />
das im dörflichen Bezie-<br />
1840/1844<br />
Sprachenverordnungen, die<br />
den Gebrauch <strong>der</strong> ungarischen<br />
Sprache <strong>in</strong> Oberungarn vorschreiben<br />
1843/1844<br />
Soziale Unruhen und revolutionäre<br />
Bewegungen unter Führung von<br />
Lajos Kossuth;<br />
ungarischer Landtag<br />
beschließt E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> ungarischen<br />
Amtssprache;<br />
erste Magyarisierungsansätze<br />
gegen die nichtmagyarischen <strong>Volksgruppen</strong><br />
1848<br />
Revolutionen <strong>in</strong> Wien und Budapest;<br />
Deutsche Nationalversammlung <strong>in</strong> Frankfurt;<br />
Verabschiedung <strong>der</strong> ung. Aprilgesetze;<br />
Unionisten for<strong>der</strong>n den Anschluss<br />
Siebenbürgens an das Königreich Ungarn;<br />
serbische Ausschreitungen <strong>in</strong> Südungarn<br />
gegen Magyarisierung;<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>es <strong>deutschen</strong> Vere<strong>in</strong>slebens<br />
bei den <strong>Donauschwaben</strong> <strong>in</strong> Südungarn;<br />
Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Herrschaft von<br />
Kaiser Franz Joseph I<br />
1849<br />
Reichstag <strong>in</strong> Kremsier (tsch. Kroméøíž);<br />
E<strong>in</strong>führung des neoabsolutistischen<br />
Herrschaftsystems <strong>in</strong> <strong>der</strong> oktroyierten<br />
Märzverfassung;<br />
H<strong>in</strong>richtung von Stephan Ludwig Roth;<br />
Bogaroscher Petition <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong><br />
an den Kaiser mit For<strong>der</strong>ung nach<br />
politischer Eigenständigkeit;<br />
Nie<strong>der</strong>schlagung <strong>der</strong> ungarischen<br />
Revolution<br />
Zipser Bäuer<strong>in</strong>nen am<br />
Handwebstuhl<br />
Zeittafel<br />
19
hungsgeflecht die Entwicklung e<strong>in</strong>es donauschwäbischen<br />
Volksbewusstse<strong>in</strong>s anregte.<br />
8. Revolutionsjahr 1848/49 und<br />
Ausgleich mit Ungarn 1867<br />
8.1. Das Revolutionsjahr im Königreich Ungarn<br />
Am 15. März 1848 kam es <strong>in</strong> Budapest zu revolutionären<br />
Ausschreitungen, die zur Verabschiedung <strong>der</strong><br />
Aprilgesetze von 1848 führten, auf <strong>der</strong>en Grundlage<br />
das ungarische Feudalsystem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e liberale<br />
Bürgergesellschaft umgewandelt werden sollte. Die<br />
Aprilgesetze berücksichtigten aber nicht die nationalen<br />
Bedürfnisse <strong>der</strong> nichtmagyarischen <strong>Volksgruppen</strong>, vornehmlich<br />
die <strong>der</strong> Serben, Kroaten und Rumänen. Für<br />
die Gleichbehandlung <strong>der</strong> Sprachen im Königreich<br />
Ungarn setzte sich <strong>der</strong> sächsische Pfarrer und Lehrer<br />
Stephan Ludwig Roth (1796-1849) e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> 1849 wegen<br />
Hochverrats von e<strong>in</strong>em ungarischen Standgericht verurteilt<br />
und h<strong>in</strong>gerichtet wurde. Die Haltung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Bevölkerung zu den revolutionären Vorgängen <strong>in</strong><br />
Ungarn war une<strong>in</strong>heitlich. Während das eher liberal<br />
ges<strong>in</strong>nte deutsche Stadtbürgertum se<strong>in</strong>e Sympathien<br />
für das ungarische Freiheitsstreben<br />
offen dokumentierte, stand<br />
die deutsche Landbevölkerung <strong>in</strong><br />
ihrem traditionellen Loyalitätsbewusstse<strong>in</strong><br />
auf Seiten des<br />
Kaisers. Während sich die<br />
Siebenbürger Sachsen gegen<br />
e<strong>in</strong>e Union mit Ungarn aussprachen,<br />
formulierte am 2. Oktober<br />
1849 e<strong>in</strong>e Delegation von 133<br />
<strong>Donauschwaben</strong> e<strong>in</strong>e Petition<br />
(Bogaroscher Petition) an den<br />
Kaiser, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie die Errichtung<br />
e<strong>in</strong>er eigenen autonomen Verwaltung<br />
<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Woiwodschaft<br />
for<strong>der</strong>ten.<br />
8.2. Ausgleich mit Ungarn und die <strong>deutschen</strong><br />
<strong>Volksgruppen</strong><br />
Nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich verabschiedete<br />
das Königreich Ungarn e<strong>in</strong> eigenes<br />
Staatsgrundgesetz, das alle E<strong>in</strong>wohner zur ungarischen<br />
Staatsnation verpflichtete und das Ungarische<br />
zur Staatssprache deklarierte. Das Nationalitätengesetz<br />
von 1868 garantierte immerh<strong>in</strong> den Gebrauch<br />
<strong>der</strong> eigenen Muttersprache im Schulunterricht, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Kirche und gegenüber den Behörden. Die <strong>deutschen</strong><br />
20<br />
Stephan Ludwig Roth<br />
(1796-1849)<br />
1849-1860<br />
E<strong>in</strong>richtung <strong>der</strong> Serbischen Woiwodschaft<br />
und des Temescher Banats<br />
1859<br />
Österreich verliert die Schlacht bei Solfer<strong>in</strong>o<br />
und gibt das neoabsolutistische<br />
Herrschaftssystem auf<br />
1860<br />
Oktoberdiplom mit Wie<strong>der</strong>herstellung des<br />
Kronlän<strong>der</strong>fö<strong>der</strong>alismus<br />
1861<br />
Verabschiedung des Februarpatents<br />
mit Kurienwahl <strong>der</strong> Landtage und des<br />
Reichsrats <strong>in</strong> Wien<br />
1865<br />
Ferenc Deák verlangt für Ungarn volle<br />
Autonomie<br />
1866<br />
Österreichische Nie<strong>der</strong>lage gegen Preußen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schlacht bei Königgrätz<br />
(tsch. Hradec Králové)<br />
1867<br />
Österreichisch-ungarischer Ausgleich<br />
mit Schaffung <strong>der</strong> Doppelmonarchie;<br />
Kaiser Franz Joseph zum ungarischen<br />
König gekrönt;<br />
das Königreich Ungarn wird e<strong>in</strong><br />
magyarischer Nationalstaat<br />
1868<br />
Ungarisch-kroatischer Ausgleich;<br />
Ungarischer Reichsrat verabschiedet<br />
Nationalitätengesetz<br />
Zeittafel
Junge ungarndeutsche Frau<br />
aus Ba<strong>der</strong>seck/Bátaszék,<br />
gekleidet zum sonntäglichen<br />
Kirchgang<br />
<strong>Volksgruppen</strong> verfügten aber<br />
über ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>heitlichen<br />
Siedlungsraum, wodurch<br />
e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>heitlichung <strong>der</strong><br />
Interessen kaum möglich<br />
war. Im Bewusstse<strong>in</strong> vieler<br />
Magyaren waren die Deutschen<br />
aufgrund <strong>der</strong> engen<br />
Verflechtungen ke<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit,<br />
son<strong>der</strong>n Ungarn mit<br />
deutscher Abstammung.<br />
1879 und 1883 verabschiedete<br />
das ungarische Parlament<br />
neuerlich Schulgesetze,<br />
die den verpflichtenden<br />
Gebrauch <strong>der</strong> ungarischen<br />
Unterrichtssprache<br />
auch <strong>in</strong> den <strong>deutschen</strong> Volksschulen<br />
und Gymnasien verlangten.<br />
Außerdem hatte sich<br />
die deutsche Lehrerschaft<br />
e<strong>in</strong>er ungarischen Sprachprüfung zu unterziehen.<br />
Die Siebenbürger Sachsen im Königreich Ungarn nach 1867<br />
Mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> sächsischen Verwaltungsautonomie<br />
und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> ungarischen<br />
Schulgesetze sah sich auch die sächsische<br />
Volksgruppe e<strong>in</strong>er verstärkten Magyarisierung ausgesetzt.<br />
1876 wurde die Sächsische Volkspartei als Interessensvertretung<br />
gegründet, <strong>der</strong>en Führung e<strong>in</strong>e<br />
Konfrontation mit<br />
<strong>der</strong> ungarischen<br />
Regierung zu vermeiden<br />
versuchte.<br />
Vertreter <strong>der</strong> SächsischenVolkspartei<br />
kandidierten auf<br />
<strong>der</strong> Liste <strong>der</strong> ungarischenRegierungspartei,<br />
was<br />
den Siebenbürger<br />
Sachsen zum<strong>in</strong>dest<br />
e<strong>in</strong>e Vertretung<br />
im ungarischen<br />
Parlament<br />
garantierte. Am<br />
Zweiten Sachsentag<br />
von 1890 anerkannten die<br />
Siebenbürger Sachsen die neuen<br />
Ungarndeutsche<br />
Volkskunst<br />
Herrschaftsverhältnisse und trachteten nach e<strong>in</strong>em<br />
Ausgleich, <strong>der</strong> ihnen das kulturelle Überleben im<br />
Zwiespalt zwischen Volkstreue und Staatsloyalität<br />
sichern sollte. Das ungarische Ortsnamengesetz von<br />
1872<br />
Auflösung <strong>der</strong> sächsischen<br />
Nationsuniversität<br />
1876<br />
Gründung <strong>der</strong> Sächsischen<br />
Volkspartei<br />
1878<br />
Berl<strong>in</strong>er Kongress:<br />
Rumänien, Serbien und Montenegro<br />
werden souveräne Fürstentümer<br />
Zeittafel<br />
21
1898 und das sogenannte<br />
Apponyische Schulgesetz des<br />
ungarischen Unterrichtsm<strong>in</strong>isters<br />
Albert Apponyi (1906-1910) von<br />
1907 stießen aber selbst bei den<br />
gemäßigten Siebenbürger Sachsen<br />
auf herbe Kritik. Das neue<br />
Schulgesetz verpflichtete nämlich<br />
alle Schulen und<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten, "<strong>in</strong> <strong>der</strong> Seele <strong>der</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> den Geist <strong>der</strong> Anhänglichkeit<br />
an das ungarische Vaterland<br />
und das Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Angehörigkeit zur ungarischen<br />
Nation" mit Nachdruck zu för<strong>der</strong>n.<br />
Die Magyarisierung provozierte den<br />
Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Jungsachsen (Grüne), die sich unter<br />
Führung von Rudolf Brandsch (1880-1953) und dem<br />
Zipser Edmund Ste<strong>in</strong>acker (1839-1929) für den Austritt<br />
<strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen aus dem ungarischen<br />
Reichstag aussprachen, die Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung <strong>der</strong><br />
sächsischen Schulautonomie for<strong>der</strong>ten und e<strong>in</strong>e<br />
Vere<strong>in</strong>igung aller <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong> im ungarischen<br />
Königreich anstrebten. Dazu wurde die<br />
Karpatendeutsche Bewegung gegründet, <strong>der</strong> zahlreiche<br />
protestantische Intellektuelle<br />
von den <strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong><br />
im ungarischen Königreich angehörten.<br />
Ste<strong>in</strong>acker und Brandsch<br />
erarbeiteten e<strong>in</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenprogramm<br />
für die Deutschen im<br />
Königreich Ungarn, das folgende<br />
Schwerpunkte enthielt:<br />
a.) e<strong>in</strong>e strikte Ablehnung <strong>der</strong><br />
magyarischen Assimilation, ohne<br />
dabei die Loyalität gegenüber <strong>der</strong><br />
ungarischen Staatsmacht aufzukündigen,<br />
b.) gezielte<br />
För<strong>der</strong>ung<br />
e<strong>in</strong>es Nationalbewusstse<strong>in</strong>s<br />
Edmund Ste<strong>in</strong>acker<br />
(1839-1929)<br />
22<br />
Albert Apponyi<br />
(1846-1933)<br />
Rudolf Brandsch<br />
(1880-1953)<br />
<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Ungarn durch<br />
e<strong>in</strong>e verstärkte Presse- und<br />
Kulturarbeit und<br />
c.) den Ausbau e<strong>in</strong>es genossenschaftlichen<br />
Agrarsystems nach<br />
Vorbild des Deutschen Reichs.<br />
1879/1883<br />
Ungarisches Parlament erlässt<br />
Schulgesetze zum Gebrauch<br />
<strong>der</strong> ungarischen Sprache<br />
1882<br />
Serbien wird Königreich<br />
1890<br />
Zweiter Sachsentag mit<br />
Verabschiedung e<strong>in</strong>es Volksprogramms<br />
1894<br />
Gründung <strong>der</strong> Burzenlän<strong>der</strong><br />
sächsischen Bürger- und Bauernpartei;<br />
Jungsächsiche Bewegung: Grüne for<strong>der</strong>n<br />
nationale Erneuerung<br />
1895<br />
Nationalitätenkongress <strong>der</strong> Slowaken,<br />
Serben und Rumänen <strong>in</strong> Budapest<br />
Zeittafel
Die <strong>Donauschwaben</strong> im Königreich Ungarn nach 1867<br />
Die <strong>Donauschwaben</strong> verhielten sich eher unpolitisch<br />
und hatten auch ke<strong>in</strong>e eigenen Vertreter im ungarischen<br />
Reichstag, obwohl 1880 bereits über 800.000<br />
<strong>Donauschwaben</strong> im Königreich Ungarn lebten. E<strong>in</strong>en<br />
zentralen E<strong>in</strong>fluss auf das vornehmlich bäuerlich strukturierte<br />
Geme<strong>in</strong>wesen <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong> übte <strong>der</strong><br />
deutsche Klerus aus, <strong>der</strong> um e<strong>in</strong>e Verbreitung geistlicher<br />
Literatur <strong>in</strong> deutscher Sprache für den privaten<br />
Gebrauch bemüht war. Von größter Wichtigkeit war<br />
auch das Engagement donauschwäbischer Schriftsteller<br />
und Kulturpolitiker wie das von Adam Müller-<br />
Banatia:<br />
deutsche Schule und Lehrerbildungsanstalt <strong>in</strong> Temeschburg<br />
Guttenbrunn (1852-1923) aus dem Banat, <strong>der</strong> die<br />
<strong>Geschichte</strong> und die Traditionen <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong><br />
zum Gegenstand se<strong>in</strong>es literarischen Schaffens machte<br />
und zur Entwicklung e<strong>in</strong>es <strong>deutschen</strong> Volksbewusstse<strong>in</strong>s<br />
unter den <strong>Donauschwaben</strong> beitrug.<br />
Diese kulturellen Impulse bildeten vor allem im<br />
Schulbereich e<strong>in</strong> Gegengewicht zur allgeme<strong>in</strong>en<br />
Magyarisierung, die so etwas abgeschwächt werden<br />
konnte. Die <strong>Donauschwaben</strong> verfügten zwar über ke<strong>in</strong><br />
autonomes Schulsystem wie etwa die Siebenbürger<br />
Sachsen, doch konnte sich auch bei ihnen die deutsche<br />
Unterrichtssprache neben <strong>der</strong> ungarischen zum<strong>in</strong>dest<br />
im Banat und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Batschka halten.<br />
Hanfmarkt <strong>in</strong><br />
Hodschag<br />
1898<br />
Verabschiedung des<br />
ungarischen<br />
Ortsnamengesetzes<br />
1900<br />
Deutsches Tagblatt für Ungarn<br />
ersche<strong>in</strong>t erstmals <strong>in</strong> Werschetz<br />
1906<br />
Gründung <strong>der</strong><br />
Ungarländischen Deutschen<br />
Partei<br />
1907<br />
Verabschiedung des<br />
Apponyischen Schulgesetzes<br />
Zeittafel<br />
23
9. Der Erste Weltkrieg und die<br />
Nachkriegsordnung<br />
9.1. Der Kriegsausbruch 1914<br />
Nach <strong>der</strong> Ermordung des österreichischen Thronfolgers<br />
Franz Ferd<strong>in</strong>and (1863-1914) und se<strong>in</strong>er Gatt<strong>in</strong><br />
am 28. Juni 1914 im bosnischen Sarajewo erklärte<br />
Österreich-Ungarn schon am 28. Juli 1914 den Krieg<br />
an Serbien. Österreich-Ungarn hatte e<strong>in</strong> Ultimatum an<br />
die serbische Regierung gerichtet und die<br />
E<strong>in</strong>beziehung österreichischer Beamter <strong>in</strong> die Untersuchungen<br />
zum Attentat gefor<strong>der</strong>t, was Serbien mit<br />
dem Verweis auf se<strong>in</strong>e Souveränität abgelehnt hatte.<br />
Vor <strong>der</strong> Kriegserklärung Österreich-Ungarns an<br />
Serbien hatte <strong>der</strong> deutsche Kaiser Wilhelm Wien se<strong>in</strong>e<br />
volle Unterstützung zugesagt. Die Kriegserklärung an<br />
Serbien löste nach dem 28. Juli 1918 zwischen den<br />
europäischen Staaten e<strong>in</strong>e Kettenreaktion an Ultimaten<br />
und Kriegserklärungen aus, so dass sich b<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>er<br />
Woche alle europäischen Großmächte gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
im Kriegszustand befanden.<br />
Die österreichisch-ungarischen Truppen, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />
Reihen Deutsch-Österreicher, Tschechen, Slowaken,<br />
Magyaren, Polen, Rumänen, Italiener, Ruthenen,<br />
Slowenen, Kroaten und Serben standen, waren<br />
geme<strong>in</strong>sam mit den Honvéd-Regimentern an den<br />
Fronten im Südosten gegen Serbien, im Osten auf den<br />
Schlachtfel<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Galizien und nach dem Übertritt<br />
Italiens an die Seite <strong>der</strong> Entente auch im Süden am<br />
Isonzo an blutigen und verlustreichen Kämpfen beteiligt.<br />
Mit dem Kriegse<strong>in</strong>tritt Rumäniens gegen die<br />
Mittelmächte verlängerte sich die Front im Osten bis<br />
nach Siebenbürgen. Die schweren Verluste an allen<br />
Fronten führten bald zu e<strong>in</strong>em Nachlassen <strong>der</strong> anfäng-<br />
24<br />
Honvéd<br />
Zeittafel<br />
1914<br />
Ermordung des österreichischen Thronfolgers<br />
Franz Ferd<strong>in</strong>and (28.6.);<br />
Ultimatum Österreich-Ungarns an Serbien (23.7.);<br />
Österreich-Ungarn erklärt Serbien<br />
den Krieg (28.7.)<br />
1914-1918<br />
Erster Weltkrieg mit Karpatenfront<br />
und Balkanfront; Zerschlagung<br />
<strong>der</strong> multiethnischen Großreiche<br />
<strong>der</strong> Habsburger, Osmanen<br />
und Romanovs<br />
1916<br />
Nach Vorstoss rumänischer Truppen<br />
nach Siebenbürgen Gegenangriff<br />
<strong>der</strong> Mittelmächte und Eroberung<br />
Bukarests;<br />
Tod Kaiser Franz Josephs (21.11.)<br />
1918<br />
Manifest Karls I. zur Umwandlung<br />
<strong>der</strong> Donaumonarchie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en fö<strong>der</strong>ativen<br />
Bundesstaat (16.10.);<br />
Proklamation <strong>der</strong> Ersten Tschechoslowakischen<br />
Republik (28.10.);<br />
Ernennung <strong>der</strong> Regierung Károlyi<br />
<strong>in</strong> Ungarn (31.10.);<br />
Waffenstillstand zwischen Österreich-Ungarn<br />
und den Alliierten (3.11.);<br />
Abschluss des Waffenstillstands zwischen<br />
Deutschland und den Alliierten (11.11.);<br />
Ausrufung <strong>der</strong> Republik<br />
Deutsch-Österreich (12.11.);<br />
Waffenstillstandsabkommen zwischen<br />
Ungarn und den Alliierten <strong>in</strong> Belgrad (13.11.);<br />
Ausrufung <strong>der</strong> Republik Ungarn (16.11.);<br />
Siebenbürger erklären den Anschluss<br />
an Rumänien (1.12.);<br />
Proklamation des Königreichs<br />
<strong>der</strong> Serben, Kroaten und Slowenen (1.12.);<br />
Schwäbisches Manifest (8.12.)
lichen Kriegseuphorie. In <strong>der</strong> Innenpolitik führten die<br />
Ermordung des M<strong>in</strong>isterpräsidenten Graf Karl Stürgkh<br />
(1859-1916) und <strong>der</strong> Tod von Kaiser Franz Joseph am<br />
21. November 1916 zu e<strong>in</strong>er Suche nach Friedens<strong>in</strong>itiativen.<br />
We<strong>der</strong> <strong>der</strong> neue Kaiser Karl (1887-1922),<br />
noch Papst Benedikt XV. (1854-1922), noch <strong>der</strong> US-<br />
Präsident Woodrow Wilson (1856-1924) waren erfolgreich.<br />
An<strong>der</strong>erseits artikulierten die österreichischungarischen<br />
Nationalitäten neue nationalpolitische<br />
For<strong>der</strong>ungen, die bis zur faktischen Unabhängigkeit<br />
reichten.<br />
Am 16. Oktober 1918 veröffentlichte Kaiser Karl e<strong>in</strong><br />
Manifest zur Umgestaltung <strong>der</strong> Monarchie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en ethnisch<br />
geglie<strong>der</strong>ten Bundesstaat, "<strong>in</strong> dem je<strong>der</strong><br />
Volksstamm auf se<strong>in</strong>em Siedlungsgebiet se<strong>in</strong> eigenes<br />
staatliches Geme<strong>in</strong>wesen bildet." Das Schicksal Österreich-Ungarns<br />
war zu diesem Zeitpunkt jedoch längst<br />
schon entschieden. Am 3. November 1918 erfolgte<br />
schließlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Villa<br />
Giusti bei Padua die<br />
Unterzeichnung des<br />
Waffenstillstandes zwischenÖsterreich-Ungarn<br />
und <strong>der</strong> Entente.<br />
Nicht nur französische<br />
und italienische, son<strong>der</strong>n<br />
auch serbische,<br />
rumänische und tschechoslowakischeTrup-<br />
pen rückten <strong>in</strong> Ungarn<br />
e<strong>in</strong>.<br />
Rumänische Truppen rücken 1918 <strong>in</strong><br />
Temeschburg e<strong>in</strong><br />
1919<br />
Ungarn wird e<strong>in</strong>e kommunistische<br />
Räterepublik (21.3.);<br />
Sturz <strong>der</strong> ungarischen Räterepublik (1.8.);<br />
Friedensvertrag von Sa<strong>in</strong>t Germa<strong>in</strong><br />
zwischen Österreich und den Alliierten<br />
mit Verlust <strong>der</strong> deutsch besiedelten<br />
Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens,<br />
Südtirols, des Kärntner Kanaltals<br />
und von Teilen <strong>der</strong><br />
Untersteiermark (10.9.);<br />
Deutsch-Sächsischer Volksrat für<br />
Siebenbürgen gegründet (6.11.);<br />
Rumänien und Jugoslawien<br />
müssen M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenschutzvertrag<br />
unterzeichnen<br />
Zeittafel<br />
1920<br />
Ehemaliger k.u.k. Admiral Horthy<br />
wird Reichsverweser Ungarns (1.3.);<br />
Friedensvertrag von Trianon mit<br />
enormen Gebietsverlusten<br />
für Ungarn (4.6.): Slowakei,<br />
Karpato-Ukra<strong>in</strong>e, Maramures,<br />
Crisana, Siebenbürgen, Banat,<br />
Batschka, südöstliche Baranya,<br />
Kroatien-Slawonien, Fiume<br />
(Rijeka), Prekmurje (Übermurgebiet),<br />
Medjimurje (Mur<strong>in</strong>sel),<br />
Burgenland;<br />
Schwäbisch-Deutscher Kulturbund<br />
<strong>in</strong> Neusatz gegründet (20.6.)<br />
Mitteleuropa vor und nach dem<br />
1. Weltkrieg<br />
25
9.2. Trianon 1920<br />
Der Vertrag von Trianon vom 4. Juni 1920 bedeutete für<br />
Ungarn e<strong>in</strong>en Verlust von 70% se<strong>in</strong>es ehemaligen<br />
Territoriums und 60% se<strong>in</strong>er ehemaligen Bevölkerung.<br />
Nur etwa 25% <strong>der</strong> zwei Millionen Deutschen, die bis<br />
zum Ende des Ersten Weltkriegs auf ungarischem<br />
Boden gelebt hatten, blieben als M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit dem ungarischen<br />
Staat erhalten. Die <strong>deutschen</strong> Siedlungsgebiete<br />
im Trianon-Ungarn konzentrierten sich auf die Komitate<br />
Tolnau und Branau <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schwäbischen Türkei, das<br />
ungarische Mittelgebirge und das Gebiet um Ödenburg.<br />
Das neu gegründete Königreich <strong>der</strong> Serben, Kroaten<br />
und Slowenen bekam den Westbanat, die Batschka,<br />
die südliche Baranya, Kroatien-Slawonien, Medjimurje<br />
(Mur<strong>in</strong>sel) und Prekmurje (Übermurgebiet) zugesprochen.<br />
Siebenbürgen, das Kreischgebiet, das Marmarosgebiet,<br />
<strong>der</strong> östliche Banat und die Bukow<strong>in</strong>a fielen<br />
an das Königreich Rumänien. Die ebenfalls aus dem<br />
geme<strong>in</strong>samen Erbe <strong>der</strong> österreichisch-ungarischen<br />
Doppelmonarchie gegründete Tschechoslowakei<br />
erhielt neben Böhmen und Mähren auch das gesamte<br />
slowakische Gebiet und die Karpato-Ukra<strong>in</strong>e.<br />
Jugoslawien 1918-1941<br />
Deutsche Wohngebiete<br />
26<br />
1921<br />
Deutsch-schwäbische Volksgeme<strong>in</strong>schaft<br />
im rumänischen Banat gegründet (13.3.)<br />
Verband <strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong><br />
Rumänien gegründet (18.9.);<br />
Erfolglose Rückkehr Kaiser Karls I.<br />
(Kg. Karl IV.) nach Ungarn (20.10.);<br />
1922<br />
Gründung <strong>der</strong> Deutsch-Sächsischen<br />
Selbsthilfe durch Fritz Fabritius;<br />
Gründung <strong>der</strong> Partei <strong>der</strong> Deutschen<br />
im Königreich <strong>der</strong> Serben, Kroaten<br />
und Slowenen (17.12.)<br />
Zeittafel
10. Die <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit<br />
Etwa die Hälfte <strong>der</strong> zwölf Millionen Deutschen des<br />
Habsburgerreichs lebte nach <strong>der</strong> geopolitischen<br />
Neuordnung Europas als M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> den<br />
Nachfolgestaaten. Das von US-Präsidenten Wilson<br />
propagierte nationale Selbstbestimmungsrecht fand bei<br />
den Nachfolgestaaten <strong>der</strong> österreichisch-ungarischen<br />
Monarchie kaum Anwendung. So wurden die 3<br />
Millionen Deutschen aus den böhmischen Län<strong>der</strong>n<br />
(Sudetendeutsche) <strong>der</strong> neu gegründeten Tschechoslowakei<br />
e<strong>in</strong>verleibt, obwohl sich <strong>der</strong>en Vertreter 1918 mit<br />
dem H<strong>in</strong>weis auf das Selbstbestimmungsrecht für<br />
e<strong>in</strong>en Verbleib bei Deutsch-Österreich ausgesprochen<br />
hatten. Dasselbe Schicksal erlitten auch die Deutschen<br />
<strong>in</strong> Südtirol, das Italien zugesprochen wurde, und die<br />
Deutschen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Untersteiermark, die dem Königreich<br />
<strong>der</strong> Serben, Kroaten und Slowenen (SHS) zugeteilt<br />
wurden. Die neuen Staaten waren zwar gegenüber<br />
dem Völkerbund zum Schutz <strong>der</strong> nationalen<br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten verpflichtet, <strong>in</strong> Wirklichkeit waren aber die<br />
<strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten e<strong>in</strong>em permanenten<br />
Assimilationsdruck ausgesetzt. Das führte dazu, dass<br />
zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 1930er Jahre e<strong>in</strong>e deutschnational ausgerichtete<br />
Erneuerungsbewegung provoziert wurde,<br />
die sehr rasch vom NS-Regime <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> politisch<br />
<strong>in</strong>strumentalisiert werden konnte.<br />
1923<br />
Ungarn tritt dem Völkerbund bei (31.1.);<br />
Verabschiedung <strong>der</strong> rumänischen<br />
Verfassung, die Rumänien zum<br />
e<strong>in</strong>heitlichen und unteilbaren<br />
Nationalstaat erklärt (31.3.);<br />
Ungarländischer Deutscher<br />
Volksbildungsvere<strong>in</strong> (UDV)<br />
gegründet (15.6.);<br />
Ungarische Schulverordnung<br />
erlassen (22.6.);<br />
1924<br />
Gründung des Kl<strong>in</strong>gsor <strong>in</strong> Rumänien;<br />
Auflösung des Kulturbundes<br />
<strong>in</strong> Jugoslawien (11.4.);<br />
Zeittafel<br />
27
10.1. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Jugoslawien<br />
Im SHS-Königreich gab es über 500.000 Deutsche, von<br />
denen <strong>der</strong> Großteil von etwa 450.000 als <strong>Donauschwaben</strong><br />
im ehemaligen südungarischen Raum, nämlich<br />
im Westbanat, <strong>der</strong> Batschka, <strong>der</strong> Südbaranja, <strong>in</strong><br />
Ostslawonien und Syrmien, wohnte. Die an<strong>der</strong>en<br />
50.000 Deutschen lebten im slowenischen Gebiet <strong>der</strong><br />
ehemaligen Untersteiermark und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gottscheer<br />
Sprach<strong>in</strong>sel.<br />
Am 5. Dezember 1919 ratifizierte das Königreich SHS<br />
die vom Völkerbund verlangte Konvention zum Schutz<br />
<strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten. Die Regierung <strong>in</strong> Belgrad zeigte aber<br />
kaum Anstrengungen, diesen Verpflichtungen nachzukommen.<br />
So erfolgte 1922 unter Unterrichtsm<strong>in</strong>ister<br />
Svetozar Pribièeviæ (1875-1936) die Verstaatlichung<br />
aller Privatschulen. Deutschunterricht gab es nur noch<br />
<strong>in</strong> Parallelklassen, wobei die Zuordnung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
mittels Namensanalyse <strong>der</strong> Großeltern ermittelt wurde.<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Nationalität aufgrund<br />
des slawischen Familiennamens<br />
e<strong>in</strong>es Großelternteils<br />
nicht e<strong>in</strong>deutig festgestellt werden<br />
konnte, mussten - unabhängig<br />
von <strong>der</strong> Muttersprache <strong>der</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>! - die öffentlichen Schulen<br />
mit serbokroatischer o<strong>der</strong> slowenischer<br />
Unterrichtssprache besuchen.<br />
Erst <strong>in</strong> den Schulverordnungen<br />
von 1930 bis 1933<br />
wurde die Namensanalyse abgeschafft,<br />
wobei jetzt die Sprache <strong>in</strong><br />
Sepp Janko<br />
(1905-2001)<br />
<strong>der</strong> Familie als Kriterium für die<br />
Wahl <strong>der</strong> Schule herangezogen<br />
wurde. Die m<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenfe<strong>in</strong>dlichen Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> jugoslawischen Zentralregierung<br />
machten e<strong>in</strong>e eigenständige politische<br />
Vertretung <strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Jugoslawien notwendig.<br />
1922 wurde die Partei <strong>der</strong> Deutschen im Königreich <strong>der</strong><br />
Serben, Kroaten und Slowenen gegründet, am 20. Juni<br />
1920 <strong>der</strong> Schwäbisch-Deutsche Kulturbund, <strong>der</strong> jedoch<br />
zweimal e<strong>in</strong>gestellt wurde.<br />
In den 1930er Jahren etablierte sich<br />
e<strong>in</strong>e deutsche Erneuerungsbewegung<br />
aus vornehmlich jungen protestantischen<br />
Intellektuellen, die vielfach<br />
<strong>in</strong> Deutschland studiert hatten<br />
und dort mit dem Nationalsozialismus<br />
<strong>in</strong> enge Berührung<br />
gekommen waren. Die Erneuerer<br />
for<strong>der</strong>ten mehr Autonomie und das<br />
Recht auf e<strong>in</strong>e eigene Weltanschauung.<br />
28<br />
1925<br />
Vertrag von Locarno mit Verzicht<br />
Deutschlands auf Elsass-Lothr<strong>in</strong>gen und<br />
Anerkennung <strong>der</strong> Westgrenze (16.10.);<br />
Gesetz über die Ablegung <strong>der</strong><br />
Reifeprüfung <strong>in</strong> rumänischer Sprache<br />
verabschiedet (12.11.);<br />
1926<br />
Gründung des Banater Deutschen<br />
Katholischen Lehrerverbandes (23.4.);<br />
Sachsenbund <strong>in</strong> Rumänien gegründet;<br />
Deutschland tritt dem Völkerbund bei<br />
(8.9.); Eröffnung <strong>der</strong> Banatia <strong>in</strong><br />
Temeschburg (rum. Timiþoara, ung.<br />
Temesvár);<br />
1927<br />
Verbot gegen den Kulturbund wie<strong>der</strong><br />
aufgehoben (12.1.); Vertrag zwischen<br />
Ungarn und Italien gegen die Kle<strong>in</strong>e<br />
Entente (5.4.);<br />
Deutsche Jugend-Bessarabien<br />
Zeittafel
1934 gründeten sie die Jugendorganisation<br />
Kameradschaft <strong>der</strong> Erneuerungsbewegung, um e<strong>in</strong><br />
betont deutschnationales Gegengewicht zur konservativ-gemäßigten<br />
Politik des Kulturbundes zu schaffen.<br />
Die politische und wirtschaftliche Annäherung des<br />
jugoslawischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten Milan Stojad<strong>in</strong>oviæ<br />
an Hitler-Deutschland för<strong>der</strong>te <strong>in</strong>direkt den NS-E<strong>in</strong>fluss<br />
unter den <strong>Donauschwaben</strong>,Untersteirern<br />
und Gottscheern.<br />
1939<br />
übernahmen die<br />
Erneuerer den<br />
Kulturbund und<br />
organisierten ihn<br />
nach <strong>der</strong> NS-<br />
Führerideologie<br />
neu.<br />
Deutsche Mannschaft<br />
10.2. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Rumänien<br />
Beim Vierten Sachsentag vom 6. November 1919 <strong>in</strong><br />
Schäßburg (rum. Sighiþoara, ung. Segesvár) verabschiedete<br />
<strong>der</strong> Volksrat als politische Vertretung <strong>der</strong><br />
Siebenbürger Sachsen e<strong>in</strong> Programm, <strong>in</strong> dem von <strong>der</strong><br />
rumänischen Regierung das Recht auf e<strong>in</strong> autonomes<br />
Schulwesen, das Recht auf den Gebrauch <strong>der</strong><br />
Muttersprache und das allgeme<strong>in</strong>e Wahlrecht gefor<strong>der</strong>t<br />
wurden.<br />
In den 1920er Jahren wurde e<strong>in</strong>e Reihe von<br />
Selbsthilfegruppen <strong>in</strong>s Leben gerufen, die als<br />
Erneuerungsbewegung zunehmend <strong>in</strong> Opposition zum<br />
Volksrat standen, <strong>der</strong> durch se<strong>in</strong>e Politik <strong>der</strong><br />
Anpassung an die rumänische Staatsnation auf<br />
Ablehnung stieß. Die Erneuerer verlangten von<br />
Bukarest die Gleichstellung <strong>der</strong> sächsischen Volksgruppe<br />
und e<strong>in</strong>e autonome Verwaltung des sächsischen<br />
Kirchen- und Schulwesens. Mit <strong>der</strong> Gründung<br />
<strong>der</strong> Nationalsozialistischen Selbsthilfebewegung <strong>der</strong><br />
Deutschen <strong>in</strong> Rumänien (NSDR) von 1932 kam es zu<br />
e<strong>in</strong>er Radikalisierung <strong>der</strong> politischen<br />
Verhältnisse <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />
<strong>deutschen</strong> Volksgruppe. Im Februar<br />
1938 proklamierte <strong>der</strong> rumänische<br />
König Carol II. (1893-1953 ) e<strong>in</strong>e<br />
Königsdiktatur, wodurch es zu<br />
e<strong>in</strong>er politischen und ideologischen<br />
Annäherung zwischen dem<br />
Dritten Reich und Rumänien kam.<br />
Carol II von Rumänien (1893-1953)<br />
1929<br />
Königsdiktatur <strong>in</strong> Jugoslawien (6.1.);<br />
Gründung <strong>der</strong> Karpaten<strong>deutschen</strong> Partei<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
1930<br />
Aufbau <strong>der</strong> Deutschen Evangelisch-<br />
Christlichen Kirche Augsburger<br />
Bekenntnisses im Königreich Jugoslawien;<br />
Gründung <strong>der</strong> Liga <strong>der</strong> Deutschen<br />
für Völkerbund und Völkerverständigung<br />
<strong>in</strong> Belgrad (15.5.)<br />
1932<br />
Gründung <strong>der</strong> Nationalsozialistischen<br />
Selbsthilfebewegung<br />
<strong>in</strong> Rumänien (22.5.)<br />
1933<br />
Hitler zum Reichskanzler ernannt (30.1.);<br />
5. Sachsentag <strong>in</strong> Hermannstadt (1.10.);<br />
Tod Jakob Bleyers (5.12.);<br />
Drittes Reich tritt aus dem<br />
Völkerbund aus (12.10.)<br />
Zeittafel<br />
29
Bei den Banater Schwaben lag die politische und kulturelle<br />
Führung <strong>in</strong> den Händen <strong>der</strong> eher katholischkonservativ<br />
orientierten Deutsch-Schwäbischen<br />
Volksgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Temeschburg (rum.Timiþoara,<br />
ung.Temesvár), mit 40.000 <strong>deutschen</strong> E<strong>in</strong>wohnern das<br />
kulturelle und geistige Zentrum im östlichen Banat.<br />
E<strong>in</strong>e Erneuerungsbewegung gab es später auch bei<br />
den Banater Schwaben, die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jungschwäbischen<br />
Bewegung o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freien Deutschen<br />
Geme<strong>in</strong>schaft formierten. Durch die ideologischen<br />
Annäherungen zwischen <strong>der</strong> rumänischen Königsdiktatur<br />
und dem Dritten Reich gerieten auch die Banater<br />
Schwaben <strong>in</strong>s Fahrwasser <strong>der</strong> NS-<strong>Volksgruppen</strong>politik.<br />
Neben den Sachsen und Landlern <strong>in</strong> Siebenbürgen<br />
sowie den Schwaben im rumänischen Banat und im<br />
Komitat Sathmar gehörten nach <strong>der</strong> Volkszählung von<br />
1930 weitere 81.089 Bessarabiendeutsche, 75.533<br />
Dobrudschadeutsche und die Deutschen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Südbukow<strong>in</strong>a zur <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit im rumänischen<br />
Königreich <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit, <strong>in</strong>sgesamt<br />
etwa 750.000 Personen.<br />
10.3. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit <strong>in</strong> Ungarn<br />
Im Trianon-Ungarn lebten nach <strong>der</strong> Volkszählung von<br />
1920 über 550.000 Deutsche. Der Germanist und<br />
Volkstumspolitiker Jakob Bleyer gab 1921 das<br />
Sonntagsblatt für das deutsche Volk <strong>in</strong> Ungarn heraus,<br />
das <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie an das schwäbisch-bäuerliche<br />
Leserpublikum gerichtet war. Bleyer wollte e<strong>in</strong>e<br />
Verbesserung des <strong>deutschen</strong> Schulwesens erreichen<br />
und durch gezielte Fortbildungsprogramme den Bildungsstand<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Volksgruppe anheben. Das<br />
Deutschtum <strong>in</strong> Ungarn sollte durch die Herausgabe von<br />
Heimatliteratur und durch landesweite Kulturveranstaltungen<br />
gestärkt werden. 1923 gründete<br />
Bleyer zur Umsetzung dieser Ziele den Ungarländischen<br />
Deutschen Volksbildungsvere<strong>in</strong><br />
(UDV). 1926<br />
war Bleyer über die Liste <strong>der</strong><br />
Regierungspartei zu e<strong>in</strong>em<br />
Mandat im ungarischen<br />
Parlament gekommen, wo er<br />
im Interesse <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit die im UDV formulierten<br />
Ziele zu vertreten versuchte.<br />
Dazu zählte <strong>in</strong> erster<br />
L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Ausbau des <strong>deutschen</strong><br />
Schulwesens.<br />
Nach dem Tod Bleyers spitzte<br />
sich die <strong>in</strong>terne Diskussion um<br />
30<br />
Jakob Bleyer (1874-1933)<br />
1934<br />
Gratz wird Vorsitzen<strong>der</strong> des UDV (6.5);<br />
Verbot <strong>der</strong> Nationalen Erneuerungsbewegung<br />
<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Rumänien (4.6.)<br />
1935<br />
Deutsche Volkspartei Rumäniens<br />
gegründet (10.2.);<br />
Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en<br />
Wehrpflicht <strong>in</strong> Deutschland (16.3.);<br />
Umwandlung <strong>der</strong> Sudeten<strong>deutschen</strong><br />
Heimatfront <strong>in</strong> die<br />
Sudetendeutsche Partei (SdP) und<br />
Wahlsieg im Mai;<br />
Nürnberger Parteitag mit Verkündung<br />
<strong>der</strong> Nürnberger Rassengesetze (15.9.);<br />
Ungarn verpflichtet sich zur För<strong>der</strong>ung<br />
des gemischtsprachigen<br />
Schultyps (23.11.);<br />
1936<br />
Deutschland kündigt den Vertrag<br />
von Locarno und besetzt das<br />
entmilitarisierte Rhe<strong>in</strong>land (7.3.);<br />
Deutsch-ungarisches Kulturabkommen (28.5.);<br />
Miklós Horthy bei Hitler (22.8.);<br />
deutsch-italienische Achsenbildung (25.10.)<br />
Zeittafel
die künftige Ausrichtung <strong>der</strong> ungarn<strong>deutschen</strong><br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenpolitik weiter zu. Die Erneuerer unter <strong>der</strong><br />
Führung von Franz Basch (1901-1945) verweigerten<br />
die politische Anpassung und suchten h<strong>in</strong>gegen die<br />
Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Staatsführung. Mit <strong>der</strong><br />
Gründung <strong>der</strong> Volks<strong>deutschen</strong> Kameradschaft radikalisierte<br />
sich das Verhältnis <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> ungarn<strong>deutschen</strong><br />
Volksgruppe, weil sich die Erneuerer sehr stark<br />
programmatisch am nationalsozialistischen Vorbild<br />
orientierten. Basch erklärte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Volksprogramm,<br />
dass die Volkstreue e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Staatstreue ebenbürtige<br />
Pflicht darstelle. Dieses Doppelbekenntnis, das zwischen<br />
Staatsloyalität und völkischer Treue unterschied,<br />
war vielfach die Ursache für das Misstrauen <strong>der</strong> ungarischen<br />
Staatsnation gegenüber <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit.<br />
10.4. Die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit im slowakischen Teil<br />
<strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
Die Situation des Deutschtums auf slowakischem<br />
Gebiet war bereits ab <strong>der</strong> 2. Hälfte des 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts durch die erfolgreiche Magyarisierung<br />
Oberungarns <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Existenz sehr stark e<strong>in</strong>geschränkt<br />
worden. Es gab nur noch e<strong>in</strong>ige wenige deutsche<br />
Sprach<strong>in</strong>seln <strong>in</strong> Preßburg (slowak. Bratislava) und<br />
Umgebung, im Hauerland mit Kremnitz (slow.<br />
Kremnica) und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Oberzips um Käsmark (slow.<br />
Kežmarok). 1919 nahm <strong>der</strong> Deutsche Kulturverband<br />
se<strong>in</strong>e Arbeit auf und konzentrierte sich zunächst auf die<br />
verbliebenen <strong>deutschen</strong> Sprach<strong>in</strong>seln. Erst 1929 wurde<br />
die Karpatendeutsche Partei (KdP) gegründet, die ab<br />
1933 unter Franz Karmas<strong>in</strong> (1901-1970) e<strong>in</strong>en stärkeren<br />
Kontakt zu Konrad Henle<strong>in</strong>s (1898-1945)<br />
Sudetendeutscher Heimatfront pflegte, die 1935 bei<br />
den Parlamentswahlen als Sudetendeutsche Partei<br />
(SdP) kandidierte. 1935 schloss die KdP e<strong>in</strong><br />
Wahlbündnis mit <strong>der</strong> SdP und errang 30.000 Stimmen,<br />
was ihr zwei Mandate sicherte. Am 8. Oktober 1938<br />
erfolgte nach dem Münchener Abkommen vom 29.<br />
September 1938, das die mehrheitlich deutsch besiedelten<br />
Randgebiete Böhmens und Mährens<br />
(Sudetenland) an das Dritte Reich anschloss,<br />
die Umbenennung <strong>der</strong> KdP <strong>in</strong> Deutsche Partei<br />
(DP). Die DP organisierte sich nach dem<br />
Vorbild <strong>der</strong> Nationalsozialistischen Deutschen<br />
Arbeiterpartei (NSDAP) und gehörte <strong>der</strong><br />
Regierung unter Josef Tiso (1887-1947) an.<br />
Am 14. März 1939 erklärte <strong>der</strong> slowakische<br />
Landtag unter dem Druck Hitlers se<strong>in</strong>e<br />
Unabhängigkeit von Prag, womit die Slowakei<br />
mit 2,6 Millionen E<strong>in</strong>wohnern und e<strong>in</strong>er<br />
Fläche von etwa 38.000 km² ihre staatliche<br />
Souveränität erhielt.<br />
1937<br />
Anerkennung <strong>der</strong> Volks<strong>deutschen</strong><br />
Kameradschaft von Franz Basch<br />
als alle<strong>in</strong>ige Vertreter<strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> ungarn<strong>deutschen</strong> Volksgruppe<br />
1938<br />
Rumänien wird Königsdiktatur (11.2.);<br />
Anschluss Österreichs an das<br />
Dritte Reich (13.3.);<br />
Hitler entwirft Plan zur Zerschlagung<br />
<strong>der</strong> Tschechoslowakei (30.5.);<br />
Hitler trifft den ungarischen<br />
M<strong>in</strong>isterpräsidenten Darányi (18.6.);<br />
Frankreich, England, Italien und<br />
das Dritte Reich beschließen<br />
im Münchner Abkommen<br />
den Anschluss <strong>der</strong> mehrheitlich<br />
von Deutschen bewohnten Randgebiete<br />
<strong>in</strong> Böhmen und Mähren (Sudetenland)<br />
an Deutschland (30.9.);<br />
Ungarn erhält durch den<br />
Ersten Wiener Schiedsspruch<br />
Gebiete <strong>in</strong> <strong>der</strong> südlichen Slowakei und<br />
die Karpato-Ukra<strong>in</strong>e zugesprochen (2.11.);<br />
Volksbund <strong>der</strong> Deutschen<br />
<strong>in</strong> Ungarn gegründet (26.11.)<br />
Josef Tiso (1887-1947)<br />
Zeittafel<br />
31
11. Der Zweite Weltkrieg und die<br />
Folgen<br />
Die Annäherung <strong>der</strong><br />
<strong>deutschen</strong> <strong>Volksgruppen</strong>führung<br />
an die<br />
nationalsozialistische<br />
Ideologie führte schon<br />
sehr bald nach <strong>der</strong><br />
Machtübernahme <strong>der</strong><br />
Nationalsozialisten <strong>in</strong><br />
Deutschland von 1933<br />
zu e<strong>in</strong>er politischen<br />
Instrumentalisierung<br />
<strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heitenpolitik<br />
durch Berl<strong>in</strong> und spätestens<br />
nach dem Anschluss<br />
Österreichs im<br />
März 1938 zu e<strong>in</strong>er<br />
ideologischen Gleichschaltung<br />
<strong>der</strong> volks<strong>deutschen</strong>E<strong>in</strong>richtungen<br />
über die Volksdeutsche<br />
Mittelstelle<br />
(VOMI). Die Übernahme<br />
und öffentliche Präsentationnationalsozialistischer<br />
Symbole erweckte<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> nicht<strong>deutschen</strong>Mehrheitsbevölkerung<br />
<strong>der</strong> Tschechoslowakei,<br />
Ungarns, Rumäniens,<br />
Jugoslawiens und<br />
Polens den E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>er<br />
weitgehenden Identifikation<br />
<strong>der</strong> Volks<strong>deutschen</strong> mit <strong>der</strong><br />
NS-Ideologie.<br />
In <strong>der</strong> Reichstagsrede vom<br />
6. Oktober 1939 for<strong>der</strong>te<br />
Hitler im Berl<strong>in</strong>er Sportpalast<br />
die Splitter des <strong>deutschen</strong><br />
Volkstums auf, heim<br />
<strong>in</strong>s Reich zu kommen.<br />
Die Dobrudscha<strong>deutschen</strong> Umsiedler fahren im November 1940<br />
die donauaufwärts “heim <strong>in</strong>s Reich”<br />
32<br />
E<strong>in</strong>e<br />
Wagenkolone von<br />
Bessarabien<strong>deutschen</strong>
11.1. Die Rumänien-Deutschen im Zweiten<br />
Weltkrieg<br />
Am 5. September 1940 unterzeichnete das Deutsche<br />
Reich e<strong>in</strong>en Umsiedlungsvertrag mit <strong>der</strong> Sowjetunion.<br />
Daraufh<strong>in</strong> wurden 93.000 Bessarabiendeutsche nach<br />
Deutschland umgesiedelt. Die 43.000 Deutschen aus<br />
<strong>der</strong> Nordbukow<strong>in</strong>a kamen über Czernowitz (ukr. Èernivci,<br />
rum. Cern–uti) und Krakau (poln. Kraków) mit <strong>der</strong><br />
Bahn nach Schlesien. Auch mit Rumänien gab es 1940<br />
e<strong>in</strong>en Umsiedlungsvertrag, <strong>der</strong> den Transfer <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Bevölkerung aus <strong>der</strong> Norddobrudscha (15.400<br />
Personen) und <strong>der</strong> Südbukow<strong>in</strong>a (52.000) regelte.<br />
Insgesamt wurden bis zum Frühjahr 1944 ungefähr<br />
215.000 Volksdeutsche aus Südosteuropa <strong>in</strong>s<br />
Deutsche Reich und <strong>in</strong> die besetzten Gebiete umgesiedelt.<br />
Am 23. November 1940 trat Rumänien<br />
dem Dreimächtepakt Deutschland,<br />
Italien und Japan bei. Das<br />
rumänische <strong>Volksgruppen</strong>gesetz von<br />
1940 räumte den Volks<strong>deutschen</strong> die<br />
Möglichkeit e<strong>in</strong>, als "rumänische juristische<br />
Person des öffentlichen<br />
Rechts" zu wirken. Im November<br />
1940 wurde <strong>in</strong> Mediasch (rum.<br />
Mediaþ, ung. Medgyes) die Nationalsozialistische<br />
Deutsche Arbeiterpartei<br />
<strong>der</strong> Deutschen Volksgruppe <strong>in</strong><br />
Rumänien gegründet. Bereits im Juni<br />
1940 waren über e<strong>in</strong>e Tausend-<br />
Mann-Aktion bis zu 1.500 Rumäniendeutsche<br />
für die Waffen-SS ausgemustert<br />
worden. Bis 1942 dienten<br />
aber auch über 40.000 rumänische<br />
Volksdeutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> rumäni-<br />
schen Armee, wozu sie<br />
Ausweis e<strong>in</strong>er<br />
Umsiedler<strong>in</strong><br />
Siebenbürger<br />
Sachsen 1941<br />
1939<br />
Ungarn genehmigt die<br />
VDU-Satzungen (13.4.);<br />
Slowakei erklärt ihre<br />
Unabhängigkeit (14.3);<br />
deutsche Truppen besetzen die<br />
restliche Tschechoslowakei (15.3);<br />
deutsch-italienischer Vertrag zur<br />
Umsiedlung <strong>der</strong> Südtiroler (23.6.);<br />
deutsch-sowjetischer<br />
Nichtangriffspakt (23.8.);<br />
deutscher Angriff auf Polen (1.9.);<br />
England und Frankreich stellen<br />
Ultimatum an Deutschland, danach<br />
Kriegserklärung (3.9.);<br />
Reichstagsrede Hitlers zur<br />
Heimholung deutscher Volkssplitter (6.10.);<br />
deutsch-estnischer Vertrag zur<br />
Umsiedlung <strong>der</strong> Estland<strong>deutschen</strong> (15.10.);<br />
Polen wird deutsches<br />
Generalgouvernement (16.10.);<br />
deutsch-lettischer Vertrag zur<br />
Umsiedlung <strong>der</strong> Lettland<strong>deutschen</strong> (30.10.);<br />
deutsch-sowjetischer Vertrag zur<br />
Umsiedlung <strong>der</strong> Deutschen aus<br />
Wolhynien und Ost-Galizien<br />
Zeittafel<br />
33
wegen ihrer rumänischen Staatsbürgerschaft verpflichtet<br />
waren. 1943 wurde zwischen Berl<strong>in</strong> und Bukarest<br />
e<strong>in</strong> bilaterales Abkommen unterzeichnet, das "rumänischen<br />
Staatsbürgern volksdeutscher Zugehörigkeit" die<br />
Möglichkeit eröffnete, sich freiwillig zur Waffen-SS zu<br />
melden. Bis Ende 1943 meldeten sich 54.000<br />
Volksdeutsche aus Rumänien zur Waffen-SS. Der<br />
Großteil von ihnen wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> SS-Division Pr<strong>in</strong>z<br />
Eugen am Balkan o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Ostfront e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Weitere 150.000 rumänische Volksdeutsche standen <strong>in</strong><br />
den Reihen <strong>der</strong> Deutschen Wehrmacht o<strong>der</strong> kamen <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrie zum E<strong>in</strong>satz. Am 23.<br />
August 1944 trat Rumänien nach dem Sturz des<br />
Antonescu-Regimes auf die Seite <strong>der</strong> Alliierten über.<br />
Die Sathmarer-Schwaben wurden nach dem Zweiten<br />
Wiener Schiedsspruch Ungarn zugesprochen, wodurch<br />
e<strong>in</strong>e neue Welle <strong>der</strong> Magyarisierung e<strong>in</strong>setzte. Die<br />
Banater Schwaben erhielten jedoch auf Grundlage<br />
bilateraler Vere<strong>in</strong>barungen zwischen Berl<strong>in</strong> und<br />
Bukarest e<strong>in</strong>e autonome Verwaltung, jedoch blieb <strong>der</strong><br />
eigene Wirkungsradius auf die von reichs<strong>deutschen</strong><br />
Stellen vorgegebenen Eckpunkte beschränkt. Am Ende<br />
des Zweiten Weltkriegs mussten die Banater<br />
Schwaben ähnlich wie die Siebenbürger Sachsen<br />
Enteignungen und Zwangsdeportationen <strong>in</strong> die UdSSR<br />
erdulden.<br />
11.2. Die Jugoslawien-Deutschen im Zweiten<br />
Weltkrieg<br />
Auch das Königreich Jugoslawien trat am 25. März<br />
1941 dem Dreimächtepakt bei. Daraufh<strong>in</strong> organisierten<br />
serbische Offiziere e<strong>in</strong>en Putsch gegen die jugoslawische<br />
Regierung, riefen den Thronfolger Peter II.<br />
Karadjordjeviæ zum König aus und schlossen e<strong>in</strong>en<br />
Freundschafts- und Nichtangriffspakt mit <strong>der</strong><br />
Sowjetunion ab. Hitler hatte sofort am 27. März 1941<br />
nach Bekanntwerden des Putsches den Befehl erteilt,<br />
"Jugoslawien militärisch und als Staatsgebilde zu zerschlagen."<br />
Nach <strong>der</strong> militärischen Kapitulation <strong>der</strong><br />
jugoslawischen Armee am 17. April 1941 wurde<br />
Jugoslawien zwischen Deutschland, Italien, Ungarn<br />
und Bulgarien aufgeteilt.<br />
Kroatien erklärte sich am 10. April 1941 zum<br />
Unabhängigen Staat Kroatien, dem Ante Paveliæ<br />
(1889-1959) als Führer <strong>der</strong> nationalistischen<br />
Ustaša-Bewegung vorstand. Dem unabhängigen<br />
Kroatien fiel die donauschwäbische Bevölkerung<br />
Slawoniens, Syrmiens und Bosniens zu. Die<br />
<strong>Donauschwaben</strong> im Westbanat bekamen e<strong>in</strong>e<br />
weitgehende Autonomie zugesprochen und blieben<br />
beim stark verkle<strong>in</strong>erten und unter deutscher<br />
34<br />
1940<br />
Rumänien muss Bessarabien<br />
und die Nordbukow<strong>in</strong>a an<br />
die UdSSR abtreten (28.6.);<br />
Deutsches Haus <strong>in</strong> Budapest<br />
e<strong>in</strong>geweiht (18.8.);<br />
Zweiter Wiener Schiedsspruch<br />
beschließt die Abtretung<br />
Nordsiebenbürgens von<br />
Rumänien an Ungarn (30.8.);<br />
<strong>Volksgruppen</strong>abkommen<br />
zwischen dem Dritten Reich<br />
und Ungarn zum Schutz <strong>der</strong><br />
Volks<strong>deutschen</strong> (30.8.);<br />
Umsiedlungsvertrag zwischen<br />
dem Dritten Reich und Rumänien<br />
zur Umsiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Bevölkerung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Norddobrudscha<br />
und <strong>der</strong> Südbukow<strong>in</strong>a (22.10);<br />
Deutsches <strong>Volksgruppen</strong>dekret <strong>in</strong><br />
Rumänien (20.11.);<br />
Ungarn tritt dem Dreimächtepakt<br />
bei (22.11.);<br />
Rumänien tritt dem Dreimächtepakt<br />
bei (23.11);<br />
Gründung <strong>der</strong> Nationalsozialistischen<br />
Arbeiterpartei <strong>der</strong> Deutschen<br />
Volksgruppe <strong>in</strong> Rumänien<br />
Zeittafel
Militärverwaltung stehenden serbischen Staat, <strong>der</strong><br />
unter <strong>der</strong> Führung von General Milan Nediæ stand. Die<br />
Batschka und das Baranja-Dreieck kamen mit ihren<br />
<strong>Donauschwaben</strong> zu Ungarn. Das Deutsche Reich<br />
selbst beanspruchte hauptsächlich slowenische<br />
Gebiete, nämlich die Untersteiermark, das Mießtal und<br />
die Oberkra<strong>in</strong>. Diese Gebiete wurden <strong>in</strong> weiterer Folge<br />
von den Gauleitern <strong>der</strong> beiden Reichsgaue Kärnten<br />
und Steiermark verwaltet und auf Befehl Hitlers <strong>der</strong><br />
<strong>deutschen</strong> Zivilverwaltung unterstellt. Die Gottschee fiel<br />
an Italien, weshalb im Herbst 1941 die Umsiedlung <strong>der</strong><br />
Gottscheer <strong>in</strong> die Unter-Steiermark durchgeführt wurde.<br />
Die Aufteilung Jugoslawiens<br />
nach dem Aprilkrieg 1941<br />
Am 26. November 1942 wurde <strong>in</strong> Bihaæ im Nordwesten<br />
Bosniens auf Initiative <strong>der</strong> militärischen Führung <strong>der</strong><br />
Partisanenarmee <strong>der</strong> Antifaschistische Rat <strong>der</strong><br />
Volksbefreiung Jugoslawiens (AVNOJ) als oberstes<br />
legislatives Organ Jugoslawiens gegründet. An <strong>der</strong><br />
Spitze des Nationalkomitees zur Befreiung Jugoslawiens<br />
stand Marschall Josip Broz Tito (1892-1980).<br />
Tito leitete den militärischen Kampf des kommunistischen<br />
Wi<strong>der</strong>standes gegen die deutsche Besatz-<br />
35
ungsmacht. Die Partisanentätigkeit radikalisierte die<br />
Maßnahmen <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Besatzer. Am 16.<br />
September 1941 erließ das Oberkommando <strong>der</strong><br />
Wehrmacht (OKW) den Befehl Nr. 888 von<br />
Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel (1882-1946), <strong>der</strong><br />
anordnete, dass <strong>in</strong> Serbien für jeden getöteten<br />
Deutschen 100 Zivilisten erschossen werden. Am 20.<br />
Oktober 1941 wurden<br />
etwa <strong>in</strong> Kragujevac<br />
2300 serbische<br />
Zivilisten erschossen.<br />
Unter den Opfern<br />
befanden sich 300<br />
Schüler, die man<br />
zuvor aus <strong>der</strong> Schule<br />
getrieben hatte.<br />
Kundgebung <strong>der</strong> Deutschen Volksgruppe <strong>in</strong> Jugoslawien <strong>in</strong> Esseg am<br />
1. 6. 1941, vorne <strong>Volksgruppen</strong>führer Janko<br />
Mit <strong>der</strong>selben Brutalität wurde auch die Vernichtung des<br />
serbischen Judentums betrieben. Im Westbanat stellte<br />
die deutsche <strong>Volksgruppen</strong>führung als Reaktion auf die<br />
Übergriffe und Sabotageakte <strong>der</strong> Partisanen e<strong>in</strong>e<br />
Schutzformation mit dem Namen Pr<strong>in</strong>z Eugen auf, die<br />
anfänglich lediglich <strong>der</strong> zivilen Verteidigung diente. Im<br />
April 1942 wurde aber auf Befehl Hitlers die Aufstellung<br />
<strong>der</strong> SS-Freiwilligen-Gebirgsdivision Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />
(SS-Div. Pr<strong>in</strong>z Eugen) angeordnet, die unter dem<br />
Kommando des Siebenbürger-Sachsen Arthur Phleps<br />
(1881-1944) stand.<br />
Die Deutsche Volksgruppe <strong>in</strong> Kroatien (DVGK) genoss<br />
nach Festlegung <strong>der</strong> politischen Führung <strong>der</strong> Ustaša-<br />
Bewegung "das une<strong>in</strong>geschränkte Recht zu politischer,<br />
kultureller, wirtschaftlicher und verwaltungsmäßiger<br />
Arbeit." Dieses Recht garantierte das Bekenntnis zum<br />
Nationalsozialismus und e<strong>in</strong>e enge Kontaktpflege zur<br />
nationalsozialistischen Führung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Die volks-<br />
36<br />
SS-Div.<br />
Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />
1941<br />
Deutsch-sowjetischer Vertrag zur<br />
Nachumsiedlung <strong>der</strong> Deutschen<br />
aus Estland, Lettland und Litauen (10.1.);<br />
Königreich Jugoslawien tritt dem<br />
Dreimächtepakt bei (25.3);<br />
Hitler befiehlt die militärische<br />
Zerschlagung Jugoslawiens (27.3.);<br />
Nichtangriffspakt zwischen<br />
<strong>der</strong> Sowjetunion und Jugoslawien (5.4.);<br />
Slavko Kvaternik erklärt Kroatien<br />
für unabhängig (10.4.);<br />
Kapitulation Jugoslawiens (17.4.);<br />
deutscher Angriff auf die UdSSR<br />
mit Beteiligung von Rumänien, Ungarn,<br />
die Slowakei, Kroatien, Italien<br />
und F<strong>in</strong>nland (22.6.); Befehl des<br />
Oberkommandos <strong>der</strong> Wehrmacht<br />
zur Geiselerschießung <strong>in</strong> Serbien<br />
als Reaktion auf Partisanenüberfälle;<br />
Zeittafel
nach NS-Muster und regelte die Anliegen <strong>der</strong> DVGK<br />
über die Nationalsozialistische Deutsche Gefolgschaft<br />
Kroatiens (NSDGK). 1941 gab es mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satzstaffel<br />
(ES) und <strong>der</strong> Deutschen Mannschaft (DM) zwei SS-<br />
Vorfeldorganisationen, die bei <strong>der</strong> Ausmusterung <strong>der</strong><br />
Jugoslawien<strong>deutschen</strong> zur Waffen-SS e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Rolle spielten. Im Dezember 1942 wurde auf Befehl<br />
Hitlers die SS-Division Pr<strong>in</strong>z Eugen <strong>in</strong> den kroatischbosnischen<br />
Raum verlegt, wo sie bis Kriegsende zur<br />
Bekämpfung <strong>der</strong> Partisanenbewegung e<strong>in</strong>gesetzt<br />
wurde. Der SS-Division Pr<strong>in</strong>z Eugen gehörten viele<br />
Volksdeutsche aus Jugoslawien und Rumänien an.<br />
Nach <strong>der</strong> Kapitulation Rumäniens rückte die Rote<br />
Armee unaufhaltsam <strong>in</strong> das donauschwäbische Gebiet<br />
vor. Als Anfang September 1944 die Rote Armee bis <strong>in</strong><br />
den Westbanat vorstieß, setzten Fluchtbewegungen<br />
und Evakuierungen e<strong>in</strong>. Aber lediglich <strong>in</strong> Syrmien und<br />
Slawonien, die zum kroatischen Staatsgebiet gehörten,<br />
konnte die deutsche Bevölkerung von den <strong>deutschen</strong><br />
Militärbehörden rechtzeitig evakuiert werden. 200.000<br />
<strong>Donauschwaben</strong> wurden schließlich Gefangene <strong>der</strong><br />
Roten Armee und <strong>der</strong> Partisanen.<br />
11.3. Die Ungarn-Deutschen im Zweiten Weltkrieg<br />
Die Wie<strong>der</strong>errichtung des ungarischen Großreichs <strong>der</strong><br />
Stephanskrone wurde nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> südslowakischen Gebiete <strong>in</strong> den nationalkonservativen<br />
Kreisen <strong>der</strong> ungarischen Gesellschaft neuerlich<br />
zum erklärten Ziel hochstilisiert. Bereits am 2.<br />
November 1938 waren durch den Ersten Wiener<br />
SS-Div. Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />
im E<strong>in</strong>satz<br />
1942<br />
Ungarische Armee richtet <strong>in</strong><br />
Neusatz (serb. Novi Sad, ung. Újvidék)<br />
e<strong>in</strong> blutiges Massaker unter<br />
<strong>der</strong> serbischen und jüdischen<br />
Bevölkerung nach Partisanenübergriffen<br />
an (21./23.1.);<br />
deutsch-ungarisches Abkommen<br />
über Erlaubnis für SS-Werbeaktionen (1.2.);<br />
Ribbentrop for<strong>der</strong>t die Volks<strong>deutschen</strong><br />
zum Fronte<strong>in</strong>satz auf (14.6.);<br />
Antifaschistischer Rat<br />
<strong>der</strong> Volksbefreiung Jugoslawiens<br />
(AVNOJ) <strong>in</strong> Bosnien gegründet (26.11.);<br />
Hitler verlangt die Verlegung<br />
<strong>der</strong> 7. SS-Div. Pr<strong>in</strong>z Eugen<br />
nach Kroatien (5.12.)<br />
Zeittafel<br />
37
Schiedsspruch Gebiete <strong>der</strong> Südslowakei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Ausmaß von 10.400 km² und 860.000 Personen an Ungarn<br />
gefallen. Ungarn trat im Jänner 1939 aus dem<br />
Völkerbund aus, beteiligte sich aber nicht am Krieg<br />
gegen Polen. Der Zweite Wiener Schiedsspruch vom<br />
30. August 1940, <strong>der</strong> den Anschluss Nordsiebenbürgens<br />
an Ungarn festschrieb, führte zu e<strong>in</strong>er weiteren<br />
Annäherung <strong>der</strong> ungarischen Außenpolitik an die<br />
Interessen des Dritten Reichs, was sich aber bald als<br />
Abhängigkeit erwies. Im November 1940 trat Ungarn<br />
dem Dreimächtepakt bei und machte sich damit für die<br />
Kriegspläne Deutschlands unentbehrlich. Ungarische<br />
Truppen beteiligten sich im April 1941 an <strong>der</strong> militärischen<br />
Zerschlagung Jugoslawiens und annektierten<br />
das Baranyadreieck und die Batschka. Im W<strong>in</strong>ter<br />
1941/42 kam es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Batschka zu schrecklichen Ausschreitungen<br />
ungarischer E<strong>in</strong>heiten gegen Serben und<br />
Juden. Die berüchtigte "Razzia <strong>in</strong> <strong>der</strong> Batschka" kostete<br />
2.455 Serben und 810 Juden das Leben. Das Zentrum<br />
dieser Ausschreitungen war Neusatz (serb. Novi<br />
Sad, ung. Újvidék). Ende Juni 1941 erklärte auch Ungarn<br />
<strong>der</strong> Sowjetunion den Krieg und marschierte mit<br />
e<strong>in</strong>er Armee bis an den Don vor, wo sie im W<strong>in</strong>ter<br />
1942/43 vernichtet wurde.<br />
Ähnlich wie <strong>in</strong> Rumänien und Jugoslawien traten ab<br />
1941 junge Ungarndeutsche zunächst freiwillig, später<br />
verpflichtend den Verbänden <strong>der</strong> Waffen-SS bei, nachdem<br />
sie zuvor zu Schulungskursen nach Deutschland<br />
e<strong>in</strong>geladen worden waren. Am 1. Februar 1942 unterzeichneten<br />
Budapest und Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Abkommen zur<br />
Bildung e<strong>in</strong>er deutsch-ungarischen Musterungskommission,<br />
die es den Ungarn<strong>deutschen</strong> ermöglichte,<br />
zur Waffen-SS e<strong>in</strong>gezogen zu werden. An<strong>der</strong>seits dienten<br />
die Volks<strong>deutschen</strong> <strong>in</strong> Ungarn auch <strong>in</strong> den Reihen<br />
<strong>der</strong> ungarischen Armee. Nach e<strong>in</strong>er amtlichen Zählung<br />
vom 28. Dezember 1943 dienten 22.125 Ungarn-<br />
38<br />
Admiral Miklós von Horthy<br />
(1868-1957)<br />
1943<br />
Geheimverhandlungen <strong>der</strong> ungarischen<br />
Regierung mit den Westmächten (Sept.);<br />
2. AVNOJ-Sitzung <strong>in</strong> Jajce (29./30.11.);<br />
Zeittafel
deutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Waffen-SS, 1.729 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Deutschen<br />
Wehrmacht und 459 <strong>in</strong> wehrähnlichen Verbänden.<br />
Etwa 35.000 von ihnen entschieden sich für die ungarische<br />
Armee. Die ständigen Rekrutierungsfor<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Reichsregierung und die drohende Nie<strong>der</strong>lage des<br />
Dritten Reichs verstärkten das Spannungspotential<br />
zum ungarischen Satelliten-Staat. Am 19. März 1944<br />
kam es schließlich zur Besetzung Ungarns durch die<br />
verbündeten <strong>deutschen</strong> Truppen. Damit begannen<br />
auch die Deportationen von m<strong>in</strong>destens 450.000 ungarischen<br />
Juden <strong>in</strong> das Konzentrationslager Auschwitz-<br />
Birkenau, <strong>in</strong> dem 250.000 ermordet wurden.<br />
Ab September 1944 rückte die Rote Armee auf ungarisches<br />
Staatsgebiet vor. Admiral Miklós von Horthy<br />
(1868-1957) bot Stal<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Son<strong>der</strong>frieden an, wurde<br />
aber sofort von deutscher Seite abgesetzt. Die<br />
Nachfolge trat <strong>der</strong> Führer <strong>der</strong> Pfeilkreuzler (ungarische<br />
Faschisten) Ferenc Szálasi (1897-1946) an, unter dessen<br />
Regime <strong>der</strong> blutige Terror gegen die jüdische<br />
Bevölkerung und gegen die politische Opposition <strong>in</strong>tensiviert<br />
wurde. Anfang Oktober 1944 stieß die Rote<br />
Armee <strong>in</strong> den Südosten Ungarns vor und eroberte den<br />
Banat und die Batschka.<br />
11.4. Die Karpaten-Deutschen im Zweiten<br />
Weltkrieg<br />
Die Verfassung <strong>der</strong> Slowakei vom 21. Juli 1939 sicherte<br />
<strong>der</strong> Slowakischen Volkspartei den alle<strong>in</strong>igen<br />
Führungsanspruch zu und garantierte <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Volksgruppe, "an <strong>der</strong> Staatsgewalt durch ihre registrierte<br />
politische Partei" teilzunehmen. Die Slowakei wurde<br />
schrittweise nach Vorbild Italiens und Deutschlands <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e autoritäre E<strong>in</strong>parteiendiktatur umgebaut. Mit dem<br />
Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wuchs <strong>der</strong> Druck<br />
Berl<strong>in</strong>s auf die slowakische Regierung, die <strong>der</strong><br />
Wehrmacht das Land als Aufmarschgebiet gegen<br />
Polen überlassen musste.<br />
Die Slowakei sollte nach den<br />
Plänen <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Militärführung "unter Ausnutzung<br />
<strong>der</strong> wehrwirtschaftlichen<br />
Betriebe" e<strong>in</strong> Bestandteil<br />
<strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Rüstungs<strong>in</strong>dustrie<br />
werden. Am 24.<br />
November 1940 trat die<br />
Slowakei dem Dreimächtepakt<br />
bei und nahm mit zwei<br />
Divisionen auch am Feldzug<br />
gegen die Sowjetunion teil.<br />
Im Juni 1944 for<strong>der</strong>te Berl<strong>in</strong><br />
wegen <strong>der</strong> hohen<br />
Verluste<br />
Tiso und Tuka<br />
1944<br />
Deutsche Truppen besetzen<br />
Ungarn (19.3.);<br />
Slowakei gestattet Berl<strong>in</strong><br />
SS-Werbung (7.6.);<br />
Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Deportation ungarischer<br />
Juden (15.5.);<br />
Tiso stimmt SS-Werbeaktionen<br />
auf slowakischem Staatsgebiet zu (7.6.);<br />
Rumänien wechselt zu<br />
den Alliierten über (23.8.);<br />
Beg<strong>in</strong>n des Nationalen Aufstands<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei (29.8.);<br />
die Rote Armee besetzt<br />
den Westbanat (6.10);<br />
Putsch <strong>der</strong> Pfeilkreuzler mit Ernennung<br />
von Ferenc Szálasi zum ungarischen<br />
M<strong>in</strong>isterpräsidenten (15./16.10.);<br />
Horthy tritt zurück (16.10.);<br />
Rote Armee stößt <strong>in</strong><br />
die Ostslowakei vor (18.10.);<br />
die Rote Armee besetzt<br />
die Batschka (23.10.);<br />
Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Evakuierung von<br />
120.000 Karpaten<strong>deutschen</strong> (27.10.);<br />
Belgra<strong>der</strong> AVNOJ-Bestimmungen<br />
zur Enteignung des <strong>deutschen</strong><br />
Vermögens <strong>in</strong> Jugoslawien (21.11.);<br />
Evakuierung <strong>der</strong> Deutschen<br />
Nordsiebenbürgens (November)<br />
Zeittafel<br />
39
die Erlaubnis e<strong>in</strong>, auf slowakischem Staatsgebiet<br />
Werbung für die Waffen-SS machen zu dürfen. In <strong>der</strong><br />
Innenpolitik wurden mit <strong>der</strong> Ernennung von Vojtech<br />
Tuka (1880-1946) zum slowakischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten<br />
Vorkehrungen zur Ausmerzung <strong>der</strong> 135.000 slowakischen<br />
Juden aus dem öffentlichen Leben getroffen.<br />
Der am 10. September 1941 erlassene Judenkodex<br />
ordnete die Enteignung, Entrechtung und<br />
Deportation <strong>der</strong> slowakischen Juden <strong>in</strong> die NS-<br />
Vernichtungslager Auschwitz, Lubl<strong>in</strong> und Majdanek an,<br />
<strong>in</strong> denen 56.000 slowakische Juden den Holocaust<br />
nicht überlebten. Erst am 15. Mai 1942 wurden die<br />
Deportationen auf Initiative des slowakischen<br />
Staatspräsidenten Tiso bis zum Herbst 1944 e<strong>in</strong>gestellt.<br />
Am 29. August 1944 brach <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mittel- und<br />
Ostslowakei <strong>der</strong> slowakische Nationalaufstand los. Tiso<br />
bat Hitler um Unterstützung gegen die Aufständischen,<br />
die erst nach heftigen Kämpfen bis Ende Oktober 1944<br />
von den <strong>deutschen</strong> Truppen geschlagen werden konnten.<br />
Am 5. April 1945 wurde nach dem militärischen<br />
Vorrücken <strong>der</strong> Roten Armee im ostslowakischen<br />
Kaschau (slow. Košice) das Programm <strong>der</strong> "Regierung<br />
<strong>der</strong> nationalen Front <strong>der</strong> Tschechen und Slowaken"<br />
verkündet.<br />
12. 1. Rumänien<br />
Die deutsche Bevölkerung Rumäniens wurde - abgesehen<br />
von den im November 1944 nach Österreich evakuierten<br />
48.000 Nordsiebenbürgern - nicht vertrieben<br />
o<strong>der</strong> ausgesiedelt. 80.000 Rumäniendeutsche wurden<br />
aber zur Zwangsarbeit <strong>in</strong> die Sowjetunion deportiert,<br />
wobei 12.000 (15%) die sowjetischen Arbeitslager nicht<br />
überlebten. Von den Nordsiebenbürgern wurden im<br />
40<br />
SS-Div. Schill zur Nie<strong>der</strong>schlagung des<br />
slowakischen Aufstands<br />
12. Flucht, Vertreibung, Aussiedlung<br />
1944/45-1948<br />
Internierung von 190.000<br />
<strong>Donauschwaben</strong> <strong>in</strong> jugoslawischen<br />
Lagern mit m<strong>in</strong>destens 51.000 Opfern;<br />
Gesamtzahl <strong>der</strong> donauschwäbischen<br />
Kriegsopfer <strong>in</strong> Jugoslawien 91.000;<br />
ab Dezember 1944 Beg<strong>in</strong>n von<br />
Zwangsdeportationen von <strong>Donauschwaben</strong><br />
<strong>in</strong> die Sowjetunion<br />
Zeittafel<br />
1945<br />
Rumänisch-sowjetischer Wirtschaftsvertrag<br />
mit 80.000 <strong>deutschen</strong> Zwangsdeportierten (7.1.);<br />
Waffenstillstandsabkommen zwischen Ungarn und<br />
den Alliierten (20.1.);<br />
Verordnungen <strong>der</strong> ungarischen Nationalversammlung<br />
zur Konfiskation des Fe<strong>in</strong>dvermögens (15.3.);<br />
Enteignungsdekret Rumäniens (23.3.);<br />
Prager Aufstand mit Ausschreitungen gegen die deutsche<br />
Zivilbevölkerung (5.5.);<br />
Potsdamer Abkommen ordnet die Ausweisung <strong>der</strong> verbliebenen<br />
Deutschen aus Polen, <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
und Ungarn nach Deutschland an (2.8.);<br />
Verordnungen <strong>der</strong> ungarischen Nationalversammlung<br />
zur Umsiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Volksgruppe (22.12.)
Sommer 1945 etwa 12.000 wie<strong>der</strong> nach Rumänien<br />
zurückgeschickt. Rumänien beteiligte sich nicht an <strong>der</strong><br />
Zwangsausweisung <strong>der</strong> Deutschen, die von den drei<br />
alliierten Siegermächten unter Artikel XIII des<br />
Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 angeordnet<br />
wurden: Die drei Regierungen haben die Frage unter<br />
allen Gesichtspunkten beraten und erkennen an, dass<br />
die Überführung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Bevölkerung o<strong>der</strong> von<br />
Bestandteilen <strong>der</strong>selben, die <strong>in</strong> Polen, <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
und Ungarn zurückgeblieben s<strong>in</strong>d, nach<br />
Deutschland durchgeführt werden muss.<br />
Siebenbürger<br />
Trecks im Herbst 1944<br />
12. 2. Jugoslawien<br />
200.000 <strong>Donauschwaben</strong> wurden im Herbst 1944 von<br />
<strong>der</strong> Kriegsfront überrollt. Bis 6. Oktober 1944 besetzte<br />
die Rote Armee den Westbanat und bis zum 23.<br />
Oktober 1944 die gesamte Batschka. Die Erschießungs-<br />
und Säuberungsaktionen <strong>der</strong> Tito-Partisanen<br />
betrafen <strong>in</strong> den ersten Wochen vor allem wohlhabende<br />
deutsche Bürger im Alter von 16 bis 60 Jahren (NS-<br />
Funktionäre und Klassenfe<strong>in</strong>de) und for<strong>der</strong>ten ab dem<br />
Herbst 1944 (Aktion Intelligenzija) rund<br />
9.500 Todesopfer. Im W<strong>in</strong>ter 1944/45 wurden<br />
<strong>in</strong> den donauschwäbischen Siedlungsgebieten<br />
Arbeitslager und Konzentrationslager<br />
für die Zivilbevölkerung e<strong>in</strong>gerichtet,<br />
die es nach Kriegsende auch für die deutsche<br />
Volksgruppe auf slowenischem Gebiet<br />
gab. Zwischen November 1944<br />
und März 1948 kamen von den 170.000<br />
zivil<strong>in</strong>ternierten <strong>Donauschwaben</strong> m<strong>in</strong>destens<br />
51.000 durch Gewalt, Hunger o<strong>der</strong><br />
1946<br />
Verordnung des tschechoslowakischen<br />
Innenm<strong>in</strong>isteriums zur Zurückhaltung<br />
von <strong>deutschen</strong> Spezialisten und<br />
Facharbeitern (27.5.);<br />
Rumänisches Wahlgesetz schließt<br />
Deutsche aus (14.6.)<br />
1947<br />
Massenflucht von Deutschen aus<br />
den jugoslawischen Lagern über<br />
die ungarische und rumänische Grenze<br />
1948<br />
Auflösung <strong>der</strong> Lager <strong>in</strong> Jugoslawien;<br />
Volkzählung <strong>in</strong> Jugoslawien mit 55.337<br />
Deutschen (15.3.)<br />
1949<br />
Alliierte Hohe Kommission beschließt<br />
mit Prag die weitere Aussiedlung von<br />
20.000 Deutschen (26.10.);<br />
Tschechoslowakische Regierungsverordnungen<br />
zum Wie<strong>der</strong>erwerb<br />
<strong>der</strong> Staatsbürgerschaft für deutsche<br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit (29.11.);<br />
Gründung des Deutschen Antifaschistischen<br />
Komitees <strong>in</strong> Rumänien;<br />
Ungarndeutsche erhalten<br />
Staatsbürgerschaft zurück<br />
1950<br />
Volkszählung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei:<br />
175.790 Deutsche<br />
1950/51<br />
Rückkehr <strong>der</strong> Rumänien<strong>deutschen</strong><br />
aus den sowjetischen Arbeitslagern<br />
1951/52<br />
40.000 Deutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
verweigern die Annahme<br />
<strong>der</strong> tschechoslowakischen<br />
Staatsbürgerschaft<br />
Zeittafel<br />
Donauschwäbischer Treck <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Obersteiermark, Jänner 1945<br />
41
Krankheit ums Leben, darunter bis zu 6.000 K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
unter 14 Jahren. Über 12.000 Angehörige <strong>der</strong> donauschwäbischen<br />
Volksgruppe aus <strong>der</strong> Batschka und dem<br />
Banat wurden im W<strong>in</strong>ter 1944 zur Zwangsarbeit <strong>in</strong> die<br />
Sowjetunion deportiert, von denen m<strong>in</strong>destens 2.000<br />
starben.<br />
12. 3. Ungarn<br />
Bereits nach dem Vordr<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Roten Armee <strong>in</strong> den<br />
pannonischen Raum im Herbst 1944 wurde<br />
die Evakuierung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Bevölkerung<br />
angeordnet, <strong>der</strong> aber nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er<br />
Teil Folge leistete. Der Großteil <strong>der</strong><br />
Ungarn<strong>deutschen</strong> erlebte das Kriegsende<br />
im eigenen Land. Am 22. Dezember 1945<br />
verabschiedete die ungarische Nationalversammlung<br />
auf Grundlage des Potsdamer<br />
Abkommens e<strong>in</strong>e Verordnung zur<br />
Umsiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Bevölkerung<br />
nach Deutschland. Ausgenommen von dieser<br />
Verordnung blieben Personen, die älter<br />
als 65 Jahre waren, die seit 1940 e<strong>in</strong>er<br />
Gewerkschaft angehörten o<strong>der</strong> die glaubhaft<br />
nachweisen konnten, dass sie wegen ihrer nationalen<br />
Treue zum Ungarntum Verfolgungen erleiden mussten.<br />
Die Enteignung und<br />
Aussiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Bevölkerung<br />
aus Ungarn umfasste<br />
190.000 Personen.<br />
42<br />
Ungarndeutsche vor <strong>der</strong><br />
Aussiedlung 1945/46<br />
<strong>Donauschwaben</strong> auf <strong>der</strong><br />
Flucht im Spätherbst 1944<br />
1950-1959<br />
Deutsche K<strong>in</strong><strong>der</strong> durch das Rote Kreuz<br />
aus jugoslawischen K<strong>in</strong><strong>der</strong>heimen nach<br />
Österreich und Deutschland überführt<br />
Zeittafel<br />
1952<br />
Rumänische Verfassung garantiert<br />
Rechte auch für die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit (24.9.)<br />
1953<br />
Deutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei erhalten<br />
per Dekret die Staatsbürgerschaft (24.4.); 60.000<br />
Personen mit deutscher Volkszugehörigkeit <strong>in</strong><br />
Jugoslawien<br />
1954<br />
Verband <strong>der</strong> volks<strong>deutschen</strong> Landsmannschaften<br />
Österreichs (VLÖ) <strong>in</strong> L<strong>in</strong>z gegründet; Rumänien<br />
hebt diskrim<strong>in</strong>ierende Bestimmungen gegen<br />
die 385.000 Angehörigen <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit auf<br />
1956<br />
Ausbruch <strong>der</strong> Revolution <strong>in</strong> Ungarn mit<br />
sowjetischer Militär<strong>in</strong>tervention (23.10.);<br />
Rumänien gibt enteignete Häuser an die Deutschen<br />
zurück<br />
Vertreibung aus Ungarn -<br />
e<strong>in</strong> deutscher Bauer packt se<strong>in</strong>en Wagen<br />
1956-1969<br />
33.210 Deutsche<br />
aus <strong>der</strong> Tschechoslowakei <strong>in</strong> die BRD<br />
ausgereist
12. 4. Tschechoslowakei<br />
Die deutsche Bevölkerung <strong>der</strong> Ostslowakei wurde<br />
bereits seit Ende September 1944 evakuiert. Am 27.<br />
Oktober 1944 erfolgte die Anordnung zur Evakuierung<br />
<strong>der</strong> gesamten <strong>deutschen</strong> Bevölkerung aus <strong>der</strong><br />
Slowakei. Insgesamt waren 120.000 Karpatendeutsche<br />
von <strong>der</strong> Überführung <strong>in</strong> das sudetendeutsche Gebiet<br />
betroffen. Im Sommer<br />
1945 strömte e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong><br />
Karpaten<strong>deutschen</strong> wie<strong>der</strong><br />
<strong>in</strong> ihre Heimatgebiete<br />
zurück, wurde aber<br />
vertrieben. Nach dem<br />
Prager Aufstand vom 5.<br />
Mai 1945 war <strong>in</strong> Böhmen<br />
und Mähren e<strong>in</strong>e Welle<br />
des Hasses gegen die<br />
deutsche Bevölkerung<br />
ausgebrochen, die bis<br />
Juni und Juli 1945 auch<br />
die sudeten<strong>deutschen</strong><br />
Gebiete mit voller Wucht erreichte. Nahezu 800.000<br />
Deutsche wurden zwischen Mai und Juli 1945 <strong>in</strong> wilden<br />
Vertreibungen nach Deutschland und Österreich abgeschoben.<br />
E<strong>in</strong>ige Dekrete des Präsidenten Eduard<br />
Beneš (1884-1948) bestimmten die Enteignung des privaten<br />
sowie des gesamten landwirtschaftlichen,<br />
gewerblichen und <strong>in</strong>dustriellen Besitzes bzw. die<br />
Aberkennung <strong>der</strong> tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft.<br />
Die organisierte Zwangsumsiedlung <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong><br />
Bevölkerung nach Deutschland erfolgte durch<br />
das Potsdamer Abkommen und betraf etwa 2,2<br />
Millionen Sudetendeutsche.<br />
13. Die <strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg<br />
Die Bilanz <strong>der</strong> Vertreibungen und Umsiedlungen <strong>der</strong><br />
Volks<strong>deutschen</strong> aus den<br />
früheren Heimatgebieten<br />
war sehr unterschiedlich.<br />
Während <strong>in</strong> Rumänien<br />
die deutsche Bevölkerung<br />
nur im Norden evakuiert<br />
worden war, verblieb<br />
<strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong><br />
<strong>deutschen</strong> Bevölkerung<br />
Deutscher Friedhof <strong>in</strong><br />
Krndija/Kerndia <strong>in</strong> Slawonien<br />
1960<br />
51.000 Personen deutscher Volkszugehörigkeit<br />
<strong>in</strong> Ungarn<br />
Zeittafel<br />
1961<br />
20.000 Personen mit deutscher Volkszugehörigkeit<br />
<strong>in</strong> Jugoslawien; 51.385 deutsche<br />
Ausreiseanträge <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
1966<br />
Volkszählung <strong>in</strong> Rumänien mit 383.000<br />
Deutschen<br />
Volksdeutsche Vertriebene<br />
<strong>in</strong> Österreich nach 1945<br />
1968<br />
Tschechoslowakei anerkennt die deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Verfassung; E<strong>in</strong>marsch <strong>der</strong> Sowjetunion <strong>in</strong> die<br />
Tschechoslowakei<br />
1969<br />
"Kulturverband tschechoslowakischer Bürger<br />
deutscher Nationalität" gegründet (14.6.)<br />
1973<br />
Aktion Greif zur Fe<strong>der</strong> <strong>in</strong> Ungarn<br />
1970-1975<br />
Weitere 8.857 Deutsche aus <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
ausgereist<br />
1971<br />
12.300 Personen mit deutscher Volkszugehörigkeit<br />
<strong>in</strong> Jugoslawien<br />
43
mit 385.000 Personen auch nach 1945 im Land. Auch<br />
<strong>in</strong> Ungarn verblieb trotz <strong>der</strong> Bestimmungen des<br />
Potsdamer Abkommens e<strong>in</strong>e deutsche Bevölkerung<br />
von 250.000 Personen. Die Tschechoslowakei war um<br />
e<strong>in</strong>e möglichst vollständige Aussiedlung <strong>der</strong> Deutschen<br />
bemüht und hielt nur e<strong>in</strong>en Rest von 200.000<br />
Deutschen zurück, die als Facharbeiter unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Wirtschaft gebraucht wurden o<strong>der</strong> aus Mischehen<br />
abstammten. Auch <strong>in</strong> Jugoslawien reduzierte sich die<br />
deutsche Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg auf<br />
knapp 56.000 Personen, die zum großen Teil im serbischen<br />
Raum lebten. In <strong>der</strong> Ära des Kalten Krieges s<strong>in</strong>d<br />
auf Grundlage von bilateralen Verträgen mit <strong>der</strong> damaligen<br />
Bundesrepublik Deutschland (BRD) <strong>in</strong> den 1960er<br />
und 1980er Jahren weitere zehntausende Deutsche<br />
aus Rumänien, Ungarn und <strong>der</strong> Tschechoslowakei im<br />
Zuge <strong>der</strong> Familienzusammenführung ausgesiedelt worden.<br />
Mit dem Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> kommunistischen Regime <strong>in</strong><br />
Europa von 1989/90 eröffneten sich auch für die <strong>deutschen</strong><br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten <strong>in</strong> den postkommunistischen<br />
Staaten neue Möglichkeiten zur Pflege und Entfaltung<br />
<strong>der</strong> eigenen ethnischen Identität. Nach 1989 setzte<br />
allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e neue Auswan<strong>der</strong>ungswelle von<br />
Deutschen aus Ost- und Südosteuropa nach Deutschland<br />
e<strong>in</strong>, von <strong>der</strong> vor allem Rumänien betroffen war. Bei<br />
<strong>der</strong> Volkszählung von 2002 zählte die deutsche<br />
Volksgruppe <strong>in</strong> Rumänien nicht e<strong>in</strong>mal mehr 60.000<br />
Personen. Im Vergleich dazu bekannten sich <strong>in</strong> Ungarn<br />
bei <strong>der</strong> Volkszählung von 2001 über 60.000 Perso-<br />
nen zur <strong>deutschen</strong> Volksgruppe. In Tschechien s<strong>in</strong>d es<br />
h<strong>in</strong>gegen (Volkszählung 2002) nur mehr 38.321<br />
Personen. In <strong>der</strong> Slowakei leben noch (Volkszählung<br />
1991) <strong>in</strong>sgesamt 5.629 Deutsche, <strong>in</strong> Slowenien nach<br />
<strong>der</strong> Volkszählung von 1991 e<strong>in</strong> Rest von knapp 1.800<br />
Personen, <strong>in</strong> Kroatien nach amtlichen Angaben noch<br />
2.800. In Serbien-Montenegro umfasst die deutsche<br />
44<br />
Sathmarer<br />
Schwaben<br />
aus<br />
Rumänien<br />
beim<br />
Umzug<br />
2002<br />
1977<br />
Aktion Werkstattgespräche<br />
ungarndeutscher Autoren<br />
1978-1989<br />
Bonn und Bukarest vere<strong>in</strong>baren<br />
Reiseerleichterungen für<br />
die Rumänien<strong>deutschen</strong>;<br />
240.000 Rumäniendeutsche<br />
verlassen bis zur Wende 1989<br />
Rumänien und ziehen vornehmlich<br />
nach Deutschland<br />
1989<br />
Gründung des Demokratischen Forums<br />
<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Rumänien;<br />
Proklamation <strong>der</strong> Republik Ungarn (23.10.)<br />
1990<br />
Gründung des Karpaten<strong>deutschen</strong><br />
Vere<strong>in</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei (30.9.);<br />
Gründung <strong>der</strong> Friedensbrücke<br />
<strong>in</strong> Slowenien (16.12.)<br />
1990<br />
110.000 Deutsche verlassen<br />
Rumänien<br />
1991<br />
Gründung <strong>der</strong> Volks<strong>deutschen</strong> Geme<strong>in</strong>schaft-<br />
Landmannschaft <strong>der</strong> <strong>Donauschwaben</strong><br />
<strong>in</strong> Kroatien (19.12.);<br />
48.556 Deutsche <strong>in</strong> Tschechien;<br />
5.629 Deutsche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Slowakei;<br />
30.000 Deutsche <strong>in</strong> Ungarn<br />
1992<br />
Gründung des Gottscheer Altsiedler Vere<strong>in</strong>s<br />
<strong>in</strong> Slowenien (16.5.);<br />
Gründung <strong>der</strong> Landesversammlung<br />
<strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Böhmen, Mähren<br />
und Schlesien;<br />
119.436 Deutsche <strong>in</strong> Rumänien<br />
1994<br />
Gründung des Slowenischen<br />
Gottscheer Vere<strong>in</strong>s Peter Kozler (19.9.)<br />
Zeittafel
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit nach <strong>der</strong> letzten Volkszählung von 2002<br />
nur mehr 3.901 Personen.<br />
Donauschwäbisches Mahnmal am Friedhof <strong>in</strong><br />
Valpovo/Walpach (Kroatien)<br />
Das Europäische Parlament (EP) hat <strong>in</strong> Anlehnung an<br />
dieses Kriterienpaket <strong>in</strong> zahlreichen Resolutionen jede<br />
Form e<strong>in</strong>er ethnischen o<strong>der</strong> rassistisch motivierten<br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung von sozialen Gruppen o<strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten<br />
verurteilt und zu mehr Toleranz aufgefor<strong>der</strong>t. Der<br />
europäische Integrationsprozess wird <strong>in</strong> allen Län<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> EU das Bewusstse<strong>in</strong> für die historisch gewachsene<br />
Vielfalt Europas stärken und das Verständnis für an<strong>der</strong>e<br />
europäische Identitäten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em globalen, gesamteuropäischen<br />
Kontext för<strong>der</strong>n.<br />
Zeittafel<br />
1995<br />
Wahl <strong>der</strong> Ungarn<strong>deutschen</strong> Selbstverwaltung zur politischen<br />
Vertretung <strong>der</strong> ungarn<strong>deutschen</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit<br />
(11.3)<br />
1996<br />
Gründung des Deutschen Volksverbandes <strong>in</strong> <strong>der</strong> ehemaligen<br />
Bundesrepublik Jugoslawien (14.12.)<br />
2000<br />
Gründung des Kulturvere<strong>in</strong>s <strong>der</strong> deutschsprachigen<br />
Frauen - Brücken <strong>in</strong> Slowenien (1.12.)<br />
2001<br />
Kulturabkommen zwischen Österreich und Slowenien<br />
(30.4); Bundesrepublik Jugoslawien anerkennt die<br />
deutsche M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit als autochthone Volksgruppe<br />
(29.6.); 60.000 Deutsche <strong>in</strong> Ungarn; <strong>der</strong> Europäische<br />
Rat <strong>der</strong> EU-Staats- und Regierungschefs verabschiedet<br />
im belgischen Laeken e<strong>in</strong>e Erklärung über "Die<br />
Zukunft <strong>der</strong> Europäischen Union " und vere<strong>in</strong>baren<br />
dazu die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es EU-Konvents unter <strong>der</strong><br />
Leitung des ehemaligen französischen Präsidenten<br />
Valéry Giscard d'Esta<strong>in</strong>g<br />
2002<br />
60.000 Deutsche <strong>in</strong> Rumänien; e<strong>in</strong> vom EU-Parlament<br />
beauftragtes Rechtsgutachten stellt fest, dass die<br />
Beneš-Dekrete ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis für e<strong>in</strong>en EU-Beitritt<br />
Tschechiens darstellen; Arbeitsbeg<strong>in</strong>n des EU-<br />
Konvents zu Fragen <strong>der</strong> Handlungsfähigkeit <strong>der</strong> EU<br />
nach <strong>der</strong> Erweiterung und zu Vorschlägen über e<strong>in</strong>e<br />
Verfassung für Europa (28. 2.)<br />
2003<br />
Das Europäische Parlament (EP) beschließt für den 1.<br />
Mai 2004 die Aufnahme von 10 neuen Mitglie<strong>der</strong>n <strong>in</strong><br />
die Europäische Union: Polen, Tschechien, Slowakei,<br />
Ungarn, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Malta<br />
und Zypern - am 16. April 2003 unterzeichnen dazu<br />
beim Gipfel <strong>in</strong> Athen die EU-Staats- und<br />
Regierungschefs geme<strong>in</strong>sam mit den neuen<br />
Mitglie<strong>der</strong>n die Beitrittsverträge; bis 2007 sollen dann<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zweiten EU-Erweiterungsrunde Rumänien und<br />
Bulgarien Mitglie<strong>der</strong> werden; auch Kroatien überreicht<br />
<strong>in</strong> Brüssel e<strong>in</strong>en Beitrittsantrag - im Herbst 2005<br />
sollen voraussichtlich auch die EU-Beitrittsverhandlungen<br />
mit <strong>der</strong> Türkei beg<strong>in</strong>nen; <strong>der</strong><br />
EU-Konvent stellt bei <strong>der</strong> Tagung des EU-Rates <strong>in</strong><br />
Thessaloniki den EU-Regierungs- und Staatschefs den<br />
Entwurf für e<strong>in</strong>e Verfassung für Europa vor (20.6.)<br />
2005<br />
Beitrit von 10 neuen Staaten zur EU (1.5.)<br />
45
Wichtige geografische Angaben<br />
Altofen (ung. Óbuda)<br />
Belgrad (serb. Beograd)<br />
Bessarabien (rum. Basarabia)<br />
Birthälm (rum. Biertan, ung. Berethalom)<br />
Bistritz (rum. Bistri½a, ung. Beszterce)<br />
Branau (ung. Baranya) - Komitat<br />
Broos (rum. Or–þtie, ung. Szászváros)<br />
Buchenland (rum. Bukow<strong>in</strong>a)<br />
Buchenwald (ung. Bakóny)<br />
Bukarest: (rum. Bucureþti)<br />
Burzenland (rum. Tara Bârsei, ung. Barcaság)<br />
Czernowitz (ukr. Èernivci, rum. Cern–u½i)<br />
Debrecz<strong>in</strong> (ung. Debrecen)<br />
Dilln (slow. Banská Bela, ung. Bélabánya)<br />
Draas (rum. Dr–uþeni, ung. Homoróddaróc)<br />
Eisenberg (ung. Pécsvárad)<br />
Eisenburg (ung. Vasvár)<br />
Esseg (kroat. Osijek, ung. Eszék)<br />
Fünfkirchen (ung. Pécs)<br />
Göllnitz (slow. Gelnica, ung. Gölnicbánya)<br />
Gran (ung. Esztergom)<br />
Großau (rum. Cristian, ung. Kereszténysziget)<br />
Große Kokel (rum. Târnava Mare, ung. Nagy-Küküllö) - Fluss<br />
Großpold (rum. Apoldu de Sus, ung. Nagyapold)<br />
Großschenk (rum. C<strong>in</strong>cu, ung. Nagys<strong>in</strong>k)<br />
Großwarde<strong>in</strong> (rum. Oradea, ung. Nagyvárad)<br />
Hatzfeld (rum. Jimbolia, ung. Zsombolya, serb. Èombolj)<br />
Hauerland (dt./slow.)<br />
Hermannstadt (rum. Sibiu, ung. Nagyszeben)<br />
Hornád (slow.) (dt. Kunert) - Fluss<br />
Karlowitz (serb. Sremski Karlovci, ung. Karlóca)<br />
Karlsburg (rum. Alba Iulia, ung. Gyulafehérvár<br />
Käsmark (slow. Kežmarok, ung. Késmárk)<br />
Kirchdrauf (slow. Spišské Pohradie, ung. Szépesváralja)<br />
Klausenburg (rum. Cluj, ung. Kolozsvár)<br />
Kle<strong>in</strong>e Kokel (rum. Târnava Mic–, ung. Kis-Küküllö) - Fluss<br />
Komorn (slow. Komárno, ung. Komárom)<br />
Königgrätz (tsch. Hradec Králové)<br />
Königsberg (slow. Nová Baòa, ung. Újbánya)<br />
Konstant<strong>in</strong>opel (Byzanz, türk. Istanbul)<br />
Krakau (poln. Kraków)<br />
Kremnitz (slow. Kremnica, ung. Körmöcbánya)<br />
Kronstadt (rum. Braþov, ung. Brassó)<br />
Leschkirch (rum. Nocrih, ung. Ujegyház)<br />
Libethen (slow. Lubietová, ung. Libetbánya)<br />
Mediasch (rum. Mediaþ, ung. Medgyes)<br />
Mühlbach (rum. Sebeþ, ung. Sebes)<br />
Neppendorf (rum. Turniþor, ung. Kistorony)<br />
Neusohl (slow. Banská Bystrica, ung. Besztercebánya)<br />
Oberwischau (rum. Viþeul de Sus, ung. Felsövisa)<br />
Ödenburg (ung. Sopron)<br />
Ofen (ung. Buda)
Ofner Bergland (ung. Budai Hegység)<br />
Passarowitz (serb. Požarevac)<br />
Peterwarde<strong>in</strong> (serb. Petrovarad<strong>in</strong>)<br />
Petschwar (ung. Pécsvárad)<br />
Plattensee (ung. Balaton)<br />
Poprad (slow.) (dt. Popper) - Fluss<br />
Prag (tsch. Praha)<br />
Prerau (tsch. Pøerov)<br />
Preßburg (slow. Bratislava, ung. Pozsony)<br />
Puk(k)anz (slow. Pukanec, ung. Bakabánya)<br />
Raab (ung. Györ)<br />
Reener Ländchen (rum. Depresiunea Regh<strong>in</strong>, ung. Régenimedense)<br />
Reschitz (rum. Reþi½a)<br />
Reps (rum. Rupea, ung. Kohalöm)<br />
Reußmarkt (rum. Miercurea, ung. Szerdahely)<br />
Salzste<strong>in</strong> (ung. Slankomen)<br />
Sathmar (rum. Satu Mare, ung. Szatmárnémeti)<br />
Schäßburg (rum. Sighiþoara, ung. Segesvár)<br />
Schemnitz (slow. Banská Štiavnica, ung. Selmecbánya)<br />
Schildgebirge (ung. Vértes)<br />
Schomodei (ung. Somogy) - Komitat<br />
Schwäbische Türkei (Komitate Tolnau, Branau und Schomodei)<br />
Siebenbürgen (rum. Transsylvania, ung. Erdély, Ardeal)<br />
Sille<strong>in</strong> (slow. Žil<strong>in</strong>a, ung. Zsolna)<br />
Seml<strong>in</strong> (serb. Zemun)<br />
Stuhlweißenburg (ung. Székesfehérvár)<br />
Temeschburg (rum.Timiþoara, ung.Temesvár)<br />
Thorenburg (rum. Turda, ung. Torda)<br />
Tolnau (ung. Tolna) - Komitat<br />
Tyrnau (slow.Trnava, ung. Nagyszombat)<br />
Weißenburg - heute Karlsburg<br />
Weißkirchen (serb. Bela Crkva, ung. Fehértemplom)<br />
Wesprim (ung. Veszprém)<br />
Wieselburg (ung. Mosonmagyaróvár)<br />
Zenta (serb. Senta)<br />
Zips (slow. Spiš, ung. Szepes)<br />
dt.: deutsch; kroat.: kroatisch; poln.: polnisch; rum.: rumänisch; serb.: serbisch;<br />
slow.: slowakisch; tsch.: tschechisch; türk.: türkisch; ukr.: ukra<strong>in</strong>isch; ung.:<br />
ungarisch;
Bildnachweis<br />
Die verwendete Bild-, Karten - und Fotomaterial wurden zur Verfügung gestellt o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Rechte<br />
zur Vervielfältigung erworben:<br />
Verband <strong>der</strong> volks<strong>deutschen</strong> Landsmannschaften Österreichs (VLÖ)<br />
Sudetendeutsches Dokumentationsarchiv Wien<br />
Donauschwäbische Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft (DAG)<br />
Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm<br />
Donauschwäbische Kulturstiftung<br />
Karpatendeutsche Landsmannschaft Slowakei e.V.<br />
Landsmannschaft <strong>der</strong> Siebenbürger Sachsen<br />
Demokratisches Forum <strong>der</strong> Deutschen <strong>in</strong> Sathmar<br />
Bildarchiv <strong>der</strong> Österreichischen Nationalbibliothek<br />
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