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Theorie der unternehmerischen Standortwahl von A.Weber ...

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Begleitseminar Wirtschaftsgeographie<br />

WS 06/07<br />

Dipl.Geogr. Verena Sandner Le Gall<br />

Referent: Felix Wenning<br />

<strong>Theorie</strong> <strong>der</strong> <strong>unternehmerischen</strong> <strong>Standortwahl</strong> <strong>von</strong> A.<strong>Weber</strong><br />

Glie<strong>der</strong>ung<br />

1. Einleitung ( allgemeine Einführung zur Wahl des optimalen Standtorts für Unternehmen)<br />

2. Definitionen<br />

3. Erste Stufe des Entscheidungsprozesses zur <strong>Standortwahl</strong><br />

4. Zweite Stufe des Entscheidungsprozesses zur <strong>Standortwahl</strong><br />

5. Dritte Stufe des Entscheidungsprozesses zur <strong>Standortwahl</strong><br />

6. Kritik an <strong>der</strong> <strong>Theorie</strong> <strong>von</strong> A. <strong>Weber</strong><br />

7. Literatur<br />

1. Einleitung<br />

Bei <strong>der</strong> Wahl <strong>von</strong> Unternehmen den optimalen Standort zu finden spielt das Gewinnmotiv die<br />

entscheidende Rolle. Im stetigen Prozess <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung bleibt das oberste Ziel <strong>von</strong> Unter-<br />

nehmen die Kosten zu verringern und den Gewinn zu erhöhen. Das Prinzip <strong>der</strong> Gewinnmaxi-<br />

mierung ist ausschlaggebend für den Fortschritt und gilt als ein kurzfristiges und ein durchge-<br />

hend aktuelles Ziel. Bei den langfristigen Zielen hat das Unternehmenswachstum, eine Ma-<br />

ximierung des Umsatzes und des Marktanteils, entscheidende Priorität. Des Weiteren spielen<br />

nichtmonetäre Zielvorstellungen, streben nach Macht und Unabhängigkeit, eine Rolle, indem<br />

sie als Motivationsfaktoren und insbeson<strong>der</strong>e als Gewinnmaximierer agieren.<br />

Der theoretische Ansatz ist somit festgelegt, jedoch müssen in <strong>der</strong> Realität weitere Faktoren,<br />

wie Rohstoffeinsatz, Rohstoffbeschaffung, etc., berücksichtig werden. Hierbei ist <strong>der</strong> optima-<br />

le Standort/Standpunkt sehr wichtig und elementar für die Kostennutzenrechnung. Eine erste<br />

systematische Darstellung für optimale Industriestandorte hat 1909 Alfed <strong>Weber</strong> ausgearbei-


tet. „Er betrachtet ein Ein-Betriebs-Unternehmen, das nur ein einziges homogenes Gut unter<br />

Verwendung zweier Rohstoffmaterialien produziert.“<br />

(Bathelt/Glückler 2002 S.125)<br />

Hierbei wird zuerst das Unternehmen in drei aufeinan<strong>der</strong> aufbauende Entscheidungsprozesse<br />

geglie<strong>der</strong>t. Als erster und zentralster Entscheidungspunkt gilt die Ermittlung <strong>der</strong> Transport-<br />

kosten bzw. des Transportkostenminimalpunktes für eine Standortbestimmung. Die beiden<br />

darauf aufbauenden Entscheidungsprozesse, zur möglichen Korrektur <strong>der</strong> Standortbestim-<br />

mung durch die Transportkosten, sind Arbeitskosten und die Agglomerationswirkung<br />

Alfred <strong>Weber</strong> geht dabei <strong>von</strong> folgenden Annahmen aus, die als gegeben zu verstehen sind.<br />

1. Die Standorte <strong>der</strong> Rohmaterialien sind bekannt<br />

2. Die räumliche Verteilung des Konsums ist bekannt<br />

3. Das Transportsystem ist einheitlich, die Transportkosten sind eine Funktion<br />

<strong>von</strong> Gewicht und Entfernung<br />

4. Die räumliche Verteilung <strong>der</strong> Arbeitskräfte ist bekannt und gegeben, die<br />

Arbeitskräfte sind immobil, die Lohnhöhe ist konstant, aber räumlich diffe-<br />

renziert, bei einer gegebenen Lohnhöhe sind die Arbeitskräfte unbegrenzt<br />

verfügbar<br />

5. Die Homogenität des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Systems<br />

wird unterstellt. (Schätzl 2003 S.38).<br />

Ausgehend <strong>von</strong> diesen Annahmen ergeben sich die Kosten des Standortes und es ist eine Be-<br />

stimmung des optimalen, kostengünstigsten Punktes für ein Unternehmen, möglich.<br />

2. Definitionen<br />

Transportkosten : setzten sich ausschließlich aus <strong>der</strong> Strecke (Distanz) und dem zu transpor-<br />

tierenden Gewicht zusammen.<br />

Tonnenkilometrischer Minimalpunkt : Der Punkt, an dem die Transportkosten <strong>der</strong> einge-<br />

setzten Materialien zum industriellen Produktionsbetrieb und <strong>der</strong> Fertigerzeugnisse zum Kon-<br />

sumort minimiert werden ( Schätzl 2003 ).<br />

2


Klassifikation <strong>der</strong> eingesetzten Materialien:<br />

a) Lokalisiertes Material: Rohstoffe, die nur an bestimmten Orten zur Verfügung ste-<br />

hen, hierbei wird unterglie<strong>der</strong>t in<br />

- Reingewichtsmaterial<br />

Rohstoff ist mit seinem ganzen Gewicht im Fertigerzeugnis enthalten, die<br />

Transportkosten sind im Urzustand genauso groß, wie im verarbeiteten Zu-<br />

stand. z. B. Garn für die Bekleidungsproduktion.<br />

- Gewichtsverlustmaterial<br />

Rohstoffe erleiden im Produktionsprozess einen Gewichtsverlust. Sie gehen<br />

somit nur zum Teil (Teilgewichtsverlustmaterial, z. B. Rohrzucker, welcher<br />

nur 1/8 des Gewichtes <strong>der</strong> Zuckerrübe beinhaltet) o<strong>der</strong> überhaupt nicht (Total-<br />

gewichtsverlustmaterial, z. B. Gas als Energielieferant für die maschinelle<br />

Produktion) in das Endprodukt mit ein.<br />

b) Ubiquität: Rohstoffe, die nicht an bestimmte Fundorte gebunden sind, son<strong>der</strong>n an je-<br />

dem Standort zur freien Verfügung stehen.<br />

Materialindex :<br />

Gewicht <strong>der</strong> lokalisierten Materialien<br />

Gewicht <strong>der</strong> Fertigerzeugnisse<br />

Durch die Berechnung des Indexes lässt sich eine Tendenz des optimalen Produktionsstandor-<br />

tes für Unternehmen in eine rohstoff- bzw. marktorientierte Richtung ermitteln.<br />

Ein Materialindex, <strong>der</strong> einen größeren Wert als 1 aufweist, hat die Neigung zum Rohstoff-<br />

fundort, da das Gewicht des lokalisierten Materials größer dem Gewicht des Endproduktes ist.<br />

Bei einem kleineren Wert als 1 wendet sich das Blatt und <strong>der</strong> Unternehmensstandort wird sich<br />

am Markt befinden. Eine weitere Möglichkeit ist ein Materialindex <strong>von</strong> 1, wobei dem Unter-<br />

nehmen die Entscheidung für die Produktion offen bleibt, da es keine Kostenminimierung<br />

durch Verän<strong>der</strong>ung des Standortes gibt. (Dicken/Lloyd, 1999 ).<br />

3


3. Erste Stufe des Entscheidungsprozesses zur <strong>Standortwahl</strong><br />

In <strong>der</strong> ersten Stufe geht es ausschließlich um die Festlegung <strong>der</strong> Transportkosten. Das Bestre-<br />

ben liegt darin , den Punkt zu finden, an welchem das Gesamt-Kilometer-Aufkommen für den<br />

spezifischen Produktionsprozess minimal ist. Es werden hierzu alle Tonnenkilometer für die<br />

Produktionsaktivität aufsummiert. Der Standort mit <strong>der</strong> niedrigsten Summe an Tonnenkilome-<br />

tern zur Beschaffung <strong>von</strong> Rohstoffen und für den Transport des Endproduktes zum Markt ist<br />

optimal.<br />

Alfred <strong>Weber</strong> hat in seiner <strong>Theorie</strong> die Rohstoffe in „lokalisierte“ und „ubiquitäre“ (vgl.2a)<br />

Materialien unterteilt, welche in <strong>der</strong> Transportkostenbetrachtung <strong>von</strong> entscheiden<strong>der</strong> Bedeu-<br />

tung sind.<br />

Bei <strong>der</strong> Betrachtung werden jeweils zwei Materialien eingesetzt, die den Produktionsort und<br />

den Konsumort/Markt bestimmen. Dieses führt zu fünf Fallbeispielen, wonach <strong>der</strong> optimale<br />

Betriebsstandort herausgefiltert wird.<br />

Fall 1: Die zwei eingesetzten Rohstoffe (R1 und R2) sind ausschließlich ubiquitärer Herkunft<br />

und sind nach den vorangegangenen Erläuterungen an allen Standpunkten frei verfügbar. Der<br />

Produktionsort (P) ist somit direkt am Konsumort (K) angesiedelt, da hier keine Transport-<br />

kosten anfallen.<br />

Fall 2: Das Einsetzen eines lokalisierten Rohstoffes (R1), hier Reingewichtsmaterial, und ei-<br />

nes ubiquitären Rohstoffes (R2) lässt die Herstellung des Fertigerzeugnisses an zwei Standor-<br />

ten zu. Es muss beachtet werden, inwieweit das ubiquitäre Materialeinfluss auf das Gewicht<br />

des Endproduktes nimmt.<br />

a) Hat die Ubiquität im Produktionsprozess keine gewichtsverän<strong>der</strong>nde Eigenschaft, ist<br />

die Ansiedlung des Unternehmens im Raum variabel. Die Transportkosten bleiben bei<br />

<strong>der</strong> Produktion am Konsumort (K), Rohstofffundort (R1/R2) o<strong>der</strong> an einem Standort<br />

zwischen den beiden Orten (K/R) immer gleich.<br />

b) Die Ubiquität ist zum Teil o<strong>der</strong> vollkommen im Fertigerzeugnis enthalten. Der Pro-<br />

duktionsort (P) wird am Konsumort (K) angesiedelt, da hier keine Transportkosten<br />

für das Material entstehen.<br />

Fall 3: Ein weiterer optimaler Unternehmensstandort (P) am Konsumort (K) stellt das Einset-<br />

zen <strong>von</strong> Reingewichtsmaterialien (R1/R2) dar. Folgendes Beispiel soll dieses verdeutlichen.<br />

4


R2 (8t)<br />

8km<br />

K<br />

16t<br />

5km<br />

11km<br />

P<br />

R1 (8t)<br />

Berechnung für den kostengünstigsten Standort<br />

P = R1: (16t * 11km)+(8t * 5km) = 216<br />

P = R2: (16t * 8km)+(8t * 5km) = 168<br />

P = K: (8t * 8km)+(8t * 11km) = 152<br />

Abb.1: Eigene Abbildung nach Schätzl 2003<br />

Durch die rechnerische Methodik wird deutlich, dass es am kostengünstigsten ist die Materia-<br />

lien zum Konsumort zu beför<strong>der</strong>n. Eine Produktion und resultierende Beför<strong>der</strong>ung des Rein-<br />

gewichtsmaterials zum Standort R1 o<strong>der</strong> R2 wäre aus unternehmerischer Sicht nicht tragbar.<br />

Fall 4: Bei <strong>der</strong> Annahme, dass ein Ubiquitätsrohstoff und ein Gewichtsverlustmaterial in den<br />

Produktionsprozess einfließen, ergeben sich ähnliche Möglichkeiten des Produktionsortes,<br />

wie schon im zweiten Fall erläutert. Ist die Ubiquität gewichtsmäßig nicht enthalten im End-<br />

produkt, sind die Transportkosten an dem Standpunkt des Gewichtsverlustmaterials am ge-<br />

ringsten, da das verloren gegangene Materialgewicht nicht in die Kosten mit eingeht. Für den<br />

Fall, dass <strong>der</strong> ubiquitäre Rohstoff teilweise o<strong>der</strong> total im Fertigerzeugnisgewicht enthalten ist,<br />

muss beachtet werden, welcher <strong>der</strong> beiden Rohstoffe ein größeres Gewicht aufweist. Je nach<br />

berechnetem Materialindex (vgl.2) wird <strong>der</strong> Produktionsort am Konsumort, Materialfundort<br />

o<strong>der</strong> zwischen diesen Orten liegen.<br />

Fall5: Die letzte Möglichkeit an Materialkombinationen ergibt sich aus dem Verarbeiten <strong>von</strong><br />

zwei Gewichtsverlustrohstoffen. Die Betrachtung ist etwas komplizierter im Gegensatz zu<br />

den vorangegangen Fällen, da beide Materialien keinen Gewichtsfixpunkt haben. Um den op-<br />

timalen Industriestandort zu ermitteln, wird ein Kräfteparallelogramm (Abb.2) o<strong>der</strong> ein Va-<br />

rignonscher Apparat(1) zur Hilfe genommen. Die einzelnen „ Gewichte“ <strong>der</strong> Materialfundorte,<br />

sowie des Fertigerzeugnisses ziehen je nach Intensität den Produktionsort zu sich. Ist das<br />

Gewicht eines Materials größer als die Summe <strong>der</strong> restlichen Faktoren, d. h. <strong>der</strong> übrigen Mate-<br />

5


ialien und des Fertigerzeugnisses, wird <strong>der</strong> Transportkostenminimalpunkt sich zum Material-<br />

fundort verlagern. Besteht kein eindeutiger Gewichtsüberhang eines Materials gegenüber den<br />

restlichen, so wird sich <strong>der</strong> Industriebetrieb zwischen den Fundorten ansiedeln. In <strong>der</strong> Grafik<br />

(Abb.2) wird dieses verdeutlicht. (Schätzl 2003; Bathelt/Glückler 2002).<br />

Abb.2 Kräfteparallelogramm<br />

6<br />

(Dicken/Lloyd, 1999 S.78)<br />

(1) Auf eine Ebene werden j Orte maßstabsgerecht projiziert. An jedem Projektionspunkt wird ein Bohrloch<br />

angebracht. Anschließend verknüpft man jeweils ein Ende <strong>von</strong> j Fäden zu einem Knoten, führt das an<strong>der</strong>e Ende<br />

eines jeden Fadens durch ein entsprechendes Bohrloch und befestigt daran ein <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Transportmenge<br />

entsprechendes Zuggewicht. Im Kräftegleichgewicht markiert <strong>der</strong> Knoten den optimalen Standort.<br />

4. Zweite Stufe des Entscheidungsprozesses zur <strong>Standortwahl</strong><br />

Der aufbauende Prozess, den <strong>Weber</strong> in <strong>der</strong> zweiten Stufe darstellt, ist <strong>der</strong> Einbezug <strong>von</strong> Ar-<br />

beitskosten und Transportkosten. Nachdem die erste Stufe absolviert ist und <strong>der</strong> transportkos-<br />

tenminimale Punkt gefunden ist, kann es unter Einbezug <strong>der</strong> Arbeitskosten zur Verschiebung<br />

und Korrektur des optimalen Betriebsstandortes kommen. Neben <strong>der</strong> Annahme <strong>von</strong> zwei Ma-<br />

terialfundorten (M1/2), einem Konsumort (K) und dem Produktionsort (P) werden noch zwei<br />

weitere Standorte (L1,2) eingebracht. Diese Punkte haben im Gegensatz zum Produktionsort<br />

geringere Arbeitskosten. Es stellt sich die Frage , ob <strong>der</strong> Unternehmensstandort zu einem <strong>der</strong><br />

arbeitskostenminimaleren Punkte verlagert wird. Sinnvoll ist diese Verlagerung nur, wenn die<br />

zusätzlichen Transportkosten durch die vermin<strong>der</strong>ten Arbeitskosten überkompensiert werden.<br />

<strong>Weber</strong> veranschaulicht das, indem er in einer graphischen Darstellung um jeden Material-<br />

fundort und dem Konsumort Kreise, so genannte „Isotimen“, <strong>von</strong> gleichen Transportkosten


zeichnet. Im weiteren Verlauf geht es nun darum eine Linie gleicher Transportkosten für alle<br />

Produkte (Materialien, Fertigerzeugnis), die so genannte „Isodapane“, zu kennzeichnen.<br />

„Wenn nun bekannt ist, in welcher Höhe die Arbeitskosteneinsparung an den Standorten L1<br />

und L2 wirksam werden, lässt sich eine kritische Isodapane bestimmen. Diese markiert genau<br />

jenen Bereich um den Transportkostenminimalpunkt, innerhalb dessen zusätzliche Transport-<br />

kosten durch die potenzielle Arbeitskosteneinsparung überkompensiert werden.“ (Bathelt /<br />

Glückler 2002 S.126 ). Bei einer Arbeitskosteneinheit <strong>von</strong> 3 und Transportkosteneinheit <strong>von</strong> 7<br />

ist die kritische Isodapane bei 10 gelegen. In <strong>der</strong> angeführten Beispielgraphik ist L1 innerhalb<br />

<strong>der</strong> kritischen Isodapane, d.h. dieser Ort wäre für das Unternehmen kostengünstiger und eine<br />

Verlagerung wäre ratsam. Umgekehrt verhält es sich bei dem zweiten Punkt (L2). Hier ist die<br />

Verlagerung nicht sinnvoll, die Transportkosten können nicht kompensiert werden.<br />

(Schätzl,2003/Bathelt u. Glückler, 2002).<br />

Abb. 3 (Bathelt und Glückler 2002 S. 126)<br />

„A. <strong>Weber</strong> weist auf branchenspezifische Unterschiede in <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Arbeitskosten<br />

für die industrielle <strong>Standortwahl</strong> hin. Die Ablenkbarkeit eines Industriebetriebes vom Trans-<br />

portkostenminimalpunkt zu einem Standort niedriger Arbeitskosten wächst mit steigendem<br />

„Arbeitskoeffizienten.“ (Schätzl 2003 S. 45)<br />

7


5. Dritte Stufe des Entscheidungsprozesses zur <strong>Standortwahl</strong><br />

In <strong>der</strong> dritten und letzten Stufe nimmt A. <strong>Weber</strong> die Agglomerationswirkungen in Betracht.<br />

Auch diese können, wie die Arbeitskosten, zu einer Verlagerung des tonnenkilometrischen<br />

Minimalpunktes führen. „Die Agglomerationsfaktoren werden <strong>von</strong> <strong>Weber</strong> (1909, S.123) als<br />

Lokalisationsvorteile einer Industriebranche definiert: „Ein Agglomerationsfaktor (...) ist ein<br />

Vorteil, also eine Verbilligung <strong>der</strong> Produktion o<strong>der</strong> des Absatzes, die sich daraus ergibt, dass<br />

die Produktion in einer bestimmten Masse an einem Platz vereinigt vorgenommen wird (...).“<br />

(Bathelt / Glückler, S.127).<br />

Es kommt zur Verbindung mehrerer Unternehmen, die sich möglicherweise einen Produkti-<br />

onsraum teilen, da es für sie einen Transportkostenvorteil bringt. In <strong>der</strong> Graphik (Abb.4) sind<br />

vier Unternehmen dargestellt. Diesen vier Unternehmen wird unterstellt, dass sie gemeinsame<br />

Transporte für die selben Materialien bzw. Endprodukte organisieren wollen. Wie schon bei<br />

den Arbeitskosten erwähnt haben alle einzelnen Betriebe eine kritische Isodapane. In einem<br />

Bereich <strong>der</strong> Überschneidung (Agglomerationsraum) <strong>der</strong> Unternehmensstandorte, bei räumli-<br />

cher Disparität, dieser kritischen Isodapanen, entstehen Agglomerationsvorteile. Die Produk-<br />

tionsorte siedeln sich im Bereich <strong>der</strong> Überlappung an, da durch gemeinsame Transporte die<br />

Kosten gemin<strong>der</strong>t werden. Die Standortverlagerung findet statt. Im Falle einer zu großen Dis-<br />

parität <strong>der</strong> Unternehmen, hier PD, ist diese Verlagerung in den Agglomerationsraum nicht <strong>von</strong><br />

Bedeutung, da es zu einer Kostensteigerung für dieses Unternehmen kommt.<br />

8<br />

Abb.4 (Bathelt/Glückler 2002 S.127)


6. Kritik an <strong>der</strong> <strong>Theorie</strong> <strong>von</strong> Alfred <strong>Weber</strong><br />

<strong>Weber</strong>s <strong>Theorie</strong> bildet die Bedingungen des „Eisenbahnzeitalters“ ab und geht <strong>von</strong> nicht un-<br />

bedingt realitätsnahen methodischen Annahmen wie dem „Homo oeconomius“ als einem all-<br />

wissenden und ökonomisch rational handelnden Menschen aus. In <strong>der</strong> damaligen Zeit (1909)<br />

war <strong>der</strong> technische Fortschritt sehr viel geringer gegenüber dem heutigen und beispielsweise<br />

Arbeitskosten <strong>von</strong> bestimmten Arbeitsfel<strong>der</strong>n werden durch einmalige Investitionen in eine<br />

maschinelle Fertigung ersetzt und verringert. Auch in <strong>der</strong> Vergangenheit gab es schon Kritik-<br />

punkte an <strong>der</strong> <strong>Theorie</strong>. Der Materialindex wurde <strong>von</strong> Wilfried Smith (1955) auf seine Effi-<br />

zienz in <strong>der</strong> Realität bei <strong>der</strong> Suche nach dem optimalen Standort untersucht. Er analysierte 65<br />

Branchen, in denen Gewichtsverlustmaterialien den Rohstofffundort als Standort bestimmten.<br />

Im Ergebnis wurde <strong>Weber</strong>s <strong>Theorie</strong> zwar größtenteils bestätigt, jedoch betonte Wilfried<br />

Smith, dass <strong>der</strong> Materialindex nur ein Analysewerkzeug sei und dass in vielen Branchen <strong>der</strong><br />

Materialindex nicht in <strong>der</strong> Lage ist deutlich aufzuzeigen, wie sehr die Produktion am Roh-<br />

stofffundort gebunden wird. So ist beispielsweise in einigen technischen Branchen eine starke<br />

Tendenz den Abfall des Produktionsprozess zu generieren und somit, trotz hohem Materialin-<br />

dexes, keine Tendenz zum Materialfundort vorhanden.<br />

Bei den Transportkosten wird lediglich <strong>von</strong> Gewicht und Distanz ausgegangen, jedoch müss-<br />

ten in <strong>der</strong> Praxis auch an<strong>der</strong>e Faktoren wie Frachttarife, die mit zunehmen<strong>der</strong> Distanz degres-<br />

siv abnehmen o<strong>der</strong> die Art <strong>der</strong> beför<strong>der</strong>ten Güter (Massen-, Stückgüter) berücksichtigt wer-<br />

den.<br />

„ Von grundsätzlicher Natur ist <strong>der</strong> Einwand, dass die <strong>Theorie</strong> A.<strong>Weber</strong>s wegen ihrer unzu-<br />

reichenden Einbindung in die allgemeine Wirtschaftstheorie keine wirtschaftliche, son<strong>der</strong>n<br />

nur eine technische Standortbestimmung gibt.“ (Schätzl 2003 S.47).<br />

An <strong>der</strong> <strong>Theorie</strong> wurde viel kritisiert, jedoch hat <strong>Weber</strong> einen Ausgangspunkt geschaffen, nach<br />

denen Industrieunternehmen ihren Standort bestimmen können.<br />

9


Literatur<br />

• Bathelt, Harald / Glückler, Johannes (2002): Wirtschaftsgeographie, Stuttgart, 2. Auf-<br />

lage<br />

• Dicken, Peter / E.Loyd, Peter (1999): Standort und Raum – Theoretische Perspektiven<br />

in <strong>der</strong> Wirtschaftsgeographie, Stuttgart<br />

• Gebhardt, Hans / Glaser, Rüdiger / Radtke, Ulrich / Reuber, Paul (2007): Geographie<br />

– Physische Geographie und Humangeographie, München<br />

• Schätzl, Ludwig (2003): Wirtschaftsgeographie 1 <strong>Theorie</strong>, Pa<strong>der</strong>born, 9. Auflage<br />

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