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Beitrag zum Wechselschlag des Gitarristen - Teil 1

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Sowohl der Lehrer als auch sein Schüler können sich dabei nur auf ihre Augen verlassen, um diese gleichzeitige<br />

Bewegung zweier Finger zu beurteilen. Der aus der Hand herauskommende und sich <strong>zum</strong> erneuten Anschlag<br />

vorbereitende Finger ‘klingt’ nicht! Diese Besonderheit soll hier hervorgehoben sein. Beim Pianisten ist das z.B.<br />

ganz anders: Wenn der Pianist abwechselnd zwei Tasten mit zwei verschiedenen Fingern anschlägt, können<br />

sowohl Lehrer als auch Schüler hören, daß sich beide Finger gleichzeitig bewegen. Der Ton der zuvor<br />

angeschlagenen Taste verstummt beim Hochheben <strong>des</strong> Fingers!<br />

Die Gitarre weist aufgrund ihrer Beschaffenheit beim <strong>Wechselschlag</strong> eine Besonderheit auf, die sie wesentlich<br />

von anderen Instrumenten unterscheidet. Beim <strong>Wechselschlag</strong> zwischen zwei Fingern ist die gleichzeitige<br />

Bewegung beider Finger in entgegengesetzter Richtung wichtig, wobei die Bewegung <strong>des</strong> zurückkommenden<br />

Finger nur vom Sehen, nicht aber vom Gehör beurteilt werden kann.<br />

Die Frage ist nun, reicht das Sehen zur Beurteilung der richtigen gleichzeitigen Bewegung <strong>des</strong> zurückkommenden<br />

Fingers aus?<br />

Nein, das Sehen reicht nicht aus, unsere Augen können ab einer bestimmten Zeitspanne die Gleichzeitigkeit nicht<br />

mehr erkennen. Letztendlich ist diese Tatsache jedem bekannt, ein ganzer Industriezweig lebt von dieser<br />

Unvollkommenheit: die Filmindustrie.<br />

Im Sport ist man sich <strong>des</strong>sen sehr bewußt, wenn es um Beobachtung und Leistungsentwicklung geht: „Folglich<br />

kann auch der Trainer, der sich nur von seinen subjektiven visuellen Eindrücken leiten läßt, bedeutende Fehler<br />

machen, wenn er die aufeinander folgende Lageveränderung <strong>des</strong> Sportlers bei schneller Ausführung einer<br />

koordinativ komplizierten Bewegung charakterisiert.“ (W.S. Farfel „Bewegungssteuerung im Sport“, Sportverlag<br />

Berlin, S.36). Hier ist auch klar, daß es noch vieles zu tun gibt: „Die Komplexität und Verflechtung der<br />

Entwicklungslinien im motorischen Lernprozeß bedingen auch Folgerungen für eine Kontrollmethodik, die eine<br />

genaue Überwachung <strong>des</strong> Lernverlaufs gestattet. Sie ist in der derzeitigen Praxis im Gegensatz zur Kontrolle<br />

konditioneller Leistungsvoraussetzungen noch ungenügend entwickelt.“ („K. Meinelt/G. Schnabel „Bewegungslehre-Sportmotorik“,<br />

Berlin 1987, S.231)<br />

In der Gitarrenmethodik ist bis heute kein Ansatz erkennbar, wirksamere Kontrollmechanismen für den<br />

<strong>Wechselschlag</strong> im Gitarrenunterricht zu schaffen. Die Folgen „unsichtbarer“ Fehler bei der Koordination zweier<br />

Finger sehen so aus:<br />

Wenn ein Gitarrist im geschlossenen Anschlag bei MM=90 Viertel in Sechzehnteln anschlagen kann (und das<br />

können <strong>Gitarristen</strong> sehr wohl), müßte er im <strong>Wechselschlag</strong> zwischen zwei Fingern das Tempo verdoppeln<br />

können. Wenn er keine Fehler einübt, spielt er folglich im <strong>Wechselschlag</strong> bei MM=180 Viertel in Sechzehnteln,<br />

ohne seine Finger schneller bewegen zu müssen. Wenn er hingegen kleine Fehler einübt, weil der zurückkommende<br />

Finger vielleicht nicht ganz gleichzeitig zurückkommt, verlangsamt sich sein mögliches, erreichbares<br />

Tempo beim <strong>Wechselschlag</strong>. Die folgende Tabelle verdeutlicht die Abhängigkeit zwischen Fehler und<br />

Tempoverlust:<br />

Verzögerungsfehler <strong>des</strong> zurückkommenden<br />

Fingers beim <strong>Wechselschlag</strong><br />

maximales Tempo<br />

0,000 Sekunden 180,0<br />

0,010 Sekunden 169,0<br />

0,020 Sekunden 160,8<br />

0,030 Sekunden 152,6<br />

0,040 Sekunden 145,2<br />

0,050 Sekunden 138,5<br />

0,060 Sekunden 132,4<br />

0,070 Sekunden 126,8<br />

0,080 Sekunden 121,7<br />

0,090 Sekunden 116,9<br />

0,100 Sekunden 112,5<br />

0,110 Sekunden 108,5<br />

0,120 Sekunden 104,7<br />

Bei einem Koordinationsfehler von einer Zehntelsekunde z.B. verringert sich das maximal mögliche Tempo von<br />

MM=180 auf MM=112. Nun ist auch klar, warum in der Praxis viele <strong>Gitarristen</strong> beim <strong>Wechselschlag</strong> zwischen<br />

zwei Fingern mit Tempoproblemen zu kämpfen haben und warum diese Probleme bei verschiedenen Spielern<br />

sehr unterschiedlich sein können. Trickgeräte bei Zauberkünstlern beispielsweise arbeiten mit einem<br />

Federmechanismus, um irgendetwas innerhalb einer Zehntelsekunde erscheinen oder verschwinden zu lassen.

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