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Naturreport 2012 - Band 16 - Kreis Unna

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Natur report<br />

Nr. <strong>16</strong> • <strong>2012</strong><br />

Schwerpunkt: Umweltpädagogik<br />

Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.


Natur report<br />

Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />

Ausgabe <strong>16</strong> • <strong>2012</strong>


Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />

Ausgabe <strong>16</strong> • <strong>2012</strong><br />

Erscheinungstermin: März <strong>2012</strong><br />

Herausgeber: Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.,<br />

Westenhellweg 110, 59192 Bergkamen<br />

Vorsitzender: Walter Teumert<br />

Redaktion und Realisierung:<br />

Horschler Kommunikation GmbH, <strong>Unna</strong><br />

Zitiervorschlag: <strong>Naturreport</strong> <strong>2012</strong>, Jb. Naturförderungsges. <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Druck: DruckVerlag Kettler, Bönen<br />

Titelfotos: GWA/Ekkehard von Haut/Westfälisch-Lippische Natur- und Umweltschutz-Akademie<br />

NRW (NUA) Landwirtschaftsverband/www.fotolia.de-silverjohn<br />

Wenn nicht anders angegeben, stammen die Fotos und Abbildungen in den Beiträgen von den<br />

Autoren. Die in den Aufsätzen vertretenen Meinungen müssen nicht unbedingt der Meinung<br />

der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V. oder der Redaktion entsprechen. Die<br />

Autorinnen und Autoren sind für den Inhalt ihrer Aufsätze selbst verantwortlich.


Inhalt<br />

Inhalt .........................................................................................................................................5<br />

Grußwort ..................................................................................................................................7<br />

Vorwort .....................................................................................................................................9<br />

Umweltpädagogik<br />

Expedition in die Wildnis für Kinder, Jürgen Heuser .................................................................11<br />

Ente oder Gans – das ist hier die Frage, Heinrich Behrens .......................................................15<br />

Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit, Petra Giebel .................................................17<br />

Die Kuh ist doch nicht lila – oder doch?, Petra Drees-Hagen ..................................................21<br />

Naturerlebnisort Wald: Neugierig auf der Pirsch, Marianne Degwer .......................................25<br />

Nachhaltige Bildungsarbeit für die Zukunft, Martina Schmidt von Boeselager .........................27<br />

Jäger machen mobil gegen Naturentfremdung, Magnus Benkhofer ........................................34<br />

Umwelterziehung als Schulauftrag, Jenny Planert-Fahrenhorst und Hartmut Fahrenhorst .......35<br />

Natur entdecken im „Grünen Klassenzimmer“, Günther Dieckmann,<br />

Heinz F. Schlockermann und Götz Heinrich Loos .....................................................................43<br />

„Steigenberger Moritz“ oder „Bettenhaus“?, Ralf Sänger .......................................................49<br />

Aktivitäten: Natürlich für Groß und Klein, Birgit Manz ...........................................................53<br />

Lernen ohne erhobenen Zeigefinger, Jutta Eickelpasch ............................................................55<br />

Laienschauspieler machen (Straßen-)theater, Dorothee Weber und Andreas Hellmich ............58<br />

Das geht auch dich was an!, Andreas Hellmich und Kai-Uwe Schneider .................................60<br />

Neue (junge) Umweltschützer braucht das Land, Sandra Schulz .............................................63<br />

Das letzte Kind im Wald, Birgit Manz .....................................................................................65<br />

5


Flora & Fauna<br />

6<br />

Inhalt<br />

Beiträge zur Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> VIII, Götz Heinrich Loos,<br />

Hans Jürgen Geyer, Erhard Hellmann, Karin Margenburg und Bernd Margenburg ..................66<br />

Die Großpilze des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> – eine erste Übersicht, Erhard Hellmann,<br />

Willibald Träger und Götz Heinrich Loos .................................................................................79<br />

Arteninventar und Bestandsveränderungen der Säugetiere im Stadtgebiet Kamen,<br />

Götz Heinrich Loos ................................................................................................................105<br />

Naturschutz im Cappenberger Wald – Quo vadis?, Klaus Klinger und Kerstin Conrad ...........115<br />

Dem Regenmännchen auf der Spur, Stefan Kauwling ............................................................119<br />

Der heimliche Quäker bangt um seinen Wald, Falko Prünte und Stefan Kauwling .................125<br />

Personen<br />

„Wir könnten ja noch in die Rieselfelder ...“, Thomas Griesohn-Pflieger ................................130<br />

Alltagstrott kenne ich nicht, Corinna Glück ...........................................................................134<br />

Aktionen<br />

Neugierig die Gegend erkunden, Heinrich Behrens ................................................................136<br />

Natur des Jahres <strong>2012</strong> – Auf einen Blick ................................................................................138<br />

Autorenverzeichnis ................................................................................................................140


� Grußwort von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft<br />

Sehr geehrte Leserin,<br />

sehr geehrter Leser,<br />

sehr früh, gezielt und systematisch<br />

hat sich der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> dem Natur- und<br />

Landschaftsschutz zugewandt, und das<br />

aus gutem Grund: Zwar liegt der <strong>Kreis</strong> in<br />

der Ballungsrandzone des Ruhrgebietes,<br />

doch war auch er mehr als 100 Jahre<br />

lang von den klassischen Montanindustrien<br />

Kohle und Stahl geprägt. Es gab<br />

also viel zu tun.<br />

Bereits zu Beginn der 80er Jahre hat<br />

der <strong>Kreis</strong>tag erste politische Initiativen<br />

für eine nachhaltige Politik entwickelt,<br />

um Ökologie und Ökonomie miteinander<br />

vereinbaren zu können, was damals<br />

vielerorts noch als Widerspruch galt. So<br />

entstanden im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> das landesweit<br />

erste <strong>Kreis</strong>umweltamt und nicht<br />

zuletzt die Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Es passt also gut<br />

ins Bild, dass sich der <strong>Kreis</strong> mit diesem<br />

Jahrbuch dem hoch aktuellen Thema<br />

der Umweltbildung annimmt. Sie wird<br />

immer wichtiger, denn: Nur wer Natur<br />

und Umwelt kennt, wer für ihre Belan-<br />

Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

Hannelore Kraft.<br />

ge sensibilisiert ist, wird sorgsam mit<br />

unseren natürlichen Lebensgrundlagen<br />

umgehen und sich vielleicht sogar selber<br />

für ihren Schutz und Erhalt engagieren.<br />

All das betrifft nicht nur Erwachsene.<br />

Gerade Kinder und Jugendliche müssen<br />

oft erst den respektvollen Umgang mit<br />

der Natur erlernen. Deshalb gehört auch<br />

Grußwort<br />

Respektvoller Umgang mit der Natur<br />

die Umweltbildung in Nordrhein-Westfalen<br />

zu unserer umfassenden Strategie<br />

der vorbeugenden Politik mit dem Ziel<br />

einer nachhaltigen Entwicklung. Vorbeugung<br />

meint auch hier, dass wir vorausschauend<br />

handeln, um Missständen zu<br />

begegnen und gar nicht erst entstehen<br />

zu lassen. Denn unter ihren Folgen<br />

hätten spätestens die nachfolgenden<br />

Generationen zu leiden. Und das wäre<br />

verantwortungslos.<br />

Als Baustein einer Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung fragt die Umweltbildung<br />

auch nach den globalen<br />

Auswirkungen unseres eigenen Handelns.<br />

Wir möchten erreichen, dass<br />

jeder Einzelne in Nordrhein-Westfalen<br />

sich entsprechende Kompetenzen und<br />

Kenntnisse aneignen kann, um das<br />

eigene Handeln an den Kriterien der<br />

Vorbeugung und Nachhaltigkeit auszurichten,<br />

so weit das möglich ist. Die<br />

Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

– und mit ihr die Umweltbildung – soll<br />

daher in allen Bildungsbereichen systematisch<br />

verankert werden.<br />

So können Kindergärten und Schulen<br />

wertvolle Beiträge bei der Umweltbil-<br />

7


8<br />

Grußwort<br />

dung leisten. Hier bietet etwa der Of-<br />

fene Ganztag vielfältige Möglichkeiten<br />

und entsprechende Freiräume, denn<br />

hier haben Kinder Zeit, gemeinsam<br />

abseits von Fernsehen, Computer und<br />

Spielkonsole zu lernen. Ihre kindliche<br />

Neugierde wird sie ganz von selbst<br />

zu jenen Themen führen, die uns alle<br />

bewegen: Wie wird aus Wind Strom?<br />

Woher kommt das Frühstücksei? Wohin<br />

kommt der ganze Müll? Warum ist es<br />

besser, das Auto einfach mal stehen<br />

zu lassen?<br />

Diese Neugierde, die ich mir manchmal<br />

auch bei Erwachsenen wünsche,<br />

müssen wir nutzen, um Umwelt- und<br />

Naturerfahrung eines Tages ebenso fest<br />

im Lehrplan zu verankern wie Mathematik<br />

oder Deutsch.<br />

Wie dringend nötig solche Bildungsanstrengungen<br />

sind, zeigt allein das<br />

Beispiel Klimaschutz. Ihn jetzt nicht<br />

entschlossen voranzutreiben, hieße,<br />

Konsequenzen für die Lebensbedingungen<br />

der Menschen in Kauf zu nehmen,<br />

die wir uns wohl kaum vorstellen und<br />

keinesfalls verantworten können.<br />

Deshalb hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />

im Sommer 2011 als<br />

erstes Land ein Klimaschutzgesetz auf<br />

den Weg gebracht, mit dem erstmals<br />

Minderungsziele für Treibhausgasemissionen<br />

gesetzlich festgelegt werden. So<br />

wollen wir diese Emissionen bis 2020<br />

um 25 Prozent und bis 2050 um mindestens<br />

80 Prozent reduzieren. Diese<br />

Ziele müssen wir erreichen – und das<br />

wird nur dann gelingen, wenn auch<br />

die Bürgerinnen und Bürger durch ihr<br />

persönliches Verhalten dazu beitragen.<br />

Auch hier wird die Umweltbildung eine<br />

wichtige Rolle spielen.<br />

Vorbilder vor Ort helfen dabei. Der<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> ist ein solches Vorbild. Hier<br />

wird Umweltpädagogik über verschiedene<br />

Institutionen, Projekte und Initiativen<br />

in die Tat umgesetzt. Herausragende<br />

Beispiele dafür sind die Ökologiestation<br />

in Bergkamen-Heil und die Waldschule<br />

in Selm-Cappenberg, die im Jahr 2011<br />

mit dem Naturschutzpreis der Bezirksregierung<br />

Arnsberg ausgezeichnet wurde.<br />

Ich bin sicher, dass weitere umweltpädagogische<br />

Initiativen aus dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

auch zum Vorbild für andere Regionen<br />

in NRW werden können.<br />

Viele weitere Initiativen stehen auf<br />

der Wunschliste. Sie sollten nicht „von<br />

oben“ verordnet, sondern von den Bürgerinnen<br />

und Bürgern mitentwickelt und<br />

verwirklicht werden, damit sie möglichst<br />

genau den Lebensbedingungen vor Ort<br />

entsprechen.<br />

Den Akteuren im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> wünsche<br />

ich bei ihren Anstrengungen für eine<br />

nachhaltig wirkende Umweltbildung viel<br />

Erfolg. Und Ihnen, den Leserinnen und<br />

Lesern, wünsche ich Vergnügen bei der<br />

Lektüre und viele Anregungen für das<br />

eigene Handeln.<br />

Hannelore Kraft<br />

Ministerpräsidentin des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen


� Abenteuer Erde<br />

Natur bewusst erleben<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

wann haben Sie zuletzt ein Kind<br />

gesehen, wie es in freier Natur über<br />

Felder tollt, sich durch hohe Gräser<br />

schlägt oder auch die imposantesten<br />

aller Baumgipfel erklimmt? Ich<br />

stelle mit Ernüchterung fest, es ist<br />

bei mir lange her. Cowboy und Indianer<br />

spielt man heute vor Konsolen.<br />

Natur erleben bedeutet, animierte<br />

Tiere vom Sofa aus bei Disney zu<br />

bestaunen. Im Zeitalter von Elektronik<br />

und Technik hat sich der kindliche<br />

Alltag drastisch verändert.<br />

Kinder kennen die heimischen Wiesen<br />

vor ihrer eigenen Haustür nicht<br />

mehr. Vögel sind Vögel und Blumen<br />

sind Blumen – der Buchfink wird zum<br />

Rotkehlchen, die Butterblume zum Osterglöckchen.<br />

Und woran liegt das?<br />

Langsam dämmert uns, dass wir<br />

ein Bewusstsein für Erde und Natur<br />

entwickeln und dieses bei noch jungen<br />

Jahrgängen fördern und stärken müssen.<br />

Wir müssen begreifen, dass wir<br />

Walter Teumert, Vorsitzender der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> e.V. Foto: privat<br />

nicht nur auf dieser Welt, sondern mit<br />

der Natur leben, einer Umgebung von<br />

unschätzbarem Wert. Wir sind es auch,<br />

die heranwachsende Generationen zum<br />

Zwecke der Nachhaltigkeit, vor allem<br />

aber auch um ihrer eigener Entwicklung<br />

wegen, sensibilisieren müssen. Denn<br />

wie Jürgen Heuser feststellt: Wie soll<br />

Vorwort<br />

ein Kind schätzen und schützen, was es<br />

nicht kennt? Natur bewusst erleben, sie<br />

riechen, fühlen, schmecken, mit allen<br />

Sinnen erfahren und begreifen – sich in<br />

das Abenteuer Erde stürzen – hier setzt<br />

das Konzept der Natur- und Umweltpädagogik<br />

an, eine Schlüsselaufgabe unserer<br />

Zeit, der sich die Autoren in diesem Jahrbuch<br />

der Naturförderungsgesellschaft<br />

e.V. (NFG) im Besonderen widmen.<br />

Wenden wir unseren Blick auf den<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und steigen mit dem Beitrag<br />

von Heinrich Behrens „Ente oder Gans<br />

– das ist hier die Frage“ in das Thema<br />

ein. Hier wird deutlich, wie maßgebend<br />

die Einbindung der Erlebnispädagogik im<br />

Bereich Naturkunde in den modernen<br />

Schulunterricht ist. Nur wenn Kinder ihre<br />

unmittelbare Umwelt – Flora und Fauna<br />

– spontan erleben, sie als Spiel- und<br />

Freiraum nutzen und kennen, können<br />

sie ein Bewusstsein für die Bedeutung<br />

von Umwelterhalt und Naturschutz<br />

entwickeln. Um die aus dieser Erkenntnis<br />

resultierenden Handlungsmaximen geht<br />

es auch Petra Giebel, die die landesweite<br />

Kampagne „Schule der Zukunft – Bildung<br />

für Nachhaltigkeit“ vorstellt.<br />

9


10<br />

Vorwort<br />

Der Aufsatz „Die Kuh ist doch nicht<br />

lila – oder doch?“ von Petra Drees-<br />

Hagen konkretisiert das regionale,<br />

außerschulische Lernen auf dem Bauernhof.<br />

Vom Kuhstall geht es in den<br />

Wald: Marianne Degwer widmet sich<br />

Erlebnisführungen auf der Ökostation<br />

im Naturfreundehaus auf dem Ebberg in<br />

Schwerte. Für die nachhaltige Bildungsarbeit<br />

setzt sich auch die Waldschule<br />

Cappenberg ein – Martina Schmidt<br />

von Boeselager schildert Begegnungen<br />

mit dem komplexen Ökosystem Wald.<br />

Umweltunterricht mal anders.<br />

Schon seit Jahren bindet die Peter-<br />

Weiss-Gesamtschule (PWG) <strong>Unna</strong><br />

die Umweltbildung konkret in den<br />

Schulalltag ein. Ihr ist der Beitrag „Umwelterziehung<br />

als Schulauftrag“ von<br />

Jenny Planert-Fahrenhorst und Hartmut<br />

Fahrenhorst gewidmet. Dass Umweltunterricht<br />

nicht nur für Schulkinder<br />

spannend ist, erklärt der Aufsatz „Natur<br />

entdecken im Grünen Klassenzimmer“.<br />

An der Ermelingschule in Bönen-Lenningsen<br />

können sich im Schulgarten<br />

auch auswärtige Gruppen, Eltern und<br />

Lehrkräfte in Sachen Umwelt weiterbilden.<br />

Nicht unerwähnt bleiben sollte<br />

der Beitrag „Steigenberger Moritz oder<br />

Bettenhaus?“ von Ralf Sänger. Denn<br />

die Ökologiestation in Bergkamen verfügt<br />

nun über ein Gästehaus: ideal für<br />

wissbegierige Schülerinnen und Schüler<br />

auf Klassenfahrt. Andreas Hellmich und<br />

Kai-Uwe Schneider lenken den Fokus in<br />

ihrem Artikel „Das geht auch dich was<br />

an!“ auf die Abfallberatung. Für den<br />

Umweltschutz auf gesetzlicher Ebene<br />

setzt sich die Naturschutzjugend (NAJU)<br />

ein. Sandra Schulz stellt sich in dem<br />

Aufsatz „Neue (junge) Umweltschützer<br />

braucht das Land“ als NAJU-Regionalbetreuerin<br />

vor.<br />

Der zweite Teil des <strong>Naturreport</strong>es<br />

enthält über das Schwerpunktthema<br />

hinaus wieder Arbeiten, die sich mit der<br />

Flora und Fauna unseres <strong>Kreis</strong>es beschäftigen.<br />

Angefangen mit Beiträgen zur<br />

Organismenwelt und der Naturwaldzelle<br />

im Cappenberger Wald über eine erste<br />

Übersicht zur Lage des Großpilzbestandes<br />

bis hin zum Arteninventar und den<br />

Bestandsveränderungen der Säugetiere<br />

im Kamener Stadtgebiet. Die einzelnen<br />

Aufsätze werden mit aussagekräftigen<br />

Bildern, Karten und Tabellen veranschaulicht.<br />

Besonders hervorzuheben ist<br />

der Nachruf auf Heinz Herkenrath „Wir<br />

könnten ja noch in die Rieselfelder…“<br />

von Thomas Griesohn-Pflieger. Der<br />

Beitrag „Neugierig die Gegend erkunden“<br />

über eine Beobachtungstour in die<br />

Uckermark beendet diesen <strong>Band</strong>.<br />

Auch dieses Mal sind sämtliche Beiträge<br />

wieder reich an informativen und<br />

anregenden Aspekten und Ansichten.<br />

Tiefere Auseinandersetzungen mit der<br />

Thematik, die über die Lektüre hinausgehen,<br />

sind wie immer wünschenswert.<br />

Dieses Jahrbuch enthält den Appell,<br />

gerade die Jüngsten an die Hand zu<br />

nehmen und sie in die Geheimnisse und<br />

Abenteuer unserer Erde einzuweihen.<br />

Worauf warten wir noch?<br />

Ich möchte allen danken – insbesondere<br />

Ministerpräsidentin Hannelore<br />

Kraft für das Grußwort – die mit Wort,<br />

Bild oder anderer Unterstützung zu<br />

dieser Ausgabe beigetragen haben und<br />

wünsche Ihnen wie immer eine inspirierende<br />

und spannende Lektüre.<br />

Ihr<br />

Walter Teumert<br />

Vorsitzender der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>


� Zurück zur Natur<br />

Expedition in die Wildnis für Kinder<br />

von Jürgen Heuser<br />

Spielen und toben im Wald oder<br />

auf dem Feld und dabei die Zeit<br />

und sich selbst vergessen – ist das<br />

ein Phänomen längst vergessener<br />

Zeiten? Oder gehört das auch heute<br />

noch in den Alltag heranwachsender<br />

Jugendlicher? Und wenn nicht,<br />

warum ist das in unserer Zeit so?<br />

Begeben wir uns auf Spurensuche.<br />

Großstadtkinder entfremden sich<br />

der Natur. Und das nicht unbedingt<br />

aufgrund von Desinteresse: Zum Spielen<br />

auf die Wiese oder in das Wäldchen<br />

um die Ecke zu gehen, dafür fehlt den<br />

meisten Jungen und Mädchen einfach<br />

die Möglichkeit. Es gibt sie schlicht nicht.<br />

Und so entzweien sich die jungen Menschen<br />

unserer städtischen Gesellschaft<br />

nach und nach von der Lebenswelt.<br />

Dass entsprechende Flächen in den<br />

Ballungsräumen fehlen ist das eine.<br />

Das andere ist der Wandel des Alltags<br />

in der Kinderwelt. Die Schulzeiten haben<br />

sich geändert, Neue Medien sind<br />

mittlerweile nicht mehr wegzudenken,<br />

Freizeitstress mit Hobbys wie Ballett,<br />

Klavier und Reiten stehen auf der Tagesordnung.<br />

Es herrscht längst eine neue<br />

Art des Spielens. Das Interesse an der<br />

Natur ist schlichtweg verloren gegangen.<br />

Es findet eine massive Entfremdung<br />

statt. Viele Kinder können mit der Natur<br />

nichts mehr anfangen. Respekt und<br />

Engagement der Menschen für Flora,<br />

Fauna, intakte Landschaft und Umwelt<br />

Umweltpädagogik<br />

Selten: Kinder spielen draußen. Fotos: Biologische Station Östliches Ruhrgebiet<br />

sind aber keine Selbstverständlichkeit.<br />

Wertschätzung und Liebe zur Natur sind<br />

Grundbedingung dafür und setzen ausgiebige,<br />

intensive Naturkontakte in der<br />

Kindheit voraus. Denn: Was ich nicht kenne,<br />

kann ich auch nicht schätzen. Viele,<br />

die sich als Erwachsene mit Naturschutz<br />

beschäftigen, haben sich in ihrer Kindheit<br />

intensiv mit der Natur beschäftigt. Kinder<br />

entwickeln eine Liebesbeziehung zur<br />

11


12<br />

Umweltpädagogik<br />

Natur, wenn sie ausgiebig Gelegenheit<br />

bekommen, in naturnahe Landschaften<br />

einzutauchen, selbstvergessen, nur sich<br />

selbst genügend, unbeobachtet, unreglementiert,<br />

ohne Zeitdruck. Dabei ist es<br />

nicht von Bedeutung, dass ich als Kind<br />

weiß, dass der Baum, auf den ich am<br />

besten klettern kann, eine Hainbuche<br />

ist. Entscheidend ist nur, dass er geeignetes<br />

Astwerk besitzt. Für den Namen<br />

interessiere ich mich vielleicht in späteren<br />

Jahren. Oder das Spiel am Bach als kleiner<br />

Junge. Ich zum Beispiel hatte große<br />

Angst vor den Köcherfliegenlarven. Es<br />

war mir egal, wie sie hießen. Sie waren<br />

einfach gruselig. Oder die Versuche,<br />

mit meinem blauen Zahnputzbecher<br />

die wenige Tage alten Jungforellen zu<br />

fangen, um sie dann wieder ins Wasser<br />

zu lassen. Ich wusste genau, wie sich die<br />

quirligen Mini-Fische verhalten. Daran<br />

erinnere ich mich gerne, wenn ich an<br />

meine Kindheit zurück denke. Und all<br />

diese Erlebnisse fördern die Liebe zur<br />

Natur.<br />

� Natur fördert Lebenskraft<br />

Aber es geht nicht nur darum, dass<br />

Kinder wieder in der Natur spielen und<br />

toben sollen: Natur fördert Lebenskraft.<br />

Dabei geht es nicht in erster Linie um<br />

die physische Gesundheit – Bewegung<br />

ist gut für Herz und <strong>Kreis</strong>lauf –, sondern<br />

vielmehr wie Schemel 2003 sagte, um die<br />

Wirkung von Naturkontakt auf die psychische<br />

Gesundheit im Sinne der gesunden<br />

Entwicklung einer gefestigten und<br />

kreativen Persönlichkeit. So hat schon im<br />

vergangenen Jahrhundert der bekannte<br />

Psychologe Alexander Mitscherlich der<br />

Bedeutung von Naturerfahrung im Blick<br />

auf die psychische Gesundheit erkannt:<br />

„Jeder junge Mensch … ist weitgehend<br />

ein triebbestimmtes Spielwesen. Er<br />

braucht deshalb seinesgleichen, nämlich<br />

Tiere, überhaupt Elementares: Wasser,<br />

Dreck, Gebüsch, Spielraum. Man kann<br />

ihn auch ohne das alles aufwachsen<br />

lassen, mit Teppichen, Stofftieren oder<br />

auf asphaltierten Straßen und Höfen. Er<br />

überlebt es – doch man soll sich nicht<br />

wundern, wenn er später bestimmte<br />

soziale Grundleistungen nie mehr erlernt,<br />

z. B. ein Zugehörigkeitsgefühl<br />

zu einem Ort...“ Schemel beschreibt<br />

in seinem Beitrag, dass inzwischen der<br />

Zusammenhang von sinnlicher Naturerfahrung<br />

und Gesundheit von zahlreichen<br />

Wissenschaftlern der Pädagogik, der<br />

Psychologie und Anthropologie bestätigt<br />

wurde. Laut Piperek (1975) erleidet ein<br />

Mensch ohne hinreichende Stimulierung<br />

durch natürliche Umwelt physische und<br />

psychische Schäden. Er nennt in diesem<br />

Zusammenhang beispielsweise Konzentrationsstörungen,<br />

Kontaktarmut<br />

sowie Mangel an Selbstvertrauen und<br />

Initiative. Und sind das nicht exakt jene<br />

Charaktereigenschaften, die wir heute<br />

bei Heranwachsenden vermissen? Vor<br />

diesem Hintergrund hat die Biologische<br />

Station Östliches Ruhrgebiet in Herne<br />

das Projekt „Wildnis für Kinder“ ins Leben<br />

gerufen. Ziel ist es, Verantwortung<br />

und Engagement für die Natur möglichst<br />

früh zu wecken, aber nicht durch pädagogische<br />

Anleitung, sondern so weit<br />

wie möglich durch persönliche Naturerfahrung.<br />

Unsere Idee ist es, ein Netz<br />

von „wilden“ Freiflächen bereitzustellen.<br />

Trotz ihres geringen Anteils innerhalb<br />

der Stadtlandschaft sollen möglichst<br />

viele Kinder im alltäglichen Wohnumfeld<br />

Gelegenheit finden, unbeobachtet<br />

und ohne Regeln selbstbestimmtes<br />

und freies Abenteuer zu erleben. Denn<br />

Spielraum unter freiem Himmel ist für<br />

Kinder optimal.<br />

� Das eigene Spiel erfinden<br />

Hier können sie kreativ sein. Die<br />

Natur bietet sich mit Hügeln, Büschen,<br />

Sträuchern, Bäumen, Wiesen und Gewässer<br />

geradezu an. Allerdings müssen<br />

die Kinder dieses Angebot erst wahrnehmen<br />

und begreifen. Dafür bietet<br />

ihnen der Computer keine Anleitung.<br />

Draußen heißt es: Ich muss mein Spiel<br />

erfinden, auf Bäume klettern, Buden<br />

bauen, Holzschiffchen auf dem Bach<br />

schwimmen lassen oder Frösche beobachten.<br />

Die Kunst ist es also, die Kinder


Einfach sich selbst und die Zeit vergessen: Auf eigene Faust die Natur entdecken.<br />

wieder an die Natur heranzuführen.<br />

Das ist allerdings ein Paradoxon, wenn<br />

man als „Anleiter“ nicht präsent sein<br />

will. Was also tun? Folgende Maxime<br />

gilt: Man muss sich erst um die Kinder<br />

bemühen und sich selbst danach wieder<br />

abschaffen. Erwachsene müssen ihnen<br />

Zeit geben und sie in Ruhe lassen, damit<br />

sie ihre Bedürfnisse selbst entdecken.<br />

Bei der Frage, welche Bedingungen<br />

eine Fläche als „Naturerfahrungsraum“<br />

für die Altersgruppe der Sieben- bis<br />

14-jährigen qualifizieren, geben die<br />

Ergebnisse einer Modellstudie aus Baden-Württemberg<br />

Antworten (Reidl &<br />

Schemel, 2003). Danach sollten folgende<br />

Voraussetzungen erfüllt sein:<br />

� Vorrangnutzung Naturerfahrung:<br />

Naturschutzaspekte sind auf den<br />

ausgewählten Flächen nachrangig.<br />

„Eingriffe“ von Kindern, der Bau von<br />

Buden beispielsweise, sind hier zu<br />

tolerieren.<br />

� Wohngebietsnähe: Eine Entfernung<br />

von 300 bis 500 Metern zu den<br />

Wohnungen sollte angesichts der<br />

fokussierten Altersgruppe nicht überschritten<br />

werden.<br />

� Mindestgröße: Damit das angestrebte<br />

unbeobachtete und unreglementierte<br />

Umweltpädagogik<br />

Balancieren will gelernt sein.<br />

Spiel wirklich stattfinden kann, sollte<br />

die Mindestgröße der Flächen ein bis<br />

zwei Hektar betragen.<br />

� Attraktive Strukturen: Je größer die<br />

Vielfalt der strukturierenden Elemente,<br />

desto interessanter wird die Fläche<br />

als Aufenthaltsort für Kinder: Eine<br />

Kombination aus offener Landschaft,<br />

Bäumen, Dickicht, ebenen Bereichen,<br />

Hügeln und Wasserkörpern in jeder<br />

Form bietet ideale Voraussetzungen.<br />

� Den Strukturwandel nutzen<br />

Als eine besondere Chance zur Realisierung<br />

dieser Vorhaben entpuppt sich<br />

13


14<br />

Umweltpädagogik<br />

der Strukturwandel, der das Ruhrgebiet<br />

in der Vergangenheit ergriffen hat. Geschätzte<br />

10.000 Hektar innerstädtische<br />

Brachflächen hat die Montanindustrie<br />

im gesamten Ruhrgebiet hinterlassen.<br />

Flächen, die oft keiner wirtschaftlichen<br />

Nutzung zugeführt werden können. Zu<br />

einem großen Teil sind dies Bergehalden,<br />

Deponien und ehemalige Industrieflächen.<br />

Birkenwälder verstecken<br />

Bahngleise, Goldrute und Sommerflieder<br />

überwuchern ehemalige Anlagen, und so<br />

entstehen an vielen Orten der Region<br />

geheimnisvolle Kulissen aus Verfall und<br />

ungehemmter grüner Eroberung.<br />

Das Vorhaben als Vorbild vor Ort:<br />

Auf dem citynahen Gelände der früheren<br />

Maschinenfabrik Beien entstand in den<br />

1990er Jahren ein kinderreiches Wohnquartier.<br />

Die parallel neu entstandene<br />

Parkfläche und ein Eisenbahnlärmschutzwall<br />

mit einer Gesamtfläche von etwa<br />

einem Hektar werden zu einer „Wildnis<br />

für Kinder“ umgestaltet. Geplant sind<br />

Hügel und Mulden, Trampelpfade, vielleicht<br />

ein Labyrinth, Büsche und eventuell<br />

eine kleine Wasserfläche. Aktive Kinder<br />

in der Natur sind hier nicht nur geduldet,<br />

sondern ausdrücklich erwünscht. Sie<br />

sollen auf Bäume klettern können, im<br />

Gras spielen, Insekten beobachten oder<br />

einfach einmal rummatschen dürfen.<br />

Pädagogen und Psychologen begrüßen<br />

das Vorhaben.<br />

Und wie reagiert die Nachbarschaft?<br />

Aus dem <strong>Kreis</strong> der Anwohner kommt<br />

Zustimmung. Und die vorherrschenden<br />

Probleme und Anregungen wurden angesprochen:<br />

Zum Beispiel sollen Hunde<br />

angeleint sein, ein Hundeklo wurde<br />

angeregt, die Rutschfläche könnte als<br />

Mini-Sommerrodelbahn ausgebaut werden<br />

und auch Patenschaften wurden als<br />

Ideen festgehalten. Ein Zaun soll zudem<br />

die Kinder vor dem unweiten Bahngelände<br />

schützen und ungebetene Gäste aus<br />

dieser Richtung fernhalten. Die Erfahrung<br />

zeigt: Es gilt, frühzeitig breite Akzeptanz<br />

für die Naturerfahrungsräume durch<br />

gezielte Öffentlichkeitsarbeit vor Ort mit<br />

Bürgerveranstaltungen und Aktionstagen<br />

zu schaffen und dabei Elterninitiativen,<br />

Kommunalpolitik, Stadtverwaltung und<br />

Polizei miteinzubeziehen. Gute Multiplikatoren<br />

und Kooperationspartner sind<br />

Schulen in der Nachbarschaft. Darüber<br />

hinaus ist deutlich, dass eine kontinuierliche<br />

Betreuung des Gebietes unerlässlich<br />

ist, um beispielsweise Müllablagerungen<br />

vorzubeugen und das Zuwachsen von<br />

Aktionsflächen zu verhindern.<br />

� Optimistisch in die Zukunft<br />

Das Pilotprojekt wird durch die NRW-<br />

Stiftung für Natur, Heimat und Kultur<br />

sowie die Dr.-Gustav-Bauckloh-Stiftung<br />

gefördert. Die Stadt Herne begleitet das<br />

Vorhaben konstruktiv. Da bleibt nur noch<br />

die eine Frage, ob die Kinder automatisch<br />

den Weg zum selbstbestimmten Spiel in<br />

der Natur finden, wenn nur die oben skizzierten<br />

Voraussetzungen gegeben sind?<br />

Schemel et al. (2005) gehen davon aus,<br />

„dass die sich frei entwickelnde Natur<br />

genügend Gelegenheiten und Anreize<br />

bietet, damit sich Kinder und Jugendliche<br />

in ihr spielerisch betätigen.“ Und dennoch<br />

habe ich keine Illusion, dass die Zeiten von<br />

früher zurückkommen. Die Gesellschaft<br />

wandelt sich. Aber ich habe durchaus<br />

die Vision, dass die Heranwachsenden<br />

mit der „Wildnis für Kinder“ wieder in<br />

die Natur eintauchen. Ob das gelingt,<br />

die Spuren der Zukunft zeigen es. Ich bin<br />

optimistisch.<br />

Literatur:<br />

Mitscherlich, A. (1965): Die Unwirtlichkeit unserer<br />

Städte. Frankfurt/Main.<br />

Piperek, M. (1975): Umweltpsychohygiene,<br />

Wohn- und Baupsychologie. Wien.<br />

Reidl, K. & Schemel, H.-J. (2003): Naturerfahrungsräume<br />

im städtischen Bereich. Naturschutz<br />

und Landschaftsplanung 35 (11). S. 325-331.<br />

Schemel, H.-J. (2003): Fachbeitrag zur EURO-<br />

PARC-Tagung „Schutzgebiete und Verkehr – alles<br />

in Bewegung“. EUROPARC Deutschland und<br />

Naturpark Barnim (LAGS). Brandenburg. S. 1-8.<br />

Schemel, H.-J., Reidl, K. & Blinkert, B. (2005):<br />

Naturerfahrungsräume im besiedelten Bereich.<br />

Naturschutz und Landschaftsplanung 37 (1).<br />

S. 5-14.


� Ab nach draußen – aber bitte ohne Aufsicht<br />

Umweltpädagogik<br />

Ente oder Gans – das ist hier die Frage<br />

von Heinrich Behrens<br />

Geht man heute mit Kindern oder<br />

Jugendlichen – gleich welcher<br />

Altersstufe – in die Natur und<br />

erwartet, sie könnten Bäume, Vögel<br />

oder Sträucher artlich bestimmen,<br />

wird man in der Regel enttäuscht<br />

sein. Die Artenkenntnis unserer<br />

Schülerinnen und Schüler ist unabhängig<br />

von der Schulform und vom<br />

Alter meistens so rudimentär oder<br />

undifferenziert, dass selbst eine Ente<br />

nicht von einer Gans oder eine Eiche<br />

nicht von einer Buche unterschieden<br />

werden kann.<br />

Das hat natürlich damit zu tun, dass<br />

Kinder und Jugendliche sich selten draußen<br />

in der Natur aufhalten, elterliche<br />

Unterweisung in Sachen Naturerfahrung<br />

kaum stattfindet und die Schule systematisches<br />

Wissen etwa im Fach Biologie<br />

nicht mehr vermittelt. Die Kindern und<br />

Jugendlichen zur Verfügung stehende<br />

Freizeit wird mehr und mehr zu Hause<br />

verbracht: vor Spielekonsolen, Fernsehern<br />

und PCs. Twittern, Simsen, Chatten<br />

und Surfen sind deutlich attraktiver als<br />

das Spielen im Freien, das Herumklettern<br />

auf Bäumen oder das Stromern durchs<br />

Gelände. Nun könnte man daraus ableiten,<br />

dass die Zeiten sich eben ändern<br />

und mit ihnen die Lerninhalte. Warum<br />

soll es denn wichtig sein, dass Kinder ein<br />

Rotkehlchen von einem Zaunkönig unterscheiden<br />

können? Umweltpädagogen<br />

würden einwenden, dass das schrittweise<br />

Hinführen zu einem Verständnis der Natur<br />

und ihrer ökologischen Zusammenhänge<br />

natürlich auch eine grundlegende<br />

Artenkenntnis voraussetzt. Nur wenn ich<br />

die Natur in meiner Nachbarschaft, an<br />

der Schule, im Stadtwald kenne, kann<br />

ich mich auch für ihren Erhalt, für ihren<br />

Schutz einsetzen. Diese Maxime, vom<br />

Wissen zum ethisch begründeten und<br />

emotional getragenen Handeln zu finden,<br />

begleitet die umweltpädagogische<br />

Didaktik seit langem.<br />

Doch an dieser Stelle wird es spannend,<br />

genauer auf die gängigen umweltpädagogischen<br />

Konzepte zu schauen.<br />

Ziel ist es bei fast allen, den feststellbaren<br />

Mangel an Naturerfahrung und<br />

Naturkenntnis beheben zu wollen, Klettern auf Bäumen – ja bitte.<br />

15


<strong>16</strong><br />

Umweltpädagogik<br />

Schulgeländearbeit ist sehr organisiert.<br />

indem man Kinder und Jugendliche an<br />

die Hand nimmt und auf vorgegebenen<br />

Spuren in die Natur führt. Natur wird<br />

dabei angeordnet und verordnet. Von<br />

Lehrerinnen und Lehrern initiiert, werden<br />

die Sprösslinge vor Ort an Erlebnis-,<br />

Natur- und Waldpädagogen abgegeben,<br />

deren Aufgabe darin besteht, möglichst<br />

schnell und in kurzer Zeit die Naturerfahrungsdefizite<br />

auszugleichen. Da dürfen<br />

Schülerinnen und Schüler Kaulquappen<br />

fangen, eine Käferlarve in der Becherlupe<br />

bewundern, Stockbrot am Lagerfeuer<br />

backen oder Fledermaus-Stimmen mit<br />

Hilfe eines Detektors orten. Oft tragen<br />

die Veranstaltungen Seminar- oder Exkursionscharakter,<br />

sind reproduzierbar<br />

und durchdidaktisiert. Haken bei diesen<br />

Veranstaltungen ist, dass den jungen<br />

Menschen bei der Vermittlung der Inhalte<br />

gleichzeitig umweltpädagogisch<br />

relevante Verhaltensregeln mitgegeben<br />

werden (Man muss leise sein, darf nicht<br />

vom Weg abweichen, darf keine Blume<br />

abbrechen oder Insekten im Glas mit<br />

nach Hause nehmen etc.), die gerade<br />

junge Menschen nicht selten „nerven“.<br />

So wird ihnen schon sehr früh die<br />

Naturschutzbrille aufgesetzt und eine<br />

Erwachsenenperspektive vermittelt, die<br />

nicht die ihre ist.<br />

� Wilde Freiräume<br />

Bei Kindern finden wir ein ungeordnetes,<br />

spontanes Erleben, das von einem intrinsischen,<br />

kindlichen Interesse getragen<br />

ist. Natur wird hier zu einem Frei- und<br />

Spielraum, den sich jedes Kind allein oder<br />

in selbst gewählten Gruppen erschließen<br />

möchte. Der Natursoziologe Rainer Brämer<br />

vertritt die Ansicht, dass Kinder in<br />

natürlichen Umwelten keine Pädagogik<br />

brauchen. Was sie benötigen: Erreichbare<br />

Natur und die Zeit, sich mit ihresgleichen<br />

Lernen mit Bienen. Fotos: Behrens<br />

aus freien Stücken dort aufzuhalten. Die<br />

pädagogisch von Erwachsenen verordneten<br />

Naturerfahrungsveranstaltungen<br />

werden oft als fremdbestimmt erlebt,<br />

weshalb der angestrebte Lernprozess<br />

auch nicht immer die Tiefe erreicht, die<br />

man erwartet.<br />

Der junge Mensch braucht die Natur,<br />

besser die „wilden“ Freiräume, falls es<br />

sie noch gibt, als Selbsterfahrungsräume,<br />

in denen man Abenteuer erlebt, sich<br />

selbst beweisen kann und die eigene<br />

Natürlichkeit jenseits aller Nützlichkeitserwägungen<br />

und Zwecksetzungen<br />

durch die Erwachsenen erkennt. Ein<br />

reflektiertes, verantwortungsbewusstes,<br />

umweltethisch begründetes Handeln<br />

im Zeichen des Erhalts der natürlichen<br />

Ressourcen unseres Planeten kann sich<br />

dann später entwickeln. Voraussetzung<br />

dafür ist die intensive Naturerfahrung in<br />

den Jahren davor.


Umweltpädagogik<br />

� Landesweite Kampagne zur Förderung der Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit<br />

von Petra Giebel<br />

Die Kampagne „Schule der Zukunft<br />

– Bildung für Nachhaltigkeit“ hat<br />

das Ziel, Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung in den Alltag von<br />

Schulen, Kitas und ihren außerschulischen<br />

Partnern zu tragen und dort<br />

zu verankern. Denn nur eine nachhaltige<br />

Entwicklung, die sowohl die<br />

Interessen der heutigen als auch der<br />

kommenden Generationen auf der<br />

ganzen Welt berücksichtigt, ermöglicht<br />

eine gerechte Zukunft für alle.<br />

Im Rahmen der Kampagne können<br />

Schulen, Kitas und ihre außerschulischen<br />

Partner sich dem Themenfeld<br />

der nachhaltigen Entwicklung zunächst<br />

mit kleinen Projekten nähern und sich<br />

nach und nach immer intensiver und<br />

selbstverständlicher mit Zukunftsfragen<br />

beschäftigen. Hierzu können auch bereits<br />

begonnene oder laufende Projekte<br />

aufgegriffen und ausgebaut werden.<br />

Jede Schule wählt ihre eigenen thematischen<br />

Schwerpunkte. Wesentlich<br />

ist nur, dass sie sich mit den ökolo-<br />

Das Josef-Albers-Gymnasium trägt aktiv zum Klimaschutz bei, indem es eine Fotovoltaik-Anlage<br />

auf seinem Schulgebäude installiert. Foto: M. Hannappel<br />

gischen, ökonomischen und sozialen<br />

Lebensgrundlagen auseinander setzt.<br />

Die Leitfrage der Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung lautet dabei, wie wir<br />

verantwortlich im weltweiten Horizont<br />

und mit Rücksicht auch auf künftige<br />

Generationen leben können.<br />

Auch die Bildungsübergänge von Kitas<br />

und Grundschulen können über ein<br />

gemeinsames Thema im Bereich einer<br />

17


Bildung für Nachhaltigkeit optimiert und<br />

weiter ausgebaut werden. Ferner ist eine<br />

Vernetzung mit außerschulischen Partnern<br />

in der Region für alle Beteiligten der<br />

Kampagne eine Bereicherung.<br />

Getragen wird die Kampagne vom<br />

Umwelt- und vom Schulministerium<br />

NRW. Die landesweite Koordination<br />

liegt bei der Natur- und Umweltschutz-<br />

Akademie NRW (NUA). Ein Team aus<br />

freigestellten Lehrkräften unterstützt<br />

die teilnehmenden Schulen vor Ort.<br />

Daneben bietet die NUA landesweit<br />

zahlreiche Unterstützungsangebote.<br />

� <strong>2012</strong>: Abschluss und Neustart<br />

eines Kampagnendurchgangs<br />

Im Kampagnenzeitraum 2009 bis<br />

<strong>2012</strong> haben sich mehr als 500 Schulen<br />

zur Kampagne angemeldet. Sie alle<br />

haben sich mit Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung beschäftigt und Projekte<br />

an ihren Schulen umgesetzt. Bis Ende<br />

des Jahres 2011 haben 418 Schulen ihre<br />

Arbeit dokumentiert und damit ihre<br />

Erfolge festgehalten. Sie alle werden im<br />

Jahr <strong>2012</strong> in ihren Regionen feierlich ausgezeichnet.<br />

Gleichzeitig startet <strong>2012</strong> der<br />

neue Kampagnenzeitraum <strong>2012</strong> bis 2014.<br />

Er setzt die bewährte Arbeit fort, legt<br />

aber Wert auf neue Schwerpunkte. So<br />

soll verstärkt die Vernetzung der Schulen<br />

untereinander oder mit außerschulischen<br />

Partnern gestärkt und Projekte durchge-<br />

18<br />

Umweltpädagogik<br />

führt werden, die eine Partizipation der<br />

Schülerinnen und Schüler an tatsächlichen<br />

Entscheidungsprozessen und realen<br />

Projekten vor Ort ermöglichen.<br />

� Ziele der Kampagne<br />

Die Kampagne „Schule der Zukunft<br />

– Bildung für Nachhaltigkeit“ bietet die<br />

Möglichkeit für Schulen, Kitas, außerschulische<br />

Partner und Netzwerke<br />

� für Inhalte, die für Gegenwart und<br />

Zukunft bedeutsam sind, zu sensibilisieren.<br />

� Arbeitsweisen zu vermitteln, die die<br />

Gestaltungskompetenz der Schülerinnen<br />

und Schüler fördern.<br />

� Kooperationen und Vernetzung mit<br />

vielen außerschulischen Partnern zu<br />

unterstützen.<br />

Die Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule<br />

baut in Schülerarbeit eine Fotovoltaikanlage<br />

an ihrer Partnerschule in<br />

Sambia. Foto: G. Seippel<br />

� für die Projekte im Bereich BNE ausgezeichnet<br />

zu werden.<br />

� Wer kann mitmachen?<br />

Zur Teilnahme an der Kampagne<br />

eingeladen sind alle Schulen und Kitas,<br />

die erstmals ein Projekt zum Thema<br />

Nachhaltigkeit beginnen wollen, aber<br />

natürlich auch alle Schulen und Kitas,<br />

die schon länger aktiv sind. Mitmachen<br />

können:<br />

� Schulen aller Schulformen aus NRW,<br />

von der Grundschule bis zum Berufskolleg.<br />

� Kitas, die mit einer oder mehreren<br />

Schulen im Netzwerk arbeiten.<br />

� Außerschulische Partner, die Interesse<br />

haben, mit Schulen und Kitas im Bereich<br />

Nachhaltigkeit zu kooperieren.<br />

� Netzwerke von Schulen, Kitas und<br />

außerschulischen Partnern.<br />

� Schulen aus dem Ausland, die mit<br />

Kampagne-Schulen in NRW zusammenarbeiten.<br />

� Welche Projekte können bearbeitet<br />

werden?<br />

� Jede Schule wählt ihre eigenen thematischen<br />

Schwerpunkte.<br />

� Alle Projekte, die sich mit Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung befassen,<br />

können im Rahmen der Kampagne<br />

bearbeitet werden. Wesentlich ist,<br />

dass ökologische, ökonomische und


Eine Umgestaltung des Außengeländes<br />

der Schule oder Kita ist der „grüne<br />

Klassiker“. Foto: Pawlowski<br />

soziale Aspekte in ihrer Vernetzung<br />

erfahrbar werden.<br />

� Da eine nachhaltige Entwicklung nur<br />

im weltweiten Kontext betrieben werden<br />

kann, sollte der globale Aspekt<br />

berücksichtigt werden.<br />

� Schülerinnen und Schüler sollten<br />

an Entscheidungen und deren Umsetzung<br />

sowohl innerhalb als auch<br />

außerhalb der Schule beteiligt sowie<br />

für deren Folgen mitverantwortlich<br />

gemacht werden (Partizipation).<br />

� Auch die Bildungsübergänge von<br />

Kitas und Grundschulen können über<br />

ein gemeinsames Thema im Bereich<br />

einer Bildung für Nachhaltigkeit<br />

optimiert und weiter ausgebaut<br />

werden.<br />

� Ablauf der Kampagne<br />

Jede Schule oder Kita, die an der<br />

Kampagne teilnehmen möchte, wählt<br />

Projekte aus, mit denen sie sich bis<br />

Ende <strong>2012</strong> online unter www.schule-der-zukunft.nrw.de<br />

anmeldet. Sie<br />

erhält dann die Zugangsdaten für den<br />

eigenen Online-Steckbrief und kann so<br />

ihre Schule oder Kita mit ihren Projekten<br />

auf der Internetseite einem breiten Publikum<br />

präsentieren. Im Sommer 2013<br />

dokumentieren alle Schulen und Kitas<br />

ihre Projekte online. Auf Grundlage<br />

dieser Dokumentation entscheidet im<br />

Herbst 2013 eine Jury über die Vergabe<br />

der Auszeichnung, die im Jahr 2014 im<br />

Rahmen von regionalen Festveranstaltungen<br />

erfolgt.<br />

Außerschulische Partner können sich<br />

immer anmelden und mit einem eigenen<br />

Online-Steckbrief ihre Angebote für<br />

Schulen und Kitas auf der Internetseite<br />

präsentieren. Netzwerke, die sich für<br />

die Sonderauszeichnung „Netzwerk<br />

der Zukunft“ bewerben, müssen sich<br />

bis zum 30.04.2013 per E-Mail bei der<br />

NUA anmelden.<br />

Umweltpädagogik<br />

Gesunde Ernährung spielt eine zunehmend<br />

wichtige Rolle. Hier kochen<br />

Schülerinnen und Schüler der Nünning-<br />

Realschule für ihr Ernährungszertifikat.<br />

Foto: G. Wienen<br />

� Vernetzung<br />

Im Idealfall entsteht aus der Zusammenarbeit<br />

einer Schule mit einem außerschulischen<br />

Partner ein ganzes Netzwerk<br />

an Schulen und Partnern, die kooperieren,<br />

sich austauschen und sich gegenseitig<br />

unterstützen. In regelmäßigen Netzwerktreffen<br />

erstellen sie Arbeitsprogramme<br />

und planen gemeinsame Fortbildungen<br />

und Aktionstage. Vor allem die Ausrichtung<br />

der Ganztagsangebote am Leitbild<br />

der BNE ist ein wichtiges Anliegen.<br />

19


� Auszeichnung<br />

20<br />

Umweltpädagogik<br />

Den Abschluss eines erfolgreichen Kampagnenzeitraumes bildet die Auszeichnungsfeier, auf der Urkunden, Hausschilder und<br />

Fahnen verliehen werden. Foto: NUA<br />

Alle Schulen und Kitas, die ihre Ziele<br />

erreicht und ihre Entwicklung dokumen-<br />

tiert haben, erhalten in einer festlichen<br />

Auszeichnungsfeier im Jahr 2014 Urkunde,<br />

Hausschild und Fahne über die<br />

erreichte Zertifizierung. Alle Netzwerke,<br />

die sich für die Sonderauszeichnung<br />

„Netzwerk der Zukunft“ beworben<br />

und ihre Netzwerkarbeit dokumentiert<br />

haben, erhalten ebenfalls ein Hausschild<br />

und eine Urkunde.<br />

� Service-Angebote der NUA<br />

� Online-Steckbriefe der Schulen, Kitas,<br />

außerschulischen Partner und Netzwerke<br />

� Kostenlose Fortbildungsveranstaltungen<br />

im Rahmen des NUA-Bildungsprogramms<br />

� Veranstaltungen in den Regionen<br />

� Werbemittel<br />

� Internetportal<br />

� Internet<br />

Weitere Informationen, Online-<br />

Anmeldung, Leitfaden zur Kampagne<br />

<strong>2012</strong>-2014, aktuelle Mitteilungen, Fortbildungsangebote<br />

und vieles mehr unter<br />

www.schule-der-zukunft.nrw.de.


� Lernort Bauernhof: Erlebnisunterricht auf heimischen Bauernhöfen<br />

von Petra Drees-Hagen<br />

„Gibt es auch Kühe, die lila sind?“,<br />

„Wachsen Kartoffeln auf Bäumen?“<br />

Kinderfragen, die zeigen, dass<br />

sich für viele junge Menschen die<br />

Herkunft von Pommes und Co. nur<br />

noch bis zum Supermarkt zurückverfolgen<br />

lässt. Weiß die junge<br />

Generation mehr, stammt dieses<br />

Wissen selten aus eigenen Erfahrungen,<br />

die man „mit allen Sinnen“<br />

am Ort des Geschehens gemacht<br />

hat, sondern häufig über den Kanal<br />

diverser Medien.<br />

So gibt es die Behauptung: „Kinder<br />

und Jugendliche nehmen die Welt heute<br />

vorwiegend durch eine Glasscheibe<br />

wahr.“ Stimmt das? Häufig schon: Kinder<br />

erhalten viele ihrer Informationen<br />

über den Bildschirm des Computers,<br />

die „Mattscheibe“ des Fernsehens oder<br />

bestenfalls durch die Fensterscheiben des<br />

Autos, wenn man durch die Landschaft<br />

fährt. Wie aber eine Kuh, ein Schwein<br />

oder auch eine Pflanze aus der Nähe aussieht,<br />

wie sie riecht, sich anfühlt, das ist<br />

für Kinder und Jugendliche im alltäglichen<br />

Leben nur noch selten erfahrbar. Wenig<br />

Primär-, dafür aber viel Sekundärerfahrungen<br />

sind kennzeichnend für unser<br />

Medienzeitalter.<br />

Hatten junge Menschen früher die<br />

Möglichkeit „einfach so nebenher“ bei<br />

Umweltpädagogik<br />

Die Kuh ist doch nicht lila – oder doch?<br />

Kinder und Rinder machen die erste Bekanntschaft. Fotos: WLV<br />

Nachbarn, Bekannten, Oma, Opa, Onkel<br />

und Tante einen Blick hinter die Kulissen<br />

zu werfen und Landwirtschaft zu erleben,<br />

haben viele Kinder heute keine realistische<br />

Vorstellung mehr von einem Bauernhof.<br />

Nur noch wenige haben in ihrem Alltag<br />

Gelegenheiten, die Zusammenhänge<br />

21


22<br />

Umweltpädagogik<br />

Selber Hand anlegen heißt es beim<br />

Lernort Bauernhof.<br />

der Natur, den Umgang mit Tieren und<br />

die Herkunft ihrer Nahrungsmittel zu<br />

begreifen. Dieses trifft besonders für<br />

Großstädte, aber immer mehr auch für<br />

den ländlichen Raum zu. Denn: In den<br />

vergangenen 50 Jahren hat sich die Anzahl<br />

der Bauernhöfe auf rund ein Drittel<br />

reduziert. Zudem gehören der eigene<br />

Nutzgarten oder gar die Ziege oder das<br />

Schwein im Stall zur Eigenversorgung in<br />

der Regel der Vergangenheit an.<br />

Gleichzeitig wächst jedoch bei vielen<br />

Jugendlichen das Interesse, Näheres darüber<br />

zu erfahren, wie das, was sie täglich<br />

Auch das Toben im Stall darf nicht<br />

fehlen.<br />

auf ihrem Teller finden, entsteht. Zudem<br />

ist Landwirtschaft ein äußerst spannendes<br />

Feld, in dem die verschiedensten<br />

Wissensgebiete vereint werden.<br />

� Raus auf den Bauernhof<br />

Einmal einen Vormittag raus und<br />

den Lernort auf einen Bauernhof verlegen,<br />

das ist der Appell des Landwirtschaftsverbandes.<br />

Und so bietet er – in<br />

Zusammenarbeit mit den Schulämtern<br />

– Schülern aller Schultypen und Altersklassen<br />

die Möglichkeit, den Bauernhof<br />

als „Lernort“ zu erkunden. Flächende-<br />

Beim Pläuschchen mit dem Bauern<br />

kann man so Einiges erfahren.<br />

ckend haben sich landwirtschaftliche<br />

Betriebe bereit erklärt, ihre Hof- und<br />

Stalltore für interessierte Schulklassen zu<br />

öffnen. Auch der Besuch von Landwirten<br />

im Unterricht ist möglich.<br />

� Mit Kopf, Herz und Hand<br />

Während eines Besuches auf dem<br />

Bauernhof können Kinder und Jugendliche<br />

vieles erkunden und Erfahrungen<br />

im Umgang mit Pflanzen und Tieren<br />

machen. Das Füttern und Streicheln<br />

der Tiere kann ebenso dazu gehören,<br />

wie das Abwiegen einer Futterration


Zupacken und mithelfen heißt es auch<br />

im Stall.<br />

oder das Unterscheiden verschiedenster<br />

Pflanzenarten auf Wiese und Acker. Mit<br />

allen Sinnen können Schüler Natur, Umwelt<br />

und die Herkunft der Nahrungsmittel<br />

erleben. Ganzheitliches Lernen mit<br />

Kopf, Herz und Hand steht beim Lernort<br />

Bauernhof im Vordergrund.<br />

� Viele interessierte Schüler<br />

Entsprechend ausgiebig – allerdings<br />

regional durchaus unterschiedlich – wird<br />

die Möglichkeit genutzt, für einen<br />

Vormittag den Klassenraum mit dem<br />

Bauernhof zu tauschen. Einige Landwirte<br />

können kaum den Ansturm von Schülern<br />

bewältigen, in anderen Regionen hingegen<br />

ist der Lernort Bauernhof noch<br />

ausbaufähig. Genau lässt sich die Zahl<br />

von Hofbesuchen zwar nicht ermitteln,<br />

weil idealerweise der Kontakt direkt zwischen<br />

Lehrer und Landwirt erfolgt und<br />

der Landwirtschaftliche <strong>Kreis</strong>verband so<br />

nicht von allen Hoferkundungen Kenntnis<br />

hat. Aus gemeldeten Hofführungen<br />

und Umfragen lässt sich jedoch eine<br />

jährliche Zahl von 250 bis 300 Hofbesuchen<br />

in unserer Region ermitteln.<br />

Damit ist der Lernort Bauernhof in den<br />

Umweltpädagogik<br />

Wenn der Klassenraum in die Natur verlegt wird, sind die Kinder mit Kopf, Herz und<br />

Hand dabei.<br />

vergangenen Jahren zu einem wichtigen<br />

außerschulischen Lernort geworden.<br />

� Wie geht Lernort Bauernhof?<br />

Wer als Lehrer oder Schüler Interesse<br />

hat, mit der Klasse einen Bauernhof in<br />

der Nähe der Schule zu besuchen oder<br />

für eine Unterrichtsstunde gern einen<br />

Landwirt oder eine Landwirtin in ihre<br />

Schule einladen will, erhält viele Infos unter<br />

www.lernort-bauernhof.wlv.de. Hier<br />

kann man auch ein regionales Konzept<br />

mit einer Höfeliste herunterladen. Wer<br />

weitergehende Fragen hat, kann sich im<br />

23


Landwirtschaftlichen <strong>Kreis</strong>verband unter<br />

02303/2531036 oder per Mail bei petra.<br />

drees-hagen@wlv.de melden.<br />

� Neue Filme zur Landwirtschaft<br />

Lust auf den Bauernhof machen<br />

auch zwei neu erstellte schülergerech-<br />

24<br />

Umweltpädagogik<br />

Stimmen nach dem Besuch auf dem Bauernhof.<br />

te Filme, die Lehrer und Lehrerinnen<br />

kostenlos beim Landwirtschaftlichen<br />

<strong>Kreis</strong>verband erhalten können. Der<br />

Film „Lernort Bauernhof“ begleitet<br />

Schüler, wie sie zwei unterschiedlich<br />

strukturierte Höfe erkunden. Wer mal<br />

reinschnuppern möchte: Der Film ist im<br />

Internet unter www.lernort-bauernhof.<br />

wlv.de zu sehen. Der zweite Film „Tiere<br />

auf dem Bauernhof“ beschäftigt sich<br />

mit landwirtschaftlicher Tierhaltung.<br />

Es ist ein Film, der Schülern anschaulich<br />

zeigt, wie es dort aussieht, wo Rind und<br />

Schwein zu Hause sind.


� Die Ökostation des Naturfreundehauses auf dem Ebberg in Schwerte<br />

Naturerlebnisort Wald: Neugierig auf der Pirsch<br />

von Marianne Degwer<br />

Den Wald mit allen Sinnen erleben:<br />

Die Ökostation im Naturfreundehaus<br />

auf dem Ebberg in Schwerte<br />

ist ein anerkannter außerschulischer<br />

Lernort. Hier können die Besucher<br />

den Wald mit Augen, Ohren und<br />

Händen erfahren. Die Einrichtung<br />

veranstaltet naturkundliche Führungen<br />

mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten<br />

für Kinder und<br />

Erwachsene.<br />

Dabei verbinden die Walderlebnisführungen<br />

spielerisches Erleben mit dem<br />

Wissen über die ökologischen Zusammenhänge<br />

im Wald. Kinder spielerisch<br />

und mit Freude an die Natur heranzuführen,<br />

sie anzuleiten, genauer hinzusehen<br />

und selbst etwas zu entdecken,<br />

das hat sich die Ökostation zur Aufgabe<br />

gemacht.<br />

Oft kommen Schulklassen zur Waldführung<br />

und zum Mikroskopieren in<br />

das Naturfreundehaus: Denn gerade für<br />

Kinder und Jugendliche ist der Wald ein<br />

idealer Naturerlebnisraum, ein Ort des<br />

Die Natur erforschen. Fotos: B. Otto,<br />

Albert-Schweitzer-Schule, Schwerte<br />

Spielens, Forschens, Beobachtens und<br />

Begreifens. Ausgestattet mit Becherlupen,<br />

Sammelschalen und Pinseln geht<br />

Umweltpädagogik<br />

es los in den Wald. Auf der Wanderung<br />

lernen die Kinder verschiedene Bäume<br />

und Sträucher aus dem Laub- und Nadelwald<br />

kennen. Auf der Suche nach Tierspuren<br />

finden sie einen Ameisenhaufen,<br />

die Schmiede eines Spechtes oder die<br />

Schlafmulden der Rehe. Zudem können<br />

die Kinder an verschiedenen Stationen<br />

im Wald ihre Geschicklichkeit trainieren.<br />

Beispielsweise balancieren sie über einen<br />

Baumstamm, auf dem sie sich als Gruppe<br />

möglichst lange halten müssen oder kriechen<br />

durchs Unterholz. Jahresringe an<br />

einem Baumstumpf zählen, verschiedene<br />

Zapfen suchen oder die Anzahl der Tiere<br />

auf einem Ameisenhaufen schätzen, trainiert<br />

dagegen ihre Beobachtungsgabe.<br />

Kreativ sein können sie bei der Gestaltung<br />

von Mosaiken und Memorys aus<br />

Zapfen, Blättern oder Steinen.<br />

Größere Waldtiere bekommen sie<br />

normalerweise nicht zu Gesicht, weil<br />

diese meist nachts oder in der Dämmerung<br />

aktiv sind und eine Schulklasse,<br />

trotz großer Anstrengung der Kinder,<br />

für eine Pirsch immer noch zu laut ist.<br />

So erforschen sie die Tiere der Laub- und<br />

Bodenschicht und suchen in der Laub-<br />

25


26<br />

Umweltpädagogik<br />

streu, unter Moos und in vermodernden<br />

Baumstümpfen nach Bodentieren wie<br />

zum Beispiel Regenwürmern, Laufkäfern,<br />

Asseln, Tausendfüßlern und Steinkriechern.<br />

Mit etwas Glück finden sie<br />

auch den Feuersalamander. Am Ebberg<br />

gibt es schwarz-gelb gefleckte Tiere<br />

sowie schwarze mit gelbem, unterbrochenem<br />

Strich gezeichnete Exemplare.<br />

Achtung: Die Feuersalamander dürfen<br />

nicht angefasst oder berührt werden,<br />

sondern müssen wieder sorgsam mit<br />

Laub zugedeckt werden. Sowieso setzt<br />

die Forschergruppe bei der Bodensafari<br />

die zahlreich beobachteten Tiere wieder<br />

vorsichtig an den Fundort zurück.<br />

Keines der Kinder hätte gedacht, dass<br />

ein alter Baumstumpf so viel Leben<br />

beherbergt. Schnell legt sich bei den<br />

meisten Kindern anfängliche Abscheu<br />

vor Krabbeltieren und weicht Neugier<br />

und Forscherdrang. Unsere Teilnehmer<br />

lernen die Zusammenhänge im Ökosystem<br />

Wald zu begreifen. Wer staunen<br />

kann und die Bedeutung selbst winziger<br />

Bodenbewohner für den Wald versteht,<br />

der wird zum Naturschützer:<br />

„Jeder dumme Junge kann einen Käfer<br />

zertreten, aber alle Professoren der<br />

Welt können keinen herstellen.“ – sagte<br />

schon Arthur Schopenhauer. Wieder<br />

zurück in der Ökostation betrachten<br />

die Kinder ihre Waldschätze unter dem<br />

Mikroskop. So entfalten Moose, Blätter,<br />

Farne, Flechten und Spinnen unter der<br />

Vergrößerung ihre wahre Schönheit.<br />

� Waldbewohner entdecken<br />

So lernen die Kinder das Staunen und<br />

Entdecken scheinbar unspektakulärer<br />

Dinge und kleiner Wunder: eine Spinne<br />

mit Pelz, Brennnessel mit Injektionsspritzen,<br />

Flechten aus Pilz und Alge.<br />

Im Sommer wagt sich die Ökostation<br />

mit den kleinen Besuchern auch einige<br />

Male an den sensibleren Bereich der<br />

Gewässeruntersuchung heran. Auf dem<br />

Weg zum Gebirgsbach suchen sie im<br />

Wald kleine Wasserstellen am Fuße der<br />

Buchen. In einigen Vertiefungen zwischen<br />

den Wurzeln hat sich Regenwasser<br />

gesammelt. Weil es einen fauligen Geruch<br />

hat, möchte es keines der Kinder<br />

kosten. Manchmal entdecken sie auch<br />

Wer versteckt sich unter dem Stein?<br />

hier noch Leben: Eine Schwebfliegenart<br />

hat hier ihre Kinderstube. Beim Anblick<br />

der Rattenschwanzlarven verstehen die<br />

Kinder wie diese Tiere zu ihrem Namen<br />

kamen. Das Wasser des Mühlenbachs<br />

erscheint dagegen klar – aber kann man<br />

es trinken? Die Forscher suchen nach<br />

Tieren im Wasser, streifen mit Pinseln<br />

vorsichtig Steine aus dem Bachbett über<br />

mitgebrachte Schalen ab. Schon bald<br />

wimmelt es in den Schalen von Bachflohkrebsen,<br />

Köcherfliegenlarven, Stein- und<br />

Eintagsfliegenlarven, Mützenschnecken<br />

und Öhrchenplanarien. Der Bach ist<br />

auch die Kinderstube von Molchen und<br />

Feuersalamandern. Die Unterscheidung<br />

zwischen beiden ist zunächst nicht einfach,<br />

im Verlauf des Sommers ist dann<br />

der Salamander am größeren Kopf und<br />

dem Oberschenkelfleck zunehmend<br />

deutlicher zu erkennen. So sind die gefundenen<br />

Wasserbewohner Indikatoren<br />

für eine gute Wasserqualität. Trinken<br />

möchte trotzdem keines der Kinder das<br />

Wasser des Baches. Bei einem Picknick<br />

greifen sie doch lieber zu mitgeführten<br />

Säften und Limonaden. Nach einem<br />

kurzen, steilen Anstieg ist die Gruppe<br />

bald wieder zurück an der Ökostation<br />

am Naturfreundehaus. Den Kindern ist<br />

bewusst geworden, dass wir hier etwas<br />

besonders Wertvolles entdeckt haben,<br />

ein Kleinod, welches man schützen und<br />

bewahren muss.


� Waldschule Cappenberg feiert 25-Jähriges<br />

von Martina<br />

Schmidt von Boeselager<br />

Kinder, wie die Zeit vergeht – es<br />

war einmal… Schon 1986 eröffnete<br />

die Naturschutzgruppe Arbeitskreis<br />

Cappenberger Wald, die sich für<br />

den Cappenberger Wald und gegen<br />

die Nordwanderung des Bergbaus<br />

einsetzte, das so genannte „Umweltbüro“<br />

auf dem als Gutshof<br />

genutzten alten Brauereigelände.<br />

Als Teil der Lehrerschwemme ohne<br />

Anstellung bekam ich dort eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme,<br />

bot<br />

Schulführungen an und baute Kinderund<br />

Jugendarbeit im Naturschutz auf.<br />

Die Waldameisen, nach künstlicher<br />

Ansiedlung im Cappenberger Wald lebend,<br />

waren das erste große Thema. Es<br />

veränderte sich viel in den vergangenen<br />

25 Jahren. So erlebte ich die Schließung<br />

des Umweltbüros, die Wiedereröffnung<br />

als „Waldschule Cappenberg“ unter der<br />

Trägerschaft der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V. (NFG),<br />

den Stopp und Rückbau des Bergbaus<br />

unter Cappenberg, in 1998 den Wechsel<br />

zum „Trägerverein Waldschule<br />

Cappenberg“ und die Ausweisung des<br />

Cappenberger Waldes als europäisches<br />

Schutzgebiet (FFH).<br />

Umweltpädagogik<br />

Nachhaltige Bildungsarbeit für die Zukunft<br />

Einfach fallen lassen – starke Hände fangen auf. Fotos: Waldschule Cappenberg<br />

� Rahmenbedingungen heute …<br />

Das Umweltzentrum Waldschule<br />

Cappenberg liegt am Rande des Cappenberger<br />

Waldes auf Selmer Stadtgebiet.<br />

Die Waldflächen gehören dem Graf<br />

27


von Kanitz. Die Waldschule Cappenberg<br />

ist eine Umweltbildungsinstitution, die<br />

heute über den gemeinnützigen „Trägerverein<br />

Waldschule Cappenberg e.<br />

V.“ organisiert ist. Mitglieder sind die<br />

Städte Selm, Lünen und Werne, die<br />

NFG, Naturschutzverbände, Personenvereinigungen<br />

und Parteien, Firmen,<br />

sowie Privatpersonen – kurzum eine<br />

bunte Mischung vieler gesellschaftlicher<br />

Gruppierungen.<br />

� Das war gestern<br />

� Biologieunterricht vor Ort –<br />

Hauptsache Naturerfahrungen<br />

Als ausgebildete Lehrerin krempelte<br />

ich gerne die Ärmel hoch, strich das<br />

Umweltbüro an, gestaltete 1987 die<br />

ersten Programmangebote des ökologischen<br />

Lernens im Wald und „schmiss“<br />

die Waldschule über Jahre alleine. Mein<br />

Herz sprang und springt immer noch vor<br />

Freude, wenn ich als Biologielehrerin mit<br />

Kindern draußen im Wald arbeiten kann.<br />

Es war und ist für mich ein einfaches<br />

Unterrichten – der Wald spricht selbst<br />

zu den Kindern.<br />

� Kinder und Natur sind wie<br />

Schlüssel und Schloss<br />

Diese unmittelbare Begegnung mit<br />

Waldboden, Bäumen und Waldtieren<br />

und -pflanzen, die mehr als nur duften<br />

und schmecken, ist ein komplexes Sin-<br />

28<br />

Umweltpädagogik<br />

nesgeschehen und entspricht viel mehr<br />

dem menschengerechten Lernen als<br />

eindimensional aus Büchern zu unterrichten<br />

oder an der Tafel zu lehren. Für<br />

mich paradiesische Zustände.<br />

� Von der Umwelterziehung zur<br />

nachhaltigen Entwicklung<br />

Hier ein Blick zurück auf die Bildungsdebatten<br />

und -ideale entlang meiner<br />

beruflichen Laufbahn: Die während<br />

meiner Ausbildung propagierte damalige<br />

Umwelterziehung wurde vorrangig als<br />

Wissensvermittlung verstanden. Bei dem<br />

in den siebziger Jahren aufkommenden<br />

Bildungsansatz der Umweltbildung<br />

sollten umwelterzieherische Aktivitäten<br />

und Informationen zu einem verantwortungsbewussten<br />

Umgang mit der<br />

Umwelt und den natürlichen Ressourcen<br />

führen. So tauchten Begriffe wie Mitwelt<br />

und Umwelt auf, die eine kritische Haltung<br />

zur menschlichen Stellung in der<br />

Natur widerspiegelten. In den Folgejahren<br />

kam der Begriff Nachhaltigkeit auf.<br />

Die Weltkonferenz von 1992 in Rio de<br />

Janeiro verabschiedete die Agenda 21<br />

mit dem Ziel, einer weiteren Verschlechterung<br />

der Situation der Menschen und<br />

der Umwelt entgegenzuwirken und eine<br />

nachhaltige Nutzung der natürlichen<br />

Ressourcen sicherzustellen. Diese globale<br />

Nachhaltigkeit umfasst mehr als<br />

die aus der Forstwirtschaft ausgeliehene<br />

„Nachhaltigkeit“. Die als „sustainable<br />

development“ bezeichnete „nachhaltige<br />

Entwicklung“ meint, dass ökonomische,<br />

ökologische und soziale Entwicklungen<br />

nicht voneinander getrennt betrachtet<br />

oder gegeneinander ausgespielt werden.<br />

Das heißt, dass kein dauerhafter<br />

wirtschaftlicher und gesellschaftlicher<br />

Fortschritt ohne intakte Umwelt – keine<br />

intakte Umwelt ohne wirtschaftliche und<br />

gesellschaftliche Prosperität – möglich<br />

sind. Der Kerngedanke des Leitbildes<br />

nachhaltiger Entwicklung lautet: Auf lange<br />

Sicht darf die Weltgemeinschaft nicht<br />

auf Kosten zukünftiger Generationen<br />

leben, dürfen einzelne Gesellschaften<br />

nicht zu Lasten der Menschen in anderen<br />

Regionen der Erde konsumieren.<br />

Dies sind hochgesteckte Ziele, die auch<br />

bildungspolitisch umzusetzen waren<br />

und sind.<br />

� Aktuell – UN-Dekade „Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung“<br />

So beschloss die Vollversammlung der<br />

Vereinten Nationen von 2005 bis 2014<br />

die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“. Ziel der UN-Dekade<br />

ist ein mentaler Wandel hin zu mehr<br />

Nachhaltigkeit. Die UN-Mitgliedstaaten<br />

verpflichteten sich, in dieser Dekade das<br />

Leitbild der zukunftsfähigen Entwicklung<br />

in Kindergärten, Schulen und Universitäten<br />

zu verankern – das heißt, die


Prinzipien nachhaltiger Entwicklung, wie<br />

sie in der Agenda 21 festgelegt wurden,<br />

in ihre Bildungssysteme zu integrieren.<br />

Sowohl Deutschland als auch Nordrhein-<br />

Westfalen haben sich hierzu verpflichtet.<br />

Wir erfüllen in unserem Rahmen diese<br />

Verpflichtungen von Land und Bund<br />

ohne deren Hilfe.<br />

� Tolle Mitarbeiter säumten den<br />

Weg – Spuren bleiben<br />

25 Jahre Waldschule Cappenberg<br />

bedeuten 25 Jahre Existenzschwierigkeiten.<br />

Das ständige Infragestellen und<br />

die notwendige Transparenz unserer<br />

Arbeit erfordert ständige Innovation.<br />

Dieser Zwang war für alle Beteiligten<br />

sehr kräftezehrend, doch der Weiterentwicklung<br />

der Einrichtung tat es gut.<br />

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />

alle Freiwilligen des Ökologischen Jahres<br />

und Praktikanten (etwa 65 junge Menschen!)<br />

haben uns inspiriert und Spuren<br />

hinterlassen, vielen Dank dafür!<br />

� Das ist heute<br />

� Mitten im Wald – Bildung zur<br />

nachhaltigen Entwicklung<br />

Wie verstehen wir heute unsere<br />

Arbeit?Die Waldschule Cappenberg<br />

setzt Bildungsarbeit um, die zu einer<br />

nachhaltigen Entwicklung im Sinne der<br />

Agenda 21 führt. Ziel ist es, in der Arbeit<br />

mit verschiedenen Zielgruppen und<br />

Multiplikatoren durch die unmittelbare<br />

Begegnung in und mit der Natur „Umwelterziehung<br />

durch Umwelterleben“<br />

zu ermöglichen. Die Verantwortlichkeit<br />

für die Umwelt entsteht aus dem Verständnis<br />

und der Wertschätzung der<br />

uns umgebenden Natur, mit all ihren<br />

Lebewesen und Lebensformen.<br />

� Ganzheitlicher, erlebnisorientierter<br />

Umweltunterricht im Wald<br />

Der ganzheitliche Ansatz des erlebnisorientierten<br />

Unterrichts stellt die<br />

Einzigartige Momente...<br />

Umweltpädagogik<br />

Begegnung mit dem komplexen Ökosystem<br />

Wald in den Vordergrund. Der<br />

Natur- und Wirtschaftsraum Wald ist<br />

Ausgangsort der Bildungsarbeit. Unser<br />

Leitgedanke ist dabei der Respekt vor<br />

der Schöpfung und die Achtung vor<br />

dem Leben.<br />

� Unser Motto: Natur erleben –<br />

Natur lieben – Natur schützen<br />

So prägen nicht nur biologische Themen<br />

und jahreszeitliche Phänomene,<br />

sondern besonders auch Naturerfahrungen<br />

und Sinnesschulung den Unterricht.<br />

Je nach Zielgruppe werden die Inhalte<br />

methodisch-didaktisch vielfältig umgesetzt,<br />

so dass unterschiedliche Lernformen,<br />

insbesondere das Spiel, wie auch<br />

die Projekt- und Handlungsorientierung<br />

Grundlage der Unterrichtsgestaltung<br />

sind.<br />

� Eine Waldschule für Alle<br />

Die Veranstaltungen mit den Menschen<br />

unterschiedlichen Alters finden<br />

überwiegend im „Klassenzimmer Wald“<br />

statt. Die jährlich circa 600 bis 700<br />

durchgeführten Veranstaltungen lassen<br />

sich zwei Kategorien zuordnen, zum<br />

einen die „Gruppen“-Veranstaltungen<br />

für Schulklassen, Kindergärten, Geburtstagsfeiern,<br />

Betriebsausflüge, für<br />

Gruppen jeder Art und zum anderen<br />

die vororganisierten „Einzel“-Veranstal-<br />

29


tungen (circa 250 pro Jahr) für einzelne<br />

Teilnehmer im laufenden Halbjahresprogramm.<br />

� Veranstaltungsreihen aus dem<br />

Halbjahresprogramm I. <strong>2012</strong>:<br />

� Die Cappenbärchen | 3 – 5 Jahre<br />

� Die Cappenhörnchen | 3 – 5 Jahre<br />

� Die kleinen Waldstrolche | 3 – 5 Jahre<br />

� Die Wald-Hobbits | 5 –7 Jahre<br />

� Die großen Waldforscher | 6 – 7 Jahre<br />

� Die großen Waldstrolche | 6 – 10 Jahre<br />

� Die Waldfüchse | 7 – 10 Jahre<br />

� Die Forest Guards | 10– 13 Jahre<br />

� Auch für die „Großen“<br />

Einen immer größeren Anteil unserer<br />

Arbeit erhielten mit den Jahren Veranstaltungen<br />

für Erwachsene. Entsprechend<br />

dem demografischen Wandel bringen<br />

wir den Wald in Seniorenzentren und<br />

frischen zur Freude der lebenserfahrenen<br />

Menschen ihre Erinnerungen auf.<br />

� Mein Handeln vor Ort hat globale<br />

Konsequenzen – Die globale<br />

Wirklichkeit verstehen lernen<br />

So ist es unsere Aufgabe, Blickwinkel<br />

zu öffnen und neue Perspektiven<br />

aufzuzeigen. Denn wir müssen lernen:<br />

Mein heutiges Handeln hat Einfluss<br />

auf das Leben meiner Kinder und auf<br />

das Leben von Menschen in anderen<br />

Weltregionen.<br />

30<br />

Umweltpädagogik<br />

� Wissen anwenden zur nachhaltigen<br />

Entwicklung<br />

Mit Gestaltungskompetenz zur Nachhaltigkeit<br />

wollen wir die Fähigkeit vermitteln,<br />

das Wissen auch anzuwenden.<br />

Das heißt, aus Gegenwartsanalysen und<br />

Zukunftsstudien praktische Schlüsse<br />

ziehen, Entscheidungen treffen und sie<br />

umsetzen können, mit denen sich hier<br />

und jetzt nachhaltige Entwicklung verwirklichen<br />

lässt. Kinder und Jugendliche,<br />

Schülerinnen und Schüler, die zukünftig<br />

Wirtschaft, Politik und Kultur mitbestimmen<br />

sollen, sind heute vor schwierige<br />

Aufgaben gestellt. Wie werden sie umgehen<br />

mit den Herausforderungen der<br />

Globalisierung, der Klimaveränderung,<br />

den sozialen Spannungen vor der eigenen<br />

Haustür, aber auch der Armut in den<br />

Ländern des Südens?<br />

� Vorbild Wald als komplexes vernetztes<br />

dynamisches System<br />

Es stellt sich die Frage, wie die Arbeit<br />

aussieht, die die Bildung zur Nachhaltigkeit<br />

ernst meint. Die Antwort der<br />

Waldschule Cappenberg ist ein spiralförmig<br />

aufgebautes Bildungsprogramm,<br />

das mit Dreijährigen startet und die<br />

Kinder wöchentlich begleitet bis zum<br />

Jugendalter. So haben wir für die unterschiedlichen<br />

Altersstufen halbjährliche<br />

Veranstaltungsreihen entwickelt, die<br />

rege nachgefragt werden.<br />

Für die wöchentlich stattfindenden<br />

Kindergruppen haben wir 2011 den<br />

ersten Naturschutzpreis für Vereine der<br />

Bezirksregierung Arnsberg erhalten. Das<br />

soziale Miteinander, die kindgerechte<br />

Vermittlung und die über Jahre heranwachsende<br />

Bindung an das komplexe,<br />

vernetzte System Wald sind Natur- und<br />

Lebenserfahrungen, die dazu beitragen,<br />

dass in größeren Dimensionen gedacht<br />

wird. Sinnstiftendes Freizeitverhalten<br />

mit körperlicher und geistiger Gesunderhaltung<br />

wird eingeübt und physische<br />

Grenzen ausgetestet. Prägende Kindheitserlebnisse<br />

wie die Begegnung mit<br />

den Elementen Feuer und Wasser, der<br />

erste Frosch in der Hand und vieles mehr<br />

bedürfen in der heutigen Lebenswelt der<br />

Kinder der Inszenierung. Erste praktische<br />

Antworten auf neue Herausforderungen,<br />

wie die Inklusion, haben wir zum Teil<br />

schon gefunden.<br />

� Das Programm der Waldschule<br />

Cappenberg I. <strong>2012</strong><br />

Um unsere praktische Arbeit immer<br />

wieder neu auszurichten und zu überdenken<br />

lautet die nächste thematische<br />

halbjährliche Schwerpunktsetzung<br />

„Against the plasticplanet – Aus Alt<br />

mach Neu“. So werden z.B. alte Möbel<br />

farblich witzig neu gestylt um sie als<br />

lustige Sommermöbel zu nutzen. Oder<br />

in einem Jugendlichen-Nähkurs „Recy-


cling-Mode-Design ist Zukunft“ liebge-<br />

wonnene Kleidung mit einer Schneiderin<br />

umdesignt. Besonders stellen wir die<br />

generationsübergreifende Zusammenarbeit<br />

von Alt und Jung in unseren<br />

Fokus, wie jahreszeitliche Führungen<br />

mit Großeltern und Enkeln. So bleibt<br />

der drohende Zeigefinger in der Hosentasche<br />

und die gemeinsame Freude auf<br />

Augenhöhe und der Spaß miteinander<br />

werden wichtige Bestandteile beim Einüben<br />

umweltgerechten Verhaltens, von<br />

Gestaltungskompetenz für Nachhaltigkeit..Unter<br />

dem Einfluss der Bildung zur<br />

Nachhaltigkeit erlebt unser altes Motto<br />

eine Erweiterung beziehungsweise<br />

Ergänzung: Natur erleben, lieben und<br />

schützen im Kontext sozialer und ökologischer<br />

Ökonomie, Bürgerbeteiligung,<br />

Gerechtigkeit und Globalisierung.<br />

� Schwierigkeit Waldschule Cappenberg:<br />

keine staatliche Schule<br />

Das Umweltzentrum Waldschule<br />

Cappenberg ist nicht staatlich organisiert<br />

und abgesichert, das heißt, es gibt<br />

keine finanzielle und personelle Sicherheit.<br />

Um unsere umweltpädagogische<br />

Arbeit sicherzustellen, müssen wir also<br />

erhebliche Kostenbeiträge und Materialzuschläge<br />

von den Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmern verlangen. Unsere<br />

Umweltpädagogik<br />

Welches Blatt gehört zu welchem Baum? Gar nicht ekelig: eine Kröte in der Hand.<br />

pädagogische Arbeit leisten etwa zehn<br />

Waldlehrerinnen und Waldlehrer als<br />

Honorarkräfte. Um die Bildungsqualität<br />

zu sichern, haben wir eine einrichtungseigene<br />

Waldlehrerausbildung als<br />

Voraussetzung für den pädagogischen<br />

Einsatz entwickelt. Ein Teil der Veranstaltungen<br />

wird in Kooperation mit anderen<br />

Bildungsträgern organisiert. Aufgrund<br />

der unsicheren Rahmenbedingungen<br />

werden Halbjahresprogramme entwickelt<br />

und auf der Homepage und als<br />

Halbjahresprogrammheft angeboten.<br />

Unsere tägliche Öffentlichkeitsarbeit<br />

sichert Nachfrage und Umsatz. Die umweltpädagogische<br />

Arbeit der Waldschule<br />

31


Cappenberg reagiert auf bildungspo-<br />

litische Erfordernisse und übernimmt<br />

Bildungsaufgaben für alle Generationen.<br />

Sie versteht sich als Baustein in der Bildungslandschaft<br />

der Region, übernimmt<br />

wichtige soziale Aufgaben und trägt zur<br />

Berufsfindung und Lebensorientierung<br />

junger Menschen bei.<br />

� Die aktuellen existenziellen<br />

Probleme<br />

Die finanzielle Absicherung der<br />

Waldschule Cappenberg ist nicht gegeben.<br />

Jährlich wird um die Weiterexistenz<br />

der Waldschule gekämpft, weil sich<br />

seit der Halbierung der kommunalen<br />

Zuwendungen 2008 eine Deckungslücke<br />

von circa 30.000 Euro aufgetan<br />

32<br />

Umweltpädagogik<br />

Es wird auch tatkräftig zugepackt.<br />

hat, die sich in den letzten Jahren nur<br />

mit unternehmerischem Denken und<br />

Handeln und mit der Hilfe von Sponsoren<br />

einigermaßen auffangen ließ. Das<br />

jährliche Haushaltsvolumen beträgt<br />

130.000 Euro. Der selbsterwirtschaftete<br />

Anteil beträgt 100.000 Euro, der sich aus<br />

Veranstaltungsbeiträgen und Spenden<br />

und Sponsoring je etwa zur Hälfte zusammensetzt.<br />

Der öffentliche Zuschuss<br />

von den umliegenden Kommunen mit<br />

großen finanziellen Schwierigkeiten und<br />

von der NFG beträgt rund 23 Prozent<br />

des gesamten Haushaltsvolumens. <strong>2012</strong><br />

gibt es hoffentlich einen neuen Zuwendungsvertrag<br />

für die Sockelfinanzierung<br />

mit Selm, Lünen, Werne und der NFG in<br />

der Höhe von 31.965,00 Euro. Im Jahr<br />

<strong>2012</strong> läuft der zehnjährige Mietvertrag<br />

bei Graf Kanitz aus, der Aussicht auf<br />

Verlängerung hat.<br />

� Hat die Waldschule Cappenberg<br />

eine Zukunft?<br />

Wird sich unsere Gesellschaft eine<br />

Bildungseinrichtung wie die Waldschule<br />

Cappenberg noch erlauben können?<br />

Aus meiner Sicht ist die Existenz der<br />

Waldschule nur durch einen gesamtgesellschaftlichen<br />

Schulterschluss zu<br />

erreichen. Mit einer neuen Vision überwinden<br />

wir auch den pitoresken Zustand<br />

unseres Außengeländes, immerhin<br />

verzaubert der sommerliche Besuch des<br />

Gutshofbereiches und erinnert an eine<br />

südländische Idylle. So werden wir uns<br />

auch mit der vom Eigentümer geplanten<br />

Nutzung eines zumeist von uns besuchten<br />

Waldstücks durch den Ruheforst in<br />

einen Urnen-Beerdigungswald mit Ruhebiotopen<br />

an den Wurzeln der großen<br />

Bäume anfreunden und ein geregeltes<br />

Mit- und Nebeneinander entwickeln.<br />

� Das wird Morgen<br />

� Sind wir auf dem Holzweg?<br />

Neue Werte braucht das Land<br />

Statt einer Orientierung nur auf ein<br />

schillerndes Luxusleben, sehnt sich<br />

unsere Gesellschaft nach glaubhaften<br />

Vorbildern und demokratischen partizipatorischen<br />

Beteiligungsprozessen.


Ob wir es wollen oder nicht, der<br />

quantitative Wachstumsbegriff gerät<br />

an seine Grenzen – wir werden uns<br />

mit dem Gedanken anfreunden müssen,<br />

dass wir uns in vielen Bereichen<br />

einschränken müssen, ob freiwillig, gesetzlich<br />

gesteuert oder bedingt durch<br />

finanzielle Grenzen. Die westliche Welt<br />

rutscht in eine Zeit der Besinnung, hoffentlich<br />

eine Wendezeit mit der großen<br />

Ausrichtung, dass wir alle die Welt im<br />

Gleichgewicht zu halten haben.<br />

� Luthers Apfelbaum? – Hoffentlich<br />

keine Wirklichkeit<br />

Die Bildungsarbeit der Waldschule<br />

Cappenberg legt bei den Kindern die<br />

25 Jahre Waldschule Cappenberg in Zahlen<br />

Grundlagen für das <strong>Band</strong>, für die Verbindung<br />

zur belebten Umwelt. Viele<br />

Katastrophen zeigen: Wir haben nicht<br />

alles technisch im Griff und so bleibt es<br />

unsere Aufgabe, sehr verantwortlich die<br />

Welt für die Zukunft unserer Enkel zu<br />

erhalten. Die Apfelbäumchen, die wir<br />

pflanzen, sollen nicht Vorbereitung,<br />

sondern Verhinderung eines Endes<br />

sein.<br />

� Begebt euch an die Arbeit und in<br />

den Wald<br />

Auch nach 25 Jahren immer wieder<br />

bedrohter Bildungsarbeit gebe ich die<br />

Hoffnung nicht auf. Die sinnvolle Aufgabe<br />

der Waldschule Cappenberg ist<br />

Umweltpädagogik<br />

eine große Herausforderung – auch für<br />

die nächsten 25 Jahre. Die leuchtenden<br />

Augen der Kinder und Erwachsenen,<br />

ihre Zufriedenheit, Fröhlichkeit und<br />

Ausgeglichenheit und der kleine Spalt<br />

der Herzenstür, den man öffnen konnte,<br />

um ein Saatkorn dort abzulegen,<br />

sind lebendige Belohnungen, die diese<br />

vielen Schwierigkeiten gerne aushalten<br />

lassen. Aus einem kleinen Samen<br />

wächst ein großer Baum... starke Bäume<br />

geben starke Balken!<br />

Ich klopfe für die Waldschule<br />

Cappenberg weiterhin auf Holz …<br />

Und bleibe stark wie ein Baum ...<br />

� Mehr als 350.000 Menschen haben in den 25 Jahren mit der Waldschule Cappenberg draußen gearbeitet.<br />

� Im Jahr 2010:<br />

� sind 688 Veranstaltungen im Sinne von nachhaltiger Bildungsarbeit durchgeführt worden.<br />

� haben ca. 17.000 Menschen an den mehrstündigen Veranstaltungen teilgenommen.<br />

� haben 1.787,25 Unterrichtsstunden stattgefunden.<br />

� In der Waldschule Cappenberg sind 1,33 angestellte Mitarbeiterinnen tätig.<br />

� Wir unterrichten 8,12 Stunden pro Werktag oder 4,9 Unterrichtsstunden jeden Tag im Jahr (365 Tage).<br />

� Die Waldschule Cappenberg erwirtschaftet selbst 77 Prozent ihres Haushaltsvolumens.<br />

� <strong>2012</strong> gibt es hoffentlich einen neuen Zuwendungsvertrag für die Sockelfinanzierung mit Selm, Lünen, Werne, NFG in der<br />

Höhe von 31.965,00 €.<br />

� 130.000,00 € ist unser Haushaltsvolumen. Der selbsterwirtschaftete Anteil der Waldschule Cappenberg beträgt 100.000,00 €.<br />

� Der öffentliche Zuschuss an die Waldschule Cappenberg beträgt 23 Prozent des gesamten Haushaltsvolumens.<br />

� 46,46 € betragen die öffentlichen Kosten für eine Veranstaltung.<br />

� Die nachhaltige Bildungsarbeit der Waldschule Cappenberg wird von den Menschen in der Region mit stetiger Steigerung<br />

nachgefragt.<br />

33


von Magnus Benkhofer<br />

34<br />

Umweltpädagogik<br />

� Initiative „Lernort Natur“ mit bundesweiter Anerkennung<br />

Jäger machen mobil gegen Naturentfremdung<br />

Lernort Natur: Eine Initiative, die<br />

1990 von Nordrhein-Westfalen<br />

aus ihren Lauf nahm und mittlerweile<br />

bundesweite Anerkennung<br />

findet. Sie soll vor allem Kinder und<br />

Jugendliche dazu einladen, sich mit<br />

den heimischen Tieren und deren<br />

Lebensräumen zu beschäftigen.<br />

Jäger öffnen dazu ihre Reviere und<br />

bieten in der Natur die Möglichkeit,<br />

intensiven Kontakt mit unseren heimischen<br />

Tieren und Pflanzen zu erleben.<br />

Das steigert das Verantwortungsgefühl<br />

für Tiere und Pflanzen! Doch gerade in<br />

Ballungsräumen kann man die Natur<br />

nicht überall in ihrer Vielfalt entdecken.<br />

Hier helfen die Rollenden Waldschulen.<br />

Der Landesjagdverband und seine<br />

<strong>Kreis</strong>jägerschaften haben diese mobilen<br />

Einrichtungen geschaffen, um Schulen<br />

im naturkundlichen Unterricht zu unterstützen.<br />

Eine Vielzahl an Lernmaterial<br />

steht zur Verfügung, das im Unterricht<br />

mit Schülern verschiedener Altersstufen<br />

eingesetzt werden kann.<br />

Lernort Natur: Heimische Tiere kennen lernen. Foto: Benkhofer<br />

Rund 50 Rollende und Stationäre<br />

Waldschulen gibt es in Nordrhein-Westfalen.<br />

Sie werden von etwa 500 Jägern<br />

ehrenamtlich für deren pädagogische<br />

Arbeit eingesetzt. Bundesweit wird<br />

auf diese Weise jährlich über 150.000<br />

Kindern die heimische Fauna näher gebracht.<br />

Kindergärten und Grundschulen<br />

bilden dabei den Schwerpunkt. Durch<br />

den Einsatz der Waldschulen als außerschulische<br />

Lernorte sind durch den Kontakt<br />

zu Lehrern und Erziehern Projekte<br />

entstanden, die vielfältige Erlebnis- und<br />

Lernmöglichkeiten bieten. Einige <strong>Kreis</strong>jägerschaften<br />

haben Lehrpfade konzipiert,<br />

die ein ganzheitliches Lernen und Erleben<br />

unserer Umwelt ermöglichen.<br />

Die Rollenden Waldschulen können<br />

über die <strong>Kreis</strong>jägerschaften angefragt<br />

werden. Im Internet finden sich ebenfalls<br />

entsprechende Kontaktlisten, sowie<br />

noch mehr Infos über „Lernort Natur“<br />

unter www.lernort-natur.de sowie www.<br />

ljv-nrw.de.


� Peter-Weiss-Gesamtschule <strong>Unna</strong> macht sich stark<br />

Umwelterziehung als Schulauftrag<br />

von Jenny Planert-Fahrenhorst<br />

und Hartmut Fahrenhorst<br />

Die Peter-Weiss-Gesamtschule<br />

(PWG) <strong>Unna</strong> verfolgt seit vielen<br />

Jahren eine starke Einbindung<br />

umwelterzieherischer Fragen in das<br />

Schulprogramm. Ursprünglich hieß<br />

der Arbeitstitel „Eine Schule auf<br />

dem Weg in eine ökologische Zukunft“.<br />

Unter diesem Thema wurden<br />

von Seiten der Schule mehrere<br />

Förderanträge im GÖS-Umweltbereich<br />

gestellt, die allesamt positiv<br />

beschieden wurden. In diesem<br />

Zusammenhang wurde die Schule<br />

1997 besonders gefördert. Ziel der<br />

PWG war es immer, die Umweltproblematik<br />

an konkreten Beispielen in<br />

den Unterricht einzubinden.<br />

Im Zusammenhang mit den beiden<br />

Projekten „Umweltschulen in Europa“<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> wurde die Schule in<br />

den Jahren 2000 und 2002 mit diesem<br />

Preis ausgezeichnet und darf sich seitdem<br />

„Umweltschule in Europa“ nennen.<br />

Zum Programm der PWG gehört<br />

es, dass auch weiterhin eine verstärkte<br />

Implementation von Umwelterziehung<br />

und Umwelterforschung im Unterricht<br />

stattfindet. In bestimmten Fachbereichen<br />

(Naturwissenschaften, Technik,<br />

Gesellschaftslehre, Religion usw.) sowie<br />

im Bereich der Arbeitsgemeinschaften<br />

(„<strong>Unna</strong>s Honigdiebe“, Schulgarten,<br />

Pferde-AG, Kleintiere-AG, Fahrradwerkstatt,<br />

usw.) soll der Umweltgedanke eine<br />

zentrale Bedeutung im Unterrichtsge-<br />

Umweltpädagogik<br />

Fleißige Hände: die Schulgarten-AG. Fotos: Fahrenhorst<br />

schehen erhalten. Grundlage für dieses<br />

Handeln ist die „Agenda 21“, in der die<br />

Aspekte der Nachhaltigkeit eine zentrale<br />

Stelle einnehmen. Die PWG gehörte<br />

ebenfalls zum <strong>Kreis</strong> der Umweltkontaktschulen<br />

in NRW.<br />

An der ersten und zweiten Kampagne<br />

„Agenda 21 – Schule der Zukunft“<br />

des Landes NRW nahm die Schule in<br />

den Jahren 2003 bis 2005 und 2006<br />

bis 2008 ebenfalls erfolgreich teil. Von<br />

35


2009 bis <strong>2012</strong> (Kampagne 3) arbeiten<br />

viele Gruppen in der Schule unter diesem<br />

Agenda-Gedanken. Das Leben in der<br />

„Einen“ Welt steht dabei im Mittelpunkt.<br />

Auflistung der aktiv arbeitenden<br />

Gruppen:<br />

� Agenda Arbeitsgruppe<br />

� „<strong>Unna</strong>s Honigdiebe“ – Bienenzucht<br />

Projekt<br />

� Pferde AG<br />

� Kleintiere AG<br />

� Hunde AG<br />

� Schulgarten AG – Grüne Mitte – ökologischer<br />

Pfad<br />

Leitsätze der Peter-Weiss-Gesamtschule<br />

36<br />

Umweltpädagogik<br />

� Fahrradwerkstatt und Fahrrad AG<br />

� Schulpartnerschaft mit Dordabis<br />

(Namibia)<br />

� Comenius Projekt – Umwelterziehung<br />

in vier europäischen Staaten (Polen,<br />

Italien, Schweden, Deutschland)<br />

� „Schule ohne Rassismus“<br />

� Gesunde Schule (Schulentwicklungsgruppe)<br />

� Über die Arbeitsgruppen<br />

� Agenda Arbeitsgruppe<br />

Diese Arbeitsgruppe hat sich in<br />

den letzten drei Jahren regelmäßig<br />

getroffen, um sich Gedanken über die<br />

Weiterentwicklung der Agenda-Fragen<br />

an der Schule zu machen. Zur Gruppe<br />

gehören Eltern, Lehrer und einige<br />

Schüler. Diese Gruppe erarbeitete Vorschläge<br />

für die Teams, die Lehrer- und<br />

Schulkonferenz. Das Agenda-Konzept<br />

ist von der Schulkonferenz beschlossen.<br />

Lehrer, Schüler, Eltern und Mitarbeiter<br />

der PWG verpflichten sich,<br />

die Leitsätze in ihrem Arbeitsbereich<br />

aktiv auszugestalten und im Dialog<br />

miteinander die Qualität der Schule<br />

weiter zu entwickeln.<br />

� Persönlichkeitsbildung: Unsere Schule erzieht ihre Schülerinnen und Schüler zu selbstständigen, kompetenten und verantwortungsbewussten<br />

Menschen.<br />

� Menschenwürde: In unserer Schule verhalten sich die Menschen rücksichtsvoll und hilfsbereit. Sie achten einander und<br />

grenzen niemanden aus. Die Peter-Weiss-Gesamtschule ist eine Schule ohne Rassismus.<br />

� Lernumfeld: Unsere Schule wird so gestaltet, dass die Menschen sich in ihr wohlfühlen, gern lernen und gut arbeiten<br />

können. Gebäude, Außenanlagen und Einrichtung werden von allen pfleglich behandelt.<br />

� Recht auf Lernen: In unserer Schule haben alle Schülerinnen und Schüler Anspruch auf guten, lebensnahen Unterricht,<br />

ungestörtes Lernen und individuelle Förderung. Sie verpflichten sich, ihren Teil aktiv beizutragen.<br />

� Schule und Eltern: Eltern, Lehrerinnen und Lehrer gehen an unserer Schule eine Erziehungspartnerschaft auf Zeit ein.<br />

� Lernen für die Umwelt: In unserer Schule lernen und arbeiten Menschen für den Schutz unserer Umwelt. Die Peter-Weiss-<br />

Gesamtschule ist Umweltschule in Europa.<br />

� Konfliktregelung: Konflikte gehören zum Alltag in der Gemeinschaft von Menschen. In unserer Schule werden Konflikte<br />

gewaltfrei gelöst, indem die Interessen geklärt werden.<br />

� Beratung: Unsere Schule berät Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern bei Lern- und Erziehungsproblemen, in<br />

Schullaufbahn-, Studien- und Berufswahlfragen.<br />

� Öffentlichkeit: Alle arbeiten an einem guten Bild der Schule in der Öffentlichkeit und vertreten die Interessen der Schule<br />

nach außen. Unsere Schule arbeitet mit außerschulischen Partnern des Gemeinwesens zusammen.<br />

� Qualitätsentwicklung: Die Peter-Weiss-Gesamtschule überprüft regelmäßig die Einhaltung des Leitbildes und die Qualität.


� „<strong>Unna</strong>s Honigdiebe“<br />

Der Bienengarten besteht nun mehr<br />

als 20 Jahre an der Schule. Neben dem<br />

Schulgarten stellt er die Keimzelle umweltbezogenen<br />

Arbeitens an der Schule<br />

dar. Schon früh wurden in dem in Zusammenarbeit<br />

mit der Volkshochschule<br />

gebauten Fachwerkhaus Bienen gehalten.<br />

Viele Schüler haben auf diese Weise das<br />

Leben und die Bedeutung der Honigbienen<br />

kennen gelernt. Einige der Teilnehmer<br />

imkern nun selbst oder haben ihr erworbenes<br />

Wissen im Studium an der Uni<br />

anwenden können. Seit sieben Jahren ist<br />

diese Gruppe sehr aktiv geworden. Unter<br />

Anleitung des pensionierten Lehrers Dr.<br />

Hartmut Fahrenhorst wurde die Arbeit an<br />

und mit den Bienen intensiviert.<br />

� Imkerarbeit im Jahresverlauf<br />

Die Gruppe besteht aus Schülern der<br />

Jahrgänge fünf bis zehn. Sie nehmen<br />

freiwillig an diesem Projekt teil, nicht<br />

nur donnerstagnachmittags, sondern<br />

oft auch am Wochenende oder in<br />

den Ferien. An den AG-Nachmittagen<br />

werden verschiedene saisonabhängige<br />

imkerliche Tätigkeiten durchgeführt.<br />

So werden im Winter und Frühjahr vorbereitende<br />

Arbeiten (Wachs aus alten<br />

Umweltpädagogik<br />

Wie die fleißigen Bienen: „junge Imker“ bei der Arbeit. Die Bienenkönigin ist gekennzeichnet.<br />

Waben schmelzen, Rähmchen säubern<br />

und drahten, Mittelwände einlöten, Bienenmagazine<br />

reparieren und säubern)<br />

durchgeführt, während im Sommer die<br />

Bienenvölker im Vordergrund stehen.<br />

Sie werden erweitert und am Ende der<br />

jeweiligen Tracht (Frühsommer, Raps,<br />

Sommerblüte, Linde) die vollen Waben<br />

entnommen. Das Gewinnen des Honigs<br />

(Entdeckeln der Waben, Schleudern,<br />

Bearbeiten des Honigs) stellt im Jahr<br />

einen Höhepunkt dar. Im Spätsommer<br />

und Herbst werden die Bienenvölker<br />

auf die Überwinterung vorbereitet<br />

(Behandlung gegen Varroa-Milben,<br />

37


Einfütterung). Danach schließt sich das<br />

Bienenjahr.<br />

� Fortbildung<br />

Bei der Imker-Ausbildung stand der<br />

Gruppe von Anfang an das Bieneninstitut<br />

der Landwirtschaftskammer NRW in<br />

Münster zur Seite. Dr. Werner Mühlen lud<br />

die Schüler zu Lehrgängen ein, in denen<br />

sie beispielsweise den Fachkundenachweis<br />

Honigverarbeitung erworben haben.<br />

Außerdem nahmen sie an Wochenenden<br />

und in den Ferien an weiteren Fortbildungen,<br />

wie dem Lehrgang zu Grundlagen<br />

der Imkerei und dem Fortgeschrittenenlehrgängen<br />

in der Imkerei Dennis Schüler<br />

in Münster teil. Darüber hinaus ging es<br />

ins Ausland: Die Jugendlichen fuhren zum<br />

internationalen Treffen junger Imker nach<br />

Warth/Österrreich und Prag.<br />

� Arbeit der Imker<br />

Die AG-Mitglieder lernen sowohl theoretische<br />

Hintergründe aus dem Leben<br />

der Bienen und seiner „Feinde“ kennen<br />

als auch praktische Arbeitsweisen in der<br />

Handhabung der Bienenvölker. Diese<br />

ganztägigen Veranstaltungen stoßen<br />

bei den Schülern auf Begeisterung und<br />

Interesse. Die Arbeit mit den Bienen geht<br />

ihnen immer routinierter von der Hand.<br />

Die Fortbildungen werden fortgesetzt,<br />

so dass die Honigdiebe eine umfassende<br />

Ausbildung in Bezug auf das Leben und<br />

38<br />

Umweltpädagogik<br />

die Haltung der Honigbienen erfahren<br />

und ihre ökologische Bedeutung in der<br />

Natur erkennen. Nachdem die Schüler ihr<br />

Bienen-Projekt zunehmend selbstständig<br />

in der Öffentlichkeit vorstellen, erlernen<br />

sie auch Präsentationstechniken. Die<br />

Teilnahme an den Fortbildungen wird den<br />

Schülern im Schulzeugnis bestätigt.<br />

� Forscherwerkstatt<br />

Im Frühjahr und Sommer 2010 gab<br />

es neben der Bienen-AG eine Forscherwerkstatt<br />

unter der Leitung von Katrin<br />

Fahrenhorst. Die Ergebnisse der Schülerforschungen<br />

wertete sie im Rahmen<br />

einer Staatsarbeit an der TU Dortmund<br />

aus. Diese Ergebnisse der jungen Forscher<br />

erfüllen einen wissenschaftlichen<br />

Anspruch und die Untersuchungen sollen<br />

im Sommer <strong>2012</strong> wiederholt und vertieft<br />

werden. Die dann bestätigten und ergänzten<br />

Ergebnisse sollen veröffentlicht<br />

werden.<br />

� Öffentlichkeitsarbeit<br />

Die Honigdiebe sind seit 2006 Mitglied<br />

bei Apis e.V. und haben im Sommer<br />

2008 die Jahresversammlung dieser Vereinigung<br />

auf dem Stockumer Hofmarkt in<br />

<strong>Unna</strong> organisiert. Einmal jährlich besucht<br />

die Gruppe den „Apisticus-Tag“ in Münster.<br />

Auf dieser zweitägigen Imkermesse<br />

treffen sich Imker, Wissenschaftler und<br />

Ausstatter. Die Schüler machen dabei<br />

erste Erfahrungen mit der Arbeit auf<br />

Tagungen. Mittlerweile nehmen die<br />

Honigdiebe mit einem eigenen Stand<br />

teil und präsentieren dort die Ergebnisse<br />

ihrer Imker-Tätigkeit sowie der „Forscherwerkstatt“.<br />

� Finanzierung<br />

Alle Unternehmungen und Anschaffungen<br />

werden aus den Erlösen des<br />

Honig- und Kerzenverkaufs finanziert.<br />

Dazu nutzen die Honigdiebe Schulveranstaltungen,<br />

den Stockumer Hofmarkt,<br />

Apfelfest und Familienfest der NFG und<br />

den <strong>Unna</strong>er Weihnachtsmarkt. Im vergangenen<br />

Jahr kaufte die AG neue Imkeranzüge,<br />

die mit dem Logo der AG sowie<br />

des Vereins Apis e.V. bedruckt wurden.<br />

Zudem wurden Imkerhüte, Bienenschleier<br />

und Handschuhe angeschafft. Zum<br />

Teil wurden diese Materialien von den<br />

Einnahmen der AG beziehungsweise<br />

dem Förderverein der Schule finanziert.<br />

Die Fortbildungen am Bieneninstitut in<br />

Münster sind für die Schüler kostenfrei.<br />

Teilnahmegebühr und Materialkosten<br />

übernimmt das Bieneninstitut. Die<br />

Fortbildungen in der Imkerei D. Schüler<br />

werden zur Hälfte von den Schülern<br />

selbst finanziert, zur anderen Hälfte vom<br />

Landesverband Westfälisch Lippischer<br />

Imker. Die Kosten für die Fahrten sowie<br />

für die Verpflegung werden aus der Kasse<br />

der Honigdiebe bezahlt.


� Kooperation Schule, Bienen-AG<br />

und Landwirtschaft<br />

Seit geraumer Zeit haben „<strong>Unna</strong>s<br />

Honigdiebe“ Kontakt zur Familie Beh-<br />

menburg (Biolandwirt in Ostbüren). Sie<br />

betreibt seit vielen Jahren den „Stockumer<br />

Hofmarkt“, auf dem Produzenten<br />

der Region ihre Produkte anbieten.<br />

Auch der Honig von „<strong>Unna</strong>s Honigdieben“<br />

wird dort angeboten. Im Zuge der<br />

Zusammenarbeit entstand der Plan, auf<br />

dem Gelände des Hofmarktes einen Bienenlehrpfad<br />

zu installieren. Im Rahmen<br />

dieses Gemeinschaftsprojektes, an dem<br />

die PWG beteiligt ist, entstanden bisher<br />

folgende Objekte:<br />

� Streuobstwiese<br />

Hier wurden auf einer großen Fläche<br />

von Schülern und einer Arbeitsgruppe<br />

der AWO 20 alte Apfelbaumsorten<br />

gepflanzt. Eine Förderung durch das<br />

Streuobstwiesenprogramm im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> machte das möglich. Die Honigdiebe<br />

übernahmen die Beschilderung<br />

der Bäume. Die Fläche selbst wurde in<br />

Zusammenarbeit mit Apis e.V mit einer<br />

Saatmischung typischer Wildwiesenpflanzen<br />

eingesät.<br />

� Bienenweiden-Hecke<br />

Schüler der PWG haben auf dem<br />

Gelände der Familie Behmenburg eine<br />

etwa 150 Meter lange Hecke gepflanzt.<br />

Dazu wurden verschiedene Sträucher<br />

und Bäume verwendet, die wertvolle<br />

Tracht für Wild- und Honigbienen bieten.<br />

Die Honigdiebe und zwei Kurse des<br />

6. Jahrgangs haben für die Beschilderung<br />

der einzelnen Arten gesorgt. So können<br />

die Besucher des Hofmarktes sowie<br />

interessierte Schulklassen und Kindergartengruppen<br />

die verschiedenen Arten<br />

und ihre Bedeutung kennenlernen.<br />

Gut zugepackt: Schüler pflanzen.<br />

Umweltpädagogik<br />

� Wildbienenwand<br />

In die Hecke des Hofmarktes ist eine<br />

in Fachwerkbauweise erstellte Wildbienenwand<br />

integriert. Die Fachungen sind<br />

mit verschiedenen Materialien gefüllt.<br />

Unterschiedliche Nisthilfen dienen als<br />

Wohnquartiere für viele Bienenarten.<br />

Besucher gewinnen dort einen Eindruck<br />

von der Vielfalt des Insektenlebens. Die<br />

ökologische Bedeutung der Wildbienen<br />

wird auf einer Infotafel dargestellt.<br />

� Bienenhaus für Bienenstöcke<br />

Der Platzbedarf der stetig wachsenden<br />

Bienen-AG konnte im Bienengarten<br />

nicht mehr gedeckt werden, so dass<br />

man sich nach einem weiteren Standort<br />

für die Bienen umsah. Der Stockumer<br />

Hofmarkt bot sich als Standort für ein<br />

Bienenhaus an, zumal dort viele Besucher<br />

die Besonderheiten der Bienenzucht<br />

erfahren können. Das Bienenhaus ist in<br />

den Bienenlehrpfad einbezogen. Das<br />

Holzhaus wurde von Schülern der PWG<br />

unter Anleitung eines Fachmannes<br />

gebaut.<br />

� Lehrpfad<br />

Am Weg durch das Bienengelände<br />

wurden Informationstafeln des Deutschen<br />

Imkerbundes und über Wildbienen<br />

aufgestellt. Sie bieten Besuchern<br />

einen Einblick in die Vielfalt des Lebens<br />

auf Streuobstwiesen und in Hecken.<br />

39


Weitere Tafeln über Singvögel, Greifvögel,<br />

Wiesenpflanzen etc. sollen installiert<br />

werden. Für die Finanzierung dieser Projekte<br />

konnten neben der Landwirtsfamilie<br />

Behmenburg Vereine, Firmen sowie<br />

kommunale Einrichtungen (Naturförderungsgesellschaft<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>) als<br />

Sponsoren gewonnen werden.<br />

� Kleintiere AG<br />

Der Kleintierbereich ist im „Bienengarten“<br />

der Schule angesiedelt. Hier<br />

werden Kaninchen, Ziegen, Ponys und<br />

Hühner gehalten. Die Ponys werden von<br />

den Kindern der Pferde-AG betreut. Im<br />

AG-Bereich am Dienstag werden die<br />

Gehege und Ställe der Tiere gesäubert<br />

und in Ordnung gebracht. Das bedeutet,<br />

dass alle Kinder – meist aus dem 5. und<br />

6. Jahrgang – kräftig anfassen müssen,<br />

um alle notwendigen Arbeiten zu verrichten.<br />

Natürlich bleibt auch genügend<br />

Zeit, um die Tiere zu streicheln oder auf<br />

den Arm zu nehen. Alle Tiere sind sehr<br />

zahm und lassen sich gut anfassen. An<br />

sieben Tagen in der Woche – natürlich<br />

auch an Feiertagen – übernehmen Kinder<br />

in Gruppen die Versorgung der Tiere.<br />

Alle Tiere werden täglich mit Futter und<br />

frischem Wasser versorgt. So selbstverantwortlich<br />

zu arbeiten macht die<br />

Kinder sicher und stolz. Verantwortliche<br />

Erwachsene sind bei Problemen telefonisch<br />

immer zu erreichen.<br />

40<br />

Umweltpädagogik<br />

Um einen reibungslosen Ablauf zu<br />

ermöglichen, muss immer genügend<br />

Futter in den Futterkammern vorhanden<br />

sein. Zum Glück erhält die AG<br />

eine Menge Unterstützung durch den<br />

befreundeten Biolandwirt. Wolfgang<br />

Behmenburg liefert kostenlos benötigtes<br />

Heu und Stroh, und Hühner- sowie<br />

Kaninchenfutter werden regelmäßig<br />

von seinem Hof in Fröndenberg-Ostbüren<br />

geholt. Diese Unterstützung ist<br />

wichtig, da die übrigen Kosten – Tierarzt,<br />

Streu, Möhren – vom Förderverein getragen<br />

werden müssen.<br />

Im Jahr 2006 wurden im Bienengarten<br />

zwei neue Häuser errichtet: ein Hühnerhaus<br />

und eine Remise für die Kutsche<br />

der Pferde-AG. Beide Häuser wurden<br />

von AB-Kräften der Werkstatt im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> errichtet. Die Kosten übernahm<br />

das Umweltamt der Stadt <strong>Unna</strong>.<br />

� Schulgarten AG – Grüne Mitte –<br />

ökologischer Pfad<br />

Die Schulgarten AG der PWG besteht<br />

seit der Gründung der Schule vor 25<br />

Jahren. Der Schulgarten ist ein mehr als<br />

1.500 Quadratmeter großes Gelände am<br />

Rande des Schulbereiches. Dort wurden<br />

von der Arbeitsgemeinschaft Nutzpflanzen<br />

(Kartoffeln, Bohnen, Möhren usw.)<br />

angebaut, die dann im Herbst gemeinsam<br />

geerntet, zubereitet und verzehrt<br />

wurden. Klassen des 5. und 6. Jahrgangs<br />

bauten auf Beeten ebenfalls Pflanzen<br />

an, die sie dann in eigener Regie betreut<br />

haben. Die Teichanlage des Schulgartens<br />

(ökologischer Teil) wird immer wieder im<br />

naturwissenschaftlichen Unterricht als<br />

Untersuchungsobjekt genutzt. Sie ist seit<br />

vielen Jahren ein intaktes Ökosystem.<br />

In der letzten Zeit, insbesondere nach<br />

den Sommerferien, war das Gelände<br />

stark zugewachsen und für die Arbeit<br />

nur noch teilweise nutzbar. Deshalb<br />

wurde der Schulgarten im Jahr 2011<br />

von der Agenda Gruppe neu geplant<br />

und von Mitarbeitern der NFG, Schülern,<br />

Eltern und Lehrern umgestaltet. Die<br />

teilweise stark zugewachsenen Flächen<br />

wurden gerodet und bearbeitet, eine<br />

Hecke wurde zurückgeschnitten. Bei<br />

der Neugestaltung wurde das Gelände<br />

durch französische Kastanienzäune in<br />

drei Bereiche unterteilt:<br />

� Naturbelassener Bereich: Hier befindet<br />

sich der nun schon fast 25 Jahre alte<br />

Teich des Schulgartens. Dieser Bereich<br />

wird regelmäßig von den Ponys der<br />

Schule beweidet. Außerdem soll hier<br />

ein überdachter Arbeitsplatz für den<br />

Unterricht entstehen.<br />

� Obsthof: Im neu angelegten Obsthof<br />

des Schulgartens werden Beerenobststräucher<br />

und verschiedene<br />

Buschobstbäume gepflanzt. Dabei<br />

handelt es sich um alte Obstorten.<br />

Den Schülern soll die Vielfalt der


Früchte nahe gebracht werden. Im<br />

Obsthof wird ein kleiner Bienenstand<br />

für die praktische Arbeit von „<strong>Unna</strong>s<br />

Honigdieben“ entstehen. Busch- und<br />

Säulenbäume wurden deshalb gewählt,<br />

um die Vielfalt der Obstsorten<br />

zu erhöhen und schon frühzeitig<br />

Früchte zu ernten.<br />

� Gartenbereich: Im Garten wurden<br />

aus Lärchenholz insgesamt acht<br />

Hochbeete gebaut, die mit Baumschnitt,<br />

Streu und Kompost angefüllt<br />

wurden. Sechs der Beete werden von<br />

den sechs Klassen des 5. Jahrgangs<br />

bearbeitet. Hier können die Schüler<br />

Pflanzen aussäen und heranziehen.<br />

Zu den Sommerferien müssen die<br />

Beete abgeerntet sein, da sie an die<br />

neuen Klassen übergeben werden.<br />

Drei Beete sind für die Schulgarten-<br />

AG vorgesehen, die zwei weiteren<br />

werden für Außenstehende vorgesehen,<br />

die diese und den Schulgarten<br />

in der unterrichtsfreien Zeit nutzen<br />

können. Sie sollen für diese Möglichkeit<br />

ein Auge auf den Bereich haben,<br />

zum Beispiel in den Sommerferien.<br />

In diesem Gartenbereich werden<br />

auch zwei Gartenhäuser gebaut, in<br />

denen die Schüler wetterunabhängig<br />

arbeiten können und Geräte gelagert<br />

werden. Die Kosten für die Neugestaltung<br />

wurden von der NFG, vom<br />

Schulpartner „Signal Iduna Versiche-<br />

rungen“ und vom Förderverein der<br />

Schule übernommen.<br />

� Grüne Mitte: Im Bereich dieser grünen<br />

Mitte wurde vor mehreren Jahren<br />

eine große Wildbienenwand gebaut.<br />

Geplant wurde sie gemeinsam<br />

mit Schülern, gebaut wurde sie von<br />

AB-Kräften der Werkstatt im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong>. Sie ist eine von vielen Stationen<br />

im Stadtökologischen Lehrpfad,<br />

der in Zusammenarbeit mit vielen<br />

ökologisch aktiven Gruppen der<br />

Stadt entstanden ist. Der „Grüne<br />

Pfad“ der Schule, der quer durch das<br />

Umweltpädagogik<br />

Echte Fürsorge: Täglich sind die Schüler für die Tiere da.<br />

Schulgelände läuft und Schul- und<br />

Bienengarten miteinander verbindet,<br />

gibt den Schülern und Lehrern, aber<br />

auch Nachbarn, Spaziergängern und<br />

Besuchern Informationen über das<br />

Leben auf dem Schulgelände und<br />

wichtigen Zusammenhängen. Die<br />

Schilder wurden von Schülern im<br />

Unterricht und in einer Projektwoche<br />

entwickelt. Vor dem Haupteingang<br />

der Schule wird von der Schulgarten-AG<br />

ein Staudenbeet (etwa 150<br />

Quadratmeter) gestaltet und bearbeitet.<br />

Hier wachsen insbesondere<br />

41


42<br />

Umweltpädagogik<br />

In der Fahrradwerkstatt: Werner Wülfing zeigt wie es geht.<br />

„insektenfreundliche“ Pflanzen, aber<br />

auch verschiedene Küchenkräuter<br />

bereichern diesen Bereich. Die farbenfrohe<br />

Blütenvielfalt begeistert nicht<br />

nur die Schüler und Mitarbeiter der<br />

Schule, sondern auch die Besucher,<br />

die immer wieder positiv auf diesen<br />

Bereich reagieren.<br />

Fahrradwerkstatt und Fahrrad AG<br />

Die Fahrradwerkstatt der Schule<br />

besteht nun schon viele Jahre. In ihr<br />

werden alte, gespendete Fahrräder repariert<br />

und restauriert. Sie stehen dann<br />

der Schule bei Ausflügen zur Verfügung,<br />

so dass alle Schüler an solchen Aktionen<br />

teilnehmen können. Für die Werkstatt<br />

wurden mit Unterstützung des ADFC<br />

und der Schule notwendige Werkzeuge<br />

angeschafft. In der Werkstatt werden<br />

auch besondere Räder hergestellt. Sie<br />

sind für Schüler ein besonderer Spaß.<br />

Sich mit ihnen fortzubewegen fällt aber<br />

nicht immer leicht. In der Mittagspause<br />

stehen die Räder zur Verfügung, so dass<br />

sich jeder an ihnen versuchen kann.<br />

Auf dem jährlich stattfindenden<br />

Drahteselmarkt auf dem Alten Markt<br />

in <strong>Unna</strong> gehören diese Gefährte schon<br />

zum normalen Anblick. Die Schule<br />

nimmt mit der Fahrrad-AG teil, und<br />

bereichert mit verschiedenen Angeboten<br />

das Programm. Vor einigen<br />

Jahren wurden die Schüler dieser sehr<br />

aktiven AG auf dem Drahteselmarkt<br />

für ihr Engagement ausgezeichnet.<br />

Diese Ehrung durch den Vorsitzenden<br />

des ADFC machte sie sehr stolz. An der<br />

überdachten Fahrradparkanlage wurde<br />

im Jahr 2007 eine Videoüberwachung<br />

eingerichtet. Hierdurch sollen Schäden<br />

an den Fahrrädern dokumentiert oder<br />

aber auch verhindert werden. Das Schild<br />

„Videoüberwachung“ zeigt eine positive<br />

Wirkung.<br />

Die Fahrrad-AG möchte erreichen,<br />

dass noch mehr Schüler ihr Fahrrad für<br />

den Schulweg benutzen. Der ökologische<br />

Vorteil – kein CO – soll bewusst ge-<br />

2<br />

macht werden. Dies wurde unterstützt<br />

durch die Entwicklung eines Schulwegratgebers.<br />

Er entstand in Zusammenarbeit<br />

mit dem Radverkehrsbeauftragten<br />

und der Mobilitätsbeauftragten der<br />

<strong>Kreis</strong>stadt <strong>Unna</strong> sowie dem ADFC <strong>Unna</strong>.<br />

Des Weiteren haben zwei WPI-Kurse<br />

Naturwissenschaften (6. Jahrgang) und<br />

der G-Kurs 12 Sozialwissenschaften<br />

mitgewirkt. Im Mittelpunkt standen<br />

folgende Aspekte:<br />

� Bausteine einer fahrradfreundlichen<br />

Schule<br />

� das richtige Rad für ihr Kind<br />

� Radwege zur PWG<br />

� Fußwege zur PWG<br />

� mit Bus und Bahn zur PWG.<br />

Die Ratgeber wurden in großer Anzahl<br />

von der Stadt <strong>Unna</strong> gedruckt und<br />

stehen allen Eltern der neuen Schüler<br />

zur Verfügung.


� Ermelingschule: Zehn Jahre „Umweltschule in Europa“<br />

von Götz Heinrich Loos,<br />

Günther Dieckmann und Heinz F.<br />

Schlockermann<br />

Seit knapp fünfzehn Jahren wird die<br />

Anlage von Schulgärten im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> wieder forciert. Allerdings<br />

haben sich gegenüber der ursprünglichen<br />

Idee von Schulgärten aus dem<br />

19. Jahrhundert, als Garten- und<br />

Obstbau auf den Lehrplan gesetzt<br />

wurden, die Vorzeichen geändert.<br />

Heute sollen Schülerinnen und<br />

Schüler für Natur sensibilisiert, der<br />

Umgang mit ihr sowie ihre nachhaltige<br />

Kultivierung und Nutzung praktisch<br />

erfahren werden. Ein besonderes<br />

Gelände für diesen Zweck ist das<br />

„Grüne Klassenzimmer“ der Ermelingschule<br />

in Bönen-Lenningsen.<br />

Die Ermelingschule ist eine einzügige<br />

Gemeinschaftsgrundschule, deren Vorläufer<br />

auf das Jahr 1840 zurückgeht.<br />

Die jetzige bauliche Realisierung stammt<br />

aus dem Jahre 1962. Eingebettet in den<br />

ländlichen Raum zwischen den Dörfern<br />

Bramey und Lenningsen, lag es nahe,<br />

die unmittelbare, vor Straßenverkehr sichere<br />

Umgebung der Schule naturnäher<br />

zu gestalten und in die landschaftliche<br />

Kulisse einzubinden. Im Jahre 1999 begann<br />

die Ermelingschule, unterstützt von<br />

vielen Partnern, wie dem Förderverein<br />

der Schule, der Interessengemeinschaft<br />

Lenningsen, dem Heimatverein Kerspell<br />

Umweltpädagogik<br />

Natur entdecken im „Grünen Klassenzimmer“<br />

Die Natur – wer sie kennt, der achtet sie auch. Fotos: Ermelingschule<br />

Fleik, der Gemeinde Bönen, der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong>, der BUND-Ortsgruppe Bönen,<br />

den Hegefischern Bönen und vielen<br />

anderen, mit der Umsetzung des Projektes<br />

„Grünes Klassenzimmer“. Angelegt<br />

wurde ein besonderer Schulgarten, in<br />

dem Pflanzen, Ensembles für den Ar-<br />

43


tenschutz, Elemente eines nachhaltig<br />

zu bewirtschaftenden Gartens und<br />

als integrale Bestandteile Aufenthaltsund<br />

Versammlungsplätze (Sitztribüne,<br />

Unterstand) untergebracht wurden.<br />

Anders als andere Schulgärten oder<br />

Schulgärten im eigentlichen Sinne ist es<br />

ein offenes Gelände mit ausgedehnteren<br />

Grünland- und Heckenstrukturen, eher<br />

parkartig oder wie ein Baumhof – aber<br />

doch nicht ganz so. Einbezogen ist ein<br />

Großteil des Schulgeländes wie auch die<br />

Schule selbst. Ein wichtiges Ziel dabei<br />

war es von Anfang an, dass alle Elemente<br />

kindgemäß beschrieben werden.<br />

Die Arbeit wurde umgehend belohnt:<br />

In den Schuljahren 1999/2000 und<br />

2000/2001 ist die Ermelingschule vom<br />

Ministerium für Schule, Jugend und<br />

Kinder des Landes NRW aus Mitteln des<br />

Programms „Gestaltung des Schullebens<br />

und Öffnung von Schulen (GÖS)“ gefördert<br />

worden. Vor zehn Jahren, im Jahre<br />

2002, erhielt sie dann im Rahmen eines<br />

Wettbewerbs den Titel „Umweltschule<br />

in Europa“ als erste große Anerkennung<br />

für die engagierten Aktivitäten im<br />

Rahmen des „Grünen Klassenzimmers“<br />

– nach erst drei Jahren seit Beginn des<br />

Projektes. Der Nachfolgewettbewerb,<br />

der unter der Bezeichnung „Agenda 21<br />

in Schulen“ weitergeführt wird, wurde<br />

ebenfalls ein Erfolg für die Ermelingschule,<br />

die 2005 und 2008 teilgenommen<br />

44<br />

Umweltpädagogik<br />

Kontakt mit fremden Bewohnern.<br />

und den Titel „Schule der Zukunft“<br />

verliehen bekommen hat.<br />

� Ziele und Elemente<br />

Das „Grüne Klassenzimmer“ soll<br />

den Schülerinnen und Schülern die<br />

Gelegenheit geben, Natur und Umwelt<br />

anschaulich zu erleben, dabei Freude am<br />

Umgang damit zu haben und sie spielerisch<br />

zu erfahren, die Selbsttätigkeit<br />

zu fördern sowie den Blick auch für das<br />

Kleine und Unscheinbare in der Natur<br />

zu entwickeln.<br />

Wenn Natur und Umwelt als getrennte<br />

Gegenstandsbereiche betrachtet<br />

werden, dann verbindet das „Grüne<br />

Klassenzimmer“ beide miteinander.<br />

„Natur entdecken, Natur schützen“ ist<br />

der eine wesentliche Aspekt, „nachhaltig<br />

wirtschaften“ der andere – aber eben<br />

alles kindgerecht. So gehören Bäume<br />

und Sträucher, darunter alle „Bäume des<br />

Jahres“ der Schutzgemeinschaft Deutscher<br />

Wald seit Beginn der Kampagne<br />

1989, ein Steingarten, eine Trockenmauer,<br />

Totholzhaufen, Nisthilfen und<br />

Wildbienenhotel zum ersten Aspekt;<br />

Ablaufrinnen und eine Oberflächenwasserversickerungsmulde,<br />

Dachbegrünung,<br />

Hochbeet, eine Photovoltaikanlage,<br />

Kompostierung, Mülltrennung sowie<br />

ein sparsamer und verantwortungsvoller<br />

Umgang mit Wasser, Strom und<br />

Heizung zum zweitgenannten Aspekt.<br />

In der Dachbegrünung, dem Hochbeet,<br />

der Kompostierung und im Totholzhaufen<br />

werden beide Aspekte miteinander<br />

verknüpft, selbst die Versickerungsmulde<br />

mit ihrer Feuchtgebietsvegetation und<br />

-flora kann als Verbindung beider Bereiche<br />

angesehen werden – es kommt immer<br />

darauf an, was man daraus macht.<br />

Und gemacht wird viel. Das „Grüne<br />

Klassenzimmer“ beinhaltet ein Konzept,<br />

das im Schulprogramm der Ermelingschule<br />

verankert ist. Durch die Berücksichtigung<br />

von Natur und Umwelt liegt


ein einzigartig umfassendes Projekt vor,<br />

das einen Blick auf ökologisch-ökonomische<br />

Abhängigkeiten erlaubt und eine<br />

Umweltbildung im besten Sinne darstellt.<br />

Die originale Begegnung und nicht<br />

nur eine theoretische Vermittlung von<br />

Themen, die von den Schülerinnen und<br />

Schülern erfahren und gegebenenfalls<br />

angegangen werden, sensibilisieren intensiver<br />

und führen inniger an Natur und<br />

Umwelt heran. Somit können hier eher<br />

dauerhafte Bindungen an Naturelemente<br />

und Nachhaltigkeit entstehen als in<br />

Schulen, die diese Themen ausschließlich<br />

mit sekundärem Lehrmaterial behandeln.<br />

Die offene Landschaft der Umgebung<br />

spielt dabei ebenso eine herausragende<br />

Rolle wie die Allgegenwärtigkeit des<br />

„Offenen Klassenzimmers“ auch außerhalb<br />

der eigens dafür vorgesehenen<br />

Stunden. Wiedererkennungswert und<br />

Identitätsstiftung werden zusätzlich<br />

implizit gefördert.<br />

� Artenkenntnis und Naturschutz<br />

Neben der Nachhaltigkeitsthematik<br />

spielt die Naturerfahrung die Hauptrolle<br />

im „Grünen Klassenzimmer“.<br />

Umweltpädagogik<br />

Unterricht zur Umweltbildung im „Grünen Klassenzimmer“ ist fest im Lehrplan der Schule verankert.<br />

Die Schülerinnen und Schüler werden<br />

insbesondere mit Pflanzen konfrontiert,<br />

die außerhalb des Schulgeländes<br />

zunächst wahrscheinlich unbeachtet<br />

geblieben sind. Zu jedem Baum, vor<br />

allem den „Bäumen des Jahres“, zu<br />

jeder Nutzpflanze, zu jedem Dachbegrünungselement<br />

existieren kleine und<br />

große Geschichten, die im jeweiligen<br />

Kontext erschlossen werden können.<br />

Die Öffnung des Blicks und die Anschaulichkeit<br />

ermöglicht zusätzlich<br />

einen ersten Zugang zum Erkennen<br />

von Arten – zu einer Erschließung der<br />

45


systematisch-taxonomischen Seite der<br />

Biodiversität. Artenkenntnis nimmt in<br />

der heutigen Zeit dramatischer ab denn<br />

je; es ist sogar von einer „Artenblindheit“<br />

die Rede. Allein bereits die Vielfalt<br />

und Verschiedenartigkeit der Bäume<br />

lässt einen Blick auf ihre Merkmale zu:<br />

Dazu zählt zum einen die Technik des<br />

Vergleichens, die spielerisch und meist<br />

unbewusst eingeübt wird. Zum anderen<br />

kann die Einzigartigkeit von Merkmalen<br />

und anderen Charakteristika der Arten<br />

für sich einstudiert werden; irgendwann<br />

wird die Art auch an anderen Orten<br />

erkannt, weil sie spezifische Merkmale<br />

besitzt. All dies ist ein Nebenprodukt<br />

des spielerischen Umgangs mit der<br />

Natur, es kann allerdings auch bewusst<br />

gefördert werden, indem das Erkennen<br />

von Pflanzen im Unterricht thematisiert<br />

wird. Hierzu besteht noch ein großes<br />

unterrichtliches Potenzial.<br />

Naturerfahrung führt zu Fragen des<br />

Naturschutzes. Warum ist eine Pflanze,<br />

ein Tier nicht überall vorhanden? Was<br />

beschränkt sein Vorkommen? Ist es ein<br />

Bewohner nur von feuchten Standorten<br />

und kann deshalb nicht überall auftreten?<br />

Oder gibt es Gefährdungen, die<br />

vom Menschen ausgehen? Und was<br />

kann man tun, um etwas dagegen zu<br />

unternehmen? Dafür bietet das „Grüne<br />

Klassenzimmer“ Beispiele. Nisthilfen<br />

und ein Insektenhotel dienen als Vorbild<br />

46<br />

Umweltpädagogik<br />

Einladend: das „Grüne Klassenzimmer“ der Ermeling-Schule.<br />

für das, was man auch zuhause tun<br />

kann. Die Beobachtung von schlüpfenden<br />

Solitärbienen im Insektenhotel<br />

kann zu einem aufregenden Erlebnis<br />

werden, genauso wie die Eiablage, die<br />

zur Wiedernutzung der Anlage führt.<br />

Dachbegrünung birgt ein Biotop für<br />

Insekten, die in der intensivlandwirtschaftlich<br />

genutzten Umgebung selten<br />

geworden sind und die man dort kaum<br />

zu Gesicht bekommt. Genau dabei<br />

kommt das Kleine und Unscheinbare<br />

besonders zur Geltung. Und gleichzeitig<br />

erfährt man, dass die Dachbegrünung<br />

dem Klima nützt und für das Gebäude<br />

nachhaltige Vorteile bringt. Selbst der<br />

verantwortungsvolle Umgang z. B. mit<br />

Wasser kann thematisiert werden: Ein<br />

Gegenentwurf zu einem möglichen<br />

Wassermangel in der Zukunft, ausgelöst<br />

durch den Klimawandel – der<br />

Wassermangel aber ist nicht nur für den<br />

Menschen ungünstig, es verändern sich<br />

auch die Biotope und wahrscheinlich<br />

sterben Arten aus. Umweltbewusstes,<br />

nachhaltiges Verhalten als Ausgangsposition<br />

für Naturschutz – wo ließe sich<br />

dies deutlicher vor Augen führen?


Nach getaner Arbeit macht die Pause doppelt Spaß.<br />

� Lernen auch für Erwachsene?<br />

Ein Vorzug des „Grünen Klassenzim-<br />

mers“ besteht darin, dass es nicht nur<br />

der Ermelingschule zur Verfügung steht,<br />

sondern auch von auswärtigen Gruppen,<br />

von Kindergärten, anderen Schulen und<br />

Erwachsenen genutzt wird – als Anschauungsobjekt<br />

und Ausflugsziel. Zwar<br />

ist das „Grüne Klassenzimmer“ in erster<br />

Linie für Grundschulkinder angelegt<br />

worden, aber selbst Erwachsene bilden<br />

sich hier weiter und für Lehrerinnen und<br />

Lehrer anderer Schulen ist es ein Vorbild,<br />

unter Umständen und den gegebenen<br />

Möglichkeiten an den eigenen Schulen<br />

ähnliche oder komplementäre Projekte<br />

ins Leben zu rufen.<br />

In der Erwachsenen-Umweltbildung<br />

wird auf Kenntnis- und Erfahrungsdefizite<br />

eingegangen, die denen der<br />

Grundschulkinder oft in nichts nachstehen.<br />

Insofern ist die Offenheit des<br />

„Grünen Klassenzimmers“ ein Vorzug,<br />

der ebenfalls einzigartig ist und eine<br />

noch stärkere Nutzung erfordert. Eltern<br />

werden bei Schulveranstaltungen quasi<br />

en passant mit der Erfahrung von Natur<br />

und Umwelt konfrontiert, in die sie auf<br />

Umweltpädagogik<br />

dem Schulgelände unvermittelt hineingeraten.<br />

In gleicher Weise sollten interessierte<br />

Erwachsene, die nicht unmittelbar<br />

mit der Schule zusammenhängen,<br />

vermehrt das „Grüne Klassenzimmer“<br />

nutzen, um ihre Kenntnisse im Natur-,<br />

aber auch im Umweltschutz zu erweitern<br />

oder aufzufrischen.<br />

Die erschreckenden Mängel in der<br />

Artenkenntnis, unter der mittlerweile<br />

gleichfalls die Elterngenerationen leiden,<br />

können hier ganz bewusst eingeschränkt<br />

werden. Schon die Beschäftigung mit<br />

den „Bäumen des Jahres“ kann Kenntnisse<br />

über die Artendiversität vermitteln<br />

oder festigen, so dass auch in der Freizeit<br />

der Wiedererkennungswert gegenüber<br />

entsprechenden Arten steigt. Dies kann<br />

freilich dazu führen, dass die Kinder auch<br />

von den Eltern an entsprechenden Orten,<br />

vielleicht sogar im eigenen Garten,<br />

mit den Arten in Berührung gebracht<br />

werden. Die Wertigkeit der Organismenarten<br />

führt dann ebenfalls hierbei<br />

zu Naturschutzgedanken: Warum ist die<br />

Art selten? Was kann ich selbst für ihre<br />

Erhaltung und Förderung tun?<br />

� Möglichkeiten der Nutzung<br />

Lehramtskandidaten und solche mit<br />

dem Ziel der Umweltbildung im Fach<br />

Geographie an der Ruhr-Universität Bochum<br />

wurde bereits das „Grüne Klassenzimmer“<br />

auf einer Exkursion vorgestellt,<br />

47


48<br />

Umweltpädagogik<br />

seitdem werden seine Vorzüge und seine<br />

Vorbildfunktion zusätzlich in einigen<br />

Lehrveranstaltungen thematisiert. Die<br />

Ausstattung ist durchaus nicht nur für<br />

Grundschulkinder, sondern weiterhin<br />

zumindest für die unteren Klassen der<br />

Sekundarstufe I von Interesse, auch in<br />

der gymnasialen Schulausbildung. Eine<br />

Einbindung in die Lehrerfortbildung,<br />

besonders für Lehrer von Grundschulen,<br />

wäre begrüßenswert. Wie erwähnt, wird<br />

das „Grüne Klassenzimmer“ bereits von<br />

anderen Schulen und Kindergärten gelegentlich<br />

genutzt. Eine Kooperation mit<br />

möglichst vielen Schulen, Kindergärten<br />

und Umwelt-Kindergruppen erscheint<br />

bedeutsam. Die Lage der Ermelingschule<br />

macht es freilich nicht leicht, hier eine<br />

Regelmäßigkeit derartiger Besuche zu<br />

ermöglichen. Andererseits schafft gerade<br />

der Anschluss an den ländlichen Raum<br />

sowie die Nähe zur renaturierten Seseke<br />

einen Anreiz, vor allem für Schülerinnen<br />

und Schüler aus den geschlossenen Siedlungsgebieten,<br />

so dass entsprechende<br />

Ausflüge bzw. Exkursionen als besonders<br />

sinnvolle Elemente trotz des Aufwandes<br />

gefördert werden sollten. Dieser Aspekt<br />

kann in Form von Projektunterricht aufgearbeitet<br />

werden.<br />

� Bedrohte Vielfalt<br />

Der demografisch bedingte Rückgang<br />

der Zahl an Schülerinnen und Schülern<br />

Nur mit den Schülern ist das „Grüne Klassenzimmer“ ein „echtes“ Klassenzimmer.<br />

hat der Ermelingschule sehr zugesetzt.<br />

Das vergangene Jahr war geprägt durch<br />

ein langes Bangen um den Fortbestand<br />

der Schule. Vorerst konnte Entwarnung<br />

gegeben werden – aber aufgeschoben ist<br />

nicht aufgehoben, die Androhung einer<br />

Schließung bleibt. Vor dem Hintergrund<br />

der Ausgestaltung und Nutzung des<br />

einzigartigen „Grünen Klassenzimmers“<br />

durch die Schülerinnen und Schülern<br />

sowie die Mehrzahl an bedeutenden<br />

Auszeichnungen ist zu hoffen, dass die<br />

zuständigen Behörden und Gremien der<br />

Ermelingschule eine Erhaltungs-Priorität<br />

einräumen.<br />

Das Projekt „Grünes Klassenzimmer“<br />

ist nicht abgeschlossen. Neue Ideen<br />

werden begrüßt und nach Möglichkeit<br />

umgesetzt. Es gibt noch viel Platz für die<br />

Gestaltung weiterer Elemente. Sinnvoll<br />

ist dies allerdings nur dann, wenn die<br />

Ermelingschule fortbesteht, denn nur<br />

dann ist das primäre Ziel der Einbindung<br />

in das unterrichtliche Konzept und die<br />

Unterhaltung bzw. Erhaltung der Elemente<br />

gewährleistet.<br />

In welchen anderen nahe gelegenen<br />

Schulen haben Kinder die Möglichkeit,<br />

dermaßen original der Natur zu begegnen<br />

und zu verstehen, wie Natur und<br />

Umwelt zusammenhängen sowie zu<br />

erkennen, wie sich das eine mit dem<br />

anderen nachhaltig schützen lässt? Nur<br />

mit Schülerinnen und Schülern ist und<br />

bleibt das „Grüne Klassenzimmer“ ein<br />

„echtes“ Klassenzimmer.


von Ralf Sänger<br />

Die Vorgeschichte: Regelmäßi-<br />

ge Besucher der Ökologiestation<br />

werden seit dem 9. Dezember 2010<br />

im westlichen Bereich bauliche<br />

Veränderungen festgestellt haben.<br />

Mittlerweile ist ein gutes Jahr vergangen<br />

und die Baumaßnahme ist<br />

abgeschlossen. Des Rätsels Lösung<br />

hat seine Wurzeln viele Jahre zuvor.<br />

Bereits nach den ersten Betriebsjahren<br />

der Ökologiestation in den 90er<br />

Jahren wurde immer wieder der Ruf<br />

nach Übernachtungsmöglichkeiten an<br />

der Ökologiestation laut. Tagungen,<br />

Schulungen, umweltpädagogische<br />

Aktionen, Fortbildungen konnten stets<br />

nur eintägig durchgeführt werden<br />

oder waren mit Fahrten und externen<br />

Unterbringungen verbunden. Genau<br />

das schloss eine Primärzielgruppe der<br />

Ökologiestation aus: Schülerinnen und<br />

Schüler auf Klassenfahrt.<br />

Als 2008 auf die Kommunen eine<br />

Finanzspritze in Form von Konjunkturpaket-Mitteln<br />

zur Förderung der regi-<br />

onalen Wirtschaft zukam, wurde die<br />

langjährige Wunschvorstellung Realität.<br />

Der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> entschied, die Hälfte<br />

der Mittel für die Sanierung von „Haus<br />

Opherdicke“ und die andere für die<br />

Schaffung von Übernachtungsplätzen<br />

auf der Ökologiestation einzusetzen.<br />

Ursprünglich gemeinsam mit der Diakonie<br />

Ruhr Hellweg als potenziellen<br />

Betreiber schmiedete man Pläne für ein<br />

Gästehaus, welches von verschiedenen<br />

Umweltpädagogik<br />

� Gästehaus Ökologiestation: Bildungszentrum für Kinder, Jugendliche & mehr!<br />

„Steigenberger Moritz“ oder „Bettenhaus“?<br />

Es schwingen den Spaten zum „ersten Stich“ (v.l.n.r.): Herbert Goldmann, Dr. Detlef<br />

Timpe, Herbert Ziegenbein, Walter Teumert und Dr. Eberhard Geisler. Fotos: Sänger<br />

Besuchergruppen genutzt werden<br />

sollte. Hauptaugenmerk lag auf der<br />

„Umweltpädagogik“. Am 9. Dezember<br />

2010 wurde der erste Spaten in den<br />

Boden gestoßen, und nun, ein gutes<br />

Jahr später, ist das Haus fertig.<br />

Während der Fertigstellung hat sich<br />

die Diakonie Ruhr Hellweg aufgrund<br />

einer geänderten inneren Ausrichtung<br />

ihrer Arbeitsschwerpunkte (Umstrukturierung)<br />

aus dem Interessentenkreis<br />

49


50<br />

Umweltpädagogik<br />

23. Februar 2011: Neun Tage nach Baubeginn stand bereits das gesamte Gebäude<br />

mit Ausnahme der Dachdeckung.<br />

möglicher Bewerber verabschiedet.<br />

Nach Abwägung aller Für und Wider<br />

hat das Umweltzentrum Westfalen entschieden,<br />

das Gästehaus in eigener Regie<br />

zu betreiben und nicht in die Hände<br />

eines Dritten zu legen. Diese Aufgabe<br />

zu stemmen, ohne das Stammpersonal<br />

aufzustocken, ist eine große Herausforderung.<br />

Das Team vom Umweltzentrum,<br />

bestehend aus Stammkräften und<br />

langjährigen Honorarkräften, möchte<br />

dies versuchen. Was (noch) fehlt, ist<br />

Erfahrung, was vorhanden ist, ist großes<br />

Engagement und eine „Wir-schaffen-das-Mentalität“<br />

(allen Skeptikern<br />

zum Trotz) und was von außen an Hilfe<br />

eingeholt werden kann, wird eingeholt.<br />

An dieser Stelle ist auch ein Dank an<br />

die Jugendbildungsstätte „Die Kluse“<br />

in Menden angebracht, zu der ein sehr<br />

angenehmer Kontakt besteht.<br />

� Zielgruppe und Angebote<br />

Das Gästehaus steht drei Nutzergruppen<br />

zur Verfügung, Einzelpersonen (Veranstaltungsgäste,<br />

Durchreisende, ...),<br />

Gruppen Erwachsener (Fortbildungen,<br />

Workshops, Seminare,...) und Gruppen<br />

Jugendlicher und Kinder (Klassenfahrten,<br />

Ferienaktionen). Schwerpunkt ist<br />

Die „Hauptkümmerer“ des Gästehauses:<br />

Dorothee Weber-Köhling (links) organisiert<br />

und Christiane Hüdepohl (rechts)<br />

bringt Theorie und Praxis in Einklang.<br />

die letzte Gruppe und daher wird im<br />

Folgenden insbesondere auf Klassenfahrten<br />

ein Augenmerk gelegt.<br />

� Schwerpunkt Klassenfahrten<br />

Das Umweltzentrum Westfalen hält<br />

für die Zielgruppe Schulklassen drei<br />

Angebote vor.<br />

� Jahrgangsbezogene Themen<br />

Hierunter fallen die für die 5. Jahrgangsstufe<br />

obligatorischen Kennenlernfahrten<br />

zur Förderung des sozialen<br />

Verhaltens. Ein wohnortnaher Veranstaltungsort<br />

ist aus Kostengründen


22. November 2011: Das Gästehaus ist nahezu fertig; was noch fehlt, sind Kleinigkeiten<br />

sowie die Außenanlagengestaltung.<br />

wichtig – das Umweltzentrum dürfte<br />

von Dortmund bis Hamm von besonderer<br />

Attraktivität sein. In der 7. Jahrgangsstufe<br />

steht das Thema „Gewalt“ auf der<br />

Tagesordnung. In der 9. Jahrgangsstufe<br />

ist die „Berufsorientierung“ von Bedeutung.<br />

Für Leistungskurse könnten Themenfahrten<br />

wie beispielsweise Route<br />

„Industriekultur/-natur“ spannend sein.<br />

„Deeskalationstrainings“ könnten für<br />

alle Schulklassen interessant sein.<br />

� Komplettangebote<br />

Die „Komplettangebote“ des Umweltzentrum<br />

Westfalen sind „Rund-<br />

um-Sorglos-Pakete“ für die Klassen.<br />

Sie werden von geschultem Personal in<br />

Empfang genommen und durchs Programm<br />

geführt. Die Betreuung beträgt<br />

24/24 Stunden. Mögliche Komplettangebote<br />

können „Sporttage“, „Kreativtage“,<br />

„Theatertage“, „Wildnistage“ oder<br />

ähnliches sein.<br />

� Angebot von Bausteinen<br />

Möchte eine Schulklasse quasi à la<br />

carte zu Gast sein, sich ihr Programmpaket<br />

selbst schnüren, so stellt das<br />

Umweltzentrum die dafür notwendigen<br />

Einzelbausteine zur Verfügung und ist<br />

Umweltpädagogik<br />

Die Küche wird eingerichtet, nicht mit<br />

Rosenthal, Meißen oder Hutschenreuther,<br />

dafür aber von Andrea Pech,<br />

dem „guten Küchengeist“.<br />

– wenn gewünscht – bei der Organisation<br />

behilflich.<br />

� Einige Fakten zum Gästehaus:<br />

Das Haus verfügt über 15 Zimmer<br />

– vier im Erdgeschoss, elf im Obergeschoss.<br />

Diese bieten 41 Übernachtungsplätze,<br />

von denen vier barrierefrei<br />

ausgestaltet sind. Es handelt sich um<br />

Zwei- bis Vierbettzimmer mit Dusche<br />

und WC. Vier Betten mit Überlänge<br />

(2,20 m) stehen zur Verfügung.<br />

Neben einer Selbstversorgerküche<br />

mit hohem technischen Standard (dies<br />

konnte erreicht werden, indem auf Ge-<br />

51


52<br />

Umweltpädagogik<br />

„Wir sind das Gästehaus!“ Unser freundliches, kompetentes Betreuerteam (auf der Mauer links von hinten links nach vorne<br />

rechts) Bille, Martin, Sonja, Heike, Susanne, Mirja, Liane, Manuela, Lisa sowie Christiane (stehend) und Dorothee (ganz rechts).<br />

brauchtgeräte zurückgegriffen wurde)<br />

gibt es eine Cafeteria und einen multifunktionalen<br />

Veranstaltungsraum. Für<br />

Gruppen, die sich nicht selbst versorgen<br />

wollen, wird ein Bewirtungsservice (mit<br />

Speisen aus überwiegend regionalen<br />

Produkten) organisiert. Dass es sich<br />

um ein Holzhaus handelt, sieht man<br />

von außen nicht, denn dort sorgt ein<br />

Wärmeverbundsystem mit ockerfarbigem<br />

Außenputz für einen niedrigen<br />

Energiebedarf; sehr wohl sieht man dies<br />

im Inneren des schlicht und funktional<br />

gestalteten Gebäudes, das aufgrund der<br />

Naturmaterialien eine sehr freundliche<br />

Atmosphäre ausstrahlt. Die Lage an<br />

der Ökologiestation mit ihren Musteranlagen,<br />

die nahe Halde Großes Holz,<br />

der Beversee, das Naturschwimmbad<br />

Heil, die Marina oder aber die Halde in<br />

Rünthe und der Beobachtungsturm der<br />

Ökologiestation stellen ein anregungsreiches,<br />

vielseitiges Umfeld dar.<br />

� Ab sofort für Sie da!<br />

Beim Umweltzentrum Westfalen<br />

steht ein Team für seine Gäste zur<br />

Verfügung. Für das Umweltpädagogikprogramm<br />

ist nach wie vor Dorothee<br />

Weber-Köhling (Telefon 02389 980913)<br />

verantwortlich und ansprechbar. Das<br />

„neue freundliche Gesicht des Gästehauses“<br />

gehört Christiane Hüdepohl,<br />

die bereits seit vielen Jahren im Bereich<br />

Umweltpädagogik und Ferienaktionen<br />

für das Umweltzentrum Westfalen tätig<br />

ist. Auf der neuen Homepage www.<br />

gaestehaus-oekologiestation.de kann<br />

man sich über Buchungszeiträume und<br />

Freikapazitäten informieren und direkt<br />

einen Buchungsauftrag abgeben.<br />

� Und was sind wir nun?<br />

Um die Frage vom Anfang zu beantworten,<br />

ein „Steigenberger Moritz“ will<br />

das Gästehaus nicht sein. Ein einfaches<br />

„Bettenhaus“ auch nicht. Vielmehr<br />

verbirgt sich hinter dem Gästehaus<br />

mehr als nur Schlafen und Essen. Das<br />

Gästehaus Ökologiestation“ steht mit<br />

seinem engagierten, freundlichen Team<br />

für ein vielseitiges, individuelles und<br />

dynamisches Aktivprogramm – und es<br />

steht allen offen!


� Umweltbildung der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Aktivitäten: Natürlich für Groß und Klein<br />

von Birgit Manz<br />

Kindern die Natur zeigen und Lust<br />

wecken, sie zu erleben. Das ist ein<br />

Ziel der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (NFG). So steht<br />

unter anderem in der Satzung,<br />

dass die NFG den Zweck hat, die<br />

Öffentlichkeit über Natur- und<br />

Artenschutz, Umweltschutz und<br />

Landschaftspflege aufzuklären.<br />

In dieses weit gesteckte Feld der<br />

Öffentlichkeitsarbeit fällt auch der<br />

Bereich der Umweltbildung sowohl<br />

für Erwachsene wie auch für Kinder.<br />

Daher unterstützt die NFG schon seit<br />

Jahren umweltpädagogische Aktivitäten<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und organisiert auf der<br />

Ökologiestation in Bergkamen gemeinsam<br />

mit dem Umweltzentrum Westfalen<br />

eigene Aktionen und Projekte.<br />

� Praxis-Workshops<br />

Neben der Vermittlung von Informationen<br />

zu Themen des Natur- und<br />

Artenschutzes (in Form von Vorträgen,<br />

Exkursionen, Seminaren) sind<br />

Workshop-Teilnehmer bauen den Feldbrandofen.<br />

Foto: NFG<br />

zunehmende die Angebote wichtig,<br />

die sich dem „Naturerleben“ widmen.<br />

Umweltzentrum Westfalen (UZW) und<br />

NFG haben daher Praxis-Workshops ins<br />

Leben gerufen. Hier geht es jenseits des<br />

erhobenen Zeigefingers und der vielen<br />

Infos über drohende Umweltkatastro-<br />

Umweltpädagogik<br />

phen darum, den Teilnehmern Freude an<br />

der Arbeit mit Naturmaterialien oder am<br />

Aufenthalt in der Natur zu vermitteln.<br />

So beschäftigt sich zum Beispiel der<br />

Workshop „Keramik – Erde und Feuer“<br />

mit dem faszinierenden Material Ton,<br />

das sich formen und gestalten lässt, um<br />

dann im Feuer hart und unvergänglich<br />

zu werden. In einem Feldbrandofen, der<br />

von den Teilnehmern auf dem Gelände<br />

der Ökologiestation selbst gebaut wird,<br />

werden die aus dem Ton erstellten Aufbaukeramiken<br />

gebrannt. Da kann man<br />

die ganze Nacht am Feuer sitzen und<br />

zuschauen, wie der pyramidenförmige,<br />

aus Ästen angelegte Ofen zunächst lodernd<br />

abbrennt, dann lange glüht und<br />

schließlich in sich zusammenfällt. Am<br />

nächsten Morgen werden die fertigen<br />

Keramiken aus der Asche geholt. Das<br />

Bauen von Wildholzmöbeln, die Herstellung<br />

von Pflanzenfarben oder der Bau<br />

von Wackelbrücken und Astschaukeln<br />

aus dicken Seilen sind weitere Angebote<br />

dieser Reihe. Sie richtet sich auch an<br />

Lehrer und Erzieher richtet, die das Erfahrene<br />

gut in ihre eigene pädagogische<br />

Arbeit einfließen lassen können.<br />

53


� Ferienaktionen<br />

54<br />

Umweltpädagogik<br />

Seit inzwischen zehn Jahren finden<br />

auf der Ökologiestation in den Som-<br />

merferien die Historischen Spiele statt,<br />

eine abenteuerliche einwöchige Reise<br />

in die Vergangenheit. Mehrfach wurde<br />

hierzu schon im <strong>Naturreport</strong> berichtet.<br />

Inzwischen gibt es weitere Angebote für<br />

Kinder, die die Ferienwochen zu Hause<br />

verbringen.<br />

2010, im Jahr der Kulturhauptstadt,<br />

haben UZW und NFG in den Sommerferien<br />

eine einwöchige Kunstaktion, die<br />

sich mit einem Naturthema befasst, ins<br />

Leben gerufen. Insektenskulpturen aus<br />

Pappmaschee, das war das Thema des<br />

ersten Durchgangs, an dessen Ende<br />

viele phantasievolle Insekten auf den<br />

Basthütten und in den Bäumen rund um<br />

die Ökologiestation saßen und von Eltern<br />

und Großeltern bewundert wurden. Bunt<br />

waren sie fast alle, gruselig groß oder<br />

auch lustig anzusehn. Neben der gestalterischen<br />

Arbeit mit Draht, Papier und<br />

Farben haben die Kinder nebenbei etwas<br />

über die verschiedenen Insekten gelernt<br />

und sich im Beobachten geübt.<br />

Wegen des guten Zuspruches wurde<br />

2011 eine weitere Aktion angeboten.<br />

Diesmal beschäftigten sich die Kinder<br />

eine Woche mit der Gestaltung von Mandalas<br />

aus Naturmaterialien. Auch hier<br />

waren die Kinder jeden Tag im Gelände<br />

unterwegs, um Material zu sammeln und<br />

haben dabei viele „Schätze der Natur“<br />

entdeckt, Pflanzen kennen gelernt und<br />

kleine Tiere beobachtet. Die diesjährigen<br />

Angebote sind dem aktuellen Programm<br />

der Ökologiestation zu entnehmen.<br />

� Kampagne „Schule der Zukunft“<br />

Das Netzwerk „Schule der Zukunft“<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> ist entstanden aus einem<br />

„Arbeitskreis Schule“, der sich im<br />

Rahmen der Agenda 21-Aktivitäten im<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> gegründet hatte sowie aus<br />

der Zusammenarbeit der NFG mit schulischen<br />

Einrichtungen. Beide Initiativen<br />

wurden zusammengeführt in ein Netzwerk,<br />

das interessierte Schulen im <strong>Kreis</strong><br />

bei ihren Projekten und Arbeiten zum<br />

Thema Nachhaltigkeit unterstützen will.<br />

Die Partner repräsentieren dabei unterschiedliche<br />

gesellschaftliche Gruppen und<br />

Fachgebiete (Natur- und Umweltschutz,<br />

Umweltpädagogik, Verbraucherberatung,<br />

Landwirtschaft, Abfall-, Energieberatung,<br />

Schulverwaltung). Sie bieten den Schulen<br />

Beratung, Informationen und falls möglich<br />

auch materielle Hilfe an.<br />

Im aktuellen Kampagnenzeitraum (s.<br />

auch Beitrag S. 17) arbeiten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

26 Schulen und zwölf Partner im Netzwerk<br />

„Schule der Zukunft“ zusammen.<br />

Das Schulamt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> und die<br />

NFG organisieren jährlich Treffen mit<br />

einem Themenschwerpunkt aus dem<br />

Agenda 21-Prozess. Daneben dienen die<br />

Zusammenkünfte dem Informations- und<br />

Erfahrungsaustausch und bieten zahlreiche<br />

Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit<br />

der Schulen und Partner. Die<br />

Kampagne endet in diesem Jahr mit der<br />

Auszeichnungsfeier der teilnehmenden<br />

Schulen und der Netzwerke am 19. April<br />

auf der Ökologiestation in Bergkamen.<br />

� Naturnahes Umfeld gestalten<br />

Wie schon in den vergangenen Jahren<br />

unterstützt die NFG naturnahe Umgestaltungsmaßnahmen<br />

auf Schulhöfen und an<br />

Kindergärten durch Beratung oder die<br />

Bereitstellung von Pflanzmaterial. Die<br />

Nachfrage von Seiten der Einrichtungen<br />

ist zurück gegangen. Schulen und Kitas<br />

mussten sich in den letzten Jahren<br />

mit neuen pädagogischen Konzepten,<br />

Integration, Inklusion oder Lernstands-<br />

Erhebungen auseinandersetzen, so dass<br />

der Schulgarten oder das Kräuterbeet<br />

in Vergessenheit geraten sind. Da ein<br />

naturnahes Umfeld zum freien Spielen<br />

viele positive Auswirkungen auf die<br />

Entwicklung von Heranwachsenden<br />

hat, sollte das Thema wieder verstärkt<br />

werden. Von Seiten der NFG wird bei<br />

Anfragen verstärkt darauf geachtet, dass<br />

nach der Umgestaltung auch die weitere<br />

Pflege gesichert ist. Am sinnvollsten ist<br />

es, wenn die Arbeit im Garten ins das<br />

pädagogische Konzept der Kita oder der<br />

Schule mit aufgenommen wird.


� Abfall und Ressourcenschutz auf dem Stundenplan<br />

Lernen ohne erhobenen Zeigefinger<br />

von Jutta Eickelpasch<br />

„Wohin denn mit dem Müll?“,<br />

„Was bedeutet Recycling?“ und<br />

„Warum ist der beste Müll, der,<br />

der gar nicht erst entsteht?“. Diese<br />

und andere Fragen beantwortet die<br />

Umweltberatung. Bildungsangebote<br />

rund um die Abfalltrennung<br />

und Abfallvermeidung haben im<br />

Angebot der Umweltberatung der<br />

Verbraucherzentrale einen festen<br />

Platz. In einer Mischung aus Theorie<br />

und Praxis wird Umweltschutz in<br />

Schulen, Kindergärten und Jugendzentren<br />

thematisiert, möglichst<br />

ohne den „erhobenen Zeigefinger“.<br />

Meist werden die Umweltexpertinnen<br />

für zwei bis vier Stunden eingeladen,<br />

im besten Fall sind die Kinder auf den<br />

Besuch vorbereitet und haben sich schon<br />

etwas mit dem Thema befasst und sind<br />

nicht ganz unbedarft.<br />

Die Umweltberaterinnen schneiden<br />

ihre Themen von ganz verschiedenen<br />

Seiten an, bringen eigens Müll und<br />

Sortiergefäße mit, zeigen Plakate, Fotos<br />

oder Filme und zeigen Recyclingprodukte,<br />

die immer gerne bestaunt werden.<br />

Kleine „Außentermine“, bei denen im<br />

Schulgebäude oder Jugendzentrum die<br />

Umweltpädagogik<br />

„Elektroschrott ist Gold wert“: Das erfahren die Kinder im Bürgerhaus Methler.<br />

Fotos: Verbraucherzentrale Kamen<br />

Müllsituation im eigenen Gebäude oder<br />

dessen Umfeld einmal näher unter die<br />

Lupe genommen wird, sind besonders<br />

beliebt und sorgen für Abwechslung.<br />

Über die Kinder werden aber auch<br />

55


56<br />

Umweltpädagogik<br />

Abfall- und Umweltthemen in den Rest<br />

der Familie transportiert – das wird den<br />

Verbraucherzentralen-Mitarbeiterinnen<br />

immer wieder gespiegelt und gerne<br />

gesehen. Unterstützt wird diese ,Nachhaltigkeit’<br />

noch, indem alle Aktionsteilnehmer<br />

abschließend Infomaterial und<br />

Flyer für zuhause mitbekommen, aber<br />

auch über eine ausführliche Aktionsdokumentation<br />

– mit Fotos, Berichten oder<br />

Presseveröffentlichungen.<br />

� Abfalltrennen in der Schule<br />

In einigen wenigen Fällen geht so eine<br />

Bildungsaktion auch über einen Vormittag<br />

hinaus, wenn es an die richtige<br />

praktische Umsetzung geht – und das<br />

am Beispiel der Schule selbst. Wenn eine<br />

Schule ihre Abfalltrennung verbessern<br />

will, neue Erkenntnisse und Motivation<br />

erhalten will, kann das eine wochenlange<br />

Begleitung der Umweltberatung<br />

bedeuten und eine Einbeziehung verschiedener<br />

Gruppen – Kinder und Eltern,<br />

Lehrerkollegium und Reinigungspersonal<br />

– alle sollten mit einbezogen werden<br />

und an einem Strang ziehen, damit das<br />

Vorhaben gelingt.<br />

Für eine kleine Kamener Grundschule<br />

bot die Verbraucherzentrale einmal<br />

exklusiv eine individuelle Betreuung bei<br />

der Optimierung ihrer Abfallsortierung<br />

an: Nach einer umfangreichen Bestandsaufnahme<br />

wurde gemeinsam mit der<br />

Schulleitung festgelegt, welche Müllfraktionen<br />

überhaupt getrennt werden<br />

sollen und wie die Abfalltrennung dort<br />

grundsätzlich organisiert und verbessert<br />

werden konnte. Finanzierungs- und<br />

Leerungsmodalitäten der zusätzlichen<br />

Abfalltrennbehälter waren dabei zentrale<br />

Rahmenbedingungen, die ebenfalls<br />

geklärt werden mussten, bevor man<br />

sich überhaupt an Schülerinnen und<br />

Schüler wandte. Bei einer spielerischen<br />

„Unterrichtsstunde“ machte die Umweltberaterin<br />

der Verbraucherzentrale<br />

sie dann mit dem kleinen Einmaleins<br />

der Abfalltrennung und des schonenden<br />

Umgangs mit Rohstoffen vertraut. Aber<br />

auch Lehrerkollegium, Hausmeister und<br />

Reinigungskräfte wurden miteinbezogen.<br />

Im Foyer der Schule wurde eine<br />

„Abfall-Infoschau“ der Verbraucherzentrale<br />

gezeigt – damit konnten Kinder,<br />

Lehrpersonal, aber auch Eltern erreicht<br />

werden. Übrigens: Die Erfahrungen an<br />

der Kamener Josefschule sind Baustein<br />

für eine landesweite Auswertung der<br />

Verbraucherzentrale NRW gewesen.<br />

Auch in anderen Grundschulen und<br />

einigen Kindergärten wird seit langem<br />

immer wieder Abfall und Ressourcenschutz<br />

thematisiert. Die Maxikinder, die<br />

fünf- bis sechsjährigen Vorschulkinder in<br />

den Kindergärten, gehören zur jüngsten<br />

Zielgruppe der Bildungsaktionen der<br />

Verbraucherzentrale. „Sie sind sehr<br />

leicht zu begeistern und mit richtigem<br />

Eifer bei der Sache – da können wir<br />

richtig etwas bewegen“, berichten die<br />

Umweltberaterinnen aus der Praxis.<br />

Für den A-ha-Effekt bei den Kleinen,<br />

aber auch bei den Größeren, sorgt<br />

immer wieder das Müll sammeln im<br />

direkten Umfeld. Welch große Mengen<br />

da in ganz kurzer Zeit zusammenkommen,<br />

ist sowohl beeindruckend als auch<br />

erschreckend – von Plastikflaschen,<br />

Süßigkeitentüten, Bonbonpapier bis zu<br />

Zeitungen und Zigarettenschachteln ist<br />

alles in größerer Anzahl dabei. Vieles,<br />

was auf solchen Aufräumaktionen in der<br />

Natur gefunden wird, schockiert zwar,<br />

kann und soll aber nicht mitgenommen<br />

werden: alte Videorecorder, Wäschekörbe,<br />

Reifen etc.<br />

� Mehr Ressourcenschutz<br />

Im Jahr 2011 wurde landesweit eine<br />

neue Bildungsaktion der Verbraucherzentrale<br />

mit dem Titel „Elektroschrott<br />

ist Gold wert“ angeboten, die bereits in<br />

verschiedenen Kamener Jugendzentren<br />

durchgeführt wurde – meist im Rahmen<br />

des Kinderferienangebotes. Hier werden<br />

aus bereitgestelltem Schrottmaterial<br />

Schmuck und Roboter hergestellt und<br />

ganz nebenbei besprochen, welche<br />

Metalle im Elektroschrott enthalten<br />

sind, warum es Sinn macht zu recyceln<br />

und wo und wie alte Elektrogeräte ge-


sammelt werden. Denn nur die richtig<br />

gesammelten Geräte können sinnvoll<br />

verwertet werden – die durch Recycling<br />

zurückgewonnen Metalle müssen nicht<br />

unter harten, mensch- und umweltschädigenden<br />

Bedingungen in Dritt-Weltländern<br />

abgebaut werden. Hier liegt auch<br />

die Schnittstelle zur Müllsammelaktion,<br />

auch dort wird, oft von den Kindern<br />

ausgehend, immer wieder Elektroschrott<br />

thematisiert. Denn oft genug<br />

werden alte Elektrogeräte am Wegesrand<br />

gefunden, was immer wieder zu<br />

Empörung und Unverständnis bei allen<br />

Teilnehmern führt. Die „Elektroschrott<br />

ist Gold wert“-Aktion bietet mehrere<br />

Bausteine, die wahlweise weggelassen<br />

oder verschieden intensiv umgesetzt<br />

werden können. So gibt es auch den<br />

Punkt Rohstoffgewinnung und Abbau<br />

von Edel- und ganz selten vorkommenden<br />

Gewürzmetallen. Ein Film belegt,<br />

mit welchen Problemen für Mensch und<br />

Umwelt das behaftet sein kann. Dieses<br />

Angebot richtet sich an größere Kinder<br />

und eignet sich besonders für weiterführende<br />

Schulen oder Jugendzentren.<br />

Handwerklicher geht es schon mal<br />

in der Umweltinfostelle in <strong>Unna</strong> zu:<br />

Als Kinderferienspaß konnten dort aus<br />

alten Getränkekartons ungewöhnliche,<br />

bunte Vogelhäuschen gebaut werden.<br />

Umweltpädagogik<br />

Neugierige Zuhörer: Umweltberaterin Jutta Eickelpasch erklärt den Kindern genau, wie Abfall weiterverwertet werden kann.<br />

Eine schöne, simple Idee, mit der komplizierte<br />

Prozesse transparenter gemacht<br />

werden können. Nicht nur Abfall und<br />

Ressourcenschutz, auch umweltfreundliche<br />

Mobilität, Energie sparen und<br />

viele weitere Themen können von der<br />

Umweltberatung bei Projektwochen,<br />

im Unterricht oder bei Eltern-Kind-<br />

Aktionen spielerisch und informativ<br />

eingebracht werden.<br />

Terminvereinbarungen, telefonisch<br />

oder per E-Mail unter: Verbraucherzentrale<br />

Kamen, Telefon 02307 79990,<br />

www.kamen.umwelt@vz-nrw.de oder<br />

Umweltinfostelle <strong>Unna</strong>, Telefon: 02303<br />

592505, unna.umwelt@vz-nrw.de.<br />

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58<br />

Umweltpädagogik<br />

� Erst provozieren, dann diskutieren! – Umweltpädagogik mal anders<br />

Laienschauspieler machen (Straßen-)theater<br />

Nicht nur Theater: Spielerisch mit den Kamener Bürgern über das Thema Sauberkeit ins Gespräch kommen. Foto: GWA<br />

von Andreas Hellmich und<br />

Dorothee Weber<br />

Provokant und nachhaltig: Für das<br />

zehnjährige Jubiläum des erfolgreichen<br />

Projektes „Saubere Stadt<br />

Kamen“ initiierte die Gesellschaft für<br />

Wertstoff- und Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> (GWA) ein provozierendes<br />

Straßentheater. Das Ziel: Mit Kamener<br />

Bürgern über die Sauberkeit der<br />

Stadt ins Gespräch kommen.<br />

Die Öffentlichkeitsarbeiter der GWA<br />

suchten und fanden in der Laienschauspielgruppe<br />

„Volksbühne 20 Oberaden<br />

e.V.“ einen interessierten, um nicht zu<br />

sagen begeisterten Kooperationspartner.<br />

Besonders die Jugendgruppe der<br />

Volksbühne zeigte sich angetan von der<br />

Idee, Leute auf diese Art und Weise auf<br />

die Müllproblematik aufmerksam zu machen.<br />

Spontan wurden die ersten Einfälle<br />

zu Papier gebracht. Gemeinsam mit der<br />

Abfallberatung wurden sechs Szenen<br />

entwickelt, die an belebten Tagen in der<br />

Kamener Innenstadt variabel eingesetzt<br />

und gespielt werden sollten.<br />

Ein Beispiel: Zwei Damen (der Schauspielgruppe)<br />

gehen plaudernd und Kaffee<br />

trinkend durch die Fußgängerzone.<br />

Der irgendwann entleerte Kaffeebecher<br />

wird direkt an Ort und Stelle fallengelassen.<br />

Jugendliche (ebenfalls Schauspieler)<br />

beschweren sich, es kommt<br />

zum kontroversen Streitgespräch. Andere,<br />

zufällig vorbeigehende Passanten


mischen sich ein – manche, nachdem<br />

sie zunächst einige Zeit beobachtend<br />

daneben gestanden haben. Kurz vor<br />

der „Eskalation“ wird die Szene von<br />

den GWA-Abfallberatern aufgelöst und<br />

den überraschten Bürgern erklärt. Direkt<br />

anschließend werden Give-aways (z. B.<br />

Stofftaschen mit dem Projektsignet)<br />

verteilt und über die Problematik „Stadtsauberkeit“<br />

gesprochen. Es entstehen<br />

lebhafte Diskussionen zwischen den<br />

Bürgern, die oft auch fortgeführt werden,<br />

nachdem die Theatergruppe und<br />

die Abfallberatung bereits den Standort<br />

gewechselt haben.<br />

� Realitätsnah initiiert<br />

So spielten an einem Samstagvormittag<br />

im Mai 2011 die Jugendgruppe<br />

der Volksbühne mit Erwachsenen in der<br />

belebten Kamener Fußgängerzone insgesamt<br />

vier verschiedene Szenen. Das<br />

Straßentheater wurde von allen Beteiligten<br />

als sehr positive Aktion empfunden<br />

und die Zuschauer begrüßten diese Art<br />

der Aufmerksamkeitserzeugung als sehr<br />

wirkungsvoll und originell; teilweise<br />

sorgte die realitätsnahe Inszenierung<br />

für ein energisches Einschreiten von<br />

Passanten. Die sich im Hintergrund<br />

befindlichen Erwachsenen (Schauspielgruppe/Abfallberatung)<br />

konnten aber<br />

immer für ein schnelles Aufklären der<br />

Situation sorgen. Interessanterweise<br />

blieb der Überraschungseffekt, trotz der<br />

Nähe eines Informationsstandes der Abfallberatung<br />

(Entfernung weniger als 20<br />

Meter) nie aus. Auch die Wiederholung<br />

einiger Szenen vom erstmaligen Einsatz<br />

im Vorjahr verringerte die Überraschung<br />

bei den Bürgern in keiner Weise.<br />

� Mission erfüllt<br />

Als Fazit und Erfahrung aller Beteiligten<br />

in Kamen ist festzuhalten, dass<br />

sich Straßentheater – als Instrument der<br />

Öffentlichkeitsarbeit und als umweltpädagogische<br />

Maßnahme – sehr gut eignet,<br />

um mit den Bürgern ins Gespräch<br />

zu kommen und Öffentlichkeit für das<br />

Thema „Stadtsauberkeit“ herzustellen.<br />

Diese Aktionsform ist zudem so originell,<br />

dass auch über ansonsten schwer<br />

kommunizierbare, unattraktive Themen<br />

– wie das Thema Müll – längere Zeit<br />

angeregt gesprochen und diskutiert<br />

wird.<br />

Auf einen positiven Nebeneffekt sei<br />

abschließend hingewiesen: Praktisch<br />

nebenbei sorgten die jugendlichen<br />

Schauspieler auf erfrischende und<br />

engagierte Art und Weise dafür, das<br />

Bild der Müll verursachenden, unordentlichen<br />

Jugendlichen ein wenig zu<br />

korrigieren. Müllverursacher findet man<br />

in allen Generationen – Menschen, die<br />

sich gegen solche Verschmutzungen<br />

engagieren, zum Glück auch.<br />

Umweltpädagogik<br />

Kurz vorgestellt<br />

Seit 2001 führt die Stadt Kamen<br />

gemeinsam mit der Gesellschaft für<br />

Wertstoff- und Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> (GWA) das Projekt „Gemeinsam<br />

für ein sauberes Kamen“ durch.<br />

Täglich – bis auf wenige Feiertage<br />

– sind die Mitarbeiter des Projektes in<br />

der Stadt unterwegs. Sie sammeln auf<br />

dem Boden liegende Abfälle ein, leeren<br />

öffentliche Papierkörbe, beseitigen<br />

wilde Kippen und reinigen die Containerstandorte.<br />

Das Projekt ist nicht nur<br />

auf eine nachgeschaltete Reinigung<br />

angelegt, es verfolgt gleichzeitig auch<br />

einen präventiven Ansatz. Deshalb<br />

gehört seit Projektbeginn neben den<br />

Reinigungsleistungen als wesentlicher<br />

Baustein auch eine intensive, begleitende<br />

Umweltpädagogik und zielgruppenorientierte<br />

Öffentlichkeitsarbeit zum<br />

Gesamtkonzept.<br />

So wurden in den ersten Jahren des<br />

Projektes in Kamen viele Instrumente<br />

der Öffentlichkeitsarbeit und Abfallberatung<br />

eingesetzt: wie Infostände,<br />

Aktionen (insb. in Schulen/Jugendheimen),<br />

Vorträge, Flyer und Plakate. Wegen<br />

der – trotz eng begrenztem Budget<br />

– hohen Kreativität und Professionalität<br />

der Umsetzung wurde das Projekt bereits<br />

vom VKS (Verband kommunale<br />

Abfallwirtschaft und Stadtreinigung)<br />

ausgezeichnet.<br />

59


60<br />

Umweltpädagogik<br />

� Abfallberatung im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> – Kreative Umweltbildung für den Nachwuchs<br />

Das geht auch dich was an!<br />

von Andreas Hellmich und<br />

Kai-Uwe Schneider<br />

Informieren, motivieren und einen<br />

Beitrag zu einer umweltfreundlichen<br />

und bürgernahen Abfallwirtschaft<br />

zu leisten sowie als Ansprechpartner<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> bereit stehen – das<br />

ist die Aufgabe der Abfallberatung<br />

der Gesellschaft für Wertstoff- und<br />

Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> mbH.<br />

Seit ihrer Gründung im Jahr 1993 ist<br />

die GWA als operative Führungsgesellschaft<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> für die<br />

<strong>Kreis</strong>lauf- und Abfallwirtschaft verantwortlich<br />

– im Auftrag des <strong>Kreis</strong>es<br />

und in enger Abstimmung mit den<br />

zehn Städten und Gemeinden.<br />

Letztlich sind gerade Entsorgungsunternehmen<br />

der öffentlichen Hand<br />

zu nachhaltigem Wirtschaften auf hohem<br />

ökologischen Niveau verpflichtet.<br />

Gleichzeitig ist aber auch für die rund<br />

170.000 Haushalte im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und<br />

Hunderte von Industrie-, Handels- und<br />

Gewerbebetrieben langfristige Entsorgungssicherheit<br />

und geringstmögliche<br />

Gebührenbelastung zu gewährleisten.<br />

Diese Ziele können nur in Zusammenarbeit<br />

von öffentlichen Entsorgungsträgern<br />

und den Menschen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> erreicht<br />

werden. Der Ansatz der Abfallberatung<br />

beginnt nicht bei der Verwertung. Die<br />

erste Priorität hat die Abfallvermeidung.<br />

Die übergeordneten abfallwirtschaftlichen<br />

Ziele „vermeiden/vermindern vor<br />

verwerten vor umweltfreundlich beseitigen“<br />

bestimmen dauerhaft die Kernziele<br />

der GWA-Abfallberatung.<br />

� Umwelt- und Abfallpädagogik<br />

Adressaten der GWA-Abfallberatung<br />

sind insbesondere die Privathaushalte,<br />

öffentliche Einrichtungen, wie Schulen<br />

und Kindergärten sowie die an die Hausmüllabfuhr<br />

angeschlossene Industrie-,<br />

Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe.<br />

Von großer Bedeutung sind die einzelnen<br />

Zielgruppen, damit die geeigneten<br />

Instrumente und Maßnahmen für die<br />

“richtige Ansprache“ gewählt werden<br />

können. In diesem Beitrag soll speziell<br />

die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen<br />

hervorgehoben werden. Denn diese<br />

stehen Umweltthemen vielfach deutlich<br />

aufgeschlossener gegenüber als Erwachsene.<br />

Folglich lassen sie sich besonders<br />

gut für wichtige Fragen zur Thematik<br />

Abfall und Umwelt sensibilisieren. Quasi<br />

als „Nebeneffekt“ werden über die Kinder<br />

auch deren Eltern einbezogen. Das<br />

macht die Arbeit mit dieser Zielgruppe<br />

besonders effektiv und deshalb ist die<br />

umwelt- bzw. abfallpädagogische Arbeit<br />

mit Kindern auch Schwerpunktaufgabe<br />

der GWA-Abfallberatung.<br />

Um im Hinblick auf ihre umwelt- und<br />

abfallwirtschaftlichen Ziele die eigenen<br />

Ressourcen möglichst effektiv einzusetzen,<br />

sind für die Arbeit der GWA-Abfallberatung<br />

neben der Ausrichtung auf<br />

Zielgruppen drei weitere so genannte<br />

„Leitlinien“ maßgebend: der Einbezug<br />

und die Unterstützung von Multiplikatoren<br />

(insbesondere Lehrer- und<br />

ErzieherInnen), die Zusammenarbeit mit<br />

Kooperationspartnern (z. B. Sponsoren)<br />

sowie der aktions- und projektorientierte<br />

Charakter der einzelnen Maßnahme.<br />

Der schonende Umgang mit den natürlichen<br />

Ressourcen lässt sich nicht an<br />

einem Tag erlernen, es ist vielmehr ein<br />

stetiger Prozess. Gerade im Kindergar-


ten- und Grundschulalter lässt sich für<br />

die Abfallvermeidung und Abfallsortierung<br />

erforderliches Grundlagenwissen<br />

und auch eine entsprechende Handlungsmotivation<br />

in spielerischer und für<br />

die Kinder interessanter Weise vermitteln,<br />

auf das in den weiterführenden<br />

Schulen aufgebaut werden kann.<br />

Hier einige Beispiele für die Arbeit der<br />

GWA-Abfallberatung:<br />

� Aktionen für Kinder<br />

Für die umweltpädagogische Arbeit<br />

stellt die Abfallberatung „Medienkisten“<br />

mit den Schwerpunktthemen Kompost,<br />

Papier, Kunststoffe, Glas, Metall und<br />

Schadstoffe zur Verfügung. Darin finden<br />

sich Unterrichtsmaterialien, Fachbücher,<br />

DVDs sowie diverses Aktions- und<br />

Anschauungsmaterial. Diese Zusammenstellungen<br />

liefern Anregungen und<br />

Stoff für Unterrichtsstunden, Referate,<br />

Projekt- oder Aktionstage und ersparen<br />

somit aufwändige Recherchen seitens<br />

der Pädagogen. Jede Medienkiste kann<br />

unentgeltlich für einen Zeitraum von bis<br />

zu zwei Monaten bei der GWA-Abfallberatung<br />

entliehen werden.<br />

Das „Willi-Wurm-Sortierspiel“ wurde<br />

durch die GWA-Abfallberatung entwickelt,<br />

um bereits die Jüngsten spielerisch<br />

für die Abfalltrennung zu sensibilisieren.<br />

Jeder „Spieler“ erhält eine beliebige<br />

Anzahl (fotografierter) Abfälle, die mög-<br />

lichst richtig zu sortieren sind. Das Spiel<br />

wird vielfach zur Übung der allgemeinen<br />

Abfalltrennung oder zur Einführung bzw.<br />

Fortführung eines Abfalltrennsystems in<br />

Kindergarten oder Grundschule eingesetzt.<br />

Die „Wurmkiste“ ist ein ideales<br />

System, um auch bei Platzmangel die<br />

Kompostierung als <strong>Kreis</strong>lauf der Natur<br />

praxisnah und eindrucksvoll zu vermitteln:<br />

Ein einzigartiges Biotop voller Lebewesen.<br />

Die Entstehung von Kompost<br />

wird zum Erlebnis. Nebenbei lernen die<br />

Kinder grundsätzlich den <strong>Kreis</strong>laufgedanken<br />

kennen: wie aus Abfällen wieder<br />

etwas Neues entsteht.<br />

Umweltpädagogik<br />

Mit Willi Wurm spielerisch Abfall sortieren. Fotos: GWA<br />

� Führungen<br />

Frei nach dem chinesischen Sprichwort<br />

„Einmal sehen ist besser als hundertmal<br />

hören!“ bietet die Abfallberatung auch<br />

Führungen beziehungsweise Betriebsbesichtigungen<br />

an. Insbesondere das<br />

Kompostwerk in Fröndenberg-Ostbüren<br />

ist oft das Ziel von Schulklassen und<br />

anderen Besuchergruppen.<br />

Eine Führung am Kompostwerk lässt<br />

sich zudem sinnvoll mit der Besichtigung<br />

der Müllverbrennungsanlage in Hamm<br />

kombinieren. Nach Kennenlernen der<br />

Hintergründe und Funktionsweise der<br />

großtechnischen Kompostierung – von<br />

61


der Anlieferung des Bioabfalls über die<br />

computergesteuerte Rotte bis hin zum<br />

fertigen Kompost – kann man sich in<br />

der MVA ein Bild davon machen, was<br />

mit dem nicht verwertbaren Restmüll<br />

geschieht.<br />

Zur praxisnahen Vermittlung des<br />

natürlichen Kompostierungsprozesses<br />

im Wald finanziert und organisiert die<br />

GWA-Abfallberatung jährlich kreisweit<br />

30 Schulklassen einen interessanten und<br />

zugleich lehrreichen Besuch der Waldschule<br />

Cappenberg. Zur Unterstützung<br />

der Vor- beziehungsweise Nachbereitung<br />

des Themas im Klassenzimmer<br />

stellt die Abfallberatung umfassendes<br />

Unterrichtsmaterial bereit.<br />

� Brotdosen zur Abfallvermeidung<br />

Ein Beispiel für einen konkreten und<br />

gezielten Beitrag zur Abfallvermeidung<br />

ist die Aktion „Umweltfreundlicher<br />

Schulbeginn“. Mit Unterstützung mehrerer<br />

Sponsoren werden bereits seit 1998<br />

kreisweit alle (in 2011 rund 4.000) Erstklässler<br />

mit kostenlosen Proviantdosen<br />

für die Pausenverpflegung ausgestattet.<br />

Durch die Kontinuität dieses Projektes ist<br />

es gelungen, die letzten 14 (!) kompletten<br />

Einschulungsjahrgänge im gesamten<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (mit insgesamt rund 69.000<br />

Schülern) ohne Unterbrechung mit den<br />

Abfall sparenden Brotdosen auszustatten.<br />

Schüler und Eltern werden dazu<br />

62<br />

Umweltpädagogik<br />

angeregt, mit der Verwendung von<br />

Brotdosen (anstatt Tüten oder Alufolie)<br />

tagtäglich einen eigenen kleinen Beitrag<br />

zum Umweltschutz zu leisten.<br />

� CD-Projekt „Ist dir das egal?“<br />

Mit Fragen wie „Scherben auf dem<br />

Radweg? Dein Lieblingsplatz total<br />

vermüllt? Chaos in der Mülltonne?<br />

Vandalismus an deiner Schule? – Nervt<br />

dich das?“ hat die GWA-Abfallberatung<br />

die Jugendlichen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

konfrontiert. Auf dem entsprechenden<br />

Internetportal www.istdirdasegal.<br />

de und bei zahlreichen Aktionen an<br />

weiterführenden Schulen wurde zum<br />

Live im Tonstudio.<br />

Upload entsprechender Video-, Fotooder<br />

Textbeiträge aufgerufen. Diejenigen<br />

Teilnehmer, deren Beiträge zu den<br />

besten gehörten, konnten im Tonstudio<br />

von KicoMedia in Schwerte an der Produktion<br />

einer CD mitwirken. Ziel war<br />

und ist es, dass sich die Jugendlichen<br />

in ihrem persönlichen Umfeld mit der<br />

Thematik Abfall und Umwelt intensiv<br />

und kreativ auseinander setzen und auf<br />

ihre Weise Missstände aufzeigen. Die<br />

Einbeziehung dieser Zielgruppe ist ein<br />

zentrales Element bei der Sensibilisierung<br />

für das Thema „Abfall und Umwelt“<br />

und bei der Bekämpfung des „Littering“<br />

(achtloses Wegwerfen und Liegenlassen<br />

von Abfall). Prominente Unterstützung<br />

lieferten Videoclips u. a. von Lars Ricken<br />

(BVB) sowie Lothar Baltrusch (Antenne<br />

<strong>Unna</strong>) und Oliver Beerhenke (Upps,<br />

die Pannenshow/RTL). Die inzwischen<br />

fertig gestellte CD „Ist dir das egal?“ ist<br />

bei der GWA-Abfallberatung erhältlich.<br />

Schulen und andere öffentliche Einrichtungen<br />

erhalten die CD kostenlos.<br />

Stadt- und Gemeindebüchereien haben<br />

sie in ihr Angebot aufgenommen. Das<br />

Internetportal www.istdirdasegal.de<br />

besteht weiterhin. Wer Fragen zur Arbeit<br />

der GWA-Abfallberatung hat, kann sich<br />

am gebührenfreien Servicetelefon unter<br />

0 800 400 1 400 (Festnetz im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong>) oder unter www.gwa-online.de<br />

informieren.


� NAJU-Regionalbetreuerin wirbt für mehr Kindergruppen in der Region<br />

Neue (junge) Umweltschützer braucht das Land<br />

Wollen die Umwelt schützen: NAJU-Mitglieder in Hamm und im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Fotos: Schulz<br />

von Sandra Schulz<br />

Spaß mit Menschen zu diskutieren<br />

und sie für die Natur begeistern: Das<br />

will Sandra Schulz. Als Naturschutzjugend-Regionalbetreuerin<br />

(NAJU)<br />

sucht und unterstützt sie seit Mai<br />

2011 neue und erfahrene NAJU-<br />

Gruppenleiter im Naturschutzbund<br />

Deutschland e.V. (NABU) Stadtverband<br />

Hamm, dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und<br />

dem Märkischen <strong>Kreis</strong>.<br />

Die 33-jährige Diplom-Landschaftsökologin<br />

ist seit Jahren als Jugendreferentin<br />

im NABU Märkischer <strong>Kreis</strong> aktiv und leitet<br />

Umweltpädagogik<br />

dort mehrere NAJU-Kindergruppen,<br />

macht umweltpädagogische Führungen<br />

mit Schulen und Kindergärten und setzt<br />

sich im Namen der Naturschutzverbände<br />

für den Naturschutz auf gesetzlicher<br />

Ebene ein. Sie möchte potenzielle ehrenamtliche<br />

Gruppenleiter motivieren,<br />

Kindern die Natur näher zu bringen und<br />

63


von der eigenen Begeisterung für die<br />

Natur anstecken. Beim Aufbau neuer<br />

NAJU-Gruppen vor Ort unterstützt<br />

Sandra Schulz bei der Suche nach neuen<br />

Gruppenleitern und hilft ihnen bei der<br />

Programmgestaltung, der Öffentlichkeitsarbeit,<br />

Raumsuche und weiteren<br />

Fragen. Die Gruppen vor Ort sollen<br />

untereinander vernetzt werden, so dass<br />

ein reger Austausch stattfinden kann.<br />

Mit regionalen Fortbildungsangeboten<br />

soll den Betreuern der Einstieg in die<br />

ehrenamtliche Umweltbildung erleichtert<br />

werden.<br />

� Neue NAJU-Kindergruppe<br />

Die ersten neuen NAJU-Kindergruppen<br />

sind bereits gestartet. Seit Anfang<br />

Mai treffen sich rund 15 Kids vierzehntägig<br />

zum Ausflug in die Natur auf dem<br />

64<br />

Umweltpädagogik<br />

Der Nachwuchs ist gefragt: Junge Kids für die Umwelt gesucht.<br />

Stiftungshof in Iserlohn-Kalthof. Beim<br />

ersten Treffen wurde ein nahe gelegener<br />

Bach untersucht und typische Wassertiere,<br />

wie die Eintagsfliegenlarve, mit<br />

Kescher und Becherlupe entdeckt. Die<br />

aus Kindergartenkindern bestehende<br />

Gruppe in Schwerte jagt seit Anfang Juli<br />

Schmetterling und Co. über die Wiese,<br />

um diese genauer zu betrachten. Im<br />

September schlossen sich die Jugendlichen<br />

aus Hamm und <strong>Unna</strong> zusammen.<br />

Nachdem sich die Hammer Gruppe in<br />

der Vergangenheit ausschließlich mit<br />

praktischem und die <strong>Unna</strong>er Kids schwerpunktmäßig<br />

mit politischem Naturschutz<br />

auseinandergesetzt haben, wird sich die<br />

neue Gruppe in Zukunft beidem widmen.<br />

Mit Fachvorträgen zu wichtigen Naturschutzthemen,<br />

spannenden Exkursionen<br />

für Kinder und Erwachsene und Diskus-<br />

sionsrunden möchten sie in der Zukunft<br />

lokalen und politischen Naturschutz<br />

verbinden. Im Laufe des Oktobers gingen<br />

weitere zwei Kindergruppen in Pillingsen<br />

und Schalksmühle im Märkischen <strong>Kreis</strong> an<br />

den Start. Auch für diese Gruppen gab<br />

es ein Startpaket mit Becherlupen und<br />

Bestimmungsmaterial, das von der nordrhein-westfälischen<br />

Stiftung für Umwelt<br />

und Entwicklung gesponsert wurde. Weitere<br />

NAJU-Gruppen sind im kommenden<br />

Frühjahr für Lünen-Brambauer, Fröndenberg<br />

und Menden geplant. Hier werden<br />

zurzeit Räumlichkeiten oder Verstärkung<br />

in der Gruppenleitung gesucht.<br />

Für alle Gruppenleiter und die, die es<br />

werden wollen, werden Jugendgruppenleiter-<br />

und Artenkenntnisseminare sowie<br />

ein Seminar zum NAJU-Wettbewerb „Erlebter<br />

Frühling“ angeboten. Diese finden<br />

zum Teil in der Region, zum Beispiel auf<br />

der Ökologiestation des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> in<br />

Bergkamen, statt.<br />

� Interesse geweckt?<br />

Wenn Sie neugierig geworden sind<br />

und Spaß an der Natur und im Umgang<br />

mit Kindern haben, dann ist die<br />

Betreuung einer NAJU-Kinder- oder<br />

Jugendgruppe genau das Richtige für<br />

Sie! Melden Sie sich beim NAJU NRW-<br />

Team (www.naju-nrw.de) oder bei Ihrer<br />

NAJU-Regionalbetreuerin Sandra Schulz,<br />

E-Mail: sandra.schulz@naju-nrw.de.


� Buchbesprechung<br />

Das letzte Kind im Wald?<br />

von Birgit Manz<br />

Kinder, die unbeaufsichtigt und frei<br />

in der Natur spielen, sind heutzutage<br />

rar geworden. Zum einen fehlen<br />

an vielen Orten die naturnahen<br />

Spielräume in Wohnungsnähe. Zum<br />

zum anderen haben sich die gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen,<br />

unter denen Kinder groß werden, in<br />

den letzten Jahren radikal geändert.<br />

Die Verplanung der Kindheit durch Erwachsene,<br />

Zeitmangel und ein Überangebot<br />

an vor allem elektronischen Medien<br />

sind einige der Gründe. So kommt<br />

es zu einer Entfremdung der Menschen<br />

von der Natur, zu einer „Naturdefizit-<br />

Störung“, wie Louv es bezeichnet. Die<br />

Konsequenzen dieses Entfremdungsprozesses<br />

sind zunehmende körperliche und<br />

emotionale Erkrankungen (Übergewicht,<br />

Depressionen), Aufmerksamkeitsprobleme<br />

(ADS und ADHS) und soziale Inkompetenz<br />

bei den Heranwachsenden. Dies<br />

ist das Kernthema, um das sich das Buch<br />

des Journalisten und Umweltaktivisten<br />

Richard Louv aus den USA dreht.<br />

Der Titel wird hoffentlich nicht Realität.<br />

Dabei plädiert der Autor in erster<br />

Linie aber nicht für mehr pädagogisch<br />

angeleitete Umweltbildung mit dem<br />

erhobenen Zeigefinger, denn über die<br />

drohende Natur- und Umweltzerstörung<br />

sind fast alle Kinder gut informiert.<br />

Es fehlen heute die positiv besetzten<br />

Naturerlebnisse, der Aufenthalt und<br />

das Spielen im Freien, der Umgang mit<br />

Umweltpädagogik<br />

Naturmaterialien sowie das Erleben der<br />

vielfältigen Sinneserfahrungen und die<br />

Bewältigung von körperlichen Herausforderungen,<br />

die die Natur bereit hält.<br />

Eine Vielzahl von Anregungen in zweiten<br />

Teil des Buches zeigt auf, wie Eltern, Pädagogen<br />

oder Planer helfen können, den<br />

Kindern die Natur zurück zu geben.<br />

Das Besondere dieses Buches sind<br />

die Gespräche und Interviews, die der<br />

Autor mit Wissenschaftlern, Ärzten, Pädagogen,<br />

Umweltschützern, Eltern und<br />

Kindern geführt hat. Deren Arbeiten und<br />

Erfahrungen beleuchten die unterschiedlichen<br />

Facetten dieser breit gefächerten<br />

Thematik. Die vielen gesammelten Geschichten<br />

des Autoren aus seiner Familie<br />

oder von Freunden, die ihre Erfahrungen<br />

in der Natur schildern, sind anschaulich,<br />

anregend und nachdenklich. An einigen<br />

Stellen gibt es zu ausgewählten Themen<br />

gekennzeichnete Einschübe, die nicht<br />

vom Autoren stammen und die sich<br />

direkt auf Deutschland beziehen.<br />

Fazit: Ein lesenswertes Buch für alle,<br />

die sich für das Thema Naturentfremdung<br />

und Umweltbildung interessieren<br />

mit vielen Denkanstößen zum Handeln.<br />

65


66<br />

Flora & Fauna<br />

� Daten zum Lebeweseninventar<br />

Beiträge zur Organismenwelt<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> VIII<br />

Pleurotus pulmonarius – Lungenseitling. Foto: Hellmann<br />

von Götz Heinrich Loos, Hans<br />

Jürgen Geyer, Erhard Hellmann,<br />

Karin Margenburg und Bernd<br />

Margenburg<br />

Der vorliegende Aufsatz bringt eine<br />

achte Zusammenstellung von Fundmitteilungen<br />

und sonstigen Beobachtungen<br />

betreffend Organismen-<br />

arten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, anschließend<br />

an Beiträge in vorhergehenden<br />

<strong>Naturreport</strong>-Jahrbüchern.<br />

Anordnung und sonstige Darstellungsweise<br />

sind bei Loos (2002 in<br />

<strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> 6:<br />

83-90) erläutert. Rasterfeldangaben<br />

beziehen sich auf die Topografische<br />

Karte (TK) 1:25.000, Blätter geteilt in<br />

jeweils <strong>16</strong> Felder (Viertelquadranten).<br />

Für weitere Zusammenstellungen bitten<br />

wir um Mitteilung beobachteter Organismenarten<br />

sowie gegebenenfalls von<br />

Auffälligkeiten im Zusammenhang mit<br />

diesen (Verhalten, abweichende Zeiten<br />

des Auftretens, besondere Lebensräume


usw.). Grundsätzlich sind alle Angaben<br />

interessant, auch z. B. für offensichtlich<br />

häufige Mikropilz- und Insektenarten,<br />

da von vielen Arten noch nicht fachöffentlich<br />

bekannt ist, dass sie überhaupt<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> vorkommen. Wir bringen<br />

deshalb bei Gelegenheit ebenfalls ältere<br />

Nachweise, sofern sie bislang nicht oder<br />

verkürzt an anderer Stelle publiziert wurden.<br />

Wir sind für alle diesbezüglichen<br />

Mitteilungen dankbar, wenn auch die<br />

Resonanz leider bisher gering war und<br />

oft nur auf Nachfrage Beiträge geliefert<br />

worden sind. Vor allem Angaben zu<br />

Tieren werden nachdrücklich erbeten, da<br />

das Schwergewicht dieses Beitrages wie<br />

der meisten Vorgänger u.a. wegen der<br />

Aktivitäten der NABU-Botanik-AG auf<br />

Moosen, Flechten und Pilzen liegt.<br />

Finderkürzel:BotAG = Exkursionen der Botanik-AG<br />

des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes <strong>Unna</strong><br />

(vor allem mit A. Bienengräber, D. Büscher,<br />

H. J. Geyer, E. Heckmann, E. Hellmann, G.<br />

H. Loos, B. & K. Margenburg);<br />

BMg = B. Margenburg; GL = G. H. Loos;<br />

– He = E. Hellmann; – HJG = H. J. Geyer<br />

1. Großpilze<br />

Eine erste Gesamtübersicht der<br />

Großpilze des <strong>Kreis</strong>gebietes findet sich<br />

in einem gesonderten Beitrag von Hellmann,<br />

Träger & Loos (im vorliegenden<br />

Jahrbuch) mit allgemeinen Angaben zu<br />

den Kommunen, in der die jeweiligen<br />

Arten nachgewiesen wurden. An dieser<br />

Stelle setzen wir konkrete Angaben zu<br />

Vorkommen und zur Verbreitung von<br />

Großpilzarten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> fort.<br />

� Amylostereum areolatum –<br />

Braunfilziger Schichtpilz<br />

Erstnachweis im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>: Bergkamen,<br />

an Fichte in Garten an der Schulstraße<br />

Flora & Fauna<br />

Ischnoderma resinosum – Laubholz-Lackporling. Foto: Hellmann<br />

– 4311/43 (2011 GL).<br />

� Ischnoderma reginosum –<br />

Laubholz-Harzporling<br />

Diese seltene Art fruktifiziert regelmäßig<br />

seit einigen Jahren an einem stark vermorschenden<br />

Buchenstamm in Bergkamen-<br />

Weddinghofen, Mühlenbruch – 4411/21<br />

(2008, 2009, 2010, 2011 He).<br />

67


� Mutinus ravenelii –<br />

68<br />

Himbeerrote Hundsrute<br />

Flora & Fauna<br />

Mutinus ravenelii – Himbeerrote Hundsrute. Foto: Hellmann<br />

In einem Garten in Bergkamen an der<br />

Straße „Am Alkenbach“ – 4311/43<br />

(2010 He).<br />

� Pleurotus pulmonarius –<br />

Lungenseitling<br />

Auf einem Buchenstamm im Heerener<br />

Holz in Kamen-Heeren – 4412/11 (2008<br />

He).<br />

� Volvariella surrecta –<br />

Parasitischer Scheidling<br />

Diese seltene Art konnte in allen Phasen<br />

seines Wachstums beobachtet<br />

werden. Der Pilz fruktifiziert meistens<br />

auf Clitocybe nebularis (Nebelgrauer<br />

Röteltrichterling). Beobachtet in Bergkamen-Weddinghofen,<br />

Mühlenbruch<br />

– 4411/21 (2010 He).<br />

2. Mikropilze<br />

� Melampsora euphorbiae –<br />

Wolfsmilchrost<br />

Auf Garten-Wolfsmilch im Innenstadtbereich<br />

von Kamen zerstreut, öfter<br />

in der Siedlung an der Derner Straße<br />

– 4411/22, 4412/11 (2009 ff. GL).<br />

� Puccinia punctiformis –<br />

Ackerdistelrost<br />

Im <strong>Kreis</strong>gebiet verbreitet, besonders in<br />

großen Beständen der Acker-Kratzdistel.<br />

Möglicherweise am häufigsten in der Lippeaue,<br />

hier in manchen Beständen an fast<br />

jedem Individuum, z. B. Bergkamen-Heil,<br />

hinter der Ökologiestation – 4311/41<br />

(zuerst um 1985, noch 2011, GL).<br />

� Puccinia taraxaci –<br />

Löwenzahnrost<br />

Auf Löwenzahnarten verbreitet, örtlich<br />

vor allem auf Taraxacum laticordatum, so<br />

in Kamen, Innenstadtbereich – 4411/22,<br />

4412/11 und im Raum <strong>Unna</strong>-Mühlhausen<br />

– 4412/32 (seit den 1980er Jahren,<br />

noch 2011, GL).<br />

� Triphragmium ulmariae –<br />

Mädesüß-Dreiecksrost<br />

Auf Mädesüß im gesamtem <strong>Kreis</strong>ge-


iet regelmäßig. Massenvorkommen<br />

seit 1990 regelmäßig in Gräben und<br />

Feuchtwiesen um <strong>Unna</strong>-Mühlhausen<br />

– 4412/32 (noch 2011, GL).<br />

3. Flechten<br />

Eine aktualisierte Gesamtübersicht der<br />

im <strong>Kreis</strong>gebiet vorkommenden Arten<br />

wird in Kürze voraussichtlich auf der<br />

Homepage des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes<br />

<strong>Unna</strong> sowie (im Vergleich mit Befunden<br />

aus Bochum, Dortmund und Hamm) in<br />

der Zeitschrift „Dortmunder Beiträge<br />

zur Landeskunde“ publiziert werden.<br />

An letztgenannter Stelle werden auch<br />

die Fundorte der Neufunde und weiterer<br />

bemerkenswerter Arten publiziert.<br />

Deshalb beschränken wir uns hier auf<br />

eine kurz kommentierte Liste der 2010<br />

und 2011 neu nachgewiesenen und<br />

einigen aus Beobachtungen in früheren<br />

Jahren jetzt nachträglich identifizierten<br />

bzw. abgesicherten Arten, meist Kleinflechten:<br />

� Anisomeridium polypori –<br />

Schornsteinchen-Dünnkruste<br />

Übersehene Art; Nachweise in Bergkamen,<br />

Kamen, <strong>Unna</strong> und Holzwickede.<br />

� Bacidia naegelii –<br />

Großfrüchtige Knopfkruste<br />

Übersehene Art; Nachweise in Bergkamen<br />

und <strong>Unna</strong>.<br />

� Bacidina delicata –<br />

Sorediöse Knöpfchenkruste<br />

Übersehene Art; Nachweis in Bergkamen.<br />

� Bacidina neosquamulosa –<br />

Großfrüchtige Knöpfchenkruste<br />

Wohl übersehene, aber nicht häufige Art;<br />

nach einem ersten Nachweis in Dortmund<br />

auch in Bergkamen gefunden.<br />

� Bacidina sulphurella –<br />

Baumfuß-Knöpfchenkruste<br />

Hierher gehören wohl die meisten<br />

Vorkommen, die zuvor B. arnoldiana<br />

zugeschrieben wurden.<br />

� Buellia alboatra aggr. – Schwarzweiße<br />

Zwergstippenflechte<br />

Nachweise in Bergkamen und Kamen;<br />

wohl noch übersehen.<br />

� Buellia griseovirens –<br />

Graugrüne Zwergstippenflechte<br />

Wohl übersehen; gefunden in Lünen.<br />

� Caloplaca britannica aggr. –<br />

Schuppige Zitronenkruste<br />

Kritischer Komplex; hierher wohl Vorkommen<br />

in Kamen und <strong>Unna</strong>.<br />

� Caloplaca chlorina –<br />

Grüngraue Zitronenkruste<br />

Wohl übersehen; Nachweise in Bergkamen<br />

und <strong>Unna</strong>.<br />

Flora & Fauna<br />

� Caloplaca coronata aggr. –<br />

Mandarinen-Zitronenkruste<br />

Kritischer Komplex; hierher wohl<br />

Nachweise in Lünen und Bergkamen.<br />

� Candelariella medians –<br />

Gelappte Gelbkruste<br />

Nachweis in Bergkamen.<br />

� Cladonia floerkeana –<br />

Leuchtendrote Säulenflechte<br />

Hierher wohl alle Vorkommen von C.<br />

macilenta aggr. im <strong>Kreis</strong>gebiet.<br />

� Cladonia grayi aggr. –<br />

Braune Becherflechte<br />

Bisher übersehen, aber wohl selten;<br />

Nachweis aus Lünen.<br />

� Graphis scripta –<br />

Gewöhnliche Schriftflechte<br />

Erstnachweis im <strong>Kreis</strong>gebiet: Lünen.<br />

� Haematomma porphyrium –<br />

Stein-Blutaugenkruste<br />

Nachweise in Bergkamen, Kamen und<br />

<strong>Unna</strong>.<br />

� Hyperphyscia adglutinata – Angedrückte<br />

Kleinschwielenflechte<br />

Wohl zuvor übersehen, aber nachweislich<br />

mit starker Ausbreitung in der<br />

allerjüngsten Zeit; vor allem in Kamen<br />

und <strong>Unna</strong> schon mehrfach nachge-<br />

69


wiesen, auch in Lünen, Bergkamen<br />

und Bönen<br />

� Lecania cyrtella –<br />

Baum-Leuchtkrüstchen<br />

Zuvor übersehen, scheint ziemlich häufig<br />

zu sein; Nachweise in Lünen, Bergkamen,<br />

Kamen, Bönen, Holzwickede und<br />

<strong>Unna</strong>.<br />

� Lecania rabenhorstii –<br />

Stein-Leuchtkrüstchen<br />

Übersehen; gefunden in Bergkamen<br />

und <strong>Unna</strong>.<br />

� Lecanora barkmaniana –<br />

Ammoniak-Kuchenflechte<br />

Offensichtlich neu eingewandert; Nachweise<br />

je einmal in <strong>Unna</strong> und Kamen<br />

sowie auf vier Friedhöfen in Lünen.<br />

� Lecanora sambuci –<br />

Holunderrinden-Kuchenflechte<br />

Wohl übersehen und nicht selten; gefunden<br />

in Bergkamen, Kamen und <strong>Unna</strong>.<br />

� Lecanora subcarpinea –Berandete<br />

Glattborken-Kuchenflechte<br />

Erstnachweis: Bergkamen.<br />

� Lecanora symmicta –<br />

Wolbfrüchtige Kuchenflechte<br />

Wohl übersehen; Erstnachweis: Bergkamen.<br />

70<br />

Flora & Fauna<br />

� Lecanora umbrina –<br />

Ähnlichste Kuchenflechte<br />

Übersehene Art; Nachweise in Bergkamen<br />

und Kamen.<br />

� Lecidella carpathica –<br />

Dunkelschichtige Scheckenkruste<br />

Erstnachweis: Bergkamen; aber Abgrenzung<br />

zu L. stigmatea problematisch.<br />

� Melanelia<br />

Die Nomenklatur der hier vorkommenden<br />

Arten ist aufgrund systematischer Befunde<br />

aus DNA-Sequenzierungen berechtigt<br />

zu ändern; demnach kommen hier zwei<br />

von Melanelia zu trennende Gattungen<br />

mit folgenden Arten vor: Melanelixia mit<br />

M. glabratula und M. subaurifera sowie<br />

Melanohalea mit M. elegantula, M. exasperatula<br />

und M. laciniatula (letztgenannte<br />

Art, die Lappige Trübschüsselflechte,<br />

erstmalig im <strong>Kreis</strong> in Lünen gefunden)<br />

� Micarea prasina –<br />

Holz-Äugleinkruste<br />

Erstnachweis im <strong>Kreis</strong>: <strong>Unna</strong>, bereits<br />

2004 gefunden, kürzlich identifiziert;<br />

vermutlich sonst noch übersehen.<br />

� Opegrapha demutata –<br />

Weißgraue Schriftflechte<br />

Erstnachweis für den <strong>Kreis</strong> in <strong>Unna</strong> auf<br />

Exkursion der BotAG durch D. Gregor<br />

Zimmermann, Düsseldorf.<br />

� Opegrapha rufescens –<br />

Graubraune Schriftflechte<br />

Übersehen und scheinbar weit verbreitet;<br />

Erstnachweis von D. G. Zimmermann in<br />

<strong>Unna</strong> auf Exkursion der BotAG, danach<br />

in Lünen, Bergkamen, Kamen, Bönen,<br />

Holzwickede und an weiteren Stellen in<br />

<strong>Unna</strong> gefunden.<br />

� Pertusaria<br />

Die Vorkommen der weißlichgrauen<br />

Arten der Gattung konnten unlängst<br />

in der Zugehörigkeit geklärt werden;<br />

demnach sind P. amara – Bittere Pockenkruste<br />

und P. pertusa – Dicke<br />

Pockenkruste beide sehr zerstreut, jedoch<br />

mit unterschiedlicher Verteilung,<br />

erstere u.a. in der Lippeaue, letztere<br />

vor allem am Oberen Hellweg; P. flavida,<br />

die Gelblichgraue Pockenkruste,<br />

wurde in Bergkamen erstmals für den<br />

<strong>Kreis</strong> nachgewiesen; P. coccodes, die<br />

Braunrandige Pockenkruste, konnte<br />

kreisweit erstmalig in Kamen gefunden<br />

werden.<br />

� Placynthium nigrum –<br />

Schwarze Dunkelkruste<br />

Bisher verkannt, jetzt sicher nachgewiesen<br />

in Bergkamen und Kamen.<br />

� Porina aenea –<br />

Bronze-Olivfleckchen<br />

Übersehen und auch zuvor unsicher in


der Bestimmung; erstmals gesicherte<br />

Nachweise in Lünen, Bergkamen, Kamen<br />

und <strong>Unna</strong>.<br />

� Porina leptalea –<br />

Braunes Olivfleckchen<br />

Übersehene Art, aber wohl nicht häufig;<br />

Nachweise in Bergkamen und Kamen.<br />

� Rinodina pityrea –<br />

Blaugraue Plattenkruste<br />

Vermutlich häufiger, aber meist nur<br />

schwer identifizierbar; sichere Nachweise<br />

bis jetzt in Bergkamen, Kamen<br />

und <strong>Unna</strong>.<br />

� Strangospora pinicola –<br />

Braunfrüchtige Vielsporenkruste<br />

Meist schwer erkennbar, daher sicher<br />

übersehen; nachgewiesen in Bergkamen.<br />

� Thelocarpon magnussonii –<br />

Magnussons Staubkruste<br />

Auf BotAG-Exkursion in <strong>Unna</strong> von D.<br />

G. Zimmermann erstmals für den <strong>Kreis</strong><br />

nachgewiesen; vermutlich weit verbreitet,<br />

aber schwer zu finden und zu<br />

identifizieren.<br />

� Vezdaea leprosa –<br />

Metall-Krümelkruste<br />

Wohl übersehen; erster Nachweis in<br />

Kamen.<br />

4. Algen<br />

� Trentepohlia umbrina –<br />

Braunrote Luftalge<br />

Ähnlich wie T. aurea (vgl. „Beiträge<br />

zur Organismenwelt VII“) hat sich T.<br />

umbrina stark ausgebreitet und ist ein<br />

auffälliger Baumborkenbewohner, der<br />

die Borke stellenweise oder gänzlich<br />

braunrot färbt. Anders als T. aurea hat<br />

die Ausbreitung erst vor etwa 5 – 6<br />

Jahren verstärkt eingesetzt und hält bis<br />

heute an. Bevorzugt werden staubimprägnierte<br />

Bäume an Straßenrändern,<br />

in Hecken, teils auch in Gärten sowie<br />

Baumbestände in Auen. Die Art dürfte<br />

keinem TK-Rasterfeld im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

mehr fehlen, ist aber lokal noch selten<br />

oder fehlt ganz; so hat die Ausbreitung<br />

in die Innenstädte überwiegend erst<br />

begonnen.<br />

5. Moose<br />

Die Ausbreitung epiphytischer Arten<br />

konnte weiterhin verfolgt werden.<br />

Besonders reichhaltig in dieser Hinsicht<br />

war das Inventar an Orthotrichum-Arten<br />

am Geiseckesee in Holzwickede-<br />

Lappenhausen und in einem Feuchtbiotop<br />

in Holzwickede-Opherdicke.<br />

Beide im <strong>Kreis</strong>gebiet vorhandene<br />

Krausblattmoos-Arten (Ulota bruchii<br />

und U. crispa) haben sich enorm stark<br />

ausgebreitet, scheinen nirgendwo<br />

mehr gänzlich zu fehlen und häufig<br />

Flora & Fauna<br />

nebeneinander vorzukommen (so z.<br />

B. auf verschiedenen Friedhöfen in<br />

Lünen, in Bergkamen-Overberge am<br />

Overberger Busch, in <strong>Unna</strong> im Bornekamptal,<br />

in Holzwickede-Lappenhausen<br />

nahe Geiseckesee, in Schwerte bei<br />

der Rohrmeisterei).<br />

Weitere, z. T. biogeographisch<br />

bemerkenswerte Moosfunde wurden<br />

bei einer Inspektion der Aufschlüsse<br />

und Mergelkuhlen auf dem Haarstrang<br />

getätigt.<br />

� Anomodon attenuatus –<br />

Dünnästiges Trugzahnmoos<br />

Erster Nachweis eines epiphytischen<br />

Vorkommens im <strong>Kreis</strong>gebiet: Bergkamen-Weddinghofen,<br />

Parkfriedhof,<br />

an Stiel-Eiche – 4311/43 (2011 GL).<br />

Reagier t als Epiphyt empfindlich<br />

gegenüber Luftschadstoffen. Sonst:<br />

Fröndenberg-Frömern, Sandstein-<br />

Aufschluss an der K 26, auf ziemlich<br />

glatten, mit Kreidekalk-Staub bepuderten<br />

Sandstein-Stirnflächen – 4412/43<br />

(2010 BMg & HJG).<br />

� Aulacomnium androgynum –<br />

Zwittriges Streifensternmoos<br />

Vermutlich übersehen, aber im Hellweggebiet<br />

anscheinend nicht so verbreitet<br />

wie in anderen Regionen. Neunachweis:<br />

Bergkamen-Overberge, Overberger<br />

Busch – 4312/33 (2010 BotAG).<br />

71


� Barbula commutata –<br />

Wellenblättriges Bärtchenmoos<br />

Verbreitung und Häufigkeit im <strong>Kreis</strong>gebiet<br />

unzureichend bekannt. Im Südkreis<br />

neu gefunden: Holzwickede-Lappenhausen,<br />

am Bahnwald nahe Geiseckesee<br />

– 4511/24 (2010 BotAG).<br />

� Brachythecium glareosum –<br />

Haarspitzen-Kurzbüchsenmoos<br />

Wohl weitgehend übersehene Art auf<br />

Kalk und Mergel. Bergkamen-Overberge,<br />

Overberger Busch, auf Mittelstreifen<br />

eines mit Kalkschotter befestigten Weges<br />

– 4312/33 (2010 BotAG).<br />

� Brachythecium populeum –<br />

Pappel-Kurzbüchsenmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Mühlhausen, Lünerner Bachtal<br />

(Bimbergtal), auf freiliegenden Starkwurzeln<br />

und auf kleinen Kreidekalk-<br />

Scherben – 4412/32 (2010 BMg &<br />

HJG); Fröndenberg-Frömern, Sandstein-Aufschluss<br />

an der K 26 – 4412/43<br />

(2010 BMg & HJG); <strong>Unna</strong>-Billmerich,<br />

Sandstein-Aufschluss am westlichen<br />

Ortsrand – 4411/44 (2010 HJG);<br />

Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />

Büsche, auf kleinen Kreidekalk-Scherben<br />

– 4511/22 (2010 BMg & HJG).<br />

� Brachythecium rivulare –<br />

Bach-Kurzbüchsenmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse, zusam-<br />

72<br />

Flora & Fauna<br />

men mit Plagiomnium affine in flacher<br />

Rinne – 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />

� Bryum ruderale –<br />

Schutt-Birnmoos<br />

Holzwickede-Lappenhausen, Zuwegung<br />

zur Brücke am Einlauf des Geiseckesees<br />

– 4511/24 (2010 BotAG).<br />

� Climacium dendroides –<br />

Bäumchenmoos<br />

Lünen, Friedhof Nordlüner Mark, in Rasen<br />

mehrfach – 4311/31 (2011 GL).<br />

� Cryphaea heteromalla – Einseitswendiges<br />

Verstecktfruchtmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse, an Esche<br />

– 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />

� Ctenidium molluscum –<br />

Weiches Kammmoos<br />

Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />

Büsche, spärlich auf Kalkmergel<br />

– 4511/22 (2010 BMg & HJG).<br />

� Dicranum tauricum –<br />

Steifblättriges Gabelzahnmoos<br />

Die säuretolerante Art wurde in der<br />

Vergangenheit durch die sauren<br />

Immissionen gefördert und scheint<br />

aufgrund der Maßnahmen zur Luftreinhaltung<br />

wieder zurückzugehen.<br />

Bergkamen-Overberge, Overberger<br />

Busch – 4312/33 (2010 Bot AG);<br />

Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />

Büsche – 4511/22 (2010 BMg &<br />

HJG).<br />

� Didymodon insulanus –<br />

Insel-Doppelzahnmoos<br />

Bisher verkannte Art. Holzwickede-Lappenhausen,<br />

auf der Krone der niedrigen<br />

Mauer entlang der nördlichen Seite am<br />

Einlauf des Geiseckesees – 4511/24<br />

(2010 BotAG).<br />

� Didymodon sinuosus –<br />

Buchtiges Zwillingszahnmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Billmerich, Sandstein-Aufschluss<br />

am westlichen Ortsrand – 4411/44<br />

(2010 HJG).<br />

� Drepanocladus aduncus s. lat.–<br />

Krallenblatt-Sichelmoos<br />

Noch immer in <strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf<br />

der Kluse, in wassergefüllten Mulden<br />

– 4512/11 (2010 BMg & HJG). Dieses<br />

Großvorkommen wird seit etwa 1983<br />

beobachtet (GL), überwiegend oder<br />

gänzlich handelt es sich konkret um D.<br />

kneiffii = D. aduncus var. kneiffii.<br />

� Encalypta streptocarpa –<br />

Gedrehtfrüchtiges Glockenhutmoos<br />

Fröndenberg-Frömern, Sandstein-<br />

Aufschluss an der K 26, in Rissen und<br />

Spalten einer mäßig feuchten, halb-


schattigen, nördlich exponierten Fels-<br />

wand; Pflanzen ziemlich stark mit Kalk<br />

inkrustiert – 4412/43 (2010 BMg &<br />

HJG). Hier schon in den 1990er Jahren<br />

beobachtet (GL).<br />

� Eurhynchium pumilum –<br />

Zwerg-Schönschnabelmoos<br />

Leicht mit Amblystegium serpens<br />

zu verwechselnde Art. <strong>Unna</strong>-Mühlhausen,<br />

Lünerner Bachtal (Bimbergtal)<br />

– 4412/32 (2010 BMg & HJG); <strong>Unna</strong>-<br />

Kessebüren, Aufschluss im Kessebürener<br />

Bachtal, auf leicht übererdeter<br />

Kreidekalk-Scherbe – 4412/32 (2010<br />

BMg & HJG); Holzwickede-Ostendorf,<br />

Ostendorfer Büsche, auf Kalkmergel<br />

– 4511/22 (2010 BMg & HJG).<br />

� Eurhynchium striatum –<br />

Gestreiftes Schönschnabelmoos<br />

Im Flachland nicht häufige Art. Bodenmoos<br />

in reicheren Laubwäldern. Bergkamen-Overberge,<br />

Overberger Busch<br />

– 4312/33 (2010 BotAG); <strong>Unna</strong>-Billmerich,<br />

Auf der Kluse – 4512/11 (2010<br />

BMg & HJG).<br />

� Frullania dilatata –<br />

Breites Wassersackmoos<br />

Weiter in Ausbreitung befindliche epiphytische<br />

Art. Lünen, Friedhof Nord-<br />

Flora & Fauna<br />

Homalia trichomanoides – Streifenfarn-Flachmoos, an freiliegender Eschenwurzel. Foto: Margenburg<br />

lüner Mark, an Feld-Ahorn – 4311/31<br />

(2011 GL); Bergkamen-Weddinghofen,<br />

Parkfriedhof – 4311/43 (2011 GL);<br />

Bergkamen-Overberge, an Esche in<br />

wegebegleitenden Gehölzstreifen am<br />

Overberger Busch – 4312/33 (2010<br />

BotAG); <strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord,<br />

an Esche – 4412/31 (2011 BotAG);<br />

Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />

Büsche, an Esche – 4511/22 (2010<br />

BMg & HJG); Holzwickede-Opherdicke,<br />

Feuchtbiotop in der Feldflur Stennert, an<br />

Mandel-Weide – 4511/22 (2010 BMg &<br />

HJG); Holzwickede-Lappenhausen, an<br />

Bäumen und Sträuchern am Weg zwischen<br />

Eisenbahnbrücke und Geiseckesee<br />

73


– 4511/24 (2010 BotAG); <strong>Unna</strong>-Billme-<br />

rich, Auf der Kluse, an Berg-Ahorn und<br />

Esche – 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />

� Homalia trichomanoides –<br />

Streifenfarn-Flachmoos<br />

Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />

Büsche, bestandsbildend an Stammgrund<br />

und freiliegender Starkwurzel<br />

einer Esche – 4511/22 (2010 BMg &<br />

HJG).<br />

� Homalothecium lutescens –<br />

Gelbliches Seidenmoos<br />

Lünen-Süd, Friedhof am Süggelbach,<br />

in Rasen – 4411/11 (2011 GL); möglicherweise<br />

eingeschlepptes Vorkommen<br />

dieser kalktypischen Art, da Boden hier<br />

weitestgehend sandig und kalkfrei.<br />

� Homalothecium sericeum –<br />

Mauer-Seidenmoos<br />

Lünen, Friedhof Kirchhofstraße, Grabeinfassung<br />

– 4311/34 (2011 GL);<br />

Fröndenberg-Frömern, Sandstein-Aufschluss<br />

an der K 26 – 4412/43 (2010<br />

BMg & HJG).<br />

� Isothecium alopecuroides –<br />

Fuchsschwanzartiges Gleichbüchsenmoos<br />

Fröndenberg-Frömern, Sandstein-<br />

Aufschluss an der K 26, an einer<br />

mit Kreidekalk-Staub imprägnierten<br />

74<br />

Flora & Fauna<br />

Sandstein-Wand – 4412/43 (2010<br />

BMg & HJG).<br />

� Leskea polycarpa –<br />

Vielfrüchtiges Strauchmoos<br />

Fröndenberg-Frömern, Sandstein-Aufschluss<br />

an der K 26 – 4412/43 (2010<br />

BMg & HJG); Holzwickede-Lappenhausen,<br />

an Bäumen und Sträuchern<br />

am Weg zwischen Eisenbahnbrücke<br />

und Geiseckesee – 4511/24 (2010<br />

BotAG).<br />

� Metzgeria furcata –<br />

Gabel-Igelhaubenmoos<br />

Bergkamen-Overberge, an Eschen<br />

im Overberger Busch und Umgebung<br />

– 4312/33 (2010 BotAG); <strong>Unna</strong>, an<br />

Eschen im nördlichen Bornekamptal<br />

– 4412/31 (2011 BotAG); Holzwickede-Ostendorf,<br />

Ostendorfer Büsche,<br />

an Esche – 4511/22 (2010 BMg &<br />

HJG); <strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse,<br />

an Berg-Ahorn – 4512/11 (2010 BMg<br />

& HJG).<br />

� Orthotrichum lyellii –<br />

Lyells Goldhaarmoos<br />

Im Raum Lünen – Kamen – Bergkamen<br />

inzwischen an zahlreichen Stellen, z. B.<br />

2011 auf jedem Lüner Friedhof (GL);<br />

im Süden: <strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der<br />

Kluse, an Esche – 4512/11 (2010 BMg<br />

& HJG).<br />

� Orthotrichum obtusifolium –<br />

Stumpfblättriges Goldhaarmoos<br />

Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />

in der Feldflur Stennert, an Schwarzem<br />

Holunder – 4511/22 (2010 BMg & HJG);<br />

Holzwickede-Lappenhausen, an Esche<br />

im Wald am Geiseckesee – 4511/24<br />

(2010 BotAG).<br />

� Orthotrichum pallens –<br />

Blasses Goldhaarmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Mühlhausen, Kreidekalk-Aufschluss<br />

im Lünerner Bachtal, an Berg-<br />

Ahorn – 4412/32 (2010 BMg & HJG);<br />

Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />

in der Feldflur Stennert, an Mandel-<br />

Weide – 4511/22 (2010 BMg & HJG);<br />

Holzwickede-Lappenhausen, Wald am<br />

Geiseckesee, an Esche, 2 Sporophytengenerationen<br />

– 4511/24 (2010 BotAG).<br />

� Orthotrichum pulchellum –<br />

Niedliches Goldhaarmoos<br />

<strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord, an Rot-<br />

Buche – 4412/31 (2011 Bot AG);<br />

Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />

in der Feldflur Stennert, an<br />

Mandel-Weide – 4511/22 (2010 BMg<br />

& HJG); Holzwickede-Lappenhausen,<br />

Wald am Geiseckesee, an Esche, zwei<br />

Sporophyten-generationen – 4511/24<br />

(2010 BotAG); <strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf<br />

der Kluse, an Berg-Ahorn – 4512/11<br />

(2010 BMg & HJG).


� Orthotrichum pumilum –<br />

Zwerg-Goldhaarmoos<br />

<strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord, an Rot-<br />

Buche – 4412/31 (2011 Bot AG);<br />

Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />

in der Feldflur Stennert, an<br />

Mandel-Weide – 4511/22 (2010 BMg<br />

& HJG); Holzwickede-Lappenhausen,<br />

Wald am Geiseckesee, an Esche und<br />

Schwarzem Holunder – 4511/24 (2010<br />

BotAG).<br />

� Orthotrichum speciosum –<br />

Ansehnliches Goldhaarmoos<br />

Lünen, Friedhof Nordlüner Mark, an<br />

Feld-Ahorn – 4311/31 (2011 GL);<br />

Bergkamen-Overberge, an Esche in<br />

wegebegleitenden Gehölzstreifen am<br />

Overberger Busch – 4312/33 (2010<br />

BotAG); Bönen, Friedhof an der Friedhofstraße,<br />

an Esche – 4312/43 (2011<br />

BotAG); Holzwickede-Lappenhausen,<br />

Wald am Geiseckesee, an Esche, zwei<br />

Sporophytengenerationen – 4511/24<br />

(2010 BotAG).<br />

� Orthotrichum stramineum –<br />

Gelbhaubiges Goldhaarmoos<br />

<strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord – 4412/31<br />

(2010 BotAG); <strong>Unna</strong>-Mühlhausen,<br />

Kreidekalk-Aufschluss im Lünerner<br />

Bachtal, an Berg-Ahorn – 4412/32<br />

(2010 BMg & HJG); Holzwickede-<br />

Opherdicke, Feuchtbiotop in der<br />

Feldflur Stennert, an Mandel-Weide<br />

– 4511/22 (2010 BMg & HJG);<br />

Holzwickede-Lappenhausen, Wald am<br />

Geiseckesee, an Esche, zwei Sporophytengenerationen<br />

– 4511/24 (2010<br />

BotAG).<br />

� Orthotrichum striatum –<br />

Glattfrüchtiges Goldhaarmoos<br />

Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />

in der Feldflur Stennert, an Mandel-<br />

Weide – 4511/22 (2010 BMg & HJG);<br />

<strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse, an Berg-<br />

Ahorn und Esche – 4512/11 (2010 BMg<br />

& HJG).<br />

� Orthotrichum tenellum –<br />

Zartes Goldhaarmoos<br />

Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />

in der Feldflur Stennert, an Mandel-Weide<br />

– 4511/22 (2010 BMg & HJG).<br />

� Plagiothecium curvifolium –<br />

Krummblättriges Plattmoos<br />

Im <strong>Kreis</strong> mit großen Verbreitungslücken<br />

in urban-industriellen und agrarisch<br />

geprägten Bereichen. Bergkamen-Overberge,<br />

Overberger Busch – 4312/33<br />

(2010 BotAG).<br />

� Plagiothecium nemorale –<br />

Hain-Schiefbüchsenmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Billmerich, Sandstein-Aufschluss<br />

im Liedbachtal – 4411/44 (2010 HJG).<br />

Flora & Fauna<br />

� Pottia bryoides –<br />

Birnmoosähnliches Pottmoos<br />

Erst- oder Wiederfund für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong>. Holzwickede-Lappenhausen, Zuwegung<br />

zur Brücke am Einlauf des Geiseckesees,<br />

zusammen mit Pseudocrossidium<br />

hornschuchianum, Bryum ruderale<br />

und B. bicolor auf flach übererdetem<br />

Kalkschotter – 4511/24 (2010 BotAG;<br />

confirm. Dr. C. Schmidt, Münster).<br />

� Pylaisia polyantha –<br />

Vielfruchtmoos<br />

Lünen, Friedhof Nordlüner Mark –<br />

4311/31 (2011 GL); in Dortmund 2011<br />

mehrfach auf Friedhöfen. Sonst: Holzwickede-Opherdicke,<br />

Feuchtbiotop in der<br />

Feldflur Stennert, an Mandel-Weide<br />

– 4511/22 (2010 BMg, HJG); <strong>Unna</strong>-<br />

Billmerich, Auf der Kluse, an Berg-Ahorn<br />

– 4512/11 (2010 BMg, HJG).<br />

� Radula complanata –<br />

Angedrücktes Kratzmoos<br />

Lünen, Friedhof Nordlüner Mark, an Feld-<br />

Ahorn – 4311/31 (2011 GL); Bergkamen-<br />

Weddinghofen, Parkfriedhof – 4311/43<br />

(2011 GL); <strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord,<br />

an Esche – 4412/31 (2011 BotAG); <strong>Unna</strong>-<br />

Mühlhausen, Kreidekalk-Aufschluss<br />

im Lünerner Bachtal, an Berg-Ahorn<br />

– 4412/32 (2010 BMg & HJG); <strong>Unna</strong>-Billmerich,<br />

Auf der Kluse, an Berg-Ahorn und<br />

Esche – 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />

75


76<br />

Flora & Fauna<br />

� Rhynchostegiella tenella –<br />

Zartes Kleinschnabeldeckelmoos<br />

<strong>Unna</strong>, Kreidekalk-Aufschluss im nördlichen<br />

Teil des Bornekamptales, auf<br />

dünn übererdeten, beschatteten Sims<br />

– 4412/31 (2011 BotAG); <strong>Unna</strong>-Mühlhausen,<br />

Kreidekalk-Aufschluss im Lünerner<br />

Bachtal, wenig in beschatteter<br />

Kluft mit dünnem Erdfilm – 4412/32<br />

(2010 BMg & HJG); <strong>Unna</strong>-Kessebüren,<br />

Aufschluss im Kessebürener Bachtal, auf<br />

Kreidekalk-Scherbe – 4412/32 (2010<br />

BMg & HJG); Fröndenberg-Frömern,<br />

Sandstein-Aufschluss an der K 26, zusammen<br />

mit Schistidium crassipilum und<br />

Tortula muralis in einer mit krümeligem<br />

Kreidekalk angefüllten Kluft – 4412/43<br />

(2010 BMg & HJG).<br />

� Rhynchostegium rotundifolium –<br />

Rundblättriges Schnabeldeckelmoos<br />

Erstfund im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. <strong>Unna</strong>-Kessebüren,<br />

Aufschluss im Kessebürener Bachtal,<br />

auf Kreidekalk-Scherbe – 4412/32 (2010<br />

BMg & HJG; confirm. Dr. C. Schmidt,<br />

Münster).<br />

� Rhytidiadelphus loreus –<br />

Riemenstengel-Kranzmoos<br />

Art mit montanem Verbreitungsschwerpunkt,<br />

Schwerte-Westhofen, Ebberg,<br />

auf Sandstein mit dünner Humusauflage<br />

- 4511/31 (2011 BMG. HJG)<br />

� Rhytidiadelphus triquetrus –<br />

Dreieckblättriges Kranzmoos<br />

Bergkamen-Weddinghofen, Parkfriedhof,<br />

spärlich in Rasen – 4311/43 (2011 GL).<br />

� Taxiphyllum wissgrillii –<br />

Flaches Eibenblattmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Mühlhausen, Lünerner Bachtal<br />

(Bimbergtal), auf Kreidekalk-Scherben<br />

– 4412/32 (2010 BMg & HJG).<br />

� Thamnobryum alopecurum –<br />

Fuchsschwanz-Baummoos<br />

<strong>Unna</strong>-Mühlhausen, Kreidekalk-Aufschluss<br />

im Lünerner Bachtal, an alten Mauerfragment<br />

– 4412/32 (2010 BMg & HJG).<br />

� Tortula (Syntrichia) laevipila –<br />

Glatthaariges Drehzahnmoos<br />

Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />

Büsche, an Esche – 4511/22 (2010 BMg<br />

& HJG).<br />

� Tortula (Syntrichia) papillosa –<br />

Warziges Drehzahnmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse, an Berg-<br />

Ahorn – 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />

� Tortula (Syntrichia) ruralis –<br />

Erd-Drehzahnmoos<br />

Im Hellweggebiet ziemlich selten.<br />

Neu hier: Bergkamen-Overberge, am<br />

Overberger Busch – 4312/33 (2010<br />

BotAG).<br />

� Tortula (Syntrichia) subulata (s.<br />

str.)– Echtes Pfriemen-Drehzahnmoos<br />

<strong>Unna</strong>-Billmerich, Sandstein-Aufschluss<br />

am westlichen Ortsrand – 4411/44<br />

(2010 HJG).<br />

� Zygodon viridissimus (s. str.) –<br />

Grünes Jochzahnmoos<br />

Fröndenberg-Frömern, Sandstein-<br />

Aufschluss an der K 26, an einer mit<br />

Kreidekalk-Staub überrieselten Sandstein-Stirnfläche<br />

– 4412/43 (2010 BMg<br />

& HJG).<br />

6. Blattläuse<br />

Die sehr unsystematischen Fundangaben<br />

von Blattläusen, Wanzen und minierenden<br />

Zweiflüglern (wie auch der o.g.<br />

Mikropilze) resultieren aus eingehender<br />

Beschäftigung mit Parasiten und Besuchern<br />

der Pflanzenarten in bestimmten<br />

Gebieten. Die nachfolgenden Angaben<br />

repräsentieren eine erste Auswahl der<br />

beobachteten Arten.<br />

� Chaetosiphon fragaefolii –<br />

Erdbeerknotenhaarlaus<br />

An Garten-Erdbeeren, genaue Verbreitung<br />

unbekannt. In Kamen 2010<br />

an verwilderten Garten-Erdbeeren in<br />

etwas verbrachtem Saum an der Weddinghofer<br />

Straße zahlreich – 4411/22<br />

(GL).


Rhytidiadelphus loreus – Riemenstengel-Kranzmoos. Foto: Margenburg<br />

� Hyperomyzus lampsanae –<br />

Rainkohllaus<br />

An Rainkohl, wohl verbreitet, aber genaue<br />

Verteilung der Vorkommen noch<br />

wenig bekannt. Mitunter in großer Zahl.<br />

Häufig im Innenstadtbereich von Kamen<br />

und im alten Dorfkern von Kamen-<br />

Westick – 4411/21, 22 (2010 f. GL).<br />

� Trama rara –<br />

Löwenzahn-Wurzellaus<br />

Lebt unterirdisch an verschiedenen (allen?)<br />

Löwenzahnarten. Ist offensichtlich<br />

häufig, wird jedoch aufgrund der Lebensweise<br />

leicht übersehen. Seit 1993<br />

(bis 2011) notiert von Löwenzahn-Aufsammlungen<br />

aus den TK-Rasterfeldern<br />

4311/12, 32, 4411/21, 22, 23, 4412/11,<br />

12, 21, 32, 4511/22, 4512/12 (GL).<br />

7. Wanzen<br />

� Holcostethus vernalis –<br />

Frühe Baumwanze<br />

An Trockenstandorten, meist eher<br />

vereinzelt. Bisher wenige Nachweise<br />

aus dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. 2010 recht<br />

Flora & Fauna<br />

zahlreich in Kamen auf dem Gelände<br />

der ehemaligen Zeche Monopol an<br />

Sträuchern und auf Riesen-Goldruten<br />

– 4411/22 (GL).<br />

� Nysius thymi – Thymianwanze<br />

In Kamen in Vorgarten an der Breslauer<br />

Straße an gepflanztem Heidekraut in mehreren<br />

Exemplaren – 4412/11 (2010 GL).<br />

� Pantilius tunicatus – Erlengast<br />

Nicht selten auf Erlen und Haselnuss.<br />

2010 sehr zahlreich an Schwarz-Erlen<br />

77


78<br />

Flora & Fauna<br />

in Kamen-Heeren, an Graben im Winkel<br />

zwischen Heerener und Derner Straße<br />

– 4412/11 (GL).<br />

� Piezodorus lituratus –<br />

Ginster-Baumwanze<br />

Im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> nicht häufig, vorzugsweise<br />

an Besenginster. 2011 recht zahlreich<br />

in Schwerte-Westhofen, NSG Ebberg<br />

– 4511/31 (GL).<br />

� Pithanus maerkeli –<br />

Feuchtwiesen-Weichwanze<br />

Erst wenige Nachweise im <strong>Kreis</strong>gebiet,<br />

meist in Feucht- und Nasswiesen. 2010<br />

in Bergkamen-Heil in der Lippeaue<br />

hinter der Ökologiestation – 4311/41<br />

(GL).<br />

8. Zweiflügler<br />

� Pegomya genopuncta –<br />

Klettenfliege<br />

Als Platzminenbildner auf Klettenblättern<br />

vor allem bei der Großen Klette<br />

nicht selten. Notiert zwischen 1990 und<br />

2011 aus den Rasterfeldern 4311/13,<br />

14, 23, 34, 41, 43, 44, 4411/21, 22, 23,<br />

4412/11, 12, 21, 22, 24, 32, 4512/12<br />

(GL).<br />

� Pegomya steini –<br />

Lanzettdistelfliege<br />

Bildet auf dem Blättern der Lanzett-Kratzdistel<br />

vor allem zur Spitze hin Platzminen<br />

aus. Verbreitet und innerhalb größeren<br />

Vorkommen der Kratzdistel manchmal<br />

zahlreich, z. B. in Bönen-Flierich, Brach-<br />

säume und Grünland am südlichen Ortsrand<br />

– 4412/22 (2010 GL).<br />

� Phytomyza lappina –<br />

Kletten-Minierfliege<br />

Auf Klettenblättern, vor allem der Großen<br />

und Kleinen Klette, Gangminen<br />

bildende Art. Gelegentlich zusammen<br />

mit Pegomya genopuncta, aber noch viel<br />

häufiger und wohl in allen Rasterfeldern<br />

des <strong>Kreis</strong>gebietes. Notiert zwischen<br />

1990 und 2011 bisher aus 4311/13, 14,<br />

32, 34, 41, 42, 43, 44, 4312/33, 34,<br />

4411/21, 22, 23, 24, 41, 43, 4511/22,<br />

4512/11 (GL). 2010 waren im Kamener<br />

Innenstadtgebiet wohl sämtliche Blätter<br />

aller Exemplare der Großen und Kleinen<br />

Klette besiedelt.


� Beitrag zur Biodiversität des <strong>Kreis</strong>gebietes<br />

Die Großpilze des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> –<br />

eine erste Übersicht<br />

Trametes versicolor – Schmetterlingstramete. Fotos: Hellmann<br />

von Erhard Hellmann, Willibald<br />

Träger und Götz Heinrich Loos<br />

Obwohl Pilze oftmals Objekte<br />

von kulinarischen Begehrlichkeiten<br />

darstellen oder als unerwünschte<br />

pathologische Erscheinungen bei<br />

Pflanze, Tier oder sogar Mensch<br />

auftreten, sind die Kenntnisse über<br />

das Arteninventar innerhalb dieses<br />

umfassenden Organismenreiches<br />

(mit über 100.000 benannten Arten)<br />

stets beschränkt. Die Großpilze<br />

sind dabei stets noch am gründlichsten<br />

erforscht, da sie zumindest<br />

teilweise das abdecken, was man<br />

Flora & Fauna<br />

von Kindesbeinen an als Pilz wahrnimmt<br />

und scheinbar leichter zu<br />

erkennen ist.<br />

Demzufolge stecken hinter dem Begriff<br />

„Großpilz“ alle Pilze, deren Fruchtkörper<br />

mit dem bloßen Auge erkennbar<br />

in Hut und Stiel gegliedert sind; daneben<br />

79


80<br />

Flora & Fauna<br />

Fundstellenkarte: <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Fundstellen<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Sonstige<br />

Se - Selm<br />

We - Werne<br />

Lü - Lünen<br />

Be - Bergkamen<br />

Ka - Kamen<br />

Bö - Bönen<br />

Un - <strong>Unna</strong><br />

Ho - Holzwickede<br />

Fr - Fröndenberg<br />

Sch - Schwerte<br />

Art (Itl): Trametes versicolor<br />

Art (dt.): Schmetterlingstramente<br />

Erhard Hellmann, 59427 <strong>Unna</strong><br />

42<br />

43<br />

44<br />

45<br />

46<br />

10 11 12 13<br />

Se<br />

Lü<br />

Sch<br />

We<br />

Ho<br />

Be<br />

10 11 12 13<br />

Ka<br />

Un<br />

Bö<br />

Fr


findet man auch konsolen-, becher-,<br />

korallen- oder andere Fruchtkörperformen.<br />

Freilich existieren etliche Pilze mit<br />

Hut und Stiel, die rein augenscheinlich<br />

kaum zu entdecken sind. Systematisch<br />

gesprochen, handelt es sich bei Großpilzen<br />

um Schlauch- und Ständerpilze<br />

(Ascomyceten und Basidiomyceten),<br />

wobei besonders aus der Gruppe der<br />

Schlauchpilze in den meisten einschlägigen<br />

Bestimmungsbüchern und Übersichten<br />

einige systematische Untergruppen<br />

unberücksichtigt bleiben, weil sie in ihrer<br />

Erscheinungsform eher den Klein- oder<br />

Mikropilzen zugerechnet werden können<br />

oder als Flechten in Symbiose mit<br />

Algen oder Cyanobakterien leben und<br />

traditionell gesondert erfasst werden<br />

(vgl. Loos 1999, Loos & Margenburg<br />

2008). In der vorliegenden Arbeit sollen<br />

ausschließlich die wie vorhergehend<br />

abgegrenzten Großpilze (oder Makromyceten)<br />

betrachtet werden.<br />

Die genaue Zahl der Großpilze ist nicht<br />

bekannt, da jedes Jahr zahlreiche neue<br />

Arten gefunden werden – sowohl solche,<br />

die für ein Gebiet nicht bekannt waren<br />

als auch solche, die für die Wissenschaft<br />

neu sind (so verbergen sich hinter einer<br />

Reihe von optisch scheinbar einheitlichen<br />

Arten weitere „Geschwister“, die<br />

nur mit speziellen Methoden erkannt<br />

werden können). Derzeit werden für<br />

Deutschland etwa 6000 Arten genannt,<br />

in Nordrhein-Westfalen wurden bisher<br />

über 3600 Arten nachgewiesen (Bender,<br />

Siepe & Wölfel 2009-2011).<br />

Eine besondere Schwierigkeit bei<br />

Pilzkartierungen besteht in der oft sehr<br />

kurzen Daseinsform von Fruchtkörpern.<br />

Häufig sind sie nur für wenige Tage oder<br />

sogar nur für Stunden sichtbar. Andere<br />

lassen sich in Abständen von mehreren<br />

Jahren und nur dann, wenn optimale<br />

klimatische Bedingungen zur Fruktifizierung<br />

vorherrschen, nachweisen. Hier<br />

gilt besonders: Man muss zur richtigen<br />

Zeit am richtigen Ort sein.<br />

Flora & Fauna<br />

Agaricus xanthoderma – Karbol- oder Giftchampignon.<br />

Die nachfolgende Zusammenstellung<br />

ist die erste Großpilzliste, die für<br />

den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> ausgearbeitet werden<br />

konnte. Zwar gibt es hier wie überall<br />

zahlreiche Pilzliebhaber und -sammler,<br />

deren Kenntnisse sehr unterschiedlich<br />

sind, aber zumindest doch das sichere<br />

Erkennen einiger Speisepilze erfordert<br />

und deshalb auch Kenntnisse über deren<br />

Vorkommen vorhanden sein müssen.<br />

Versuche einer wenigstens ansatzweise<br />

planmäßigen Erfassung der Pilze im<br />

<strong>Kreis</strong>gebiet durch solche Kenner erfolgten<br />

aber anscheinend nicht. Auch<br />

81


sind wissenschaftliche Pilzkundler nur<br />

vereinzelt und punktuell im heutigen<br />

<strong>Kreis</strong>gebiet zu Erfassungszwecken erschienen.<br />

Dies lässt sich an den Großpilz-Zusammenstellungen<br />

für Westfalen<br />

(A. Runge 1981, 1986) und den Verbreitungskarten<br />

für Westdeutschland<br />

(Krieglsteiner 1991, 1993) nachvollziehen.<br />

So ist die Zahl der Literaturangaben<br />

übersichtlich; in Museen aufbewahrte<br />

Aufsammlungen sind allerdings noch auf<br />

eventuelle Funde durchzusehen und die<br />

Kartierungsunterlagen für die erwähnten<br />

Krieglsteiner-Verbreitungskarten<br />

sollten ebenfalls in gezielten Fällen<br />

überprüft werden. Die umfangreichsten<br />

Erhebungen in der Vergangenheit führte<br />

die bekannte Mykologin Annemarie<br />

Runge im Zusammenhang mit den gutachterlichen<br />

Tätigkeiten ihres Mannes<br />

Fritz Runge zur Vegetation der Lippeaue<br />

in Bergkamen, Werne und Lünen durch,<br />

die in das entsprechende Gutachten (F.<br />

Runge 1979) eingegangen sind.<br />

Großpilzkartierungen in <strong>Unna</strong> und<br />

Kamen wurden erstmals von Erhard<br />

Hellmann in den Jahren 1976 und 1977<br />

getätigt. Nach einer Unterbrechung von<br />

etwa 30 Jahren sind diese Arbeiten 2008<br />

wieder aufgenommen und auf große<br />

Teile des <strong>Kreis</strong>gebietes ausgedehnt worden.<br />

Das Stadtgebiet von Schwerte wird<br />

seit mehreren Jahrzehnten von Willibald<br />

Träger ausführlich auf die Großpilzflora<br />

82<br />

Flora & Fauna<br />

Amanita pantherina – Pantherpilz.<br />

hin untersucht; durch die hohe Kartierungsintensität<br />

liegt von dort die höchste<br />

Artenzahl für eine Kommune des <strong>Kreis</strong>es<br />

<strong>Unna</strong> vor. Götz Loos erfasst seit 1982<br />

Großpilze kreisweit als Zufallsfunde auf<br />

Exkursionen und Kartierungen anderer<br />

Organismengruppen sowie untersucht<br />

bestimmte Biotope und Pflanzenbestände<br />

auf zugehörige Großpilzarten. Die<br />

Großpilzkartierungen der Verfasser werden<br />

sowohl auf privater Ebene als auch<br />

im Rahmen der Exkursionen der Botanik-AG<br />

des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes <strong>Unna</strong><br />

weiter fortgeführt. Außerdem hat der<br />

übergreifend im Ruhrgebiet erfassende<br />

Arbeitskreis Pilzkunde Ruhr, in dem sich<br />

der Erstautor ebenfalls beteiligt, in Bönen<br />

Untersuchungen durchgeführt. Zu<br />

beachten sind schließlich Aktivitäten, die<br />

von benachbarten pilzkundlichen Gruppen<br />

ausgehen (vgl. Rosenstengel 2010<br />

zu einem Fund in Holzwickede). Für die<br />

Mitteilung von Funden im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

sowie den Hinweis auf unbestimmte<br />

Vorkommen sind die Verfasser dankbar.<br />

Neufunde und Feststellungen bemer-


Boletus calopus – Schönfuß-Röhrling.<br />

kenswerter Arten bzw. pilzgeographisch<br />

und -ökologisch bedeutende Funde<br />

sollen, wie schon bisher, in der Reihe<br />

„Beiträge zur Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es<br />

<strong>Unna</strong>“ (bisher Loos 2002 bis Loos &<br />

al. 2010) zwanglos publiziert werden.<br />

Das Großpilzinventar Schwertes wird<br />

von Willibald Träger online aktualisiert<br />

und einzelne Funde genauer dargestellt<br />

(unter URL: http://www.agon-schwerte.de/flora/pilzfunde.html).<br />

Die aktuelle Kartierung des Erstautors<br />

folgt dem Kartierungsstandard auf Basis<br />

der Topographischen Karte 1:25.000, die<br />

in weitere Felder gleichmäßig unterteilt<br />

wird (Quadranten, Viertelquadranten,<br />

hier zusätzlich Sechzehntelquadranten;<br />

zur Methodik vgl. auch Loos 2002).<br />

Eingetragen werden die Daten in einer<br />

Excel-Tabelle, in der Angaben zur Klasse,<br />

Gattung, wissenschaftliche und deutsche<br />

Artnamen, Autor(en), Status in der Roten<br />

Liste NRW (Sonneborn, Sonneborn<br />

& Siepe 1999), Nr. der TK 25, des Quadranten,<br />

Viertel- und Sechzehntelquadranten,<br />

Stadtgebiet, Fundort, Datum<br />

Flora & Fauna<br />

sowie Findername eingetragen werden.<br />

Die Tabelle umfasst zurzeit etwa 4200<br />

Eintragungen. Abb. 2 auf Seite 80 zeigt<br />

eine daraus generierte Verbreitungskarte,<br />

die mit der Schmetterlings-Tramete<br />

(Trametes versicolor) (Abb. 1, Seite 79)<br />

eine häufige Art darstellt, die in fast jedem<br />

Wald nachgewiesen werden kann.<br />

Eine große Rarität stellt dagegen die<br />

Becherkoralle (Artomyces pyxidatus)<br />

dar, die im September 2010 im Heerener<br />

Holz in Kamen-Heeren gefunden werden<br />

konnte (Abb. 3, Seite 104).<br />

Für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> können zur Zeit<br />

(Stand Oktober 2011) 556 Großpilzarten<br />

genannt werden, die in folgender<br />

Liste wiedergegeben werden. Gegliedert<br />

ist die Liste nach Schlauch- und Ständerpilzen<br />

in klassischer Umgrenzung;<br />

die wissenschaftliche Nomenklatur der<br />

Arten richtet sich nach Index Fungorum<br />

Partnership (2008). Zusätzlich werden<br />

die Städte und Gemeinden des <strong>Kreis</strong>es<br />

<strong>Unna</strong> angegeben, in denen die jeweilige<br />

Art nachgewiesen wurde, wobei bei<br />

Nachweisen in allen Städten und Gemeinden<br />

stattdessen „alle“ angeführt<br />

wird. Städte und Gemeinde werden<br />

sonst folgendermaßen abgekürzt (in<br />

der Reihenfolge der Nennungen): SE =<br />

Selm; WE = Werne; LÜ = Lünen; BK =<br />

Bergkamen; KA = Kamen; BÖ = Bönen;<br />

UN = <strong>Unna</strong>; FB = Fröndenberg; HW =<br />

Holzwickede; SW = Schwerte.<br />

83


Gattungsname Artepitheton Deutscher Name Nachweise<br />

Schlauchpilze (Ascomyceten)<br />

Aleuria aurantia Gewöhnlicher Orangebecherling SE; BK; KA; UN; SW<br />

Annulohypoxylon multiforme Vielgestaltige Kohlenbeere LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW<br />

Ascocoryne cylichnium Großsporiger Gallertbecher WE; BK; KA<br />

Ascocoryne sarcoides Fleischroter Gallertbecher BK; KA; UN; HW; SW<br />

Biscogniauxia nummularia Rotbuchen-Kugelpilz BK: KA; BÖ; UN<br />

Bisporella citrina Zitronengelbes Holzbecherchen KA; SW<br />

Bulgaria inquinans Schmutzbecherling SE; KA; SW<br />

Callorina fusarioides Orangefarbenes Brennnesselbecherchen BK; KA<br />

Claviceps purpurea Mutterkorn alle<br />

Colpoma quercinum Eingesenkter Eichenrindenschlauchpilz BK; KA<br />

Cordiceps militaris Orangegelbe Puppenkernkeule SE; BK; KA; BÖ<br />

Cyathicula cyathoidea Pokalförmiger Stängelbecherling KA<br />

Daldinia concentrica Kohliger Kugelpilz BK; KA; BÖ<br />

Dermea cerasi Kirschenholz-Polsterbecherchen KA; BÖ<br />

Diatrype bullata Blasiges Eckenscheibchen BK; KA, BÖ<br />

Diatrype disciformis Buchen-Eckenscheibchen alle<br />

Diatrype stigma Flächiges Eckenscheibchen LÜ; BK; KA; BÖ; UN<br />

Diatrypella favacea Warziges Eckenscheibchen KA; BÖ; UN<br />

Diatrypella quercina Eichen-Eckenscheibchen LÜ; KA; BÖ; UN; FB; HW<br />

Dumontinia tuberosa Anemonen-Becherling SE; BÖ; UN<br />

Epichloe typhina Gras-Kernpilz BK; KA; SW<br />

Eutypa flavovirens Gelbgrüner Krustenpilz KA<br />

Eutypa maura Kohlen-Krustenpilz KA; BÖ<br />

Eutypa spinosa Dorniger Kohlenkrustenpilz BK; KA<br />

Eutypella quaternata Vierfrüchtige Quarternarie BÖ<br />

Geoglossum cookeianum Trockene Erdzunge SW<br />

Gyromitria esculenta Frühjahrslorchel SE<br />

Helvella acetabulum Pokalrippen-Becherling KA<br />

Helvella crispa Herbst-Lorchel SE; WE; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Helvella dissingii Filziger Langfüßler SW<br />

Helvella elastica Elastische Lorchel WE; BK; KA: SW<br />

84<br />

Flora & Fauna


Boletus rubellus – Blutroter Röhrling.<br />

Helvella lacunosa Gruben-Lorchel BK; KA; BÖ; SW<br />

Helvella macropus Spindelsporige Lorchel WE; SW<br />

Humaria hemisphaerica Halbkugel-Borstling KA; BÖ; UN<br />

Hymenoscyphus fructigenus Fruchtschalen-Becherling FB<br />

Hymenoscyphus herbarum Kraut-Stängelbecherling KA<br />

Hymenoscyphus repandens Ausgebreiteter Stängelbecherling KA<br />

Hymenoscyphus scutula Schildförmiger Stängelbecherling KA<br />

Hypocrea citrina Ausgebreiteter Pustelpilz SW<br />

Hypocrea gelatinosa Gelatinöser Kugel-Pustelpilz BK; BÖ<br />

Hypocrea rufa Rotbrauner Scheiben-Pustelpilz BÖ<br />

Hypoxylon fragiforme Rötliche Kohlenbeere alle<br />

Hypoxylon fuscum Rotbraune Kohlenbeere alle<br />

Flora & Fauna<br />

85


Hypoxylon petriniae Eschen-Kohlenbeere BÖ<br />

Hypoxylon rubiginosum Ziegelrote Kohlenkruste BÖ<br />

Kretzschmaria deusta Brandiger Krustenpilz BK; KA; FB; SW<br />

Lasiobelonium nidulum Nestförmiges Haarbecherchen BÖ<br />

Lasiosphaeria strigosa Striegeliger Kugelpilz BÖ<br />

Leotia lubrica Grüngelbes Gallertkäppchen BK; KA; UN; SW<br />

Leptosphaeria acuta Brennnessel-Kugelpilz BK; KA; BÖ; UN<br />

Melanomma pulvis-pyrius Brandschwarzes Kugelkissen BÖ<br />

Melastiza chateri Roter Kurzhaarborstling BK<br />

Melogramma campylosporum Sichelsporiger Pustelpilz KA; BÖ<br />

Mitrophora semilibera Käppchen-Morchel SE; WE; BK; BÖ<br />

Morchella vulgaris Spitz-Morchel BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Nectria cinnabarina Zinnoberroter Pustelpilz WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Nectria episphaeria Aufsitzender Pustelpilz BK; KA; BÖ<br />

Nemania serpens Gewundene Kohlenbeere BK, KA; BÖ<br />

Otidea bufonia Kröten-Öhrling KA<br />

Otidea onotica Ledergelber Öhrling SW<br />

Peziza badia Kastanienbrauner Becherling KA; SW<br />

Peziza cerea Wachs-Becherling SW<br />

Peziza succosa Gelbmilchender Becherling SE; WE; KA; HW; SW<br />

Peziza varia Riesen-Becherling BK; BÖ; UN; HW; SW<br />

Peziza vesiculosa Blasiger Becherling KA; SW<br />

Polydesmia pruinosa Bereiftes Kernpilzbecherchen KA; BÖ<br />

Rhodographus filicinus Adlerfarn-Fleckenpilz LÜ; BK; KA<br />

Rhytisma acerinum Ahorn-Runzelschorf alle<br />

Scutellinia scutellata Schild-Borstling KA; HW<br />

Scutellinia umbrorum Orangeroter Schildborstling BK<br />

Tarzetta catinus Tiegelförmiger Napfbecherling SW<br />

Trochila ilicina Stechpalmendeckel-Becherchen SE; WE; LÜ; KA; BÖ<br />

Xylaria carpophila Buchenfruchtschalen-Holzkeule BÖ; FB<br />

Xylaria hypoxylon Geweihförmige Holzkeule alle<br />

Xylaria longipes Langstielige Holzkeule BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Xylaria polymorpha Vielgestaltige Holzkeule SE; BK; KA; FB; SW<br />

86<br />

Flora & Fauna


Ständerpilze (Basidiomyceten)<br />

Agaricus arvensis Weißer Anis-Champignon SE; WE; LÜ; BK; KA; HW; SW<br />

Agaricus augustus Riesen-Champignon SW<br />

Agaricus bitorquis Scheiden-Champignon BK; KA; UN; SW<br />

Agaricus campestris Feld-Champignon alle<br />

Agaricus langei Großer Wald-Champignon KA; SW<br />

Agaricus litoralis Gedrungener Champignon SW<br />

Agaricus silvaticus Kleiner Wald-Champignon BK; BÖ; SW<br />

Agaricus silvicola Dünnfleischiger Anis-Champignon BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Agaricus xanthodermus Karbol-Egerling KA; BÖ: UN<br />

Agrocybe cylindracea Zylindrischer Ackerling BK<br />

Agrocybe molesta Weißer Ackerling KA; SW<br />

Agrocybe praecox Voreilender Ackerling WE; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Agrocybe putaminum Falber Ackerling SW<br />

Agrocybe sphaleromorpha Knollenfüßiger Ackerling SW<br />

Alnicola melinoides Honiggelber Erlenschnitzling WE<br />

Alnicola scolecina Kahler Erlenschnitzling SE; LÜ<br />

Amanita citrina Gelber Knollenblätterpilz BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />

Amanita excelsa Grauer Wulstling BK; KA; UN; SW<br />

Amanita fulva Rotbrauner Scheidenstreifling BK; KA; UN; SW<br />

Amanita lividopallescens Ockergrauer Scheidenstreifling SW<br />

Amanita muscaria Fliegenpilz alle<br />

Amanita pantherina Pantherpilz SE; WE; BK; KA; FB; HW; SW<br />

Amanita phalloides Grüner Knollenblätterpilz SE; BK; BÖ; HW, SW<br />

Amanita rubescens Perlpilz alle<br />

Amanita strobiliformis Fransiger Wulstling HW<br />

Amanita vaginata Grauer Scheidenstreifling KA; UN; SW<br />

Ampulloclitocybe clavipes Keulenfüßiger Trichterling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Amylostereum areolatum Braunfilziger Schichtpilz BK<br />

Arrhenia retiruga Blasser Adermoosling KA<br />

Armillaria borealis Nördlicher Hallimasch KA<br />

Armillaria mellea Honiggelber Hallimasch LÜ; BK; KA; UN; SW<br />

Armillaria ostoyae Dunkler Hallimasch BK; FB<br />

Flora & Fauna<br />

87


Artomyces pyxidatus Becher-Koralle KA<br />

Asterophora lycoperdoides Stäubender Zwitterling SW<br />

Auricularia auricula-judae Judasohr alle<br />

Auricularia mesenterica Gezonter Ohrlappenpilz BÖ<br />

Basidioradulum radula Reibeisen-Rindenpilz LÜ; BK; KA; BÖ; UN<br />

Bjerkandera adusta Angebrannter Rauchporling alle<br />

Bjerkandera fumosa Graugelber Rauchporling UN; HW<br />

Bolbitius reticulatus Netzaderiger Mistpilz BK<br />

Bolbitius titubans Gold-Mistpilz KA; UN; SW<br />

Boletus badius Maronen-Röhrling alle<br />

Boletus calopus Schönfuß-Röhrling SW<br />

Boletus chrysenteron Gewöhnlicher Rotfußröhrling BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />

Boletus communis Eichen-Rotfußröhrling KA<br />

Boletus edulis Steinpilz alle<br />

Boletus ferrugineus Brauner Filzröhrling SW<br />

Boletus luridiformis Flockenstieliger Hexenröhrling alle<br />

Boletus luridus Netzstieliger Hexenröhrling WE; BK; KA; UN; HW<br />

Boletus pruinatus Stattlicher Rotfußröhrling BK<br />

Boletus pulverulentus Schwarzblauender Röhrling BK<br />

Boletus reticulatus Sommersteinpilz KA<br />

Boletus rubellus Blutroter Röhrling BÖ; SW<br />

Boletus subtomentosus Ziegenlippe SE; BK; KA; UN; SW<br />

Boletus torsus Ochsen-Röhrling HW<br />

Bovista plumbea Bleigrauer Zwerg-Bovist SE; LÜ; BK; KA; SW<br />

Calocera cornea Pfriemförmiger Hörnling BK; KA; BÖ; SW<br />

Calocera viscosa Klebriger Hörnling SE; WE; BK; UN; FB; SW<br />

Calocybe constricta Gegürtelter Schönkopf SW<br />

Calocybe gambosa Mai-Ritterling WE; BK; KA; BÖ; SW<br />

Cantharellus cibarius Echter Pfifferling SE; UN; SW<br />

Cantharellus cinereus Grauer Leistling BK<br />

Ceraceomyces serpens Faltiggewundener Wachsrindenpilz BK; KA<br />

Chalciporus piperatus Pfeffer-Röhrling SW<br />

Chlorophyllum brunneum Rötender Riesenschirmling BK, KA; SW<br />

88<br />

Flora & Fauna


Helvella lacunosa – Gruben-Lorchel.<br />

Chondrostereum purpureum Violetter Schichtpilz LÜ; BK; KA; UN; FB; HW<br />

Clathrus archeri Tintenfischpilz SW<br />

Clavaria fragilis Wurmförmige Keule SW<br />

Clavariadelphus truncatus Abgestutzte Keule SW<br />

Clavulina cinerea Graue Koralle SE; BK; KA; SW<br />

Clavulina coralloides Kamm-Koralle SE; WE; LÜ; BK; KA; SW<br />

Clavulina rugosa Runzelige Koralle SW<br />

Clavulinopsis corniculata Geweihförmige Wiesen-Koralle SW<br />

Clitocybe brumalis Winter-Trichterling SW<br />

Clitocybe clavipes Keulenfuß-Trichterling BK; KA; BÖ; UN<br />

Clitocybe costata Kerbrandiger Trichterling BK; BÖ; SW<br />

Clitocybe dealbata Rinnigbereifter Trichterling KA; UN<br />

Flora & Fauna<br />

89


Clitocybe dicolor Staubfüßiger Trichterling BK<br />

Clitocybe gibba Ockerbrauner Trichterling KA; BÖ; SW<br />

Clitocybe metachroa Zweifarbiger Trichterling KA; SW<br />

Clitocybe nebularis Nebelgrauer Trichterling alle<br />

Clitocybe odora Grüner Anis-Trichterling BK; KA; HW; SW<br />

Clitocybe phyllophila Bleiweißer Trichterling KA; SW<br />

Clitocybe suaveolens Duft-Trichterling BK<br />

Clitocybe vibecina Geriefter Mehl-Trichterling KA<br />

Clitopilus prunulus Mehl-Räsling SW<br />

Collybia cirrhata Seidiger Rübling WE<br />

Conocybe apala Milchweißes Samthäubchen BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Conocybe macrospora Großsporiges Langstiel-Samthäubchen BÖ<br />

Conocybe moseri Grauschwärzliches Samthäubchen BÖ<br />

Conocybe rickeniana Rostbraunes Samthäubchen BÖ<br />

Coprinellus disseminatus Gesäter Tintling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Coprinellus domesticus Haus-Tintling BÖ<br />

Coprinellus micaceus Glimmer-Tintling alle<br />

Coprinellus xanthothrix Gelbschuppiger Tintling SW<br />

Coprinopsis atramentarius Falten-Tintling BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />

Coprinopsis cinerea Struppiger Dungtintling SW<br />

Coprinopsis lagopus Hasenpfote SE; LÜ; KA; SW<br />

Coprinus comatus Schopf-Tintling alle<br />

Cortinarius amoenolens Buchen-Klumpfuß SW<br />

Cortinarius armillatus Geschmückter Gürtelfuß UN<br />

Cortinarius croceus Gelbblättriger Hautkopf BK; SW<br />

Cortinarius delibutus Violettblättriger Schleimfuß BK<br />

Cortinarius hinnuleus Erdigriechender Gürtelfuß BK; KA<br />

Cortinarius obtusus Gerieftrandiger Wasserkopf KA<br />

Cortinarius paleaceus Duftender Gürtelfuß WE<br />

Cortinarius purpureus Rotgenatterter Hautkopf SW<br />

Cortinarius semisanguineus Blutblättriger Hautkopf WE; KA; HW; SW<br />

Cortinarius traganus Lila Dickfuß SW<br />

Crepidotus cesatii Kugelsporiges Stummelfüßchen BK; KA<br />

90<br />

Flora & Fauna


Crepidotus mollis Gallertfleischiges Stummelfüßchen KA<br />

Crepidotus variabilis Gewöhnliches Stummelfüßchen BK<br />

Crucibulum laeve Tiegel-Teuerling alle<br />

Cyathus olla Topf-Teuerling WE; BK; KA; HW; SW<br />

Cyathus striatus Gestreifter Teuerling BK; KA; FB; HW; SW<br />

Cylindrobasidium laeve Weißer Rindenpilz KA<br />

Cystoderma amianthinum Körnchen-Schirmling BK; KA; SW<br />

Cystolepiota seminuda Zierlicher Mehl-Schirmling BK; BÖ; SW<br />

Dacryomyces stillatus Zerfließende Gallertträne LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW<br />

Daedalea quercina Eichen-Wirrling SE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; HW; SW<br />

Daedaleopsis confragosa Rötende Tramete LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />

Datronia mollis Weicher Resupinatporling SE; BK<br />

Entoloma cetratum Ockerblättriger Rötling SW<br />

Entoloma clypeatum Schild-Rötling KA; BK; SW<br />

Entoloma pleopodium Zitronengelber Rötling BK<br />

Entoloma sarcitum Gelbbrauner Rötling SW<br />

Entoloma scabiosum Tiger-Rötling BÖ<br />

Entoloma sericeum Dunkler Rasen-Rötling BK; SW<br />

Entoloma rhodopolium Alkalischer Rötling SW<br />

Exidia plana Warziger Drüsling SE; WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Exidia saccharina Kandisbrauner Drüsling SW<br />

Exidia truncata Abgestutzter Drüsling LÜ; KA<br />

Fistulina hepatica Ochsenzunge KA; HW; SW<br />

Flammulina velutipes Samtfuß-Rübling SE; WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Fomes fomentarius Zunderschwamm SE; WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />

Fomitopsis pinicola Rotrandiger Schichtporling LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />

Galerina laevis Gelblicher Rasenhäubling BK<br />

Galerina marginata Gift-Häubling BK; KA; SW<br />

Galerina pumila Glockiger Häubling SW<br />

Ganoderma adspersum Wulstiger Lackporling KA<br />

Ganoderma applanatum Flacher Lackporling alle<br />

Ganoderma lucidum Glänzender Lackporling BK<br />

Ganoderma pfeifferi Kupferroter Lackporling SE; WE<br />

Flora & Fauna<br />

91


Geastrum fimbriatum Gewimperter Erdstern alle<br />

Geastrum rufescens Rötender Erdstern BK; KA; UN<br />

Geastrum triplex Halskrausen-Erdstern WE; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Gloeophyllum odoratum Fenchelporling BK; KA; SW<br />

Gloeophyllum sepiarium Zaunblättling BK; KA; SW<br />

Grifola frondosa Klapperschwamm WE; BK; SW<br />

Gymnopilus junonius Beringter Flämmling BK; KA; SW<br />

Gymnopilus penetrans Geflecktblättriger Flämmling BK; KA; BÖ; FB; SW<br />

Gymnopus confluens Knopfstieliger Rübling BK; KA; BÖ; SW<br />

Gymnopus dryophilus Waldfreund-Rübling BK; KA; BÖ; SW<br />

Gymnopus erythropus Rotstieliger Rübling SW<br />

Gymnopus fusipes Spindeliger Blassspor-Rübling BK; BÖ; UN; SW<br />

Gymnopus perforans Nadel-Schwindling BK; SW<br />

Gymnopus peronatus Brennender Rübling BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />

Gymnosporangium sabinae Birnen-Gitterrost alle<br />

Hapalopilus rutilans Zimtfarbener Weichporling KA; BÖ<br />

Hebeloma crustuliniforme Tonblasser Fälbling BK; SW<br />

Hebeloma leucosarx Großer Weiden-Fälbling SW<br />

Hebeloma mesophaeum Dunkelscheibiger Fälbling KA; LÜ<br />

Hebeloma radicosum Wurzelnder Fälbling SW<br />

Hebeloma sacchariolens Süßriechender Fälbling SW<br />

Hebeloma sinapizans Rettich-Fälbling BK; KA; SW<br />

Hericium cirrhatum Dorniger Stachelbart KA<br />

Heterobasidion annosum Wurzelschwamm KA; SW<br />

Hohenbuehelia petaloides Verschiedenfarbiger Muscheling SW<br />

Hydnum repandum Semmel-Stoppelpilz BK; KA; SW<br />

Hygrocybe conica Kegeliger Saftling SE; WE; KA; HW; SW<br />

Hygrocybe miniata Mennigroter Saftling BK<br />

Hygrocybe persistens Spitzgebuckelter Saftling SW<br />

Hygrocybe psittacina Papageigrüner Saftling SW<br />

Hygrocybe spadicea Schwarzgelber Saftling SW<br />

Hygrocybe virginea Schneeweißer Ellerling SW<br />

Hygrophoropsis aurantiaca Falscher Pfifferling SE; WE; BK; BÖ; UN; SW<br />

92<br />

Flora & Fauna


Stropharia aurantiaca – Orangeroter Träuschling.<br />

Hygrophorus discoxanthus Bräunender Schneckling FB<br />

Hygrophorus eburneus Elfenbein-Schneckling SW<br />

Hygrophorus pustulatus Schwarzpunktierter Schneckling SW<br />

Hymenochaete rubiginosa Umberbrauner Borstenscheibling BÖ<br />

Hypholoma capnoides Graublättriger Schwefelkopf SE; BK; KA; FB; SW<br />

Hypholoma fasciculare Grünblättriger Schwefelkopf alle<br />

Hypholoma lateritium Ziegelroter Schwefelkopf BK; KA; BÖ; UN; FR; SW<br />

Hypholoma marginatum Geselliger Schwefelkopf BK; SW<br />

Hypsizygus ulmarius Ulmen-Rasling SW<br />

Inocybe cookei Knolliger Risspilz BK<br />

Inocybe erubescens Ziegelroter Risspilz BK; KA; BÖ; UN<br />

Inocybe fuscidula Braunstreifiger Risspilz UN<br />

Inocybe geophylla Seidiger Risspilz SE; KA; UN; SW<br />

Inocybe haemacta Grünroter Risspilz UN<br />

Flora & Fauna<br />

Inocybe lacera Gewöhnlicher Wirrkopf WE; LÜ; BK; KA<br />

93


Inocybe maculata Gefleckter Risspilz KA<br />

Inocybe mixtilis Gerandetknolliger Rißpilz SW<br />

Inocybe nitidiuscula Früher Risspilz SW<br />

Inocybe rimosa Kegeliger Risspilz KA; UN; SW<br />

Inonotus cuticularis Häutiger Schillerporling LÜ<br />

Inonotus obliquus Schiefer Schillerporling BK; KA<br />

Ischnoderma resinosum Laubholz-Harzporling BK<br />

Kuehneromyces mutabilis Stockschwämmchen alle<br />

Laccaria amethystina Violetter Lacktrichterling alle<br />

Laccaria bicolor Zweifarbiger Lacktrichterling LÜ; BK; KA; SW<br />

Laccaria laccata Rötlicher Lacktrichterling LÜ; BK; KA; SW<br />

Laccaria proxima Steifstieliger Lacktrichterling WE; LÜ; BK; FB<br />

Laccaria tortilis Stachelsporiger Lacktrichterling BK; KA<br />

Lacrymaria lacrymabunda Tränender Saumpilz SE; BK; KA; UN; SW<br />

Lactarius aurantiacus Orangebrauner Milchling SW<br />

Lactarius blennius Graugrüner Milchling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Lactarius camphoratus Kampfer-Milchling KA; SW<br />

Lactarius circellatus Gebänderter Hainbuchen-Milchling SW<br />

Lactarius decipiens Täuschender Milchling BK<br />

Lactarius deterrimus Fichten-Reizker SE; SW<br />

Lactarius fluens Blassrandiger Milchling KA; UN<br />

Lactarius glyciosmus Blasser Duft-Milchling KA<br />

Lactarius helvus Maggipilz BK<br />

Lactarius hepaticus Leberbrauner Milchling SE; WE; SW<br />

Lactarius pubescens Flaumiger Reizker WE; LÜ; BK; UN<br />

Lactarius quietus Eichen-Reizker WE; BK; KA; SW<br />

Lactarius rufus Rotbrauner Reizker LÜ; KA; SW<br />

Lactarius serifluus Wässriger Milchling BK<br />

Lactarius subdulcis Süßlicher Buchen-Milchling WE; KA; BÖ; SW<br />

Lactarius tabidus Flatter-Reizker BK; SW<br />

Lactarius thejogalus Kleiner Flatter-Reizker KA<br />

Lactarius torminosus Birken-Reizker SE; BK; KA; SW<br />

Lactarius turpis Olivbrauner Milchling KA; SW<br />

94<br />

Flora & Fauna


Grifola frondosa – Klapperschwamm.<br />

Lactarius vellereus Wolliger Milchling BK; SW<br />

Lactarius vietus Graufleckender Milchling SE; BK<br />

Lactarius volemus Brätling SW<br />

Laetiporus sulphureus Schwefelporling alle<br />

Langermannia gigantea Riesenbovist alle<br />

Leccinellum crocipodium Gelber Raustiel-Röhrling SW<br />

Leccinum aurantiacum Espenrotkappe BK; SW<br />

Leccinum pseudoscabrum Hainbuchen-Raufuß SW<br />

Leccinum scabrum Gewöhnlicher Birkenpilz alle<br />

Leccinum variicolor Vielverfärbender Birkenpilz SW<br />

Lentinellus cochleatus Anis-Zähling KA<br />

Lentinus tigrinus Getigerter Knäueling WE; LÜ; BK; KA; UN<br />

Lenzites betulinus Birken-Blättling BK; KA; BÖ; UN<br />

Leotia lubrica Grüngelbes Gallertkäppchen SW<br />

Flora & Fauna<br />

95


Lepiota aspera Spitzschuppiger Schirmling BK; KA; UN; SW<br />

Lepiota clypeolaria Wollstiel-Schirmling KA; SW<br />

Lepiota cristata Stink-Schirmling SE; WE; BK; KA; UN; SW<br />

Lepiota echinacea Igel-Schirmling SW<br />

Lepiota felina Schwarzschuppiger Schirmling SW<br />

Lepiota ventriospora Gelbgestiefelter Schirmling UN<br />

Lepista flaccida Fuchsigbrauner Rötelritterling WE; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Lepista gilva Wasserfleckiger Rötelritterling SW<br />

Lepista nuda Violetter Rötelritterling BK; KA; UN; SW<br />

Lepista personata Lilastiel-Rötelritterling SW<br />

Lepista rickenii Marmorierter Rötelritterling SW<br />

Lepista sordida Fleischbrauner Rötelritterling LÜ; KA<br />

Leucoagaricus leucothites Rosablättriger Egerlingsschirmling KA; UN<br />

Leucoagaricus subcretaceus Weißlicher Egerlingsschirmling KA; UN<br />

Leucocoprinus birnbaumii Gelber Faltenschirmling KA<br />

Leucopaxillus giganteus Riesen Krempen-Trichterling SW<br />

Lycoperdon excipuliforme Beutel-Bovist LÜ; BK; KA; BÖ; HW; SW<br />

Lycoperdon foetidum Stinkender Stäubling WE<br />

Lycoperdon perlatum Flaschen-Stäubling alle<br />

Lycoperdon pratense Wiesen-Stäubling BK; UN; SW<br />

Lycoperdon pyriforme Birnen-Stäubling alle<br />

Lycoperdon utriformis Hasen-Stäubling KA<br />

Lyophyllum connatum Weißer Rasling KA; SW<br />

Lyophyllum decastes Büscheliger Rasling SE; BK; KA; UN; SW<br />

Macrocystidia cucumis Gurken-Schnitzling BK; BÖ; FB; SW<br />

Macrolepiota konradii Grobscholliger Riesenschirmling SW<br />

Macrolepiota procera Parasolpilz SE; WE; BK; KA; UN; FB; SW<br />

Macrolepiota rachodes Safran-Riesenschirmling BK<br />

Macrotyphula juncea Binsenkeule KA<br />

Marasmiellus ramealis Astschwindling BK; KA; UN<br />

Marasmius androsaceus Roßhaar-Schwindling SW<br />

Marasmius epiphyllus Runzeliger Schwindling SW<br />

96<br />

Flora & Fauna


Marasmius oreades Nelken-Schwindling LÜ; BK; UN; SW<br />

Marasmius prasiosmus Großer Knoblauch-Schwindling SW<br />

Marasmius rotula Halsband-Schwindling BÖ; SW<br />

Megacollybia platyphylla Breitblättriger Rübling BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />

Melanoleuca brevipes Kurzstieliger Weichritterling SW<br />

Melanoleuca cognata Frühlings-Weichritterling BK; LÜ<br />

Melanoleuca melaleuca Weißleuchtender Weichritterling LÜ; BK; KA; SW<br />

Melanophyllum echinatum Blutblättriger Zwergschirmling KA<br />

Meripilus giganteus Riesenporling alle<br />

Merulius tremellosus Gallertfleischiger Fältling KA; BK<br />

Mutinus caninus Gewöhnliche Hundsrute KA; BÖ; SW<br />

Mutinus ravenelii Himbeerrote Hundsrute BK<br />

Mycena acicula Orangeroter Helmling BÖ<br />

Mycena alcalina Alkalischer Helmling SW<br />

Mycena corynephora Flockiger Rinden-Helmling KA<br />

Mycena crocata Gelbmilchender Helmling BK; KA<br />

Mycena fagetorum Buchen-Helmling BK<br />

Mycena filopes Faden-Helmling SW<br />

Mycena galericulata Rosablättriger Helmling alle<br />

Mycena galopus Weißmilchender Helmling alle<br />

Mycena inclinata Buntstieliger Helmling HW; SW<br />

Mycena leptocephala Fleischbräunlicher Hemling BK; KA<br />

Mycena polygramma Rillstieliger Helmling BK; KA; HW<br />

Mycena pura Rettich-Helmling alle<br />

Mycena rosea Rosa Helmling BK; KA<br />

Mycena sanguinolenta Purpurschneidiger Blut-Helmling KA; BÖ; FB; SW<br />

Mycena zephirus Rostfleckiger Helmling KA<br />

Mycena vitilis Zäher Faden-Helmling SW<br />

Naucoria scolecina Erlen-Schnitzling BK<br />

Neolentinus lepideus Schuppiger Sägeblättling SW<br />

Nidularia farcta Vollgestopfter Nestling SE<br />

Oudemansiella mucida Buchen-Schleimrübling SW<br />

Flora & Fauna<br />

97


Panaeolus acuminatus Kegeliger Düngerling SW<br />

Panaeolus foenisecii Heu-Düngerling KA<br />

Panaeolus papilionaceus Behangener Düngerling LÜ; BK<br />

Panaeolus semiovatus Ring-Düngerling SW<br />

Panellus mitis Milder Muschelseitling SE; SW<br />

Panellus serotinus Gelbstieliger Muschelseitling BK; SW<br />

Panellus stypticus Herber Zwergknäueling LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />

Parasola leiocephala Kahlköpfiger Scheibentintling KA<br />

Parasola plicatilis Rad-Tintling BÖ; UN; SW<br />

Paxillus involutus Kahler Krempling alle<br />

Peniophora cinerea Aschgrauer Zystidenrindenpilz BÖ<br />

Peniophora incarnata Fleischroter Zystidenrindenpilz BK; BÖ<br />

Peniophora limitata Eschen-Zystidenrindenpilz KA; BÖ<br />

Peniophora quercina Eichen-Zystidenrindenpilz KA; BÖ<br />

Phaeolepiota aurea Glimmerschüppling KA; UN<br />

Phaeolus schweinitzii Nadelholz-Braunporling SW<br />

Phallus impudicus Stinkmorchel alle<br />

Phellinus igniarius Gewöhnlicher Feuerschwamm SE; BK; KA; UN; HW; SW<br />

Phellinus pomaceus Pflaumen-Feuerschwamm SW<br />

Phlebia radiata Orangeroter Kammpilz LÜ; BK; BÖ; UN<br />

Pholiota alnicola Weißbehangener Erlen-Schüppling SE; BK<br />

Pholiota aurivella Goldfell-Schüppling BK; KA; SW<br />

Pholiota flammans Feuer-Schüppling SE; LÜ; BK; KA; SW<br />

Pholiota lenta Tonweißer Schüppling BK; KA<br />

Pholiota populnea Pappel-Schüppling BK; KA; SW<br />

Pholiota spumosa Nadelholz-Schüppling SW<br />

Pholiota squarrosa Sparriger Schüppling alle<br />

Pholiota tuberculosa Krummstieliger Schüppling KA<br />

Phylloporus pellertieri Europäisches Goldblatt BK; UN<br />

Phyllotopsis nidulans Orange-Seitling SW<br />

Physisporinus vitreus Glasigweißer Porling KA; UN<br />

Piptoporus betulinus Birkenporling alle<br />

Pisolithus arhizus Erbsenstreuling WE; BK; KA; BÖ<br />

98<br />

Flora & Fauna


Scutellinia scutellata – Gemeiner Schild-Borstling.<br />

Pleurotus ostreatus Austern-Seitling SE; WE; BK; KA; SW<br />

Pleurotus pulmonarius Lungen-Seitling BK; KA; SW<br />

Plicaturopsis crispa Krauser Aderzähling LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW<br />

Pluteus cervinus Rehbrauner Dachpilz alle<br />

Pluteus ephebeus Graufilziger Dachpilz BK<br />

Pluteus leoninus Löwengelber Dachpilz KA; HW; SW<br />

Pluteus phlebophorus Runzeliger Dachpilz BÖ<br />

Pluteus salicinus Grauer Dachpilz BK; KA; BÖ; SW<br />

Pluteus satur Blassstieliger Dachpilz UN<br />

Pluteus thomsonii Graustieliger Adern-Dachpilz SW<br />

Flora & Fauna<br />

Polyporus brumalis Winter-Porling WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; HW; SW<br />

Polyporus ciliatus Mai-Porling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Polyporus squamosus Schuppiger Porling HW; SW<br />

99


Polyporus varius Löwengelber Schwarzfuß-Porling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Porphyrellus porphyrosporus Düsterer Röhrling SW<br />

Postia caesia Blauender Saftporling BK; KA; UN; SW<br />

Postia stiptica Bitterer Porling BK; KA; SW<br />

Postia tephroleuca Grauweißer Saftporling BK<br />

Psathyrella atomata Weg-Faserling SW<br />

Psathyrella candolleana Behangener Faserling BK; KA; UN; SW<br />

Psathyrella conopilus Steifstieliger Kegelhut-Faserling BÖ; SW<br />

Psathyrella corrugis Rosaschneidiger Faserling KA; SW<br />

Psathyrella cotonea Schwefelfüßiger Faserling KA<br />

Psathyrella gracilis Rotschneidiger Faserling KA<br />

Psathyrella multipedata Büscheliger Faserling BK<br />

Psathyrella piluliformis Wässriger Saumpilz BK; KA; SW<br />

Psathyrella pygmaea Zwerg-Faserling SW<br />

Psathyrella spadicea Schokoladenbrauner Faserling KA; SW<br />

Psathyrella spadiceogrisea Früher Saumpilz BÖ; SW<br />

Pseudoboletus parasiticus Schmarotzer-Röhrling BK<br />

Pseudoclitocybe cyathiformis Kaffeebrauner Gabeltrichterling SW<br />

Pseudohydnum gelatinosum Zitterzahn KA<br />

Psilocybe merdaria Dung-Kahlkopf BK; SW<br />

Psilocybe semilanceata Spitzkegeliger Kahlkopf KA; UN; SW<br />

Pterula subulata Weißliche Borstenkoralle SW<br />

Pycnoporus cinnabarinus Zinnoberrote Tramete BK; KA; SW<br />

Ramaria abietina Grünende Koralle SW<br />

Ramaria stricta Steife Koralle SW<br />

Rhodocollybia asema Horngrauer Rübling BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />

Rhodocollybia butyracea Butter-Rübling BK; KA; UN; FB; SW<br />

Rhodocollybia distorta Drehstieliger Rübling BK; KA<br />

Rhodocybe gemina Fleischrötlicher Tellerling SW<br />

Rickenella fibula Gewöhnlicher Heftelnabeling WE; SE; BK; KA; BÖ; SW<br />

Rickenella setipes Blaustieliger Heftelnabeling KA<br />

Ripartites tricholoma Bewimperter Filzkrempling SW<br />

Russula aeruginea Grasgrüner Täubling BK; KA; BÖ; UN<br />

100<br />

Flora & Fauna


Russula amoenolens Camembert-Täubling BK; SW<br />

Russula anatina Graugrüner Täubling SW<br />

Russula aquosa Wässriger Moor-Täubling SW<br />

Russula atropurpurea Purpurschwarzer Täubling BK; SW<br />

Russula atrorubens Schwarzroter Spei-Täubling SW<br />

Russula aurora Netzflockiger Rosa-Täubling SW<br />

Russula brunneoviolacea Braunvioletter Samt-Täubling BK; SW<br />

Russula cessans Kiefern-Täubling SW<br />

Russula cyanoxantha Frauen-Täubling BK; KA; UN; FB; SW<br />

Russula densifolia Dichtblättriger Schwarz-Täubling SW<br />

Russula foetens Gewöhnlicher Stink-Täubling SW<br />

Russula graveolens Fleischvioletter Herings-Täubling SW<br />

Russula heterophylla Grünlicher Speise-Täubling SW<br />

Russula ionochlora Papagei-Täubling KA; SW<br />

Russula lilacea Roter Reif-Täubling SW<br />

Russula minutula Kleiner Rosa-Täubling SW<br />

Russula nigricans Dickblättriger Täubling KA; FB; SW<br />

Russula nitida Milder Glanz-Täubling SW<br />

Russula nobilis Gedrungener Buchenspei-Täubling SW<br />

Russula ochroleuca Ocker-Täubling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />

Russula paludosa Apfel-Täubling SE; SW<br />

Russula parazurea Blaugrüner Reif-Täubling BK; KA; BÖ; SW<br />

Russula pectinatoides Kratzender Kamm-Täubling BK; KA; SW<br />

Russula pseudointegra Ockerblättriger Zinnober-Täubling SW<br />

Russula puellaris Milder Wachs-Täubling BK; SW<br />

Russula queletii Stachelbeer-Täubling BK; KA; SW<br />

Russula rosea Harter Zinnober-Täubling BK; KA; SW<br />

Russula silvestris Gewöhnlicher Spei-Täubling BK; KA; SW<br />

Russula turci Jodoform-Täubling SW<br />

Russula velenovskyi Velenowskyis Täubling BK; KA; SW<br />

Russula versicolor Vielfarbiger Täubling LÜ; KA; SW<br />

Russula vesca Speise-Täubling KA; SW<br />

Russula vinosa Weinroter Graustiel-Täubling SW<br />

Flora & Fauna<br />

101


102<br />

Flora & Fauna<br />

Russula violeipes Violettstieliger Pfirsich-Täubling BK; KA; BÖ; SW<br />

Russula virescens Grüngefelderter Täubling SW<br />

Schizophyllum commune Spaltblättling alle<br />

Schizopora flavipora Gelbporiger Spaltporling BÖ<br />

Schizopora paradoxa Veränderlicher Spaltporling BK; KA; BÖ; UN<br />

Scleroderma areolatum Getupfter Kartoffelbovist SE; BK; KA; UN; SW<br />

Scleroderma bovista Rotbräunlicher Kartoffelbovist BK; SW<br />

Scleroderma citrinum Dickschaliger Kartoffelbovist alle<br />

Scleroderma verrucosum Dünnschaliger Kartoffelbovist SE; BK; KA<br />

Serpula lacrymans Hausschwamm KA; UN<br />

Sparassis crispa Krause Glucke SW<br />

Spongiporus lacteus Weißlicher Saftporling BK<br />

Steccherinum fimbriatum Gefranster Resupinatstachling SW<br />

Stereum hirsutum Striegeliger Schichtpilz LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />

Stereum rugosum Rötender Schichtpilz BK; KA; BÖ; SW<br />

Stereum sanguinolentum Blutender Schichtpilz BK<br />

Stereum subtomentosum Samtiger Schichtpilz KA; BÖ; FB; HW<br />

Strobilurus esculentus Fichtenzapfen-Rübling SW<br />

Stropharia aeruginosa Grünspan-Träuschling alle<br />

Stropharia aurantiaca Orangeroter Träuschling BK; KA; UN<br />

Stropharia caerulea Blauer Träuschling SE; LÜ; BK; KA; FB<br />

Stropharia coronilla Krönchen-Träuschling LÜ<br />

Stropharia inuncta Purpurgrauer Träuschling SW<br />

Stropharia rugosoannulata Rotbrauner Träuschling WE; BK<br />

Stropharia semiglobata Halbkugeliger Träuschling BK<br />

Stropharia squamosa Schuppiger Träuschling KA<br />

Suillus grevillei Gold-Röhrling BK; KA; UN; FB; SW<br />

Tapinella atrotomentosa Samtfuß-Krempling SW<br />

Thelephora anthocephala Blumen-Lederkoralle SW<br />

Thelephora terrestris Erd-Warzenpilz WE; LÜ; BK; KA; SW<br />

Trametes gibbosa Buckel-Tramete alle<br />

Trametes hirsuta Striegelige Tramete SE; WE; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />

Trametes pubescens Samtige Tramete KA; BÖ


Trametes versicolor Schmetterlings-Tramete alle<br />

Tremella encephala Weißkerniger Zitterling KA; BÖ<br />

Tremella foliacea Blattartiger Zitterling KA<br />

Flora & Fauna<br />

Tremella globispora Buckeliger Zitterling BK; KA; BÖ; UN<br />

Tremella mesenterica Goldgelber Zitterling alle<br />

Trichaptum abietinum Tannen-Tramete BK<br />

Tricholoma album Strohblasser Ritterling SW<br />

Tricholoma argyraceum Gilbender Erd-Ritterling KA<br />

Tricholoma bufonium Violettbrauner Schwefel-Ritterling SW<br />

Tricholoma columbetta Seidiger Ritterling FB; SW<br />

Tricholoma myomyces Mausgrauer Erd-Ritterling SE; BK; SW<br />

Tricholoma populinum Pappel-Ritterling BK<br />

Tricholoma portentosum Schwarzfaseriger Ritterling SW<br />

Tricholoma saponaceum Seifen-Ritterling KA<br />

Tricholoma scalpturatum Gilbender Erd-Ritterling KA; FB; SW<br />

Tricholoma stiparophyllum Weißer Ritterling SW<br />

Tricholoma sulphureum Schwefel-Ritterling SE; WE; BK; KA; SW<br />

Tricholoma ustale Brandiger Ritterling SW<br />

Tricholoma virgatum Brennender Ritterling SW<br />

Tricholomopsis decora Olivgelber Holzritterling SW<br />

Tricholomopsis rutilans Purpurfilziger Holzritterling SE; KA; SW<br />

Tubaria conspersa Flockiger Trompetenschnitzling BÖ<br />

Tubaria furfuracea Sommer-Trompetenschnitzling BK; KA<br />

Tubaria hiemalis Winter-Trompetenschnitzling WE; LÜ: BÖ<br />

Tulasnella violea Lilafarbene Wachskruste BK<br />

Tylopilus felleus Gallen-Röhrling BK; UN; SW<br />

Typhula erythropus Blattstiel-Fadenkeulchen LÜ; BK; KA<br />

Typhula phacorrhiza Linsensklerotien-Fadenkeulchen KA; SW<br />

Typhula quisquilanis Adlerfarn-Fadenkeulchen SE; BK<br />

Volvariella gloiocephala Großer Scheidling BK; KA; UN; FB; SW<br />

Volvariella surrecta Parasitischer Scheidling BK<br />

Vuilleminia comedens Rindensprenger KA<br />

Xerula radicata Grubiger Wurzelrübling BK; KA; BÖ; SW<br />

103


Literatur:<br />

Bender, J., Siepe, K. & Wölfel, G.<br />

(2009-2011): Pilze in NRW. – URL:<br />

http://www.bender-coprinus.de/nrwlisten/_nrw__pilze.html<br />

Index Fungorum Partnership (2008):<br />

Index Fungorum. – URL: http://www.<br />

indexfungorum.org/<br />

Krieglsteiner, G. J. (1991): Verbreitungsatlas<br />

der Großpilze Deutschlands (West).<br />

<strong>Band</strong> 1: Ständerpilze; Teile A und B.<br />

– Stuttgart.<br />

Krieglsteiner, G. J. (1993): Verbreitungsatlas<br />

der Großpilze Deutschlands (West).<br />

<strong>Band</strong> 2: Schlauchpilze. – Stuttgart.<br />

Loos, G. H. (1999): Vorläufige Übersicht<br />

der Flechtenarten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />

– <strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

e. V. 4: 71-78.<br />

Loos, G. H. (2002): Beiträge zur Organismenwelt<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>. – <strong>Naturreport</strong>,<br />

Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> 6: 83-90.<br />

Loos, G. H. & Margenburg, K. (2008):<br />

Wiederausbreitung der epiphytischen<br />

Flechten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> - ein Siegeszug?<br />

– <strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.<br />

104<br />

Flora & Fauna<br />

Artomyces pyxidatus – Becherkoralle.<br />

V. 12: 70-77.<br />

Loos, G. H., Geyer, H. J., Hellmann, E.,<br />

Margenburg, B., Margenburg, K., Postler,<br />

E. & Postler, W. (2010): Beiträge zur<br />

Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> VII.<br />

– <strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

e. V. 14: 139-150.<br />

Rosenstengel, G. (2010): Zwei seltene<br />

Pilze in Westfalen. – Info-Magazin<br />

NABU Märkischer <strong>Kreis</strong>verband 2010:<br />

19.<br />

Runge, A. (1981): Die Pilzflora Westfalens.<br />

– Abhandlungen aus dem Landesmuseum<br />

für Naturkunde zu Münster in<br />

Westfalen 43 (1). Münster.<br />

Runge, A. (1986): Neue Beiträge zur<br />

Pilzflora Westfalens. – Abhandlungen<br />

aus dem Westfälischen Museum für<br />

Naturkunde 48 (1). Münster.<br />

Runge, F. (1979): Gutachten über die<br />

Vegetation des Lippegebietes zwischen<br />

Stockum bei Werne und Alstedde bei<br />

Lünen. Hrsg.: <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. – <strong>Unna</strong>.<br />

Sonneborn, I., Sonneborn, W. & Siepe,<br />

K. (1999): Rote Liste der gefährdeten<br />

Großpilze (Makromyzeten) in Nordrhein-Westfalen.<br />

2. Fassung. – Schriftenreihe<br />

der LÖBF 17: 259-294.


� Bilanz aus 30 Jahren Beobachtungen<br />

von Götz Heinrich Loos<br />

Zum Gedenken an Heinz Herkenrath<br />

Die heimliche Lebensweise vieler<br />

Säugetierarten, die zudem meist<br />

noch nachtaktiv sind und sich deshalb<br />

den üblichen naturkundlichen<br />

Beobachtungsgängen tagsüber entziehen<br />

sowie für deren Bestimmung<br />

teilweise Hilfsmittel, wie Fledermausdetektoren<br />

notwendig sind,<br />

macht ihre Erfassung schwierig.<br />

Trotzdem liegen nach langjährigen<br />

Beobachtungen für manche Gebiete<br />

hinreichende Bewertungen hinsichtlich<br />

Vorkommen und Häufigkeit vor,<br />

die bemerkenswerte Tendenzen in<br />

einer Veränderung des Arteninventars<br />

und der Bestandsentwicklung<br />

einiger Arten erkennen lassen.<br />

Die umfangreichste langjährige Teilraumbeobachtung<br />

von Säugetieren im<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> existiert für das Gemeindegebiet<br />

von Holzwickede: Herkenrath<br />

(1984) fasste seine Ergebnisse aus einer<br />

Beobachtungstätigkeit von 55 Jahren<br />

Flora & Fauna<br />

Arteninventar und Bestandsveränderungen<br />

der Säugetiere im Stadtgebiet Kamen<br />

Der Abendsegler hat im Bestand zugenommen. Foto: www.fotolia.de/belizar<br />

105


zusammen und konnte deshalb weitrei-<br />

chende Aussagen über Bestandsverän-<br />

derungen tätigen. Heinz Herkenrath als<br />

landesweit bekannter Säugetierkundler<br />

(u.a. Mitarbeit bei den Kartierungen<br />

und der Erarbeitung der westfälischen<br />

Säugetierfauna, die von Schröpfer, Feldmann<br />

& Vierhaus 1984 herausgegeben<br />

wurde; weitere Arbeiten siehe bei W.<br />

Loos & G. H. Loos 2003: 15 ff.) war er<br />

es auch, der eine erste Gesamtübersicht<br />

der zu diesem Zeitpunkt sicher vorhandenen<br />

nicht fliegenden Säugetierarten<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> verfasste (Herkenrath<br />

2000). Zuvor hatten bereits Devrient<br />

& Wohlgemuth (1995, 1996) die im<br />

<strong>Kreis</strong>gebiet nachgewiesenen Fledermausarten<br />

aufgelistet. Im Anschluss<br />

an diese Beiträge wurden einzelne Beobachtungen<br />

und Fundmitteilungen zu<br />

Säugetierarten in der Reihe „Beiträge<br />

zur Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>“<br />

(beginnend mit G. H. Loos 2002) in<br />

vorliegender Zeitschrift veröffentlicht.<br />

Gleichwohl gibt es noch nicht veröffentlichte<br />

Kenntnisse über andere Teilräume<br />

des <strong>Kreis</strong>gebietes aufgrund der Beobachtungen<br />

durch örtliche Naturkundler,<br />

die teils über das Säugetierinventar ihres<br />

Untersuchungsraumes gut informiert<br />

sind (v.a. H.-J. Pflaume in Lünen, der<br />

auch Beiträge zu den Artmonographien<br />

bei Schröpfer, Feldmann & Vierhaus<br />

1984 geliefert hat).<br />

106<br />

Flora & Fauna<br />

Neuerliche Tendenzen hinsichtlich<br />

der Wiederausbreitung von seit Langem<br />

ausgerotteten, ausgestorbenen oder<br />

verschollenen Arten einerseits und des<br />

Neuauftretens von Säugetier-Neubürgern<br />

andererseits sowie gezielte, technisch<br />

unterstützte Suchen nach bislang<br />

nicht oder unzureichend nachgewiesenen<br />

heimischen Arten haben in den letzten<br />

Jahren neue Erkenntnisse über das<br />

Arteninventar der Säugetiere im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> ergeben. In erster Linie sind hier<br />

die unlängst begonnenen Untersuchungen<br />

von J. O. Kriegs (LWL-Museum für<br />

Naturkunde, Münster) anzuführen, aber<br />

auch H. Herkenrath war, unterstützt u.a.<br />

durch J. Cornelissen, noch unmittelbar<br />

bis zu seinem Tode mit derartigen Feststellungen<br />

(besonders zur Ausbreitung<br />

des Nutria an der Ruhr) beschäftigt.<br />

Für das Stadtgebiet von Kamen fehlte<br />

bislang eine Gesamtübersicht der vorkommenden<br />

Säugetierarten und ihrer<br />

Bestandsentwicklung. Die meisten vorhandenen<br />

Angaben stammen aus mehr<br />

oder weniger zufälligen Beobachtungen<br />

oder der Kenntnis eines übersichtlichen<br />

Kleinraumes innerhalb der Stadtgrenzen<br />

(vgl. Zabel 1971 über Säugetierreste aus<br />

Gewöllen der Waldohreule in Methler,<br />

Loos & Römer 1988, 1991 über Tiere<br />

am Markt, Otten 1998 über Tiere im<br />

eigenen Garten). Auch ist die Zahl mehr<br />

oder weniger systematisch Beobach-<br />

tender und mit hinreichenden Artenkenntnissen<br />

versehenen naturkundlich<br />

Aktiver hier beschränkt. Einen Überblick<br />

der bis dahin bekannten wild lebenden<br />

Säugetiere im Stadtteil (Groß-)Methler<br />

gab W. Loos (1998a), der außer eigenen<br />

und den Beobachtungen des Verfassers<br />

Feststellungen der Herren H. Otten und<br />

H. Wullhorst berücksichtigt hat. Außer<br />

deren Angaben und insbesondere den<br />

teils gemeinsam mit W. Loos in einem<br />

Zeitraum von über 30 Jahren erhobenen<br />

Befunden des Verfassers gehen einzelne<br />

im vorliegenden Beitrag berücksichtigte<br />

Beobachtungen auf die Herren K.-H.<br />

Kühnapfel, H. Rabeneck, K. Seliger †<br />

und K.-F. Steffen (alle Kamen) zurück.<br />

Weiterhin konnten dankenswerterweise<br />

zahlreiche mündliche und schriftliche<br />

Berichte von Jägern, Landwirten, Biologielehrern,<br />

Schülerprojekten des Städtischen<br />

Gymnasiums sowie Anwohnern<br />

beziehungsweise Grundstücksbesitzern<br />

zu einzelnen Arten als Informationsquellen<br />

genutzt werden. Ein namentlicher<br />

Dank gilt der Familie Römer, die über<br />

Jahre immer wieder wertvolle Hinweise<br />

zu Bestandsentwicklungen aufgrund der<br />

Beobachtungen auf ihrem Hofgrund in<br />

Altenmethler gegeben hat.<br />

� Ausgestorbene Arten<br />

Mit W. Loos (1998a) darf man davon<br />

ausgehen, dass mindestens vor der


menschlichen Siedlungstätigkeit Arten<br />

wie Braunbär, Wolf und Auerochse im<br />

Kamener Stadtgebiet vorkamen – ganz<br />

zu schweigen von den eiszeitlichen und<br />

voreiszeitlichen Arten. Flurbezeichnungen<br />

mit „Wolf-“ und „Wulf-“ sind<br />

allerdings wohl nicht immer Hinweise<br />

auf ehemalige Wolfsvorkommen,<br />

sondern können auch Örtlichkeiten<br />

kennzeichnen, an denen wegen ihres<br />

Dickichtcharakters oder ähnlicher Ausprägung<br />

Wolfsvorkommen spekuliert<br />

beziehungsweise fantasiert wurden (vgl.<br />

Tyroller 1996: 1437 f.).<br />

Bei den Ausgrabungen im Bereich<br />

des ehemals unweit der Kamener Nordwestgrenze<br />

gelegenen Römerlagers in<br />

Bergkamen-Oberaden wurden Knochen<br />

von Rothirsch, Wasser-, Sumpf-,<br />

Feld- und Waldspitzmaus, Scher-, Erd-,<br />

Feld- und Waldmaus, von Maulwurf,<br />

Mauswiesel und Feldhase gefunden<br />

(Details bei Niethammer & Gemmeke<br />

1990, Gemmeke & Niethammer 1992,<br />

Flora & Fauna<br />

Der Wolf, ehemals heimisch im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, (noch) nicht wieder festgestellt. Foto: www.fotolia.de/Melissa Schale<br />

Lanser 1992). Verglichen mit heute sind<br />

von diesen Arten Rothirsch (Cervus<br />

elaphus), Sumpfspitzmaus (Neomys<br />

anomalus) und Feldspitzmaus (Crocidura<br />

leucodon) im gesamten <strong>Kreis</strong>gebiet<br />

erloschen. Zwar existiert von letzterer<br />

noch ein jüngerer Nachweis unweit der<br />

Ostgrenze des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> aus Werl<br />

(Vierhaus 1973, 1984), aber nach 1975<br />

hat sich die westliche Verbreitungsgrenze<br />

offensichtlich ein weiteres Stück nach<br />

Osten verschoben (vgl. Vierhaus 1984<br />

107


sowie Niethammer 1979, Frank 1984).<br />

Auch bei der Sumpfspitzmaus hat<br />

anscheinend eine Arealverschiebung<br />

stattgefunden und zwar nach Süden<br />

(vgl. Hutterer 1982, 1984, Gemmeke<br />

& Niethammer 1992).<br />

An weiteren Arten dürfte neben der<br />

vermutlich seit langer Zeit ausgestorbenen<br />

Hausratte (Rattus rattus) auch der<br />

Biber (Castor fiber) im Kamener Raum<br />

vorgekommen sein, immerhin gab es<br />

ihn noch um 1750 bei Werne und Cappenberg<br />

in größerer Zahl und das Vorkommen<br />

von Flur- und Gewässernamen<br />

mit „Bi(e)ber-“ bzw. „Bever-“ in der<br />

Umgebung Kamens (z. B. der Beverbach<br />

in Bergkamen) zeugt von einer ehemals<br />

weiten Verbreitung (Details und Literaturauswertung<br />

bei Feldmann 1984). Ob<br />

allerdings die neuerliche Ausbreitung<br />

des Bibers den Kamener Raum erreicht<br />

hat, ist ungewiss. H. Otten (mündl.<br />

Mitteilung) konnte bereits ein Exemplar<br />

in Bergkamen-Heil im Datteln-Hamm-<br />

Kanal schwimmend beobachten. Die<br />

Lippe als potenzieller Ausbreitungsweg<br />

der niederrheinischen Biber nach Osten<br />

wurde schon von Bünning, Bräsecke &<br />

Geiger-Roswora (2004) aufgezeigt.<br />

Für die Seseke war noch für den<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts das Vorkommen<br />

des Fischotters (Lutra lutra)<br />

verbürgt (vgl. Brandenburg 1950, auch<br />

erwähnt bei W. Loos 1998b). Diese Art<br />

108<br />

Flora & Fauna<br />

dürfte an den seinerzeit unverbauten<br />

Fließgewässern ebenfalls weit verbreitet<br />

gewesen sein. Rezente Beobachtungen<br />

des Fischotters aus Kamen in Zusammenhang<br />

mit den neuen Feststellungen<br />

im Münsterland (Kriegs & al. 2010)<br />

existieren jedoch nicht.<br />

� Fledermäuse<br />

Fledermäuse waren nach Angaben<br />

befragter älterer Personen in Kamen<br />

früher nahezu überall zu sehen – von<br />

der Innenstadt bis in die freie Landschaft.<br />

Dies scheint bis in die 1950er<br />

Jahre so gewesen zu sein. Bei Beginn der<br />

eigenen Beobachtungen um 1980 war<br />

es schwierig, überhaupt Fledermäuse<br />

hier zu finden. Devrient & Wohlgemuth<br />

(1995, 1996) nennen für Kamen nur<br />

eine am Markt (an der Rathaus-Apotheke)<br />

aufgefundene, nachfolgend<br />

gepflegte Wasserfledermaus (Myotis<br />

daubentoni) sowie ebenfalls aus der<br />

Innenstadt ein sterbendes Weibchen<br />

des Braunen Langohrs (Plecotus auritus).<br />

Weiter verbreitet ist jedoch der<br />

Abendsegler (Nyctalus noctula), von<br />

dem bereits in den 1960er Jahren ein<br />

Winterquartier in einer Eiche im Kurler<br />

Busch festgestellt wurde (Rost bei<br />

Schulte & Vierhaus 1984). Zumindest<br />

die Beobachtungen dieser Art haben<br />

seit den 1980er Jahren, als er fast nur<br />

noch an der Seseke, zum Beispiel an<br />

der Hilsingmühle regelmäßig gesehen<br />

wurde, aber besonders nach 1990<br />

deutlich zugenommen. In der Feldflur<br />

von Westick gelingen zeitweise häufiger<br />

Tagbeobachtungen gleich mehrerer<br />

Exemplare. Generell verteilen sich<br />

Beobachtungen jagender Tiere über<br />

das gesamte Stadtgebiet; nach wie vor<br />

ist die Seseke dabei ein Schwerpunkt,<br />

hinzu kommt die Umgebung der Heerener<br />

Wälder.<br />

Wasserfledermäuse wurden in den<br />

vergangenen drei Jahren mehrfach<br />

jagend an den renaturierten „Flüsschen“<br />

Seseke und Körne festgestellt.<br />

Auch diese Art ist in den 1980er Jahren<br />

bereits beobachtet worden, allerdings<br />

nur an einem Stillgewässer nahe des<br />

Heerener Holzes. Von einer Wohnung<br />

in Kamen-Mitte konnte vor einigen Jahren<br />

eine dort durch das offene Wohnzimmerfenster<br />

am Tage eingeflogene<br />

Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)<br />

nach einem rasch aufgenommenen<br />

Foto bestimmt werden – das muntere<br />

Tier war nach dem Einfangen und Heraustragen<br />

sehr schnell fort geflogen. Es<br />

darf davon ausgegangen werden, dass<br />

weitere Arten vorkommen. Aufgrund<br />

der überwiegenden Nachtaktivität<br />

und der Notwendigkeit, zur sicheren<br />

Bestimmung mindestens den Fledermausdetektor<br />

einzusetzen, besteht hier<br />

großer Forschungsbedarf.


� Insektenfresser<br />

Einige Spitzmausarten wurden bereits<br />

erwähnt. In Kamen konnten seit 1980<br />

regelmäßig Hausspitzmaus (Crocidura<br />

russula), Waldspitzmaus (Sorex araneus)<br />

und Schabrackenspitzmaus (Sorex coronatus)<br />

beobachtet werden, ohne dass<br />

Bestandsveränderungen aufgefallen<br />

sind. Wie bei Herkenrath (2000) erwähnt,<br />

ist die Schabrackenspitzmaus in<br />

Kamen häufiger als die Waldspitzmaus.<br />

Letztgenannte wurde in Siedlungsbereichen<br />

nur sehr selten beobachtet, wobei<br />

in der Regel Freiflächen in der Nähe<br />

waren (Wasserkurl, Methler). Dagegen<br />

kann die Schabrackenspitzmaus selbst<br />

in Gärten des Stadtzentrums festgestellt<br />

werden (z. B. an der Ängelholmer Straße<br />

und der Ostenmauer). In Westick wurde<br />

die Art über Jahre in Gärten gesehen, die<br />

allerdings strukturreich waren und sowohl<br />

offene Freiflächen als auch Gebüsche<br />

in der Nachbarschaft aufweisen.<br />

Die (Europäische) Wasserspitzmaus<br />

(Neomys fodiens) war bis zur Renaturierung<br />

der Bäche des Seseke-Körne-<br />

Gewässersystems nur sehr selten festzustellen<br />

(Südkamen, Methler; jeweils<br />

Einzelbeobachtungen), hat sich seitdem<br />

jedoch ausgebreitet und ist vor allem<br />

an der Körne und ihren Seitenbächen<br />

immer wieder zu sehen. Sie dürfte vor<br />

der Verschmutzung und vor allem der<br />

Kanalisierung der Bäche häufig gewesen<br />

Flora & Fauna<br />

Igel und Maulwurf sind noch regelmäßig im Stadtgebiet anzutreffen. Fotos: www.fotolia.de/JanetThorpe/Tramper2<br />

sein. Ebenfalls an der Körne gelang (an<br />

einer Uferböschung in Wasserkurl) 2010<br />

die erste sichere Beobachtung einer<br />

Zwergspitzmaus (Sorex minutus) für das<br />

Kamener Stadtgebiet. Entsprechend ist<br />

über ihre Verbreitung und Bestandsdynamik<br />

in Kamen noch nichts Näheres<br />

bekannt.<br />

Igel (Erinaceus europaeus) und Maulwurf<br />

(Talpa europaea) sind regelmäßig<br />

im Stadtgebiet anzutreffen. Trotz großer<br />

Nachstellungen ist der Maulwurf<br />

in Gärten der Siedlungsgebiete noch<br />

regelmäßig vorhanden, aber zurückgegangen.<br />

Jedoch sind alle öffentlichen<br />

und institutionellen Grünanlagen (Rasen,<br />

Parks, Friedhöfe und Sportplätze)<br />

109


esiedelt, teils in ungeheurer Menge (so<br />

z. B. zeitweilig im Rasen am Rathaus).<br />

Generell muss die Art aber als zurückgegangen<br />

betrachtet werden, weil in der<br />

freien Landschaft mit dem Rückgang<br />

des Grünlandes (Wiesen und Weiden)<br />

starke Bestandsverluste zu verzeichnen<br />

sind; Äcker und Säume werden seltener<br />

besiedelt. Auch der Igel ist zwischenzeitlich<br />

seltener geworden. Zwar konnten<br />

die zahllosen Straßenverkehrsopfer<br />

offenbar ausgeglichen werden, aber<br />

mit aufgeräumten Gärten und intensiver<br />

Agrarwirtschaft war es in den 1980er<br />

Jahren nicht einfach, erfolgreich nach<br />

Igeln zu suchen. Inzwischen existieren<br />

mehr Gärten mit Ecken, in denen Igel<br />

Unterschlupf finden und sich vermehren.<br />

Als Sympathieträger erfährt er auch<br />

immer wieder bewusste Fördermaßnahmen<br />

durch Schaffen entsprechender<br />

Strukturen in Gärten.<br />

� Nager<br />

Das wohl berüchtigste Nagetier ist<br />

die Wanderratte (Rattus norvegicus).<br />

Sicher lange in Kamen ansässig, ist aber<br />

der genaue Zeitpunkt ihres ersten Auftretens<br />

hier unbekannt. Zu den lange<br />

etablierten Populationen kommen Neueinschleppungen,<br />

beispielsweise durch<br />

Speditionsverkehr. Die Wanderratte unterliegt<br />

starken Populationsschwankungen,<br />

wobei Bekämpfungsmaßnahmen<br />

110<br />

Flora & Fauna<br />

örtlich zu einem zeitweiligen Rückgang<br />

führen, der aber in der Regel durch aus<br />

der Nachbarschaft neu einwandernde<br />

Tiere nach einer Zeit kompensiert wird.<br />

Eine sehr große Population außerhalb der<br />

Kanalisation, die sogar teilweise tagaktiv<br />

war, bestand um 2005 am Kamener<br />

Bahnhof.<br />

Unter den Mäusen ist die Hausmaus<br />

(Mus (musculus) domesticus) sicherlich<br />

die bekannteste. Früher war sie omnipräsent<br />

in allen Siedlungen und frei stehenden<br />

Häusern, in Lagern mit Getreide<br />

und Lebensmitteln sowie in Viehställen.<br />

Durch stärkere Kontrolle und Hygiene<br />

ist sie deutlich zurückgegangen, tritt<br />

aber immer noch verbreitet auf. Wie<br />

mehrfach beobachtet werden konnte,<br />

wandert sie entlang der Eisenbahn, so<br />

dass Neuvorkommen sowohl durch Einschleppung<br />

als auch durch Einwanderung<br />

zustande kommen können. Weit verbreitet<br />

und wohl relativ stabil im Bestand<br />

ist weiterhin die Waldmaus (Apodemus<br />

oder Sylvaemus sylvaticus), die stärkere<br />

Feuchte meidet, aber sonst in vielen<br />

Habitaten vertreten ist, vornehmlich in<br />

Gehölzen aller Art und Größe. Die verwandte<br />

Gelbhalsmaus (Apodemus oder<br />

Sylvaemus flavicollis) lebt hier vermutlich<br />

nahe ihrer westlichen Verbreitungsgrenze.<br />

Sie ist seltener als die Waldmaus, da<br />

sie bevorzugt in Hochwäldern vorkommt<br />

(konkrete Nachweise aus dem Kurler<br />

Busch und dem Heerener Holz, aber<br />

auch in Hecken und in einem Garten<br />

in Heeren wurde sie beobachtet). Die<br />

Zwergmaus (Micromys minutus) war vor<br />

den 1970er Jahren in (vor allem feuchten<br />

bis nassen) Wiesen und an Säumen<br />

zumindest in Methler und Westick nicht<br />

selten zu finden, meist festgestellt durch<br />

ihre an Halmen aufgehängten Nester. In<br />

der eigenen Beobachtungszeit gelangen<br />

noch einzelne Nachweise an der Seseke,<br />

im Bereich der Kläranlage sowie in<br />

Westick, Derne und Werve. Zumindest<br />

an der Seseke ist die Art jedoch durch<br />

starkes Brennnesselaufkommen verschwunden.<br />

In den 1980er Jahren gab<br />

es sogar Vorkommen an den ehemaligen<br />

Zechenbahntrassen, die aber inzwischen<br />

wohl ebenfalls erloschen sind.<br />

Unter den Wühlmäusen ist die Rötelmaus<br />

(Clethrionomys glareolus) wohl die<br />

häufigste Art in Kamen. Selbst mitten in<br />

der Innenstadt tritt sie in Gärten auf und<br />

ist jährlich anzutreffen. Wenig bekannt<br />

ist dagegen über die Kleinwühl- oder<br />

Kurzohrmaus (Pitymys subterraneus).<br />

Sie wurde viel in Eulengewöllen auf dem<br />

Friedhof Methler (Zabel 1971) sowie<br />

mehrfach lebend in Methler und im<br />

Kamener Osten beobachtet, aber wie<br />

verbreitet sie wirklich ist, konnte bisher<br />

nicht festgestellt werden. Dagegen sind<br />

Feldmaus (Microtus arvalis) und Erdmaus<br />

(Microtus agrestis) im gesamten


Eichhörnchen und Wildkaninchen sind weit verbreitet. Foto: www.fotolia.de/seawhisper/hfox<br />

Stadtgebiet regelmäßig beobachtet<br />

worden. Während die Erstgenannte<br />

Siedlungen offenbar ganz meidet,<br />

konnte die Erdmaus mindestens zweimal<br />

dort (gesichert je einmal in Mitte und<br />

Methler) beobachtet werden, jedoch in<br />

Gärten nahe des Siedlungsrandes. Auch<br />

scheint sie von den Bachrenaturierungen<br />

profitiert zu haben, jedenfalls wurde sie<br />

seit 2009 öfter an Körne und Seseke<br />

beobachtet. Weit verbreitet ist nach wie<br />

vor die Schermaus (Arvicola amphibius),<br />

auch wenn sie örtlich gewiss zurückgegangen<br />

ist. Am auffälligsten sind ihre<br />

Wühlspuren in Gärten – und dort kommt<br />

sie noch in allen Stadtteilen vor. Gleich<br />

mehrere schwimmende dunkel gefärbte<br />

Schermäuse beobachtete W. Loos vor<br />

über 25 Jahren im stillgelegten Freibad<br />

Kaiserau.<br />

� Bisam, Hörnchen, Haselmaus<br />

und Hasentiere<br />

Der Bisam (Ondatra zibethicus)<br />

erreichte den Kamener Raum gegen<br />

Ende der 1960er Jahre. Seitdem kann<br />

er regelmäßig an Stillgewässern beobachtet<br />

werden, sogar an Gartenteichen<br />

Flora & Fauna<br />

und neuerdings an den renaturierten<br />

Bächen. Seine Bestände sind allerdings<br />

anscheinend gegenüber den 1980er<br />

Jahren rückläufig.<br />

Unmittelbar an der Stadtgrenze, zwischen<br />

Kaiserau und Dortmund-Husen,<br />

wurden vor 1970 regelmäßiger und<br />

einmal zufällig nach 1980 Streifenhörnchen<br />

(Tamias sibiricus) beobachtet (vgl.<br />

G. H. Loos 1991). Über ihre Bestandsentwicklung<br />

und ein späteres Auftreten<br />

ist nichts Weiteres bekannt. Das Eichhörnchen<br />

(Sciurus vulgaris) ist dagegen<br />

ein einheimisches, verbreitetes Tier in<br />

111


Kamen. Nach einem gewissen Rückgang<br />

und Bestandsschwankungen hat es sich<br />

mittlerweile vor allem in Siedlungen deutlich<br />

ausgebreitet. Details hierzu und zur<br />

Verteilung der Fellfärbungstypen bleiben<br />

einer eigenen Darstellung vorbehalten.<br />

Ein einziger Bilch kam im Gebiet oder<br />

wenigstens nahe außerhalb in Dortmund<br />

die Haselmaus (Muscardinus avellanarius)<br />

vor. Nach Rehage & Steinborn (1984)<br />

wurde sie von K. Rost im Kurler Busch in<br />

den 1950er und 1960er Jahren mehrfach<br />

in Nistkästen gefunden. Neuere Beobachtungen<br />

fehlen jedoch. Im Allgemeinen<br />

handelt es sich um eine Art des Berglandes,<br />

die zunächst im Schwerter Stadtgebiet<br />

auftritt (vgl. Herkenrath 2000).<br />

Der Feldhase (Lepus europaeus) war<br />

nach Herkenrath (2000) vor dem Zweiten<br />

Weltkrieg im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> eines der<br />

häufigsten Säugetiere. Davon kann heute<br />

keine Rede mehr sein. Die Populationen<br />

schwanken von Jahr zu Jahr sehr stark,<br />

dennoch lassen sich in den agrarisch<br />

geprägten Räumen des gesamten Stadtgebietes<br />

bis heute Feldhasen beobachten.<br />

Die Vorkommen sind jedoch lückenhaft<br />

und im Großraum Methler ist ein zumindest<br />

örtlicher Rückgang zu konstatieren.<br />

Ähnlich schwanken die Vorkommen des<br />

allerdings viel häufigeren Wildkaninchens<br />

(Oryctolagus cuniculus) in Abhängigkeit<br />

von Epidemien. Dennoch ist es nicht<br />

selten geworden, sondern erschließt<br />

112<br />

Flora & Fauna<br />

neue Biotope: So sind die zuvor reichlich<br />

besiedelten Ufer der kanalisierten<br />

Bäche nach der Renaturierung vielfach<br />

wiederbesiedelt worden. Außerordentlich<br />

viele Tiere sieht man auf Rasen in<br />

Siedlungsbereichen, vor allem in Mitte<br />

und hier in manchen Jahren vornehmlich<br />

am Rathaus.<br />

� Fleischfresser<br />

Der Steinmarder (Martes foina) ist<br />

wohl der häufigste Fleischfresser in<br />

Kamen. Durch Rumoren im Dachboden<br />

oder angefressene Autokabel macht er<br />

– jedoch nur örtlich und vereinzelt – auf<br />

sich aufmerksam, obwohl man ihn nur<br />

selten selbst zu Gesicht bekommt. Er<br />

hat zweifellos abgenommen, ist aber<br />

im Bestand noch stabil (z. B. noch auf<br />

den meisten Bauernhöfen). Trotzdem<br />

ist eine weitere Bejagung dieses Tieres<br />

grundsätzlich abzulehnen, da sie keine<br />

sinnvollen Zwecke verfolgt. Auch<br />

Hermelin (Mustela erminea) und Iltis<br />

(Mustela putorius) sind in Kamen zwischen<br />

1980 und 2011 immer wieder,<br />

aber meist mit großen Abständen und<br />

sehr unregelmäßig beobachtet worden.<br />

Das Hermelin wurde nach 2000 öfter<br />

in Einzeltieren in Westick und Methler<br />

gesehen. Verglichen mit den Ausführungen<br />

bei Herkenrath (2000), ist das<br />

Mauswiesel (Mustela nivalis) dagegen in<br />

Kamen mindestens zerstreut vorhanden,<br />

hat aber nach 1990 wohl auch nach<br />

einem vorherigen Rückgang wieder<br />

zugenommen. Es kann z. B. an der Bahn<br />

regelmäßig beobachtet werden.<br />

Der Dachs (Meles meles) kam früher<br />

zumindest in Heeren und Rottum sicher<br />

vor, vermutlich auch in Südkamen. Über<br />

seinen aktuellen Bestand gibt es keine<br />

gesicherten Hinweise, daher darf er in<br />

Kamen als aussterbend betrachtet werden.<br />

Im Gegensatz dazu ist der Fuchs<br />

(Vulpes vulpes) noch vorhanden, aber<br />

alles andere als häufig und auch kein<br />

regelmäßiger Siedlungsbewohner wie<br />

in angrenzenden Ruhrgebietsstädten.<br />

Nach derzeitiger Erkenntnis ist er außer<br />

in Mitte noch in allen Stadtteilen mit<br />

einzelnen Bauen vertreten. Ein Neubürger<br />

ist der Waschbär (Procyon lotor),<br />

der schon vor einigen Jahren in Methler<br />

beobachtet wurde. Wahrscheinlich ist<br />

er schon häufiger als bemerkt; zufällig<br />

konnten 2010 Spuren im Schnee<br />

an der Wittenberger Straße in Mitte<br />

festgestellt werden, außerdem gibt es<br />

Beobachtungen von der Umgebung der<br />

Eisenbahn in Mitte. Ein anderer Neubürger,<br />

der Marderhund (Nyctereutes procyonoides),<br />

ist angeblich kürzlich nahe<br />

außerhalb in Bergkamen beobachtet<br />

worden (I. Jädtke, Bergkamen, mündl.<br />

Mitteilung). Ebenfalls nicht heimisch,<br />

aber ein alter Kulturbegleiter ist die<br />

Hauskatze (Felis silvestris f. catus), die


jedoch primär Haustier ist und scheinbar<br />

zunehmend seltener verwildert. Für die<br />

Nachkriegszeit ist belegt, dass zahlreiche<br />

verwilderte Katzen vorkamen, aber<br />

spätestens seit den 1970er Jahren hat<br />

die Zahl derartiger Exemplare beständig<br />

abgenommen.<br />

� Reh und Schwein<br />

Bleiben abschließend noch die Paarhufer<br />

zu besprechen, von denen lange<br />

Zeit das Reh (Capreolus capreolus) in<br />

Kamen allein vorgekommen ist. Die Bestandsgrößen<br />

im Stadtgebiet sind stabil,<br />

sämtliche Waldgebiete sind besetzt und<br />

von dort aus streifen die Rehe in die<br />

Ackerfluren und in anderes offenes oder<br />

leicht bebuschtes Gelände (z. B. an der<br />

Körne nach der Renaturierung mehrfach<br />

beobachtet). In den Siedlungsbereichen<br />

wurden sie jedoch bislang kaum beobachtet,<br />

es sei denn, der Wald grenzt<br />

unmittelbar an Gärten, so dass sie in den<br />

jeweiligen Garten übertreten (so einzeln<br />

in Wasserkurl und Heeren).<br />

Das Wildschwein (Sus scrofa) wird<br />

noch von Herkenrath (2000) als mehr<br />

oder weniger unsteter Gast im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> behandelt, inzwischen haben sich<br />

die Verhältnisse aber gewandelt und die<br />

Art kann als eingebürgert angesehen<br />

werden. Sogar im waldarmen Kamener<br />

Stadtgebiet hat nach Auskunft von Jägern<br />

eine Sau in einem Wald bei Derne<br />

Frischlinge zur Welt gebracht. Daher<br />

darf das Wildschwein als Neubürger<br />

Kamens gelten.<br />

Literatur:<br />

Brandenburg, F. (1950): Der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, die<br />

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Flora & Fauna<br />

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Foto: www.fotolia.de/zolastro<br />

Devrient, I. & Wohlgemuth, R. (1996): Fledermäuse<br />

im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. – 1. Ergänzung zur Informationsschrift<br />

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113


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aus dem Westfälischen Museum für<br />

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Schröpfer, R., Feldmann, R. & Vierhaus, H.<br />

(Hrsg.), Die Säugetiere Westfalens, Abhandlungen<br />

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Landeskunde 5: 80-83.


� Wenn guter Rat teuer ist<br />

von Klaus Klinger und<br />

Kerstin Conrad<br />

Nachdem im damaligen Landschaftsschutzgebiet<br />

„Cappenberger<br />

Wald“ im Juni 2006 eine etwa<br />

42 Hektar große Naturwaldzelle<br />

ausgewiesen worden war, erlangten<br />

die „Wälder bei Cappenberg“<br />

im Dezember 2007 Rechtskraft als<br />

Naturschutzgebiet. Mit 674 Hektar<br />

ist dieses Naturschutzgebiet im an<br />

sich sehr waldarmen <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> der<br />

größte zusammenhängende Waldkomplex.<br />

Seine alten, traditionellen Baumbestände<br />

sind von hoher ökologischer,<br />

naturraumübergreifender Bedeutung.<br />

Bereits 2004 fanden die „Wälder bei<br />

Cappenberg“ Eingang in die Liste europäischer<br />

Flora-Fauna-Habitat-Gebiete<br />

(FFH-Gebiete). Anschließend wurde<br />

ihr Status im Zuge ihrer Ausweisung als<br />

Naturschutzgebiet vor Ort auch formell<br />

festgeschrieben. Entsprechend wurde<br />

ein sogenanntes Sofortmaßnahmenkonzept<br />

(SOMAKO) erarbeitet, das Aussa-<br />

In diesem Totholzbaum steckt Leben.<br />

Fotos/Abbildungen: Biologische Station<br />

Flora & Fauna<br />

Naturschutz im Cappenberger Wald – Quo vadis?<br />

gen zum Ist-Zustand und zur Pflege und<br />

Entwicklung des FFH-Gebietes macht.<br />

Schutzwürdig sind die hohe Flächenanteile<br />

einnehmenden, wertvollen<br />

FFH-Lebensraumtypen Hainsimsen-<br />

Buchenwald, Waldmeister-Buchenwald,<br />

Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald<br />

sowie in Bachnähe Erlen-Eschenwald.<br />

Darüber hinaus gilt es, die Funktion des<br />

Waldes für verschiedene Vogel- und<br />

Fledermausarten sowie weitere Tierarten<br />

zu bewahren. Neben bedeutenden<br />

Vorkommen des Feuersalamanders und<br />

Mittelspechts (s. Fachbeitrag: „Der<br />

Feuersalamander im Cappenberger<br />

Wald“ und „Der heimliche Quäker<br />

bangt um seinen Wald – Mittelspechte<br />

bei Cappenberg“ in diesem Heft) sei an<br />

dieser Stelle auf das Vorkommen von<br />

Hohltaube, Schwarzspecht, Kleinspecht,<br />

Wespenbussard, Großem Abendsegler<br />

und Schillerfalter hingewiesen.<br />

Da sich die Waldflächen in Privatbesitz<br />

befinden, wurden nach der Anerkennung<br />

als europäisches Schutzgebiet<br />

zwischen Eigentümer, Land NRW und<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> vertraglich Vereinbarungen<br />

getroffen, die den guten Erhaltungszu-<br />

115


stand des Gebietes mit seinen wertge-<br />

benden Waldlebensräumen, Tier- und<br />

Pflanzenartenvorkommen sichern sollen.<br />

Die Vertragskulisse schließt nahezu das<br />

gesamte FFH-Gebiet ein. Im Rahmen der<br />

Vereinbarungen, deren Laufzeit 2017<br />

endet, sind in den über 120 Jahre alten<br />

Laubholzbeständen pro Hektar zehn<br />

ökologisch bedeutsame Altbäume und<br />

1<strong>16</strong><br />

Flora & Fauna<br />

Gut strukturierter, alter Buchenwald mit Naturverjüngung.<br />

flächendeckend alle vorkommenden<br />

Horst- und Höhlenbäume sowie stehendes<br />

und liegendes Totholz mit einem<br />

Durchmesser von mehr als 50 Zentimeter<br />

zu erhalten. Als Altbaum-Zielarten gibt<br />

das SOMAKO gemäß der natürlichen<br />

Baumartenverteilung der vorliegenden<br />

Waldlebensraumtypen Stieleiche, Rotbuche<br />

und Hainbuche vor.<br />

� Praktische Probleme<br />

In dem oben genannten vertraglich<br />

fixierten Förderrahmen waren bis 2011<br />

jedoch noch keinerlei Bäume ausgesucht<br />

worden.<br />

Für den Herbst 2011 plante der Eigentümer<br />

die vertragskonforme forstliche<br />

Nutzung einer circa 130 Hektar großen<br />

Teilfläche. Diese liegt im Kernbereich des


Übersicht über alle markierten Bäume innerhalb des Kartierungsgebietes (rote Umrandung); hellgrün unterlegt sind über 120<br />

Jahre alte Laubholzbestände.<br />

Cappenberger Waldes, dem Kohusholz,<br />

und grenzt an die Naturwaldzelle an.<br />

Mit den erforderlichen GPS-gestützten<br />

Kartierungs- und Markierungsarbeiten<br />

hinsichtlich der zu fördernden Bäume<br />

beauftragte die Untere Landschaftsbehörde<br />

des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> die Biologische<br />

Station.<br />

Insgesamt wurden 1.3<strong>16</strong> Bäume markiert.<br />

Dazu zählen 343 Totholzbäume,<br />

63 Höhlen- und Horstbäume (keine<br />

Altbäume) sowie 910 Altbäume, von<br />

denen 256 zugleich Höhlen- und/oder<br />

Horstbäume sind.<br />

Die bloßen Zahlen sind auf den ersten<br />

Blick recht beeindruckend. Erst bei<br />

Flora & Fauna<br />

genauerer Betrachtung wird ersichtlich,<br />

dass diese nur bedingt den realen<br />

Zustand der zu kartierenden Waldfläche<br />

widerspiegeln. Einerseits liegen<br />

einige ökologisch sehr hochwertige<br />

Unterabteilungen vor, die sich durch<br />

ein vollständiges Altholz- und lebensraumtypisches<br />

Gehölzinventar, hohe<br />

117


strukturelle Vielfalt sowie bedeutsame<br />

Totholz- und Höhlenbaumvorkommen<br />

auszeichnen. Andererseits wurde im<br />

Laufe der Kartierungsarbeiten deutlich,<br />

dass in vielen anderen Unterabteilungen<br />

die bereits erfolgte forstliche Nutzung zu<br />

einer zu starken Auflichtung der ehemals<br />

geschlossenen Altbaumbestände geführt<br />

hatte. In mehreren Unterabteilungen<br />

standen nicht mehr genügend Altbäume<br />

bzw. nicht mehr die vorgegebenen<br />

Altbaum-Zielarten zur Verfügung, um<br />

das vertraglich vereinbarte Soll von 10<br />

Altbäumen/ha zu erfüllen. Die intensive<br />

forstliche Nutzung wirkt sich möglicherweise<br />

auch negativ auf die Bestandssituation<br />

von Mittelspecht, Schwarzspecht,<br />

Großem Abendsegler und Co aus.<br />

Nicht zuletzt sind auch der Boden, die<br />

empfindliche Krautschicht, die sich aus<br />

zahlreichen, die Waldlebensraumtypen<br />

charakterisierende Frühjahrsgeophyten<br />

zusammensetzt sowie das Waldinnenklima<br />

betroffen.<br />

118<br />

Flora & Fauna<br />

Insgesamt gesehen wird so das FFH-<br />

Schutzziel „Erhaltung und Entwicklung naturnaher<br />

Wälder mit ihrer typischen Fauna<br />

und Flora mit Ausrichtung auf natürliche<br />

Waldgesellschaften sowie auf alters- und<br />

strukturdiverse Bestände“ nicht erreicht.<br />

Da die „10 Altbäume/ha-Regelung“ eine<br />

intensive forstliche Nutzung zulässt und<br />

zudem die zwingend notwendige Kartierung,<br />

Markierung und Überwachung<br />

der zu fördernden Bäume sehr zeit- und<br />

kostenaufwendig ist, kann diese Schutzstrategie<br />

nicht zielführend sein.<br />

� Wohin soll’s gehen?<br />

Im Waldnaturschutz sind vielmehr<br />

flächenwirksame Schutzstrategien<br />

anzustreben, die über den bisherigen<br />

Einzelbaumschutz deutlich hinausgehen.<br />

Um den Anforderungen des Ökosystems<br />

Wald nachhaltig zu genügen, muss<br />

sie die Bewirtschaftungsform bzw.<br />

die Nichtbewirtschaftung des Waldes<br />

mit einbeziehen. In Frage kommt hier<br />

beispielsweise die Überantwortung<br />

des Waldes in die öffentliche Hand mit<br />

anschließender extensiver, naturnaher<br />

Waldbewirtschaftung. Eine weitere, aus<br />

Naturschutzsicht sehr wünschenswerte<br />

Alternative wäre eine großflächige Ausweisung<br />

eines sogenannten Wildnisgebietes.<br />

Die Naturschutzkonzeption des<br />

Landes NRW „Wildnisgebiete“ zielt in<br />

erster Linie auf Staatswald ab. Das Netz<br />

von Wildnisgebieten kann auf freiwilliger<br />

Basis jedoch auch auf Privatwald ausgeweitet<br />

werden. Der Waldeigentümer<br />

hat bereits sein grundsätzliches Interesse<br />

an einem flächendeckenden Schutz<br />

signalisiert. Derzeit wird auch geprüft,<br />

ob die Einrichtung eines circa 70 Hektar<br />

großen sogenannten Friedwaldes bzw.<br />

Ruheforstes im Cappenberger Wald<br />

mit Naturschutzzielen in Einklang zu<br />

bringen ist ...<br />

Welchen Weg die Cappenberger<br />

Wälder nehmen werden, wird sich schon<br />

bald entscheiden müssen.


� Der Feuersalamander im Cappenberger Wald<br />

Dem Regenmännchen auf der Spur<br />

von Stefan Kauwling<br />

Durch seine kräftige Gestalt und<br />

das auffällige gelb-schwarze Zeichnungsmuster<br />

ist der Feuersalamander<br />

mit keinem anderen heimischen<br />

Amphibium zu verwechseln. Er trägt<br />

je nach regionaler Mundart eine<br />

Vielzahl volkstümlicher Namen.<br />

Beispielsweise verweisen Bezeichnungen<br />

wie Regenmännchen oder<br />

Regenmolch schon deutlich auf<br />

Aspekte seiner Lebensweise: der<br />

dämmerungs- und nachtaktive Feuersalamander<br />

verlässt normalerweise<br />

nur bei höherer Luftfeuchtigkeit<br />

seine Verstecke wie Bodenhohlräume<br />

und Totholz. Bei regnerischem<br />

Wetter kann er aber besonders nach<br />

Trockenphasen bisweilen auch tagsüber<br />

beobachtet werden. Der Name<br />

Feuersalamander rührt vermutlich<br />

daher, dass Menschen in früherer<br />

Zeit glaubten, die Tiere mit ihren<br />

giftigen Hautsekreten seien nicht<br />

nur totbringend, sondern auch in der<br />

Lage Feuer zu löschen – also warf<br />

man sie in Brandherde!<br />

Abbildung 1: Adulter Feuersalamander<br />

mit Bergmolch im Landversteck. Fotos:<br />

Kauwling<br />

Bei der in Westfalen heimischen<br />

Unterart (Salamandra salamandra terrestris)<br />

sind Streifen-Fleckenmuster<br />

Flora & Fauna<br />

charakteristisch, s. Abbildung 1. Die<br />

Larven hingegen sind unauffällig dunkel<br />

grau bis braunschwarz gefärbt. Die sich<br />

nach der Metamorphose ausbildenden<br />

Zeichnungsmuster kennzeichnen die<br />

Tiere individuell. Der Feuersalamander ist<br />

in Mittel- und Südeuropa weit verbreitet.<br />

Die Nordgrenze des Verbreitungsgebietes<br />

erstreckt sich unter anderem durch<br />

Nordwestdeutschland. In Nordrhein-<br />

Westfalen ist die Art vor allem in der<br />

Mittelgebirgsregion flächig verbreitet,<br />

während die Tiefländer nur isoliert besiedelt<br />

sind. Auch in der Westfälischen Bucht<br />

stellt sich das Verbreitungsbild lückig<br />

dar, wobei vor allem alte Waldbestände<br />

Verbreitungsinseln darstellen.<br />

Typische Lebensräume des Feuersalamanders<br />

sind feuchte, von Quellbächen<br />

durchzogene Laubmischwälder. Seine<br />

Laichgewässer sind nährstoffarm, kühl<br />

und weisen nur geringe Temperaturschwankungen<br />

auf. Dort nutzen sie<br />

fischfreie und nur schwächer durchströmte<br />

Bereiche. Solche Verhältnisse sind<br />

besonders in Quelltümpeln und -bächen<br />

realisiert. Hier ernähren sich die Larven<br />

räuberisch von Wasserinsekten und an-<br />

119


deren Gliederfüßlern. Als Tagesverstecke<br />

und Winterquartiere kommen Höhlungen<br />

unterschiedlichster Art in Frage, wenn sie<br />

die entsprechenden mikroklimatischen<br />

Bedingungen aufweisen. Essenziell sind<br />

ausreichend kühle und feuchte Verhältnisse<br />

sowie Frostsicherheit. Auch die<br />

landlebenden adulten Tiere sind Prädatoren,<br />

ihr Beutespektrum ist breiter:<br />

Schnecken, Regenwürmer, Insekten et<br />

cetera.<br />

Das Frühjahr 2011 fiel in Norddeutschland<br />

ausgesprochen niederschlagsarm<br />

und trocken aus. Die monatlichen<br />

Niederschlagsummen blieben in den<br />

Frühjahrsmonaten um bis zu 50 Prozent<br />

hinter den langjährigen Mitteln zurück<br />

(www.holz.nrw.de ... s. 27). Die geringen<br />

Niederschläge führen neben einer geringeren<br />

Versickerungsrate natürlich auch zu<br />

einem verringerten Oberflächenabfluss.<br />

Dies lies sich unter anderem deutlich an<br />

der Wasserführung insbesondere der<br />

Fließgewässer ablesen.<br />

Viele der zumeist kleineren Bäche und<br />

Gräben im Naturschutzgebiet Wälder bei<br />

Cappenberg fielen daher teilweise schon<br />

im zeitigen Frühjahr abschnittsweise und<br />

im weiteren Jahresverlauf auch vollständig<br />

trocken. Lokal verblieben nur kleinere,<br />

offene Wasserstellen und Kolke, die über<br />

die Sommermonate hinweg Wasser<br />

führten. Diese Situation erwies sich als<br />

günstig, um eine flächige Kartierung der<br />

120<br />

Flora & Fauna<br />

potentiellen und der aktuell genutzten<br />

Laichgewässer des Feuersalamanders<br />

durchzuführen.<br />

� Methodik<br />

Als aquatische Larven sind die Feuersalamander<br />

in dieser Lebensphase obligat<br />

an Gewässer gebunden. Die Gesamtlänge<br />

der Gräben und Bachläufe beträgt in den<br />

drei Teilgebieten des Naturschutzgebietes<br />

immerhin mehr als 44 Kilometer, von<br />

denen ein Großteil im Spätfrühjahr 2011<br />

kontrolliert wurde und nur offensichtlich<br />

trockengefallene kleinere Schlitz- und<br />

Entwässerungsgräben nicht abgegangen<br />

wurden. Die Anzahl zu untersuchender<br />

Gewässerabschnitte reduzierte sich unter<br />

den gegebenen hydrologischen Bedingungen<br />

erheblich und beschränkte sich<br />

auf die Wasser führenden Abschnitte.<br />

Ein besonderes Augenmerk galt tieferen<br />

Restwasserstellen, die intensiv auf die<br />

unscheinbaren Larven abgesucht wurden.<br />

Zusätzlich wurden eine Reihe von<br />

Still-(Klein-)gewässern untersucht. In der<br />

Regel handelte es sich dabei um perennierende,<br />

d.h. dauerhaft wasserführende,<br />

Bombentrichter. Ihr Durchmesser beträgt<br />

oft um zehn Meter, sie sind bis circa 2,5<br />

Meter tief. Andere Kleingewässer sind<br />

vermutlich aus ehemaligen Sandentnahmen<br />

entstanden.<br />

Die Anzahl vorgefundener Larven<br />

wurde notiert, bei individuenreicheren<br />

Vorkommen auch als Größenklasse<br />

geschätzt. Alle Fundpunkte wurden zur<br />

Dokumentation und Reproduzierbarkeit<br />

mit einem Hand-GPS-Empfänger eingemessen.<br />

� Ergebnisse<br />

Insgesamt konnten 62 Fundpunkte<br />

von Feuersalamanderlarven kartiert<br />

werden, s. Abbildung 2. Davon entfielen<br />

52 auf die verschiedenen Fließgewässer<br />

und zehn auf Stillgewässer. Die individuenreichsten<br />

Vorkommen sind an einem<br />

kleinen, namenlosen Bachlauf im Norden<br />

des Kohusholz lokalisiert. Hier wurde an<br />

einigen Fundpunkten die Bestandsgröße<br />

auf bis zu mehrere Hundert Feuersalamanderlarven<br />

geschätzt. Die Funne weist<br />

im wesentlichen auf zwei Abschnitten<br />

eine Anzahl von Fundpunkten auf. Der<br />

Gerlingbach, der das Kohusholz im<br />

Süden durchfließt, ist zusammen mit<br />

einem Nebenbach durchgängig besiedelt.<br />

Individuenreiche Vorkommen<br />

können auch in den beiden anderen<br />

Teilflächen des Naturschutzgebietes<br />

gefunden werden: Solange der Passbach<br />

geschlossenen Waldbestand durchfließt<br />

(„Wolfsschlucht“), befinden sich auch<br />

hier eine Reihe von Restwasserkolken<br />

mit teilweise größeren Abundanzen an<br />

Larven. Die Nachweise aus dem Südholz<br />

stellen sich insgesamt lückiger dar: An<br />

einem Stillgewässer und einem dauerhaft


Abbildung. 2: Fundpunkte von Feuersalamanderlarven im Naturschutzgebiet Wälder bei Cappenberg; die Größe der <strong>Kreis</strong>symbole<br />

repräsentiert die Anzahl der Larven am Fundort; Rot umrandet: NSG-Flächen; Grün: Waldgebiete; Blau: Gewässer.<br />

Abbildungen: Biologische Station<br />

Wasser führenden Bachlauf konnten nur<br />

wenige kleinere Vorkommen lokalisiert<br />

werden. Die Abundanzen an Feuersalamanderlarven<br />

sehen an den Fundpunkten<br />

wie in der Tabelle 1 aus.<br />

Zum deutlich überwiegenden Teil werden<br />

die Larven also in kleineren Gruppen<br />

von bis zu zehn Individuen festgestellt.<br />

Kleingruppen bis zu 50 Tiere werden an<br />

fast 80 Prozent der Fundpunkte vorge-<br />

Flora & Fauna<br />

funden. An etwa jedem siebten Fundpunkt<br />

wurden die Abundanzen auf bis zu<br />

100 Tiere geschätzt. Ausnahmen sind die<br />

sehr individuenreichen Larvalfundorte,<br />

wobei ein Fundpunkt mit geschätzt etwa<br />

121


Gewässer Anzahl Fundpunkte Prozentualer Anteil<br />

Funne 14 22,6<br />

Passbach 13 21,0<br />

Gerlingsbach 12 19,4<br />

Namenloser Bachlauf 11 17,7<br />

Bombentrichter 8 12,9<br />

Waldtümpel 2 3,2<br />

Graben 2 3,2<br />

Tabelle 2: Verteilung der Fundpunkte von Feuersalamanderlarven auf verschiedene<br />

Gewässertypen.<br />

800 Individuen deutlich herausstach. Am<br />

durchgängigsten sind die natürlichen<br />

oder naturnah ausgeprägten Bachläufe<br />

besiedelt, an denen über 80 Prozent der<br />

Fundpunkte liegen. So konnten an den<br />

vier bedeutendsten Bachläufen im Naturschutzgebiet<br />

Wälder bei Cappenberg<br />

jeweils über 10 Fundpunkte ausgemacht<br />

werden, s. Tabelle 2. Mit zwei Waldtümpeln<br />

und acht besiedelten Bombentrichtern,<br />

das entspricht etwa <strong>16</strong> Prozent aller<br />

Fundpunkte, sind auch die Stillgewässer<br />

bedeutende Reproduktionsorte für den<br />

122<br />

Flora & Fauna<br />

Anzahl Larven pro Fundpunkt Anzahl Fundpunkte Prozentualer Anteil<br />

1-9 25 40,3<br />

10-49 17 38,7<br />

50-99 9 14,5<br />

100-499 3 4,8<br />

>500 1 1,6<br />

Tabelle 1: Anzahl von Feuersalamanderlarven pro Fundpunkt.<br />

Feuersalamander. An wegebegleitenden<br />

Gräben oder Entwässerungsgräben findet<br />

die Art nur in geringem Umfang Orte<br />

mit geeigneten Habitatstrukturen vor.<br />

In einigen Reproduktionsgewässern<br />

war der Feuersalamander weiteren Amphibienarten<br />

wie Erdkröte, Grasfrosch,<br />

Berg- und Teichmolch vergesellschaftet.<br />

� Diskussion<br />

Bei den heute isoliert in der Westfälischen<br />

Tieflandsbucht liegenden Vorkommen<br />

des Feuersalamanders handelt es<br />

sich um Reliktvorkommen eines ehemals<br />

geschlossenen westfälischen Verbreitungsbildes<br />

(FELDMANN & KLEWEN<br />

1981). Wenngleich das Areal für eine<br />

montan bis submontan verbreitete Art<br />

spricht, ist der Feuersalamander doch<br />

eher eine silvicole, also an Wälder gebundene,<br />

Art. Dabei zeigt er in Westfalen eine<br />

deutliche Präferenz für alte, bodenfeuchte<br />

Buchenwälder. Die isolierten Fundorte<br />

in der Tieflandsregion liegen besonders in<br />

den alten, herrschaftlichen Wäldern, die<br />

wohl über Jahrhunderte forstlich genutzt,<br />

aber niemals vollständig gerodet wurden,<br />

wie der Wolbecker Tiergarten (MS), der<br />

Bagno (ST) oder eben den Cappenberger<br />

Wäldern. Die Populationen dieser Wälder<br />

sind teilweise schon seit Jahrhunderten<br />

stark isoliert. Die hiesigen Vorkommen<br />

liegen im TK-Blatt 4311 wie ein Vorposten<br />

hin zum nach Norden über weite<br />

Strecken unbesiedelten Münsterland.<br />

Weitere Fundpunkte existieren aus den<br />

benachbarten Messtischblatt-Quadranten.<br />

Nach Süden hat das Vorkommen<br />

„Anschluss“ zum geschlossenen Verbreitungsgebiet<br />

im Süderbergland – dies<br />

allerdings nur kartographisch – die stark<br />

zersiedelte Landschaft des angrenzenden<br />

Ballungsraumes lässt nicht vermuten,<br />

dass es einen Austausch mit diesen Populationen<br />

gibt.<br />

Eine Aussage über die Populationsgröße<br />

des Feuersalamanders im Natur-


schutzgebiet Wälder bei Cappenberg aus<br />

den Funddaten von Larven abzuleiten<br />

gelingt nicht. Die Methode Larven vermittels<br />

Auszählen zu quantifizieren unterliegt<br />

schon bei der Geländeerhebung<br />

einer nicht kalkulierbaren Fehlerquote.<br />

Feuersalamander sind ovovivipar, d.h.<br />

die Larvalentwicklung vollzieht sich zum<br />

Teil schon im Muttertier und die Weibchen<br />

gebären selbstständige Larven.<br />

Durchschnittlich geben die Weibchen<br />

etwa 30 Larven an geeigneten, strömungsberuhigten<br />

Zonen des Gewässers<br />

ab (THIESMEIER & GÜNTHER 1996).<br />

Die hohe Anzahl von Fundpunkten mit<br />

nur einer Larve lässt auf Verdriftungen<br />

von Tieren vom „Geburtsort“ schließen<br />

[THIESMEIER & DALBECK 2011 gehen<br />

schon bei natürlichen Verhältnissen von<br />

einer Quote von mehr als 30 % verdrifteter<br />

Larven aus]. Bei den Fundorten mit<br />

höheren Abundanzen ist eine einfache<br />

Division durch die „Geburtenrate“ auch<br />

nicht hilfreich, da bei dem trockenen<br />

Frühjahr 2011 wohl auch von einer<br />

höheren Mortalitätsrate der Larven<br />

in trockengefallenen Bachabschnitten<br />

ausgegangen werden muss.<br />

Vermutlich sind mit dem zeitigen<br />

und ausgedehnten Trockenfallen auch<br />

eine Reihe von Laichplätzen in 2011<br />

ausgefallen, die sonst in „Normaljahren“<br />

geeignete Reproduktionsbedingungen<br />

aufweisen würden. Mindestens an<br />

den Fundorten, an denen viele Larven<br />

nachgewiesen wurden, muss von kleineren<br />

Laichgemeinschaften aus mehreren<br />

Weibchen ausgegangen werden.<br />

Auch in der Literatur sind extrem hohe<br />

Larvendichten in Restwassertümpeln<br />

beschrieben, die als Folge der sukzessiven<br />

Austrocknung von Bachläufen<br />

beobachtet wurden, vgl. THIESMEIER<br />

& DALBECK (2011).<br />

Eine Schätzung der Anzahl adulter<br />

Feuersalamander muss hier unterbleiben.<br />

Aus mit den Cappenberger<br />

Wäldern vergleichbaren Waldgebieten<br />

werden aber Populationsgrößen von bis<br />

zu mehreren tausend Tieren genannt.<br />

Auf weiten Flächen bieten die Cap-<br />

Flora & Fauna<br />

Abbildung 3: Typischer, von Feuersalamanderlarven bewohnter Bachabschnitt.<br />

penberger Wälder von der Zusammensetzung<br />

der Waldtypen her geeignete<br />

Voraussetzungen für die Etablierung einer<br />

stabilen Feuersalamanderpopulation.<br />

Im 674 ha großen Naturschutzgebiet dominieren<br />

verschiedene Laubmischwaldbestände<br />

- Nadelwälder nehmen geringere<br />

Flächenanteile ein. Die Laubwälder<br />

sind zu großen Teilen durch europäisches<br />

Naturschutzrecht geschützte Waldtypen<br />

wie z.B. Waldmeister-Buchenwälder<br />

oder Auwälder an Fließgewässern. Viele<br />

Bestandeseinheiten weisen bereits ein<br />

fortgeschrittenes Alter und einen hohen<br />

Strukturreichtum auf, die in Verbindung<br />

mit den naturnahen Bachsystemen eine<br />

erhebliche Bedeutung nicht nur für den<br />

123


Feuersalamander erlangen, sondern per<br />

se eine besondere ökologische Wertigkeit<br />

für viele Organismengruppen besitzen.<br />

� Gefährdungen / Schutz<br />

Viele für Amphibienarten typische<br />

Gefährdungen existieren allgemein<br />

auch für den Feuersalamander. Auch für<br />

die Vorkommen in den Cappenberger<br />

Wäldern sind verschiedene Gefährdungskomplexe<br />

ablesbar. Von der forstwirtschaftlichen<br />

Nutzung gehen sowohl<br />

für die Landhabitate als auch für die<br />

Laichgewässer unmittelbare Gefahren<br />

aus. Durchforstungen und Umwandlung<br />

der Waldbestände können den Gesamtlebensraum<br />

stark verändern und flächig<br />

unbrauchbar machen.<br />

Latente Gefahren können auch aus<br />

Veränderungen des Wasserhaushaltes<br />

ausgehen. Dies kann im großen Maßstab<br />

den Oberflächenabfluss und die Grundwasserneubildungsrate<br />

sowie die damit<br />

korrespondierende Wasserführung in<br />

den Graben- und Bachsystemen betreffen,<br />

mithin also den Fortpflanzungsraum<br />

des Feuersalamanders. Im Kleinen können<br />

diese wichtigen Reproduktionsorte<br />

mit ihren spezifischen, für den Feuersalamander<br />

essentiellen Verhältnissen auch<br />

schnell mechanisch geschädigt werden,<br />

sei es durch Forstwirtschaft, Wegebau,<br />

Erholung oder andere Nutzungen.<br />

Auf die spezielle Problematik der<br />

124<br />

Flora & Fauna<br />

Verinselung der Vorkommen wurde<br />

oben bereits hingewiesen. Die Isolierung<br />

macht Bestände anfällig gegenüber den<br />

Risiken des lokalen Aussterbens und<br />

der genetischen Verarmung. In diesem<br />

Sinne ist auch der Straßenverkehr ein<br />

gewichtiger Gefährdungsfaktor, der<br />

auch zwischen den Teilvorkommen in<br />

den Cappenberger Wäldern und im<br />

Anschluss an die nächsten benachbarten<br />

Vorkommen wirksam wird.<br />

Feuersalamander sind wie alle anderen<br />

heimischen Amphibien durch die<br />

Bundesartenschutzverordnung gesetzlich<br />

besonders geschützte Tiere. In der<br />

aktuellen Roten Liste der gefährdeten<br />

Pflanzen, Pilze und Tiere des Landes<br />

NRW wird der Gefährdungsgrad des<br />

Feuersalamanders mit „G Gefährdung<br />

unbekannten Ausmaßes“ für den Naturraum<br />

Westfälische Bucht angegeben,<br />

im südlich an die Cappenberger Wälder<br />

angrenzenden Ballungsraum Rhein-Ruhr<br />

wird die Bestandssituation sogar als „gefährdet“<br />

eingestuft, s. SCHLÜPMANN et<br />

al. (2010). Auch vor diesem Hintergrund<br />

wird die Bedeutung des großen Waldkomplexes<br />

der Cappenberger Wälder<br />

erkennbar, die mit der Umsetzung von<br />

z.B. Wald-Wildniskonzepten (s. Fachbeitrag<br />

„Naturschutz im Cappenberger<br />

Wald – Quo vadis?“ in diesem Heft)<br />

am nachhaltigsten eine Sicherung in die<br />

Zukunft erfahren kann.<br />

Quellen:<br />

Feldmann, R. & Klewen, R. (1981): Feuersalamander.<br />

In Feldmann, R. (Hg.): Die Amphibien<br />

und Reptilien Westfalens. Veröff. Der<br />

Arbeitsgem. f. biol.-ökol. Landeserforschung<br />

34. Münster, S. 30-44.<br />

Schlüppmann, M., Mutz, T., Kronshage, A.,<br />

Geiger, A., Hachtel, M. & Arbetiskreis Amphibien<br />

und Reptilien in NRW (2010): Rote Liste<br />

und Artenverzeichnis der Lurche - Amphibia<br />

- in Nordrhein-Westfalen, in LANUV NRW<br />

(Hg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen,<br />

Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 4.<br />

Gesamtfassung<br />

Thiesmeier, B. & Dalbeck, L. (2011): Feuersalamander<br />

– Salamandra salamandra. In<br />

Arbeitskreis Amphibien und Reptilien NRW<br />

(Hg.): Handbuch der Amphibien und Reptilien<br />

Nordrhein Westfalens, Laurenti Vlg. Bielefeld,<br />

S. 297-336<br />

Thiesmeier, B. & Günther, R. (1996): Feuersalamander.<br />

In Günther, R. (Hg.): Die Amphibien<br />

und Reptilien Deutschlands, Vlg. Fischer, Jena.<br />

S. 82-103.<br />

h t t p : // h e r p e t o f a u n a - n r w. d e / A r t e n /<br />

2.01Feuersalamander.htm abgerufen am 22.01.<strong>2012</strong><br />

http://www.lanuv.nrw.de/natur/arten/rote_<br />

liste/pdf/RL-NW10-Lurche.pdf abgerufen am<br />

22.01.<strong>2012</strong><br />

http://www.wald-und-holz.nrw.de/65Wald_<br />

und_Umwelt/90_Waldzustandserhebung/Bericht_2011/10/04_Wetterdaten_zum_Waldzustandsbericht_2011.pdf<br />

, S. 27 abgerufen<br />

am 22.01.<strong>2012</strong>


� Mittelspechte bei Cappenberg<br />

Der heimliche Quäker bangt um seinen Wald<br />

Abbildung 1: Mittelspecht bei der Nahrungssuche. Foto: Ilona Jädkte<br />

von Kerstin Conrad, Stefan<br />

Kauwling und Falko Prünte<br />

Mit seinem roten Scheitel und der<br />

schwarz-weißen Flügelzeichnung<br />

wirkt der Mittelspecht, Dendroco-<br />

pos medius (Linnaeus, 1758), wie<br />

ein junger Buntspecht – insbesondere,<br />

wenn er wie üblich hoch in<br />

den Baumwipfeln nach Nahrung<br />

sucht und für den Beobachter nur<br />

mit Halsschmerzen im Fernglas zu<br />

Flora & Fauna<br />

fokussieren ist. Etwas kleiner als der<br />

häufige und bekannte Buntspecht<br />

fällt er im Jahreslauf eigentlich nur<br />

durch sein lautes Quäken im März<br />

und April auf, der Hochphase der<br />

Balzzeit.<br />

125


126<br />

Flora & Fauna<br />

Bei genauerem Hinsehen fällt die<br />

abweichende Gesichtszeichnung und die<br />

im Vergleich zum Buntspecht viel blassere<br />

Flankenfärbung auf, s. Abbildung<br />

1. Obwohl als Standvogel das ganze<br />

Jahr in seinem Lebensraum anzutreffen,<br />

ernährt er sich ganz überwiegend von<br />

Insekten und anderen Wirbellosen, auch<br />

im Winter.<br />

� Seltener Gast im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />

Als Habitatspezialist galt der Mittelspecht<br />

gemeinhin als „Urwaldspecht“<br />

(JÖBGES & KÖNIG 2001), da er alte und<br />

grobborkige Bäume, vor allem Eichen<br />

aber auch Erlen, zur Nahrungssuche<br />

bevorzugt. Entscheidend für das Vorkommen<br />

der Art ist das Vorhandensein<br />

genügend alter bis sehr alter Bäume je<br />

Hektar mit entsprechend rauen Rindenstrukturen.<br />

Dichte, großflächige Bestände<br />

sind notwendige Voraussetzung für<br />

hohe Mittelspecht-Dichten. Förster und<br />

Mittelspechte kollidieren deshalb regelmäßig<br />

aufgrund ihres nahezu identischen<br />

Suchschemas: Was für den einen die<br />

Hiebreife darstellt, ist für den anderen<br />

Lebensnotwendigkeit.<br />

Europaweit gilt der Mittelspecht daher<br />

in unseren genutzen, altbaumarmen<br />

Waldbeständen ohne Urwaldrefugien als<br />

relativ seltene Vogelart. Die Vogelschutzrichtlinie<br />

der EU führt ihn deshalb auch als<br />

besonders schützenswert und verpflichtet<br />

die Mitgliedsstaaten Maßnahmen zum<br />

Schutz zu ergreifen.<br />

Bis in die 1970er Jahre hinein galt der<br />

Mittelspecht sicherlich auch aufgrund<br />

seiner unauffälligen Lebensweise im <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> allenfalls als seltener Gast oder als<br />

„ausnahmsweise brütend“. Erst 1972<br />

konnte Manfred Scholz die Art im Raum<br />

Cappenberg beobachten – der älteste bekannte<br />

Hinweis der Art in der Literatur für<br />

den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (SCHOLZ 1972). Mit den<br />

Kartierungen für den Brutvogelatlas des<br />

<strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> in den Jahren 1997 bis 1999<br />

wurde erstmals im Untersuchungsgebiet<br />

flächenhaft und systematisch (z. B. durch<br />

den Einsatz von Klangattrappen) nach der<br />

Art gesucht. Mit Erfolg: In den Wäldern<br />

bei Cappenberg und in den ausgedehnten<br />

Waldungen im Südkreis an der Schwelle<br />

zum Sauerland brütete der Mittelspecht<br />

(OAG KREIS UNNA 2000).<br />

In den Folgejahren konnten Joachim<br />

Pflaume, Manfred Scholz und Werner<br />

Prünte bis 2006 (www.oagkreisunna.<br />

de/mittelspecht.htm) dann sogar eine<br />

leichte Ausbreitung der Art im <strong>Kreis</strong><br />

belegen. Auch in den Eichen-Hainbuchen-Wäldern<br />

des Hellwegs siedelt die<br />

Art jetzt – obwohl sie dort zehn Jahre<br />

zuvor nicht festgestellt werden konnte.<br />

Die aktuelle Verbreitungskarte ist also als<br />

Summe geeigneter Nachweismethoden<br />

und einer registrierbaren Zunahme des<br />

Mittelspechtes im <strong>Kreis</strong> zu sehen.<br />

� Zuhause Cappenberger Wald<br />

Unbestrittenes Dichtezentrum der<br />

Art im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> sind die Wälder bei<br />

Cappenberg, die aufgrund ihres Reichtums<br />

an alten Eichen und ihrer Ausdehnung<br />

den großflächigsten Lebensraum<br />

für den Mittelspecht im <strong>Kreis</strong> darstellen.<br />

Sicherlich ein gutes Drittel bis die Hälfte<br />

aller Mittelspechte des <strong>Kreis</strong>es dürften<br />

hier ihr Zuhause finden. Auch Schwarz-,<br />

Grün-, Bunt- und Kleinspecht siedeln<br />

dort in guten Beständen. Dies war ein<br />

weiterer Grund für das Land NRW die<br />

Wälder bei Cappenberg schon 2001<br />

als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet für das<br />

europäische Schutzgebietsnetz Natura<br />

2000 vorzuschlagen. Konsequenterweise<br />

wurde das FFH-Gebiet dann 2007<br />

vom <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> als Naturschutzgebiet<br />

ausgewiesen.<br />

Die umfangreichen Holzeinschläge<br />

der hiebreifen Eichen haben allerdings<br />

in Teilbereichen des Cappenberger<br />

Waldes buchstäblich zu deutlichen<br />

Einschnitten und Lebensraumverlusten<br />

geführt. Vor einer weiteren anstehenden<br />

umfangreichen Durchforstung<br />

hiebreifer Bestände hat die Biologische<br />

Station im Jahr 2011 die geplanten<br />

Einschlagsbereiche aber auch die Restflächen<br />

des Naturschutzgebietes auf<br />

Mittelspechtreviere kontrolliert.<br />

In Anlehnung an die Kartiermethodik<br />

in SÜDBECK et al. (2005) kamen


dazu Klangattrappen zum Einsatz, auf<br />

die Mittelspechte gut reagieren. Vorab<br />

wurde ein Raster mit 300 Meter mal 300<br />

Meter großen Quadranten definiert. In<br />

deren Zentren wurden die arteigenen<br />

Rufe von einem Tonträger abgespielt<br />

und die Reaktionen der Mittelspechte<br />

darauf notiert. Dies sind beispielsweise<br />

die spezifischen Rufreihen, „Schimpfen“,<br />

Sichtbeobachtungen, Anflugrichtung<br />

Flora & Fauna<br />

Abbildung 2: Verbreitung des Mittelspechtes im NSG Wälder bei Cappenberg – leere <strong>Kreis</strong>e: keine Nachweise, rosa: 1, rot: 2,<br />

dunkelrot: 3 Nachweis/e mit revieranzeigender Reaktion pro Quadrant. Abbildung: Biologische Station<br />

et cetera. Das gesamte NSG wurde im<br />

Frühjahr 2011 mit dieser Methode mindestens<br />

einmal begangen, in einzelnen<br />

Waldbereichen konnte ein zweiter Kartiertermin<br />

durchgeführt werden.<br />

127


128<br />

Flora & Fauna<br />

Anzahl % Mittelspechte mit revieranzei- Summen %<br />

Quadranten genden Reaktionen<br />

Mittelspechte<br />

41 45 0 0 0<br />

31 34 1 31 41<br />

13 14 2 26 34<br />

6 7 3 18 24<br />

∑ 91 100 75 100<br />

Tabelle 1: Mittelspechtnachweise im NSG Wälder bei Cappenberg.<br />

Insgesamt wurde so eine Fläche von<br />

über 800 Hektar in 91 Quadranten, de-<br />

ren Zentren innerhalb des NSG Wälder<br />

bei Cappenberg liegen, überprüft. In<br />

der Tabelle 1 und der kartographischen<br />

Darstellung sind die Kartierergebnisse<br />

festgehalten, s. Abbildung 2. Mit einer<br />

Rasterfrequenz von 55 Prozent ist das<br />

NSG Wälder bei Cappenberg flächig<br />

vom Mittelspecht besiedelt. Quadranten<br />

ohne Nachweise des Mittelspechtes<br />

befinden sich zum einen peripher, also<br />

in den Waldrandlagen mit verstärktem<br />

„Offenlandeinfluss“, zum anderen bleiben<br />

besonders diejenigen Waldbereiche<br />

unbesiedelt, die offensichtlich keine geeigneten<br />

Habitatstrukturen aufweisen.<br />

Letztere konzentrieren sich besonders<br />

im Norden und Süden des Kohusholzes.<br />

Es sind vornehmlich junge Waldbestände<br />

mit für den Mittelspecht ungeeigneter<br />

Baumartenzusammensetzung.<br />

Überwiegend konnten mittels Klangattrappe<br />

ein bis zwei Mittelspechte<br />

pro Quadrant nachgewiesen werden.<br />

Immerhin ein Viertel der insgesamt<br />

75 Registrierungen stammen aber aus<br />

Quadranten mit drei revieranzeigenden<br />

Mittelspechten. Diese „Dichtezentren“<br />

sind vornehmlich im Bereich von Altholzbeständen<br />

lokalisiert.<br />

Wegen der eingeschränkten Methodik<br />

mit einer geringen Anzahl an Kartierterminen<br />

lassen sich korrekterweise<br />

aus den Kartierergebnissen nicht Revieroder<br />

Brutpaarzahlen ableiten und daraus<br />

eine Siedlungsdichte ermitteln. Aus der<br />

Literatur ist bekannt, dass die Siedlungsdichten<br />

in Optimalhabitaten mehr als<br />

30 Brutpaare pro 100 Hektar betragen<br />

können. In Nordrhein-Westfalen liegen<br />

sie aber meist deutlich unter solchen<br />

Werten. Hier werden in totholzreichen,<br />

alten Laubwäldern Dichten von über<br />

zehn Brutpaaren pro 100 Hektar erreicht.<br />

Zieht man die hier mit kartierten<br />

Offenlandbereiche und offensichtlich<br />

ungeeigneten Waldbereiche aus der<br />

Betrachtung, können aber selbst bei<br />

konservativer Schätzung die realistischen<br />

Siedlungsdichtewerte in den geeigneten<br />

Lebensräumen des Cappenberger Waldes<br />

die o.g. Werte erreichen.<br />

� Gefährdet: Mittelspechte<br />

Die frühjährliche Erfassung in 2011<br />

entwickelt nicht die Detailschärfe einer<br />

Revierkartierung mit Höhlenbaumsuche<br />

etc. Nichtsdestotrotz belegen<br />

die Kartierergebnisse eine beachtliche<br />

Brutbestandsgröße und Siedlungsdichte<br />

des Mittelspechtes und damit die<br />

Bedeutung des NSG Wälder bei Cappenberg<br />

für diese naturschutzrechtlich<br />

relevante Art.<br />

Zentrale Gefährdungsursachen für<br />

den Mittelspecht sind der Verlust und<br />

die Entwertung von alten Laubwaldbeständen<br />

mit hohen Alt- und Totholzanteilen<br />

(Umwandlung in Nadelwälder,<br />

Kahlschläge, Zerschneidung, Verkleinerung<br />

der Lebensräume, Verschlechterung<br />

des Nahrungsangebotes, Verlust<br />

geeigneter Brutplätze und Störungen<br />

in der Brutphase). Auch wenn sich die<br />

Bestandssituation des Mittelspechtes<br />

in den letzten Jahren deutschlandweit<br />

etwas entspannt hat, sind die mitteleuropäischen<br />

Bestände, wegen o.g.<br />

Gefährdungen, keineswegs für die Zukunft<br />

gesichert. Um so dringlicher ist es,<br />

geeignete Schutzziele und spezifische


Pflegemaßnahmen, wie die Erhaltung<br />

und Entwicklung ausgedehnter, lebensraumtypischer<br />

Laub- und Mischwälder<br />

mit hohen Alt- und Totholzanteilen<br />

auch im FFH-Gebiet Wälder bei Cappenberg<br />

durchzusetzen.<br />

Quellen:<br />

Jöbges, M. & König, H. (2001): Urwaldspecht<br />

im Eichenwald. - LÖBF-Mitteilungen.<br />

H.2: 12-27.<br />

OAG <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (2000): Die Brutvögel des<br />

<strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>. Ergebnisse der Gitterfeldkartierung<br />

1997 – 1999. Naturkdl. Reihe der<br />

NFG. <strong>Unna</strong>. 327 S.<br />

Scholz, M. (1972): Untersuchungen zur<br />

Siedlungsdichte und Reviergröße der Vögel<br />

in einem Perlgras-Buchenwald (Melico-Fagetum)<br />

in Cappenberg bei Lünen. Vogelwelt<br />

93: 121-133.<br />

Südbeck, P., H. Andretzke, S. Fischer, K.<br />

Gedeon, T. Schikore, K. Schröder & C. Sud-<br />

Flora & Fauna<br />

feldt (Hrsg.) (2005): Methodenstandards<br />

zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands.<br />

Radolfzell, 792 S. http://www.naturschutzfachinformationssysteme-nrw.de/ffh-arten/de/arten/vogelarten/kurzbeschreibung/103<strong>16</strong>0;<br />

abgerufen am <strong>16</strong>.01.<strong>2012</strong><br />

http://atlas.nw-ornithologen.de/index.<br />

php?cat=kap3&subcat=verbreitung&art<br />

=Mittelspecht; abgerufen am <strong>16</strong>.01.<strong>2012</strong><br />

http://www.oagkreisunna.de/mittelspecht.<br />

htm; abgerufen am <strong>16</strong>.01.<strong>2012</strong><br />

129


130<br />

Personen<br />

� Nachruf Heinz Herkenrath<br />

„Wir könnten ja noch in die Rieselfelder …“<br />

von Thomas Griesohn-Pflieger<br />

„Na, junger Mann, hast du denn<br />

schon was Schönes gesehen?“<br />

Dicke Brillengläser schauen mich an,<br />

dahinter freundlich fragende blaue<br />

Augen. Dann sehe ich ein riesiges<br />

Fernglas, das vor einem mehr als<br />

knielangen grünen Lodenmantel<br />

baumelt. Der Mann hat Gummistiefel<br />

an, ein alter farbloser Rucksack<br />

hängt über dem Rücken, eine Kappe,<br />

ebenfalls aus grünem Loden,<br />

wie man sie bei Landwirten und<br />

Jägern sieht, krönt wirres Haar. In<br />

der einen Hand hält der Mann ein<br />

kleines grünes Notizheft und in der<br />

anderen zwei Kugelschreiber1 .<br />

Obwohl fast alles grün war an dem<br />

älteren Herrn, der damals jünger war,<br />

als ich heute alt bin, wirkte er nicht<br />

wie ein Jäger oder Förster und da kein<br />

Trecker in der Nähe stand, konnte es<br />

auch kein Bauer sein. Auch als Arbeiter<br />

des Wasserwerks, wir befanden uns im<br />

Trinkwasserschutzgebiet, ging er nicht<br />

durch. So konnte ich also angstfrei ant-<br />

worten, dass ich erst ein paar Reiher,<br />

zwei Bussarde und einen Turmfalken<br />

gesichtet hätte.<br />

„Oh, du kennst dich ja schon gut<br />

aus! Schau mal da – eine Misteldrossel!“<br />

Mit einer schwindelerregenden<br />

Handbewegung, die sowohl das Fernglas<br />

vor die Augen hob als auch die<br />

dicke Brille nach oben vor die Stirn<br />

schob und gleichzeitig Schreibgerät und<br />

Heft zwischen Ring- und Mittelfinger<br />

beziehungsweise Daumen und kleinem<br />

Finger balancierte, wurde mühelos die<br />

vorbei fliegende Drossel durch das<br />

Hensoldt 8 x 56 bestätigt.<br />

� Ein großartiger Naturliebhaber<br />

Wir kamen ins Gespräch an diesem<br />

kühlen, nach frischer Erde riechenden<br />

Vormittag im März 1968. Es stellte<br />

sich schnell heraus, dass die jungen<br />

Zwergschnäpper, die ich mühsam mit<br />

meinem „Was fliegt denn da?“ von<br />

1956 bestimmt hatte, allesamt „Weidenlaubsänger“,<br />

sie wurden damals die<br />

Zilpzalpe genannt, waren. Und von der<br />

Stunde an, lernte ich von diesem großartigen<br />

Naturliebhaber und liebenswerten<br />

Menschen. Ein paar Tage später staunte<br />

ich nicht schlecht, als ich den Mann in<br />

Grün jetzt mit gestreiften Hosenträgern<br />

und kariertem Hemd angetan, bei meinem<br />

ersten Besuch in der „Dachsburg“<br />

in der Rausinger Straße 45 unter einem<br />

riesigen Elchkopf mit Schaufelgeweih<br />

wiedersah. Das Zimmer schien aus der<br />

Zeit gefallen. Bücher überall, teilweise<br />

in einen Zustand, der den Besitzer als<br />

Vielleser oder besser Bücherarbeiter<br />

auswies. Kleine Glaskästen, die ausgestopfte<br />

Vögel enthielten, manche hielt<br />

der Draht nicht mehr auf den Ästchen<br />

bei anderen schaute das Stroh aus dem<br />

Bauch, überall Bilder an der Wand aus<br />

Jagd- und Tierzeitschriften ausgeschnitten<br />

mit handschriftlichen Hinweisen<br />

und Notizen (blauer Kugelschreiber)<br />

versehen. Ein Königreich des Wissens,<br />

ein Panoptikum für Naturfreunde. Voller<br />

Geheimnisse und Zauber schien es mir.<br />

So einen Erwachsenen hatte ich noch<br />

nicht erlebt!<br />

So fing das damals an. Eine Bekanntschaft,<br />

die schnell zur Freundschaft wurde,<br />

auch wenn uns fast 33 Jahre trennten.<br />

Jeder mag selbst ermessen, was es


Heinz Herkenrath auf der Pirsch. Foto: Ekkehard van Haut<br />

für einen sehr jungen Mann bedeutet,<br />

wenn er außerhalb der Herkunftsfamilie<br />

Wertschätzung erfährt, mit seiner<br />

merkwürdigen Vogelleidenschaft ernst<br />

genommen wird, anderen mit „das ist<br />

mein Freund Thomas“ vorgestellt wird,<br />

oder sogar um seine Meinung gefragt<br />

wird. Wasser- oder Wiesenpieper, was<br />

meinste? Bald schon unternahmen wir<br />

tagelange Exkursionen. Morgens um drei<br />

saßen wir schon im Hixter oder in der<br />

Voßkuhle auf dem Hochsitz, belauschten<br />

Füchse und Rehe und Hasen. Widmeten<br />

uns dann, immer zu Fuß, Heinz hatte<br />

keinen Führerschein, den ganzen Tag<br />

über ohne Hast der Vogelbeobachtung,<br />

besuchten Bauern, um sie nach Eulen zu<br />

befragen. Wir fuhren mit Freund Rudi<br />

nach Lüchow-Dannenberg und mit dem<br />

weißen Opel Olympia, den seine Frau<br />

Personen<br />

„Hedi“ lenkte, an den Dümmer, wo wir<br />

im Moor stecken blieben. Oder später<br />

mit meinem Auto in den Arnsberger<br />

Wald. Wir ergänzten uns prima. Ich mit<br />

meinen guten Augen und er mit einem<br />

grenzenlosen Wissen, das danach drängte,<br />

in meinen Kopf zu schlüpfen.<br />

Schon bald hatte ich ebenfalls ein<br />

Notizheft dabei, allerdings nur einen<br />

Kugelschreiber. „Das muss alles fest-<br />

131


gehalten werden! Ich habe lückenlose<br />

Aufzeichnungen seit Mitte der Vierziger!“<br />

Einmal liefen wir, es war an<br />

einem 23. Dezember, eine ganze Stunde<br />

wieder zurück an die Ruhr, dort hatten<br />

wir in einem Bombentrichter liegend<br />

Saatgänse beobachtet und Heinz hatte<br />

sein Notizbuch dort liegen gelassen.<br />

„Unersetzlich! Das müssen wir finden!<br />

Ein unglaublicher Verlust!“ Wir fanden<br />

es. Erst spät in der Nacht kam ich nach<br />

Hause.<br />

� Das Fernglas ist ein Körperteil<br />

Gegebenheiten mit anderen Gegenständen,<br />

die vergessen oder verloren<br />

gingen, sind Thema vieler lustiger<br />

Anekdoten, die Heinz selbst und seine<br />

Gemeinde immer wieder zum Besten<br />

gaben. Vokabeln wie „sagenhaft“, „unglaublich“<br />

und das Adjektiv „schwer“ in<br />

Verbindung mit „gefährdet“, „Verbrechen<br />

gegen die Natur“ oder „Verlust“<br />

fanden sehr bald ihren festen Platz in<br />

meinem Wortschatz. Formulierungen<br />

wie „wir müssen mehr auf Kleinvögel<br />

achten“ und „Das Fernglas ist ein Körperteil“<br />

oder „nur das Fernglas unterscheidet<br />

uns vom Landstreicher“ und<br />

„wir könnten ja noch in die Rieselfelder<br />

…“ sind Legende geworden.<br />

Heinz war der erste Erwachsene, der<br />

mir gegenüber Hitler einen Verbrecher<br />

nannte, den Krieg nicht als touristische<br />

132<br />

Personen<br />

Unternehmung darstellte oder ihn verschwieg,<br />

sondern von schwerer Schuld<br />

und unglaublichen Grausamkeiten und<br />

Verbrechen sprach. Mir gegenüber<br />

machte er nur Andeutungen über seine<br />

persönlichen Erlebnisse, aber er muss<br />

Schreckliches an der Ostfront erlebt<br />

haben. Ausgerechnet er, dessen Familie<br />

zur Bekennenden Kirche zählte, wurde<br />

zum Arbeitsdienst eingezogen und<br />

sehr schnell als Soldat an die Ostfront<br />

geschickt. Später beeindruckte er mich,<br />

wie er Seite an Seite mit meist sehr viel<br />

jüngeren politisch Bewegten in Bürgerinitiativen<br />

gegen neue Straßen und<br />

Bebauungspläne kämpfte. Dass man<br />

als Bürger einfach den Bürgermeister,<br />

Landesminister, Ministerpräsidenten,<br />

Bundesminister oder Bundeskanzler oder<br />

gar den Bundespräsidenten anschreiben<br />

kann – das war mir selbst nie in den<br />

Sinn gekommen. Ich glaube, Heinz hat<br />

sogar dem Papst einen „Brandbrief!“<br />

geschrieben. Immer ging es um Tierrechte<br />

und darum „schwere Verbrechen<br />

gegen die Natur“ abzuwenden. Und die<br />

Briefe, auch die, die ich bekam, waren<br />

allesamt Unikate. Heinz war sparsam<br />

und sparte auch an Schreibpapier. Selbst<br />

wenn einmal richtiges Schreibpapier<br />

benutzt wurde, wurde kein Schreibrand<br />

eingehalten. Oben ging es los und unten<br />

liefen die letzten Zeilen schief, weil das<br />

Papier in der Schreibmaschine keinen<br />

Halt mehr hatte. Die unsauberen Maschinentypen<br />

(Die kann man sauber<br />

machen? Wie meinste?) stanzten bis<br />

unmittelbar an den Rand Löcher und<br />

Riefen auf das Papier. Weniger offizielle<br />

Schreiben wurden auf der Rückseite von<br />

Kalenderblättern, Flugschriften oder<br />

gar Klassenarbeiten (!) gehämmert.<br />

Heinz Herkenrath war Lehrer und ein<br />

politischer Mensch mit ausgeprägter<br />

Meinung, erfrischend einseitig, wenn für<br />

den Tier- und Naturschutz. Und hochgebildet,<br />

vor allem wenn es um geschichtliche<br />

Fragestellungen ging. Alle deutschen<br />

Kaiser mit Regierungszeit hatte er im<br />

Gedächtnis parat, kein Fürstenhaus war<br />

ihm unbekannt, kaum ein Reichsminister<br />

zu dem ihm nicht wichtige Entscheidungen<br />

einfielen. Unglaublich!<br />

� Respekt vor der „Mitwelt“<br />

Heinz Herkenrath war in vielerlei<br />

Beziehung mein Mentor. Von ihm lernte<br />

ich einen reichen Fundus an Beobachtungstechniken<br />

und was vielleicht noch<br />

wichtiger ist, das Ethos der Naturbeobachtung.<br />

Respekt und Aufmerksamkeit<br />

der Natur gegenüber, das strahlte er<br />

aus und praktizierte er ganz selbstverständlich.<br />

War ich beim ersten Mal noch<br />

erstaunt, dass wir einen Umweg gingen,<br />

um Ricke mit Kitz die Flucht vor uns zu<br />

ersparen, ist es mir heute noch unangenehm,<br />

wenn wegen mir Pirschenden


ein Schwarm Ringeltauben polternd<br />

abfliegt. Oft standen wir minutenlang<br />

mucksmäuschenstill, um einen Hasen<br />

an uns vorbei hoppeln zu lassen. Mit<br />

ihm gingen Tier- und Naturschutz Hand<br />

in Hand. Er erzählte mir von Albert<br />

Schweitzer, dessen Glaubensbekenntnis<br />

mich damals wie heute berührt: Ich<br />

bin Leben, das leben will, inmitten von<br />

Leben, das leben will. Heinz war tief<br />

gläubig. Sein Gottvertrauen und seine<br />

„Dankbarkeit dem Herrn gegenüber“<br />

hat mich beeindruckt und manchmal,<br />

vor allem in den späten Jahren, habe<br />

ich ihn, den sehr alten Mann, um diese<br />

geradezu kindliche Hingabe beneidet.<br />

Woran erkennt man eine Persönlichkeit?<br />

Unter anderem, glaube ich, daran,<br />

dass man mit Achtung, und wenn es<br />

gut gelaufen ist, mit Liebe von ihm<br />

erzählt. Es gibt so viele Aspekte, die<br />

noch erwähnt werden müssten, weil sie<br />

besonders oder eigen sind. Seine Familie,<br />

Frau und zwei liebenswerte Töchter,<br />

die ihn stützte und die diesen manchmal<br />

weltfremden Büchermensch die<br />

Lebensgrundlage bot. Die sagenhafte<br />

Gastfreundlichkeit der Herkenraths, die<br />

die Dachsburg in Holzwickede oft eher<br />

als Taubenschlag erscheinen ließ. Die<br />

fast symbiotische Verbindung mit seiner<br />

Frau Hedwig (Hedi) und der liebevolle<br />

Umgang mit ihr, als sie, die ein Jahr vor<br />

ihm starb, zum Pflegefall wurde. Die<br />

vielen Freundschaften – fast wie ein<br />

Planet sammelte er umherschweifende<br />

Satelliten ein, die eine Zeit lang um ihn<br />

kreisten, oder es bis zum Schluss taten.<br />

Es gab auch Meinungsverschiedenheiten<br />

mit ihm, manchmal machte seine<br />

Personen<br />

Radikalität es seinen Freunden schwer,<br />

neben ihm zu stehen. Er hat alleine durch<br />

das Zusammenbringen engagierter<br />

Menschen viel bewirkt, Diskussionen<br />

angestoßen und durch die ausgeprägte<br />

eigene Stellungnahme, anderen zur<br />

Meinung verholfen. Er hat Funktionen<br />

in vielen Vereinen gehabt, manche mit<br />

begründet und manche im Zorn verlassen.<br />

Ich kenne niemanden, der auf ihn<br />

mit Gleichgültigkeit reagierte.<br />

Am 23. Dezember 2011 ging sein<br />

reiches Leben zu Ende. Heinz Herkenrath<br />

wurde über 90 Jahre alt.<br />

1In Blau wurden gewöhnliche Beobachtungen<br />

notiert, Besonderheiten unterstrichen. In Rot<br />

wurden alle Greifvögel, Eulen und Beutegreifer<br />

notiert, ganz seltene unterstrichen.<br />

133


von Corinna Glück<br />

134<br />

Personen<br />

� Porträt Martina Schmidt von Boeselager<br />

Alltagstrott kenne ich nicht<br />

Morgens mit einer Tasse Kaffee<br />

draußen sitzen, den Blick schweifen<br />

lassen, den Singvögeln lauschen<br />

und sich darüber freuen, dass das<br />

Gelb der Osterglocken den Garten<br />

frühlingshaft verzaubert: Das<br />

sind Momente, in denen Martina<br />

Schmidt von Boeselager das Herz<br />

aufgeht: „Besonders liebe ich das<br />

helle Grün der Bäume.“ Ein Lächeln<br />

huscht über ihr Gesicht.<br />

Kein Zufall also, dass die 52-jährige<br />

Geschäftsführerin der Waldschule<br />

Cappenberg ist? Eher doch: „Ich war<br />

vor 25 Jahren Teil der Lehrerschwemme<br />

und fand nach meinem Referendariat<br />

wie viele andere auch keine Stelle“,<br />

erinnert sie sich. Also startete Martina<br />

Schmidt von Boeselager mit einer so<br />

genannten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme<br />

auf dem als Gutshof genutzten<br />

Brauereigelände. Sie arbeitete im<br />

„Umweltbüro“, aus dem die heutige<br />

Waldschule Cappenberg entstand.<br />

Dass sie nach 25 Jahren auch noch<br />

dort wirken würde, hatte sie damals<br />

nicht gedacht. Kein Zufall war es aber,<br />

dass Martina Schmidt von Boeselager<br />

Biologie und Kunst an der Universität<br />

in Dortmund studierte. Sie wuchs im<br />

Münsterland auf. „Mein Leben hat<br />

schon als Kind immer draußen im<br />

Wald und auf Wiesen stattgefunden“,<br />

erzählt sie, „mit Kälbchen, Schweinen<br />

und Tomatenpflanzen.“ Ihre Großeltern<br />

hatten an der Stever in der Nähe von<br />

Lüdinghausen ein kleines Angelhaus.<br />

Dort verbrachte sie viel Zeit. Als Kind<br />

stöberte sie durch die Natur und lernte<br />

Gartenarbeit von ihrer Großmutter.<br />

� Natur verbunden mit Kreativität<br />

Aber am reizvollsten war für sie,<br />

wenn der Großvater die geangelten<br />

Fische ausnahm: „Mich faszinierten<br />

die Farben und ich wollte wissen, was<br />

das für Organe sind. Welche Aufgabe<br />

sie haben“, sagt sie. Die Neugierde von<br />

damals spiegelt sich in ihren Augen<br />

wider. „Wahrscheinlich habe ich deswegen<br />

Biologie und Kunst studiert.“ Natur<br />

und Kreativität ist für sie eine gelungene<br />

Kombination: „Wenn ich nicht so<br />

kreativ wäre, hätte ich wahrscheinlich<br />

nicht so viele Ideen und Gedanken für<br />

die Waldschule“, ist sie überzeugt.<br />

Schon während ihres Referendariats<br />

fragte sie sich, warum Lehrer immer<br />

nur aus Büchern unterrichten, wenn die<br />

Natur doch so nahe liegt. „Ich ging mit<br />

meinen Schülern raus und untersuchte<br />

das Original, anstatt in einem Buch das<br />

Foto zu erklären“, beschreibt sie. Diese<br />

Herangehensweise setzte sie dann im<br />

Cappenberger Wald weiter um. Ihre<br />

Aufgabe war es – und ist es im Grunde<br />

auch noch heute – Kindern und Jugendlichen<br />

die Natur näher zu bringen<br />

und sie dafür zu sensibilisieren. Nur ihr<br />

Aufgabenspektrum hat sich in den vergangenen<br />

Jahren sehr verändert. Doch<br />

darauf soll an dieser Stelle nicht weiter<br />

eingegangen werden, denn mehr über<br />

die Geschichte der Waldschule Cappenberg<br />

ist auf Seite 27 dieses <strong>Naturreport</strong>s<br />

zu lesen.<br />

Was sich nicht geändert hat, ist Martina<br />

Schmidt von Boeselagers Kraft und<br />

Kreativität. Die Waldschule ist mittlerweile<br />

so etwas wie eine Lebensaufgabe.<br />

„Ich habe das Gefühl, dass unsere


Gesellschaft in einer Umbruchphase ist.<br />

Es fehlen Leitbilder, Ideale und Werte“,<br />

erklärt sie. Kaum ein Kind baut noch<br />

eine Hütte im Wald, spielt mit selbst<br />

gebastelten Schiffchen am Bach oder<br />

nimmt einen Frosch in die Hand. „Das<br />

sind alles prägende Kindheitserlebnisse,<br />

die wir in der Waldschule inszenieren“,<br />

fährt sie fort. Die jungen Menschen sollen<br />

so viel Natur erfahren wie möglich,<br />

damit sie als erwachsene Menschen die<br />

Natur in ihren Entscheidungen berücksichtigen.<br />

„Aber ohne erhobenen Zeigefinger,<br />

damit das Lernen auch Spaß<br />

macht und nachhaltig ist“, betont die<br />

Geschäftsführerin. Auch wenn es immer<br />

wieder ein Kraftakt ist, die Waldschule<br />

finanziell aufrecht zu erhalten: „Mich<br />

hält die Herausforderung fit. Ich würde<br />

es immer wieder so tun“, sagt sie. Denn:<br />

Das Funkeln in den Augen der Kinder ist<br />

jedes Mal eine Belohnung für die Arbeit.<br />

Vielleicht doch kein Zufall, dass Martina<br />

Schmidt von Boeselager die „gelebte“<br />

Waldschule Cappenberg ist?<br />

Personen<br />

Martina Schmidt von Boeselager führt die Geschicke der Waldschule Cappenberg.<br />

Foto: Glück<br />

135


von Heinrich Behrens<br />

136<br />

Aktionen<br />

� NFG-Vorstand bereist die Uckermark<br />

Neugierig die Gegend erkunden<br />

Ende Juni 2011 war es wieder<br />

soweit. Mitglieder des Vorstandes<br />

der Naturförderungsgesellschaft<br />

für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (NFG) brachen<br />

in die Uckermark auf, um sich vor<br />

Ort nicht nur von den Naturschönheiten<br />

beeindrucken zu lassen,<br />

sondern sich auch über naturschutzfachliche<br />

Fragen der Landschafts-<br />

oder Biotopentwicklung zu<br />

informieren.<br />

So wurde unter der Leitung von<br />

Norbert Bukowsky von der Naturparkverwaltung<br />

Uckermärkische Seen<br />

und dem Biologen Thomas Volpers im<br />

Rahmen einer Radtour der Nordwesten<br />

von Templin erkundet. Dabei wurden<br />

verschiedene Moor flächen sowie<br />

Magerrasen angesteuert. Problem der<br />

Naturparkverwaltung ist zurzeit, dass<br />

die Fördermittel, die hauptsächlich für<br />

Naturschutzmaßnahmen eingesetzt<br />

werden, drastisch gekürzt worden sind.<br />

Deswegen wird die Last der Arbeit fast<br />

nur noch von ehrenamtlichen Helfe-<br />

Auf Beobachtungstour in den Heiligen Hallen. Foto: Behrens<br />

rinnen und Helfern getragen, die aber<br />

angesichts der unglaublichen Größe der<br />

Naturschutzflächen schier überfordert<br />

sind. Dazu kommt, dass aktuell nur<br />

noch eine Schafherde im Bereich des<br />

Naturparks für die Landschaftspflege<br />

zur Verfügung steht.<br />

Darüber hinaus teilt die Region<br />

mittlerweile alle Probleme einer landwirtschaftlichen<br />

Nutzung, die mehr<br />

und mehr auf die Produktion von Energiegetreide<br />

setzt, dessen Pflege sehr<br />

Dünger- und Spritzmittel abhängig ist.<br />

Im Nordosten von Templin, an der Autobahn<br />

nach Stettin, ist bei Penkun eine<br />

der größten Biogasanlagen Deutschlands<br />

entstanden. Norbert Bukowsky<br />

berichtete darüber, dass der Energiegetreide-Wahn<br />

sich mittlerweile auch<br />

in der Uckermark nachweislich negativ


auf die Artenvielfalt auswirken würde.<br />

Positiv wirkten sich in diesem Jahr auf<br />

die Moore die relativ hohen Niederschlagsmengen<br />

im Frühsommer aus,<br />

weshalb etwa Birken oder Erlen in ihrem<br />

Wachstum unterdrückt wurden, was<br />

den Pflegeaufwand für die Moore minimieren<br />

konnte. Besonderes Highlight<br />

der Radexkursion wurde das Hören des<br />

Rohrdommel-Rufes bei Gandenitz.<br />

� Eine Schifffahrt...<br />

Darüber hinaus fand unter der Leitung<br />

von Frauke de Vere Bennett von<br />

„flusslandschaft reisen“ eine Kanutour<br />

durch das Untere Odertal statt. Von Mescherin<br />

aus ging es auf die östliche polnische<br />

Oderseite nach Gryfino. Unterwegs<br />

konnten Biberburgen, Seeadlerhorste<br />

und eine Kolonie Trauerseeschwalben<br />

beobachtet und fotografiert werden.<br />

Sehr abwechslungsreich war auch der<br />

Tag, der die Gruppe nach Carwitz und in<br />

den ältesten Buchenwald Deutschlands,<br />

die Heiligen Hallen, führte. In Carwitz<br />

beeindruckten das Hans-Fallada-Haus<br />

sowie die botanischen Kostbarkeiten der<br />

Halbinsel Bohnenwerder. Während der<br />

Zeit des Nationalsozialismus verbrachte<br />

der berühmte Schriftsteller Hans Fallada<br />

in dem am Carwitz-See wunderschön<br />

gelegenen Haus die glücklichsten Jahre<br />

seines turbulenten und schwierigen<br />

Lebens. Er schrieb hier seine schönsten<br />

Romane und Geschichten. Bohnenwerder<br />

ist wie die ganze Region eiszeitlichen<br />

Ursprungs und stellt eine in den Carwitz-<br />

See ragende sandige Seitenmoräne mit<br />

einer hochinteressanten Sandmagerrasen-Flora<br />

dar.<br />

Die Tagestour endete mit einem<br />

geführten Gang durch die Heiligen<br />

Hallen nahe der Stadt Feldberg unter der<br />

Aktionen<br />

„4“ in einem Boot auf der Oder. Foto: Gudrun Bürhaus<br />

Leitung von Katja Powils vom Forstamt<br />

Lüttenhagen. Der älteste Buchenwald<br />

präsentiert nicht nur mehrere hundert<br />

Jahre alte und hallenartig gewachsene<br />

Rotbuchenbestände, sondern ist auch<br />

ein Beispiel für einen Urwald, der ohne<br />

menschliche Eingriffe, sich selbst überlassen,<br />

eindrucksvoll die natürliche Sukzession<br />

der Waldentwicklung zeigt.<br />

137


� Übersicht<br />

Die Natur des Jahres <strong>2012</strong> auf einen Blick<br />

Titel Art Info und Kontakt<br />

Vogel des Jahres Die Dohle nabu@nabu.de<br />

Lurch des Jahres Die Erdkröte gs@dght.de<br />

Fisch des Jahres Das Neunauge info@vdsf.de<br />

Insekt des Jahres Der Hirschkäfer pressestelle@jki.bund.de<br />

Schmetterling des Jahres Das Kleine Nachtpfauenauge info@bund-nrw-naturschutzstiftung.de<br />

Gefährdete Nutztierrasse des Jahres Die Deutschen Sperber info@g-e-h.de<br />

Baum des Jahres Die Lärche info@baum-des-jahres.de<br />

Blume des Jahres Die Heidenelke stiftung-naturschutz-hh@t-online.de<br />

Orchidee des Jahres Das Bleiche Knabenkraut info@europorchid.de<br />

Pilz des Jahres Der Graue Leistling oeffentlichkeite@dgfm-ev.de<br />

Flechte des Jahres Die Echte Lungenflechte josef.hafeliner@kfunigraz.ac.at<br />

Spinne des Jahres Die Große Höhlenspinne christoph.hoerweg@nhm-wien.ac.at<br />

Heilpflanze des Jahres Die Koloquinte orgbuero@theophrastus.de<br />

Arzneipflanze des Jahres Die Süßholzwurzel johannes.mayer@mail.uni-wuerzburg.de<br />

Giftpflanze des Jahres Der Goldregen giftpflanze@wandsbek.hamburg.de<br />

Staude des Jahres Der Knöterich zvg-bonn.banseg-net.de<br />

Wasserpflanze des Jahres Der Gewöhnliche Wasserhahnenfuß gst@foerderkreis-sporttauchen.de<br />

Flusslandschaft des Jahres Die Helme info@anglerverband.com<br />

138<br />

Natur des Jahres


Die Dohle ist der Vogel des Jahres <strong>2012</strong>. Foto: www.fotolia.de/Gerken&Ernst<br />

Natur des Jahres<br />

139


Autoren<br />

Heinrich Behrens ist Schulleiter an der<br />

Geschwister-Scholl-Gesamtschule in<br />

Lünen. Kontakt: Gerberweg 1, 59174<br />

Kamen.<br />

Magnus Benkhofer ist Mitglied bei der<br />

<strong>Kreis</strong>jägerschaft Dortmund e.V. und<br />

zuständig für die Rollende Waldschule.<br />

Kontakt: Rauher Kamp 56, 44339<br />

Dortmund.<br />

Kerstin Conrad ist wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

bei der Biologischen Station.<br />

Kontakt: Westenhellweg 110, 59192<br />

Bergkamen.<br />

Marianne Degwer ist Dipl.-Geologin<br />

und Waldführerin für die Ökostation des<br />

Naturfreundehauses Ebberg. Kontakt:<br />

Ebberg 1, 58239 Schwerte.<br />

Günther Dieckmann ist Schulleiter der<br />

Ermelingschule. Kontakt: Ermelingstraße<br />

2, 59199 Bönen.<br />

140<br />

Autoren<br />

Petra Drees-Hagen ist Pressereferentin<br />

beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband.<br />

Kontakt: Marie-Curie-<br />

Straße 6, 59423 <strong>Unna</strong>.<br />

Jutta Eickelpasch ist Diplom-Oecotrophologin<br />

und Umweltberaterin in der<br />

Verbraucherzentrale Kamen. Kontakt:<br />

Kirchstraße 7, 59174 Kamen.<br />

Dr. Hartmut Fahrenhorst ist pensionierter<br />

Lehrer sowie Initiator und Leiter<br />

von „<strong>Unna</strong>s Honigdieben“ an der<br />

Peter-Weiss-Gesamtschule. Kontakt:<br />

Falkstraße 15, 59425 <strong>Unna</strong>.<br />

Dr. Hans Jürgen Geyer ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter bei der Arbeitsgemeinschaft<br />

Biologischer Umweltschutz im<br />

<strong>Kreis</strong> Soest e.V. Kontakt: Möllerstraße<br />

24, 59555 Lippstadt.<br />

Petra Giebel ist bei der Natur- und<br />

Umweltschutz-Akademie NRW (NUA)<br />

– Landeskoordination der Kampagne<br />

„Schule der Zukunft – Bildung für<br />

Nachhaltigkeit“ – tätig. Kontakt:<br />

Postfach 101051, 45610 Recklinghausen.<br />

Corinna Glück ist Redakteurin bei der<br />

Horschler Kommunikation GmbH.<br />

Kontakt: Friedrich-Ebert-Straße 19,<br />

59425 <strong>Unna</strong>.<br />

Thomas Griesohn-Pflieger ist Journalist<br />

und der Begründer des <strong>Naturreport</strong>s,<br />

den er mit Utz Lederbogen bis 1998<br />

verantwortete und dessen Entwicklung<br />

er interessiert verfolgt. Heute lebt er in<br />

Hattingen. Kontakt: Unionstraße 12a,<br />

45525 Hattingen.<br />

Erhard Hellmann ist als Hobbymykologe<br />

tätig in der Botanik-AG des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes<br />

<strong>Unna</strong> und im Arbeitskreis<br />

Pilzkunde Ruhr. Kontakt: Bornstraße <strong>16</strong>,<br />

59425 <strong>Unna</strong>.


Andreas Hellmich ist Diplom-Ingenieur<br />

Raumplanung und Leiter der Abfallbe-<br />

ratung und Öffentlichkeitsarbeit bei der<br />

GWA – Gesellschaft für Wertstoff- und<br />

Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> mbH. Kontakt:<br />

Friedrich-Ebert-Straße 59, 59425<br />

<strong>Unna</strong>.<br />

Jürgen Heuser ist wissenschaftlicher<br />

Leiter der Biologischen Station Östliches<br />

Ruhrgebiet und Initiator des Projektes<br />

„Wildnis für Kinder in der Stadt“.<br />

Kontakt: Biologische Station Östliches<br />

Ruhrgebiet. Vinckestraße 91, 44263<br />

Herne-Mitte.<br />

Stefan Kauwling ist Diplom-Geograf/<br />

Landschaftsökologie und wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter bei der Biologischen<br />

Station. Kontakt: Westenhellweg 110,<br />

59192 Bergkamen.<br />

Klaus Klinger ist Leiter der Biologischen<br />

Station im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Kontakt:<br />

Westenhellweg 110, 59192 Bergkamen.<br />

Dr. Götz Heinrich Loos ist Universitätslehrer<br />

und Forscher vornehmlich im Bereich<br />

Landschaftsökologie/Biogeographie an<br />

der Ruhr-Universität Bochum. Kontakt:<br />

Ruhr-Universität Bochum, Geographisches<br />

Institut, 44780 Bochum.<br />

Birgit Manz ist Diplom-Ingenieurin Landespflege<br />

und in der Geschäftsführung<br />

der Naturförderungsgesellschaft für den<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Kontakt: Westenhellweg<br />

110, 59192 Bergkamen.<br />

Bernd Margenburg ist Dipl. Physiker und<br />

Vorsitztender der NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes<br />

<strong>Unna</strong>, stellvertretender Vorsitzender der<br />

Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong><br />

<strong>Unna</strong> und stellvertretender Arbeitskreisleiter<br />

des Arbeitskreises Heimische Orchideen<br />

Nordrhein-Westfalen. Kontakt: Auf<br />

der Klause 5, 59192 Bergkamen.<br />

Autoren<br />

Karin Margenburg ist Diplom-Geografin<br />

und u.a. tätig in der Botanik AG des<br />

NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes <strong>Unna</strong>, Sprecherin<br />

des Landesfachausschusses Botanik des<br />

NABU-Landesverbandes NRW sowie<br />

Angestellte bei der Bezirksregierung<br />

Arnsberg im Dezernat 51. Kontakt: Auf<br />

der Klause 5, 59192 Bergkamen.<br />

Jenny Planert-Fahrenhorst ist Biologieund<br />

Sportlehrerin an der Peter-Weiss-<br />

Gesamtschule und Koordinatorin der<br />

Agenda-Gruppe sowie Kleintier- und<br />

Schulgarten-AG. Kontakt: Falkstraße<br />

15, 59425 <strong>Unna</strong>.<br />

Falko Prünte ist Diplom-Geograf/Landschaftsökologie<br />

und wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter der Biologischen Station im<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Kontakt: Westenhellweg<br />

110, 59192 Bergkamen.<br />

Ralf Sänger ist Diplom-Geograf und<br />

Leiter des Umweltzentrums Westfalen.<br />

141


Kontakt: Westenhellweg 110, 59192<br />

Bergkamen.<br />

Heinz Friedrich Schlockermann ist Ortsheimatpfleger<br />

von Bramey, Lenningsen<br />

und Flierich. Kontakt: Fröndenberger<br />

Straße 11, 59199 Bönen.<br />

Martina Schmidt von Boeselager ist<br />

Kunst- und Biologielehrerin, Geschäftsführerin<br />

der Waldschule Cappenberg,<br />

Vorsitzende der ANU NRW (Arbeitsgemeinschaft<br />

Natur- und Umweltbildung<br />

e.V. NRW), Beraterin des Ministeriums<br />

für Klimaschutz, Umwelt, Landwirt-<br />

142<br />

Autoren<br />

schaft, Natur- und Verbraucherschutz<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen und<br />

Prüferin im Rahmen des Waldpädagogischen<br />

Zertifikats NRW. Kontakt: Am<br />

Brauereiknapp 17, 59379 Selm.<br />

Kai-Uwe Schneider ist Diplom-Geologe<br />

und Abfallberater bei der GWA<br />

– Gesellschaft für Wertstoff- und<br />

Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> mbH.<br />

Kontakt: Friedrich-Ebert-Straße 59,<br />

59425 <strong>Unna</strong>.<br />

Sandra Schulz ist Regionalbetreuerin der<br />

Naturschutzjugend Hamm, <strong>Unna</strong> und<br />

Märkischer <strong>Kreis</strong>. Kontakt: Kanalstraße<br />

79, 45731 Waltrop.<br />

Willibald Träger ist als Hobbymykologe<br />

tätig in der Arbeitsgemeinschaft<br />

Ornithologie und Naturschutz AGON<br />

Schwerte im NABU <strong>Kreis</strong>verband <strong>Unna</strong>.<br />

Kontakt: Goldammerweg 15, 58239<br />

Schwerte.<br />

Dorothee Weber ist Diplom-Oecotrophologin<br />

und Abfallberaterin bei der GWA<br />

– Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft<br />

<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> mbH. Kontakt:<br />

Friedrich-Ebert-Straße 59, 59425 <strong>Unna</strong>.


Die NFG – Wir über uns<br />

Die Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e. V. – kurz genannt NFG – wurde 1984 als Kooperations-<br />

modell zwischen amtlichem und ehrenamtlichem Naturschutz gegründet. Als gemeinnützig anerkannter Verein hat sich die<br />

NFG im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> folgende Aufgaben gestellt:<br />

� Die NFG unterstützt die Aktivitäten des ehrenamtlichen Naturschutzes.<br />

� Die NFG hilft bei der Sicherung von schutzwürdigen Gebieten.<br />

� Die NFG führt Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen durch.<br />

� Die NFG klärt die Öffentlichkeit über Umwelt,- Natur- und Artenschutz auf.<br />

� Die NFG unterstützt umweltpädagogische Aktivitäten.<br />

� Die NFG ist Trägerverein der Biologischen Station für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />

Die Geschäftsführung des Vereins übernimmt das Umweltamt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>.<br />

Sitz: Ökologiestation des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong><br />

Westenhellweg 110 · 59192 Bergkamen<br />

Telefon: 02389 9809-60 · Telefax: 02389 9809-94<br />

E-mail: nfg-kreisunna@t-online.de · Internet: www.kreis-unna.de/NFG<br />

Spendenkonto: 44644 bei der Sparkasse <strong>Unna</strong> (BLZ 443 500 60)

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