Naturreport 2012 - Band 16 - Kreis Unna
Naturreport 2012 - Band 16 - Kreis Unna
Naturreport 2012 - Band 16 - Kreis Unna
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Natur report<br />
Nr. <strong>16</strong> • <strong>2012</strong><br />
Schwerpunkt: Umweltpädagogik<br />
Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.
Natur report<br />
Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />
Ausgabe <strong>16</strong> • <strong>2012</strong>
Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.<br />
Ausgabe <strong>16</strong> • <strong>2012</strong><br />
Erscheinungstermin: März <strong>2012</strong><br />
Herausgeber: Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V.,<br />
Westenhellweg 110, 59192 Bergkamen<br />
Vorsitzender: Walter Teumert<br />
Redaktion und Realisierung:<br />
Horschler Kommunikation GmbH, <strong>Unna</strong><br />
Zitiervorschlag: <strong>Naturreport</strong> <strong>2012</strong>, Jb. Naturförderungsges. <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
Druck: DruckVerlag Kettler, Bönen<br />
Titelfotos: GWA/Ekkehard von Haut/Westfälisch-Lippische Natur- und Umweltschutz-Akademie<br />
NRW (NUA) Landwirtschaftsverband/www.fotolia.de-silverjohn<br />
Wenn nicht anders angegeben, stammen die Fotos und Abbildungen in den Beiträgen von den<br />
Autoren. Die in den Aufsätzen vertretenen Meinungen müssen nicht unbedingt der Meinung<br />
der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V. oder der Redaktion entsprechen. Die<br />
Autorinnen und Autoren sind für den Inhalt ihrer Aufsätze selbst verantwortlich.
Inhalt<br />
Inhalt .........................................................................................................................................5<br />
Grußwort ..................................................................................................................................7<br />
Vorwort .....................................................................................................................................9<br />
Umweltpädagogik<br />
Expedition in die Wildnis für Kinder, Jürgen Heuser .................................................................11<br />
Ente oder Gans – das ist hier die Frage, Heinrich Behrens .......................................................15<br />
Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit, Petra Giebel .................................................17<br />
Die Kuh ist doch nicht lila – oder doch?, Petra Drees-Hagen ..................................................21<br />
Naturerlebnisort Wald: Neugierig auf der Pirsch, Marianne Degwer .......................................25<br />
Nachhaltige Bildungsarbeit für die Zukunft, Martina Schmidt von Boeselager .........................27<br />
Jäger machen mobil gegen Naturentfremdung, Magnus Benkhofer ........................................34<br />
Umwelterziehung als Schulauftrag, Jenny Planert-Fahrenhorst und Hartmut Fahrenhorst .......35<br />
Natur entdecken im „Grünen Klassenzimmer“, Günther Dieckmann,<br />
Heinz F. Schlockermann und Götz Heinrich Loos .....................................................................43<br />
„Steigenberger Moritz“ oder „Bettenhaus“?, Ralf Sänger .......................................................49<br />
Aktivitäten: Natürlich für Groß und Klein, Birgit Manz ...........................................................53<br />
Lernen ohne erhobenen Zeigefinger, Jutta Eickelpasch ............................................................55<br />
Laienschauspieler machen (Straßen-)theater, Dorothee Weber und Andreas Hellmich ............58<br />
Das geht auch dich was an!, Andreas Hellmich und Kai-Uwe Schneider .................................60<br />
Neue (junge) Umweltschützer braucht das Land, Sandra Schulz .............................................63<br />
Das letzte Kind im Wald, Birgit Manz .....................................................................................65<br />
5
Flora & Fauna<br />
6<br />
Inhalt<br />
Beiträge zur Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> VIII, Götz Heinrich Loos,<br />
Hans Jürgen Geyer, Erhard Hellmann, Karin Margenburg und Bernd Margenburg ..................66<br />
Die Großpilze des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> – eine erste Übersicht, Erhard Hellmann,<br />
Willibald Träger und Götz Heinrich Loos .................................................................................79<br />
Arteninventar und Bestandsveränderungen der Säugetiere im Stadtgebiet Kamen,<br />
Götz Heinrich Loos ................................................................................................................105<br />
Naturschutz im Cappenberger Wald – Quo vadis?, Klaus Klinger und Kerstin Conrad ...........115<br />
Dem Regenmännchen auf der Spur, Stefan Kauwling ............................................................119<br />
Der heimliche Quäker bangt um seinen Wald, Falko Prünte und Stefan Kauwling .................125<br />
Personen<br />
„Wir könnten ja noch in die Rieselfelder ...“, Thomas Griesohn-Pflieger ................................130<br />
Alltagstrott kenne ich nicht, Corinna Glück ...........................................................................134<br />
Aktionen<br />
Neugierig die Gegend erkunden, Heinrich Behrens ................................................................136<br />
Natur des Jahres <strong>2012</strong> – Auf einen Blick ................................................................................138<br />
Autorenverzeichnis ................................................................................................................140
� Grußwort von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft<br />
Sehr geehrte Leserin,<br />
sehr geehrter Leser,<br />
sehr früh, gezielt und systematisch<br />
hat sich der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> dem Natur- und<br />
Landschaftsschutz zugewandt, und das<br />
aus gutem Grund: Zwar liegt der <strong>Kreis</strong> in<br />
der Ballungsrandzone des Ruhrgebietes,<br />
doch war auch er mehr als 100 Jahre<br />
lang von den klassischen Montanindustrien<br />
Kohle und Stahl geprägt. Es gab<br />
also viel zu tun.<br />
Bereits zu Beginn der 80er Jahre hat<br />
der <strong>Kreis</strong>tag erste politische Initiativen<br />
für eine nachhaltige Politik entwickelt,<br />
um Ökologie und Ökonomie miteinander<br />
vereinbaren zu können, was damals<br />
vielerorts noch als Widerspruch galt. So<br />
entstanden im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> das landesweit<br />
erste <strong>Kreis</strong>umweltamt und nicht<br />
zuletzt die Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Es passt also gut<br />
ins Bild, dass sich der <strong>Kreis</strong> mit diesem<br />
Jahrbuch dem hoch aktuellen Thema<br />
der Umweltbildung annimmt. Sie wird<br />
immer wichtiger, denn: Nur wer Natur<br />
und Umwelt kennt, wer für ihre Belan-<br />
Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
Hannelore Kraft.<br />
ge sensibilisiert ist, wird sorgsam mit<br />
unseren natürlichen Lebensgrundlagen<br />
umgehen und sich vielleicht sogar selber<br />
für ihren Schutz und Erhalt engagieren.<br />
All das betrifft nicht nur Erwachsene.<br />
Gerade Kinder und Jugendliche müssen<br />
oft erst den respektvollen Umgang mit<br />
der Natur erlernen. Deshalb gehört auch<br />
Grußwort<br />
Respektvoller Umgang mit der Natur<br />
die Umweltbildung in Nordrhein-Westfalen<br />
zu unserer umfassenden Strategie<br />
der vorbeugenden Politik mit dem Ziel<br />
einer nachhaltigen Entwicklung. Vorbeugung<br />
meint auch hier, dass wir vorausschauend<br />
handeln, um Missständen zu<br />
begegnen und gar nicht erst entstehen<br />
zu lassen. Denn unter ihren Folgen<br />
hätten spätestens die nachfolgenden<br />
Generationen zu leiden. Und das wäre<br />
verantwortungslos.<br />
Als Baustein einer Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung fragt die Umweltbildung<br />
auch nach den globalen<br />
Auswirkungen unseres eigenen Handelns.<br />
Wir möchten erreichen, dass<br />
jeder Einzelne in Nordrhein-Westfalen<br />
sich entsprechende Kompetenzen und<br />
Kenntnisse aneignen kann, um das<br />
eigene Handeln an den Kriterien der<br />
Vorbeugung und Nachhaltigkeit auszurichten,<br />
so weit das möglich ist. Die<br />
Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
– und mit ihr die Umweltbildung – soll<br />
daher in allen Bildungsbereichen systematisch<br />
verankert werden.<br />
So können Kindergärten und Schulen<br />
wertvolle Beiträge bei der Umweltbil-<br />
7
8<br />
Grußwort<br />
dung leisten. Hier bietet etwa der Of-<br />
fene Ganztag vielfältige Möglichkeiten<br />
und entsprechende Freiräume, denn<br />
hier haben Kinder Zeit, gemeinsam<br />
abseits von Fernsehen, Computer und<br />
Spielkonsole zu lernen. Ihre kindliche<br />
Neugierde wird sie ganz von selbst<br />
zu jenen Themen führen, die uns alle<br />
bewegen: Wie wird aus Wind Strom?<br />
Woher kommt das Frühstücksei? Wohin<br />
kommt der ganze Müll? Warum ist es<br />
besser, das Auto einfach mal stehen<br />
zu lassen?<br />
Diese Neugierde, die ich mir manchmal<br />
auch bei Erwachsenen wünsche,<br />
müssen wir nutzen, um Umwelt- und<br />
Naturerfahrung eines Tages ebenso fest<br />
im Lehrplan zu verankern wie Mathematik<br />
oder Deutsch.<br />
Wie dringend nötig solche Bildungsanstrengungen<br />
sind, zeigt allein das<br />
Beispiel Klimaschutz. Ihn jetzt nicht<br />
entschlossen voranzutreiben, hieße,<br />
Konsequenzen für die Lebensbedingungen<br />
der Menschen in Kauf zu nehmen,<br />
die wir uns wohl kaum vorstellen und<br />
keinesfalls verantworten können.<br />
Deshalb hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />
im Sommer 2011 als<br />
erstes Land ein Klimaschutzgesetz auf<br />
den Weg gebracht, mit dem erstmals<br />
Minderungsziele für Treibhausgasemissionen<br />
gesetzlich festgelegt werden. So<br />
wollen wir diese Emissionen bis 2020<br />
um 25 Prozent und bis 2050 um mindestens<br />
80 Prozent reduzieren. Diese<br />
Ziele müssen wir erreichen – und das<br />
wird nur dann gelingen, wenn auch<br />
die Bürgerinnen und Bürger durch ihr<br />
persönliches Verhalten dazu beitragen.<br />
Auch hier wird die Umweltbildung eine<br />
wichtige Rolle spielen.<br />
Vorbilder vor Ort helfen dabei. Der<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> ist ein solches Vorbild. Hier<br />
wird Umweltpädagogik über verschiedene<br />
Institutionen, Projekte und Initiativen<br />
in die Tat umgesetzt. Herausragende<br />
Beispiele dafür sind die Ökologiestation<br />
in Bergkamen-Heil und die Waldschule<br />
in Selm-Cappenberg, die im Jahr 2011<br />
mit dem Naturschutzpreis der Bezirksregierung<br />
Arnsberg ausgezeichnet wurde.<br />
Ich bin sicher, dass weitere umweltpädagogische<br />
Initiativen aus dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
auch zum Vorbild für andere Regionen<br />
in NRW werden können.<br />
Viele weitere Initiativen stehen auf<br />
der Wunschliste. Sie sollten nicht „von<br />
oben“ verordnet, sondern von den Bürgerinnen<br />
und Bürgern mitentwickelt und<br />
verwirklicht werden, damit sie möglichst<br />
genau den Lebensbedingungen vor Ort<br />
entsprechen.<br />
Den Akteuren im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> wünsche<br />
ich bei ihren Anstrengungen für eine<br />
nachhaltig wirkende Umweltbildung viel<br />
Erfolg. Und Ihnen, den Leserinnen und<br />
Lesern, wünsche ich Vergnügen bei der<br />
Lektüre und viele Anregungen für das<br />
eigene Handeln.<br />
Hannelore Kraft<br />
Ministerpräsidentin des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen
� Abenteuer Erde<br />
Natur bewusst erleben<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
wann haben Sie zuletzt ein Kind<br />
gesehen, wie es in freier Natur über<br />
Felder tollt, sich durch hohe Gräser<br />
schlägt oder auch die imposantesten<br />
aller Baumgipfel erklimmt? Ich<br />
stelle mit Ernüchterung fest, es ist<br />
bei mir lange her. Cowboy und Indianer<br />
spielt man heute vor Konsolen.<br />
Natur erleben bedeutet, animierte<br />
Tiere vom Sofa aus bei Disney zu<br />
bestaunen. Im Zeitalter von Elektronik<br />
und Technik hat sich der kindliche<br />
Alltag drastisch verändert.<br />
Kinder kennen die heimischen Wiesen<br />
vor ihrer eigenen Haustür nicht<br />
mehr. Vögel sind Vögel und Blumen<br />
sind Blumen – der Buchfink wird zum<br />
Rotkehlchen, die Butterblume zum Osterglöckchen.<br />
Und woran liegt das?<br />
Langsam dämmert uns, dass wir<br />
ein Bewusstsein für Erde und Natur<br />
entwickeln und dieses bei noch jungen<br />
Jahrgängen fördern und stärken müssen.<br />
Wir müssen begreifen, dass wir<br />
Walter Teumert, Vorsitzender der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> e.V. Foto: privat<br />
nicht nur auf dieser Welt, sondern mit<br />
der Natur leben, einer Umgebung von<br />
unschätzbarem Wert. Wir sind es auch,<br />
die heranwachsende Generationen zum<br />
Zwecke der Nachhaltigkeit, vor allem<br />
aber auch um ihrer eigener Entwicklung<br />
wegen, sensibilisieren müssen. Denn<br />
wie Jürgen Heuser feststellt: Wie soll<br />
Vorwort<br />
ein Kind schätzen und schützen, was es<br />
nicht kennt? Natur bewusst erleben, sie<br />
riechen, fühlen, schmecken, mit allen<br />
Sinnen erfahren und begreifen – sich in<br />
das Abenteuer Erde stürzen – hier setzt<br />
das Konzept der Natur- und Umweltpädagogik<br />
an, eine Schlüsselaufgabe unserer<br />
Zeit, der sich die Autoren in diesem Jahrbuch<br />
der Naturförderungsgesellschaft<br />
e.V. (NFG) im Besonderen widmen.<br />
Wenden wir unseren Blick auf den<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und steigen mit dem Beitrag<br />
von Heinrich Behrens „Ente oder Gans<br />
– das ist hier die Frage“ in das Thema<br />
ein. Hier wird deutlich, wie maßgebend<br />
die Einbindung der Erlebnispädagogik im<br />
Bereich Naturkunde in den modernen<br />
Schulunterricht ist. Nur wenn Kinder ihre<br />
unmittelbare Umwelt – Flora und Fauna<br />
– spontan erleben, sie als Spiel- und<br />
Freiraum nutzen und kennen, können<br />
sie ein Bewusstsein für die Bedeutung<br />
von Umwelterhalt und Naturschutz<br />
entwickeln. Um die aus dieser Erkenntnis<br />
resultierenden Handlungsmaximen geht<br />
es auch Petra Giebel, die die landesweite<br />
Kampagne „Schule der Zukunft – Bildung<br />
für Nachhaltigkeit“ vorstellt.<br />
9
10<br />
Vorwort<br />
Der Aufsatz „Die Kuh ist doch nicht<br />
lila – oder doch?“ von Petra Drees-<br />
Hagen konkretisiert das regionale,<br />
außerschulische Lernen auf dem Bauernhof.<br />
Vom Kuhstall geht es in den<br />
Wald: Marianne Degwer widmet sich<br />
Erlebnisführungen auf der Ökostation<br />
im Naturfreundehaus auf dem Ebberg in<br />
Schwerte. Für die nachhaltige Bildungsarbeit<br />
setzt sich auch die Waldschule<br />
Cappenberg ein – Martina Schmidt<br />
von Boeselager schildert Begegnungen<br />
mit dem komplexen Ökosystem Wald.<br />
Umweltunterricht mal anders.<br />
Schon seit Jahren bindet die Peter-<br />
Weiss-Gesamtschule (PWG) <strong>Unna</strong><br />
die Umweltbildung konkret in den<br />
Schulalltag ein. Ihr ist der Beitrag „Umwelterziehung<br />
als Schulauftrag“ von<br />
Jenny Planert-Fahrenhorst und Hartmut<br />
Fahrenhorst gewidmet. Dass Umweltunterricht<br />
nicht nur für Schulkinder<br />
spannend ist, erklärt der Aufsatz „Natur<br />
entdecken im Grünen Klassenzimmer“.<br />
An der Ermelingschule in Bönen-Lenningsen<br />
können sich im Schulgarten<br />
auch auswärtige Gruppen, Eltern und<br />
Lehrkräfte in Sachen Umwelt weiterbilden.<br />
Nicht unerwähnt bleiben sollte<br />
der Beitrag „Steigenberger Moritz oder<br />
Bettenhaus?“ von Ralf Sänger. Denn<br />
die Ökologiestation in Bergkamen verfügt<br />
nun über ein Gästehaus: ideal für<br />
wissbegierige Schülerinnen und Schüler<br />
auf Klassenfahrt. Andreas Hellmich und<br />
Kai-Uwe Schneider lenken den Fokus in<br />
ihrem Artikel „Das geht auch dich was<br />
an!“ auf die Abfallberatung. Für den<br />
Umweltschutz auf gesetzlicher Ebene<br />
setzt sich die Naturschutzjugend (NAJU)<br />
ein. Sandra Schulz stellt sich in dem<br />
Aufsatz „Neue (junge) Umweltschützer<br />
braucht das Land“ als NAJU-Regionalbetreuerin<br />
vor.<br />
Der zweite Teil des <strong>Naturreport</strong>es<br />
enthält über das Schwerpunktthema<br />
hinaus wieder Arbeiten, die sich mit der<br />
Flora und Fauna unseres <strong>Kreis</strong>es beschäftigen.<br />
Angefangen mit Beiträgen zur<br />
Organismenwelt und der Naturwaldzelle<br />
im Cappenberger Wald über eine erste<br />
Übersicht zur Lage des Großpilzbestandes<br />
bis hin zum Arteninventar und den<br />
Bestandsveränderungen der Säugetiere<br />
im Kamener Stadtgebiet. Die einzelnen<br />
Aufsätze werden mit aussagekräftigen<br />
Bildern, Karten und Tabellen veranschaulicht.<br />
Besonders hervorzuheben ist<br />
der Nachruf auf Heinz Herkenrath „Wir<br />
könnten ja noch in die Rieselfelder…“<br />
von Thomas Griesohn-Pflieger. Der<br />
Beitrag „Neugierig die Gegend erkunden“<br />
über eine Beobachtungstour in die<br />
Uckermark beendet diesen <strong>Band</strong>.<br />
Auch dieses Mal sind sämtliche Beiträge<br />
wieder reich an informativen und<br />
anregenden Aspekten und Ansichten.<br />
Tiefere Auseinandersetzungen mit der<br />
Thematik, die über die Lektüre hinausgehen,<br />
sind wie immer wünschenswert.<br />
Dieses Jahrbuch enthält den Appell,<br />
gerade die Jüngsten an die Hand zu<br />
nehmen und sie in die Geheimnisse und<br />
Abenteuer unserer Erde einzuweihen.<br />
Worauf warten wir noch?<br />
Ich möchte allen danken – insbesondere<br />
Ministerpräsidentin Hannelore<br />
Kraft für das Grußwort – die mit Wort,<br />
Bild oder anderer Unterstützung zu<br />
dieser Ausgabe beigetragen haben und<br />
wünsche Ihnen wie immer eine inspirierende<br />
und spannende Lektüre.<br />
Ihr<br />
Walter Teumert<br />
Vorsitzender der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>
� Zurück zur Natur<br />
Expedition in die Wildnis für Kinder<br />
von Jürgen Heuser<br />
Spielen und toben im Wald oder<br />
auf dem Feld und dabei die Zeit<br />
und sich selbst vergessen – ist das<br />
ein Phänomen längst vergessener<br />
Zeiten? Oder gehört das auch heute<br />
noch in den Alltag heranwachsender<br />
Jugendlicher? Und wenn nicht,<br />
warum ist das in unserer Zeit so?<br />
Begeben wir uns auf Spurensuche.<br />
Großstadtkinder entfremden sich<br />
der Natur. Und das nicht unbedingt<br />
aufgrund von Desinteresse: Zum Spielen<br />
auf die Wiese oder in das Wäldchen<br />
um die Ecke zu gehen, dafür fehlt den<br />
meisten Jungen und Mädchen einfach<br />
die Möglichkeit. Es gibt sie schlicht nicht.<br />
Und so entzweien sich die jungen Menschen<br />
unserer städtischen Gesellschaft<br />
nach und nach von der Lebenswelt.<br />
Dass entsprechende Flächen in den<br />
Ballungsräumen fehlen ist das eine.<br />
Das andere ist der Wandel des Alltags<br />
in der Kinderwelt. Die Schulzeiten haben<br />
sich geändert, Neue Medien sind<br />
mittlerweile nicht mehr wegzudenken,<br />
Freizeitstress mit Hobbys wie Ballett,<br />
Klavier und Reiten stehen auf der Tagesordnung.<br />
Es herrscht längst eine neue<br />
Art des Spielens. Das Interesse an der<br />
Natur ist schlichtweg verloren gegangen.<br />
Es findet eine massive Entfremdung<br />
statt. Viele Kinder können mit der Natur<br />
nichts mehr anfangen. Respekt und<br />
Engagement der Menschen für Flora,<br />
Fauna, intakte Landschaft und Umwelt<br />
Umweltpädagogik<br />
Selten: Kinder spielen draußen. Fotos: Biologische Station Östliches Ruhrgebiet<br />
sind aber keine Selbstverständlichkeit.<br />
Wertschätzung und Liebe zur Natur sind<br />
Grundbedingung dafür und setzen ausgiebige,<br />
intensive Naturkontakte in der<br />
Kindheit voraus. Denn: Was ich nicht kenne,<br />
kann ich auch nicht schätzen. Viele,<br />
die sich als Erwachsene mit Naturschutz<br />
beschäftigen, haben sich in ihrer Kindheit<br />
intensiv mit der Natur beschäftigt. Kinder<br />
entwickeln eine Liebesbeziehung zur<br />
11
12<br />
Umweltpädagogik<br />
Natur, wenn sie ausgiebig Gelegenheit<br />
bekommen, in naturnahe Landschaften<br />
einzutauchen, selbstvergessen, nur sich<br />
selbst genügend, unbeobachtet, unreglementiert,<br />
ohne Zeitdruck. Dabei ist es<br />
nicht von Bedeutung, dass ich als Kind<br />
weiß, dass der Baum, auf den ich am<br />
besten klettern kann, eine Hainbuche<br />
ist. Entscheidend ist nur, dass er geeignetes<br />
Astwerk besitzt. Für den Namen<br />
interessiere ich mich vielleicht in späteren<br />
Jahren. Oder das Spiel am Bach als kleiner<br />
Junge. Ich zum Beispiel hatte große<br />
Angst vor den Köcherfliegenlarven. Es<br />
war mir egal, wie sie hießen. Sie waren<br />
einfach gruselig. Oder die Versuche,<br />
mit meinem blauen Zahnputzbecher<br />
die wenige Tage alten Jungforellen zu<br />
fangen, um sie dann wieder ins Wasser<br />
zu lassen. Ich wusste genau, wie sich die<br />
quirligen Mini-Fische verhalten. Daran<br />
erinnere ich mich gerne, wenn ich an<br />
meine Kindheit zurück denke. Und all<br />
diese Erlebnisse fördern die Liebe zur<br />
Natur.<br />
� Natur fördert Lebenskraft<br />
Aber es geht nicht nur darum, dass<br />
Kinder wieder in der Natur spielen und<br />
toben sollen: Natur fördert Lebenskraft.<br />
Dabei geht es nicht in erster Linie um<br />
die physische Gesundheit – Bewegung<br />
ist gut für Herz und <strong>Kreis</strong>lauf –, sondern<br />
vielmehr wie Schemel 2003 sagte, um die<br />
Wirkung von Naturkontakt auf die psychische<br />
Gesundheit im Sinne der gesunden<br />
Entwicklung einer gefestigten und<br />
kreativen Persönlichkeit. So hat schon im<br />
vergangenen Jahrhundert der bekannte<br />
Psychologe Alexander Mitscherlich der<br />
Bedeutung von Naturerfahrung im Blick<br />
auf die psychische Gesundheit erkannt:<br />
„Jeder junge Mensch … ist weitgehend<br />
ein triebbestimmtes Spielwesen. Er<br />
braucht deshalb seinesgleichen, nämlich<br />
Tiere, überhaupt Elementares: Wasser,<br />
Dreck, Gebüsch, Spielraum. Man kann<br />
ihn auch ohne das alles aufwachsen<br />
lassen, mit Teppichen, Stofftieren oder<br />
auf asphaltierten Straßen und Höfen. Er<br />
überlebt es – doch man soll sich nicht<br />
wundern, wenn er später bestimmte<br />
soziale Grundleistungen nie mehr erlernt,<br />
z. B. ein Zugehörigkeitsgefühl<br />
zu einem Ort...“ Schemel beschreibt<br />
in seinem Beitrag, dass inzwischen der<br />
Zusammenhang von sinnlicher Naturerfahrung<br />
und Gesundheit von zahlreichen<br />
Wissenschaftlern der Pädagogik, der<br />
Psychologie und Anthropologie bestätigt<br />
wurde. Laut Piperek (1975) erleidet ein<br />
Mensch ohne hinreichende Stimulierung<br />
durch natürliche Umwelt physische und<br />
psychische Schäden. Er nennt in diesem<br />
Zusammenhang beispielsweise Konzentrationsstörungen,<br />
Kontaktarmut<br />
sowie Mangel an Selbstvertrauen und<br />
Initiative. Und sind das nicht exakt jene<br />
Charaktereigenschaften, die wir heute<br />
bei Heranwachsenden vermissen? Vor<br />
diesem Hintergrund hat die Biologische<br />
Station Östliches Ruhrgebiet in Herne<br />
das Projekt „Wildnis für Kinder“ ins Leben<br />
gerufen. Ziel ist es, Verantwortung<br />
und Engagement für die Natur möglichst<br />
früh zu wecken, aber nicht durch pädagogische<br />
Anleitung, sondern so weit<br />
wie möglich durch persönliche Naturerfahrung.<br />
Unsere Idee ist es, ein Netz<br />
von „wilden“ Freiflächen bereitzustellen.<br />
Trotz ihres geringen Anteils innerhalb<br />
der Stadtlandschaft sollen möglichst<br />
viele Kinder im alltäglichen Wohnumfeld<br />
Gelegenheit finden, unbeobachtet<br />
und ohne Regeln selbstbestimmtes<br />
und freies Abenteuer zu erleben. Denn<br />
Spielraum unter freiem Himmel ist für<br />
Kinder optimal.<br />
� Das eigene Spiel erfinden<br />
Hier können sie kreativ sein. Die<br />
Natur bietet sich mit Hügeln, Büschen,<br />
Sträuchern, Bäumen, Wiesen und Gewässer<br />
geradezu an. Allerdings müssen<br />
die Kinder dieses Angebot erst wahrnehmen<br />
und begreifen. Dafür bietet<br />
ihnen der Computer keine Anleitung.<br />
Draußen heißt es: Ich muss mein Spiel<br />
erfinden, auf Bäume klettern, Buden<br />
bauen, Holzschiffchen auf dem Bach<br />
schwimmen lassen oder Frösche beobachten.<br />
Die Kunst ist es also, die Kinder
Einfach sich selbst und die Zeit vergessen: Auf eigene Faust die Natur entdecken.<br />
wieder an die Natur heranzuführen.<br />
Das ist allerdings ein Paradoxon, wenn<br />
man als „Anleiter“ nicht präsent sein<br />
will. Was also tun? Folgende Maxime<br />
gilt: Man muss sich erst um die Kinder<br />
bemühen und sich selbst danach wieder<br />
abschaffen. Erwachsene müssen ihnen<br />
Zeit geben und sie in Ruhe lassen, damit<br />
sie ihre Bedürfnisse selbst entdecken.<br />
Bei der Frage, welche Bedingungen<br />
eine Fläche als „Naturerfahrungsraum“<br />
für die Altersgruppe der Sieben- bis<br />
14-jährigen qualifizieren, geben die<br />
Ergebnisse einer Modellstudie aus Baden-Württemberg<br />
Antworten (Reidl &<br />
Schemel, 2003). Danach sollten folgende<br />
Voraussetzungen erfüllt sein:<br />
� Vorrangnutzung Naturerfahrung:<br />
Naturschutzaspekte sind auf den<br />
ausgewählten Flächen nachrangig.<br />
„Eingriffe“ von Kindern, der Bau von<br />
Buden beispielsweise, sind hier zu<br />
tolerieren.<br />
� Wohngebietsnähe: Eine Entfernung<br />
von 300 bis 500 Metern zu den<br />
Wohnungen sollte angesichts der<br />
fokussierten Altersgruppe nicht überschritten<br />
werden.<br />
� Mindestgröße: Damit das angestrebte<br />
unbeobachtete und unreglementierte<br />
Umweltpädagogik<br />
Balancieren will gelernt sein.<br />
Spiel wirklich stattfinden kann, sollte<br />
die Mindestgröße der Flächen ein bis<br />
zwei Hektar betragen.<br />
� Attraktive Strukturen: Je größer die<br />
Vielfalt der strukturierenden Elemente,<br />
desto interessanter wird die Fläche<br />
als Aufenthaltsort für Kinder: Eine<br />
Kombination aus offener Landschaft,<br />
Bäumen, Dickicht, ebenen Bereichen,<br />
Hügeln und Wasserkörpern in jeder<br />
Form bietet ideale Voraussetzungen.<br />
� Den Strukturwandel nutzen<br />
Als eine besondere Chance zur Realisierung<br />
dieser Vorhaben entpuppt sich<br />
13
14<br />
Umweltpädagogik<br />
der Strukturwandel, der das Ruhrgebiet<br />
in der Vergangenheit ergriffen hat. Geschätzte<br />
10.000 Hektar innerstädtische<br />
Brachflächen hat die Montanindustrie<br />
im gesamten Ruhrgebiet hinterlassen.<br />
Flächen, die oft keiner wirtschaftlichen<br />
Nutzung zugeführt werden können. Zu<br />
einem großen Teil sind dies Bergehalden,<br />
Deponien und ehemalige Industrieflächen.<br />
Birkenwälder verstecken<br />
Bahngleise, Goldrute und Sommerflieder<br />
überwuchern ehemalige Anlagen, und so<br />
entstehen an vielen Orten der Region<br />
geheimnisvolle Kulissen aus Verfall und<br />
ungehemmter grüner Eroberung.<br />
Das Vorhaben als Vorbild vor Ort:<br />
Auf dem citynahen Gelände der früheren<br />
Maschinenfabrik Beien entstand in den<br />
1990er Jahren ein kinderreiches Wohnquartier.<br />
Die parallel neu entstandene<br />
Parkfläche und ein Eisenbahnlärmschutzwall<br />
mit einer Gesamtfläche von etwa<br />
einem Hektar werden zu einer „Wildnis<br />
für Kinder“ umgestaltet. Geplant sind<br />
Hügel und Mulden, Trampelpfade, vielleicht<br />
ein Labyrinth, Büsche und eventuell<br />
eine kleine Wasserfläche. Aktive Kinder<br />
in der Natur sind hier nicht nur geduldet,<br />
sondern ausdrücklich erwünscht. Sie<br />
sollen auf Bäume klettern können, im<br />
Gras spielen, Insekten beobachten oder<br />
einfach einmal rummatschen dürfen.<br />
Pädagogen und Psychologen begrüßen<br />
das Vorhaben.<br />
Und wie reagiert die Nachbarschaft?<br />
Aus dem <strong>Kreis</strong> der Anwohner kommt<br />
Zustimmung. Und die vorherrschenden<br />
Probleme und Anregungen wurden angesprochen:<br />
Zum Beispiel sollen Hunde<br />
angeleint sein, ein Hundeklo wurde<br />
angeregt, die Rutschfläche könnte als<br />
Mini-Sommerrodelbahn ausgebaut werden<br />
und auch Patenschaften wurden als<br />
Ideen festgehalten. Ein Zaun soll zudem<br />
die Kinder vor dem unweiten Bahngelände<br />
schützen und ungebetene Gäste aus<br />
dieser Richtung fernhalten. Die Erfahrung<br />
zeigt: Es gilt, frühzeitig breite Akzeptanz<br />
für die Naturerfahrungsräume durch<br />
gezielte Öffentlichkeitsarbeit vor Ort mit<br />
Bürgerveranstaltungen und Aktionstagen<br />
zu schaffen und dabei Elterninitiativen,<br />
Kommunalpolitik, Stadtverwaltung und<br />
Polizei miteinzubeziehen. Gute Multiplikatoren<br />
und Kooperationspartner sind<br />
Schulen in der Nachbarschaft. Darüber<br />
hinaus ist deutlich, dass eine kontinuierliche<br />
Betreuung des Gebietes unerlässlich<br />
ist, um beispielsweise Müllablagerungen<br />
vorzubeugen und das Zuwachsen von<br />
Aktionsflächen zu verhindern.<br />
� Optimistisch in die Zukunft<br />
Das Pilotprojekt wird durch die NRW-<br />
Stiftung für Natur, Heimat und Kultur<br />
sowie die Dr.-Gustav-Bauckloh-Stiftung<br />
gefördert. Die Stadt Herne begleitet das<br />
Vorhaben konstruktiv. Da bleibt nur noch<br />
die eine Frage, ob die Kinder automatisch<br />
den Weg zum selbstbestimmten Spiel in<br />
der Natur finden, wenn nur die oben skizzierten<br />
Voraussetzungen gegeben sind?<br />
Schemel et al. (2005) gehen davon aus,<br />
„dass die sich frei entwickelnde Natur<br />
genügend Gelegenheiten und Anreize<br />
bietet, damit sich Kinder und Jugendliche<br />
in ihr spielerisch betätigen.“ Und dennoch<br />
habe ich keine Illusion, dass die Zeiten von<br />
früher zurückkommen. Die Gesellschaft<br />
wandelt sich. Aber ich habe durchaus<br />
die Vision, dass die Heranwachsenden<br />
mit der „Wildnis für Kinder“ wieder in<br />
die Natur eintauchen. Ob das gelingt,<br />
die Spuren der Zukunft zeigen es. Ich bin<br />
optimistisch.<br />
Literatur:<br />
Mitscherlich, A. (1965): Die Unwirtlichkeit unserer<br />
Städte. Frankfurt/Main.<br />
Piperek, M. (1975): Umweltpsychohygiene,<br />
Wohn- und Baupsychologie. Wien.<br />
Reidl, K. & Schemel, H.-J. (2003): Naturerfahrungsräume<br />
im städtischen Bereich. Naturschutz<br />
und Landschaftsplanung 35 (11). S. 325-331.<br />
Schemel, H.-J. (2003): Fachbeitrag zur EURO-<br />
PARC-Tagung „Schutzgebiete und Verkehr – alles<br />
in Bewegung“. EUROPARC Deutschland und<br />
Naturpark Barnim (LAGS). Brandenburg. S. 1-8.<br />
Schemel, H.-J., Reidl, K. & Blinkert, B. (2005):<br />
Naturerfahrungsräume im besiedelten Bereich.<br />
Naturschutz und Landschaftsplanung 37 (1).<br />
S. 5-14.
� Ab nach draußen – aber bitte ohne Aufsicht<br />
Umweltpädagogik<br />
Ente oder Gans – das ist hier die Frage<br />
von Heinrich Behrens<br />
Geht man heute mit Kindern oder<br />
Jugendlichen – gleich welcher<br />
Altersstufe – in die Natur und<br />
erwartet, sie könnten Bäume, Vögel<br />
oder Sträucher artlich bestimmen,<br />
wird man in der Regel enttäuscht<br />
sein. Die Artenkenntnis unserer<br />
Schülerinnen und Schüler ist unabhängig<br />
von der Schulform und vom<br />
Alter meistens so rudimentär oder<br />
undifferenziert, dass selbst eine Ente<br />
nicht von einer Gans oder eine Eiche<br />
nicht von einer Buche unterschieden<br />
werden kann.<br />
Das hat natürlich damit zu tun, dass<br />
Kinder und Jugendliche sich selten draußen<br />
in der Natur aufhalten, elterliche<br />
Unterweisung in Sachen Naturerfahrung<br />
kaum stattfindet und die Schule systematisches<br />
Wissen etwa im Fach Biologie<br />
nicht mehr vermittelt. Die Kindern und<br />
Jugendlichen zur Verfügung stehende<br />
Freizeit wird mehr und mehr zu Hause<br />
verbracht: vor Spielekonsolen, Fernsehern<br />
und PCs. Twittern, Simsen, Chatten<br />
und Surfen sind deutlich attraktiver als<br />
das Spielen im Freien, das Herumklettern<br />
auf Bäumen oder das Stromern durchs<br />
Gelände. Nun könnte man daraus ableiten,<br />
dass die Zeiten sich eben ändern<br />
und mit ihnen die Lerninhalte. Warum<br />
soll es denn wichtig sein, dass Kinder ein<br />
Rotkehlchen von einem Zaunkönig unterscheiden<br />
können? Umweltpädagogen<br />
würden einwenden, dass das schrittweise<br />
Hinführen zu einem Verständnis der Natur<br />
und ihrer ökologischen Zusammenhänge<br />
natürlich auch eine grundlegende<br />
Artenkenntnis voraussetzt. Nur wenn ich<br />
die Natur in meiner Nachbarschaft, an<br />
der Schule, im Stadtwald kenne, kann<br />
ich mich auch für ihren Erhalt, für ihren<br />
Schutz einsetzen. Diese Maxime, vom<br />
Wissen zum ethisch begründeten und<br />
emotional getragenen Handeln zu finden,<br />
begleitet die umweltpädagogische<br />
Didaktik seit langem.<br />
Doch an dieser Stelle wird es spannend,<br />
genauer auf die gängigen umweltpädagogischen<br />
Konzepte zu schauen.<br />
Ziel ist es bei fast allen, den feststellbaren<br />
Mangel an Naturerfahrung und<br />
Naturkenntnis beheben zu wollen, Klettern auf Bäumen – ja bitte.<br />
15
<strong>16</strong><br />
Umweltpädagogik<br />
Schulgeländearbeit ist sehr organisiert.<br />
indem man Kinder und Jugendliche an<br />
die Hand nimmt und auf vorgegebenen<br />
Spuren in die Natur führt. Natur wird<br />
dabei angeordnet und verordnet. Von<br />
Lehrerinnen und Lehrern initiiert, werden<br />
die Sprösslinge vor Ort an Erlebnis-,<br />
Natur- und Waldpädagogen abgegeben,<br />
deren Aufgabe darin besteht, möglichst<br />
schnell und in kurzer Zeit die Naturerfahrungsdefizite<br />
auszugleichen. Da dürfen<br />
Schülerinnen und Schüler Kaulquappen<br />
fangen, eine Käferlarve in der Becherlupe<br />
bewundern, Stockbrot am Lagerfeuer<br />
backen oder Fledermaus-Stimmen mit<br />
Hilfe eines Detektors orten. Oft tragen<br />
die Veranstaltungen Seminar- oder Exkursionscharakter,<br />
sind reproduzierbar<br />
und durchdidaktisiert. Haken bei diesen<br />
Veranstaltungen ist, dass den jungen<br />
Menschen bei der Vermittlung der Inhalte<br />
gleichzeitig umweltpädagogisch<br />
relevante Verhaltensregeln mitgegeben<br />
werden (Man muss leise sein, darf nicht<br />
vom Weg abweichen, darf keine Blume<br />
abbrechen oder Insekten im Glas mit<br />
nach Hause nehmen etc.), die gerade<br />
junge Menschen nicht selten „nerven“.<br />
So wird ihnen schon sehr früh die<br />
Naturschutzbrille aufgesetzt und eine<br />
Erwachsenenperspektive vermittelt, die<br />
nicht die ihre ist.<br />
� Wilde Freiräume<br />
Bei Kindern finden wir ein ungeordnetes,<br />
spontanes Erleben, das von einem intrinsischen,<br />
kindlichen Interesse getragen<br />
ist. Natur wird hier zu einem Frei- und<br />
Spielraum, den sich jedes Kind allein oder<br />
in selbst gewählten Gruppen erschließen<br />
möchte. Der Natursoziologe Rainer Brämer<br />
vertritt die Ansicht, dass Kinder in<br />
natürlichen Umwelten keine Pädagogik<br />
brauchen. Was sie benötigen: Erreichbare<br />
Natur und die Zeit, sich mit ihresgleichen<br />
Lernen mit Bienen. Fotos: Behrens<br />
aus freien Stücken dort aufzuhalten. Die<br />
pädagogisch von Erwachsenen verordneten<br />
Naturerfahrungsveranstaltungen<br />
werden oft als fremdbestimmt erlebt,<br />
weshalb der angestrebte Lernprozess<br />
auch nicht immer die Tiefe erreicht, die<br />
man erwartet.<br />
Der junge Mensch braucht die Natur,<br />
besser die „wilden“ Freiräume, falls es<br />
sie noch gibt, als Selbsterfahrungsräume,<br />
in denen man Abenteuer erlebt, sich<br />
selbst beweisen kann und die eigene<br />
Natürlichkeit jenseits aller Nützlichkeitserwägungen<br />
und Zwecksetzungen<br />
durch die Erwachsenen erkennt. Ein<br />
reflektiertes, verantwortungsbewusstes,<br />
umweltethisch begründetes Handeln<br />
im Zeichen des Erhalts der natürlichen<br />
Ressourcen unseres Planeten kann sich<br />
dann später entwickeln. Voraussetzung<br />
dafür ist die intensive Naturerfahrung in<br />
den Jahren davor.
Umweltpädagogik<br />
� Landesweite Kampagne zur Förderung der Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit<br />
von Petra Giebel<br />
Die Kampagne „Schule der Zukunft<br />
– Bildung für Nachhaltigkeit“ hat<br />
das Ziel, Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung in den Alltag von<br />
Schulen, Kitas und ihren außerschulischen<br />
Partnern zu tragen und dort<br />
zu verankern. Denn nur eine nachhaltige<br />
Entwicklung, die sowohl die<br />
Interessen der heutigen als auch der<br />
kommenden Generationen auf der<br />
ganzen Welt berücksichtigt, ermöglicht<br />
eine gerechte Zukunft für alle.<br />
Im Rahmen der Kampagne können<br />
Schulen, Kitas und ihre außerschulischen<br />
Partner sich dem Themenfeld<br />
der nachhaltigen Entwicklung zunächst<br />
mit kleinen Projekten nähern und sich<br />
nach und nach immer intensiver und<br />
selbstverständlicher mit Zukunftsfragen<br />
beschäftigen. Hierzu können auch bereits<br />
begonnene oder laufende Projekte<br />
aufgegriffen und ausgebaut werden.<br />
Jede Schule wählt ihre eigenen thematischen<br />
Schwerpunkte. Wesentlich<br />
ist nur, dass sie sich mit den ökolo-<br />
Das Josef-Albers-Gymnasium trägt aktiv zum Klimaschutz bei, indem es eine Fotovoltaik-Anlage<br />
auf seinem Schulgebäude installiert. Foto: M. Hannappel<br />
gischen, ökonomischen und sozialen<br />
Lebensgrundlagen auseinander setzt.<br />
Die Leitfrage der Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung lautet dabei, wie wir<br />
verantwortlich im weltweiten Horizont<br />
und mit Rücksicht auch auf künftige<br />
Generationen leben können.<br />
Auch die Bildungsübergänge von Kitas<br />
und Grundschulen können über ein<br />
gemeinsames Thema im Bereich einer<br />
17
Bildung für Nachhaltigkeit optimiert und<br />
weiter ausgebaut werden. Ferner ist eine<br />
Vernetzung mit außerschulischen Partnern<br />
in der Region für alle Beteiligten der<br />
Kampagne eine Bereicherung.<br />
Getragen wird die Kampagne vom<br />
Umwelt- und vom Schulministerium<br />
NRW. Die landesweite Koordination<br />
liegt bei der Natur- und Umweltschutz-<br />
Akademie NRW (NUA). Ein Team aus<br />
freigestellten Lehrkräften unterstützt<br />
die teilnehmenden Schulen vor Ort.<br />
Daneben bietet die NUA landesweit<br />
zahlreiche Unterstützungsangebote.<br />
� <strong>2012</strong>: Abschluss und Neustart<br />
eines Kampagnendurchgangs<br />
Im Kampagnenzeitraum 2009 bis<br />
<strong>2012</strong> haben sich mehr als 500 Schulen<br />
zur Kampagne angemeldet. Sie alle<br />
haben sich mit Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung beschäftigt und Projekte<br />
an ihren Schulen umgesetzt. Bis Ende<br />
des Jahres 2011 haben 418 Schulen ihre<br />
Arbeit dokumentiert und damit ihre<br />
Erfolge festgehalten. Sie alle werden im<br />
Jahr <strong>2012</strong> in ihren Regionen feierlich ausgezeichnet.<br />
Gleichzeitig startet <strong>2012</strong> der<br />
neue Kampagnenzeitraum <strong>2012</strong> bis 2014.<br />
Er setzt die bewährte Arbeit fort, legt<br />
aber Wert auf neue Schwerpunkte. So<br />
soll verstärkt die Vernetzung der Schulen<br />
untereinander oder mit außerschulischen<br />
Partnern gestärkt und Projekte durchge-<br />
18<br />
Umweltpädagogik<br />
führt werden, die eine Partizipation der<br />
Schülerinnen und Schüler an tatsächlichen<br />
Entscheidungsprozessen und realen<br />
Projekten vor Ort ermöglichen.<br />
� Ziele der Kampagne<br />
Die Kampagne „Schule der Zukunft<br />
– Bildung für Nachhaltigkeit“ bietet die<br />
Möglichkeit für Schulen, Kitas, außerschulische<br />
Partner und Netzwerke<br />
� für Inhalte, die für Gegenwart und<br />
Zukunft bedeutsam sind, zu sensibilisieren.<br />
� Arbeitsweisen zu vermitteln, die die<br />
Gestaltungskompetenz der Schülerinnen<br />
und Schüler fördern.<br />
� Kooperationen und Vernetzung mit<br />
vielen außerschulischen Partnern zu<br />
unterstützen.<br />
Die Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule<br />
baut in Schülerarbeit eine Fotovoltaikanlage<br />
an ihrer Partnerschule in<br />
Sambia. Foto: G. Seippel<br />
� für die Projekte im Bereich BNE ausgezeichnet<br />
zu werden.<br />
� Wer kann mitmachen?<br />
Zur Teilnahme an der Kampagne<br />
eingeladen sind alle Schulen und Kitas,<br />
die erstmals ein Projekt zum Thema<br />
Nachhaltigkeit beginnen wollen, aber<br />
natürlich auch alle Schulen und Kitas,<br />
die schon länger aktiv sind. Mitmachen<br />
können:<br />
� Schulen aller Schulformen aus NRW,<br />
von der Grundschule bis zum Berufskolleg.<br />
� Kitas, die mit einer oder mehreren<br />
Schulen im Netzwerk arbeiten.<br />
� Außerschulische Partner, die Interesse<br />
haben, mit Schulen und Kitas im Bereich<br />
Nachhaltigkeit zu kooperieren.<br />
� Netzwerke von Schulen, Kitas und<br />
außerschulischen Partnern.<br />
� Schulen aus dem Ausland, die mit<br />
Kampagne-Schulen in NRW zusammenarbeiten.<br />
� Welche Projekte können bearbeitet<br />
werden?<br />
� Jede Schule wählt ihre eigenen thematischen<br />
Schwerpunkte.<br />
� Alle Projekte, die sich mit Bildung für<br />
nachhaltige Entwicklung befassen,<br />
können im Rahmen der Kampagne<br />
bearbeitet werden. Wesentlich ist,<br />
dass ökologische, ökonomische und
Eine Umgestaltung des Außengeländes<br />
der Schule oder Kita ist der „grüne<br />
Klassiker“. Foto: Pawlowski<br />
soziale Aspekte in ihrer Vernetzung<br />
erfahrbar werden.<br />
� Da eine nachhaltige Entwicklung nur<br />
im weltweiten Kontext betrieben werden<br />
kann, sollte der globale Aspekt<br />
berücksichtigt werden.<br />
� Schülerinnen und Schüler sollten<br />
an Entscheidungen und deren Umsetzung<br />
sowohl innerhalb als auch<br />
außerhalb der Schule beteiligt sowie<br />
für deren Folgen mitverantwortlich<br />
gemacht werden (Partizipation).<br />
� Auch die Bildungsübergänge von<br />
Kitas und Grundschulen können über<br />
ein gemeinsames Thema im Bereich<br />
einer Bildung für Nachhaltigkeit<br />
optimiert und weiter ausgebaut<br />
werden.<br />
� Ablauf der Kampagne<br />
Jede Schule oder Kita, die an der<br />
Kampagne teilnehmen möchte, wählt<br />
Projekte aus, mit denen sie sich bis<br />
Ende <strong>2012</strong> online unter www.schule-der-zukunft.nrw.de<br />
anmeldet. Sie<br />
erhält dann die Zugangsdaten für den<br />
eigenen Online-Steckbrief und kann so<br />
ihre Schule oder Kita mit ihren Projekten<br />
auf der Internetseite einem breiten Publikum<br />
präsentieren. Im Sommer 2013<br />
dokumentieren alle Schulen und Kitas<br />
ihre Projekte online. Auf Grundlage<br />
dieser Dokumentation entscheidet im<br />
Herbst 2013 eine Jury über die Vergabe<br />
der Auszeichnung, die im Jahr 2014 im<br />
Rahmen von regionalen Festveranstaltungen<br />
erfolgt.<br />
Außerschulische Partner können sich<br />
immer anmelden und mit einem eigenen<br />
Online-Steckbrief ihre Angebote für<br />
Schulen und Kitas auf der Internetseite<br />
präsentieren. Netzwerke, die sich für<br />
die Sonderauszeichnung „Netzwerk<br />
der Zukunft“ bewerben, müssen sich<br />
bis zum 30.04.2013 per E-Mail bei der<br />
NUA anmelden.<br />
Umweltpädagogik<br />
Gesunde Ernährung spielt eine zunehmend<br />
wichtige Rolle. Hier kochen<br />
Schülerinnen und Schüler der Nünning-<br />
Realschule für ihr Ernährungszertifikat.<br />
Foto: G. Wienen<br />
� Vernetzung<br />
Im Idealfall entsteht aus der Zusammenarbeit<br />
einer Schule mit einem außerschulischen<br />
Partner ein ganzes Netzwerk<br />
an Schulen und Partnern, die kooperieren,<br />
sich austauschen und sich gegenseitig<br />
unterstützen. In regelmäßigen Netzwerktreffen<br />
erstellen sie Arbeitsprogramme<br />
und planen gemeinsame Fortbildungen<br />
und Aktionstage. Vor allem die Ausrichtung<br />
der Ganztagsangebote am Leitbild<br />
der BNE ist ein wichtiges Anliegen.<br />
19
� Auszeichnung<br />
20<br />
Umweltpädagogik<br />
Den Abschluss eines erfolgreichen Kampagnenzeitraumes bildet die Auszeichnungsfeier, auf der Urkunden, Hausschilder und<br />
Fahnen verliehen werden. Foto: NUA<br />
Alle Schulen und Kitas, die ihre Ziele<br />
erreicht und ihre Entwicklung dokumen-<br />
tiert haben, erhalten in einer festlichen<br />
Auszeichnungsfeier im Jahr 2014 Urkunde,<br />
Hausschild und Fahne über die<br />
erreichte Zertifizierung. Alle Netzwerke,<br />
die sich für die Sonderauszeichnung<br />
„Netzwerk der Zukunft“ beworben<br />
und ihre Netzwerkarbeit dokumentiert<br />
haben, erhalten ebenfalls ein Hausschild<br />
und eine Urkunde.<br />
� Service-Angebote der NUA<br />
� Online-Steckbriefe der Schulen, Kitas,<br />
außerschulischen Partner und Netzwerke<br />
� Kostenlose Fortbildungsveranstaltungen<br />
im Rahmen des NUA-Bildungsprogramms<br />
� Veranstaltungen in den Regionen<br />
� Werbemittel<br />
� Internetportal<br />
� Internet<br />
Weitere Informationen, Online-<br />
Anmeldung, Leitfaden zur Kampagne<br />
<strong>2012</strong>-2014, aktuelle Mitteilungen, Fortbildungsangebote<br />
und vieles mehr unter<br />
www.schule-der-zukunft.nrw.de.
� Lernort Bauernhof: Erlebnisunterricht auf heimischen Bauernhöfen<br />
von Petra Drees-Hagen<br />
„Gibt es auch Kühe, die lila sind?“,<br />
„Wachsen Kartoffeln auf Bäumen?“<br />
Kinderfragen, die zeigen, dass<br />
sich für viele junge Menschen die<br />
Herkunft von Pommes und Co. nur<br />
noch bis zum Supermarkt zurückverfolgen<br />
lässt. Weiß die junge<br />
Generation mehr, stammt dieses<br />
Wissen selten aus eigenen Erfahrungen,<br />
die man „mit allen Sinnen“<br />
am Ort des Geschehens gemacht<br />
hat, sondern häufig über den Kanal<br />
diverser Medien.<br />
So gibt es die Behauptung: „Kinder<br />
und Jugendliche nehmen die Welt heute<br />
vorwiegend durch eine Glasscheibe<br />
wahr.“ Stimmt das? Häufig schon: Kinder<br />
erhalten viele ihrer Informationen<br />
über den Bildschirm des Computers,<br />
die „Mattscheibe“ des Fernsehens oder<br />
bestenfalls durch die Fensterscheiben des<br />
Autos, wenn man durch die Landschaft<br />
fährt. Wie aber eine Kuh, ein Schwein<br />
oder auch eine Pflanze aus der Nähe aussieht,<br />
wie sie riecht, sich anfühlt, das ist<br />
für Kinder und Jugendliche im alltäglichen<br />
Leben nur noch selten erfahrbar. Wenig<br />
Primär-, dafür aber viel Sekundärerfahrungen<br />
sind kennzeichnend für unser<br />
Medienzeitalter.<br />
Hatten junge Menschen früher die<br />
Möglichkeit „einfach so nebenher“ bei<br />
Umweltpädagogik<br />
Die Kuh ist doch nicht lila – oder doch?<br />
Kinder und Rinder machen die erste Bekanntschaft. Fotos: WLV<br />
Nachbarn, Bekannten, Oma, Opa, Onkel<br />
und Tante einen Blick hinter die Kulissen<br />
zu werfen und Landwirtschaft zu erleben,<br />
haben viele Kinder heute keine realistische<br />
Vorstellung mehr von einem Bauernhof.<br />
Nur noch wenige haben in ihrem Alltag<br />
Gelegenheiten, die Zusammenhänge<br />
21
22<br />
Umweltpädagogik<br />
Selber Hand anlegen heißt es beim<br />
Lernort Bauernhof.<br />
der Natur, den Umgang mit Tieren und<br />
die Herkunft ihrer Nahrungsmittel zu<br />
begreifen. Dieses trifft besonders für<br />
Großstädte, aber immer mehr auch für<br />
den ländlichen Raum zu. Denn: In den<br />
vergangenen 50 Jahren hat sich die Anzahl<br />
der Bauernhöfe auf rund ein Drittel<br />
reduziert. Zudem gehören der eigene<br />
Nutzgarten oder gar die Ziege oder das<br />
Schwein im Stall zur Eigenversorgung in<br />
der Regel der Vergangenheit an.<br />
Gleichzeitig wächst jedoch bei vielen<br />
Jugendlichen das Interesse, Näheres darüber<br />
zu erfahren, wie das, was sie täglich<br />
Auch das Toben im Stall darf nicht<br />
fehlen.<br />
auf ihrem Teller finden, entsteht. Zudem<br />
ist Landwirtschaft ein äußerst spannendes<br />
Feld, in dem die verschiedensten<br />
Wissensgebiete vereint werden.<br />
� Raus auf den Bauernhof<br />
Einmal einen Vormittag raus und<br />
den Lernort auf einen Bauernhof verlegen,<br />
das ist der Appell des Landwirtschaftsverbandes.<br />
Und so bietet er – in<br />
Zusammenarbeit mit den Schulämtern<br />
– Schülern aller Schultypen und Altersklassen<br />
die Möglichkeit, den Bauernhof<br />
als „Lernort“ zu erkunden. Flächende-<br />
Beim Pläuschchen mit dem Bauern<br />
kann man so Einiges erfahren.<br />
ckend haben sich landwirtschaftliche<br />
Betriebe bereit erklärt, ihre Hof- und<br />
Stalltore für interessierte Schulklassen zu<br />
öffnen. Auch der Besuch von Landwirten<br />
im Unterricht ist möglich.<br />
� Mit Kopf, Herz und Hand<br />
Während eines Besuches auf dem<br />
Bauernhof können Kinder und Jugendliche<br />
vieles erkunden und Erfahrungen<br />
im Umgang mit Pflanzen und Tieren<br />
machen. Das Füttern und Streicheln<br />
der Tiere kann ebenso dazu gehören,<br />
wie das Abwiegen einer Futterration
Zupacken und mithelfen heißt es auch<br />
im Stall.<br />
oder das Unterscheiden verschiedenster<br />
Pflanzenarten auf Wiese und Acker. Mit<br />
allen Sinnen können Schüler Natur, Umwelt<br />
und die Herkunft der Nahrungsmittel<br />
erleben. Ganzheitliches Lernen mit<br />
Kopf, Herz und Hand steht beim Lernort<br />
Bauernhof im Vordergrund.<br />
� Viele interessierte Schüler<br />
Entsprechend ausgiebig – allerdings<br />
regional durchaus unterschiedlich – wird<br />
die Möglichkeit genutzt, für einen<br />
Vormittag den Klassenraum mit dem<br />
Bauernhof zu tauschen. Einige Landwirte<br />
können kaum den Ansturm von Schülern<br />
bewältigen, in anderen Regionen hingegen<br />
ist der Lernort Bauernhof noch<br />
ausbaufähig. Genau lässt sich die Zahl<br />
von Hofbesuchen zwar nicht ermitteln,<br />
weil idealerweise der Kontakt direkt zwischen<br />
Lehrer und Landwirt erfolgt und<br />
der Landwirtschaftliche <strong>Kreis</strong>verband so<br />
nicht von allen Hoferkundungen Kenntnis<br />
hat. Aus gemeldeten Hofführungen<br />
und Umfragen lässt sich jedoch eine<br />
jährliche Zahl von 250 bis 300 Hofbesuchen<br />
in unserer Region ermitteln.<br />
Damit ist der Lernort Bauernhof in den<br />
Umweltpädagogik<br />
Wenn der Klassenraum in die Natur verlegt wird, sind die Kinder mit Kopf, Herz und<br />
Hand dabei.<br />
vergangenen Jahren zu einem wichtigen<br />
außerschulischen Lernort geworden.<br />
� Wie geht Lernort Bauernhof?<br />
Wer als Lehrer oder Schüler Interesse<br />
hat, mit der Klasse einen Bauernhof in<br />
der Nähe der Schule zu besuchen oder<br />
für eine Unterrichtsstunde gern einen<br />
Landwirt oder eine Landwirtin in ihre<br />
Schule einladen will, erhält viele Infos unter<br />
www.lernort-bauernhof.wlv.de. Hier<br />
kann man auch ein regionales Konzept<br />
mit einer Höfeliste herunterladen. Wer<br />
weitergehende Fragen hat, kann sich im<br />
23
Landwirtschaftlichen <strong>Kreis</strong>verband unter<br />
02303/2531036 oder per Mail bei petra.<br />
drees-hagen@wlv.de melden.<br />
� Neue Filme zur Landwirtschaft<br />
Lust auf den Bauernhof machen<br />
auch zwei neu erstellte schülergerech-<br />
24<br />
Umweltpädagogik<br />
Stimmen nach dem Besuch auf dem Bauernhof.<br />
te Filme, die Lehrer und Lehrerinnen<br />
kostenlos beim Landwirtschaftlichen<br />
<strong>Kreis</strong>verband erhalten können. Der<br />
Film „Lernort Bauernhof“ begleitet<br />
Schüler, wie sie zwei unterschiedlich<br />
strukturierte Höfe erkunden. Wer mal<br />
reinschnuppern möchte: Der Film ist im<br />
Internet unter www.lernort-bauernhof.<br />
wlv.de zu sehen. Der zweite Film „Tiere<br />
auf dem Bauernhof“ beschäftigt sich<br />
mit landwirtschaftlicher Tierhaltung.<br />
Es ist ein Film, der Schülern anschaulich<br />
zeigt, wie es dort aussieht, wo Rind und<br />
Schwein zu Hause sind.
� Die Ökostation des Naturfreundehauses auf dem Ebberg in Schwerte<br />
Naturerlebnisort Wald: Neugierig auf der Pirsch<br />
von Marianne Degwer<br />
Den Wald mit allen Sinnen erleben:<br />
Die Ökostation im Naturfreundehaus<br />
auf dem Ebberg in Schwerte<br />
ist ein anerkannter außerschulischer<br />
Lernort. Hier können die Besucher<br />
den Wald mit Augen, Ohren und<br />
Händen erfahren. Die Einrichtung<br />
veranstaltet naturkundliche Führungen<br />
mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten<br />
für Kinder und<br />
Erwachsene.<br />
Dabei verbinden die Walderlebnisführungen<br />
spielerisches Erleben mit dem<br />
Wissen über die ökologischen Zusammenhänge<br />
im Wald. Kinder spielerisch<br />
und mit Freude an die Natur heranzuführen,<br />
sie anzuleiten, genauer hinzusehen<br />
und selbst etwas zu entdecken,<br />
das hat sich die Ökostation zur Aufgabe<br />
gemacht.<br />
Oft kommen Schulklassen zur Waldführung<br />
und zum Mikroskopieren in<br />
das Naturfreundehaus: Denn gerade für<br />
Kinder und Jugendliche ist der Wald ein<br />
idealer Naturerlebnisraum, ein Ort des<br />
Die Natur erforschen. Fotos: B. Otto,<br />
Albert-Schweitzer-Schule, Schwerte<br />
Spielens, Forschens, Beobachtens und<br />
Begreifens. Ausgestattet mit Becherlupen,<br />
Sammelschalen und Pinseln geht<br />
Umweltpädagogik<br />
es los in den Wald. Auf der Wanderung<br />
lernen die Kinder verschiedene Bäume<br />
und Sträucher aus dem Laub- und Nadelwald<br />
kennen. Auf der Suche nach Tierspuren<br />
finden sie einen Ameisenhaufen,<br />
die Schmiede eines Spechtes oder die<br />
Schlafmulden der Rehe. Zudem können<br />
die Kinder an verschiedenen Stationen<br />
im Wald ihre Geschicklichkeit trainieren.<br />
Beispielsweise balancieren sie über einen<br />
Baumstamm, auf dem sie sich als Gruppe<br />
möglichst lange halten müssen oder kriechen<br />
durchs Unterholz. Jahresringe an<br />
einem Baumstumpf zählen, verschiedene<br />
Zapfen suchen oder die Anzahl der Tiere<br />
auf einem Ameisenhaufen schätzen, trainiert<br />
dagegen ihre Beobachtungsgabe.<br />
Kreativ sein können sie bei der Gestaltung<br />
von Mosaiken und Memorys aus<br />
Zapfen, Blättern oder Steinen.<br />
Größere Waldtiere bekommen sie<br />
normalerweise nicht zu Gesicht, weil<br />
diese meist nachts oder in der Dämmerung<br />
aktiv sind und eine Schulklasse,<br />
trotz großer Anstrengung der Kinder,<br />
für eine Pirsch immer noch zu laut ist.<br />
So erforschen sie die Tiere der Laub- und<br />
Bodenschicht und suchen in der Laub-<br />
25
26<br />
Umweltpädagogik<br />
streu, unter Moos und in vermodernden<br />
Baumstümpfen nach Bodentieren wie<br />
zum Beispiel Regenwürmern, Laufkäfern,<br />
Asseln, Tausendfüßlern und Steinkriechern.<br />
Mit etwas Glück finden sie<br />
auch den Feuersalamander. Am Ebberg<br />
gibt es schwarz-gelb gefleckte Tiere<br />
sowie schwarze mit gelbem, unterbrochenem<br />
Strich gezeichnete Exemplare.<br />
Achtung: Die Feuersalamander dürfen<br />
nicht angefasst oder berührt werden,<br />
sondern müssen wieder sorgsam mit<br />
Laub zugedeckt werden. Sowieso setzt<br />
die Forschergruppe bei der Bodensafari<br />
die zahlreich beobachteten Tiere wieder<br />
vorsichtig an den Fundort zurück.<br />
Keines der Kinder hätte gedacht, dass<br />
ein alter Baumstumpf so viel Leben<br />
beherbergt. Schnell legt sich bei den<br />
meisten Kindern anfängliche Abscheu<br />
vor Krabbeltieren und weicht Neugier<br />
und Forscherdrang. Unsere Teilnehmer<br />
lernen die Zusammenhänge im Ökosystem<br />
Wald zu begreifen. Wer staunen<br />
kann und die Bedeutung selbst winziger<br />
Bodenbewohner für den Wald versteht,<br />
der wird zum Naturschützer:<br />
„Jeder dumme Junge kann einen Käfer<br />
zertreten, aber alle Professoren der<br />
Welt können keinen herstellen.“ – sagte<br />
schon Arthur Schopenhauer. Wieder<br />
zurück in der Ökostation betrachten<br />
die Kinder ihre Waldschätze unter dem<br />
Mikroskop. So entfalten Moose, Blätter,<br />
Farne, Flechten und Spinnen unter der<br />
Vergrößerung ihre wahre Schönheit.<br />
� Waldbewohner entdecken<br />
So lernen die Kinder das Staunen und<br />
Entdecken scheinbar unspektakulärer<br />
Dinge und kleiner Wunder: eine Spinne<br />
mit Pelz, Brennnessel mit Injektionsspritzen,<br />
Flechten aus Pilz und Alge.<br />
Im Sommer wagt sich die Ökostation<br />
mit den kleinen Besuchern auch einige<br />
Male an den sensibleren Bereich der<br />
Gewässeruntersuchung heran. Auf dem<br />
Weg zum Gebirgsbach suchen sie im<br />
Wald kleine Wasserstellen am Fuße der<br />
Buchen. In einigen Vertiefungen zwischen<br />
den Wurzeln hat sich Regenwasser<br />
gesammelt. Weil es einen fauligen Geruch<br />
hat, möchte es keines der Kinder<br />
kosten. Manchmal entdecken sie auch<br />
Wer versteckt sich unter dem Stein?<br />
hier noch Leben: Eine Schwebfliegenart<br />
hat hier ihre Kinderstube. Beim Anblick<br />
der Rattenschwanzlarven verstehen die<br />
Kinder wie diese Tiere zu ihrem Namen<br />
kamen. Das Wasser des Mühlenbachs<br />
erscheint dagegen klar – aber kann man<br />
es trinken? Die Forscher suchen nach<br />
Tieren im Wasser, streifen mit Pinseln<br />
vorsichtig Steine aus dem Bachbett über<br />
mitgebrachte Schalen ab. Schon bald<br />
wimmelt es in den Schalen von Bachflohkrebsen,<br />
Köcherfliegenlarven, Stein- und<br />
Eintagsfliegenlarven, Mützenschnecken<br />
und Öhrchenplanarien. Der Bach ist<br />
auch die Kinderstube von Molchen und<br />
Feuersalamandern. Die Unterscheidung<br />
zwischen beiden ist zunächst nicht einfach,<br />
im Verlauf des Sommers ist dann<br />
der Salamander am größeren Kopf und<br />
dem Oberschenkelfleck zunehmend<br />
deutlicher zu erkennen. So sind die gefundenen<br />
Wasserbewohner Indikatoren<br />
für eine gute Wasserqualität. Trinken<br />
möchte trotzdem keines der Kinder das<br />
Wasser des Baches. Bei einem Picknick<br />
greifen sie doch lieber zu mitgeführten<br />
Säften und Limonaden. Nach einem<br />
kurzen, steilen Anstieg ist die Gruppe<br />
bald wieder zurück an der Ökostation<br />
am Naturfreundehaus. Den Kindern ist<br />
bewusst geworden, dass wir hier etwas<br />
besonders Wertvolles entdeckt haben,<br />
ein Kleinod, welches man schützen und<br />
bewahren muss.
� Waldschule Cappenberg feiert 25-Jähriges<br />
von Martina<br />
Schmidt von Boeselager<br />
Kinder, wie die Zeit vergeht – es<br />
war einmal… Schon 1986 eröffnete<br />
die Naturschutzgruppe Arbeitskreis<br />
Cappenberger Wald, die sich für<br />
den Cappenberger Wald und gegen<br />
die Nordwanderung des Bergbaus<br />
einsetzte, das so genannte „Umweltbüro“<br />
auf dem als Gutshof<br />
genutzten alten Brauereigelände.<br />
Als Teil der Lehrerschwemme ohne<br />
Anstellung bekam ich dort eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme,<br />
bot<br />
Schulführungen an und baute Kinderund<br />
Jugendarbeit im Naturschutz auf.<br />
Die Waldameisen, nach künstlicher<br />
Ansiedlung im Cappenberger Wald lebend,<br />
waren das erste große Thema. Es<br />
veränderte sich viel in den vergangenen<br />
25 Jahren. So erlebte ich die Schließung<br />
des Umweltbüros, die Wiedereröffnung<br />
als „Waldschule Cappenberg“ unter der<br />
Trägerschaft der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.V. (NFG),<br />
den Stopp und Rückbau des Bergbaus<br />
unter Cappenberg, in 1998 den Wechsel<br />
zum „Trägerverein Waldschule<br />
Cappenberg“ und die Ausweisung des<br />
Cappenberger Waldes als europäisches<br />
Schutzgebiet (FFH).<br />
Umweltpädagogik<br />
Nachhaltige Bildungsarbeit für die Zukunft<br />
Einfach fallen lassen – starke Hände fangen auf. Fotos: Waldschule Cappenberg<br />
� Rahmenbedingungen heute …<br />
Das Umweltzentrum Waldschule<br />
Cappenberg liegt am Rande des Cappenberger<br />
Waldes auf Selmer Stadtgebiet.<br />
Die Waldflächen gehören dem Graf<br />
27
von Kanitz. Die Waldschule Cappenberg<br />
ist eine Umweltbildungsinstitution, die<br />
heute über den gemeinnützigen „Trägerverein<br />
Waldschule Cappenberg e.<br />
V.“ organisiert ist. Mitglieder sind die<br />
Städte Selm, Lünen und Werne, die<br />
NFG, Naturschutzverbände, Personenvereinigungen<br />
und Parteien, Firmen,<br />
sowie Privatpersonen – kurzum eine<br />
bunte Mischung vieler gesellschaftlicher<br />
Gruppierungen.<br />
� Das war gestern<br />
� Biologieunterricht vor Ort –<br />
Hauptsache Naturerfahrungen<br />
Als ausgebildete Lehrerin krempelte<br />
ich gerne die Ärmel hoch, strich das<br />
Umweltbüro an, gestaltete 1987 die<br />
ersten Programmangebote des ökologischen<br />
Lernens im Wald und „schmiss“<br />
die Waldschule über Jahre alleine. Mein<br />
Herz sprang und springt immer noch vor<br />
Freude, wenn ich als Biologielehrerin mit<br />
Kindern draußen im Wald arbeiten kann.<br />
Es war und ist für mich ein einfaches<br />
Unterrichten – der Wald spricht selbst<br />
zu den Kindern.<br />
� Kinder und Natur sind wie<br />
Schlüssel und Schloss<br />
Diese unmittelbare Begegnung mit<br />
Waldboden, Bäumen und Waldtieren<br />
und -pflanzen, die mehr als nur duften<br />
und schmecken, ist ein komplexes Sin-<br />
28<br />
Umweltpädagogik<br />
nesgeschehen und entspricht viel mehr<br />
dem menschengerechten Lernen als<br />
eindimensional aus Büchern zu unterrichten<br />
oder an der Tafel zu lehren. Für<br />
mich paradiesische Zustände.<br />
� Von der Umwelterziehung zur<br />
nachhaltigen Entwicklung<br />
Hier ein Blick zurück auf die Bildungsdebatten<br />
und -ideale entlang meiner<br />
beruflichen Laufbahn: Die während<br />
meiner Ausbildung propagierte damalige<br />
Umwelterziehung wurde vorrangig als<br />
Wissensvermittlung verstanden. Bei dem<br />
in den siebziger Jahren aufkommenden<br />
Bildungsansatz der Umweltbildung<br />
sollten umwelterzieherische Aktivitäten<br />
und Informationen zu einem verantwortungsbewussten<br />
Umgang mit der<br />
Umwelt und den natürlichen Ressourcen<br />
führen. So tauchten Begriffe wie Mitwelt<br />
und Umwelt auf, die eine kritische Haltung<br />
zur menschlichen Stellung in der<br />
Natur widerspiegelten. In den Folgejahren<br />
kam der Begriff Nachhaltigkeit auf.<br />
Die Weltkonferenz von 1992 in Rio de<br />
Janeiro verabschiedete die Agenda 21<br />
mit dem Ziel, einer weiteren Verschlechterung<br />
der Situation der Menschen und<br />
der Umwelt entgegenzuwirken und eine<br />
nachhaltige Nutzung der natürlichen<br />
Ressourcen sicherzustellen. Diese globale<br />
Nachhaltigkeit umfasst mehr als<br />
die aus der Forstwirtschaft ausgeliehene<br />
„Nachhaltigkeit“. Die als „sustainable<br />
development“ bezeichnete „nachhaltige<br />
Entwicklung“ meint, dass ökonomische,<br />
ökologische und soziale Entwicklungen<br />
nicht voneinander getrennt betrachtet<br />
oder gegeneinander ausgespielt werden.<br />
Das heißt, dass kein dauerhafter<br />
wirtschaftlicher und gesellschaftlicher<br />
Fortschritt ohne intakte Umwelt – keine<br />
intakte Umwelt ohne wirtschaftliche und<br />
gesellschaftliche Prosperität – möglich<br />
sind. Der Kerngedanke des Leitbildes<br />
nachhaltiger Entwicklung lautet: Auf lange<br />
Sicht darf die Weltgemeinschaft nicht<br />
auf Kosten zukünftiger Generationen<br />
leben, dürfen einzelne Gesellschaften<br />
nicht zu Lasten der Menschen in anderen<br />
Regionen der Erde konsumieren.<br />
Dies sind hochgesteckte Ziele, die auch<br />
bildungspolitisch umzusetzen waren<br />
und sind.<br />
� Aktuell – UN-Dekade „Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung“<br />
So beschloss die Vollversammlung der<br />
Vereinten Nationen von 2005 bis 2014<br />
die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung“. Ziel der UN-Dekade<br />
ist ein mentaler Wandel hin zu mehr<br />
Nachhaltigkeit. Die UN-Mitgliedstaaten<br />
verpflichteten sich, in dieser Dekade das<br />
Leitbild der zukunftsfähigen Entwicklung<br />
in Kindergärten, Schulen und Universitäten<br />
zu verankern – das heißt, die
Prinzipien nachhaltiger Entwicklung, wie<br />
sie in der Agenda 21 festgelegt wurden,<br />
in ihre Bildungssysteme zu integrieren.<br />
Sowohl Deutschland als auch Nordrhein-<br />
Westfalen haben sich hierzu verpflichtet.<br />
Wir erfüllen in unserem Rahmen diese<br />
Verpflichtungen von Land und Bund<br />
ohne deren Hilfe.<br />
� Tolle Mitarbeiter säumten den<br />
Weg – Spuren bleiben<br />
25 Jahre Waldschule Cappenberg<br />
bedeuten 25 Jahre Existenzschwierigkeiten.<br />
Das ständige Infragestellen und<br />
die notwendige Transparenz unserer<br />
Arbeit erfordert ständige Innovation.<br />
Dieser Zwang war für alle Beteiligten<br />
sehr kräftezehrend, doch der Weiterentwicklung<br />
der Einrichtung tat es gut.<br />
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
alle Freiwilligen des Ökologischen Jahres<br />
und Praktikanten (etwa 65 junge Menschen!)<br />
haben uns inspiriert und Spuren<br />
hinterlassen, vielen Dank dafür!<br />
� Das ist heute<br />
� Mitten im Wald – Bildung zur<br />
nachhaltigen Entwicklung<br />
Wie verstehen wir heute unsere<br />
Arbeit?Die Waldschule Cappenberg<br />
setzt Bildungsarbeit um, die zu einer<br />
nachhaltigen Entwicklung im Sinne der<br />
Agenda 21 führt. Ziel ist es, in der Arbeit<br />
mit verschiedenen Zielgruppen und<br />
Multiplikatoren durch die unmittelbare<br />
Begegnung in und mit der Natur „Umwelterziehung<br />
durch Umwelterleben“<br />
zu ermöglichen. Die Verantwortlichkeit<br />
für die Umwelt entsteht aus dem Verständnis<br />
und der Wertschätzung der<br />
uns umgebenden Natur, mit all ihren<br />
Lebewesen und Lebensformen.<br />
� Ganzheitlicher, erlebnisorientierter<br />
Umweltunterricht im Wald<br />
Der ganzheitliche Ansatz des erlebnisorientierten<br />
Unterrichts stellt die<br />
Einzigartige Momente...<br />
Umweltpädagogik<br />
Begegnung mit dem komplexen Ökosystem<br />
Wald in den Vordergrund. Der<br />
Natur- und Wirtschaftsraum Wald ist<br />
Ausgangsort der Bildungsarbeit. Unser<br />
Leitgedanke ist dabei der Respekt vor<br />
der Schöpfung und die Achtung vor<br />
dem Leben.<br />
� Unser Motto: Natur erleben –<br />
Natur lieben – Natur schützen<br />
So prägen nicht nur biologische Themen<br />
und jahreszeitliche Phänomene,<br />
sondern besonders auch Naturerfahrungen<br />
und Sinnesschulung den Unterricht.<br />
Je nach Zielgruppe werden die Inhalte<br />
methodisch-didaktisch vielfältig umgesetzt,<br />
so dass unterschiedliche Lernformen,<br />
insbesondere das Spiel, wie auch<br />
die Projekt- und Handlungsorientierung<br />
Grundlage der Unterrichtsgestaltung<br />
sind.<br />
� Eine Waldschule für Alle<br />
Die Veranstaltungen mit den Menschen<br />
unterschiedlichen Alters finden<br />
überwiegend im „Klassenzimmer Wald“<br />
statt. Die jährlich circa 600 bis 700<br />
durchgeführten Veranstaltungen lassen<br />
sich zwei Kategorien zuordnen, zum<br />
einen die „Gruppen“-Veranstaltungen<br />
für Schulklassen, Kindergärten, Geburtstagsfeiern,<br />
Betriebsausflüge, für<br />
Gruppen jeder Art und zum anderen<br />
die vororganisierten „Einzel“-Veranstal-<br />
29
tungen (circa 250 pro Jahr) für einzelne<br />
Teilnehmer im laufenden Halbjahresprogramm.<br />
� Veranstaltungsreihen aus dem<br />
Halbjahresprogramm I. <strong>2012</strong>:<br />
� Die Cappenbärchen | 3 – 5 Jahre<br />
� Die Cappenhörnchen | 3 – 5 Jahre<br />
� Die kleinen Waldstrolche | 3 – 5 Jahre<br />
� Die Wald-Hobbits | 5 –7 Jahre<br />
� Die großen Waldforscher | 6 – 7 Jahre<br />
� Die großen Waldstrolche | 6 – 10 Jahre<br />
� Die Waldfüchse | 7 – 10 Jahre<br />
� Die Forest Guards | 10– 13 Jahre<br />
� Auch für die „Großen“<br />
Einen immer größeren Anteil unserer<br />
Arbeit erhielten mit den Jahren Veranstaltungen<br />
für Erwachsene. Entsprechend<br />
dem demografischen Wandel bringen<br />
wir den Wald in Seniorenzentren und<br />
frischen zur Freude der lebenserfahrenen<br />
Menschen ihre Erinnerungen auf.<br />
� Mein Handeln vor Ort hat globale<br />
Konsequenzen – Die globale<br />
Wirklichkeit verstehen lernen<br />
So ist es unsere Aufgabe, Blickwinkel<br />
zu öffnen und neue Perspektiven<br />
aufzuzeigen. Denn wir müssen lernen:<br />
Mein heutiges Handeln hat Einfluss<br />
auf das Leben meiner Kinder und auf<br />
das Leben von Menschen in anderen<br />
Weltregionen.<br />
30<br />
Umweltpädagogik<br />
� Wissen anwenden zur nachhaltigen<br />
Entwicklung<br />
Mit Gestaltungskompetenz zur Nachhaltigkeit<br />
wollen wir die Fähigkeit vermitteln,<br />
das Wissen auch anzuwenden.<br />
Das heißt, aus Gegenwartsanalysen und<br />
Zukunftsstudien praktische Schlüsse<br />
ziehen, Entscheidungen treffen und sie<br />
umsetzen können, mit denen sich hier<br />
und jetzt nachhaltige Entwicklung verwirklichen<br />
lässt. Kinder und Jugendliche,<br />
Schülerinnen und Schüler, die zukünftig<br />
Wirtschaft, Politik und Kultur mitbestimmen<br />
sollen, sind heute vor schwierige<br />
Aufgaben gestellt. Wie werden sie umgehen<br />
mit den Herausforderungen der<br />
Globalisierung, der Klimaveränderung,<br />
den sozialen Spannungen vor der eigenen<br />
Haustür, aber auch der Armut in den<br />
Ländern des Südens?<br />
� Vorbild Wald als komplexes vernetztes<br />
dynamisches System<br />
Es stellt sich die Frage, wie die Arbeit<br />
aussieht, die die Bildung zur Nachhaltigkeit<br />
ernst meint. Die Antwort der<br />
Waldschule Cappenberg ist ein spiralförmig<br />
aufgebautes Bildungsprogramm,<br />
das mit Dreijährigen startet und die<br />
Kinder wöchentlich begleitet bis zum<br />
Jugendalter. So haben wir für die unterschiedlichen<br />
Altersstufen halbjährliche<br />
Veranstaltungsreihen entwickelt, die<br />
rege nachgefragt werden.<br />
Für die wöchentlich stattfindenden<br />
Kindergruppen haben wir 2011 den<br />
ersten Naturschutzpreis für Vereine der<br />
Bezirksregierung Arnsberg erhalten. Das<br />
soziale Miteinander, die kindgerechte<br />
Vermittlung und die über Jahre heranwachsende<br />
Bindung an das komplexe,<br />
vernetzte System Wald sind Natur- und<br />
Lebenserfahrungen, die dazu beitragen,<br />
dass in größeren Dimensionen gedacht<br />
wird. Sinnstiftendes Freizeitverhalten<br />
mit körperlicher und geistiger Gesunderhaltung<br />
wird eingeübt und physische<br />
Grenzen ausgetestet. Prägende Kindheitserlebnisse<br />
wie die Begegnung mit<br />
den Elementen Feuer und Wasser, der<br />
erste Frosch in der Hand und vieles mehr<br />
bedürfen in der heutigen Lebenswelt der<br />
Kinder der Inszenierung. Erste praktische<br />
Antworten auf neue Herausforderungen,<br />
wie die Inklusion, haben wir zum Teil<br />
schon gefunden.<br />
� Das Programm der Waldschule<br />
Cappenberg I. <strong>2012</strong><br />
Um unsere praktische Arbeit immer<br />
wieder neu auszurichten und zu überdenken<br />
lautet die nächste thematische<br />
halbjährliche Schwerpunktsetzung<br />
„Against the plasticplanet – Aus Alt<br />
mach Neu“. So werden z.B. alte Möbel<br />
farblich witzig neu gestylt um sie als<br />
lustige Sommermöbel zu nutzen. Oder<br />
in einem Jugendlichen-Nähkurs „Recy-
cling-Mode-Design ist Zukunft“ liebge-<br />
wonnene Kleidung mit einer Schneiderin<br />
umdesignt. Besonders stellen wir die<br />
generationsübergreifende Zusammenarbeit<br />
von Alt und Jung in unseren<br />
Fokus, wie jahreszeitliche Führungen<br />
mit Großeltern und Enkeln. So bleibt<br />
der drohende Zeigefinger in der Hosentasche<br />
und die gemeinsame Freude auf<br />
Augenhöhe und der Spaß miteinander<br />
werden wichtige Bestandteile beim Einüben<br />
umweltgerechten Verhaltens, von<br />
Gestaltungskompetenz für Nachhaltigkeit..Unter<br />
dem Einfluss der Bildung zur<br />
Nachhaltigkeit erlebt unser altes Motto<br />
eine Erweiterung beziehungsweise<br />
Ergänzung: Natur erleben, lieben und<br />
schützen im Kontext sozialer und ökologischer<br />
Ökonomie, Bürgerbeteiligung,<br />
Gerechtigkeit und Globalisierung.<br />
� Schwierigkeit Waldschule Cappenberg:<br />
keine staatliche Schule<br />
Das Umweltzentrum Waldschule<br />
Cappenberg ist nicht staatlich organisiert<br />
und abgesichert, das heißt, es gibt<br />
keine finanzielle und personelle Sicherheit.<br />
Um unsere umweltpädagogische<br />
Arbeit sicherzustellen, müssen wir also<br />
erhebliche Kostenbeiträge und Materialzuschläge<br />
von den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern verlangen. Unsere<br />
Umweltpädagogik<br />
Welches Blatt gehört zu welchem Baum? Gar nicht ekelig: eine Kröte in der Hand.<br />
pädagogische Arbeit leisten etwa zehn<br />
Waldlehrerinnen und Waldlehrer als<br />
Honorarkräfte. Um die Bildungsqualität<br />
zu sichern, haben wir eine einrichtungseigene<br />
Waldlehrerausbildung als<br />
Voraussetzung für den pädagogischen<br />
Einsatz entwickelt. Ein Teil der Veranstaltungen<br />
wird in Kooperation mit anderen<br />
Bildungsträgern organisiert. Aufgrund<br />
der unsicheren Rahmenbedingungen<br />
werden Halbjahresprogramme entwickelt<br />
und auf der Homepage und als<br />
Halbjahresprogrammheft angeboten.<br />
Unsere tägliche Öffentlichkeitsarbeit<br />
sichert Nachfrage und Umsatz. Die umweltpädagogische<br />
Arbeit der Waldschule<br />
31
Cappenberg reagiert auf bildungspo-<br />
litische Erfordernisse und übernimmt<br />
Bildungsaufgaben für alle Generationen.<br />
Sie versteht sich als Baustein in der Bildungslandschaft<br />
der Region, übernimmt<br />
wichtige soziale Aufgaben und trägt zur<br />
Berufsfindung und Lebensorientierung<br />
junger Menschen bei.<br />
� Die aktuellen existenziellen<br />
Probleme<br />
Die finanzielle Absicherung der<br />
Waldschule Cappenberg ist nicht gegeben.<br />
Jährlich wird um die Weiterexistenz<br />
der Waldschule gekämpft, weil sich<br />
seit der Halbierung der kommunalen<br />
Zuwendungen 2008 eine Deckungslücke<br />
von circa 30.000 Euro aufgetan<br />
32<br />
Umweltpädagogik<br />
Es wird auch tatkräftig zugepackt.<br />
hat, die sich in den letzten Jahren nur<br />
mit unternehmerischem Denken und<br />
Handeln und mit der Hilfe von Sponsoren<br />
einigermaßen auffangen ließ. Das<br />
jährliche Haushaltsvolumen beträgt<br />
130.000 Euro. Der selbsterwirtschaftete<br />
Anteil beträgt 100.000 Euro, der sich aus<br />
Veranstaltungsbeiträgen und Spenden<br />
und Sponsoring je etwa zur Hälfte zusammensetzt.<br />
Der öffentliche Zuschuss<br />
von den umliegenden Kommunen mit<br />
großen finanziellen Schwierigkeiten und<br />
von der NFG beträgt rund 23 Prozent<br />
des gesamten Haushaltsvolumens. <strong>2012</strong><br />
gibt es hoffentlich einen neuen Zuwendungsvertrag<br />
für die Sockelfinanzierung<br />
mit Selm, Lünen, Werne und der NFG in<br />
der Höhe von 31.965,00 Euro. Im Jahr<br />
<strong>2012</strong> läuft der zehnjährige Mietvertrag<br />
bei Graf Kanitz aus, der Aussicht auf<br />
Verlängerung hat.<br />
� Hat die Waldschule Cappenberg<br />
eine Zukunft?<br />
Wird sich unsere Gesellschaft eine<br />
Bildungseinrichtung wie die Waldschule<br />
Cappenberg noch erlauben können?<br />
Aus meiner Sicht ist die Existenz der<br />
Waldschule nur durch einen gesamtgesellschaftlichen<br />
Schulterschluss zu<br />
erreichen. Mit einer neuen Vision überwinden<br />
wir auch den pitoresken Zustand<br />
unseres Außengeländes, immerhin<br />
verzaubert der sommerliche Besuch des<br />
Gutshofbereiches und erinnert an eine<br />
südländische Idylle. So werden wir uns<br />
auch mit der vom Eigentümer geplanten<br />
Nutzung eines zumeist von uns besuchten<br />
Waldstücks durch den Ruheforst in<br />
einen Urnen-Beerdigungswald mit Ruhebiotopen<br />
an den Wurzeln der großen<br />
Bäume anfreunden und ein geregeltes<br />
Mit- und Nebeneinander entwickeln.<br />
� Das wird Morgen<br />
� Sind wir auf dem Holzweg?<br />
Neue Werte braucht das Land<br />
Statt einer Orientierung nur auf ein<br />
schillerndes Luxusleben, sehnt sich<br />
unsere Gesellschaft nach glaubhaften<br />
Vorbildern und demokratischen partizipatorischen<br />
Beteiligungsprozessen.
Ob wir es wollen oder nicht, der<br />
quantitative Wachstumsbegriff gerät<br />
an seine Grenzen – wir werden uns<br />
mit dem Gedanken anfreunden müssen,<br />
dass wir uns in vielen Bereichen<br />
einschränken müssen, ob freiwillig, gesetzlich<br />
gesteuert oder bedingt durch<br />
finanzielle Grenzen. Die westliche Welt<br />
rutscht in eine Zeit der Besinnung, hoffentlich<br />
eine Wendezeit mit der großen<br />
Ausrichtung, dass wir alle die Welt im<br />
Gleichgewicht zu halten haben.<br />
� Luthers Apfelbaum? – Hoffentlich<br />
keine Wirklichkeit<br />
Die Bildungsarbeit der Waldschule<br />
Cappenberg legt bei den Kindern die<br />
25 Jahre Waldschule Cappenberg in Zahlen<br />
Grundlagen für das <strong>Band</strong>, für die Verbindung<br />
zur belebten Umwelt. Viele<br />
Katastrophen zeigen: Wir haben nicht<br />
alles technisch im Griff und so bleibt es<br />
unsere Aufgabe, sehr verantwortlich die<br />
Welt für die Zukunft unserer Enkel zu<br />
erhalten. Die Apfelbäumchen, die wir<br />
pflanzen, sollen nicht Vorbereitung,<br />
sondern Verhinderung eines Endes<br />
sein.<br />
� Begebt euch an die Arbeit und in<br />
den Wald<br />
Auch nach 25 Jahren immer wieder<br />
bedrohter Bildungsarbeit gebe ich die<br />
Hoffnung nicht auf. Die sinnvolle Aufgabe<br />
der Waldschule Cappenberg ist<br />
Umweltpädagogik<br />
eine große Herausforderung – auch für<br />
die nächsten 25 Jahre. Die leuchtenden<br />
Augen der Kinder und Erwachsenen,<br />
ihre Zufriedenheit, Fröhlichkeit und<br />
Ausgeglichenheit und der kleine Spalt<br />
der Herzenstür, den man öffnen konnte,<br />
um ein Saatkorn dort abzulegen,<br />
sind lebendige Belohnungen, die diese<br />
vielen Schwierigkeiten gerne aushalten<br />
lassen. Aus einem kleinen Samen<br />
wächst ein großer Baum... starke Bäume<br />
geben starke Balken!<br />
Ich klopfe für die Waldschule<br />
Cappenberg weiterhin auf Holz …<br />
Und bleibe stark wie ein Baum ...<br />
� Mehr als 350.000 Menschen haben in den 25 Jahren mit der Waldschule Cappenberg draußen gearbeitet.<br />
� Im Jahr 2010:<br />
� sind 688 Veranstaltungen im Sinne von nachhaltiger Bildungsarbeit durchgeführt worden.<br />
� haben ca. 17.000 Menschen an den mehrstündigen Veranstaltungen teilgenommen.<br />
� haben 1.787,25 Unterrichtsstunden stattgefunden.<br />
� In der Waldschule Cappenberg sind 1,33 angestellte Mitarbeiterinnen tätig.<br />
� Wir unterrichten 8,12 Stunden pro Werktag oder 4,9 Unterrichtsstunden jeden Tag im Jahr (365 Tage).<br />
� Die Waldschule Cappenberg erwirtschaftet selbst 77 Prozent ihres Haushaltsvolumens.<br />
� <strong>2012</strong> gibt es hoffentlich einen neuen Zuwendungsvertrag für die Sockelfinanzierung mit Selm, Lünen, Werne, NFG in der<br />
Höhe von 31.965,00 €.<br />
� 130.000,00 € ist unser Haushaltsvolumen. Der selbsterwirtschaftete Anteil der Waldschule Cappenberg beträgt 100.000,00 €.<br />
� Der öffentliche Zuschuss an die Waldschule Cappenberg beträgt 23 Prozent des gesamten Haushaltsvolumens.<br />
� 46,46 € betragen die öffentlichen Kosten für eine Veranstaltung.<br />
� Die nachhaltige Bildungsarbeit der Waldschule Cappenberg wird von den Menschen in der Region mit stetiger Steigerung<br />
nachgefragt.<br />
33
von Magnus Benkhofer<br />
34<br />
Umweltpädagogik<br />
� Initiative „Lernort Natur“ mit bundesweiter Anerkennung<br />
Jäger machen mobil gegen Naturentfremdung<br />
Lernort Natur: Eine Initiative, die<br />
1990 von Nordrhein-Westfalen<br />
aus ihren Lauf nahm und mittlerweile<br />
bundesweite Anerkennung<br />
findet. Sie soll vor allem Kinder und<br />
Jugendliche dazu einladen, sich mit<br />
den heimischen Tieren und deren<br />
Lebensräumen zu beschäftigen.<br />
Jäger öffnen dazu ihre Reviere und<br />
bieten in der Natur die Möglichkeit,<br />
intensiven Kontakt mit unseren heimischen<br />
Tieren und Pflanzen zu erleben.<br />
Das steigert das Verantwortungsgefühl<br />
für Tiere und Pflanzen! Doch gerade in<br />
Ballungsräumen kann man die Natur<br />
nicht überall in ihrer Vielfalt entdecken.<br />
Hier helfen die Rollenden Waldschulen.<br />
Der Landesjagdverband und seine<br />
<strong>Kreis</strong>jägerschaften haben diese mobilen<br />
Einrichtungen geschaffen, um Schulen<br />
im naturkundlichen Unterricht zu unterstützen.<br />
Eine Vielzahl an Lernmaterial<br />
steht zur Verfügung, das im Unterricht<br />
mit Schülern verschiedener Altersstufen<br />
eingesetzt werden kann.<br />
Lernort Natur: Heimische Tiere kennen lernen. Foto: Benkhofer<br />
Rund 50 Rollende und Stationäre<br />
Waldschulen gibt es in Nordrhein-Westfalen.<br />
Sie werden von etwa 500 Jägern<br />
ehrenamtlich für deren pädagogische<br />
Arbeit eingesetzt. Bundesweit wird<br />
auf diese Weise jährlich über 150.000<br />
Kindern die heimische Fauna näher gebracht.<br />
Kindergärten und Grundschulen<br />
bilden dabei den Schwerpunkt. Durch<br />
den Einsatz der Waldschulen als außerschulische<br />
Lernorte sind durch den Kontakt<br />
zu Lehrern und Erziehern Projekte<br />
entstanden, die vielfältige Erlebnis- und<br />
Lernmöglichkeiten bieten. Einige <strong>Kreis</strong>jägerschaften<br />
haben Lehrpfade konzipiert,<br />
die ein ganzheitliches Lernen und Erleben<br />
unserer Umwelt ermöglichen.<br />
Die Rollenden Waldschulen können<br />
über die <strong>Kreis</strong>jägerschaften angefragt<br />
werden. Im Internet finden sich ebenfalls<br />
entsprechende Kontaktlisten, sowie<br />
noch mehr Infos über „Lernort Natur“<br />
unter www.lernort-natur.de sowie www.<br />
ljv-nrw.de.
� Peter-Weiss-Gesamtschule <strong>Unna</strong> macht sich stark<br />
Umwelterziehung als Schulauftrag<br />
von Jenny Planert-Fahrenhorst<br />
und Hartmut Fahrenhorst<br />
Die Peter-Weiss-Gesamtschule<br />
(PWG) <strong>Unna</strong> verfolgt seit vielen<br />
Jahren eine starke Einbindung<br />
umwelterzieherischer Fragen in das<br />
Schulprogramm. Ursprünglich hieß<br />
der Arbeitstitel „Eine Schule auf<br />
dem Weg in eine ökologische Zukunft“.<br />
Unter diesem Thema wurden<br />
von Seiten der Schule mehrere<br />
Förderanträge im GÖS-Umweltbereich<br />
gestellt, die allesamt positiv<br />
beschieden wurden. In diesem<br />
Zusammenhang wurde die Schule<br />
1997 besonders gefördert. Ziel der<br />
PWG war es immer, die Umweltproblematik<br />
an konkreten Beispielen in<br />
den Unterricht einzubinden.<br />
Im Zusammenhang mit den beiden<br />
Projekten „Umweltschulen in Europa“<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> wurde die Schule in<br />
den Jahren 2000 und 2002 mit diesem<br />
Preis ausgezeichnet und darf sich seitdem<br />
„Umweltschule in Europa“ nennen.<br />
Zum Programm der PWG gehört<br />
es, dass auch weiterhin eine verstärkte<br />
Implementation von Umwelterziehung<br />
und Umwelterforschung im Unterricht<br />
stattfindet. In bestimmten Fachbereichen<br />
(Naturwissenschaften, Technik,<br />
Gesellschaftslehre, Religion usw.) sowie<br />
im Bereich der Arbeitsgemeinschaften<br />
(„<strong>Unna</strong>s Honigdiebe“, Schulgarten,<br />
Pferde-AG, Kleintiere-AG, Fahrradwerkstatt,<br />
usw.) soll der Umweltgedanke eine<br />
zentrale Bedeutung im Unterrichtsge-<br />
Umweltpädagogik<br />
Fleißige Hände: die Schulgarten-AG. Fotos: Fahrenhorst<br />
schehen erhalten. Grundlage für dieses<br />
Handeln ist die „Agenda 21“, in der die<br />
Aspekte der Nachhaltigkeit eine zentrale<br />
Stelle einnehmen. Die PWG gehörte<br />
ebenfalls zum <strong>Kreis</strong> der Umweltkontaktschulen<br />
in NRW.<br />
An der ersten und zweiten Kampagne<br />
„Agenda 21 – Schule der Zukunft“<br />
des Landes NRW nahm die Schule in<br />
den Jahren 2003 bis 2005 und 2006<br />
bis 2008 ebenfalls erfolgreich teil. Von<br />
35
2009 bis <strong>2012</strong> (Kampagne 3) arbeiten<br />
viele Gruppen in der Schule unter diesem<br />
Agenda-Gedanken. Das Leben in der<br />
„Einen“ Welt steht dabei im Mittelpunkt.<br />
Auflistung der aktiv arbeitenden<br />
Gruppen:<br />
� Agenda Arbeitsgruppe<br />
� „<strong>Unna</strong>s Honigdiebe“ – Bienenzucht<br />
Projekt<br />
� Pferde AG<br />
� Kleintiere AG<br />
� Hunde AG<br />
� Schulgarten AG – Grüne Mitte – ökologischer<br />
Pfad<br />
Leitsätze der Peter-Weiss-Gesamtschule<br />
36<br />
Umweltpädagogik<br />
� Fahrradwerkstatt und Fahrrad AG<br />
� Schulpartnerschaft mit Dordabis<br />
(Namibia)<br />
� Comenius Projekt – Umwelterziehung<br />
in vier europäischen Staaten (Polen,<br />
Italien, Schweden, Deutschland)<br />
� „Schule ohne Rassismus“<br />
� Gesunde Schule (Schulentwicklungsgruppe)<br />
� Über die Arbeitsgruppen<br />
� Agenda Arbeitsgruppe<br />
Diese Arbeitsgruppe hat sich in<br />
den letzten drei Jahren regelmäßig<br />
getroffen, um sich Gedanken über die<br />
Weiterentwicklung der Agenda-Fragen<br />
an der Schule zu machen. Zur Gruppe<br />
gehören Eltern, Lehrer und einige<br />
Schüler. Diese Gruppe erarbeitete Vorschläge<br />
für die Teams, die Lehrer- und<br />
Schulkonferenz. Das Agenda-Konzept<br />
ist von der Schulkonferenz beschlossen.<br />
Lehrer, Schüler, Eltern und Mitarbeiter<br />
der PWG verpflichten sich,<br />
die Leitsätze in ihrem Arbeitsbereich<br />
aktiv auszugestalten und im Dialog<br />
miteinander die Qualität der Schule<br />
weiter zu entwickeln.<br />
� Persönlichkeitsbildung: Unsere Schule erzieht ihre Schülerinnen und Schüler zu selbstständigen, kompetenten und verantwortungsbewussten<br />
Menschen.<br />
� Menschenwürde: In unserer Schule verhalten sich die Menschen rücksichtsvoll und hilfsbereit. Sie achten einander und<br />
grenzen niemanden aus. Die Peter-Weiss-Gesamtschule ist eine Schule ohne Rassismus.<br />
� Lernumfeld: Unsere Schule wird so gestaltet, dass die Menschen sich in ihr wohlfühlen, gern lernen und gut arbeiten<br />
können. Gebäude, Außenanlagen und Einrichtung werden von allen pfleglich behandelt.<br />
� Recht auf Lernen: In unserer Schule haben alle Schülerinnen und Schüler Anspruch auf guten, lebensnahen Unterricht,<br />
ungestörtes Lernen und individuelle Förderung. Sie verpflichten sich, ihren Teil aktiv beizutragen.<br />
� Schule und Eltern: Eltern, Lehrerinnen und Lehrer gehen an unserer Schule eine Erziehungspartnerschaft auf Zeit ein.<br />
� Lernen für die Umwelt: In unserer Schule lernen und arbeiten Menschen für den Schutz unserer Umwelt. Die Peter-Weiss-<br />
Gesamtschule ist Umweltschule in Europa.<br />
� Konfliktregelung: Konflikte gehören zum Alltag in der Gemeinschaft von Menschen. In unserer Schule werden Konflikte<br />
gewaltfrei gelöst, indem die Interessen geklärt werden.<br />
� Beratung: Unsere Schule berät Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern bei Lern- und Erziehungsproblemen, in<br />
Schullaufbahn-, Studien- und Berufswahlfragen.<br />
� Öffentlichkeit: Alle arbeiten an einem guten Bild der Schule in der Öffentlichkeit und vertreten die Interessen der Schule<br />
nach außen. Unsere Schule arbeitet mit außerschulischen Partnern des Gemeinwesens zusammen.<br />
� Qualitätsentwicklung: Die Peter-Weiss-Gesamtschule überprüft regelmäßig die Einhaltung des Leitbildes und die Qualität.
� „<strong>Unna</strong>s Honigdiebe“<br />
Der Bienengarten besteht nun mehr<br />
als 20 Jahre an der Schule. Neben dem<br />
Schulgarten stellt er die Keimzelle umweltbezogenen<br />
Arbeitens an der Schule<br />
dar. Schon früh wurden in dem in Zusammenarbeit<br />
mit der Volkshochschule<br />
gebauten Fachwerkhaus Bienen gehalten.<br />
Viele Schüler haben auf diese Weise das<br />
Leben und die Bedeutung der Honigbienen<br />
kennen gelernt. Einige der Teilnehmer<br />
imkern nun selbst oder haben ihr erworbenes<br />
Wissen im Studium an der Uni<br />
anwenden können. Seit sieben Jahren ist<br />
diese Gruppe sehr aktiv geworden. Unter<br />
Anleitung des pensionierten Lehrers Dr.<br />
Hartmut Fahrenhorst wurde die Arbeit an<br />
und mit den Bienen intensiviert.<br />
� Imkerarbeit im Jahresverlauf<br />
Die Gruppe besteht aus Schülern der<br />
Jahrgänge fünf bis zehn. Sie nehmen<br />
freiwillig an diesem Projekt teil, nicht<br />
nur donnerstagnachmittags, sondern<br />
oft auch am Wochenende oder in<br />
den Ferien. An den AG-Nachmittagen<br />
werden verschiedene saisonabhängige<br />
imkerliche Tätigkeiten durchgeführt.<br />
So werden im Winter und Frühjahr vorbereitende<br />
Arbeiten (Wachs aus alten<br />
Umweltpädagogik<br />
Wie die fleißigen Bienen: „junge Imker“ bei der Arbeit. Die Bienenkönigin ist gekennzeichnet.<br />
Waben schmelzen, Rähmchen säubern<br />
und drahten, Mittelwände einlöten, Bienenmagazine<br />
reparieren und säubern)<br />
durchgeführt, während im Sommer die<br />
Bienenvölker im Vordergrund stehen.<br />
Sie werden erweitert und am Ende der<br />
jeweiligen Tracht (Frühsommer, Raps,<br />
Sommerblüte, Linde) die vollen Waben<br />
entnommen. Das Gewinnen des Honigs<br />
(Entdeckeln der Waben, Schleudern,<br />
Bearbeiten des Honigs) stellt im Jahr<br />
einen Höhepunkt dar. Im Spätsommer<br />
und Herbst werden die Bienenvölker<br />
auf die Überwinterung vorbereitet<br />
(Behandlung gegen Varroa-Milben,<br />
37
Einfütterung). Danach schließt sich das<br />
Bienenjahr.<br />
� Fortbildung<br />
Bei der Imker-Ausbildung stand der<br />
Gruppe von Anfang an das Bieneninstitut<br />
der Landwirtschaftskammer NRW in<br />
Münster zur Seite. Dr. Werner Mühlen lud<br />
die Schüler zu Lehrgängen ein, in denen<br />
sie beispielsweise den Fachkundenachweis<br />
Honigverarbeitung erworben haben.<br />
Außerdem nahmen sie an Wochenenden<br />
und in den Ferien an weiteren Fortbildungen,<br />
wie dem Lehrgang zu Grundlagen<br />
der Imkerei und dem Fortgeschrittenenlehrgängen<br />
in der Imkerei Dennis Schüler<br />
in Münster teil. Darüber hinaus ging es<br />
ins Ausland: Die Jugendlichen fuhren zum<br />
internationalen Treffen junger Imker nach<br />
Warth/Österrreich und Prag.<br />
� Arbeit der Imker<br />
Die AG-Mitglieder lernen sowohl theoretische<br />
Hintergründe aus dem Leben<br />
der Bienen und seiner „Feinde“ kennen<br />
als auch praktische Arbeitsweisen in der<br />
Handhabung der Bienenvölker. Diese<br />
ganztägigen Veranstaltungen stoßen<br />
bei den Schülern auf Begeisterung und<br />
Interesse. Die Arbeit mit den Bienen geht<br />
ihnen immer routinierter von der Hand.<br />
Die Fortbildungen werden fortgesetzt,<br />
so dass die Honigdiebe eine umfassende<br />
Ausbildung in Bezug auf das Leben und<br />
38<br />
Umweltpädagogik<br />
die Haltung der Honigbienen erfahren<br />
und ihre ökologische Bedeutung in der<br />
Natur erkennen. Nachdem die Schüler ihr<br />
Bienen-Projekt zunehmend selbstständig<br />
in der Öffentlichkeit vorstellen, erlernen<br />
sie auch Präsentationstechniken. Die<br />
Teilnahme an den Fortbildungen wird den<br />
Schülern im Schulzeugnis bestätigt.<br />
� Forscherwerkstatt<br />
Im Frühjahr und Sommer 2010 gab<br />
es neben der Bienen-AG eine Forscherwerkstatt<br />
unter der Leitung von Katrin<br />
Fahrenhorst. Die Ergebnisse der Schülerforschungen<br />
wertete sie im Rahmen<br />
einer Staatsarbeit an der TU Dortmund<br />
aus. Diese Ergebnisse der jungen Forscher<br />
erfüllen einen wissenschaftlichen<br />
Anspruch und die Untersuchungen sollen<br />
im Sommer <strong>2012</strong> wiederholt und vertieft<br />
werden. Die dann bestätigten und ergänzten<br />
Ergebnisse sollen veröffentlicht<br />
werden.<br />
� Öffentlichkeitsarbeit<br />
Die Honigdiebe sind seit 2006 Mitglied<br />
bei Apis e.V. und haben im Sommer<br />
2008 die Jahresversammlung dieser Vereinigung<br />
auf dem Stockumer Hofmarkt in<br />
<strong>Unna</strong> organisiert. Einmal jährlich besucht<br />
die Gruppe den „Apisticus-Tag“ in Münster.<br />
Auf dieser zweitägigen Imkermesse<br />
treffen sich Imker, Wissenschaftler und<br />
Ausstatter. Die Schüler machen dabei<br />
erste Erfahrungen mit der Arbeit auf<br />
Tagungen. Mittlerweile nehmen die<br />
Honigdiebe mit einem eigenen Stand<br />
teil und präsentieren dort die Ergebnisse<br />
ihrer Imker-Tätigkeit sowie der „Forscherwerkstatt“.<br />
� Finanzierung<br />
Alle Unternehmungen und Anschaffungen<br />
werden aus den Erlösen des<br />
Honig- und Kerzenverkaufs finanziert.<br />
Dazu nutzen die Honigdiebe Schulveranstaltungen,<br />
den Stockumer Hofmarkt,<br />
Apfelfest und Familienfest der NFG und<br />
den <strong>Unna</strong>er Weihnachtsmarkt. Im vergangenen<br />
Jahr kaufte die AG neue Imkeranzüge,<br />
die mit dem Logo der AG sowie<br />
des Vereins Apis e.V. bedruckt wurden.<br />
Zudem wurden Imkerhüte, Bienenschleier<br />
und Handschuhe angeschafft. Zum<br />
Teil wurden diese Materialien von den<br />
Einnahmen der AG beziehungsweise<br />
dem Förderverein der Schule finanziert.<br />
Die Fortbildungen am Bieneninstitut in<br />
Münster sind für die Schüler kostenfrei.<br />
Teilnahmegebühr und Materialkosten<br />
übernimmt das Bieneninstitut. Die<br />
Fortbildungen in der Imkerei D. Schüler<br />
werden zur Hälfte von den Schülern<br />
selbst finanziert, zur anderen Hälfte vom<br />
Landesverband Westfälisch Lippischer<br />
Imker. Die Kosten für die Fahrten sowie<br />
für die Verpflegung werden aus der Kasse<br />
der Honigdiebe bezahlt.
� Kooperation Schule, Bienen-AG<br />
und Landwirtschaft<br />
Seit geraumer Zeit haben „<strong>Unna</strong>s<br />
Honigdiebe“ Kontakt zur Familie Beh-<br />
menburg (Biolandwirt in Ostbüren). Sie<br />
betreibt seit vielen Jahren den „Stockumer<br />
Hofmarkt“, auf dem Produzenten<br />
der Region ihre Produkte anbieten.<br />
Auch der Honig von „<strong>Unna</strong>s Honigdieben“<br />
wird dort angeboten. Im Zuge der<br />
Zusammenarbeit entstand der Plan, auf<br />
dem Gelände des Hofmarktes einen Bienenlehrpfad<br />
zu installieren. Im Rahmen<br />
dieses Gemeinschaftsprojektes, an dem<br />
die PWG beteiligt ist, entstanden bisher<br />
folgende Objekte:<br />
� Streuobstwiese<br />
Hier wurden auf einer großen Fläche<br />
von Schülern und einer Arbeitsgruppe<br />
der AWO 20 alte Apfelbaumsorten<br />
gepflanzt. Eine Förderung durch das<br />
Streuobstwiesenprogramm im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> machte das möglich. Die Honigdiebe<br />
übernahmen die Beschilderung<br />
der Bäume. Die Fläche selbst wurde in<br />
Zusammenarbeit mit Apis e.V mit einer<br />
Saatmischung typischer Wildwiesenpflanzen<br />
eingesät.<br />
� Bienenweiden-Hecke<br />
Schüler der PWG haben auf dem<br />
Gelände der Familie Behmenburg eine<br />
etwa 150 Meter lange Hecke gepflanzt.<br />
Dazu wurden verschiedene Sträucher<br />
und Bäume verwendet, die wertvolle<br />
Tracht für Wild- und Honigbienen bieten.<br />
Die Honigdiebe und zwei Kurse des<br />
6. Jahrgangs haben für die Beschilderung<br />
der einzelnen Arten gesorgt. So können<br />
die Besucher des Hofmarktes sowie<br />
interessierte Schulklassen und Kindergartengruppen<br />
die verschiedenen Arten<br />
und ihre Bedeutung kennenlernen.<br />
Gut zugepackt: Schüler pflanzen.<br />
Umweltpädagogik<br />
� Wildbienenwand<br />
In die Hecke des Hofmarktes ist eine<br />
in Fachwerkbauweise erstellte Wildbienenwand<br />
integriert. Die Fachungen sind<br />
mit verschiedenen Materialien gefüllt.<br />
Unterschiedliche Nisthilfen dienen als<br />
Wohnquartiere für viele Bienenarten.<br />
Besucher gewinnen dort einen Eindruck<br />
von der Vielfalt des Insektenlebens. Die<br />
ökologische Bedeutung der Wildbienen<br />
wird auf einer Infotafel dargestellt.<br />
� Bienenhaus für Bienenstöcke<br />
Der Platzbedarf der stetig wachsenden<br />
Bienen-AG konnte im Bienengarten<br />
nicht mehr gedeckt werden, so dass<br />
man sich nach einem weiteren Standort<br />
für die Bienen umsah. Der Stockumer<br />
Hofmarkt bot sich als Standort für ein<br />
Bienenhaus an, zumal dort viele Besucher<br />
die Besonderheiten der Bienenzucht<br />
erfahren können. Das Bienenhaus ist in<br />
den Bienenlehrpfad einbezogen. Das<br />
Holzhaus wurde von Schülern der PWG<br />
unter Anleitung eines Fachmannes<br />
gebaut.<br />
� Lehrpfad<br />
Am Weg durch das Bienengelände<br />
wurden Informationstafeln des Deutschen<br />
Imkerbundes und über Wildbienen<br />
aufgestellt. Sie bieten Besuchern<br />
einen Einblick in die Vielfalt des Lebens<br />
auf Streuobstwiesen und in Hecken.<br />
39
Weitere Tafeln über Singvögel, Greifvögel,<br />
Wiesenpflanzen etc. sollen installiert<br />
werden. Für die Finanzierung dieser Projekte<br />
konnten neben der Landwirtsfamilie<br />
Behmenburg Vereine, Firmen sowie<br />
kommunale Einrichtungen (Naturförderungsgesellschaft<br />
des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>) als<br />
Sponsoren gewonnen werden.<br />
� Kleintiere AG<br />
Der Kleintierbereich ist im „Bienengarten“<br />
der Schule angesiedelt. Hier<br />
werden Kaninchen, Ziegen, Ponys und<br />
Hühner gehalten. Die Ponys werden von<br />
den Kindern der Pferde-AG betreut. Im<br />
AG-Bereich am Dienstag werden die<br />
Gehege und Ställe der Tiere gesäubert<br />
und in Ordnung gebracht. Das bedeutet,<br />
dass alle Kinder – meist aus dem 5. und<br />
6. Jahrgang – kräftig anfassen müssen,<br />
um alle notwendigen Arbeiten zu verrichten.<br />
Natürlich bleibt auch genügend<br />
Zeit, um die Tiere zu streicheln oder auf<br />
den Arm zu nehen. Alle Tiere sind sehr<br />
zahm und lassen sich gut anfassen. An<br />
sieben Tagen in der Woche – natürlich<br />
auch an Feiertagen – übernehmen Kinder<br />
in Gruppen die Versorgung der Tiere.<br />
Alle Tiere werden täglich mit Futter und<br />
frischem Wasser versorgt. So selbstverantwortlich<br />
zu arbeiten macht die<br />
Kinder sicher und stolz. Verantwortliche<br />
Erwachsene sind bei Problemen telefonisch<br />
immer zu erreichen.<br />
40<br />
Umweltpädagogik<br />
Um einen reibungslosen Ablauf zu<br />
ermöglichen, muss immer genügend<br />
Futter in den Futterkammern vorhanden<br />
sein. Zum Glück erhält die AG<br />
eine Menge Unterstützung durch den<br />
befreundeten Biolandwirt. Wolfgang<br />
Behmenburg liefert kostenlos benötigtes<br />
Heu und Stroh, und Hühner- sowie<br />
Kaninchenfutter werden regelmäßig<br />
von seinem Hof in Fröndenberg-Ostbüren<br />
geholt. Diese Unterstützung ist<br />
wichtig, da die übrigen Kosten – Tierarzt,<br />
Streu, Möhren – vom Förderverein getragen<br />
werden müssen.<br />
Im Jahr 2006 wurden im Bienengarten<br />
zwei neue Häuser errichtet: ein Hühnerhaus<br />
und eine Remise für die Kutsche<br />
der Pferde-AG. Beide Häuser wurden<br />
von AB-Kräften der Werkstatt im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> errichtet. Die Kosten übernahm<br />
das Umweltamt der Stadt <strong>Unna</strong>.<br />
� Schulgarten AG – Grüne Mitte –<br />
ökologischer Pfad<br />
Die Schulgarten AG der PWG besteht<br />
seit der Gründung der Schule vor 25<br />
Jahren. Der Schulgarten ist ein mehr als<br />
1.500 Quadratmeter großes Gelände am<br />
Rande des Schulbereiches. Dort wurden<br />
von der Arbeitsgemeinschaft Nutzpflanzen<br />
(Kartoffeln, Bohnen, Möhren usw.)<br />
angebaut, die dann im Herbst gemeinsam<br />
geerntet, zubereitet und verzehrt<br />
wurden. Klassen des 5. und 6. Jahrgangs<br />
bauten auf Beeten ebenfalls Pflanzen<br />
an, die sie dann in eigener Regie betreut<br />
haben. Die Teichanlage des Schulgartens<br />
(ökologischer Teil) wird immer wieder im<br />
naturwissenschaftlichen Unterricht als<br />
Untersuchungsobjekt genutzt. Sie ist seit<br />
vielen Jahren ein intaktes Ökosystem.<br />
In der letzten Zeit, insbesondere nach<br />
den Sommerferien, war das Gelände<br />
stark zugewachsen und für die Arbeit<br />
nur noch teilweise nutzbar. Deshalb<br />
wurde der Schulgarten im Jahr 2011<br />
von der Agenda Gruppe neu geplant<br />
und von Mitarbeitern der NFG, Schülern,<br />
Eltern und Lehrern umgestaltet. Die<br />
teilweise stark zugewachsenen Flächen<br />
wurden gerodet und bearbeitet, eine<br />
Hecke wurde zurückgeschnitten. Bei<br />
der Neugestaltung wurde das Gelände<br />
durch französische Kastanienzäune in<br />
drei Bereiche unterteilt:<br />
� Naturbelassener Bereich: Hier befindet<br />
sich der nun schon fast 25 Jahre alte<br />
Teich des Schulgartens. Dieser Bereich<br />
wird regelmäßig von den Ponys der<br />
Schule beweidet. Außerdem soll hier<br />
ein überdachter Arbeitsplatz für den<br />
Unterricht entstehen.<br />
� Obsthof: Im neu angelegten Obsthof<br />
des Schulgartens werden Beerenobststräucher<br />
und verschiedene<br />
Buschobstbäume gepflanzt. Dabei<br />
handelt es sich um alte Obstorten.<br />
Den Schülern soll die Vielfalt der
Früchte nahe gebracht werden. Im<br />
Obsthof wird ein kleiner Bienenstand<br />
für die praktische Arbeit von „<strong>Unna</strong>s<br />
Honigdieben“ entstehen. Busch- und<br />
Säulenbäume wurden deshalb gewählt,<br />
um die Vielfalt der Obstsorten<br />
zu erhöhen und schon frühzeitig<br />
Früchte zu ernten.<br />
� Gartenbereich: Im Garten wurden<br />
aus Lärchenholz insgesamt acht<br />
Hochbeete gebaut, die mit Baumschnitt,<br />
Streu und Kompost angefüllt<br />
wurden. Sechs der Beete werden von<br />
den sechs Klassen des 5. Jahrgangs<br />
bearbeitet. Hier können die Schüler<br />
Pflanzen aussäen und heranziehen.<br />
Zu den Sommerferien müssen die<br />
Beete abgeerntet sein, da sie an die<br />
neuen Klassen übergeben werden.<br />
Drei Beete sind für die Schulgarten-<br />
AG vorgesehen, die zwei weiteren<br />
werden für Außenstehende vorgesehen,<br />
die diese und den Schulgarten<br />
in der unterrichtsfreien Zeit nutzen<br />
können. Sie sollen für diese Möglichkeit<br />
ein Auge auf den Bereich haben,<br />
zum Beispiel in den Sommerferien.<br />
In diesem Gartenbereich werden<br />
auch zwei Gartenhäuser gebaut, in<br />
denen die Schüler wetterunabhängig<br />
arbeiten können und Geräte gelagert<br />
werden. Die Kosten für die Neugestaltung<br />
wurden von der NFG, vom<br />
Schulpartner „Signal Iduna Versiche-<br />
rungen“ und vom Förderverein der<br />
Schule übernommen.<br />
� Grüne Mitte: Im Bereich dieser grünen<br />
Mitte wurde vor mehreren Jahren<br />
eine große Wildbienenwand gebaut.<br />
Geplant wurde sie gemeinsam<br />
mit Schülern, gebaut wurde sie von<br />
AB-Kräften der Werkstatt im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong>. Sie ist eine von vielen Stationen<br />
im Stadtökologischen Lehrpfad,<br />
der in Zusammenarbeit mit vielen<br />
ökologisch aktiven Gruppen der<br />
Stadt entstanden ist. Der „Grüne<br />
Pfad“ der Schule, der quer durch das<br />
Umweltpädagogik<br />
Echte Fürsorge: Täglich sind die Schüler für die Tiere da.<br />
Schulgelände läuft und Schul- und<br />
Bienengarten miteinander verbindet,<br />
gibt den Schülern und Lehrern, aber<br />
auch Nachbarn, Spaziergängern und<br />
Besuchern Informationen über das<br />
Leben auf dem Schulgelände und<br />
wichtigen Zusammenhängen. Die<br />
Schilder wurden von Schülern im<br />
Unterricht und in einer Projektwoche<br />
entwickelt. Vor dem Haupteingang<br />
der Schule wird von der Schulgarten-AG<br />
ein Staudenbeet (etwa 150<br />
Quadratmeter) gestaltet und bearbeitet.<br />
Hier wachsen insbesondere<br />
41
42<br />
Umweltpädagogik<br />
In der Fahrradwerkstatt: Werner Wülfing zeigt wie es geht.<br />
„insektenfreundliche“ Pflanzen, aber<br />
auch verschiedene Küchenkräuter<br />
bereichern diesen Bereich. Die farbenfrohe<br />
Blütenvielfalt begeistert nicht<br />
nur die Schüler und Mitarbeiter der<br />
Schule, sondern auch die Besucher,<br />
die immer wieder positiv auf diesen<br />
Bereich reagieren.<br />
Fahrradwerkstatt und Fahrrad AG<br />
Die Fahrradwerkstatt der Schule<br />
besteht nun schon viele Jahre. In ihr<br />
werden alte, gespendete Fahrräder repariert<br />
und restauriert. Sie stehen dann<br />
der Schule bei Ausflügen zur Verfügung,<br />
so dass alle Schüler an solchen Aktionen<br />
teilnehmen können. Für die Werkstatt<br />
wurden mit Unterstützung des ADFC<br />
und der Schule notwendige Werkzeuge<br />
angeschafft. In der Werkstatt werden<br />
auch besondere Räder hergestellt. Sie<br />
sind für Schüler ein besonderer Spaß.<br />
Sich mit ihnen fortzubewegen fällt aber<br />
nicht immer leicht. In der Mittagspause<br />
stehen die Räder zur Verfügung, so dass<br />
sich jeder an ihnen versuchen kann.<br />
Auf dem jährlich stattfindenden<br />
Drahteselmarkt auf dem Alten Markt<br />
in <strong>Unna</strong> gehören diese Gefährte schon<br />
zum normalen Anblick. Die Schule<br />
nimmt mit der Fahrrad-AG teil, und<br />
bereichert mit verschiedenen Angeboten<br />
das Programm. Vor einigen<br />
Jahren wurden die Schüler dieser sehr<br />
aktiven AG auf dem Drahteselmarkt<br />
für ihr Engagement ausgezeichnet.<br />
Diese Ehrung durch den Vorsitzenden<br />
des ADFC machte sie sehr stolz. An der<br />
überdachten Fahrradparkanlage wurde<br />
im Jahr 2007 eine Videoüberwachung<br />
eingerichtet. Hierdurch sollen Schäden<br />
an den Fahrrädern dokumentiert oder<br />
aber auch verhindert werden. Das Schild<br />
„Videoüberwachung“ zeigt eine positive<br />
Wirkung.<br />
Die Fahrrad-AG möchte erreichen,<br />
dass noch mehr Schüler ihr Fahrrad für<br />
den Schulweg benutzen. Der ökologische<br />
Vorteil – kein CO – soll bewusst ge-<br />
2<br />
macht werden. Dies wurde unterstützt<br />
durch die Entwicklung eines Schulwegratgebers.<br />
Er entstand in Zusammenarbeit<br />
mit dem Radverkehrsbeauftragten<br />
und der Mobilitätsbeauftragten der<br />
<strong>Kreis</strong>stadt <strong>Unna</strong> sowie dem ADFC <strong>Unna</strong>.<br />
Des Weiteren haben zwei WPI-Kurse<br />
Naturwissenschaften (6. Jahrgang) und<br />
der G-Kurs 12 Sozialwissenschaften<br />
mitgewirkt. Im Mittelpunkt standen<br />
folgende Aspekte:<br />
� Bausteine einer fahrradfreundlichen<br />
Schule<br />
� das richtige Rad für ihr Kind<br />
� Radwege zur PWG<br />
� Fußwege zur PWG<br />
� mit Bus und Bahn zur PWG.<br />
Die Ratgeber wurden in großer Anzahl<br />
von der Stadt <strong>Unna</strong> gedruckt und<br />
stehen allen Eltern der neuen Schüler<br />
zur Verfügung.
� Ermelingschule: Zehn Jahre „Umweltschule in Europa“<br />
von Götz Heinrich Loos,<br />
Günther Dieckmann und Heinz F.<br />
Schlockermann<br />
Seit knapp fünfzehn Jahren wird die<br />
Anlage von Schulgärten im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> wieder forciert. Allerdings<br />
haben sich gegenüber der ursprünglichen<br />
Idee von Schulgärten aus dem<br />
19. Jahrhundert, als Garten- und<br />
Obstbau auf den Lehrplan gesetzt<br />
wurden, die Vorzeichen geändert.<br />
Heute sollen Schülerinnen und<br />
Schüler für Natur sensibilisiert, der<br />
Umgang mit ihr sowie ihre nachhaltige<br />
Kultivierung und Nutzung praktisch<br />
erfahren werden. Ein besonderes<br />
Gelände für diesen Zweck ist das<br />
„Grüne Klassenzimmer“ der Ermelingschule<br />
in Bönen-Lenningsen.<br />
Die Ermelingschule ist eine einzügige<br />
Gemeinschaftsgrundschule, deren Vorläufer<br />
auf das Jahr 1840 zurückgeht.<br />
Die jetzige bauliche Realisierung stammt<br />
aus dem Jahre 1962. Eingebettet in den<br />
ländlichen Raum zwischen den Dörfern<br />
Bramey und Lenningsen, lag es nahe,<br />
die unmittelbare, vor Straßenverkehr sichere<br />
Umgebung der Schule naturnäher<br />
zu gestalten und in die landschaftliche<br />
Kulisse einzubinden. Im Jahre 1999 begann<br />
die Ermelingschule, unterstützt von<br />
vielen Partnern, wie dem Förderverein<br />
der Schule, der Interessengemeinschaft<br />
Lenningsen, dem Heimatverein Kerspell<br />
Umweltpädagogik<br />
Natur entdecken im „Grünen Klassenzimmer“<br />
Die Natur – wer sie kennt, der achtet sie auch. Fotos: Ermelingschule<br />
Fleik, der Gemeinde Bönen, der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong>, der BUND-Ortsgruppe Bönen,<br />
den Hegefischern Bönen und vielen<br />
anderen, mit der Umsetzung des Projektes<br />
„Grünes Klassenzimmer“. Angelegt<br />
wurde ein besonderer Schulgarten, in<br />
dem Pflanzen, Ensembles für den Ar-<br />
43
tenschutz, Elemente eines nachhaltig<br />
zu bewirtschaftenden Gartens und<br />
als integrale Bestandteile Aufenthaltsund<br />
Versammlungsplätze (Sitztribüne,<br />
Unterstand) untergebracht wurden.<br />
Anders als andere Schulgärten oder<br />
Schulgärten im eigentlichen Sinne ist es<br />
ein offenes Gelände mit ausgedehnteren<br />
Grünland- und Heckenstrukturen, eher<br />
parkartig oder wie ein Baumhof – aber<br />
doch nicht ganz so. Einbezogen ist ein<br />
Großteil des Schulgeländes wie auch die<br />
Schule selbst. Ein wichtiges Ziel dabei<br />
war es von Anfang an, dass alle Elemente<br />
kindgemäß beschrieben werden.<br />
Die Arbeit wurde umgehend belohnt:<br />
In den Schuljahren 1999/2000 und<br />
2000/2001 ist die Ermelingschule vom<br />
Ministerium für Schule, Jugend und<br />
Kinder des Landes NRW aus Mitteln des<br />
Programms „Gestaltung des Schullebens<br />
und Öffnung von Schulen (GÖS)“ gefördert<br />
worden. Vor zehn Jahren, im Jahre<br />
2002, erhielt sie dann im Rahmen eines<br />
Wettbewerbs den Titel „Umweltschule<br />
in Europa“ als erste große Anerkennung<br />
für die engagierten Aktivitäten im<br />
Rahmen des „Grünen Klassenzimmers“<br />
– nach erst drei Jahren seit Beginn des<br />
Projektes. Der Nachfolgewettbewerb,<br />
der unter der Bezeichnung „Agenda 21<br />
in Schulen“ weitergeführt wird, wurde<br />
ebenfalls ein Erfolg für die Ermelingschule,<br />
die 2005 und 2008 teilgenommen<br />
44<br />
Umweltpädagogik<br />
Kontakt mit fremden Bewohnern.<br />
und den Titel „Schule der Zukunft“<br />
verliehen bekommen hat.<br />
� Ziele und Elemente<br />
Das „Grüne Klassenzimmer“ soll<br />
den Schülerinnen und Schülern die<br />
Gelegenheit geben, Natur und Umwelt<br />
anschaulich zu erleben, dabei Freude am<br />
Umgang damit zu haben und sie spielerisch<br />
zu erfahren, die Selbsttätigkeit<br />
zu fördern sowie den Blick auch für das<br />
Kleine und Unscheinbare in der Natur<br />
zu entwickeln.<br />
Wenn Natur und Umwelt als getrennte<br />
Gegenstandsbereiche betrachtet<br />
werden, dann verbindet das „Grüne<br />
Klassenzimmer“ beide miteinander.<br />
„Natur entdecken, Natur schützen“ ist<br />
der eine wesentliche Aspekt, „nachhaltig<br />
wirtschaften“ der andere – aber eben<br />
alles kindgerecht. So gehören Bäume<br />
und Sträucher, darunter alle „Bäume des<br />
Jahres“ der Schutzgemeinschaft Deutscher<br />
Wald seit Beginn der Kampagne<br />
1989, ein Steingarten, eine Trockenmauer,<br />
Totholzhaufen, Nisthilfen und<br />
Wildbienenhotel zum ersten Aspekt;<br />
Ablaufrinnen und eine Oberflächenwasserversickerungsmulde,<br />
Dachbegrünung,<br />
Hochbeet, eine Photovoltaikanlage,<br />
Kompostierung, Mülltrennung sowie<br />
ein sparsamer und verantwortungsvoller<br />
Umgang mit Wasser, Strom und<br />
Heizung zum zweitgenannten Aspekt.<br />
In der Dachbegrünung, dem Hochbeet,<br />
der Kompostierung und im Totholzhaufen<br />
werden beide Aspekte miteinander<br />
verknüpft, selbst die Versickerungsmulde<br />
mit ihrer Feuchtgebietsvegetation und<br />
-flora kann als Verbindung beider Bereiche<br />
angesehen werden – es kommt immer<br />
darauf an, was man daraus macht.<br />
Und gemacht wird viel. Das „Grüne<br />
Klassenzimmer“ beinhaltet ein Konzept,<br />
das im Schulprogramm der Ermelingschule<br />
verankert ist. Durch die Berücksichtigung<br />
von Natur und Umwelt liegt
ein einzigartig umfassendes Projekt vor,<br />
das einen Blick auf ökologisch-ökonomische<br />
Abhängigkeiten erlaubt und eine<br />
Umweltbildung im besten Sinne darstellt.<br />
Die originale Begegnung und nicht<br />
nur eine theoretische Vermittlung von<br />
Themen, die von den Schülerinnen und<br />
Schülern erfahren und gegebenenfalls<br />
angegangen werden, sensibilisieren intensiver<br />
und führen inniger an Natur und<br />
Umwelt heran. Somit können hier eher<br />
dauerhafte Bindungen an Naturelemente<br />
und Nachhaltigkeit entstehen als in<br />
Schulen, die diese Themen ausschließlich<br />
mit sekundärem Lehrmaterial behandeln.<br />
Die offene Landschaft der Umgebung<br />
spielt dabei ebenso eine herausragende<br />
Rolle wie die Allgegenwärtigkeit des<br />
„Offenen Klassenzimmers“ auch außerhalb<br />
der eigens dafür vorgesehenen<br />
Stunden. Wiedererkennungswert und<br />
Identitätsstiftung werden zusätzlich<br />
implizit gefördert.<br />
� Artenkenntnis und Naturschutz<br />
Neben der Nachhaltigkeitsthematik<br />
spielt die Naturerfahrung die Hauptrolle<br />
im „Grünen Klassenzimmer“.<br />
Umweltpädagogik<br />
Unterricht zur Umweltbildung im „Grünen Klassenzimmer“ ist fest im Lehrplan der Schule verankert.<br />
Die Schülerinnen und Schüler werden<br />
insbesondere mit Pflanzen konfrontiert,<br />
die außerhalb des Schulgeländes<br />
zunächst wahrscheinlich unbeachtet<br />
geblieben sind. Zu jedem Baum, vor<br />
allem den „Bäumen des Jahres“, zu<br />
jeder Nutzpflanze, zu jedem Dachbegrünungselement<br />
existieren kleine und<br />
große Geschichten, die im jeweiligen<br />
Kontext erschlossen werden können.<br />
Die Öffnung des Blicks und die Anschaulichkeit<br />
ermöglicht zusätzlich<br />
einen ersten Zugang zum Erkennen<br />
von Arten – zu einer Erschließung der<br />
45
systematisch-taxonomischen Seite der<br />
Biodiversität. Artenkenntnis nimmt in<br />
der heutigen Zeit dramatischer ab denn<br />
je; es ist sogar von einer „Artenblindheit“<br />
die Rede. Allein bereits die Vielfalt<br />
und Verschiedenartigkeit der Bäume<br />
lässt einen Blick auf ihre Merkmale zu:<br />
Dazu zählt zum einen die Technik des<br />
Vergleichens, die spielerisch und meist<br />
unbewusst eingeübt wird. Zum anderen<br />
kann die Einzigartigkeit von Merkmalen<br />
und anderen Charakteristika der Arten<br />
für sich einstudiert werden; irgendwann<br />
wird die Art auch an anderen Orten<br />
erkannt, weil sie spezifische Merkmale<br />
besitzt. All dies ist ein Nebenprodukt<br />
des spielerischen Umgangs mit der<br />
Natur, es kann allerdings auch bewusst<br />
gefördert werden, indem das Erkennen<br />
von Pflanzen im Unterricht thematisiert<br />
wird. Hierzu besteht noch ein großes<br />
unterrichtliches Potenzial.<br />
Naturerfahrung führt zu Fragen des<br />
Naturschutzes. Warum ist eine Pflanze,<br />
ein Tier nicht überall vorhanden? Was<br />
beschränkt sein Vorkommen? Ist es ein<br />
Bewohner nur von feuchten Standorten<br />
und kann deshalb nicht überall auftreten?<br />
Oder gibt es Gefährdungen, die<br />
vom Menschen ausgehen? Und was<br />
kann man tun, um etwas dagegen zu<br />
unternehmen? Dafür bietet das „Grüne<br />
Klassenzimmer“ Beispiele. Nisthilfen<br />
und ein Insektenhotel dienen als Vorbild<br />
46<br />
Umweltpädagogik<br />
Einladend: das „Grüne Klassenzimmer“ der Ermeling-Schule.<br />
für das, was man auch zuhause tun<br />
kann. Die Beobachtung von schlüpfenden<br />
Solitärbienen im Insektenhotel<br />
kann zu einem aufregenden Erlebnis<br />
werden, genauso wie die Eiablage, die<br />
zur Wiedernutzung der Anlage führt.<br />
Dachbegrünung birgt ein Biotop für<br />
Insekten, die in der intensivlandwirtschaftlich<br />
genutzten Umgebung selten<br />
geworden sind und die man dort kaum<br />
zu Gesicht bekommt. Genau dabei<br />
kommt das Kleine und Unscheinbare<br />
besonders zur Geltung. Und gleichzeitig<br />
erfährt man, dass die Dachbegrünung<br />
dem Klima nützt und für das Gebäude<br />
nachhaltige Vorteile bringt. Selbst der<br />
verantwortungsvolle Umgang z. B. mit<br />
Wasser kann thematisiert werden: Ein<br />
Gegenentwurf zu einem möglichen<br />
Wassermangel in der Zukunft, ausgelöst<br />
durch den Klimawandel – der<br />
Wassermangel aber ist nicht nur für den<br />
Menschen ungünstig, es verändern sich<br />
auch die Biotope und wahrscheinlich<br />
sterben Arten aus. Umweltbewusstes,<br />
nachhaltiges Verhalten als Ausgangsposition<br />
für Naturschutz – wo ließe sich<br />
dies deutlicher vor Augen führen?
Nach getaner Arbeit macht die Pause doppelt Spaß.<br />
� Lernen auch für Erwachsene?<br />
Ein Vorzug des „Grünen Klassenzim-<br />
mers“ besteht darin, dass es nicht nur<br />
der Ermelingschule zur Verfügung steht,<br />
sondern auch von auswärtigen Gruppen,<br />
von Kindergärten, anderen Schulen und<br />
Erwachsenen genutzt wird – als Anschauungsobjekt<br />
und Ausflugsziel. Zwar<br />
ist das „Grüne Klassenzimmer“ in erster<br />
Linie für Grundschulkinder angelegt<br />
worden, aber selbst Erwachsene bilden<br />
sich hier weiter und für Lehrerinnen und<br />
Lehrer anderer Schulen ist es ein Vorbild,<br />
unter Umständen und den gegebenen<br />
Möglichkeiten an den eigenen Schulen<br />
ähnliche oder komplementäre Projekte<br />
ins Leben zu rufen.<br />
In der Erwachsenen-Umweltbildung<br />
wird auf Kenntnis- und Erfahrungsdefizite<br />
eingegangen, die denen der<br />
Grundschulkinder oft in nichts nachstehen.<br />
Insofern ist die Offenheit des<br />
„Grünen Klassenzimmers“ ein Vorzug,<br />
der ebenfalls einzigartig ist und eine<br />
noch stärkere Nutzung erfordert. Eltern<br />
werden bei Schulveranstaltungen quasi<br />
en passant mit der Erfahrung von Natur<br />
und Umwelt konfrontiert, in die sie auf<br />
Umweltpädagogik<br />
dem Schulgelände unvermittelt hineingeraten.<br />
In gleicher Weise sollten interessierte<br />
Erwachsene, die nicht unmittelbar<br />
mit der Schule zusammenhängen,<br />
vermehrt das „Grüne Klassenzimmer“<br />
nutzen, um ihre Kenntnisse im Natur-,<br />
aber auch im Umweltschutz zu erweitern<br />
oder aufzufrischen.<br />
Die erschreckenden Mängel in der<br />
Artenkenntnis, unter der mittlerweile<br />
gleichfalls die Elterngenerationen leiden,<br />
können hier ganz bewusst eingeschränkt<br />
werden. Schon die Beschäftigung mit<br />
den „Bäumen des Jahres“ kann Kenntnisse<br />
über die Artendiversität vermitteln<br />
oder festigen, so dass auch in der Freizeit<br />
der Wiedererkennungswert gegenüber<br />
entsprechenden Arten steigt. Dies kann<br />
freilich dazu führen, dass die Kinder auch<br />
von den Eltern an entsprechenden Orten,<br />
vielleicht sogar im eigenen Garten,<br />
mit den Arten in Berührung gebracht<br />
werden. Die Wertigkeit der Organismenarten<br />
führt dann ebenfalls hierbei<br />
zu Naturschutzgedanken: Warum ist die<br />
Art selten? Was kann ich selbst für ihre<br />
Erhaltung und Förderung tun?<br />
� Möglichkeiten der Nutzung<br />
Lehramtskandidaten und solche mit<br />
dem Ziel der Umweltbildung im Fach<br />
Geographie an der Ruhr-Universität Bochum<br />
wurde bereits das „Grüne Klassenzimmer“<br />
auf einer Exkursion vorgestellt,<br />
47
48<br />
Umweltpädagogik<br />
seitdem werden seine Vorzüge und seine<br />
Vorbildfunktion zusätzlich in einigen<br />
Lehrveranstaltungen thematisiert. Die<br />
Ausstattung ist durchaus nicht nur für<br />
Grundschulkinder, sondern weiterhin<br />
zumindest für die unteren Klassen der<br />
Sekundarstufe I von Interesse, auch in<br />
der gymnasialen Schulausbildung. Eine<br />
Einbindung in die Lehrerfortbildung,<br />
besonders für Lehrer von Grundschulen,<br />
wäre begrüßenswert. Wie erwähnt, wird<br />
das „Grüne Klassenzimmer“ bereits von<br />
anderen Schulen und Kindergärten gelegentlich<br />
genutzt. Eine Kooperation mit<br />
möglichst vielen Schulen, Kindergärten<br />
und Umwelt-Kindergruppen erscheint<br />
bedeutsam. Die Lage der Ermelingschule<br />
macht es freilich nicht leicht, hier eine<br />
Regelmäßigkeit derartiger Besuche zu<br />
ermöglichen. Andererseits schafft gerade<br />
der Anschluss an den ländlichen Raum<br />
sowie die Nähe zur renaturierten Seseke<br />
einen Anreiz, vor allem für Schülerinnen<br />
und Schüler aus den geschlossenen Siedlungsgebieten,<br />
so dass entsprechende<br />
Ausflüge bzw. Exkursionen als besonders<br />
sinnvolle Elemente trotz des Aufwandes<br />
gefördert werden sollten. Dieser Aspekt<br />
kann in Form von Projektunterricht aufgearbeitet<br />
werden.<br />
� Bedrohte Vielfalt<br />
Der demografisch bedingte Rückgang<br />
der Zahl an Schülerinnen und Schülern<br />
Nur mit den Schülern ist das „Grüne Klassenzimmer“ ein „echtes“ Klassenzimmer.<br />
hat der Ermelingschule sehr zugesetzt.<br />
Das vergangene Jahr war geprägt durch<br />
ein langes Bangen um den Fortbestand<br />
der Schule. Vorerst konnte Entwarnung<br />
gegeben werden – aber aufgeschoben ist<br />
nicht aufgehoben, die Androhung einer<br />
Schließung bleibt. Vor dem Hintergrund<br />
der Ausgestaltung und Nutzung des<br />
einzigartigen „Grünen Klassenzimmers“<br />
durch die Schülerinnen und Schülern<br />
sowie die Mehrzahl an bedeutenden<br />
Auszeichnungen ist zu hoffen, dass die<br />
zuständigen Behörden und Gremien der<br />
Ermelingschule eine Erhaltungs-Priorität<br />
einräumen.<br />
Das Projekt „Grünes Klassenzimmer“<br />
ist nicht abgeschlossen. Neue Ideen<br />
werden begrüßt und nach Möglichkeit<br />
umgesetzt. Es gibt noch viel Platz für die<br />
Gestaltung weiterer Elemente. Sinnvoll<br />
ist dies allerdings nur dann, wenn die<br />
Ermelingschule fortbesteht, denn nur<br />
dann ist das primäre Ziel der Einbindung<br />
in das unterrichtliche Konzept und die<br />
Unterhaltung bzw. Erhaltung der Elemente<br />
gewährleistet.<br />
In welchen anderen nahe gelegenen<br />
Schulen haben Kinder die Möglichkeit,<br />
dermaßen original der Natur zu begegnen<br />
und zu verstehen, wie Natur und<br />
Umwelt zusammenhängen sowie zu<br />
erkennen, wie sich das eine mit dem<br />
anderen nachhaltig schützen lässt? Nur<br />
mit Schülerinnen und Schülern ist und<br />
bleibt das „Grüne Klassenzimmer“ ein<br />
„echtes“ Klassenzimmer.
von Ralf Sänger<br />
Die Vorgeschichte: Regelmäßi-<br />
ge Besucher der Ökologiestation<br />
werden seit dem 9. Dezember 2010<br />
im westlichen Bereich bauliche<br />
Veränderungen festgestellt haben.<br />
Mittlerweile ist ein gutes Jahr vergangen<br />
und die Baumaßnahme ist<br />
abgeschlossen. Des Rätsels Lösung<br />
hat seine Wurzeln viele Jahre zuvor.<br />
Bereits nach den ersten Betriebsjahren<br />
der Ökologiestation in den 90er<br />
Jahren wurde immer wieder der Ruf<br />
nach Übernachtungsmöglichkeiten an<br />
der Ökologiestation laut. Tagungen,<br />
Schulungen, umweltpädagogische<br />
Aktionen, Fortbildungen konnten stets<br />
nur eintägig durchgeführt werden<br />
oder waren mit Fahrten und externen<br />
Unterbringungen verbunden. Genau<br />
das schloss eine Primärzielgruppe der<br />
Ökologiestation aus: Schülerinnen und<br />
Schüler auf Klassenfahrt.<br />
Als 2008 auf die Kommunen eine<br />
Finanzspritze in Form von Konjunkturpaket-Mitteln<br />
zur Förderung der regi-<br />
onalen Wirtschaft zukam, wurde die<br />
langjährige Wunschvorstellung Realität.<br />
Der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> entschied, die Hälfte<br />
der Mittel für die Sanierung von „Haus<br />
Opherdicke“ und die andere für die<br />
Schaffung von Übernachtungsplätzen<br />
auf der Ökologiestation einzusetzen.<br />
Ursprünglich gemeinsam mit der Diakonie<br />
Ruhr Hellweg als potenziellen<br />
Betreiber schmiedete man Pläne für ein<br />
Gästehaus, welches von verschiedenen<br />
Umweltpädagogik<br />
� Gästehaus Ökologiestation: Bildungszentrum für Kinder, Jugendliche & mehr!<br />
„Steigenberger Moritz“ oder „Bettenhaus“?<br />
Es schwingen den Spaten zum „ersten Stich“ (v.l.n.r.): Herbert Goldmann, Dr. Detlef<br />
Timpe, Herbert Ziegenbein, Walter Teumert und Dr. Eberhard Geisler. Fotos: Sänger<br />
Besuchergruppen genutzt werden<br />
sollte. Hauptaugenmerk lag auf der<br />
„Umweltpädagogik“. Am 9. Dezember<br />
2010 wurde der erste Spaten in den<br />
Boden gestoßen, und nun, ein gutes<br />
Jahr später, ist das Haus fertig.<br />
Während der Fertigstellung hat sich<br />
die Diakonie Ruhr Hellweg aufgrund<br />
einer geänderten inneren Ausrichtung<br />
ihrer Arbeitsschwerpunkte (Umstrukturierung)<br />
aus dem Interessentenkreis<br />
49
50<br />
Umweltpädagogik<br />
23. Februar 2011: Neun Tage nach Baubeginn stand bereits das gesamte Gebäude<br />
mit Ausnahme der Dachdeckung.<br />
möglicher Bewerber verabschiedet.<br />
Nach Abwägung aller Für und Wider<br />
hat das Umweltzentrum Westfalen entschieden,<br />
das Gästehaus in eigener Regie<br />
zu betreiben und nicht in die Hände<br />
eines Dritten zu legen. Diese Aufgabe<br />
zu stemmen, ohne das Stammpersonal<br />
aufzustocken, ist eine große Herausforderung.<br />
Das Team vom Umweltzentrum,<br />
bestehend aus Stammkräften und<br />
langjährigen Honorarkräften, möchte<br />
dies versuchen. Was (noch) fehlt, ist<br />
Erfahrung, was vorhanden ist, ist großes<br />
Engagement und eine „Wir-schaffen-das-Mentalität“<br />
(allen Skeptikern<br />
zum Trotz) und was von außen an Hilfe<br />
eingeholt werden kann, wird eingeholt.<br />
An dieser Stelle ist auch ein Dank an<br />
die Jugendbildungsstätte „Die Kluse“<br />
in Menden angebracht, zu der ein sehr<br />
angenehmer Kontakt besteht.<br />
� Zielgruppe und Angebote<br />
Das Gästehaus steht drei Nutzergruppen<br />
zur Verfügung, Einzelpersonen (Veranstaltungsgäste,<br />
Durchreisende, ...),<br />
Gruppen Erwachsener (Fortbildungen,<br />
Workshops, Seminare,...) und Gruppen<br />
Jugendlicher und Kinder (Klassenfahrten,<br />
Ferienaktionen). Schwerpunkt ist<br />
Die „Hauptkümmerer“ des Gästehauses:<br />
Dorothee Weber-Köhling (links) organisiert<br />
und Christiane Hüdepohl (rechts)<br />
bringt Theorie und Praxis in Einklang.<br />
die letzte Gruppe und daher wird im<br />
Folgenden insbesondere auf Klassenfahrten<br />
ein Augenmerk gelegt.<br />
� Schwerpunkt Klassenfahrten<br />
Das Umweltzentrum Westfalen hält<br />
für die Zielgruppe Schulklassen drei<br />
Angebote vor.<br />
� Jahrgangsbezogene Themen<br />
Hierunter fallen die für die 5. Jahrgangsstufe<br />
obligatorischen Kennenlernfahrten<br />
zur Förderung des sozialen<br />
Verhaltens. Ein wohnortnaher Veranstaltungsort<br />
ist aus Kostengründen
22. November 2011: Das Gästehaus ist nahezu fertig; was noch fehlt, sind Kleinigkeiten<br />
sowie die Außenanlagengestaltung.<br />
wichtig – das Umweltzentrum dürfte<br />
von Dortmund bis Hamm von besonderer<br />
Attraktivität sein. In der 7. Jahrgangsstufe<br />
steht das Thema „Gewalt“ auf der<br />
Tagesordnung. In der 9. Jahrgangsstufe<br />
ist die „Berufsorientierung“ von Bedeutung.<br />
Für Leistungskurse könnten Themenfahrten<br />
wie beispielsweise Route<br />
„Industriekultur/-natur“ spannend sein.<br />
„Deeskalationstrainings“ könnten für<br />
alle Schulklassen interessant sein.<br />
� Komplettangebote<br />
Die „Komplettangebote“ des Umweltzentrum<br />
Westfalen sind „Rund-<br />
um-Sorglos-Pakete“ für die Klassen.<br />
Sie werden von geschultem Personal in<br />
Empfang genommen und durchs Programm<br />
geführt. Die Betreuung beträgt<br />
24/24 Stunden. Mögliche Komplettangebote<br />
können „Sporttage“, „Kreativtage“,<br />
„Theatertage“, „Wildnistage“ oder<br />
ähnliches sein.<br />
� Angebot von Bausteinen<br />
Möchte eine Schulklasse quasi à la<br />
carte zu Gast sein, sich ihr Programmpaket<br />
selbst schnüren, so stellt das<br />
Umweltzentrum die dafür notwendigen<br />
Einzelbausteine zur Verfügung und ist<br />
Umweltpädagogik<br />
Die Küche wird eingerichtet, nicht mit<br />
Rosenthal, Meißen oder Hutschenreuther,<br />
dafür aber von Andrea Pech,<br />
dem „guten Küchengeist“.<br />
– wenn gewünscht – bei der Organisation<br />
behilflich.<br />
� Einige Fakten zum Gästehaus:<br />
Das Haus verfügt über 15 Zimmer<br />
– vier im Erdgeschoss, elf im Obergeschoss.<br />
Diese bieten 41 Übernachtungsplätze,<br />
von denen vier barrierefrei<br />
ausgestaltet sind. Es handelt sich um<br />
Zwei- bis Vierbettzimmer mit Dusche<br />
und WC. Vier Betten mit Überlänge<br />
(2,20 m) stehen zur Verfügung.<br />
Neben einer Selbstversorgerküche<br />
mit hohem technischen Standard (dies<br />
konnte erreicht werden, indem auf Ge-<br />
51
52<br />
Umweltpädagogik<br />
„Wir sind das Gästehaus!“ Unser freundliches, kompetentes Betreuerteam (auf der Mauer links von hinten links nach vorne<br />
rechts) Bille, Martin, Sonja, Heike, Susanne, Mirja, Liane, Manuela, Lisa sowie Christiane (stehend) und Dorothee (ganz rechts).<br />
brauchtgeräte zurückgegriffen wurde)<br />
gibt es eine Cafeteria und einen multifunktionalen<br />
Veranstaltungsraum. Für<br />
Gruppen, die sich nicht selbst versorgen<br />
wollen, wird ein Bewirtungsservice (mit<br />
Speisen aus überwiegend regionalen<br />
Produkten) organisiert. Dass es sich<br />
um ein Holzhaus handelt, sieht man<br />
von außen nicht, denn dort sorgt ein<br />
Wärmeverbundsystem mit ockerfarbigem<br />
Außenputz für einen niedrigen<br />
Energiebedarf; sehr wohl sieht man dies<br />
im Inneren des schlicht und funktional<br />
gestalteten Gebäudes, das aufgrund der<br />
Naturmaterialien eine sehr freundliche<br />
Atmosphäre ausstrahlt. Die Lage an<br />
der Ökologiestation mit ihren Musteranlagen,<br />
die nahe Halde Großes Holz,<br />
der Beversee, das Naturschwimmbad<br />
Heil, die Marina oder aber die Halde in<br />
Rünthe und der Beobachtungsturm der<br />
Ökologiestation stellen ein anregungsreiches,<br />
vielseitiges Umfeld dar.<br />
� Ab sofort für Sie da!<br />
Beim Umweltzentrum Westfalen<br />
steht ein Team für seine Gäste zur<br />
Verfügung. Für das Umweltpädagogikprogramm<br />
ist nach wie vor Dorothee<br />
Weber-Köhling (Telefon 02389 980913)<br />
verantwortlich und ansprechbar. Das<br />
„neue freundliche Gesicht des Gästehauses“<br />
gehört Christiane Hüdepohl,<br />
die bereits seit vielen Jahren im Bereich<br />
Umweltpädagogik und Ferienaktionen<br />
für das Umweltzentrum Westfalen tätig<br />
ist. Auf der neuen Homepage www.<br />
gaestehaus-oekologiestation.de kann<br />
man sich über Buchungszeiträume und<br />
Freikapazitäten informieren und direkt<br />
einen Buchungsauftrag abgeben.<br />
� Und was sind wir nun?<br />
Um die Frage vom Anfang zu beantworten,<br />
ein „Steigenberger Moritz“ will<br />
das Gästehaus nicht sein. Ein einfaches<br />
„Bettenhaus“ auch nicht. Vielmehr<br />
verbirgt sich hinter dem Gästehaus<br />
mehr als nur Schlafen und Essen. Das<br />
Gästehaus Ökologiestation“ steht mit<br />
seinem engagierten, freundlichen Team<br />
für ein vielseitiges, individuelles und<br />
dynamisches Aktivprogramm – und es<br />
steht allen offen!
� Umweltbildung der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
Aktivitäten: Natürlich für Groß und Klein<br />
von Birgit Manz<br />
Kindern die Natur zeigen und Lust<br />
wecken, sie zu erleben. Das ist ein<br />
Ziel der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (NFG). So steht<br />
unter anderem in der Satzung,<br />
dass die NFG den Zweck hat, die<br />
Öffentlichkeit über Natur- und<br />
Artenschutz, Umweltschutz und<br />
Landschaftspflege aufzuklären.<br />
In dieses weit gesteckte Feld der<br />
Öffentlichkeitsarbeit fällt auch der<br />
Bereich der Umweltbildung sowohl<br />
für Erwachsene wie auch für Kinder.<br />
Daher unterstützt die NFG schon seit<br />
Jahren umweltpädagogische Aktivitäten<br />
im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und organisiert auf der<br />
Ökologiestation in Bergkamen gemeinsam<br />
mit dem Umweltzentrum Westfalen<br />
eigene Aktionen und Projekte.<br />
� Praxis-Workshops<br />
Neben der Vermittlung von Informationen<br />
zu Themen des Natur- und<br />
Artenschutzes (in Form von Vorträgen,<br />
Exkursionen, Seminaren) sind<br />
Workshop-Teilnehmer bauen den Feldbrandofen.<br />
Foto: NFG<br />
zunehmende die Angebote wichtig,<br />
die sich dem „Naturerleben“ widmen.<br />
Umweltzentrum Westfalen (UZW) und<br />
NFG haben daher Praxis-Workshops ins<br />
Leben gerufen. Hier geht es jenseits des<br />
erhobenen Zeigefingers und der vielen<br />
Infos über drohende Umweltkatastro-<br />
Umweltpädagogik<br />
phen darum, den Teilnehmern Freude an<br />
der Arbeit mit Naturmaterialien oder am<br />
Aufenthalt in der Natur zu vermitteln.<br />
So beschäftigt sich zum Beispiel der<br />
Workshop „Keramik – Erde und Feuer“<br />
mit dem faszinierenden Material Ton,<br />
das sich formen und gestalten lässt, um<br />
dann im Feuer hart und unvergänglich<br />
zu werden. In einem Feldbrandofen, der<br />
von den Teilnehmern auf dem Gelände<br />
der Ökologiestation selbst gebaut wird,<br />
werden die aus dem Ton erstellten Aufbaukeramiken<br />
gebrannt. Da kann man<br />
die ganze Nacht am Feuer sitzen und<br />
zuschauen, wie der pyramidenförmige,<br />
aus Ästen angelegte Ofen zunächst lodernd<br />
abbrennt, dann lange glüht und<br />
schließlich in sich zusammenfällt. Am<br />
nächsten Morgen werden die fertigen<br />
Keramiken aus der Asche geholt. Das<br />
Bauen von Wildholzmöbeln, die Herstellung<br />
von Pflanzenfarben oder der Bau<br />
von Wackelbrücken und Astschaukeln<br />
aus dicken Seilen sind weitere Angebote<br />
dieser Reihe. Sie richtet sich auch an<br />
Lehrer und Erzieher richtet, die das Erfahrene<br />
gut in ihre eigene pädagogische<br />
Arbeit einfließen lassen können.<br />
53
� Ferienaktionen<br />
54<br />
Umweltpädagogik<br />
Seit inzwischen zehn Jahren finden<br />
auf der Ökologiestation in den Som-<br />
merferien die Historischen Spiele statt,<br />
eine abenteuerliche einwöchige Reise<br />
in die Vergangenheit. Mehrfach wurde<br />
hierzu schon im <strong>Naturreport</strong> berichtet.<br />
Inzwischen gibt es weitere Angebote für<br />
Kinder, die die Ferienwochen zu Hause<br />
verbringen.<br />
2010, im Jahr der Kulturhauptstadt,<br />
haben UZW und NFG in den Sommerferien<br />
eine einwöchige Kunstaktion, die<br />
sich mit einem Naturthema befasst, ins<br />
Leben gerufen. Insektenskulpturen aus<br />
Pappmaschee, das war das Thema des<br />
ersten Durchgangs, an dessen Ende<br />
viele phantasievolle Insekten auf den<br />
Basthütten und in den Bäumen rund um<br />
die Ökologiestation saßen und von Eltern<br />
und Großeltern bewundert wurden. Bunt<br />
waren sie fast alle, gruselig groß oder<br />
auch lustig anzusehn. Neben der gestalterischen<br />
Arbeit mit Draht, Papier und<br />
Farben haben die Kinder nebenbei etwas<br />
über die verschiedenen Insekten gelernt<br />
und sich im Beobachten geübt.<br />
Wegen des guten Zuspruches wurde<br />
2011 eine weitere Aktion angeboten.<br />
Diesmal beschäftigten sich die Kinder<br />
eine Woche mit der Gestaltung von Mandalas<br />
aus Naturmaterialien. Auch hier<br />
waren die Kinder jeden Tag im Gelände<br />
unterwegs, um Material zu sammeln und<br />
haben dabei viele „Schätze der Natur“<br />
entdeckt, Pflanzen kennen gelernt und<br />
kleine Tiere beobachtet. Die diesjährigen<br />
Angebote sind dem aktuellen Programm<br />
der Ökologiestation zu entnehmen.<br />
� Kampagne „Schule der Zukunft“<br />
Das Netzwerk „Schule der Zukunft“<br />
im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> ist entstanden aus einem<br />
„Arbeitskreis Schule“, der sich im<br />
Rahmen der Agenda 21-Aktivitäten im<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> gegründet hatte sowie aus<br />
der Zusammenarbeit der NFG mit schulischen<br />
Einrichtungen. Beide Initiativen<br />
wurden zusammengeführt in ein Netzwerk,<br />
das interessierte Schulen im <strong>Kreis</strong><br />
bei ihren Projekten und Arbeiten zum<br />
Thema Nachhaltigkeit unterstützen will.<br />
Die Partner repräsentieren dabei unterschiedliche<br />
gesellschaftliche Gruppen und<br />
Fachgebiete (Natur- und Umweltschutz,<br />
Umweltpädagogik, Verbraucherberatung,<br />
Landwirtschaft, Abfall-, Energieberatung,<br />
Schulverwaltung). Sie bieten den Schulen<br />
Beratung, Informationen und falls möglich<br />
auch materielle Hilfe an.<br />
Im aktuellen Kampagnenzeitraum (s.<br />
auch Beitrag S. 17) arbeiten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
26 Schulen und zwölf Partner im Netzwerk<br />
„Schule der Zukunft“ zusammen.<br />
Das Schulamt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> und die<br />
NFG organisieren jährlich Treffen mit<br />
einem Themenschwerpunkt aus dem<br />
Agenda 21-Prozess. Daneben dienen die<br />
Zusammenkünfte dem Informations- und<br />
Erfahrungsaustausch und bieten zahlreiche<br />
Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit<br />
der Schulen und Partner. Die<br />
Kampagne endet in diesem Jahr mit der<br />
Auszeichnungsfeier der teilnehmenden<br />
Schulen und der Netzwerke am 19. April<br />
auf der Ökologiestation in Bergkamen.<br />
� Naturnahes Umfeld gestalten<br />
Wie schon in den vergangenen Jahren<br />
unterstützt die NFG naturnahe Umgestaltungsmaßnahmen<br />
auf Schulhöfen und an<br />
Kindergärten durch Beratung oder die<br />
Bereitstellung von Pflanzmaterial. Die<br />
Nachfrage von Seiten der Einrichtungen<br />
ist zurück gegangen. Schulen und Kitas<br />
mussten sich in den letzten Jahren<br />
mit neuen pädagogischen Konzepten,<br />
Integration, Inklusion oder Lernstands-<br />
Erhebungen auseinandersetzen, so dass<br />
der Schulgarten oder das Kräuterbeet<br />
in Vergessenheit geraten sind. Da ein<br />
naturnahes Umfeld zum freien Spielen<br />
viele positive Auswirkungen auf die<br />
Entwicklung von Heranwachsenden<br />
hat, sollte das Thema wieder verstärkt<br />
werden. Von Seiten der NFG wird bei<br />
Anfragen verstärkt darauf geachtet, dass<br />
nach der Umgestaltung auch die weitere<br />
Pflege gesichert ist. Am sinnvollsten ist<br />
es, wenn die Arbeit im Garten ins das<br />
pädagogische Konzept der Kita oder der<br />
Schule mit aufgenommen wird.
� Abfall und Ressourcenschutz auf dem Stundenplan<br />
Lernen ohne erhobenen Zeigefinger<br />
von Jutta Eickelpasch<br />
„Wohin denn mit dem Müll?“,<br />
„Was bedeutet Recycling?“ und<br />
„Warum ist der beste Müll, der,<br />
der gar nicht erst entsteht?“. Diese<br />
und andere Fragen beantwortet die<br />
Umweltberatung. Bildungsangebote<br />
rund um die Abfalltrennung<br />
und Abfallvermeidung haben im<br />
Angebot der Umweltberatung der<br />
Verbraucherzentrale einen festen<br />
Platz. In einer Mischung aus Theorie<br />
und Praxis wird Umweltschutz in<br />
Schulen, Kindergärten und Jugendzentren<br />
thematisiert, möglichst<br />
ohne den „erhobenen Zeigefinger“.<br />
Meist werden die Umweltexpertinnen<br />
für zwei bis vier Stunden eingeladen,<br />
im besten Fall sind die Kinder auf den<br />
Besuch vorbereitet und haben sich schon<br />
etwas mit dem Thema befasst und sind<br />
nicht ganz unbedarft.<br />
Die Umweltberaterinnen schneiden<br />
ihre Themen von ganz verschiedenen<br />
Seiten an, bringen eigens Müll und<br />
Sortiergefäße mit, zeigen Plakate, Fotos<br />
oder Filme und zeigen Recyclingprodukte,<br />
die immer gerne bestaunt werden.<br />
Kleine „Außentermine“, bei denen im<br />
Schulgebäude oder Jugendzentrum die<br />
Umweltpädagogik<br />
„Elektroschrott ist Gold wert“: Das erfahren die Kinder im Bürgerhaus Methler.<br />
Fotos: Verbraucherzentrale Kamen<br />
Müllsituation im eigenen Gebäude oder<br />
dessen Umfeld einmal näher unter die<br />
Lupe genommen wird, sind besonders<br />
beliebt und sorgen für Abwechslung.<br />
Über die Kinder werden aber auch<br />
55
56<br />
Umweltpädagogik<br />
Abfall- und Umweltthemen in den Rest<br />
der Familie transportiert – das wird den<br />
Verbraucherzentralen-Mitarbeiterinnen<br />
immer wieder gespiegelt und gerne<br />
gesehen. Unterstützt wird diese ,Nachhaltigkeit’<br />
noch, indem alle Aktionsteilnehmer<br />
abschließend Infomaterial und<br />
Flyer für zuhause mitbekommen, aber<br />
auch über eine ausführliche Aktionsdokumentation<br />
– mit Fotos, Berichten oder<br />
Presseveröffentlichungen.<br />
� Abfalltrennen in der Schule<br />
In einigen wenigen Fällen geht so eine<br />
Bildungsaktion auch über einen Vormittag<br />
hinaus, wenn es an die richtige<br />
praktische Umsetzung geht – und das<br />
am Beispiel der Schule selbst. Wenn eine<br />
Schule ihre Abfalltrennung verbessern<br />
will, neue Erkenntnisse und Motivation<br />
erhalten will, kann das eine wochenlange<br />
Begleitung der Umweltberatung<br />
bedeuten und eine Einbeziehung verschiedener<br />
Gruppen – Kinder und Eltern,<br />
Lehrerkollegium und Reinigungspersonal<br />
– alle sollten mit einbezogen werden<br />
und an einem Strang ziehen, damit das<br />
Vorhaben gelingt.<br />
Für eine kleine Kamener Grundschule<br />
bot die Verbraucherzentrale einmal<br />
exklusiv eine individuelle Betreuung bei<br />
der Optimierung ihrer Abfallsortierung<br />
an: Nach einer umfangreichen Bestandsaufnahme<br />
wurde gemeinsam mit der<br />
Schulleitung festgelegt, welche Müllfraktionen<br />
überhaupt getrennt werden<br />
sollen und wie die Abfalltrennung dort<br />
grundsätzlich organisiert und verbessert<br />
werden konnte. Finanzierungs- und<br />
Leerungsmodalitäten der zusätzlichen<br />
Abfalltrennbehälter waren dabei zentrale<br />
Rahmenbedingungen, die ebenfalls<br />
geklärt werden mussten, bevor man<br />
sich überhaupt an Schülerinnen und<br />
Schüler wandte. Bei einer spielerischen<br />
„Unterrichtsstunde“ machte die Umweltberaterin<br />
der Verbraucherzentrale<br />
sie dann mit dem kleinen Einmaleins<br />
der Abfalltrennung und des schonenden<br />
Umgangs mit Rohstoffen vertraut. Aber<br />
auch Lehrerkollegium, Hausmeister und<br />
Reinigungskräfte wurden miteinbezogen.<br />
Im Foyer der Schule wurde eine<br />
„Abfall-Infoschau“ der Verbraucherzentrale<br />
gezeigt – damit konnten Kinder,<br />
Lehrpersonal, aber auch Eltern erreicht<br />
werden. Übrigens: Die Erfahrungen an<br />
der Kamener Josefschule sind Baustein<br />
für eine landesweite Auswertung der<br />
Verbraucherzentrale NRW gewesen.<br />
Auch in anderen Grundschulen und<br />
einigen Kindergärten wird seit langem<br />
immer wieder Abfall und Ressourcenschutz<br />
thematisiert. Die Maxikinder, die<br />
fünf- bis sechsjährigen Vorschulkinder in<br />
den Kindergärten, gehören zur jüngsten<br />
Zielgruppe der Bildungsaktionen der<br />
Verbraucherzentrale. „Sie sind sehr<br />
leicht zu begeistern und mit richtigem<br />
Eifer bei der Sache – da können wir<br />
richtig etwas bewegen“, berichten die<br />
Umweltberaterinnen aus der Praxis.<br />
Für den A-ha-Effekt bei den Kleinen,<br />
aber auch bei den Größeren, sorgt<br />
immer wieder das Müll sammeln im<br />
direkten Umfeld. Welch große Mengen<br />
da in ganz kurzer Zeit zusammenkommen,<br />
ist sowohl beeindruckend als auch<br />
erschreckend – von Plastikflaschen,<br />
Süßigkeitentüten, Bonbonpapier bis zu<br />
Zeitungen und Zigarettenschachteln ist<br />
alles in größerer Anzahl dabei. Vieles,<br />
was auf solchen Aufräumaktionen in der<br />
Natur gefunden wird, schockiert zwar,<br />
kann und soll aber nicht mitgenommen<br />
werden: alte Videorecorder, Wäschekörbe,<br />
Reifen etc.<br />
� Mehr Ressourcenschutz<br />
Im Jahr 2011 wurde landesweit eine<br />
neue Bildungsaktion der Verbraucherzentrale<br />
mit dem Titel „Elektroschrott<br />
ist Gold wert“ angeboten, die bereits in<br />
verschiedenen Kamener Jugendzentren<br />
durchgeführt wurde – meist im Rahmen<br />
des Kinderferienangebotes. Hier werden<br />
aus bereitgestelltem Schrottmaterial<br />
Schmuck und Roboter hergestellt und<br />
ganz nebenbei besprochen, welche<br />
Metalle im Elektroschrott enthalten<br />
sind, warum es Sinn macht zu recyceln<br />
und wo und wie alte Elektrogeräte ge-
sammelt werden. Denn nur die richtig<br />
gesammelten Geräte können sinnvoll<br />
verwertet werden – die durch Recycling<br />
zurückgewonnen Metalle müssen nicht<br />
unter harten, mensch- und umweltschädigenden<br />
Bedingungen in Dritt-Weltländern<br />
abgebaut werden. Hier liegt auch<br />
die Schnittstelle zur Müllsammelaktion,<br />
auch dort wird, oft von den Kindern<br />
ausgehend, immer wieder Elektroschrott<br />
thematisiert. Denn oft genug<br />
werden alte Elektrogeräte am Wegesrand<br />
gefunden, was immer wieder zu<br />
Empörung und Unverständnis bei allen<br />
Teilnehmern führt. Die „Elektroschrott<br />
ist Gold wert“-Aktion bietet mehrere<br />
Bausteine, die wahlweise weggelassen<br />
oder verschieden intensiv umgesetzt<br />
werden können. So gibt es auch den<br />
Punkt Rohstoffgewinnung und Abbau<br />
von Edel- und ganz selten vorkommenden<br />
Gewürzmetallen. Ein Film belegt,<br />
mit welchen Problemen für Mensch und<br />
Umwelt das behaftet sein kann. Dieses<br />
Angebot richtet sich an größere Kinder<br />
und eignet sich besonders für weiterführende<br />
Schulen oder Jugendzentren.<br />
Handwerklicher geht es schon mal<br />
in der Umweltinfostelle in <strong>Unna</strong> zu:<br />
Als Kinderferienspaß konnten dort aus<br />
alten Getränkekartons ungewöhnliche,<br />
bunte Vogelhäuschen gebaut werden.<br />
Umweltpädagogik<br />
Neugierige Zuhörer: Umweltberaterin Jutta Eickelpasch erklärt den Kindern genau, wie Abfall weiterverwertet werden kann.<br />
Eine schöne, simple Idee, mit der komplizierte<br />
Prozesse transparenter gemacht<br />
werden können. Nicht nur Abfall und<br />
Ressourcenschutz, auch umweltfreundliche<br />
Mobilität, Energie sparen und<br />
viele weitere Themen können von der<br />
Umweltberatung bei Projektwochen,<br />
im Unterricht oder bei Eltern-Kind-<br />
Aktionen spielerisch und informativ<br />
eingebracht werden.<br />
Terminvereinbarungen, telefonisch<br />
oder per E-Mail unter: Verbraucherzentrale<br />
Kamen, Telefon 02307 79990,<br />
www.kamen.umwelt@vz-nrw.de oder<br />
Umweltinfostelle <strong>Unna</strong>, Telefon: 02303<br />
592505, unna.umwelt@vz-nrw.de.<br />
57
58<br />
Umweltpädagogik<br />
� Erst provozieren, dann diskutieren! – Umweltpädagogik mal anders<br />
Laienschauspieler machen (Straßen-)theater<br />
Nicht nur Theater: Spielerisch mit den Kamener Bürgern über das Thema Sauberkeit ins Gespräch kommen. Foto: GWA<br />
von Andreas Hellmich und<br />
Dorothee Weber<br />
Provokant und nachhaltig: Für das<br />
zehnjährige Jubiläum des erfolgreichen<br />
Projektes „Saubere Stadt<br />
Kamen“ initiierte die Gesellschaft für<br />
Wertstoff- und Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> (GWA) ein provozierendes<br />
Straßentheater. Das Ziel: Mit Kamener<br />
Bürgern über die Sauberkeit der<br />
Stadt ins Gespräch kommen.<br />
Die Öffentlichkeitsarbeiter der GWA<br />
suchten und fanden in der Laienschauspielgruppe<br />
„Volksbühne 20 Oberaden<br />
e.V.“ einen interessierten, um nicht zu<br />
sagen begeisterten Kooperationspartner.<br />
Besonders die Jugendgruppe der<br />
Volksbühne zeigte sich angetan von der<br />
Idee, Leute auf diese Art und Weise auf<br />
die Müllproblematik aufmerksam zu machen.<br />
Spontan wurden die ersten Einfälle<br />
zu Papier gebracht. Gemeinsam mit der<br />
Abfallberatung wurden sechs Szenen<br />
entwickelt, die an belebten Tagen in der<br />
Kamener Innenstadt variabel eingesetzt<br />
und gespielt werden sollten.<br />
Ein Beispiel: Zwei Damen (der Schauspielgruppe)<br />
gehen plaudernd und Kaffee<br />
trinkend durch die Fußgängerzone.<br />
Der irgendwann entleerte Kaffeebecher<br />
wird direkt an Ort und Stelle fallengelassen.<br />
Jugendliche (ebenfalls Schauspieler)<br />
beschweren sich, es kommt<br />
zum kontroversen Streitgespräch. Andere,<br />
zufällig vorbeigehende Passanten
mischen sich ein – manche, nachdem<br />
sie zunächst einige Zeit beobachtend<br />
daneben gestanden haben. Kurz vor<br />
der „Eskalation“ wird die Szene von<br />
den GWA-Abfallberatern aufgelöst und<br />
den überraschten Bürgern erklärt. Direkt<br />
anschließend werden Give-aways (z. B.<br />
Stofftaschen mit dem Projektsignet)<br />
verteilt und über die Problematik „Stadtsauberkeit“<br />
gesprochen. Es entstehen<br />
lebhafte Diskussionen zwischen den<br />
Bürgern, die oft auch fortgeführt werden,<br />
nachdem die Theatergruppe und<br />
die Abfallberatung bereits den Standort<br />
gewechselt haben.<br />
� Realitätsnah initiiert<br />
So spielten an einem Samstagvormittag<br />
im Mai 2011 die Jugendgruppe<br />
der Volksbühne mit Erwachsenen in der<br />
belebten Kamener Fußgängerzone insgesamt<br />
vier verschiedene Szenen. Das<br />
Straßentheater wurde von allen Beteiligten<br />
als sehr positive Aktion empfunden<br />
und die Zuschauer begrüßten diese Art<br />
der Aufmerksamkeitserzeugung als sehr<br />
wirkungsvoll und originell; teilweise<br />
sorgte die realitätsnahe Inszenierung<br />
für ein energisches Einschreiten von<br />
Passanten. Die sich im Hintergrund<br />
befindlichen Erwachsenen (Schauspielgruppe/Abfallberatung)<br />
konnten aber<br />
immer für ein schnelles Aufklären der<br />
Situation sorgen. Interessanterweise<br />
blieb der Überraschungseffekt, trotz der<br />
Nähe eines Informationsstandes der Abfallberatung<br />
(Entfernung weniger als 20<br />
Meter) nie aus. Auch die Wiederholung<br />
einiger Szenen vom erstmaligen Einsatz<br />
im Vorjahr verringerte die Überraschung<br />
bei den Bürgern in keiner Weise.<br />
� Mission erfüllt<br />
Als Fazit und Erfahrung aller Beteiligten<br />
in Kamen ist festzuhalten, dass<br />
sich Straßentheater – als Instrument der<br />
Öffentlichkeitsarbeit und als umweltpädagogische<br />
Maßnahme – sehr gut eignet,<br />
um mit den Bürgern ins Gespräch<br />
zu kommen und Öffentlichkeit für das<br />
Thema „Stadtsauberkeit“ herzustellen.<br />
Diese Aktionsform ist zudem so originell,<br />
dass auch über ansonsten schwer<br />
kommunizierbare, unattraktive Themen<br />
– wie das Thema Müll – längere Zeit<br />
angeregt gesprochen und diskutiert<br />
wird.<br />
Auf einen positiven Nebeneffekt sei<br />
abschließend hingewiesen: Praktisch<br />
nebenbei sorgten die jugendlichen<br />
Schauspieler auf erfrischende und<br />
engagierte Art und Weise dafür, das<br />
Bild der Müll verursachenden, unordentlichen<br />
Jugendlichen ein wenig zu<br />
korrigieren. Müllverursacher findet man<br />
in allen Generationen – Menschen, die<br />
sich gegen solche Verschmutzungen<br />
engagieren, zum Glück auch.<br />
Umweltpädagogik<br />
Kurz vorgestellt<br />
Seit 2001 führt die Stadt Kamen<br />
gemeinsam mit der Gesellschaft für<br />
Wertstoff- und Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> (GWA) das Projekt „Gemeinsam<br />
für ein sauberes Kamen“ durch.<br />
Täglich – bis auf wenige Feiertage<br />
– sind die Mitarbeiter des Projektes in<br />
der Stadt unterwegs. Sie sammeln auf<br />
dem Boden liegende Abfälle ein, leeren<br />
öffentliche Papierkörbe, beseitigen<br />
wilde Kippen und reinigen die Containerstandorte.<br />
Das Projekt ist nicht nur<br />
auf eine nachgeschaltete Reinigung<br />
angelegt, es verfolgt gleichzeitig auch<br />
einen präventiven Ansatz. Deshalb<br />
gehört seit Projektbeginn neben den<br />
Reinigungsleistungen als wesentlicher<br />
Baustein auch eine intensive, begleitende<br />
Umweltpädagogik und zielgruppenorientierte<br />
Öffentlichkeitsarbeit zum<br />
Gesamtkonzept.<br />
So wurden in den ersten Jahren des<br />
Projektes in Kamen viele Instrumente<br />
der Öffentlichkeitsarbeit und Abfallberatung<br />
eingesetzt: wie Infostände,<br />
Aktionen (insb. in Schulen/Jugendheimen),<br />
Vorträge, Flyer und Plakate. Wegen<br />
der – trotz eng begrenztem Budget<br />
– hohen Kreativität und Professionalität<br />
der Umsetzung wurde das Projekt bereits<br />
vom VKS (Verband kommunale<br />
Abfallwirtschaft und Stadtreinigung)<br />
ausgezeichnet.<br />
59
60<br />
Umweltpädagogik<br />
� Abfallberatung im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> – Kreative Umweltbildung für den Nachwuchs<br />
Das geht auch dich was an!<br />
von Andreas Hellmich und<br />
Kai-Uwe Schneider<br />
Informieren, motivieren und einen<br />
Beitrag zu einer umweltfreundlichen<br />
und bürgernahen Abfallwirtschaft<br />
zu leisten sowie als Ansprechpartner<br />
im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> bereit stehen – das<br />
ist die Aufgabe der Abfallberatung<br />
der Gesellschaft für Wertstoff- und<br />
Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> mbH.<br />
Seit ihrer Gründung im Jahr 1993 ist<br />
die GWA als operative Führungsgesellschaft<br />
des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> für die<br />
<strong>Kreis</strong>lauf- und Abfallwirtschaft verantwortlich<br />
– im Auftrag des <strong>Kreis</strong>es<br />
und in enger Abstimmung mit den<br />
zehn Städten und Gemeinden.<br />
Letztlich sind gerade Entsorgungsunternehmen<br />
der öffentlichen Hand<br />
zu nachhaltigem Wirtschaften auf hohem<br />
ökologischen Niveau verpflichtet.<br />
Gleichzeitig ist aber auch für die rund<br />
170.000 Haushalte im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und<br />
Hunderte von Industrie-, Handels- und<br />
Gewerbebetrieben langfristige Entsorgungssicherheit<br />
und geringstmögliche<br />
Gebührenbelastung zu gewährleisten.<br />
Diese Ziele können nur in Zusammenarbeit<br />
von öffentlichen Entsorgungsträgern<br />
und den Menschen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> erreicht<br />
werden. Der Ansatz der Abfallberatung<br />
beginnt nicht bei der Verwertung. Die<br />
erste Priorität hat die Abfallvermeidung.<br />
Die übergeordneten abfallwirtschaftlichen<br />
Ziele „vermeiden/vermindern vor<br />
verwerten vor umweltfreundlich beseitigen“<br />
bestimmen dauerhaft die Kernziele<br />
der GWA-Abfallberatung.<br />
� Umwelt- und Abfallpädagogik<br />
Adressaten der GWA-Abfallberatung<br />
sind insbesondere die Privathaushalte,<br />
öffentliche Einrichtungen, wie Schulen<br />
und Kindergärten sowie die an die Hausmüllabfuhr<br />
angeschlossene Industrie-,<br />
Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe.<br />
Von großer Bedeutung sind die einzelnen<br />
Zielgruppen, damit die geeigneten<br />
Instrumente und Maßnahmen für die<br />
“richtige Ansprache“ gewählt werden<br />
können. In diesem Beitrag soll speziell<br />
die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen<br />
hervorgehoben werden. Denn diese<br />
stehen Umweltthemen vielfach deutlich<br />
aufgeschlossener gegenüber als Erwachsene.<br />
Folglich lassen sie sich besonders<br />
gut für wichtige Fragen zur Thematik<br />
Abfall und Umwelt sensibilisieren. Quasi<br />
als „Nebeneffekt“ werden über die Kinder<br />
auch deren Eltern einbezogen. Das<br />
macht die Arbeit mit dieser Zielgruppe<br />
besonders effektiv und deshalb ist die<br />
umwelt- bzw. abfallpädagogische Arbeit<br />
mit Kindern auch Schwerpunktaufgabe<br />
der GWA-Abfallberatung.<br />
Um im Hinblick auf ihre umwelt- und<br />
abfallwirtschaftlichen Ziele die eigenen<br />
Ressourcen möglichst effektiv einzusetzen,<br />
sind für die Arbeit der GWA-Abfallberatung<br />
neben der Ausrichtung auf<br />
Zielgruppen drei weitere so genannte<br />
„Leitlinien“ maßgebend: der Einbezug<br />
und die Unterstützung von Multiplikatoren<br />
(insbesondere Lehrer- und<br />
ErzieherInnen), die Zusammenarbeit mit<br />
Kooperationspartnern (z. B. Sponsoren)<br />
sowie der aktions- und projektorientierte<br />
Charakter der einzelnen Maßnahme.<br />
Der schonende Umgang mit den natürlichen<br />
Ressourcen lässt sich nicht an<br />
einem Tag erlernen, es ist vielmehr ein<br />
stetiger Prozess. Gerade im Kindergar-
ten- und Grundschulalter lässt sich für<br />
die Abfallvermeidung und Abfallsortierung<br />
erforderliches Grundlagenwissen<br />
und auch eine entsprechende Handlungsmotivation<br />
in spielerischer und für<br />
die Kinder interessanter Weise vermitteln,<br />
auf das in den weiterführenden<br />
Schulen aufgebaut werden kann.<br />
Hier einige Beispiele für die Arbeit der<br />
GWA-Abfallberatung:<br />
� Aktionen für Kinder<br />
Für die umweltpädagogische Arbeit<br />
stellt die Abfallberatung „Medienkisten“<br />
mit den Schwerpunktthemen Kompost,<br />
Papier, Kunststoffe, Glas, Metall und<br />
Schadstoffe zur Verfügung. Darin finden<br />
sich Unterrichtsmaterialien, Fachbücher,<br />
DVDs sowie diverses Aktions- und<br />
Anschauungsmaterial. Diese Zusammenstellungen<br />
liefern Anregungen und<br />
Stoff für Unterrichtsstunden, Referate,<br />
Projekt- oder Aktionstage und ersparen<br />
somit aufwändige Recherchen seitens<br />
der Pädagogen. Jede Medienkiste kann<br />
unentgeltlich für einen Zeitraum von bis<br />
zu zwei Monaten bei der GWA-Abfallberatung<br />
entliehen werden.<br />
Das „Willi-Wurm-Sortierspiel“ wurde<br />
durch die GWA-Abfallberatung entwickelt,<br />
um bereits die Jüngsten spielerisch<br />
für die Abfalltrennung zu sensibilisieren.<br />
Jeder „Spieler“ erhält eine beliebige<br />
Anzahl (fotografierter) Abfälle, die mög-<br />
lichst richtig zu sortieren sind. Das Spiel<br />
wird vielfach zur Übung der allgemeinen<br />
Abfalltrennung oder zur Einführung bzw.<br />
Fortführung eines Abfalltrennsystems in<br />
Kindergarten oder Grundschule eingesetzt.<br />
Die „Wurmkiste“ ist ein ideales<br />
System, um auch bei Platzmangel die<br />
Kompostierung als <strong>Kreis</strong>lauf der Natur<br />
praxisnah und eindrucksvoll zu vermitteln:<br />
Ein einzigartiges Biotop voller Lebewesen.<br />
Die Entstehung von Kompost<br />
wird zum Erlebnis. Nebenbei lernen die<br />
Kinder grundsätzlich den <strong>Kreis</strong>laufgedanken<br />
kennen: wie aus Abfällen wieder<br />
etwas Neues entsteht.<br />
Umweltpädagogik<br />
Mit Willi Wurm spielerisch Abfall sortieren. Fotos: GWA<br />
� Führungen<br />
Frei nach dem chinesischen Sprichwort<br />
„Einmal sehen ist besser als hundertmal<br />
hören!“ bietet die Abfallberatung auch<br />
Führungen beziehungsweise Betriebsbesichtigungen<br />
an. Insbesondere das<br />
Kompostwerk in Fröndenberg-Ostbüren<br />
ist oft das Ziel von Schulklassen und<br />
anderen Besuchergruppen.<br />
Eine Führung am Kompostwerk lässt<br />
sich zudem sinnvoll mit der Besichtigung<br />
der Müllverbrennungsanlage in Hamm<br />
kombinieren. Nach Kennenlernen der<br />
Hintergründe und Funktionsweise der<br />
großtechnischen Kompostierung – von<br />
61
der Anlieferung des Bioabfalls über die<br />
computergesteuerte Rotte bis hin zum<br />
fertigen Kompost – kann man sich in<br />
der MVA ein Bild davon machen, was<br />
mit dem nicht verwertbaren Restmüll<br />
geschieht.<br />
Zur praxisnahen Vermittlung des<br />
natürlichen Kompostierungsprozesses<br />
im Wald finanziert und organisiert die<br />
GWA-Abfallberatung jährlich kreisweit<br />
30 Schulklassen einen interessanten und<br />
zugleich lehrreichen Besuch der Waldschule<br />
Cappenberg. Zur Unterstützung<br />
der Vor- beziehungsweise Nachbereitung<br />
des Themas im Klassenzimmer<br />
stellt die Abfallberatung umfassendes<br />
Unterrichtsmaterial bereit.<br />
� Brotdosen zur Abfallvermeidung<br />
Ein Beispiel für einen konkreten und<br />
gezielten Beitrag zur Abfallvermeidung<br />
ist die Aktion „Umweltfreundlicher<br />
Schulbeginn“. Mit Unterstützung mehrerer<br />
Sponsoren werden bereits seit 1998<br />
kreisweit alle (in 2011 rund 4.000) Erstklässler<br />
mit kostenlosen Proviantdosen<br />
für die Pausenverpflegung ausgestattet.<br />
Durch die Kontinuität dieses Projektes ist<br />
es gelungen, die letzten 14 (!) kompletten<br />
Einschulungsjahrgänge im gesamten<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (mit insgesamt rund 69.000<br />
Schülern) ohne Unterbrechung mit den<br />
Abfall sparenden Brotdosen auszustatten.<br />
Schüler und Eltern werden dazu<br />
62<br />
Umweltpädagogik<br />
angeregt, mit der Verwendung von<br />
Brotdosen (anstatt Tüten oder Alufolie)<br />
tagtäglich einen eigenen kleinen Beitrag<br />
zum Umweltschutz zu leisten.<br />
� CD-Projekt „Ist dir das egal?“<br />
Mit Fragen wie „Scherben auf dem<br />
Radweg? Dein Lieblingsplatz total<br />
vermüllt? Chaos in der Mülltonne?<br />
Vandalismus an deiner Schule? – Nervt<br />
dich das?“ hat die GWA-Abfallberatung<br />
die Jugendlichen im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
konfrontiert. Auf dem entsprechenden<br />
Internetportal www.istdirdasegal.<br />
de und bei zahlreichen Aktionen an<br />
weiterführenden Schulen wurde zum<br />
Live im Tonstudio.<br />
Upload entsprechender Video-, Fotooder<br />
Textbeiträge aufgerufen. Diejenigen<br />
Teilnehmer, deren Beiträge zu den<br />
besten gehörten, konnten im Tonstudio<br />
von KicoMedia in Schwerte an der Produktion<br />
einer CD mitwirken. Ziel war<br />
und ist es, dass sich die Jugendlichen<br />
in ihrem persönlichen Umfeld mit der<br />
Thematik Abfall und Umwelt intensiv<br />
und kreativ auseinander setzen und auf<br />
ihre Weise Missstände aufzeigen. Die<br />
Einbeziehung dieser Zielgruppe ist ein<br />
zentrales Element bei der Sensibilisierung<br />
für das Thema „Abfall und Umwelt“<br />
und bei der Bekämpfung des „Littering“<br />
(achtloses Wegwerfen und Liegenlassen<br />
von Abfall). Prominente Unterstützung<br />
lieferten Videoclips u. a. von Lars Ricken<br />
(BVB) sowie Lothar Baltrusch (Antenne<br />
<strong>Unna</strong>) und Oliver Beerhenke (Upps,<br />
die Pannenshow/RTL). Die inzwischen<br />
fertig gestellte CD „Ist dir das egal?“ ist<br />
bei der GWA-Abfallberatung erhältlich.<br />
Schulen und andere öffentliche Einrichtungen<br />
erhalten die CD kostenlos.<br />
Stadt- und Gemeindebüchereien haben<br />
sie in ihr Angebot aufgenommen. Das<br />
Internetportal www.istdirdasegal.de<br />
besteht weiterhin. Wer Fragen zur Arbeit<br />
der GWA-Abfallberatung hat, kann sich<br />
am gebührenfreien Servicetelefon unter<br />
0 800 400 1 400 (Festnetz im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong>) oder unter www.gwa-online.de<br />
informieren.
� NAJU-Regionalbetreuerin wirbt für mehr Kindergruppen in der Region<br />
Neue (junge) Umweltschützer braucht das Land<br />
Wollen die Umwelt schützen: NAJU-Mitglieder in Hamm und im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Fotos: Schulz<br />
von Sandra Schulz<br />
Spaß mit Menschen zu diskutieren<br />
und sie für die Natur begeistern: Das<br />
will Sandra Schulz. Als Naturschutzjugend-Regionalbetreuerin<br />
(NAJU)<br />
sucht und unterstützt sie seit Mai<br />
2011 neue und erfahrene NAJU-<br />
Gruppenleiter im Naturschutzbund<br />
Deutschland e.V. (NABU) Stadtverband<br />
Hamm, dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> und<br />
dem Märkischen <strong>Kreis</strong>.<br />
Die 33-jährige Diplom-Landschaftsökologin<br />
ist seit Jahren als Jugendreferentin<br />
im NABU Märkischer <strong>Kreis</strong> aktiv und leitet<br />
Umweltpädagogik<br />
dort mehrere NAJU-Kindergruppen,<br />
macht umweltpädagogische Führungen<br />
mit Schulen und Kindergärten und setzt<br />
sich im Namen der Naturschutzverbände<br />
für den Naturschutz auf gesetzlicher<br />
Ebene ein. Sie möchte potenzielle ehrenamtliche<br />
Gruppenleiter motivieren,<br />
Kindern die Natur näher zu bringen und<br />
63
von der eigenen Begeisterung für die<br />
Natur anstecken. Beim Aufbau neuer<br />
NAJU-Gruppen vor Ort unterstützt<br />
Sandra Schulz bei der Suche nach neuen<br />
Gruppenleitern und hilft ihnen bei der<br />
Programmgestaltung, der Öffentlichkeitsarbeit,<br />
Raumsuche und weiteren<br />
Fragen. Die Gruppen vor Ort sollen<br />
untereinander vernetzt werden, so dass<br />
ein reger Austausch stattfinden kann.<br />
Mit regionalen Fortbildungsangeboten<br />
soll den Betreuern der Einstieg in die<br />
ehrenamtliche Umweltbildung erleichtert<br />
werden.<br />
� Neue NAJU-Kindergruppe<br />
Die ersten neuen NAJU-Kindergruppen<br />
sind bereits gestartet. Seit Anfang<br />
Mai treffen sich rund 15 Kids vierzehntägig<br />
zum Ausflug in die Natur auf dem<br />
64<br />
Umweltpädagogik<br />
Der Nachwuchs ist gefragt: Junge Kids für die Umwelt gesucht.<br />
Stiftungshof in Iserlohn-Kalthof. Beim<br />
ersten Treffen wurde ein nahe gelegener<br />
Bach untersucht und typische Wassertiere,<br />
wie die Eintagsfliegenlarve, mit<br />
Kescher und Becherlupe entdeckt. Die<br />
aus Kindergartenkindern bestehende<br />
Gruppe in Schwerte jagt seit Anfang Juli<br />
Schmetterling und Co. über die Wiese,<br />
um diese genauer zu betrachten. Im<br />
September schlossen sich die Jugendlichen<br />
aus Hamm und <strong>Unna</strong> zusammen.<br />
Nachdem sich die Hammer Gruppe in<br />
der Vergangenheit ausschließlich mit<br />
praktischem und die <strong>Unna</strong>er Kids schwerpunktmäßig<br />
mit politischem Naturschutz<br />
auseinandergesetzt haben, wird sich die<br />
neue Gruppe in Zukunft beidem widmen.<br />
Mit Fachvorträgen zu wichtigen Naturschutzthemen,<br />
spannenden Exkursionen<br />
für Kinder und Erwachsene und Diskus-<br />
sionsrunden möchten sie in der Zukunft<br />
lokalen und politischen Naturschutz<br />
verbinden. Im Laufe des Oktobers gingen<br />
weitere zwei Kindergruppen in Pillingsen<br />
und Schalksmühle im Märkischen <strong>Kreis</strong> an<br />
den Start. Auch für diese Gruppen gab<br />
es ein Startpaket mit Becherlupen und<br />
Bestimmungsmaterial, das von der nordrhein-westfälischen<br />
Stiftung für Umwelt<br />
und Entwicklung gesponsert wurde. Weitere<br />
NAJU-Gruppen sind im kommenden<br />
Frühjahr für Lünen-Brambauer, Fröndenberg<br />
und Menden geplant. Hier werden<br />
zurzeit Räumlichkeiten oder Verstärkung<br />
in der Gruppenleitung gesucht.<br />
Für alle Gruppenleiter und die, die es<br />
werden wollen, werden Jugendgruppenleiter-<br />
und Artenkenntnisseminare sowie<br />
ein Seminar zum NAJU-Wettbewerb „Erlebter<br />
Frühling“ angeboten. Diese finden<br />
zum Teil in der Region, zum Beispiel auf<br />
der Ökologiestation des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> in<br />
Bergkamen, statt.<br />
� Interesse geweckt?<br />
Wenn Sie neugierig geworden sind<br />
und Spaß an der Natur und im Umgang<br />
mit Kindern haben, dann ist die<br />
Betreuung einer NAJU-Kinder- oder<br />
Jugendgruppe genau das Richtige für<br />
Sie! Melden Sie sich beim NAJU NRW-<br />
Team (www.naju-nrw.de) oder bei Ihrer<br />
NAJU-Regionalbetreuerin Sandra Schulz,<br />
E-Mail: sandra.schulz@naju-nrw.de.
� Buchbesprechung<br />
Das letzte Kind im Wald?<br />
von Birgit Manz<br />
Kinder, die unbeaufsichtigt und frei<br />
in der Natur spielen, sind heutzutage<br />
rar geworden. Zum einen fehlen<br />
an vielen Orten die naturnahen<br />
Spielräume in Wohnungsnähe. Zum<br />
zum anderen haben sich die gesellschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen,<br />
unter denen Kinder groß werden, in<br />
den letzten Jahren radikal geändert.<br />
Die Verplanung der Kindheit durch Erwachsene,<br />
Zeitmangel und ein Überangebot<br />
an vor allem elektronischen Medien<br />
sind einige der Gründe. So kommt<br />
es zu einer Entfremdung der Menschen<br />
von der Natur, zu einer „Naturdefizit-<br />
Störung“, wie Louv es bezeichnet. Die<br />
Konsequenzen dieses Entfremdungsprozesses<br />
sind zunehmende körperliche und<br />
emotionale Erkrankungen (Übergewicht,<br />
Depressionen), Aufmerksamkeitsprobleme<br />
(ADS und ADHS) und soziale Inkompetenz<br />
bei den Heranwachsenden. Dies<br />
ist das Kernthema, um das sich das Buch<br />
des Journalisten und Umweltaktivisten<br />
Richard Louv aus den USA dreht.<br />
Der Titel wird hoffentlich nicht Realität.<br />
Dabei plädiert der Autor in erster<br />
Linie aber nicht für mehr pädagogisch<br />
angeleitete Umweltbildung mit dem<br />
erhobenen Zeigefinger, denn über die<br />
drohende Natur- und Umweltzerstörung<br />
sind fast alle Kinder gut informiert.<br />
Es fehlen heute die positiv besetzten<br />
Naturerlebnisse, der Aufenthalt und<br />
das Spielen im Freien, der Umgang mit<br />
Umweltpädagogik<br />
Naturmaterialien sowie das Erleben der<br />
vielfältigen Sinneserfahrungen und die<br />
Bewältigung von körperlichen Herausforderungen,<br />
die die Natur bereit hält.<br />
Eine Vielzahl von Anregungen in zweiten<br />
Teil des Buches zeigt auf, wie Eltern, Pädagogen<br />
oder Planer helfen können, den<br />
Kindern die Natur zurück zu geben.<br />
Das Besondere dieses Buches sind<br />
die Gespräche und Interviews, die der<br />
Autor mit Wissenschaftlern, Ärzten, Pädagogen,<br />
Umweltschützern, Eltern und<br />
Kindern geführt hat. Deren Arbeiten und<br />
Erfahrungen beleuchten die unterschiedlichen<br />
Facetten dieser breit gefächerten<br />
Thematik. Die vielen gesammelten Geschichten<br />
des Autoren aus seiner Familie<br />
oder von Freunden, die ihre Erfahrungen<br />
in der Natur schildern, sind anschaulich,<br />
anregend und nachdenklich. An einigen<br />
Stellen gibt es zu ausgewählten Themen<br />
gekennzeichnete Einschübe, die nicht<br />
vom Autoren stammen und die sich<br />
direkt auf Deutschland beziehen.<br />
Fazit: Ein lesenswertes Buch für alle,<br />
die sich für das Thema Naturentfremdung<br />
und Umweltbildung interessieren<br />
mit vielen Denkanstößen zum Handeln.<br />
65
66<br />
Flora & Fauna<br />
� Daten zum Lebeweseninventar<br />
Beiträge zur Organismenwelt<br />
des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> VIII<br />
Pleurotus pulmonarius – Lungenseitling. Foto: Hellmann<br />
von Götz Heinrich Loos, Hans<br />
Jürgen Geyer, Erhard Hellmann,<br />
Karin Margenburg und Bernd<br />
Margenburg<br />
Der vorliegende Aufsatz bringt eine<br />
achte Zusammenstellung von Fundmitteilungen<br />
und sonstigen Beobachtungen<br />
betreffend Organismen-<br />
arten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, anschließend<br />
an Beiträge in vorhergehenden<br />
<strong>Naturreport</strong>-Jahrbüchern.<br />
Anordnung und sonstige Darstellungsweise<br />
sind bei Loos (2002 in<br />
<strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> 6:<br />
83-90) erläutert. Rasterfeldangaben<br />
beziehen sich auf die Topografische<br />
Karte (TK) 1:25.000, Blätter geteilt in<br />
jeweils <strong>16</strong> Felder (Viertelquadranten).<br />
Für weitere Zusammenstellungen bitten<br />
wir um Mitteilung beobachteter Organismenarten<br />
sowie gegebenenfalls von<br />
Auffälligkeiten im Zusammenhang mit<br />
diesen (Verhalten, abweichende Zeiten<br />
des Auftretens, besondere Lebensräume
usw.). Grundsätzlich sind alle Angaben<br />
interessant, auch z. B. für offensichtlich<br />
häufige Mikropilz- und Insektenarten,<br />
da von vielen Arten noch nicht fachöffentlich<br />
bekannt ist, dass sie überhaupt<br />
im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> vorkommen. Wir bringen<br />
deshalb bei Gelegenheit ebenfalls ältere<br />
Nachweise, sofern sie bislang nicht oder<br />
verkürzt an anderer Stelle publiziert wurden.<br />
Wir sind für alle diesbezüglichen<br />
Mitteilungen dankbar, wenn auch die<br />
Resonanz leider bisher gering war und<br />
oft nur auf Nachfrage Beiträge geliefert<br />
worden sind. Vor allem Angaben zu<br />
Tieren werden nachdrücklich erbeten, da<br />
das Schwergewicht dieses Beitrages wie<br />
der meisten Vorgänger u.a. wegen der<br />
Aktivitäten der NABU-Botanik-AG auf<br />
Moosen, Flechten und Pilzen liegt.<br />
Finderkürzel:BotAG = Exkursionen der Botanik-AG<br />
des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes <strong>Unna</strong><br />
(vor allem mit A. Bienengräber, D. Büscher,<br />
H. J. Geyer, E. Heckmann, E. Hellmann, G.<br />
H. Loos, B. & K. Margenburg);<br />
BMg = B. Margenburg; GL = G. H. Loos;<br />
– He = E. Hellmann; – HJG = H. J. Geyer<br />
1. Großpilze<br />
Eine erste Gesamtübersicht der<br />
Großpilze des <strong>Kreis</strong>gebietes findet sich<br />
in einem gesonderten Beitrag von Hellmann,<br />
Träger & Loos (im vorliegenden<br />
Jahrbuch) mit allgemeinen Angaben zu<br />
den Kommunen, in der die jeweiligen<br />
Arten nachgewiesen wurden. An dieser<br />
Stelle setzen wir konkrete Angaben zu<br />
Vorkommen und zur Verbreitung von<br />
Großpilzarten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> fort.<br />
� Amylostereum areolatum –<br />
Braunfilziger Schichtpilz<br />
Erstnachweis im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>: Bergkamen,<br />
an Fichte in Garten an der Schulstraße<br />
Flora & Fauna<br />
Ischnoderma resinosum – Laubholz-Lackporling. Foto: Hellmann<br />
– 4311/43 (2011 GL).<br />
� Ischnoderma reginosum –<br />
Laubholz-Harzporling<br />
Diese seltene Art fruktifiziert regelmäßig<br />
seit einigen Jahren an einem stark vermorschenden<br />
Buchenstamm in Bergkamen-<br />
Weddinghofen, Mühlenbruch – 4411/21<br />
(2008, 2009, 2010, 2011 He).<br />
67
� Mutinus ravenelii –<br />
68<br />
Himbeerrote Hundsrute<br />
Flora & Fauna<br />
Mutinus ravenelii – Himbeerrote Hundsrute. Foto: Hellmann<br />
In einem Garten in Bergkamen an der<br />
Straße „Am Alkenbach“ – 4311/43<br />
(2010 He).<br />
� Pleurotus pulmonarius –<br />
Lungenseitling<br />
Auf einem Buchenstamm im Heerener<br />
Holz in Kamen-Heeren – 4412/11 (2008<br />
He).<br />
� Volvariella surrecta –<br />
Parasitischer Scheidling<br />
Diese seltene Art konnte in allen Phasen<br />
seines Wachstums beobachtet<br />
werden. Der Pilz fruktifiziert meistens<br />
auf Clitocybe nebularis (Nebelgrauer<br />
Röteltrichterling). Beobachtet in Bergkamen-Weddinghofen,<br />
Mühlenbruch<br />
– 4411/21 (2010 He).<br />
2. Mikropilze<br />
� Melampsora euphorbiae –<br />
Wolfsmilchrost<br />
Auf Garten-Wolfsmilch im Innenstadtbereich<br />
von Kamen zerstreut, öfter<br />
in der Siedlung an der Derner Straße<br />
– 4411/22, 4412/11 (2009 ff. GL).<br />
� Puccinia punctiformis –<br />
Ackerdistelrost<br />
Im <strong>Kreis</strong>gebiet verbreitet, besonders in<br />
großen Beständen der Acker-Kratzdistel.<br />
Möglicherweise am häufigsten in der Lippeaue,<br />
hier in manchen Beständen an fast<br />
jedem Individuum, z. B. Bergkamen-Heil,<br />
hinter der Ökologiestation – 4311/41<br />
(zuerst um 1985, noch 2011, GL).<br />
� Puccinia taraxaci –<br />
Löwenzahnrost<br />
Auf Löwenzahnarten verbreitet, örtlich<br />
vor allem auf Taraxacum laticordatum, so<br />
in Kamen, Innenstadtbereich – 4411/22,<br />
4412/11 und im Raum <strong>Unna</strong>-Mühlhausen<br />
– 4412/32 (seit den 1980er Jahren,<br />
noch 2011, GL).<br />
� Triphragmium ulmariae –<br />
Mädesüß-Dreiecksrost<br />
Auf Mädesüß im gesamtem <strong>Kreis</strong>ge-
iet regelmäßig. Massenvorkommen<br />
seit 1990 regelmäßig in Gräben und<br />
Feuchtwiesen um <strong>Unna</strong>-Mühlhausen<br />
– 4412/32 (noch 2011, GL).<br />
3. Flechten<br />
Eine aktualisierte Gesamtübersicht der<br />
im <strong>Kreis</strong>gebiet vorkommenden Arten<br />
wird in Kürze voraussichtlich auf der<br />
Homepage des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes<br />
<strong>Unna</strong> sowie (im Vergleich mit Befunden<br />
aus Bochum, Dortmund und Hamm) in<br />
der Zeitschrift „Dortmunder Beiträge<br />
zur Landeskunde“ publiziert werden.<br />
An letztgenannter Stelle werden auch<br />
die Fundorte der Neufunde und weiterer<br />
bemerkenswerter Arten publiziert.<br />
Deshalb beschränken wir uns hier auf<br />
eine kurz kommentierte Liste der 2010<br />
und 2011 neu nachgewiesenen und<br />
einigen aus Beobachtungen in früheren<br />
Jahren jetzt nachträglich identifizierten<br />
bzw. abgesicherten Arten, meist Kleinflechten:<br />
� Anisomeridium polypori –<br />
Schornsteinchen-Dünnkruste<br />
Übersehene Art; Nachweise in Bergkamen,<br />
Kamen, <strong>Unna</strong> und Holzwickede.<br />
� Bacidia naegelii –<br />
Großfrüchtige Knopfkruste<br />
Übersehene Art; Nachweise in Bergkamen<br />
und <strong>Unna</strong>.<br />
� Bacidina delicata –<br />
Sorediöse Knöpfchenkruste<br />
Übersehene Art; Nachweis in Bergkamen.<br />
� Bacidina neosquamulosa –<br />
Großfrüchtige Knöpfchenkruste<br />
Wohl übersehene, aber nicht häufige Art;<br />
nach einem ersten Nachweis in Dortmund<br />
auch in Bergkamen gefunden.<br />
� Bacidina sulphurella –<br />
Baumfuß-Knöpfchenkruste<br />
Hierher gehören wohl die meisten<br />
Vorkommen, die zuvor B. arnoldiana<br />
zugeschrieben wurden.<br />
� Buellia alboatra aggr. – Schwarzweiße<br />
Zwergstippenflechte<br />
Nachweise in Bergkamen und Kamen;<br />
wohl noch übersehen.<br />
� Buellia griseovirens –<br />
Graugrüne Zwergstippenflechte<br />
Wohl übersehen; gefunden in Lünen.<br />
� Caloplaca britannica aggr. –<br />
Schuppige Zitronenkruste<br />
Kritischer Komplex; hierher wohl Vorkommen<br />
in Kamen und <strong>Unna</strong>.<br />
� Caloplaca chlorina –<br />
Grüngraue Zitronenkruste<br />
Wohl übersehen; Nachweise in Bergkamen<br />
und <strong>Unna</strong>.<br />
Flora & Fauna<br />
� Caloplaca coronata aggr. –<br />
Mandarinen-Zitronenkruste<br />
Kritischer Komplex; hierher wohl<br />
Nachweise in Lünen und Bergkamen.<br />
� Candelariella medians –<br />
Gelappte Gelbkruste<br />
Nachweis in Bergkamen.<br />
� Cladonia floerkeana –<br />
Leuchtendrote Säulenflechte<br />
Hierher wohl alle Vorkommen von C.<br />
macilenta aggr. im <strong>Kreis</strong>gebiet.<br />
� Cladonia grayi aggr. –<br />
Braune Becherflechte<br />
Bisher übersehen, aber wohl selten;<br />
Nachweis aus Lünen.<br />
� Graphis scripta –<br />
Gewöhnliche Schriftflechte<br />
Erstnachweis im <strong>Kreis</strong>gebiet: Lünen.<br />
� Haematomma porphyrium –<br />
Stein-Blutaugenkruste<br />
Nachweise in Bergkamen, Kamen und<br />
<strong>Unna</strong>.<br />
� Hyperphyscia adglutinata – Angedrückte<br />
Kleinschwielenflechte<br />
Wohl zuvor übersehen, aber nachweislich<br />
mit starker Ausbreitung in der<br />
allerjüngsten Zeit; vor allem in Kamen<br />
und <strong>Unna</strong> schon mehrfach nachge-<br />
69
wiesen, auch in Lünen, Bergkamen<br />
und Bönen<br />
� Lecania cyrtella –<br />
Baum-Leuchtkrüstchen<br />
Zuvor übersehen, scheint ziemlich häufig<br />
zu sein; Nachweise in Lünen, Bergkamen,<br />
Kamen, Bönen, Holzwickede und<br />
<strong>Unna</strong>.<br />
� Lecania rabenhorstii –<br />
Stein-Leuchtkrüstchen<br />
Übersehen; gefunden in Bergkamen<br />
und <strong>Unna</strong>.<br />
� Lecanora barkmaniana –<br />
Ammoniak-Kuchenflechte<br />
Offensichtlich neu eingewandert; Nachweise<br />
je einmal in <strong>Unna</strong> und Kamen<br />
sowie auf vier Friedhöfen in Lünen.<br />
� Lecanora sambuci –<br />
Holunderrinden-Kuchenflechte<br />
Wohl übersehen und nicht selten; gefunden<br />
in Bergkamen, Kamen und <strong>Unna</strong>.<br />
� Lecanora subcarpinea –Berandete<br />
Glattborken-Kuchenflechte<br />
Erstnachweis: Bergkamen.<br />
� Lecanora symmicta –<br />
Wolbfrüchtige Kuchenflechte<br />
Wohl übersehen; Erstnachweis: Bergkamen.<br />
70<br />
Flora & Fauna<br />
� Lecanora umbrina –<br />
Ähnlichste Kuchenflechte<br />
Übersehene Art; Nachweise in Bergkamen<br />
und Kamen.<br />
� Lecidella carpathica –<br />
Dunkelschichtige Scheckenkruste<br />
Erstnachweis: Bergkamen; aber Abgrenzung<br />
zu L. stigmatea problematisch.<br />
� Melanelia<br />
Die Nomenklatur der hier vorkommenden<br />
Arten ist aufgrund systematischer Befunde<br />
aus DNA-Sequenzierungen berechtigt<br />
zu ändern; demnach kommen hier zwei<br />
von Melanelia zu trennende Gattungen<br />
mit folgenden Arten vor: Melanelixia mit<br />
M. glabratula und M. subaurifera sowie<br />
Melanohalea mit M. elegantula, M. exasperatula<br />
und M. laciniatula (letztgenannte<br />
Art, die Lappige Trübschüsselflechte,<br />
erstmalig im <strong>Kreis</strong> in Lünen gefunden)<br />
� Micarea prasina –<br />
Holz-Äugleinkruste<br />
Erstnachweis im <strong>Kreis</strong>: <strong>Unna</strong>, bereits<br />
2004 gefunden, kürzlich identifiziert;<br />
vermutlich sonst noch übersehen.<br />
� Opegrapha demutata –<br />
Weißgraue Schriftflechte<br />
Erstnachweis für den <strong>Kreis</strong> in <strong>Unna</strong> auf<br />
Exkursion der BotAG durch D. Gregor<br />
Zimmermann, Düsseldorf.<br />
� Opegrapha rufescens –<br />
Graubraune Schriftflechte<br />
Übersehen und scheinbar weit verbreitet;<br />
Erstnachweis von D. G. Zimmermann in<br />
<strong>Unna</strong> auf Exkursion der BotAG, danach<br />
in Lünen, Bergkamen, Kamen, Bönen,<br />
Holzwickede und an weiteren Stellen in<br />
<strong>Unna</strong> gefunden.<br />
� Pertusaria<br />
Die Vorkommen der weißlichgrauen<br />
Arten der Gattung konnten unlängst<br />
in der Zugehörigkeit geklärt werden;<br />
demnach sind P. amara – Bittere Pockenkruste<br />
und P. pertusa – Dicke<br />
Pockenkruste beide sehr zerstreut, jedoch<br />
mit unterschiedlicher Verteilung,<br />
erstere u.a. in der Lippeaue, letztere<br />
vor allem am Oberen Hellweg; P. flavida,<br />
die Gelblichgraue Pockenkruste,<br />
wurde in Bergkamen erstmals für den<br />
<strong>Kreis</strong> nachgewiesen; P. coccodes, die<br />
Braunrandige Pockenkruste, konnte<br />
kreisweit erstmalig in Kamen gefunden<br />
werden.<br />
� Placynthium nigrum –<br />
Schwarze Dunkelkruste<br />
Bisher verkannt, jetzt sicher nachgewiesen<br />
in Bergkamen und Kamen.<br />
� Porina aenea –<br />
Bronze-Olivfleckchen<br />
Übersehen und auch zuvor unsicher in
der Bestimmung; erstmals gesicherte<br />
Nachweise in Lünen, Bergkamen, Kamen<br />
und <strong>Unna</strong>.<br />
� Porina leptalea –<br />
Braunes Olivfleckchen<br />
Übersehene Art, aber wohl nicht häufig;<br />
Nachweise in Bergkamen und Kamen.<br />
� Rinodina pityrea –<br />
Blaugraue Plattenkruste<br />
Vermutlich häufiger, aber meist nur<br />
schwer identifizierbar; sichere Nachweise<br />
bis jetzt in Bergkamen, Kamen<br />
und <strong>Unna</strong>.<br />
� Strangospora pinicola –<br />
Braunfrüchtige Vielsporenkruste<br />
Meist schwer erkennbar, daher sicher<br />
übersehen; nachgewiesen in Bergkamen.<br />
� Thelocarpon magnussonii –<br />
Magnussons Staubkruste<br />
Auf BotAG-Exkursion in <strong>Unna</strong> von D.<br />
G. Zimmermann erstmals für den <strong>Kreis</strong><br />
nachgewiesen; vermutlich weit verbreitet,<br />
aber schwer zu finden und zu<br />
identifizieren.<br />
� Vezdaea leprosa –<br />
Metall-Krümelkruste<br />
Wohl übersehen; erster Nachweis in<br />
Kamen.<br />
4. Algen<br />
� Trentepohlia umbrina –<br />
Braunrote Luftalge<br />
Ähnlich wie T. aurea (vgl. „Beiträge<br />
zur Organismenwelt VII“) hat sich T.<br />
umbrina stark ausgebreitet und ist ein<br />
auffälliger Baumborkenbewohner, der<br />
die Borke stellenweise oder gänzlich<br />
braunrot färbt. Anders als T. aurea hat<br />
die Ausbreitung erst vor etwa 5 – 6<br />
Jahren verstärkt eingesetzt und hält bis<br />
heute an. Bevorzugt werden staubimprägnierte<br />
Bäume an Straßenrändern,<br />
in Hecken, teils auch in Gärten sowie<br />
Baumbestände in Auen. Die Art dürfte<br />
keinem TK-Rasterfeld im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
mehr fehlen, ist aber lokal noch selten<br />
oder fehlt ganz; so hat die Ausbreitung<br />
in die Innenstädte überwiegend erst<br />
begonnen.<br />
5. Moose<br />
Die Ausbreitung epiphytischer Arten<br />
konnte weiterhin verfolgt werden.<br />
Besonders reichhaltig in dieser Hinsicht<br />
war das Inventar an Orthotrichum-Arten<br />
am Geiseckesee in Holzwickede-<br />
Lappenhausen und in einem Feuchtbiotop<br />
in Holzwickede-Opherdicke.<br />
Beide im <strong>Kreis</strong>gebiet vorhandene<br />
Krausblattmoos-Arten (Ulota bruchii<br />
und U. crispa) haben sich enorm stark<br />
ausgebreitet, scheinen nirgendwo<br />
mehr gänzlich zu fehlen und häufig<br />
Flora & Fauna<br />
nebeneinander vorzukommen (so z.<br />
B. auf verschiedenen Friedhöfen in<br />
Lünen, in Bergkamen-Overberge am<br />
Overberger Busch, in <strong>Unna</strong> im Bornekamptal,<br />
in Holzwickede-Lappenhausen<br />
nahe Geiseckesee, in Schwerte bei<br />
der Rohrmeisterei).<br />
Weitere, z. T. biogeographisch<br />
bemerkenswerte Moosfunde wurden<br />
bei einer Inspektion der Aufschlüsse<br />
und Mergelkuhlen auf dem Haarstrang<br />
getätigt.<br />
� Anomodon attenuatus –<br />
Dünnästiges Trugzahnmoos<br />
Erster Nachweis eines epiphytischen<br />
Vorkommens im <strong>Kreis</strong>gebiet: Bergkamen-Weddinghofen,<br />
Parkfriedhof,<br />
an Stiel-Eiche – 4311/43 (2011 GL).<br />
Reagier t als Epiphyt empfindlich<br />
gegenüber Luftschadstoffen. Sonst:<br />
Fröndenberg-Frömern, Sandstein-<br />
Aufschluss an der K 26, auf ziemlich<br />
glatten, mit Kreidekalk-Staub bepuderten<br />
Sandstein-Stirnflächen – 4412/43<br />
(2010 BMg & HJG).<br />
� Aulacomnium androgynum –<br />
Zwittriges Streifensternmoos<br />
Vermutlich übersehen, aber im Hellweggebiet<br />
anscheinend nicht so verbreitet<br />
wie in anderen Regionen. Neunachweis:<br />
Bergkamen-Overberge, Overberger<br />
Busch – 4312/33 (2010 BotAG).<br />
71
� Barbula commutata –<br />
Wellenblättriges Bärtchenmoos<br />
Verbreitung und Häufigkeit im <strong>Kreis</strong>gebiet<br />
unzureichend bekannt. Im Südkreis<br />
neu gefunden: Holzwickede-Lappenhausen,<br />
am Bahnwald nahe Geiseckesee<br />
– 4511/24 (2010 BotAG).<br />
� Brachythecium glareosum –<br />
Haarspitzen-Kurzbüchsenmoos<br />
Wohl weitgehend übersehene Art auf<br />
Kalk und Mergel. Bergkamen-Overberge,<br />
Overberger Busch, auf Mittelstreifen<br />
eines mit Kalkschotter befestigten Weges<br />
– 4312/33 (2010 BotAG).<br />
� Brachythecium populeum –<br />
Pappel-Kurzbüchsenmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Mühlhausen, Lünerner Bachtal<br />
(Bimbergtal), auf freiliegenden Starkwurzeln<br />
und auf kleinen Kreidekalk-<br />
Scherben – 4412/32 (2010 BMg &<br />
HJG); Fröndenberg-Frömern, Sandstein-Aufschluss<br />
an der K 26 – 4412/43<br />
(2010 BMg & HJG); <strong>Unna</strong>-Billmerich,<br />
Sandstein-Aufschluss am westlichen<br />
Ortsrand – 4411/44 (2010 HJG);<br />
Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />
Büsche, auf kleinen Kreidekalk-Scherben<br />
– 4511/22 (2010 BMg & HJG).<br />
� Brachythecium rivulare –<br />
Bach-Kurzbüchsenmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse, zusam-<br />
72<br />
Flora & Fauna<br />
men mit Plagiomnium affine in flacher<br />
Rinne – 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />
� Bryum ruderale –<br />
Schutt-Birnmoos<br />
Holzwickede-Lappenhausen, Zuwegung<br />
zur Brücke am Einlauf des Geiseckesees<br />
– 4511/24 (2010 BotAG).<br />
� Climacium dendroides –<br />
Bäumchenmoos<br />
Lünen, Friedhof Nordlüner Mark, in Rasen<br />
mehrfach – 4311/31 (2011 GL).<br />
� Cryphaea heteromalla – Einseitswendiges<br />
Verstecktfruchtmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse, an Esche<br />
– 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />
� Ctenidium molluscum –<br />
Weiches Kammmoos<br />
Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />
Büsche, spärlich auf Kalkmergel<br />
– 4511/22 (2010 BMg & HJG).<br />
� Dicranum tauricum –<br />
Steifblättriges Gabelzahnmoos<br />
Die säuretolerante Art wurde in der<br />
Vergangenheit durch die sauren<br />
Immissionen gefördert und scheint<br />
aufgrund der Maßnahmen zur Luftreinhaltung<br />
wieder zurückzugehen.<br />
Bergkamen-Overberge, Overberger<br />
Busch – 4312/33 (2010 Bot AG);<br />
Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />
Büsche – 4511/22 (2010 BMg &<br />
HJG).<br />
� Didymodon insulanus –<br />
Insel-Doppelzahnmoos<br />
Bisher verkannte Art. Holzwickede-Lappenhausen,<br />
auf der Krone der niedrigen<br />
Mauer entlang der nördlichen Seite am<br />
Einlauf des Geiseckesees – 4511/24<br />
(2010 BotAG).<br />
� Didymodon sinuosus –<br />
Buchtiges Zwillingszahnmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Billmerich, Sandstein-Aufschluss<br />
am westlichen Ortsrand – 4411/44<br />
(2010 HJG).<br />
� Drepanocladus aduncus s. lat.–<br />
Krallenblatt-Sichelmoos<br />
Noch immer in <strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf<br />
der Kluse, in wassergefüllten Mulden<br />
– 4512/11 (2010 BMg & HJG). Dieses<br />
Großvorkommen wird seit etwa 1983<br />
beobachtet (GL), überwiegend oder<br />
gänzlich handelt es sich konkret um D.<br />
kneiffii = D. aduncus var. kneiffii.<br />
� Encalypta streptocarpa –<br />
Gedrehtfrüchtiges Glockenhutmoos<br />
Fröndenberg-Frömern, Sandstein-<br />
Aufschluss an der K 26, in Rissen und<br />
Spalten einer mäßig feuchten, halb-
schattigen, nördlich exponierten Fels-<br />
wand; Pflanzen ziemlich stark mit Kalk<br />
inkrustiert – 4412/43 (2010 BMg &<br />
HJG). Hier schon in den 1990er Jahren<br />
beobachtet (GL).<br />
� Eurhynchium pumilum –<br />
Zwerg-Schönschnabelmoos<br />
Leicht mit Amblystegium serpens<br />
zu verwechselnde Art. <strong>Unna</strong>-Mühlhausen,<br />
Lünerner Bachtal (Bimbergtal)<br />
– 4412/32 (2010 BMg & HJG); <strong>Unna</strong>-<br />
Kessebüren, Aufschluss im Kessebürener<br />
Bachtal, auf leicht übererdeter<br />
Kreidekalk-Scherbe – 4412/32 (2010<br />
BMg & HJG); Holzwickede-Ostendorf,<br />
Ostendorfer Büsche, auf Kalkmergel<br />
– 4511/22 (2010 BMg & HJG).<br />
� Eurhynchium striatum –<br />
Gestreiftes Schönschnabelmoos<br />
Im Flachland nicht häufige Art. Bodenmoos<br />
in reicheren Laubwäldern. Bergkamen-Overberge,<br />
Overberger Busch<br />
– 4312/33 (2010 BotAG); <strong>Unna</strong>-Billmerich,<br />
Auf der Kluse – 4512/11 (2010<br />
BMg & HJG).<br />
� Frullania dilatata –<br />
Breites Wassersackmoos<br />
Weiter in Ausbreitung befindliche epiphytische<br />
Art. Lünen, Friedhof Nord-<br />
Flora & Fauna<br />
Homalia trichomanoides – Streifenfarn-Flachmoos, an freiliegender Eschenwurzel. Foto: Margenburg<br />
lüner Mark, an Feld-Ahorn – 4311/31<br />
(2011 GL); Bergkamen-Weddinghofen,<br />
Parkfriedhof – 4311/43 (2011 GL);<br />
Bergkamen-Overberge, an Esche in<br />
wegebegleitenden Gehölzstreifen am<br />
Overberger Busch – 4312/33 (2010<br />
BotAG); <strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord,<br />
an Esche – 4412/31 (2011 BotAG);<br />
Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />
Büsche, an Esche – 4511/22 (2010<br />
BMg & HJG); Holzwickede-Opherdicke,<br />
Feuchtbiotop in der Feldflur Stennert, an<br />
Mandel-Weide – 4511/22 (2010 BMg &<br />
HJG); Holzwickede-Lappenhausen, an<br />
Bäumen und Sträuchern am Weg zwischen<br />
Eisenbahnbrücke und Geiseckesee<br />
73
– 4511/24 (2010 BotAG); <strong>Unna</strong>-Billme-<br />
rich, Auf der Kluse, an Berg-Ahorn und<br />
Esche – 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />
� Homalia trichomanoides –<br />
Streifenfarn-Flachmoos<br />
Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />
Büsche, bestandsbildend an Stammgrund<br />
und freiliegender Starkwurzel<br />
einer Esche – 4511/22 (2010 BMg &<br />
HJG).<br />
� Homalothecium lutescens –<br />
Gelbliches Seidenmoos<br />
Lünen-Süd, Friedhof am Süggelbach,<br />
in Rasen – 4411/11 (2011 GL); möglicherweise<br />
eingeschlepptes Vorkommen<br />
dieser kalktypischen Art, da Boden hier<br />
weitestgehend sandig und kalkfrei.<br />
� Homalothecium sericeum –<br />
Mauer-Seidenmoos<br />
Lünen, Friedhof Kirchhofstraße, Grabeinfassung<br />
– 4311/34 (2011 GL);<br />
Fröndenberg-Frömern, Sandstein-Aufschluss<br />
an der K 26 – 4412/43 (2010<br />
BMg & HJG).<br />
� Isothecium alopecuroides –<br />
Fuchsschwanzartiges Gleichbüchsenmoos<br />
Fröndenberg-Frömern, Sandstein-<br />
Aufschluss an der K 26, an einer<br />
mit Kreidekalk-Staub imprägnierten<br />
74<br />
Flora & Fauna<br />
Sandstein-Wand – 4412/43 (2010<br />
BMg & HJG).<br />
� Leskea polycarpa –<br />
Vielfrüchtiges Strauchmoos<br />
Fröndenberg-Frömern, Sandstein-Aufschluss<br />
an der K 26 – 4412/43 (2010<br />
BMg & HJG); Holzwickede-Lappenhausen,<br />
an Bäumen und Sträuchern<br />
am Weg zwischen Eisenbahnbrücke<br />
und Geiseckesee – 4511/24 (2010<br />
BotAG).<br />
� Metzgeria furcata –<br />
Gabel-Igelhaubenmoos<br />
Bergkamen-Overberge, an Eschen<br />
im Overberger Busch und Umgebung<br />
– 4312/33 (2010 BotAG); <strong>Unna</strong>, an<br />
Eschen im nördlichen Bornekamptal<br />
– 4412/31 (2011 BotAG); Holzwickede-Ostendorf,<br />
Ostendorfer Büsche,<br />
an Esche – 4511/22 (2010 BMg &<br />
HJG); <strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse,<br />
an Berg-Ahorn – 4512/11 (2010 BMg<br />
& HJG).<br />
� Orthotrichum lyellii –<br />
Lyells Goldhaarmoos<br />
Im Raum Lünen – Kamen – Bergkamen<br />
inzwischen an zahlreichen Stellen, z. B.<br />
2011 auf jedem Lüner Friedhof (GL);<br />
im Süden: <strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der<br />
Kluse, an Esche – 4512/11 (2010 BMg<br />
& HJG).<br />
� Orthotrichum obtusifolium –<br />
Stumpfblättriges Goldhaarmoos<br />
Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />
in der Feldflur Stennert, an Schwarzem<br />
Holunder – 4511/22 (2010 BMg & HJG);<br />
Holzwickede-Lappenhausen, an Esche<br />
im Wald am Geiseckesee – 4511/24<br />
(2010 BotAG).<br />
� Orthotrichum pallens –<br />
Blasses Goldhaarmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Mühlhausen, Kreidekalk-Aufschluss<br />
im Lünerner Bachtal, an Berg-<br />
Ahorn – 4412/32 (2010 BMg & HJG);<br />
Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />
in der Feldflur Stennert, an Mandel-<br />
Weide – 4511/22 (2010 BMg & HJG);<br />
Holzwickede-Lappenhausen, Wald am<br />
Geiseckesee, an Esche, 2 Sporophytengenerationen<br />
– 4511/24 (2010 BotAG).<br />
� Orthotrichum pulchellum –<br />
Niedliches Goldhaarmoos<br />
<strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord, an Rot-<br />
Buche – 4412/31 (2011 Bot AG);<br />
Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />
in der Feldflur Stennert, an<br />
Mandel-Weide – 4511/22 (2010 BMg<br />
& HJG); Holzwickede-Lappenhausen,<br />
Wald am Geiseckesee, an Esche, zwei<br />
Sporophyten-generationen – 4511/24<br />
(2010 BotAG); <strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf<br />
der Kluse, an Berg-Ahorn – 4512/11<br />
(2010 BMg & HJG).
� Orthotrichum pumilum –<br />
Zwerg-Goldhaarmoos<br />
<strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord, an Rot-<br />
Buche – 4412/31 (2011 Bot AG);<br />
Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />
in der Feldflur Stennert, an<br />
Mandel-Weide – 4511/22 (2010 BMg<br />
& HJG); Holzwickede-Lappenhausen,<br />
Wald am Geiseckesee, an Esche und<br />
Schwarzem Holunder – 4511/24 (2010<br />
BotAG).<br />
� Orthotrichum speciosum –<br />
Ansehnliches Goldhaarmoos<br />
Lünen, Friedhof Nordlüner Mark, an<br />
Feld-Ahorn – 4311/31 (2011 GL);<br />
Bergkamen-Overberge, an Esche in<br />
wegebegleitenden Gehölzstreifen am<br />
Overberger Busch – 4312/33 (2010<br />
BotAG); Bönen, Friedhof an der Friedhofstraße,<br />
an Esche – 4312/43 (2011<br />
BotAG); Holzwickede-Lappenhausen,<br />
Wald am Geiseckesee, an Esche, zwei<br />
Sporophytengenerationen – 4511/24<br />
(2010 BotAG).<br />
� Orthotrichum stramineum –<br />
Gelbhaubiges Goldhaarmoos<br />
<strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord – 4412/31<br />
(2010 BotAG); <strong>Unna</strong>-Mühlhausen,<br />
Kreidekalk-Aufschluss im Lünerner<br />
Bachtal, an Berg-Ahorn – 4412/32<br />
(2010 BMg & HJG); Holzwickede-<br />
Opherdicke, Feuchtbiotop in der<br />
Feldflur Stennert, an Mandel-Weide<br />
– 4511/22 (2010 BMg & HJG);<br />
Holzwickede-Lappenhausen, Wald am<br />
Geiseckesee, an Esche, zwei Sporophytengenerationen<br />
– 4511/24 (2010<br />
BotAG).<br />
� Orthotrichum striatum –<br />
Glattfrüchtiges Goldhaarmoos<br />
Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />
in der Feldflur Stennert, an Mandel-<br />
Weide – 4511/22 (2010 BMg & HJG);<br />
<strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse, an Berg-<br />
Ahorn und Esche – 4512/11 (2010 BMg<br />
& HJG).<br />
� Orthotrichum tenellum –<br />
Zartes Goldhaarmoos<br />
Holzwickede-Opherdicke, Feuchtbiotop<br />
in der Feldflur Stennert, an Mandel-Weide<br />
– 4511/22 (2010 BMg & HJG).<br />
� Plagiothecium curvifolium –<br />
Krummblättriges Plattmoos<br />
Im <strong>Kreis</strong> mit großen Verbreitungslücken<br />
in urban-industriellen und agrarisch<br />
geprägten Bereichen. Bergkamen-Overberge,<br />
Overberger Busch – 4312/33<br />
(2010 BotAG).<br />
� Plagiothecium nemorale –<br />
Hain-Schiefbüchsenmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Billmerich, Sandstein-Aufschluss<br />
im Liedbachtal – 4411/44 (2010 HJG).<br />
Flora & Fauna<br />
� Pottia bryoides –<br />
Birnmoosähnliches Pottmoos<br />
Erst- oder Wiederfund für den <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong>. Holzwickede-Lappenhausen, Zuwegung<br />
zur Brücke am Einlauf des Geiseckesees,<br />
zusammen mit Pseudocrossidium<br />
hornschuchianum, Bryum ruderale<br />
und B. bicolor auf flach übererdetem<br />
Kalkschotter – 4511/24 (2010 BotAG;<br />
confirm. Dr. C. Schmidt, Münster).<br />
� Pylaisia polyantha –<br />
Vielfruchtmoos<br />
Lünen, Friedhof Nordlüner Mark –<br />
4311/31 (2011 GL); in Dortmund 2011<br />
mehrfach auf Friedhöfen. Sonst: Holzwickede-Opherdicke,<br />
Feuchtbiotop in der<br />
Feldflur Stennert, an Mandel-Weide<br />
– 4511/22 (2010 BMg, HJG); <strong>Unna</strong>-<br />
Billmerich, Auf der Kluse, an Berg-Ahorn<br />
– 4512/11 (2010 BMg, HJG).<br />
� Radula complanata –<br />
Angedrücktes Kratzmoos<br />
Lünen, Friedhof Nordlüner Mark, an Feld-<br />
Ahorn – 4311/31 (2011 GL); Bergkamen-<br />
Weddinghofen, Parkfriedhof – 4311/43<br />
(2011 GL); <strong>Unna</strong>, Bornekamptal-Nord,<br />
an Esche – 4412/31 (2011 BotAG); <strong>Unna</strong>-<br />
Mühlhausen, Kreidekalk-Aufschluss<br />
im Lünerner Bachtal, an Berg-Ahorn<br />
– 4412/32 (2010 BMg & HJG); <strong>Unna</strong>-Billmerich,<br />
Auf der Kluse, an Berg-Ahorn und<br />
Esche – 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />
75
76<br />
Flora & Fauna<br />
� Rhynchostegiella tenella –<br />
Zartes Kleinschnabeldeckelmoos<br />
<strong>Unna</strong>, Kreidekalk-Aufschluss im nördlichen<br />
Teil des Bornekamptales, auf<br />
dünn übererdeten, beschatteten Sims<br />
– 4412/31 (2011 BotAG); <strong>Unna</strong>-Mühlhausen,<br />
Kreidekalk-Aufschluss im Lünerner<br />
Bachtal, wenig in beschatteter<br />
Kluft mit dünnem Erdfilm – 4412/32<br />
(2010 BMg & HJG); <strong>Unna</strong>-Kessebüren,<br />
Aufschluss im Kessebürener Bachtal, auf<br />
Kreidekalk-Scherbe – 4412/32 (2010<br />
BMg & HJG); Fröndenberg-Frömern,<br />
Sandstein-Aufschluss an der K 26, zusammen<br />
mit Schistidium crassipilum und<br />
Tortula muralis in einer mit krümeligem<br />
Kreidekalk angefüllten Kluft – 4412/43<br />
(2010 BMg & HJG).<br />
� Rhynchostegium rotundifolium –<br />
Rundblättriges Schnabeldeckelmoos<br />
Erstfund im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. <strong>Unna</strong>-Kessebüren,<br />
Aufschluss im Kessebürener Bachtal,<br />
auf Kreidekalk-Scherbe – 4412/32 (2010<br />
BMg & HJG; confirm. Dr. C. Schmidt,<br />
Münster).<br />
� Rhytidiadelphus loreus –<br />
Riemenstengel-Kranzmoos<br />
Art mit montanem Verbreitungsschwerpunkt,<br />
Schwerte-Westhofen, Ebberg,<br />
auf Sandstein mit dünner Humusauflage<br />
- 4511/31 (2011 BMG. HJG)<br />
� Rhytidiadelphus triquetrus –<br />
Dreieckblättriges Kranzmoos<br />
Bergkamen-Weddinghofen, Parkfriedhof,<br />
spärlich in Rasen – 4311/43 (2011 GL).<br />
� Taxiphyllum wissgrillii –<br />
Flaches Eibenblattmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Mühlhausen, Lünerner Bachtal<br />
(Bimbergtal), auf Kreidekalk-Scherben<br />
– 4412/32 (2010 BMg & HJG).<br />
� Thamnobryum alopecurum –<br />
Fuchsschwanz-Baummoos<br />
<strong>Unna</strong>-Mühlhausen, Kreidekalk-Aufschluss<br />
im Lünerner Bachtal, an alten Mauerfragment<br />
– 4412/32 (2010 BMg & HJG).<br />
� Tortula (Syntrichia) laevipila –<br />
Glatthaariges Drehzahnmoos<br />
Holzwickede-Ostendorf, Ostendorfer<br />
Büsche, an Esche – 4511/22 (2010 BMg<br />
& HJG).<br />
� Tortula (Syntrichia) papillosa –<br />
Warziges Drehzahnmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Billmerich, Auf der Kluse, an Berg-<br />
Ahorn – 4512/11 (2010 BMg & HJG).<br />
� Tortula (Syntrichia) ruralis –<br />
Erd-Drehzahnmoos<br />
Im Hellweggebiet ziemlich selten.<br />
Neu hier: Bergkamen-Overberge, am<br />
Overberger Busch – 4312/33 (2010<br />
BotAG).<br />
� Tortula (Syntrichia) subulata (s.<br />
str.)– Echtes Pfriemen-Drehzahnmoos<br />
<strong>Unna</strong>-Billmerich, Sandstein-Aufschluss<br />
am westlichen Ortsrand – 4411/44<br />
(2010 HJG).<br />
� Zygodon viridissimus (s. str.) –<br />
Grünes Jochzahnmoos<br />
Fröndenberg-Frömern, Sandstein-<br />
Aufschluss an der K 26, an einer mit<br />
Kreidekalk-Staub überrieselten Sandstein-Stirnfläche<br />
– 4412/43 (2010 BMg<br />
& HJG).<br />
6. Blattläuse<br />
Die sehr unsystematischen Fundangaben<br />
von Blattläusen, Wanzen und minierenden<br />
Zweiflüglern (wie auch der o.g.<br />
Mikropilze) resultieren aus eingehender<br />
Beschäftigung mit Parasiten und Besuchern<br />
der Pflanzenarten in bestimmten<br />
Gebieten. Die nachfolgenden Angaben<br />
repräsentieren eine erste Auswahl der<br />
beobachteten Arten.<br />
� Chaetosiphon fragaefolii –<br />
Erdbeerknotenhaarlaus<br />
An Garten-Erdbeeren, genaue Verbreitung<br />
unbekannt. In Kamen 2010<br />
an verwilderten Garten-Erdbeeren in<br />
etwas verbrachtem Saum an der Weddinghofer<br />
Straße zahlreich – 4411/22<br />
(GL).
Rhytidiadelphus loreus – Riemenstengel-Kranzmoos. Foto: Margenburg<br />
� Hyperomyzus lampsanae –<br />
Rainkohllaus<br />
An Rainkohl, wohl verbreitet, aber genaue<br />
Verteilung der Vorkommen noch<br />
wenig bekannt. Mitunter in großer Zahl.<br />
Häufig im Innenstadtbereich von Kamen<br />
und im alten Dorfkern von Kamen-<br />
Westick – 4411/21, 22 (2010 f. GL).<br />
� Trama rara –<br />
Löwenzahn-Wurzellaus<br />
Lebt unterirdisch an verschiedenen (allen?)<br />
Löwenzahnarten. Ist offensichtlich<br />
häufig, wird jedoch aufgrund der Lebensweise<br />
leicht übersehen. Seit 1993<br />
(bis 2011) notiert von Löwenzahn-Aufsammlungen<br />
aus den TK-Rasterfeldern<br />
4311/12, 32, 4411/21, 22, 23, 4412/11,<br />
12, 21, 32, 4511/22, 4512/12 (GL).<br />
7. Wanzen<br />
� Holcostethus vernalis –<br />
Frühe Baumwanze<br />
An Trockenstandorten, meist eher<br />
vereinzelt. Bisher wenige Nachweise<br />
aus dem <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. 2010 recht<br />
Flora & Fauna<br />
zahlreich in Kamen auf dem Gelände<br />
der ehemaligen Zeche Monopol an<br />
Sträuchern und auf Riesen-Goldruten<br />
– 4411/22 (GL).<br />
� Nysius thymi – Thymianwanze<br />
In Kamen in Vorgarten an der Breslauer<br />
Straße an gepflanztem Heidekraut in mehreren<br />
Exemplaren – 4412/11 (2010 GL).<br />
� Pantilius tunicatus – Erlengast<br />
Nicht selten auf Erlen und Haselnuss.<br />
2010 sehr zahlreich an Schwarz-Erlen<br />
77
78<br />
Flora & Fauna<br />
in Kamen-Heeren, an Graben im Winkel<br />
zwischen Heerener und Derner Straße<br />
– 4412/11 (GL).<br />
� Piezodorus lituratus –<br />
Ginster-Baumwanze<br />
Im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> nicht häufig, vorzugsweise<br />
an Besenginster. 2011 recht zahlreich<br />
in Schwerte-Westhofen, NSG Ebberg<br />
– 4511/31 (GL).<br />
� Pithanus maerkeli –<br />
Feuchtwiesen-Weichwanze<br />
Erst wenige Nachweise im <strong>Kreis</strong>gebiet,<br />
meist in Feucht- und Nasswiesen. 2010<br />
in Bergkamen-Heil in der Lippeaue<br />
hinter der Ökologiestation – 4311/41<br />
(GL).<br />
8. Zweiflügler<br />
� Pegomya genopuncta –<br />
Klettenfliege<br />
Als Platzminenbildner auf Klettenblättern<br />
vor allem bei der Großen Klette<br />
nicht selten. Notiert zwischen 1990 und<br />
2011 aus den Rasterfeldern 4311/13,<br />
14, 23, 34, 41, 43, 44, 4411/21, 22, 23,<br />
4412/11, 12, 21, 22, 24, 32, 4512/12<br />
(GL).<br />
� Pegomya steini –<br />
Lanzettdistelfliege<br />
Bildet auf dem Blättern der Lanzett-Kratzdistel<br />
vor allem zur Spitze hin Platzminen<br />
aus. Verbreitet und innerhalb größeren<br />
Vorkommen der Kratzdistel manchmal<br />
zahlreich, z. B. in Bönen-Flierich, Brach-<br />
säume und Grünland am südlichen Ortsrand<br />
– 4412/22 (2010 GL).<br />
� Phytomyza lappina –<br />
Kletten-Minierfliege<br />
Auf Klettenblättern, vor allem der Großen<br />
und Kleinen Klette, Gangminen<br />
bildende Art. Gelegentlich zusammen<br />
mit Pegomya genopuncta, aber noch viel<br />
häufiger und wohl in allen Rasterfeldern<br />
des <strong>Kreis</strong>gebietes. Notiert zwischen<br />
1990 und 2011 bisher aus 4311/13, 14,<br />
32, 34, 41, 42, 43, 44, 4312/33, 34,<br />
4411/21, 22, 23, 24, 41, 43, 4511/22,<br />
4512/11 (GL). 2010 waren im Kamener<br />
Innenstadtgebiet wohl sämtliche Blätter<br />
aller Exemplare der Großen und Kleinen<br />
Klette besiedelt.
� Beitrag zur Biodiversität des <strong>Kreis</strong>gebietes<br />
Die Großpilze des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> –<br />
eine erste Übersicht<br />
Trametes versicolor – Schmetterlingstramete. Fotos: Hellmann<br />
von Erhard Hellmann, Willibald<br />
Träger und Götz Heinrich Loos<br />
Obwohl Pilze oftmals Objekte<br />
von kulinarischen Begehrlichkeiten<br />
darstellen oder als unerwünschte<br />
pathologische Erscheinungen bei<br />
Pflanze, Tier oder sogar Mensch<br />
auftreten, sind die Kenntnisse über<br />
das Arteninventar innerhalb dieses<br />
umfassenden Organismenreiches<br />
(mit über 100.000 benannten Arten)<br />
stets beschränkt. Die Großpilze<br />
sind dabei stets noch am gründlichsten<br />
erforscht, da sie zumindest<br />
teilweise das abdecken, was man<br />
Flora & Fauna<br />
von Kindesbeinen an als Pilz wahrnimmt<br />
und scheinbar leichter zu<br />
erkennen ist.<br />
Demzufolge stecken hinter dem Begriff<br />
„Großpilz“ alle Pilze, deren Fruchtkörper<br />
mit dem bloßen Auge erkennbar<br />
in Hut und Stiel gegliedert sind; daneben<br />
79
80<br />
Flora & Fauna<br />
Fundstellenkarte: <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
Fundstellen<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
Sonstige<br />
Se - Selm<br />
We - Werne<br />
Lü - Lünen<br />
Be - Bergkamen<br />
Ka - Kamen<br />
Bö - Bönen<br />
Un - <strong>Unna</strong><br />
Ho - Holzwickede<br />
Fr - Fröndenberg<br />
Sch - Schwerte<br />
Art (Itl): Trametes versicolor<br />
Art (dt.): Schmetterlingstramente<br />
Erhard Hellmann, 59427 <strong>Unna</strong><br />
42<br />
43<br />
44<br />
45<br />
46<br />
10 11 12 13<br />
Se<br />
Lü<br />
Sch<br />
We<br />
Ho<br />
Be<br />
10 11 12 13<br />
Ka<br />
Un<br />
Bö<br />
Fr
findet man auch konsolen-, becher-,<br />
korallen- oder andere Fruchtkörperformen.<br />
Freilich existieren etliche Pilze mit<br />
Hut und Stiel, die rein augenscheinlich<br />
kaum zu entdecken sind. Systematisch<br />
gesprochen, handelt es sich bei Großpilzen<br />
um Schlauch- und Ständerpilze<br />
(Ascomyceten und Basidiomyceten),<br />
wobei besonders aus der Gruppe der<br />
Schlauchpilze in den meisten einschlägigen<br />
Bestimmungsbüchern und Übersichten<br />
einige systematische Untergruppen<br />
unberücksichtigt bleiben, weil sie in ihrer<br />
Erscheinungsform eher den Klein- oder<br />
Mikropilzen zugerechnet werden können<br />
oder als Flechten in Symbiose mit<br />
Algen oder Cyanobakterien leben und<br />
traditionell gesondert erfasst werden<br />
(vgl. Loos 1999, Loos & Margenburg<br />
2008). In der vorliegenden Arbeit sollen<br />
ausschließlich die wie vorhergehend<br />
abgegrenzten Großpilze (oder Makromyceten)<br />
betrachtet werden.<br />
Die genaue Zahl der Großpilze ist nicht<br />
bekannt, da jedes Jahr zahlreiche neue<br />
Arten gefunden werden – sowohl solche,<br />
die für ein Gebiet nicht bekannt waren<br />
als auch solche, die für die Wissenschaft<br />
neu sind (so verbergen sich hinter einer<br />
Reihe von optisch scheinbar einheitlichen<br />
Arten weitere „Geschwister“, die<br />
nur mit speziellen Methoden erkannt<br />
werden können). Derzeit werden für<br />
Deutschland etwa 6000 Arten genannt,<br />
in Nordrhein-Westfalen wurden bisher<br />
über 3600 Arten nachgewiesen (Bender,<br />
Siepe & Wölfel 2009-2011).<br />
Eine besondere Schwierigkeit bei<br />
Pilzkartierungen besteht in der oft sehr<br />
kurzen Daseinsform von Fruchtkörpern.<br />
Häufig sind sie nur für wenige Tage oder<br />
sogar nur für Stunden sichtbar. Andere<br />
lassen sich in Abständen von mehreren<br />
Jahren und nur dann, wenn optimale<br />
klimatische Bedingungen zur Fruktifizierung<br />
vorherrschen, nachweisen. Hier<br />
gilt besonders: Man muss zur richtigen<br />
Zeit am richtigen Ort sein.<br />
Flora & Fauna<br />
Agaricus xanthoderma – Karbol- oder Giftchampignon.<br />
Die nachfolgende Zusammenstellung<br />
ist die erste Großpilzliste, die für<br />
den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> ausgearbeitet werden<br />
konnte. Zwar gibt es hier wie überall<br />
zahlreiche Pilzliebhaber und -sammler,<br />
deren Kenntnisse sehr unterschiedlich<br />
sind, aber zumindest doch das sichere<br />
Erkennen einiger Speisepilze erfordert<br />
und deshalb auch Kenntnisse über deren<br />
Vorkommen vorhanden sein müssen.<br />
Versuche einer wenigstens ansatzweise<br />
planmäßigen Erfassung der Pilze im<br />
<strong>Kreis</strong>gebiet durch solche Kenner erfolgten<br />
aber anscheinend nicht. Auch<br />
81
sind wissenschaftliche Pilzkundler nur<br />
vereinzelt und punktuell im heutigen<br />
<strong>Kreis</strong>gebiet zu Erfassungszwecken erschienen.<br />
Dies lässt sich an den Großpilz-Zusammenstellungen<br />
für Westfalen<br />
(A. Runge 1981, 1986) und den Verbreitungskarten<br />
für Westdeutschland<br />
(Krieglsteiner 1991, 1993) nachvollziehen.<br />
So ist die Zahl der Literaturangaben<br />
übersichtlich; in Museen aufbewahrte<br />
Aufsammlungen sind allerdings noch auf<br />
eventuelle Funde durchzusehen und die<br />
Kartierungsunterlagen für die erwähnten<br />
Krieglsteiner-Verbreitungskarten<br />
sollten ebenfalls in gezielten Fällen<br />
überprüft werden. Die umfangreichsten<br />
Erhebungen in der Vergangenheit führte<br />
die bekannte Mykologin Annemarie<br />
Runge im Zusammenhang mit den gutachterlichen<br />
Tätigkeiten ihres Mannes<br />
Fritz Runge zur Vegetation der Lippeaue<br />
in Bergkamen, Werne und Lünen durch,<br />
die in das entsprechende Gutachten (F.<br />
Runge 1979) eingegangen sind.<br />
Großpilzkartierungen in <strong>Unna</strong> und<br />
Kamen wurden erstmals von Erhard<br />
Hellmann in den Jahren 1976 und 1977<br />
getätigt. Nach einer Unterbrechung von<br />
etwa 30 Jahren sind diese Arbeiten 2008<br />
wieder aufgenommen und auf große<br />
Teile des <strong>Kreis</strong>gebietes ausgedehnt worden.<br />
Das Stadtgebiet von Schwerte wird<br />
seit mehreren Jahrzehnten von Willibald<br />
Träger ausführlich auf die Großpilzflora<br />
82<br />
Flora & Fauna<br />
Amanita pantherina – Pantherpilz.<br />
hin untersucht; durch die hohe Kartierungsintensität<br />
liegt von dort die höchste<br />
Artenzahl für eine Kommune des <strong>Kreis</strong>es<br />
<strong>Unna</strong> vor. Götz Loos erfasst seit 1982<br />
Großpilze kreisweit als Zufallsfunde auf<br />
Exkursionen und Kartierungen anderer<br />
Organismengruppen sowie untersucht<br />
bestimmte Biotope und Pflanzenbestände<br />
auf zugehörige Großpilzarten. Die<br />
Großpilzkartierungen der Verfasser werden<br />
sowohl auf privater Ebene als auch<br />
im Rahmen der Exkursionen der Botanik-AG<br />
des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes <strong>Unna</strong><br />
weiter fortgeführt. Außerdem hat der<br />
übergreifend im Ruhrgebiet erfassende<br />
Arbeitskreis Pilzkunde Ruhr, in dem sich<br />
der Erstautor ebenfalls beteiligt, in Bönen<br />
Untersuchungen durchgeführt. Zu<br />
beachten sind schließlich Aktivitäten, die<br />
von benachbarten pilzkundlichen Gruppen<br />
ausgehen (vgl. Rosenstengel 2010<br />
zu einem Fund in Holzwickede). Für die<br />
Mitteilung von Funden im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
sowie den Hinweis auf unbestimmte<br />
Vorkommen sind die Verfasser dankbar.<br />
Neufunde und Feststellungen bemer-
Boletus calopus – Schönfuß-Röhrling.<br />
kenswerter Arten bzw. pilzgeographisch<br />
und -ökologisch bedeutende Funde<br />
sollen, wie schon bisher, in der Reihe<br />
„Beiträge zur Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es<br />
<strong>Unna</strong>“ (bisher Loos 2002 bis Loos &<br />
al. 2010) zwanglos publiziert werden.<br />
Das Großpilzinventar Schwertes wird<br />
von Willibald Träger online aktualisiert<br />
und einzelne Funde genauer dargestellt<br />
(unter URL: http://www.agon-schwerte.de/flora/pilzfunde.html).<br />
Die aktuelle Kartierung des Erstautors<br />
folgt dem Kartierungsstandard auf Basis<br />
der Topographischen Karte 1:25.000, die<br />
in weitere Felder gleichmäßig unterteilt<br />
wird (Quadranten, Viertelquadranten,<br />
hier zusätzlich Sechzehntelquadranten;<br />
zur Methodik vgl. auch Loos 2002).<br />
Eingetragen werden die Daten in einer<br />
Excel-Tabelle, in der Angaben zur Klasse,<br />
Gattung, wissenschaftliche und deutsche<br />
Artnamen, Autor(en), Status in der Roten<br />
Liste NRW (Sonneborn, Sonneborn<br />
& Siepe 1999), Nr. der TK 25, des Quadranten,<br />
Viertel- und Sechzehntelquadranten,<br />
Stadtgebiet, Fundort, Datum<br />
Flora & Fauna<br />
sowie Findername eingetragen werden.<br />
Die Tabelle umfasst zurzeit etwa 4200<br />
Eintragungen. Abb. 2 auf Seite 80 zeigt<br />
eine daraus generierte Verbreitungskarte,<br />
die mit der Schmetterlings-Tramete<br />
(Trametes versicolor) (Abb. 1, Seite 79)<br />
eine häufige Art darstellt, die in fast jedem<br />
Wald nachgewiesen werden kann.<br />
Eine große Rarität stellt dagegen die<br />
Becherkoralle (Artomyces pyxidatus)<br />
dar, die im September 2010 im Heerener<br />
Holz in Kamen-Heeren gefunden werden<br />
konnte (Abb. 3, Seite 104).<br />
Für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> können zur Zeit<br />
(Stand Oktober 2011) 556 Großpilzarten<br />
genannt werden, die in folgender<br />
Liste wiedergegeben werden. Gegliedert<br />
ist die Liste nach Schlauch- und Ständerpilzen<br />
in klassischer Umgrenzung;<br />
die wissenschaftliche Nomenklatur der<br />
Arten richtet sich nach Index Fungorum<br />
Partnership (2008). Zusätzlich werden<br />
die Städte und Gemeinden des <strong>Kreis</strong>es<br />
<strong>Unna</strong> angegeben, in denen die jeweilige<br />
Art nachgewiesen wurde, wobei bei<br />
Nachweisen in allen Städten und Gemeinden<br />
stattdessen „alle“ angeführt<br />
wird. Städte und Gemeinde werden<br />
sonst folgendermaßen abgekürzt (in<br />
der Reihenfolge der Nennungen): SE =<br />
Selm; WE = Werne; LÜ = Lünen; BK =<br />
Bergkamen; KA = Kamen; BÖ = Bönen;<br />
UN = <strong>Unna</strong>; FB = Fröndenberg; HW =<br />
Holzwickede; SW = Schwerte.<br />
83
Gattungsname Artepitheton Deutscher Name Nachweise<br />
Schlauchpilze (Ascomyceten)<br />
Aleuria aurantia Gewöhnlicher Orangebecherling SE; BK; KA; UN; SW<br />
Annulohypoxylon multiforme Vielgestaltige Kohlenbeere LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW<br />
Ascocoryne cylichnium Großsporiger Gallertbecher WE; BK; KA<br />
Ascocoryne sarcoides Fleischroter Gallertbecher BK; KA; UN; HW; SW<br />
Biscogniauxia nummularia Rotbuchen-Kugelpilz BK: KA; BÖ; UN<br />
Bisporella citrina Zitronengelbes Holzbecherchen KA; SW<br />
Bulgaria inquinans Schmutzbecherling SE; KA; SW<br />
Callorina fusarioides Orangefarbenes Brennnesselbecherchen BK; KA<br />
Claviceps purpurea Mutterkorn alle<br />
Colpoma quercinum Eingesenkter Eichenrindenschlauchpilz BK; KA<br />
Cordiceps militaris Orangegelbe Puppenkernkeule SE; BK; KA; BÖ<br />
Cyathicula cyathoidea Pokalförmiger Stängelbecherling KA<br />
Daldinia concentrica Kohliger Kugelpilz BK; KA; BÖ<br />
Dermea cerasi Kirschenholz-Polsterbecherchen KA; BÖ<br />
Diatrype bullata Blasiges Eckenscheibchen BK; KA, BÖ<br />
Diatrype disciformis Buchen-Eckenscheibchen alle<br />
Diatrype stigma Flächiges Eckenscheibchen LÜ; BK; KA; BÖ; UN<br />
Diatrypella favacea Warziges Eckenscheibchen KA; BÖ; UN<br />
Diatrypella quercina Eichen-Eckenscheibchen LÜ; KA; BÖ; UN; FB; HW<br />
Dumontinia tuberosa Anemonen-Becherling SE; BÖ; UN<br />
Epichloe typhina Gras-Kernpilz BK; KA; SW<br />
Eutypa flavovirens Gelbgrüner Krustenpilz KA<br />
Eutypa maura Kohlen-Krustenpilz KA; BÖ<br />
Eutypa spinosa Dorniger Kohlenkrustenpilz BK; KA<br />
Eutypella quaternata Vierfrüchtige Quarternarie BÖ<br />
Geoglossum cookeianum Trockene Erdzunge SW<br />
Gyromitria esculenta Frühjahrslorchel SE<br />
Helvella acetabulum Pokalrippen-Becherling KA<br />
Helvella crispa Herbst-Lorchel SE; WE; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Helvella dissingii Filziger Langfüßler SW<br />
Helvella elastica Elastische Lorchel WE; BK; KA: SW<br />
84<br />
Flora & Fauna
Boletus rubellus – Blutroter Röhrling.<br />
Helvella lacunosa Gruben-Lorchel BK; KA; BÖ; SW<br />
Helvella macropus Spindelsporige Lorchel WE; SW<br />
Humaria hemisphaerica Halbkugel-Borstling KA; BÖ; UN<br />
Hymenoscyphus fructigenus Fruchtschalen-Becherling FB<br />
Hymenoscyphus herbarum Kraut-Stängelbecherling KA<br />
Hymenoscyphus repandens Ausgebreiteter Stängelbecherling KA<br />
Hymenoscyphus scutula Schildförmiger Stängelbecherling KA<br />
Hypocrea citrina Ausgebreiteter Pustelpilz SW<br />
Hypocrea gelatinosa Gelatinöser Kugel-Pustelpilz BK; BÖ<br />
Hypocrea rufa Rotbrauner Scheiben-Pustelpilz BÖ<br />
Hypoxylon fragiforme Rötliche Kohlenbeere alle<br />
Hypoxylon fuscum Rotbraune Kohlenbeere alle<br />
Flora & Fauna<br />
85
Hypoxylon petriniae Eschen-Kohlenbeere BÖ<br />
Hypoxylon rubiginosum Ziegelrote Kohlenkruste BÖ<br />
Kretzschmaria deusta Brandiger Krustenpilz BK; KA; FB; SW<br />
Lasiobelonium nidulum Nestförmiges Haarbecherchen BÖ<br />
Lasiosphaeria strigosa Striegeliger Kugelpilz BÖ<br />
Leotia lubrica Grüngelbes Gallertkäppchen BK; KA; UN; SW<br />
Leptosphaeria acuta Brennnessel-Kugelpilz BK; KA; BÖ; UN<br />
Melanomma pulvis-pyrius Brandschwarzes Kugelkissen BÖ<br />
Melastiza chateri Roter Kurzhaarborstling BK<br />
Melogramma campylosporum Sichelsporiger Pustelpilz KA; BÖ<br />
Mitrophora semilibera Käppchen-Morchel SE; WE; BK; BÖ<br />
Morchella vulgaris Spitz-Morchel BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Nectria cinnabarina Zinnoberroter Pustelpilz WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Nectria episphaeria Aufsitzender Pustelpilz BK; KA; BÖ<br />
Nemania serpens Gewundene Kohlenbeere BK, KA; BÖ<br />
Otidea bufonia Kröten-Öhrling KA<br />
Otidea onotica Ledergelber Öhrling SW<br />
Peziza badia Kastanienbrauner Becherling KA; SW<br />
Peziza cerea Wachs-Becherling SW<br />
Peziza succosa Gelbmilchender Becherling SE; WE; KA; HW; SW<br />
Peziza varia Riesen-Becherling BK; BÖ; UN; HW; SW<br />
Peziza vesiculosa Blasiger Becherling KA; SW<br />
Polydesmia pruinosa Bereiftes Kernpilzbecherchen KA; BÖ<br />
Rhodographus filicinus Adlerfarn-Fleckenpilz LÜ; BK; KA<br />
Rhytisma acerinum Ahorn-Runzelschorf alle<br />
Scutellinia scutellata Schild-Borstling KA; HW<br />
Scutellinia umbrorum Orangeroter Schildborstling BK<br />
Tarzetta catinus Tiegelförmiger Napfbecherling SW<br />
Trochila ilicina Stechpalmendeckel-Becherchen SE; WE; LÜ; KA; BÖ<br />
Xylaria carpophila Buchenfruchtschalen-Holzkeule BÖ; FB<br />
Xylaria hypoxylon Geweihförmige Holzkeule alle<br />
Xylaria longipes Langstielige Holzkeule BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Xylaria polymorpha Vielgestaltige Holzkeule SE; BK; KA; FB; SW<br />
86<br />
Flora & Fauna
Ständerpilze (Basidiomyceten)<br />
Agaricus arvensis Weißer Anis-Champignon SE; WE; LÜ; BK; KA; HW; SW<br />
Agaricus augustus Riesen-Champignon SW<br />
Agaricus bitorquis Scheiden-Champignon BK; KA; UN; SW<br />
Agaricus campestris Feld-Champignon alle<br />
Agaricus langei Großer Wald-Champignon KA; SW<br />
Agaricus litoralis Gedrungener Champignon SW<br />
Agaricus silvaticus Kleiner Wald-Champignon BK; BÖ; SW<br />
Agaricus silvicola Dünnfleischiger Anis-Champignon BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Agaricus xanthodermus Karbol-Egerling KA; BÖ: UN<br />
Agrocybe cylindracea Zylindrischer Ackerling BK<br />
Agrocybe molesta Weißer Ackerling KA; SW<br />
Agrocybe praecox Voreilender Ackerling WE; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Agrocybe putaminum Falber Ackerling SW<br />
Agrocybe sphaleromorpha Knollenfüßiger Ackerling SW<br />
Alnicola melinoides Honiggelber Erlenschnitzling WE<br />
Alnicola scolecina Kahler Erlenschnitzling SE; LÜ<br />
Amanita citrina Gelber Knollenblätterpilz BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />
Amanita excelsa Grauer Wulstling BK; KA; UN; SW<br />
Amanita fulva Rotbrauner Scheidenstreifling BK; KA; UN; SW<br />
Amanita lividopallescens Ockergrauer Scheidenstreifling SW<br />
Amanita muscaria Fliegenpilz alle<br />
Amanita pantherina Pantherpilz SE; WE; BK; KA; FB; HW; SW<br />
Amanita phalloides Grüner Knollenblätterpilz SE; BK; BÖ; HW, SW<br />
Amanita rubescens Perlpilz alle<br />
Amanita strobiliformis Fransiger Wulstling HW<br />
Amanita vaginata Grauer Scheidenstreifling KA; UN; SW<br />
Ampulloclitocybe clavipes Keulenfüßiger Trichterling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Amylostereum areolatum Braunfilziger Schichtpilz BK<br />
Arrhenia retiruga Blasser Adermoosling KA<br />
Armillaria borealis Nördlicher Hallimasch KA<br />
Armillaria mellea Honiggelber Hallimasch LÜ; BK; KA; UN; SW<br />
Armillaria ostoyae Dunkler Hallimasch BK; FB<br />
Flora & Fauna<br />
87
Artomyces pyxidatus Becher-Koralle KA<br />
Asterophora lycoperdoides Stäubender Zwitterling SW<br />
Auricularia auricula-judae Judasohr alle<br />
Auricularia mesenterica Gezonter Ohrlappenpilz BÖ<br />
Basidioradulum radula Reibeisen-Rindenpilz LÜ; BK; KA; BÖ; UN<br />
Bjerkandera adusta Angebrannter Rauchporling alle<br />
Bjerkandera fumosa Graugelber Rauchporling UN; HW<br />
Bolbitius reticulatus Netzaderiger Mistpilz BK<br />
Bolbitius titubans Gold-Mistpilz KA; UN; SW<br />
Boletus badius Maronen-Röhrling alle<br />
Boletus calopus Schönfuß-Röhrling SW<br />
Boletus chrysenteron Gewöhnlicher Rotfußröhrling BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />
Boletus communis Eichen-Rotfußröhrling KA<br />
Boletus edulis Steinpilz alle<br />
Boletus ferrugineus Brauner Filzröhrling SW<br />
Boletus luridiformis Flockenstieliger Hexenröhrling alle<br />
Boletus luridus Netzstieliger Hexenröhrling WE; BK; KA; UN; HW<br />
Boletus pruinatus Stattlicher Rotfußröhrling BK<br />
Boletus pulverulentus Schwarzblauender Röhrling BK<br />
Boletus reticulatus Sommersteinpilz KA<br />
Boletus rubellus Blutroter Röhrling BÖ; SW<br />
Boletus subtomentosus Ziegenlippe SE; BK; KA; UN; SW<br />
Boletus torsus Ochsen-Röhrling HW<br />
Bovista plumbea Bleigrauer Zwerg-Bovist SE; LÜ; BK; KA; SW<br />
Calocera cornea Pfriemförmiger Hörnling BK; KA; BÖ; SW<br />
Calocera viscosa Klebriger Hörnling SE; WE; BK; UN; FB; SW<br />
Calocybe constricta Gegürtelter Schönkopf SW<br />
Calocybe gambosa Mai-Ritterling WE; BK; KA; BÖ; SW<br />
Cantharellus cibarius Echter Pfifferling SE; UN; SW<br />
Cantharellus cinereus Grauer Leistling BK<br />
Ceraceomyces serpens Faltiggewundener Wachsrindenpilz BK; KA<br />
Chalciporus piperatus Pfeffer-Röhrling SW<br />
Chlorophyllum brunneum Rötender Riesenschirmling BK, KA; SW<br />
88<br />
Flora & Fauna
Helvella lacunosa – Gruben-Lorchel.<br />
Chondrostereum purpureum Violetter Schichtpilz LÜ; BK; KA; UN; FB; HW<br />
Clathrus archeri Tintenfischpilz SW<br />
Clavaria fragilis Wurmförmige Keule SW<br />
Clavariadelphus truncatus Abgestutzte Keule SW<br />
Clavulina cinerea Graue Koralle SE; BK; KA; SW<br />
Clavulina coralloides Kamm-Koralle SE; WE; LÜ; BK; KA; SW<br />
Clavulina rugosa Runzelige Koralle SW<br />
Clavulinopsis corniculata Geweihförmige Wiesen-Koralle SW<br />
Clitocybe brumalis Winter-Trichterling SW<br />
Clitocybe clavipes Keulenfuß-Trichterling BK; KA; BÖ; UN<br />
Clitocybe costata Kerbrandiger Trichterling BK; BÖ; SW<br />
Clitocybe dealbata Rinnigbereifter Trichterling KA; UN<br />
Flora & Fauna<br />
89
Clitocybe dicolor Staubfüßiger Trichterling BK<br />
Clitocybe gibba Ockerbrauner Trichterling KA; BÖ; SW<br />
Clitocybe metachroa Zweifarbiger Trichterling KA; SW<br />
Clitocybe nebularis Nebelgrauer Trichterling alle<br />
Clitocybe odora Grüner Anis-Trichterling BK; KA; HW; SW<br />
Clitocybe phyllophila Bleiweißer Trichterling KA; SW<br />
Clitocybe suaveolens Duft-Trichterling BK<br />
Clitocybe vibecina Geriefter Mehl-Trichterling KA<br />
Clitopilus prunulus Mehl-Räsling SW<br />
Collybia cirrhata Seidiger Rübling WE<br />
Conocybe apala Milchweißes Samthäubchen BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Conocybe macrospora Großsporiges Langstiel-Samthäubchen BÖ<br />
Conocybe moseri Grauschwärzliches Samthäubchen BÖ<br />
Conocybe rickeniana Rostbraunes Samthäubchen BÖ<br />
Coprinellus disseminatus Gesäter Tintling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Coprinellus domesticus Haus-Tintling BÖ<br />
Coprinellus micaceus Glimmer-Tintling alle<br />
Coprinellus xanthothrix Gelbschuppiger Tintling SW<br />
Coprinopsis atramentarius Falten-Tintling BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />
Coprinopsis cinerea Struppiger Dungtintling SW<br />
Coprinopsis lagopus Hasenpfote SE; LÜ; KA; SW<br />
Coprinus comatus Schopf-Tintling alle<br />
Cortinarius amoenolens Buchen-Klumpfuß SW<br />
Cortinarius armillatus Geschmückter Gürtelfuß UN<br />
Cortinarius croceus Gelbblättriger Hautkopf BK; SW<br />
Cortinarius delibutus Violettblättriger Schleimfuß BK<br />
Cortinarius hinnuleus Erdigriechender Gürtelfuß BK; KA<br />
Cortinarius obtusus Gerieftrandiger Wasserkopf KA<br />
Cortinarius paleaceus Duftender Gürtelfuß WE<br />
Cortinarius purpureus Rotgenatterter Hautkopf SW<br />
Cortinarius semisanguineus Blutblättriger Hautkopf WE; KA; HW; SW<br />
Cortinarius traganus Lila Dickfuß SW<br />
Crepidotus cesatii Kugelsporiges Stummelfüßchen BK; KA<br />
90<br />
Flora & Fauna
Crepidotus mollis Gallertfleischiges Stummelfüßchen KA<br />
Crepidotus variabilis Gewöhnliches Stummelfüßchen BK<br />
Crucibulum laeve Tiegel-Teuerling alle<br />
Cyathus olla Topf-Teuerling WE; BK; KA; HW; SW<br />
Cyathus striatus Gestreifter Teuerling BK; KA; FB; HW; SW<br />
Cylindrobasidium laeve Weißer Rindenpilz KA<br />
Cystoderma amianthinum Körnchen-Schirmling BK; KA; SW<br />
Cystolepiota seminuda Zierlicher Mehl-Schirmling BK; BÖ; SW<br />
Dacryomyces stillatus Zerfließende Gallertträne LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW<br />
Daedalea quercina Eichen-Wirrling SE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; HW; SW<br />
Daedaleopsis confragosa Rötende Tramete LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />
Datronia mollis Weicher Resupinatporling SE; BK<br />
Entoloma cetratum Ockerblättriger Rötling SW<br />
Entoloma clypeatum Schild-Rötling KA; BK; SW<br />
Entoloma pleopodium Zitronengelber Rötling BK<br />
Entoloma sarcitum Gelbbrauner Rötling SW<br />
Entoloma scabiosum Tiger-Rötling BÖ<br />
Entoloma sericeum Dunkler Rasen-Rötling BK; SW<br />
Entoloma rhodopolium Alkalischer Rötling SW<br />
Exidia plana Warziger Drüsling SE; WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Exidia saccharina Kandisbrauner Drüsling SW<br />
Exidia truncata Abgestutzter Drüsling LÜ; KA<br />
Fistulina hepatica Ochsenzunge KA; HW; SW<br />
Flammulina velutipes Samtfuß-Rübling SE; WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Fomes fomentarius Zunderschwamm SE; WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />
Fomitopsis pinicola Rotrandiger Schichtporling LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />
Galerina laevis Gelblicher Rasenhäubling BK<br />
Galerina marginata Gift-Häubling BK; KA; SW<br />
Galerina pumila Glockiger Häubling SW<br />
Ganoderma adspersum Wulstiger Lackporling KA<br />
Ganoderma applanatum Flacher Lackporling alle<br />
Ganoderma lucidum Glänzender Lackporling BK<br />
Ganoderma pfeifferi Kupferroter Lackporling SE; WE<br />
Flora & Fauna<br />
91
Geastrum fimbriatum Gewimperter Erdstern alle<br />
Geastrum rufescens Rötender Erdstern BK; KA; UN<br />
Geastrum triplex Halskrausen-Erdstern WE; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Gloeophyllum odoratum Fenchelporling BK; KA; SW<br />
Gloeophyllum sepiarium Zaunblättling BK; KA; SW<br />
Grifola frondosa Klapperschwamm WE; BK; SW<br />
Gymnopilus junonius Beringter Flämmling BK; KA; SW<br />
Gymnopilus penetrans Geflecktblättriger Flämmling BK; KA; BÖ; FB; SW<br />
Gymnopus confluens Knopfstieliger Rübling BK; KA; BÖ; SW<br />
Gymnopus dryophilus Waldfreund-Rübling BK; KA; BÖ; SW<br />
Gymnopus erythropus Rotstieliger Rübling SW<br />
Gymnopus fusipes Spindeliger Blassspor-Rübling BK; BÖ; UN; SW<br />
Gymnopus perforans Nadel-Schwindling BK; SW<br />
Gymnopus peronatus Brennender Rübling BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />
Gymnosporangium sabinae Birnen-Gitterrost alle<br />
Hapalopilus rutilans Zimtfarbener Weichporling KA; BÖ<br />
Hebeloma crustuliniforme Tonblasser Fälbling BK; SW<br />
Hebeloma leucosarx Großer Weiden-Fälbling SW<br />
Hebeloma mesophaeum Dunkelscheibiger Fälbling KA; LÜ<br />
Hebeloma radicosum Wurzelnder Fälbling SW<br />
Hebeloma sacchariolens Süßriechender Fälbling SW<br />
Hebeloma sinapizans Rettich-Fälbling BK; KA; SW<br />
Hericium cirrhatum Dorniger Stachelbart KA<br />
Heterobasidion annosum Wurzelschwamm KA; SW<br />
Hohenbuehelia petaloides Verschiedenfarbiger Muscheling SW<br />
Hydnum repandum Semmel-Stoppelpilz BK; KA; SW<br />
Hygrocybe conica Kegeliger Saftling SE; WE; KA; HW; SW<br />
Hygrocybe miniata Mennigroter Saftling BK<br />
Hygrocybe persistens Spitzgebuckelter Saftling SW<br />
Hygrocybe psittacina Papageigrüner Saftling SW<br />
Hygrocybe spadicea Schwarzgelber Saftling SW<br />
Hygrocybe virginea Schneeweißer Ellerling SW<br />
Hygrophoropsis aurantiaca Falscher Pfifferling SE; WE; BK; BÖ; UN; SW<br />
92<br />
Flora & Fauna
Stropharia aurantiaca – Orangeroter Träuschling.<br />
Hygrophorus discoxanthus Bräunender Schneckling FB<br />
Hygrophorus eburneus Elfenbein-Schneckling SW<br />
Hygrophorus pustulatus Schwarzpunktierter Schneckling SW<br />
Hymenochaete rubiginosa Umberbrauner Borstenscheibling BÖ<br />
Hypholoma capnoides Graublättriger Schwefelkopf SE; BK; KA; FB; SW<br />
Hypholoma fasciculare Grünblättriger Schwefelkopf alle<br />
Hypholoma lateritium Ziegelroter Schwefelkopf BK; KA; BÖ; UN; FR; SW<br />
Hypholoma marginatum Geselliger Schwefelkopf BK; SW<br />
Hypsizygus ulmarius Ulmen-Rasling SW<br />
Inocybe cookei Knolliger Risspilz BK<br />
Inocybe erubescens Ziegelroter Risspilz BK; KA; BÖ; UN<br />
Inocybe fuscidula Braunstreifiger Risspilz UN<br />
Inocybe geophylla Seidiger Risspilz SE; KA; UN; SW<br />
Inocybe haemacta Grünroter Risspilz UN<br />
Flora & Fauna<br />
Inocybe lacera Gewöhnlicher Wirrkopf WE; LÜ; BK; KA<br />
93
Inocybe maculata Gefleckter Risspilz KA<br />
Inocybe mixtilis Gerandetknolliger Rißpilz SW<br />
Inocybe nitidiuscula Früher Risspilz SW<br />
Inocybe rimosa Kegeliger Risspilz KA; UN; SW<br />
Inonotus cuticularis Häutiger Schillerporling LÜ<br />
Inonotus obliquus Schiefer Schillerporling BK; KA<br />
Ischnoderma resinosum Laubholz-Harzporling BK<br />
Kuehneromyces mutabilis Stockschwämmchen alle<br />
Laccaria amethystina Violetter Lacktrichterling alle<br />
Laccaria bicolor Zweifarbiger Lacktrichterling LÜ; BK; KA; SW<br />
Laccaria laccata Rötlicher Lacktrichterling LÜ; BK; KA; SW<br />
Laccaria proxima Steifstieliger Lacktrichterling WE; LÜ; BK; FB<br />
Laccaria tortilis Stachelsporiger Lacktrichterling BK; KA<br />
Lacrymaria lacrymabunda Tränender Saumpilz SE; BK; KA; UN; SW<br />
Lactarius aurantiacus Orangebrauner Milchling SW<br />
Lactarius blennius Graugrüner Milchling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Lactarius camphoratus Kampfer-Milchling KA; SW<br />
Lactarius circellatus Gebänderter Hainbuchen-Milchling SW<br />
Lactarius decipiens Täuschender Milchling BK<br />
Lactarius deterrimus Fichten-Reizker SE; SW<br />
Lactarius fluens Blassrandiger Milchling KA; UN<br />
Lactarius glyciosmus Blasser Duft-Milchling KA<br />
Lactarius helvus Maggipilz BK<br />
Lactarius hepaticus Leberbrauner Milchling SE; WE; SW<br />
Lactarius pubescens Flaumiger Reizker WE; LÜ; BK; UN<br />
Lactarius quietus Eichen-Reizker WE; BK; KA; SW<br />
Lactarius rufus Rotbrauner Reizker LÜ; KA; SW<br />
Lactarius serifluus Wässriger Milchling BK<br />
Lactarius subdulcis Süßlicher Buchen-Milchling WE; KA; BÖ; SW<br />
Lactarius tabidus Flatter-Reizker BK; SW<br />
Lactarius thejogalus Kleiner Flatter-Reizker KA<br />
Lactarius torminosus Birken-Reizker SE; BK; KA; SW<br />
Lactarius turpis Olivbrauner Milchling KA; SW<br />
94<br />
Flora & Fauna
Grifola frondosa – Klapperschwamm.<br />
Lactarius vellereus Wolliger Milchling BK; SW<br />
Lactarius vietus Graufleckender Milchling SE; BK<br />
Lactarius volemus Brätling SW<br />
Laetiporus sulphureus Schwefelporling alle<br />
Langermannia gigantea Riesenbovist alle<br />
Leccinellum crocipodium Gelber Raustiel-Röhrling SW<br />
Leccinum aurantiacum Espenrotkappe BK; SW<br />
Leccinum pseudoscabrum Hainbuchen-Raufuß SW<br />
Leccinum scabrum Gewöhnlicher Birkenpilz alle<br />
Leccinum variicolor Vielverfärbender Birkenpilz SW<br />
Lentinellus cochleatus Anis-Zähling KA<br />
Lentinus tigrinus Getigerter Knäueling WE; LÜ; BK; KA; UN<br />
Lenzites betulinus Birken-Blättling BK; KA; BÖ; UN<br />
Leotia lubrica Grüngelbes Gallertkäppchen SW<br />
Flora & Fauna<br />
95
Lepiota aspera Spitzschuppiger Schirmling BK; KA; UN; SW<br />
Lepiota clypeolaria Wollstiel-Schirmling KA; SW<br />
Lepiota cristata Stink-Schirmling SE; WE; BK; KA; UN; SW<br />
Lepiota echinacea Igel-Schirmling SW<br />
Lepiota felina Schwarzschuppiger Schirmling SW<br />
Lepiota ventriospora Gelbgestiefelter Schirmling UN<br />
Lepista flaccida Fuchsigbrauner Rötelritterling WE; BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Lepista gilva Wasserfleckiger Rötelritterling SW<br />
Lepista nuda Violetter Rötelritterling BK; KA; UN; SW<br />
Lepista personata Lilastiel-Rötelritterling SW<br />
Lepista rickenii Marmorierter Rötelritterling SW<br />
Lepista sordida Fleischbrauner Rötelritterling LÜ; KA<br />
Leucoagaricus leucothites Rosablättriger Egerlingsschirmling KA; UN<br />
Leucoagaricus subcretaceus Weißlicher Egerlingsschirmling KA; UN<br />
Leucocoprinus birnbaumii Gelber Faltenschirmling KA<br />
Leucopaxillus giganteus Riesen Krempen-Trichterling SW<br />
Lycoperdon excipuliforme Beutel-Bovist LÜ; BK; KA; BÖ; HW; SW<br />
Lycoperdon foetidum Stinkender Stäubling WE<br />
Lycoperdon perlatum Flaschen-Stäubling alle<br />
Lycoperdon pratense Wiesen-Stäubling BK; UN; SW<br />
Lycoperdon pyriforme Birnen-Stäubling alle<br />
Lycoperdon utriformis Hasen-Stäubling KA<br />
Lyophyllum connatum Weißer Rasling KA; SW<br />
Lyophyllum decastes Büscheliger Rasling SE; BK; KA; UN; SW<br />
Macrocystidia cucumis Gurken-Schnitzling BK; BÖ; FB; SW<br />
Macrolepiota konradii Grobscholliger Riesenschirmling SW<br />
Macrolepiota procera Parasolpilz SE; WE; BK; KA; UN; FB; SW<br />
Macrolepiota rachodes Safran-Riesenschirmling BK<br />
Macrotyphula juncea Binsenkeule KA<br />
Marasmiellus ramealis Astschwindling BK; KA; UN<br />
Marasmius androsaceus Roßhaar-Schwindling SW<br />
Marasmius epiphyllus Runzeliger Schwindling SW<br />
96<br />
Flora & Fauna
Marasmius oreades Nelken-Schwindling LÜ; BK; UN; SW<br />
Marasmius prasiosmus Großer Knoblauch-Schwindling SW<br />
Marasmius rotula Halsband-Schwindling BÖ; SW<br />
Megacollybia platyphylla Breitblättriger Rübling BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />
Melanoleuca brevipes Kurzstieliger Weichritterling SW<br />
Melanoleuca cognata Frühlings-Weichritterling BK; LÜ<br />
Melanoleuca melaleuca Weißleuchtender Weichritterling LÜ; BK; KA; SW<br />
Melanophyllum echinatum Blutblättriger Zwergschirmling KA<br />
Meripilus giganteus Riesenporling alle<br />
Merulius tremellosus Gallertfleischiger Fältling KA; BK<br />
Mutinus caninus Gewöhnliche Hundsrute KA; BÖ; SW<br />
Mutinus ravenelii Himbeerrote Hundsrute BK<br />
Mycena acicula Orangeroter Helmling BÖ<br />
Mycena alcalina Alkalischer Helmling SW<br />
Mycena corynephora Flockiger Rinden-Helmling KA<br />
Mycena crocata Gelbmilchender Helmling BK; KA<br />
Mycena fagetorum Buchen-Helmling BK<br />
Mycena filopes Faden-Helmling SW<br />
Mycena galericulata Rosablättriger Helmling alle<br />
Mycena galopus Weißmilchender Helmling alle<br />
Mycena inclinata Buntstieliger Helmling HW; SW<br />
Mycena leptocephala Fleischbräunlicher Hemling BK; KA<br />
Mycena polygramma Rillstieliger Helmling BK; KA; HW<br />
Mycena pura Rettich-Helmling alle<br />
Mycena rosea Rosa Helmling BK; KA<br />
Mycena sanguinolenta Purpurschneidiger Blut-Helmling KA; BÖ; FB; SW<br />
Mycena zephirus Rostfleckiger Helmling KA<br />
Mycena vitilis Zäher Faden-Helmling SW<br />
Naucoria scolecina Erlen-Schnitzling BK<br />
Neolentinus lepideus Schuppiger Sägeblättling SW<br />
Nidularia farcta Vollgestopfter Nestling SE<br />
Oudemansiella mucida Buchen-Schleimrübling SW<br />
Flora & Fauna<br />
97
Panaeolus acuminatus Kegeliger Düngerling SW<br />
Panaeolus foenisecii Heu-Düngerling KA<br />
Panaeolus papilionaceus Behangener Düngerling LÜ; BK<br />
Panaeolus semiovatus Ring-Düngerling SW<br />
Panellus mitis Milder Muschelseitling SE; SW<br />
Panellus serotinus Gelbstieliger Muschelseitling BK; SW<br />
Panellus stypticus Herber Zwergknäueling LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />
Parasola leiocephala Kahlköpfiger Scheibentintling KA<br />
Parasola plicatilis Rad-Tintling BÖ; UN; SW<br />
Paxillus involutus Kahler Krempling alle<br />
Peniophora cinerea Aschgrauer Zystidenrindenpilz BÖ<br />
Peniophora incarnata Fleischroter Zystidenrindenpilz BK; BÖ<br />
Peniophora limitata Eschen-Zystidenrindenpilz KA; BÖ<br />
Peniophora quercina Eichen-Zystidenrindenpilz KA; BÖ<br />
Phaeolepiota aurea Glimmerschüppling KA; UN<br />
Phaeolus schweinitzii Nadelholz-Braunporling SW<br />
Phallus impudicus Stinkmorchel alle<br />
Phellinus igniarius Gewöhnlicher Feuerschwamm SE; BK; KA; UN; HW; SW<br />
Phellinus pomaceus Pflaumen-Feuerschwamm SW<br />
Phlebia radiata Orangeroter Kammpilz LÜ; BK; BÖ; UN<br />
Pholiota alnicola Weißbehangener Erlen-Schüppling SE; BK<br />
Pholiota aurivella Goldfell-Schüppling BK; KA; SW<br />
Pholiota flammans Feuer-Schüppling SE; LÜ; BK; KA; SW<br />
Pholiota lenta Tonweißer Schüppling BK; KA<br />
Pholiota populnea Pappel-Schüppling BK; KA; SW<br />
Pholiota spumosa Nadelholz-Schüppling SW<br />
Pholiota squarrosa Sparriger Schüppling alle<br />
Pholiota tuberculosa Krummstieliger Schüppling KA<br />
Phylloporus pellertieri Europäisches Goldblatt BK; UN<br />
Phyllotopsis nidulans Orange-Seitling SW<br />
Physisporinus vitreus Glasigweißer Porling KA; UN<br />
Piptoporus betulinus Birkenporling alle<br />
Pisolithus arhizus Erbsenstreuling WE; BK; KA; BÖ<br />
98<br />
Flora & Fauna
Scutellinia scutellata – Gemeiner Schild-Borstling.<br />
Pleurotus ostreatus Austern-Seitling SE; WE; BK; KA; SW<br />
Pleurotus pulmonarius Lungen-Seitling BK; KA; SW<br />
Plicaturopsis crispa Krauser Aderzähling LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW<br />
Pluteus cervinus Rehbrauner Dachpilz alle<br />
Pluteus ephebeus Graufilziger Dachpilz BK<br />
Pluteus leoninus Löwengelber Dachpilz KA; HW; SW<br />
Pluteus phlebophorus Runzeliger Dachpilz BÖ<br />
Pluteus salicinus Grauer Dachpilz BK; KA; BÖ; SW<br />
Pluteus satur Blassstieliger Dachpilz UN<br />
Pluteus thomsonii Graustieliger Adern-Dachpilz SW<br />
Flora & Fauna<br />
Polyporus brumalis Winter-Porling WE; LÜ; BK; KA; BÖ; UN; HW; SW<br />
Polyporus ciliatus Mai-Porling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Polyporus squamosus Schuppiger Porling HW; SW<br />
99
Polyporus varius Löwengelber Schwarzfuß-Porling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Porphyrellus porphyrosporus Düsterer Röhrling SW<br />
Postia caesia Blauender Saftporling BK; KA; UN; SW<br />
Postia stiptica Bitterer Porling BK; KA; SW<br />
Postia tephroleuca Grauweißer Saftporling BK<br />
Psathyrella atomata Weg-Faserling SW<br />
Psathyrella candolleana Behangener Faserling BK; KA; UN; SW<br />
Psathyrella conopilus Steifstieliger Kegelhut-Faserling BÖ; SW<br />
Psathyrella corrugis Rosaschneidiger Faserling KA; SW<br />
Psathyrella cotonea Schwefelfüßiger Faserling KA<br />
Psathyrella gracilis Rotschneidiger Faserling KA<br />
Psathyrella multipedata Büscheliger Faserling BK<br />
Psathyrella piluliformis Wässriger Saumpilz BK; KA; SW<br />
Psathyrella pygmaea Zwerg-Faserling SW<br />
Psathyrella spadicea Schokoladenbrauner Faserling KA; SW<br />
Psathyrella spadiceogrisea Früher Saumpilz BÖ; SW<br />
Pseudoboletus parasiticus Schmarotzer-Röhrling BK<br />
Pseudoclitocybe cyathiformis Kaffeebrauner Gabeltrichterling SW<br />
Pseudohydnum gelatinosum Zitterzahn KA<br />
Psilocybe merdaria Dung-Kahlkopf BK; SW<br />
Psilocybe semilanceata Spitzkegeliger Kahlkopf KA; UN; SW<br />
Pterula subulata Weißliche Borstenkoralle SW<br />
Pycnoporus cinnabarinus Zinnoberrote Tramete BK; KA; SW<br />
Ramaria abietina Grünende Koralle SW<br />
Ramaria stricta Steife Koralle SW<br />
Rhodocollybia asema Horngrauer Rübling BK; KA; BÖ; UN; FB; SW<br />
Rhodocollybia butyracea Butter-Rübling BK; KA; UN; FB; SW<br />
Rhodocollybia distorta Drehstieliger Rübling BK; KA<br />
Rhodocybe gemina Fleischrötlicher Tellerling SW<br />
Rickenella fibula Gewöhnlicher Heftelnabeling WE; SE; BK; KA; BÖ; SW<br />
Rickenella setipes Blaustieliger Heftelnabeling KA<br />
Ripartites tricholoma Bewimperter Filzkrempling SW<br />
Russula aeruginea Grasgrüner Täubling BK; KA; BÖ; UN<br />
100<br />
Flora & Fauna
Russula amoenolens Camembert-Täubling BK; SW<br />
Russula anatina Graugrüner Täubling SW<br />
Russula aquosa Wässriger Moor-Täubling SW<br />
Russula atropurpurea Purpurschwarzer Täubling BK; SW<br />
Russula atrorubens Schwarzroter Spei-Täubling SW<br />
Russula aurora Netzflockiger Rosa-Täubling SW<br />
Russula brunneoviolacea Braunvioletter Samt-Täubling BK; SW<br />
Russula cessans Kiefern-Täubling SW<br />
Russula cyanoxantha Frauen-Täubling BK; KA; UN; FB; SW<br />
Russula densifolia Dichtblättriger Schwarz-Täubling SW<br />
Russula foetens Gewöhnlicher Stink-Täubling SW<br />
Russula graveolens Fleischvioletter Herings-Täubling SW<br />
Russula heterophylla Grünlicher Speise-Täubling SW<br />
Russula ionochlora Papagei-Täubling KA; SW<br />
Russula lilacea Roter Reif-Täubling SW<br />
Russula minutula Kleiner Rosa-Täubling SW<br />
Russula nigricans Dickblättriger Täubling KA; FB; SW<br />
Russula nitida Milder Glanz-Täubling SW<br />
Russula nobilis Gedrungener Buchenspei-Täubling SW<br />
Russula ochroleuca Ocker-Täubling BK; KA; BÖ; UN; SW<br />
Russula paludosa Apfel-Täubling SE; SW<br />
Russula parazurea Blaugrüner Reif-Täubling BK; KA; BÖ; SW<br />
Russula pectinatoides Kratzender Kamm-Täubling BK; KA; SW<br />
Russula pseudointegra Ockerblättriger Zinnober-Täubling SW<br />
Russula puellaris Milder Wachs-Täubling BK; SW<br />
Russula queletii Stachelbeer-Täubling BK; KA; SW<br />
Russula rosea Harter Zinnober-Täubling BK; KA; SW<br />
Russula silvestris Gewöhnlicher Spei-Täubling BK; KA; SW<br />
Russula turci Jodoform-Täubling SW<br />
Russula velenovskyi Velenowskyis Täubling BK; KA; SW<br />
Russula versicolor Vielfarbiger Täubling LÜ; KA; SW<br />
Russula vesca Speise-Täubling KA; SW<br />
Russula vinosa Weinroter Graustiel-Täubling SW<br />
Flora & Fauna<br />
101
102<br />
Flora & Fauna<br />
Russula violeipes Violettstieliger Pfirsich-Täubling BK; KA; BÖ; SW<br />
Russula virescens Grüngefelderter Täubling SW<br />
Schizophyllum commune Spaltblättling alle<br />
Schizopora flavipora Gelbporiger Spaltporling BÖ<br />
Schizopora paradoxa Veränderlicher Spaltporling BK; KA; BÖ; UN<br />
Scleroderma areolatum Getupfter Kartoffelbovist SE; BK; KA; UN; SW<br />
Scleroderma bovista Rotbräunlicher Kartoffelbovist BK; SW<br />
Scleroderma citrinum Dickschaliger Kartoffelbovist alle<br />
Scleroderma verrucosum Dünnschaliger Kartoffelbovist SE; BK; KA<br />
Serpula lacrymans Hausschwamm KA; UN<br />
Sparassis crispa Krause Glucke SW<br />
Spongiporus lacteus Weißlicher Saftporling BK<br />
Steccherinum fimbriatum Gefranster Resupinatstachling SW<br />
Stereum hirsutum Striegeliger Schichtpilz LÜ; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />
Stereum rugosum Rötender Schichtpilz BK; KA; BÖ; SW<br />
Stereum sanguinolentum Blutender Schichtpilz BK<br />
Stereum subtomentosum Samtiger Schichtpilz KA; BÖ; FB; HW<br />
Strobilurus esculentus Fichtenzapfen-Rübling SW<br />
Stropharia aeruginosa Grünspan-Träuschling alle<br />
Stropharia aurantiaca Orangeroter Träuschling BK; KA; UN<br />
Stropharia caerulea Blauer Träuschling SE; LÜ; BK; KA; FB<br />
Stropharia coronilla Krönchen-Träuschling LÜ<br />
Stropharia inuncta Purpurgrauer Träuschling SW<br />
Stropharia rugosoannulata Rotbrauner Träuschling WE; BK<br />
Stropharia semiglobata Halbkugeliger Träuschling BK<br />
Stropharia squamosa Schuppiger Träuschling KA<br />
Suillus grevillei Gold-Röhrling BK; KA; UN; FB; SW<br />
Tapinella atrotomentosa Samtfuß-Krempling SW<br />
Thelephora anthocephala Blumen-Lederkoralle SW<br />
Thelephora terrestris Erd-Warzenpilz WE; LÜ; BK; KA; SW<br />
Trametes gibbosa Buckel-Tramete alle<br />
Trametes hirsuta Striegelige Tramete SE; WE; BK; KA; BÖ; UN; FB; HW; SW<br />
Trametes pubescens Samtige Tramete KA; BÖ
Trametes versicolor Schmetterlings-Tramete alle<br />
Tremella encephala Weißkerniger Zitterling KA; BÖ<br />
Tremella foliacea Blattartiger Zitterling KA<br />
Flora & Fauna<br />
Tremella globispora Buckeliger Zitterling BK; KA; BÖ; UN<br />
Tremella mesenterica Goldgelber Zitterling alle<br />
Trichaptum abietinum Tannen-Tramete BK<br />
Tricholoma album Strohblasser Ritterling SW<br />
Tricholoma argyraceum Gilbender Erd-Ritterling KA<br />
Tricholoma bufonium Violettbrauner Schwefel-Ritterling SW<br />
Tricholoma columbetta Seidiger Ritterling FB; SW<br />
Tricholoma myomyces Mausgrauer Erd-Ritterling SE; BK; SW<br />
Tricholoma populinum Pappel-Ritterling BK<br />
Tricholoma portentosum Schwarzfaseriger Ritterling SW<br />
Tricholoma saponaceum Seifen-Ritterling KA<br />
Tricholoma scalpturatum Gilbender Erd-Ritterling KA; FB; SW<br />
Tricholoma stiparophyllum Weißer Ritterling SW<br />
Tricholoma sulphureum Schwefel-Ritterling SE; WE; BK; KA; SW<br />
Tricholoma ustale Brandiger Ritterling SW<br />
Tricholoma virgatum Brennender Ritterling SW<br />
Tricholomopsis decora Olivgelber Holzritterling SW<br />
Tricholomopsis rutilans Purpurfilziger Holzritterling SE; KA; SW<br />
Tubaria conspersa Flockiger Trompetenschnitzling BÖ<br />
Tubaria furfuracea Sommer-Trompetenschnitzling BK; KA<br />
Tubaria hiemalis Winter-Trompetenschnitzling WE; LÜ: BÖ<br />
Tulasnella violea Lilafarbene Wachskruste BK<br />
Tylopilus felleus Gallen-Röhrling BK; UN; SW<br />
Typhula erythropus Blattstiel-Fadenkeulchen LÜ; BK; KA<br />
Typhula phacorrhiza Linsensklerotien-Fadenkeulchen KA; SW<br />
Typhula quisquilanis Adlerfarn-Fadenkeulchen SE; BK<br />
Volvariella gloiocephala Großer Scheidling BK; KA; UN; FB; SW<br />
Volvariella surrecta Parasitischer Scheidling BK<br />
Vuilleminia comedens Rindensprenger KA<br />
Xerula radicata Grubiger Wurzelrübling BK; KA; BÖ; SW<br />
103
Literatur:<br />
Bender, J., Siepe, K. & Wölfel, G.<br />
(2009-2011): Pilze in NRW. – URL:<br />
http://www.bender-coprinus.de/nrwlisten/_nrw__pilze.html<br />
Index Fungorum Partnership (2008):<br />
Index Fungorum. – URL: http://www.<br />
indexfungorum.org/<br />
Krieglsteiner, G. J. (1991): Verbreitungsatlas<br />
der Großpilze Deutschlands (West).<br />
<strong>Band</strong> 1: Ständerpilze; Teile A und B.<br />
– Stuttgart.<br />
Krieglsteiner, G. J. (1993): Verbreitungsatlas<br />
der Großpilze Deutschlands (West).<br />
<strong>Band</strong> 2: Schlauchpilze. – Stuttgart.<br />
Loos, G. H. (1999): Vorläufige Übersicht<br />
der Flechtenarten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />
– <strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
e. V. 4: 71-78.<br />
Loos, G. H. (2002): Beiträge zur Organismenwelt<br />
des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>. – <strong>Naturreport</strong>,<br />
Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> 6: 83-90.<br />
Loos, G. H. & Margenburg, K. (2008):<br />
Wiederausbreitung der epiphytischen<br />
Flechten im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> - ein Siegeszug?<br />
– <strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e.<br />
104<br />
Flora & Fauna<br />
Artomyces pyxidatus – Becherkoralle.<br />
V. 12: 70-77.<br />
Loos, G. H., Geyer, H. J., Hellmann, E.,<br />
Margenburg, B., Margenburg, K., Postler,<br />
E. & Postler, W. (2010): Beiträge zur<br />
Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> VII.<br />
– <strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
e. V. 14: 139-150.<br />
Rosenstengel, G. (2010): Zwei seltene<br />
Pilze in Westfalen. – Info-Magazin<br />
NABU Märkischer <strong>Kreis</strong>verband 2010:<br />
19.<br />
Runge, A. (1981): Die Pilzflora Westfalens.<br />
– Abhandlungen aus dem Landesmuseum<br />
für Naturkunde zu Münster in<br />
Westfalen 43 (1). Münster.<br />
Runge, A. (1986): Neue Beiträge zur<br />
Pilzflora Westfalens. – Abhandlungen<br />
aus dem Westfälischen Museum für<br />
Naturkunde 48 (1). Münster.<br />
Runge, F. (1979): Gutachten über die<br />
Vegetation des Lippegebietes zwischen<br />
Stockum bei Werne und Alstedde bei<br />
Lünen. Hrsg.: <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. – <strong>Unna</strong>.<br />
Sonneborn, I., Sonneborn, W. & Siepe,<br />
K. (1999): Rote Liste der gefährdeten<br />
Großpilze (Makromyzeten) in Nordrhein-Westfalen.<br />
2. Fassung. – Schriftenreihe<br />
der LÖBF 17: 259-294.
� Bilanz aus 30 Jahren Beobachtungen<br />
von Götz Heinrich Loos<br />
Zum Gedenken an Heinz Herkenrath<br />
Die heimliche Lebensweise vieler<br />
Säugetierarten, die zudem meist<br />
noch nachtaktiv sind und sich deshalb<br />
den üblichen naturkundlichen<br />
Beobachtungsgängen tagsüber entziehen<br />
sowie für deren Bestimmung<br />
teilweise Hilfsmittel, wie Fledermausdetektoren<br />
notwendig sind,<br />
macht ihre Erfassung schwierig.<br />
Trotzdem liegen nach langjährigen<br />
Beobachtungen für manche Gebiete<br />
hinreichende Bewertungen hinsichtlich<br />
Vorkommen und Häufigkeit vor,<br />
die bemerkenswerte Tendenzen in<br />
einer Veränderung des Arteninventars<br />
und der Bestandsentwicklung<br />
einiger Arten erkennen lassen.<br />
Die umfangreichste langjährige Teilraumbeobachtung<br />
von Säugetieren im<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> existiert für das Gemeindegebiet<br />
von Holzwickede: Herkenrath<br />
(1984) fasste seine Ergebnisse aus einer<br />
Beobachtungstätigkeit von 55 Jahren<br />
Flora & Fauna<br />
Arteninventar und Bestandsveränderungen<br />
der Säugetiere im Stadtgebiet Kamen<br />
Der Abendsegler hat im Bestand zugenommen. Foto: www.fotolia.de/belizar<br />
105
zusammen und konnte deshalb weitrei-<br />
chende Aussagen über Bestandsverän-<br />
derungen tätigen. Heinz Herkenrath als<br />
landesweit bekannter Säugetierkundler<br />
(u.a. Mitarbeit bei den Kartierungen<br />
und der Erarbeitung der westfälischen<br />
Säugetierfauna, die von Schröpfer, Feldmann<br />
& Vierhaus 1984 herausgegeben<br />
wurde; weitere Arbeiten siehe bei W.<br />
Loos & G. H. Loos 2003: 15 ff.) war er<br />
es auch, der eine erste Gesamtübersicht<br />
der zu diesem Zeitpunkt sicher vorhandenen<br />
nicht fliegenden Säugetierarten<br />
des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> verfasste (Herkenrath<br />
2000). Zuvor hatten bereits Devrient<br />
& Wohlgemuth (1995, 1996) die im<br />
<strong>Kreis</strong>gebiet nachgewiesenen Fledermausarten<br />
aufgelistet. Im Anschluss<br />
an diese Beiträge wurden einzelne Beobachtungen<br />
und Fundmitteilungen zu<br />
Säugetierarten in der Reihe „Beiträge<br />
zur Organismenwelt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>“<br />
(beginnend mit G. H. Loos 2002) in<br />
vorliegender Zeitschrift veröffentlicht.<br />
Gleichwohl gibt es noch nicht veröffentlichte<br />
Kenntnisse über andere Teilräume<br />
des <strong>Kreis</strong>gebietes aufgrund der Beobachtungen<br />
durch örtliche Naturkundler,<br />
die teils über das Säugetierinventar ihres<br />
Untersuchungsraumes gut informiert<br />
sind (v.a. H.-J. Pflaume in Lünen, der<br />
auch Beiträge zu den Artmonographien<br />
bei Schröpfer, Feldmann & Vierhaus<br />
1984 geliefert hat).<br />
106<br />
Flora & Fauna<br />
Neuerliche Tendenzen hinsichtlich<br />
der Wiederausbreitung von seit Langem<br />
ausgerotteten, ausgestorbenen oder<br />
verschollenen Arten einerseits und des<br />
Neuauftretens von Säugetier-Neubürgern<br />
andererseits sowie gezielte, technisch<br />
unterstützte Suchen nach bislang<br />
nicht oder unzureichend nachgewiesenen<br />
heimischen Arten haben in den letzten<br />
Jahren neue Erkenntnisse über das<br />
Arteninventar der Säugetiere im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> ergeben. In erster Linie sind hier<br />
die unlängst begonnenen Untersuchungen<br />
von J. O. Kriegs (LWL-Museum für<br />
Naturkunde, Münster) anzuführen, aber<br />
auch H. Herkenrath war, unterstützt u.a.<br />
durch J. Cornelissen, noch unmittelbar<br />
bis zu seinem Tode mit derartigen Feststellungen<br />
(besonders zur Ausbreitung<br />
des Nutria an der Ruhr) beschäftigt.<br />
Für das Stadtgebiet von Kamen fehlte<br />
bislang eine Gesamtübersicht der vorkommenden<br />
Säugetierarten und ihrer<br />
Bestandsentwicklung. Die meisten vorhandenen<br />
Angaben stammen aus mehr<br />
oder weniger zufälligen Beobachtungen<br />
oder der Kenntnis eines übersichtlichen<br />
Kleinraumes innerhalb der Stadtgrenzen<br />
(vgl. Zabel 1971 über Säugetierreste aus<br />
Gewöllen der Waldohreule in Methler,<br />
Loos & Römer 1988, 1991 über Tiere<br />
am Markt, Otten 1998 über Tiere im<br />
eigenen Garten). Auch ist die Zahl mehr<br />
oder weniger systematisch Beobach-<br />
tender und mit hinreichenden Artenkenntnissen<br />
versehenen naturkundlich<br />
Aktiver hier beschränkt. Einen Überblick<br />
der bis dahin bekannten wild lebenden<br />
Säugetiere im Stadtteil (Groß-)Methler<br />
gab W. Loos (1998a), der außer eigenen<br />
und den Beobachtungen des Verfassers<br />
Feststellungen der Herren H. Otten und<br />
H. Wullhorst berücksichtigt hat. Außer<br />
deren Angaben und insbesondere den<br />
teils gemeinsam mit W. Loos in einem<br />
Zeitraum von über 30 Jahren erhobenen<br />
Befunden des Verfassers gehen einzelne<br />
im vorliegenden Beitrag berücksichtigte<br />
Beobachtungen auf die Herren K.-H.<br />
Kühnapfel, H. Rabeneck, K. Seliger †<br />
und K.-F. Steffen (alle Kamen) zurück.<br />
Weiterhin konnten dankenswerterweise<br />
zahlreiche mündliche und schriftliche<br />
Berichte von Jägern, Landwirten, Biologielehrern,<br />
Schülerprojekten des Städtischen<br />
Gymnasiums sowie Anwohnern<br />
beziehungsweise Grundstücksbesitzern<br />
zu einzelnen Arten als Informationsquellen<br />
genutzt werden. Ein namentlicher<br />
Dank gilt der Familie Römer, die über<br />
Jahre immer wieder wertvolle Hinweise<br />
zu Bestandsentwicklungen aufgrund der<br />
Beobachtungen auf ihrem Hofgrund in<br />
Altenmethler gegeben hat.<br />
� Ausgestorbene Arten<br />
Mit W. Loos (1998a) darf man davon<br />
ausgehen, dass mindestens vor der
menschlichen Siedlungstätigkeit Arten<br />
wie Braunbär, Wolf und Auerochse im<br />
Kamener Stadtgebiet vorkamen – ganz<br />
zu schweigen von den eiszeitlichen und<br />
voreiszeitlichen Arten. Flurbezeichnungen<br />
mit „Wolf-“ und „Wulf-“ sind<br />
allerdings wohl nicht immer Hinweise<br />
auf ehemalige Wolfsvorkommen,<br />
sondern können auch Örtlichkeiten<br />
kennzeichnen, an denen wegen ihres<br />
Dickichtcharakters oder ähnlicher Ausprägung<br />
Wolfsvorkommen spekuliert<br />
beziehungsweise fantasiert wurden (vgl.<br />
Tyroller 1996: 1437 f.).<br />
Bei den Ausgrabungen im Bereich<br />
des ehemals unweit der Kamener Nordwestgrenze<br />
gelegenen Römerlagers in<br />
Bergkamen-Oberaden wurden Knochen<br />
von Rothirsch, Wasser-, Sumpf-,<br />
Feld- und Waldspitzmaus, Scher-, Erd-,<br />
Feld- und Waldmaus, von Maulwurf,<br />
Mauswiesel und Feldhase gefunden<br />
(Details bei Niethammer & Gemmeke<br />
1990, Gemmeke & Niethammer 1992,<br />
Flora & Fauna<br />
Der Wolf, ehemals heimisch im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, (noch) nicht wieder festgestellt. Foto: www.fotolia.de/Melissa Schale<br />
Lanser 1992). Verglichen mit heute sind<br />
von diesen Arten Rothirsch (Cervus<br />
elaphus), Sumpfspitzmaus (Neomys<br />
anomalus) und Feldspitzmaus (Crocidura<br />
leucodon) im gesamten <strong>Kreis</strong>gebiet<br />
erloschen. Zwar existiert von letzterer<br />
noch ein jüngerer Nachweis unweit der<br />
Ostgrenze des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> aus Werl<br />
(Vierhaus 1973, 1984), aber nach 1975<br />
hat sich die westliche Verbreitungsgrenze<br />
offensichtlich ein weiteres Stück nach<br />
Osten verschoben (vgl. Vierhaus 1984<br />
107
sowie Niethammer 1979, Frank 1984).<br />
Auch bei der Sumpfspitzmaus hat<br />
anscheinend eine Arealverschiebung<br />
stattgefunden und zwar nach Süden<br />
(vgl. Hutterer 1982, 1984, Gemmeke<br />
& Niethammer 1992).<br />
An weiteren Arten dürfte neben der<br />
vermutlich seit langer Zeit ausgestorbenen<br />
Hausratte (Rattus rattus) auch der<br />
Biber (Castor fiber) im Kamener Raum<br />
vorgekommen sein, immerhin gab es<br />
ihn noch um 1750 bei Werne und Cappenberg<br />
in größerer Zahl und das Vorkommen<br />
von Flur- und Gewässernamen<br />
mit „Bi(e)ber-“ bzw. „Bever-“ in der<br />
Umgebung Kamens (z. B. der Beverbach<br />
in Bergkamen) zeugt von einer ehemals<br />
weiten Verbreitung (Details und Literaturauswertung<br />
bei Feldmann 1984). Ob<br />
allerdings die neuerliche Ausbreitung<br />
des Bibers den Kamener Raum erreicht<br />
hat, ist ungewiss. H. Otten (mündl.<br />
Mitteilung) konnte bereits ein Exemplar<br />
in Bergkamen-Heil im Datteln-Hamm-<br />
Kanal schwimmend beobachten. Die<br />
Lippe als potenzieller Ausbreitungsweg<br />
der niederrheinischen Biber nach Osten<br />
wurde schon von Bünning, Bräsecke &<br />
Geiger-Roswora (2004) aufgezeigt.<br />
Für die Seseke war noch für den<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts das Vorkommen<br />
des Fischotters (Lutra lutra)<br />
verbürgt (vgl. Brandenburg 1950, auch<br />
erwähnt bei W. Loos 1998b). Diese Art<br />
108<br />
Flora & Fauna<br />
dürfte an den seinerzeit unverbauten<br />
Fließgewässern ebenfalls weit verbreitet<br />
gewesen sein. Rezente Beobachtungen<br />
des Fischotters aus Kamen in Zusammenhang<br />
mit den neuen Feststellungen<br />
im Münsterland (Kriegs & al. 2010)<br />
existieren jedoch nicht.<br />
� Fledermäuse<br />
Fledermäuse waren nach Angaben<br />
befragter älterer Personen in Kamen<br />
früher nahezu überall zu sehen – von<br />
der Innenstadt bis in die freie Landschaft.<br />
Dies scheint bis in die 1950er<br />
Jahre so gewesen zu sein. Bei Beginn der<br />
eigenen Beobachtungen um 1980 war<br />
es schwierig, überhaupt Fledermäuse<br />
hier zu finden. Devrient & Wohlgemuth<br />
(1995, 1996) nennen für Kamen nur<br />
eine am Markt (an der Rathaus-Apotheke)<br />
aufgefundene, nachfolgend<br />
gepflegte Wasserfledermaus (Myotis<br />
daubentoni) sowie ebenfalls aus der<br />
Innenstadt ein sterbendes Weibchen<br />
des Braunen Langohrs (Plecotus auritus).<br />
Weiter verbreitet ist jedoch der<br />
Abendsegler (Nyctalus noctula), von<br />
dem bereits in den 1960er Jahren ein<br />
Winterquartier in einer Eiche im Kurler<br />
Busch festgestellt wurde (Rost bei<br />
Schulte & Vierhaus 1984). Zumindest<br />
die Beobachtungen dieser Art haben<br />
seit den 1980er Jahren, als er fast nur<br />
noch an der Seseke, zum Beispiel an<br />
der Hilsingmühle regelmäßig gesehen<br />
wurde, aber besonders nach 1990<br />
deutlich zugenommen. In der Feldflur<br />
von Westick gelingen zeitweise häufiger<br />
Tagbeobachtungen gleich mehrerer<br />
Exemplare. Generell verteilen sich<br />
Beobachtungen jagender Tiere über<br />
das gesamte Stadtgebiet; nach wie vor<br />
ist die Seseke dabei ein Schwerpunkt,<br />
hinzu kommt die Umgebung der Heerener<br />
Wälder.<br />
Wasserfledermäuse wurden in den<br />
vergangenen drei Jahren mehrfach<br />
jagend an den renaturierten „Flüsschen“<br />
Seseke und Körne festgestellt.<br />
Auch diese Art ist in den 1980er Jahren<br />
bereits beobachtet worden, allerdings<br />
nur an einem Stillgewässer nahe des<br />
Heerener Holzes. Von einer Wohnung<br />
in Kamen-Mitte konnte vor einigen Jahren<br />
eine dort durch das offene Wohnzimmerfenster<br />
am Tage eingeflogene<br />
Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)<br />
nach einem rasch aufgenommenen<br />
Foto bestimmt werden – das muntere<br />
Tier war nach dem Einfangen und Heraustragen<br />
sehr schnell fort geflogen. Es<br />
darf davon ausgegangen werden, dass<br />
weitere Arten vorkommen. Aufgrund<br />
der überwiegenden Nachtaktivität<br />
und der Notwendigkeit, zur sicheren<br />
Bestimmung mindestens den Fledermausdetektor<br />
einzusetzen, besteht hier<br />
großer Forschungsbedarf.
� Insektenfresser<br />
Einige Spitzmausarten wurden bereits<br />
erwähnt. In Kamen konnten seit 1980<br />
regelmäßig Hausspitzmaus (Crocidura<br />
russula), Waldspitzmaus (Sorex araneus)<br />
und Schabrackenspitzmaus (Sorex coronatus)<br />
beobachtet werden, ohne dass<br />
Bestandsveränderungen aufgefallen<br />
sind. Wie bei Herkenrath (2000) erwähnt,<br />
ist die Schabrackenspitzmaus in<br />
Kamen häufiger als die Waldspitzmaus.<br />
Letztgenannte wurde in Siedlungsbereichen<br />
nur sehr selten beobachtet, wobei<br />
in der Regel Freiflächen in der Nähe<br />
waren (Wasserkurl, Methler). Dagegen<br />
kann die Schabrackenspitzmaus selbst<br />
in Gärten des Stadtzentrums festgestellt<br />
werden (z. B. an der Ängelholmer Straße<br />
und der Ostenmauer). In Westick wurde<br />
die Art über Jahre in Gärten gesehen, die<br />
allerdings strukturreich waren und sowohl<br />
offene Freiflächen als auch Gebüsche<br />
in der Nachbarschaft aufweisen.<br />
Die (Europäische) Wasserspitzmaus<br />
(Neomys fodiens) war bis zur Renaturierung<br />
der Bäche des Seseke-Körne-<br />
Gewässersystems nur sehr selten festzustellen<br />
(Südkamen, Methler; jeweils<br />
Einzelbeobachtungen), hat sich seitdem<br />
jedoch ausgebreitet und ist vor allem<br />
an der Körne und ihren Seitenbächen<br />
immer wieder zu sehen. Sie dürfte vor<br />
der Verschmutzung und vor allem der<br />
Kanalisierung der Bäche häufig gewesen<br />
Flora & Fauna<br />
Igel und Maulwurf sind noch regelmäßig im Stadtgebiet anzutreffen. Fotos: www.fotolia.de/JanetThorpe/Tramper2<br />
sein. Ebenfalls an der Körne gelang (an<br />
einer Uferböschung in Wasserkurl) 2010<br />
die erste sichere Beobachtung einer<br />
Zwergspitzmaus (Sorex minutus) für das<br />
Kamener Stadtgebiet. Entsprechend ist<br />
über ihre Verbreitung und Bestandsdynamik<br />
in Kamen noch nichts Näheres<br />
bekannt.<br />
Igel (Erinaceus europaeus) und Maulwurf<br />
(Talpa europaea) sind regelmäßig<br />
im Stadtgebiet anzutreffen. Trotz großer<br />
Nachstellungen ist der Maulwurf<br />
in Gärten der Siedlungsgebiete noch<br />
regelmäßig vorhanden, aber zurückgegangen.<br />
Jedoch sind alle öffentlichen<br />
und institutionellen Grünanlagen (Rasen,<br />
Parks, Friedhöfe und Sportplätze)<br />
109
esiedelt, teils in ungeheurer Menge (so<br />
z. B. zeitweilig im Rasen am Rathaus).<br />
Generell muss die Art aber als zurückgegangen<br />
betrachtet werden, weil in der<br />
freien Landschaft mit dem Rückgang<br />
des Grünlandes (Wiesen und Weiden)<br />
starke Bestandsverluste zu verzeichnen<br />
sind; Äcker und Säume werden seltener<br />
besiedelt. Auch der Igel ist zwischenzeitlich<br />
seltener geworden. Zwar konnten<br />
die zahllosen Straßenverkehrsopfer<br />
offenbar ausgeglichen werden, aber<br />
mit aufgeräumten Gärten und intensiver<br />
Agrarwirtschaft war es in den 1980er<br />
Jahren nicht einfach, erfolgreich nach<br />
Igeln zu suchen. Inzwischen existieren<br />
mehr Gärten mit Ecken, in denen Igel<br />
Unterschlupf finden und sich vermehren.<br />
Als Sympathieträger erfährt er auch<br />
immer wieder bewusste Fördermaßnahmen<br />
durch Schaffen entsprechender<br />
Strukturen in Gärten.<br />
� Nager<br />
Das wohl berüchtigste Nagetier ist<br />
die Wanderratte (Rattus norvegicus).<br />
Sicher lange in Kamen ansässig, ist aber<br />
der genaue Zeitpunkt ihres ersten Auftretens<br />
hier unbekannt. Zu den lange<br />
etablierten Populationen kommen Neueinschleppungen,<br />
beispielsweise durch<br />
Speditionsverkehr. Die Wanderratte unterliegt<br />
starken Populationsschwankungen,<br />
wobei Bekämpfungsmaßnahmen<br />
110<br />
Flora & Fauna<br />
örtlich zu einem zeitweiligen Rückgang<br />
führen, der aber in der Regel durch aus<br />
der Nachbarschaft neu einwandernde<br />
Tiere nach einer Zeit kompensiert wird.<br />
Eine sehr große Population außerhalb der<br />
Kanalisation, die sogar teilweise tagaktiv<br />
war, bestand um 2005 am Kamener<br />
Bahnhof.<br />
Unter den Mäusen ist die Hausmaus<br />
(Mus (musculus) domesticus) sicherlich<br />
die bekannteste. Früher war sie omnipräsent<br />
in allen Siedlungen und frei stehenden<br />
Häusern, in Lagern mit Getreide<br />
und Lebensmitteln sowie in Viehställen.<br />
Durch stärkere Kontrolle und Hygiene<br />
ist sie deutlich zurückgegangen, tritt<br />
aber immer noch verbreitet auf. Wie<br />
mehrfach beobachtet werden konnte,<br />
wandert sie entlang der Eisenbahn, so<br />
dass Neuvorkommen sowohl durch Einschleppung<br />
als auch durch Einwanderung<br />
zustande kommen können. Weit verbreitet<br />
und wohl relativ stabil im Bestand<br />
ist weiterhin die Waldmaus (Apodemus<br />
oder Sylvaemus sylvaticus), die stärkere<br />
Feuchte meidet, aber sonst in vielen<br />
Habitaten vertreten ist, vornehmlich in<br />
Gehölzen aller Art und Größe. Die verwandte<br />
Gelbhalsmaus (Apodemus oder<br />
Sylvaemus flavicollis) lebt hier vermutlich<br />
nahe ihrer westlichen Verbreitungsgrenze.<br />
Sie ist seltener als die Waldmaus, da<br />
sie bevorzugt in Hochwäldern vorkommt<br />
(konkrete Nachweise aus dem Kurler<br />
Busch und dem Heerener Holz, aber<br />
auch in Hecken und in einem Garten<br />
in Heeren wurde sie beobachtet). Die<br />
Zwergmaus (Micromys minutus) war vor<br />
den 1970er Jahren in (vor allem feuchten<br />
bis nassen) Wiesen und an Säumen<br />
zumindest in Methler und Westick nicht<br />
selten zu finden, meist festgestellt durch<br />
ihre an Halmen aufgehängten Nester. In<br />
der eigenen Beobachtungszeit gelangen<br />
noch einzelne Nachweise an der Seseke,<br />
im Bereich der Kläranlage sowie in<br />
Westick, Derne und Werve. Zumindest<br />
an der Seseke ist die Art jedoch durch<br />
starkes Brennnesselaufkommen verschwunden.<br />
In den 1980er Jahren gab<br />
es sogar Vorkommen an den ehemaligen<br />
Zechenbahntrassen, die aber inzwischen<br />
wohl ebenfalls erloschen sind.<br />
Unter den Wühlmäusen ist die Rötelmaus<br />
(Clethrionomys glareolus) wohl die<br />
häufigste Art in Kamen. Selbst mitten in<br />
der Innenstadt tritt sie in Gärten auf und<br />
ist jährlich anzutreffen. Wenig bekannt<br />
ist dagegen über die Kleinwühl- oder<br />
Kurzohrmaus (Pitymys subterraneus).<br />
Sie wurde viel in Eulengewöllen auf dem<br />
Friedhof Methler (Zabel 1971) sowie<br />
mehrfach lebend in Methler und im<br />
Kamener Osten beobachtet, aber wie<br />
verbreitet sie wirklich ist, konnte bisher<br />
nicht festgestellt werden. Dagegen sind<br />
Feldmaus (Microtus arvalis) und Erdmaus<br />
(Microtus agrestis) im gesamten
Eichhörnchen und Wildkaninchen sind weit verbreitet. Foto: www.fotolia.de/seawhisper/hfox<br />
Stadtgebiet regelmäßig beobachtet<br />
worden. Während die Erstgenannte<br />
Siedlungen offenbar ganz meidet,<br />
konnte die Erdmaus mindestens zweimal<br />
dort (gesichert je einmal in Mitte und<br />
Methler) beobachtet werden, jedoch in<br />
Gärten nahe des Siedlungsrandes. Auch<br />
scheint sie von den Bachrenaturierungen<br />
profitiert zu haben, jedenfalls wurde sie<br />
seit 2009 öfter an Körne und Seseke<br />
beobachtet. Weit verbreitet ist nach wie<br />
vor die Schermaus (Arvicola amphibius),<br />
auch wenn sie örtlich gewiss zurückgegangen<br />
ist. Am auffälligsten sind ihre<br />
Wühlspuren in Gärten – und dort kommt<br />
sie noch in allen Stadtteilen vor. Gleich<br />
mehrere schwimmende dunkel gefärbte<br />
Schermäuse beobachtete W. Loos vor<br />
über 25 Jahren im stillgelegten Freibad<br />
Kaiserau.<br />
� Bisam, Hörnchen, Haselmaus<br />
und Hasentiere<br />
Der Bisam (Ondatra zibethicus)<br />
erreichte den Kamener Raum gegen<br />
Ende der 1960er Jahre. Seitdem kann<br />
er regelmäßig an Stillgewässern beobachtet<br />
werden, sogar an Gartenteichen<br />
Flora & Fauna<br />
und neuerdings an den renaturierten<br />
Bächen. Seine Bestände sind allerdings<br />
anscheinend gegenüber den 1980er<br />
Jahren rückläufig.<br />
Unmittelbar an der Stadtgrenze, zwischen<br />
Kaiserau und Dortmund-Husen,<br />
wurden vor 1970 regelmäßiger und<br />
einmal zufällig nach 1980 Streifenhörnchen<br />
(Tamias sibiricus) beobachtet (vgl.<br />
G. H. Loos 1991). Über ihre Bestandsentwicklung<br />
und ein späteres Auftreten<br />
ist nichts Weiteres bekannt. Das Eichhörnchen<br />
(Sciurus vulgaris) ist dagegen<br />
ein einheimisches, verbreitetes Tier in<br />
111
Kamen. Nach einem gewissen Rückgang<br />
und Bestandsschwankungen hat es sich<br />
mittlerweile vor allem in Siedlungen deutlich<br />
ausgebreitet. Details hierzu und zur<br />
Verteilung der Fellfärbungstypen bleiben<br />
einer eigenen Darstellung vorbehalten.<br />
Ein einziger Bilch kam im Gebiet oder<br />
wenigstens nahe außerhalb in Dortmund<br />
die Haselmaus (Muscardinus avellanarius)<br />
vor. Nach Rehage & Steinborn (1984)<br />
wurde sie von K. Rost im Kurler Busch in<br />
den 1950er und 1960er Jahren mehrfach<br />
in Nistkästen gefunden. Neuere Beobachtungen<br />
fehlen jedoch. Im Allgemeinen<br />
handelt es sich um eine Art des Berglandes,<br />
die zunächst im Schwerter Stadtgebiet<br />
auftritt (vgl. Herkenrath 2000).<br />
Der Feldhase (Lepus europaeus) war<br />
nach Herkenrath (2000) vor dem Zweiten<br />
Weltkrieg im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> eines der<br />
häufigsten Säugetiere. Davon kann heute<br />
keine Rede mehr sein. Die Populationen<br />
schwanken von Jahr zu Jahr sehr stark,<br />
dennoch lassen sich in den agrarisch<br />
geprägten Räumen des gesamten Stadtgebietes<br />
bis heute Feldhasen beobachten.<br />
Die Vorkommen sind jedoch lückenhaft<br />
und im Großraum Methler ist ein zumindest<br />
örtlicher Rückgang zu konstatieren.<br />
Ähnlich schwanken die Vorkommen des<br />
allerdings viel häufigeren Wildkaninchens<br />
(Oryctolagus cuniculus) in Abhängigkeit<br />
von Epidemien. Dennoch ist es nicht<br />
selten geworden, sondern erschließt<br />
112<br />
Flora & Fauna<br />
neue Biotope: So sind die zuvor reichlich<br />
besiedelten Ufer der kanalisierten<br />
Bäche nach der Renaturierung vielfach<br />
wiederbesiedelt worden. Außerordentlich<br />
viele Tiere sieht man auf Rasen in<br />
Siedlungsbereichen, vor allem in Mitte<br />
und hier in manchen Jahren vornehmlich<br />
am Rathaus.<br />
� Fleischfresser<br />
Der Steinmarder (Martes foina) ist<br />
wohl der häufigste Fleischfresser in<br />
Kamen. Durch Rumoren im Dachboden<br />
oder angefressene Autokabel macht er<br />
– jedoch nur örtlich und vereinzelt – auf<br />
sich aufmerksam, obwohl man ihn nur<br />
selten selbst zu Gesicht bekommt. Er<br />
hat zweifellos abgenommen, ist aber<br />
im Bestand noch stabil (z. B. noch auf<br />
den meisten Bauernhöfen). Trotzdem<br />
ist eine weitere Bejagung dieses Tieres<br />
grundsätzlich abzulehnen, da sie keine<br />
sinnvollen Zwecke verfolgt. Auch<br />
Hermelin (Mustela erminea) und Iltis<br />
(Mustela putorius) sind in Kamen zwischen<br />
1980 und 2011 immer wieder,<br />
aber meist mit großen Abständen und<br />
sehr unregelmäßig beobachtet worden.<br />
Das Hermelin wurde nach 2000 öfter<br />
in Einzeltieren in Westick und Methler<br />
gesehen. Verglichen mit den Ausführungen<br />
bei Herkenrath (2000), ist das<br />
Mauswiesel (Mustela nivalis) dagegen in<br />
Kamen mindestens zerstreut vorhanden,<br />
hat aber nach 1990 wohl auch nach<br />
einem vorherigen Rückgang wieder<br />
zugenommen. Es kann z. B. an der Bahn<br />
regelmäßig beobachtet werden.<br />
Der Dachs (Meles meles) kam früher<br />
zumindest in Heeren und Rottum sicher<br />
vor, vermutlich auch in Südkamen. Über<br />
seinen aktuellen Bestand gibt es keine<br />
gesicherten Hinweise, daher darf er in<br />
Kamen als aussterbend betrachtet werden.<br />
Im Gegensatz dazu ist der Fuchs<br />
(Vulpes vulpes) noch vorhanden, aber<br />
alles andere als häufig und auch kein<br />
regelmäßiger Siedlungsbewohner wie<br />
in angrenzenden Ruhrgebietsstädten.<br />
Nach derzeitiger Erkenntnis ist er außer<br />
in Mitte noch in allen Stadtteilen mit<br />
einzelnen Bauen vertreten. Ein Neubürger<br />
ist der Waschbär (Procyon lotor),<br />
der schon vor einigen Jahren in Methler<br />
beobachtet wurde. Wahrscheinlich ist<br />
er schon häufiger als bemerkt; zufällig<br />
konnten 2010 Spuren im Schnee<br />
an der Wittenberger Straße in Mitte<br />
festgestellt werden, außerdem gibt es<br />
Beobachtungen von der Umgebung der<br />
Eisenbahn in Mitte. Ein anderer Neubürger,<br />
der Marderhund (Nyctereutes procyonoides),<br />
ist angeblich kürzlich nahe<br />
außerhalb in Bergkamen beobachtet<br />
worden (I. Jädtke, Bergkamen, mündl.<br />
Mitteilung). Ebenfalls nicht heimisch,<br />
aber ein alter Kulturbegleiter ist die<br />
Hauskatze (Felis silvestris f. catus), die
jedoch primär Haustier ist und scheinbar<br />
zunehmend seltener verwildert. Für die<br />
Nachkriegszeit ist belegt, dass zahlreiche<br />
verwilderte Katzen vorkamen, aber<br />
spätestens seit den 1970er Jahren hat<br />
die Zahl derartiger Exemplare beständig<br />
abgenommen.<br />
� Reh und Schwein<br />
Bleiben abschließend noch die Paarhufer<br />
zu besprechen, von denen lange<br />
Zeit das Reh (Capreolus capreolus) in<br />
Kamen allein vorgekommen ist. Die Bestandsgrößen<br />
im Stadtgebiet sind stabil,<br />
sämtliche Waldgebiete sind besetzt und<br />
von dort aus streifen die Rehe in die<br />
Ackerfluren und in anderes offenes oder<br />
leicht bebuschtes Gelände (z. B. an der<br />
Körne nach der Renaturierung mehrfach<br />
beobachtet). In den Siedlungsbereichen<br />
wurden sie jedoch bislang kaum beobachtet,<br />
es sei denn, der Wald grenzt<br />
unmittelbar an Gärten, so dass sie in den<br />
jeweiligen Garten übertreten (so einzeln<br />
in Wasserkurl und Heeren).<br />
Das Wildschwein (Sus scrofa) wird<br />
noch von Herkenrath (2000) als mehr<br />
oder weniger unsteter Gast im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> behandelt, inzwischen haben sich<br />
die Verhältnisse aber gewandelt und die<br />
Art kann als eingebürgert angesehen<br />
werden. Sogar im waldarmen Kamener<br />
Stadtgebiet hat nach Auskunft von Jägern<br />
eine Sau in einem Wald bei Derne<br />
Frischlinge zur Welt gebracht. Daher<br />
darf das Wildschwein als Neubürger<br />
Kamens gelten.<br />
Literatur:<br />
Brandenburg, F. (1950): Der <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>, die<br />
Stadt Hamm. – <strong>Kreis</strong>- und Stadthandbücher des<br />
Westfälischen Heimatbundes 12. Münster.<br />
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– LÖBF-Mitteilungen 20 (3): 52-58.<br />
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im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. – Informationsschrift<br />
der Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> 3. <strong>Unna</strong>.<br />
Flora & Fauna<br />
Neubürger in Kamen und im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>: das Wildschwein.<br />
Foto: www.fotolia.de/zolastro<br />
Devrient, I. & Wohlgemuth, R. (1996): Fledermäuse<br />
im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. – 1. Ergänzung zur Informationsschrift<br />
der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> 3 (Beilage). <strong>Unna</strong>.<br />
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1758. – In: Schröpfer, R., Feldmann, R.<br />
& Vierhaus, H. (Hrsg.), Die Säugetiere Westfalens,<br />
Abhandlungen aus dem Westfälischen<br />
Museum für Naturkunde 46 (4): <strong>16</strong>1-<strong>16</strong>3.<br />
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Crocidura russula und C. leucodon in NW-<br />
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113
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unter Mitarb. v. Schnurbein, S. v. (Hrsg.), Das<br />
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Säugetiere Westfalens, Abhandlungen aus<br />
dem Westfälischen Museum für Naturkunde<br />
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des Fischotters Lutra lutra (Linnaeus, 1758) in<br />
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(Münster) 70 (3/4): 131 – 140.<br />
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– In: Kühlborn, S., unter Mitarb. v. Schnurbein,<br />
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des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>. – <strong>Naturreport</strong>, Jahrbuch der<br />
114<br />
Flora & Fauna<br />
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6: 83-90.<br />
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Bedeutung. – In: Martin, H. & al., Raumanalyse<br />
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4 (2): 26-28.<br />
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W. & Loos, G. H., Landschaft und Lebewelt in<br />
Methler, pp. 99-106. Kamen.<br />
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Biographie: Heinz Herkenrath. – <strong>Naturreport</strong><br />
Beiheft 3.<br />
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Niethammer, J. & Gemmeke, H. (1990): Kleine<br />
Säugetiere aus römischen Brunnen des Legionslagers<br />
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zoologische Beiträge 41: 113-120.<br />
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aus dem Westfälischen Museum für<br />
Naturkunde 46 (4).<br />
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Schröpfer, R., Feldmann, R. & Vierhaus, H.<br />
(Hrsg.), Die Säugetiere Westfalens, Abhandlungen<br />
aus dem Westfälischen Museum für<br />
Naturkunde 46 (4): 119-125.<br />
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leucodon (Hermann, 1780). – In: Schröpfer,<br />
R., Feldmann, R. & Vierhaus, H. (Hrsg.), Die<br />
Säugetiere Westfalens, Abhandlungen aus<br />
dem Westfälischen Museum für Naturkunde<br />
46 (4): 74-80.<br />
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der Waldohreule (Asio o. otus L.) in einigen<br />
Städten Westfalens. – Dortmunder Beiträge zur<br />
Landeskunde 5: 80-83.
� Wenn guter Rat teuer ist<br />
von Klaus Klinger und<br />
Kerstin Conrad<br />
Nachdem im damaligen Landschaftsschutzgebiet<br />
„Cappenberger<br />
Wald“ im Juni 2006 eine etwa<br />
42 Hektar große Naturwaldzelle<br />
ausgewiesen worden war, erlangten<br />
die „Wälder bei Cappenberg“<br />
im Dezember 2007 Rechtskraft als<br />
Naturschutzgebiet. Mit 674 Hektar<br />
ist dieses Naturschutzgebiet im an<br />
sich sehr waldarmen <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> der<br />
größte zusammenhängende Waldkomplex.<br />
Seine alten, traditionellen Baumbestände<br />
sind von hoher ökologischer,<br />
naturraumübergreifender Bedeutung.<br />
Bereits 2004 fanden die „Wälder bei<br />
Cappenberg“ Eingang in die Liste europäischer<br />
Flora-Fauna-Habitat-Gebiete<br />
(FFH-Gebiete). Anschließend wurde<br />
ihr Status im Zuge ihrer Ausweisung als<br />
Naturschutzgebiet vor Ort auch formell<br />
festgeschrieben. Entsprechend wurde<br />
ein sogenanntes Sofortmaßnahmenkonzept<br />
(SOMAKO) erarbeitet, das Aussa-<br />
In diesem Totholzbaum steckt Leben.<br />
Fotos/Abbildungen: Biologische Station<br />
Flora & Fauna<br />
Naturschutz im Cappenberger Wald – Quo vadis?<br />
gen zum Ist-Zustand und zur Pflege und<br />
Entwicklung des FFH-Gebietes macht.<br />
Schutzwürdig sind die hohe Flächenanteile<br />
einnehmenden, wertvollen<br />
FFH-Lebensraumtypen Hainsimsen-<br />
Buchenwald, Waldmeister-Buchenwald,<br />
Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald<br />
sowie in Bachnähe Erlen-Eschenwald.<br />
Darüber hinaus gilt es, die Funktion des<br />
Waldes für verschiedene Vogel- und<br />
Fledermausarten sowie weitere Tierarten<br />
zu bewahren. Neben bedeutenden<br />
Vorkommen des Feuersalamanders und<br />
Mittelspechts (s. Fachbeitrag: „Der<br />
Feuersalamander im Cappenberger<br />
Wald“ und „Der heimliche Quäker<br />
bangt um seinen Wald – Mittelspechte<br />
bei Cappenberg“ in diesem Heft) sei an<br />
dieser Stelle auf das Vorkommen von<br />
Hohltaube, Schwarzspecht, Kleinspecht,<br />
Wespenbussard, Großem Abendsegler<br />
und Schillerfalter hingewiesen.<br />
Da sich die Waldflächen in Privatbesitz<br />
befinden, wurden nach der Anerkennung<br />
als europäisches Schutzgebiet<br />
zwischen Eigentümer, Land NRW und<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> vertraglich Vereinbarungen<br />
getroffen, die den guten Erhaltungszu-<br />
115
stand des Gebietes mit seinen wertge-<br />
benden Waldlebensräumen, Tier- und<br />
Pflanzenartenvorkommen sichern sollen.<br />
Die Vertragskulisse schließt nahezu das<br />
gesamte FFH-Gebiet ein. Im Rahmen der<br />
Vereinbarungen, deren Laufzeit 2017<br />
endet, sind in den über 120 Jahre alten<br />
Laubholzbeständen pro Hektar zehn<br />
ökologisch bedeutsame Altbäume und<br />
1<strong>16</strong><br />
Flora & Fauna<br />
Gut strukturierter, alter Buchenwald mit Naturverjüngung.<br />
flächendeckend alle vorkommenden<br />
Horst- und Höhlenbäume sowie stehendes<br />
und liegendes Totholz mit einem<br />
Durchmesser von mehr als 50 Zentimeter<br />
zu erhalten. Als Altbaum-Zielarten gibt<br />
das SOMAKO gemäß der natürlichen<br />
Baumartenverteilung der vorliegenden<br />
Waldlebensraumtypen Stieleiche, Rotbuche<br />
und Hainbuche vor.<br />
� Praktische Probleme<br />
In dem oben genannten vertraglich<br />
fixierten Förderrahmen waren bis 2011<br />
jedoch noch keinerlei Bäume ausgesucht<br />
worden.<br />
Für den Herbst 2011 plante der Eigentümer<br />
die vertragskonforme forstliche<br />
Nutzung einer circa 130 Hektar großen<br />
Teilfläche. Diese liegt im Kernbereich des
Übersicht über alle markierten Bäume innerhalb des Kartierungsgebietes (rote Umrandung); hellgrün unterlegt sind über 120<br />
Jahre alte Laubholzbestände.<br />
Cappenberger Waldes, dem Kohusholz,<br />
und grenzt an die Naturwaldzelle an.<br />
Mit den erforderlichen GPS-gestützten<br />
Kartierungs- und Markierungsarbeiten<br />
hinsichtlich der zu fördernden Bäume<br />
beauftragte die Untere Landschaftsbehörde<br />
des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> die Biologische<br />
Station.<br />
Insgesamt wurden 1.3<strong>16</strong> Bäume markiert.<br />
Dazu zählen 343 Totholzbäume,<br />
63 Höhlen- und Horstbäume (keine<br />
Altbäume) sowie 910 Altbäume, von<br />
denen 256 zugleich Höhlen- und/oder<br />
Horstbäume sind.<br />
Die bloßen Zahlen sind auf den ersten<br />
Blick recht beeindruckend. Erst bei<br />
Flora & Fauna<br />
genauerer Betrachtung wird ersichtlich,<br />
dass diese nur bedingt den realen<br />
Zustand der zu kartierenden Waldfläche<br />
widerspiegeln. Einerseits liegen<br />
einige ökologisch sehr hochwertige<br />
Unterabteilungen vor, die sich durch<br />
ein vollständiges Altholz- und lebensraumtypisches<br />
Gehölzinventar, hohe<br />
117
strukturelle Vielfalt sowie bedeutsame<br />
Totholz- und Höhlenbaumvorkommen<br />
auszeichnen. Andererseits wurde im<br />
Laufe der Kartierungsarbeiten deutlich,<br />
dass in vielen anderen Unterabteilungen<br />
die bereits erfolgte forstliche Nutzung zu<br />
einer zu starken Auflichtung der ehemals<br />
geschlossenen Altbaumbestände geführt<br />
hatte. In mehreren Unterabteilungen<br />
standen nicht mehr genügend Altbäume<br />
bzw. nicht mehr die vorgegebenen<br />
Altbaum-Zielarten zur Verfügung, um<br />
das vertraglich vereinbarte Soll von 10<br />
Altbäumen/ha zu erfüllen. Die intensive<br />
forstliche Nutzung wirkt sich möglicherweise<br />
auch negativ auf die Bestandssituation<br />
von Mittelspecht, Schwarzspecht,<br />
Großem Abendsegler und Co aus.<br />
Nicht zuletzt sind auch der Boden, die<br />
empfindliche Krautschicht, die sich aus<br />
zahlreichen, die Waldlebensraumtypen<br />
charakterisierende Frühjahrsgeophyten<br />
zusammensetzt sowie das Waldinnenklima<br />
betroffen.<br />
118<br />
Flora & Fauna<br />
Insgesamt gesehen wird so das FFH-<br />
Schutzziel „Erhaltung und Entwicklung naturnaher<br />
Wälder mit ihrer typischen Fauna<br />
und Flora mit Ausrichtung auf natürliche<br />
Waldgesellschaften sowie auf alters- und<br />
strukturdiverse Bestände“ nicht erreicht.<br />
Da die „10 Altbäume/ha-Regelung“ eine<br />
intensive forstliche Nutzung zulässt und<br />
zudem die zwingend notwendige Kartierung,<br />
Markierung und Überwachung<br />
der zu fördernden Bäume sehr zeit- und<br />
kostenaufwendig ist, kann diese Schutzstrategie<br />
nicht zielführend sein.<br />
� Wohin soll’s gehen?<br />
Im Waldnaturschutz sind vielmehr<br />
flächenwirksame Schutzstrategien<br />
anzustreben, die über den bisherigen<br />
Einzelbaumschutz deutlich hinausgehen.<br />
Um den Anforderungen des Ökosystems<br />
Wald nachhaltig zu genügen, muss<br />
sie die Bewirtschaftungsform bzw.<br />
die Nichtbewirtschaftung des Waldes<br />
mit einbeziehen. In Frage kommt hier<br />
beispielsweise die Überantwortung<br />
des Waldes in die öffentliche Hand mit<br />
anschließender extensiver, naturnaher<br />
Waldbewirtschaftung. Eine weitere, aus<br />
Naturschutzsicht sehr wünschenswerte<br />
Alternative wäre eine großflächige Ausweisung<br />
eines sogenannten Wildnisgebietes.<br />
Die Naturschutzkonzeption des<br />
Landes NRW „Wildnisgebiete“ zielt in<br />
erster Linie auf Staatswald ab. Das Netz<br />
von Wildnisgebieten kann auf freiwilliger<br />
Basis jedoch auch auf Privatwald ausgeweitet<br />
werden. Der Waldeigentümer<br />
hat bereits sein grundsätzliches Interesse<br />
an einem flächendeckenden Schutz<br />
signalisiert. Derzeit wird auch geprüft,<br />
ob die Einrichtung eines circa 70 Hektar<br />
großen sogenannten Friedwaldes bzw.<br />
Ruheforstes im Cappenberger Wald<br />
mit Naturschutzzielen in Einklang zu<br />
bringen ist ...<br />
Welchen Weg die Cappenberger<br />
Wälder nehmen werden, wird sich schon<br />
bald entscheiden müssen.
� Der Feuersalamander im Cappenberger Wald<br />
Dem Regenmännchen auf der Spur<br />
von Stefan Kauwling<br />
Durch seine kräftige Gestalt und<br />
das auffällige gelb-schwarze Zeichnungsmuster<br />
ist der Feuersalamander<br />
mit keinem anderen heimischen<br />
Amphibium zu verwechseln. Er trägt<br />
je nach regionaler Mundart eine<br />
Vielzahl volkstümlicher Namen.<br />
Beispielsweise verweisen Bezeichnungen<br />
wie Regenmännchen oder<br />
Regenmolch schon deutlich auf<br />
Aspekte seiner Lebensweise: der<br />
dämmerungs- und nachtaktive Feuersalamander<br />
verlässt normalerweise<br />
nur bei höherer Luftfeuchtigkeit<br />
seine Verstecke wie Bodenhohlräume<br />
und Totholz. Bei regnerischem<br />
Wetter kann er aber besonders nach<br />
Trockenphasen bisweilen auch tagsüber<br />
beobachtet werden. Der Name<br />
Feuersalamander rührt vermutlich<br />
daher, dass Menschen in früherer<br />
Zeit glaubten, die Tiere mit ihren<br />
giftigen Hautsekreten seien nicht<br />
nur totbringend, sondern auch in der<br />
Lage Feuer zu löschen – also warf<br />
man sie in Brandherde!<br />
Abbildung 1: Adulter Feuersalamander<br />
mit Bergmolch im Landversteck. Fotos:<br />
Kauwling<br />
Bei der in Westfalen heimischen<br />
Unterart (Salamandra salamandra terrestris)<br />
sind Streifen-Fleckenmuster<br />
Flora & Fauna<br />
charakteristisch, s. Abbildung 1. Die<br />
Larven hingegen sind unauffällig dunkel<br />
grau bis braunschwarz gefärbt. Die sich<br />
nach der Metamorphose ausbildenden<br />
Zeichnungsmuster kennzeichnen die<br />
Tiere individuell. Der Feuersalamander ist<br />
in Mittel- und Südeuropa weit verbreitet.<br />
Die Nordgrenze des Verbreitungsgebietes<br />
erstreckt sich unter anderem durch<br />
Nordwestdeutschland. In Nordrhein-<br />
Westfalen ist die Art vor allem in der<br />
Mittelgebirgsregion flächig verbreitet,<br />
während die Tiefländer nur isoliert besiedelt<br />
sind. Auch in der Westfälischen Bucht<br />
stellt sich das Verbreitungsbild lückig<br />
dar, wobei vor allem alte Waldbestände<br />
Verbreitungsinseln darstellen.<br />
Typische Lebensräume des Feuersalamanders<br />
sind feuchte, von Quellbächen<br />
durchzogene Laubmischwälder. Seine<br />
Laichgewässer sind nährstoffarm, kühl<br />
und weisen nur geringe Temperaturschwankungen<br />
auf. Dort nutzen sie<br />
fischfreie und nur schwächer durchströmte<br />
Bereiche. Solche Verhältnisse sind<br />
besonders in Quelltümpeln und -bächen<br />
realisiert. Hier ernähren sich die Larven<br />
räuberisch von Wasserinsekten und an-<br />
119
deren Gliederfüßlern. Als Tagesverstecke<br />
und Winterquartiere kommen Höhlungen<br />
unterschiedlichster Art in Frage, wenn sie<br />
die entsprechenden mikroklimatischen<br />
Bedingungen aufweisen. Essenziell sind<br />
ausreichend kühle und feuchte Verhältnisse<br />
sowie Frostsicherheit. Auch die<br />
landlebenden adulten Tiere sind Prädatoren,<br />
ihr Beutespektrum ist breiter:<br />
Schnecken, Regenwürmer, Insekten et<br />
cetera.<br />
Das Frühjahr 2011 fiel in Norddeutschland<br />
ausgesprochen niederschlagsarm<br />
und trocken aus. Die monatlichen<br />
Niederschlagsummen blieben in den<br />
Frühjahrsmonaten um bis zu 50 Prozent<br />
hinter den langjährigen Mitteln zurück<br />
(www.holz.nrw.de ... s. 27). Die geringen<br />
Niederschläge führen neben einer geringeren<br />
Versickerungsrate natürlich auch zu<br />
einem verringerten Oberflächenabfluss.<br />
Dies lies sich unter anderem deutlich an<br />
der Wasserführung insbesondere der<br />
Fließgewässer ablesen.<br />
Viele der zumeist kleineren Bäche und<br />
Gräben im Naturschutzgebiet Wälder bei<br />
Cappenberg fielen daher teilweise schon<br />
im zeitigen Frühjahr abschnittsweise und<br />
im weiteren Jahresverlauf auch vollständig<br />
trocken. Lokal verblieben nur kleinere,<br />
offene Wasserstellen und Kolke, die über<br />
die Sommermonate hinweg Wasser<br />
führten. Diese Situation erwies sich als<br />
günstig, um eine flächige Kartierung der<br />
120<br />
Flora & Fauna<br />
potentiellen und der aktuell genutzten<br />
Laichgewässer des Feuersalamanders<br />
durchzuführen.<br />
� Methodik<br />
Als aquatische Larven sind die Feuersalamander<br />
in dieser Lebensphase obligat<br />
an Gewässer gebunden. Die Gesamtlänge<br />
der Gräben und Bachläufe beträgt in den<br />
drei Teilgebieten des Naturschutzgebietes<br />
immerhin mehr als 44 Kilometer, von<br />
denen ein Großteil im Spätfrühjahr 2011<br />
kontrolliert wurde und nur offensichtlich<br />
trockengefallene kleinere Schlitz- und<br />
Entwässerungsgräben nicht abgegangen<br />
wurden. Die Anzahl zu untersuchender<br />
Gewässerabschnitte reduzierte sich unter<br />
den gegebenen hydrologischen Bedingungen<br />
erheblich und beschränkte sich<br />
auf die Wasser führenden Abschnitte.<br />
Ein besonderes Augenmerk galt tieferen<br />
Restwasserstellen, die intensiv auf die<br />
unscheinbaren Larven abgesucht wurden.<br />
Zusätzlich wurden eine Reihe von<br />
Still-(Klein-)gewässern untersucht. In der<br />
Regel handelte es sich dabei um perennierende,<br />
d.h. dauerhaft wasserführende,<br />
Bombentrichter. Ihr Durchmesser beträgt<br />
oft um zehn Meter, sie sind bis circa 2,5<br />
Meter tief. Andere Kleingewässer sind<br />
vermutlich aus ehemaligen Sandentnahmen<br />
entstanden.<br />
Die Anzahl vorgefundener Larven<br />
wurde notiert, bei individuenreicheren<br />
Vorkommen auch als Größenklasse<br />
geschätzt. Alle Fundpunkte wurden zur<br />
Dokumentation und Reproduzierbarkeit<br />
mit einem Hand-GPS-Empfänger eingemessen.<br />
� Ergebnisse<br />
Insgesamt konnten 62 Fundpunkte<br />
von Feuersalamanderlarven kartiert<br />
werden, s. Abbildung 2. Davon entfielen<br />
52 auf die verschiedenen Fließgewässer<br />
und zehn auf Stillgewässer. Die individuenreichsten<br />
Vorkommen sind an einem<br />
kleinen, namenlosen Bachlauf im Norden<br />
des Kohusholz lokalisiert. Hier wurde an<br />
einigen Fundpunkten die Bestandsgröße<br />
auf bis zu mehrere Hundert Feuersalamanderlarven<br />
geschätzt. Die Funne weist<br />
im wesentlichen auf zwei Abschnitten<br />
eine Anzahl von Fundpunkten auf. Der<br />
Gerlingbach, der das Kohusholz im<br />
Süden durchfließt, ist zusammen mit<br />
einem Nebenbach durchgängig besiedelt.<br />
Individuenreiche Vorkommen<br />
können auch in den beiden anderen<br />
Teilflächen des Naturschutzgebietes<br />
gefunden werden: Solange der Passbach<br />
geschlossenen Waldbestand durchfließt<br />
(„Wolfsschlucht“), befinden sich auch<br />
hier eine Reihe von Restwasserkolken<br />
mit teilweise größeren Abundanzen an<br />
Larven. Die Nachweise aus dem Südholz<br />
stellen sich insgesamt lückiger dar: An<br />
einem Stillgewässer und einem dauerhaft
Abbildung. 2: Fundpunkte von Feuersalamanderlarven im Naturschutzgebiet Wälder bei Cappenberg; die Größe der <strong>Kreis</strong>symbole<br />
repräsentiert die Anzahl der Larven am Fundort; Rot umrandet: NSG-Flächen; Grün: Waldgebiete; Blau: Gewässer.<br />
Abbildungen: Biologische Station<br />
Wasser führenden Bachlauf konnten nur<br />
wenige kleinere Vorkommen lokalisiert<br />
werden. Die Abundanzen an Feuersalamanderlarven<br />
sehen an den Fundpunkten<br />
wie in der Tabelle 1 aus.<br />
Zum deutlich überwiegenden Teil werden<br />
die Larven also in kleineren Gruppen<br />
von bis zu zehn Individuen festgestellt.<br />
Kleingruppen bis zu 50 Tiere werden an<br />
fast 80 Prozent der Fundpunkte vorge-<br />
Flora & Fauna<br />
funden. An etwa jedem siebten Fundpunkt<br />
wurden die Abundanzen auf bis zu<br />
100 Tiere geschätzt. Ausnahmen sind die<br />
sehr individuenreichen Larvalfundorte,<br />
wobei ein Fundpunkt mit geschätzt etwa<br />
121
Gewässer Anzahl Fundpunkte Prozentualer Anteil<br />
Funne 14 22,6<br />
Passbach 13 21,0<br />
Gerlingsbach 12 19,4<br />
Namenloser Bachlauf 11 17,7<br />
Bombentrichter 8 12,9<br />
Waldtümpel 2 3,2<br />
Graben 2 3,2<br />
Tabelle 2: Verteilung der Fundpunkte von Feuersalamanderlarven auf verschiedene<br />
Gewässertypen.<br />
800 Individuen deutlich herausstach. Am<br />
durchgängigsten sind die natürlichen<br />
oder naturnah ausgeprägten Bachläufe<br />
besiedelt, an denen über 80 Prozent der<br />
Fundpunkte liegen. So konnten an den<br />
vier bedeutendsten Bachläufen im Naturschutzgebiet<br />
Wälder bei Cappenberg<br />
jeweils über 10 Fundpunkte ausgemacht<br />
werden, s. Tabelle 2. Mit zwei Waldtümpeln<br />
und acht besiedelten Bombentrichtern,<br />
das entspricht etwa <strong>16</strong> Prozent aller<br />
Fundpunkte, sind auch die Stillgewässer<br />
bedeutende Reproduktionsorte für den<br />
122<br />
Flora & Fauna<br />
Anzahl Larven pro Fundpunkt Anzahl Fundpunkte Prozentualer Anteil<br />
1-9 25 40,3<br />
10-49 17 38,7<br />
50-99 9 14,5<br />
100-499 3 4,8<br />
>500 1 1,6<br />
Tabelle 1: Anzahl von Feuersalamanderlarven pro Fundpunkt.<br />
Feuersalamander. An wegebegleitenden<br />
Gräben oder Entwässerungsgräben findet<br />
die Art nur in geringem Umfang Orte<br />
mit geeigneten Habitatstrukturen vor.<br />
In einigen Reproduktionsgewässern<br />
war der Feuersalamander weiteren Amphibienarten<br />
wie Erdkröte, Grasfrosch,<br />
Berg- und Teichmolch vergesellschaftet.<br />
� Diskussion<br />
Bei den heute isoliert in der Westfälischen<br />
Tieflandsbucht liegenden Vorkommen<br />
des Feuersalamanders handelt es<br />
sich um Reliktvorkommen eines ehemals<br />
geschlossenen westfälischen Verbreitungsbildes<br />
(FELDMANN & KLEWEN<br />
1981). Wenngleich das Areal für eine<br />
montan bis submontan verbreitete Art<br />
spricht, ist der Feuersalamander doch<br />
eher eine silvicole, also an Wälder gebundene,<br />
Art. Dabei zeigt er in Westfalen eine<br />
deutliche Präferenz für alte, bodenfeuchte<br />
Buchenwälder. Die isolierten Fundorte<br />
in der Tieflandsregion liegen besonders in<br />
den alten, herrschaftlichen Wäldern, die<br />
wohl über Jahrhunderte forstlich genutzt,<br />
aber niemals vollständig gerodet wurden,<br />
wie der Wolbecker Tiergarten (MS), der<br />
Bagno (ST) oder eben den Cappenberger<br />
Wäldern. Die Populationen dieser Wälder<br />
sind teilweise schon seit Jahrhunderten<br />
stark isoliert. Die hiesigen Vorkommen<br />
liegen im TK-Blatt 4311 wie ein Vorposten<br />
hin zum nach Norden über weite<br />
Strecken unbesiedelten Münsterland.<br />
Weitere Fundpunkte existieren aus den<br />
benachbarten Messtischblatt-Quadranten.<br />
Nach Süden hat das Vorkommen<br />
„Anschluss“ zum geschlossenen Verbreitungsgebiet<br />
im Süderbergland – dies<br />
allerdings nur kartographisch – die stark<br />
zersiedelte Landschaft des angrenzenden<br />
Ballungsraumes lässt nicht vermuten,<br />
dass es einen Austausch mit diesen Populationen<br />
gibt.<br />
Eine Aussage über die Populationsgröße<br />
des Feuersalamanders im Natur-
schutzgebiet Wälder bei Cappenberg aus<br />
den Funddaten von Larven abzuleiten<br />
gelingt nicht. Die Methode Larven vermittels<br />
Auszählen zu quantifizieren unterliegt<br />
schon bei der Geländeerhebung<br />
einer nicht kalkulierbaren Fehlerquote.<br />
Feuersalamander sind ovovivipar, d.h.<br />
die Larvalentwicklung vollzieht sich zum<br />
Teil schon im Muttertier und die Weibchen<br />
gebären selbstständige Larven.<br />
Durchschnittlich geben die Weibchen<br />
etwa 30 Larven an geeigneten, strömungsberuhigten<br />
Zonen des Gewässers<br />
ab (THIESMEIER & GÜNTHER 1996).<br />
Die hohe Anzahl von Fundpunkten mit<br />
nur einer Larve lässt auf Verdriftungen<br />
von Tieren vom „Geburtsort“ schließen<br />
[THIESMEIER & DALBECK 2011 gehen<br />
schon bei natürlichen Verhältnissen von<br />
einer Quote von mehr als 30 % verdrifteter<br />
Larven aus]. Bei den Fundorten mit<br />
höheren Abundanzen ist eine einfache<br />
Division durch die „Geburtenrate“ auch<br />
nicht hilfreich, da bei dem trockenen<br />
Frühjahr 2011 wohl auch von einer<br />
höheren Mortalitätsrate der Larven<br />
in trockengefallenen Bachabschnitten<br />
ausgegangen werden muss.<br />
Vermutlich sind mit dem zeitigen<br />
und ausgedehnten Trockenfallen auch<br />
eine Reihe von Laichplätzen in 2011<br />
ausgefallen, die sonst in „Normaljahren“<br />
geeignete Reproduktionsbedingungen<br />
aufweisen würden. Mindestens an<br />
den Fundorten, an denen viele Larven<br />
nachgewiesen wurden, muss von kleineren<br />
Laichgemeinschaften aus mehreren<br />
Weibchen ausgegangen werden.<br />
Auch in der Literatur sind extrem hohe<br />
Larvendichten in Restwassertümpeln<br />
beschrieben, die als Folge der sukzessiven<br />
Austrocknung von Bachläufen<br />
beobachtet wurden, vgl. THIESMEIER<br />
& DALBECK (2011).<br />
Eine Schätzung der Anzahl adulter<br />
Feuersalamander muss hier unterbleiben.<br />
Aus mit den Cappenberger<br />
Wäldern vergleichbaren Waldgebieten<br />
werden aber Populationsgrößen von bis<br />
zu mehreren tausend Tieren genannt.<br />
Auf weiten Flächen bieten die Cap-<br />
Flora & Fauna<br />
Abbildung 3: Typischer, von Feuersalamanderlarven bewohnter Bachabschnitt.<br />
penberger Wälder von der Zusammensetzung<br />
der Waldtypen her geeignete<br />
Voraussetzungen für die Etablierung einer<br />
stabilen Feuersalamanderpopulation.<br />
Im 674 ha großen Naturschutzgebiet dominieren<br />
verschiedene Laubmischwaldbestände<br />
- Nadelwälder nehmen geringere<br />
Flächenanteile ein. Die Laubwälder<br />
sind zu großen Teilen durch europäisches<br />
Naturschutzrecht geschützte Waldtypen<br />
wie z.B. Waldmeister-Buchenwälder<br />
oder Auwälder an Fließgewässern. Viele<br />
Bestandeseinheiten weisen bereits ein<br />
fortgeschrittenes Alter und einen hohen<br />
Strukturreichtum auf, die in Verbindung<br />
mit den naturnahen Bachsystemen eine<br />
erhebliche Bedeutung nicht nur für den<br />
123
Feuersalamander erlangen, sondern per<br />
se eine besondere ökologische Wertigkeit<br />
für viele Organismengruppen besitzen.<br />
� Gefährdungen / Schutz<br />
Viele für Amphibienarten typische<br />
Gefährdungen existieren allgemein<br />
auch für den Feuersalamander. Auch für<br />
die Vorkommen in den Cappenberger<br />
Wäldern sind verschiedene Gefährdungskomplexe<br />
ablesbar. Von der forstwirtschaftlichen<br />
Nutzung gehen sowohl<br />
für die Landhabitate als auch für die<br />
Laichgewässer unmittelbare Gefahren<br />
aus. Durchforstungen und Umwandlung<br />
der Waldbestände können den Gesamtlebensraum<br />
stark verändern und flächig<br />
unbrauchbar machen.<br />
Latente Gefahren können auch aus<br />
Veränderungen des Wasserhaushaltes<br />
ausgehen. Dies kann im großen Maßstab<br />
den Oberflächenabfluss und die Grundwasserneubildungsrate<br />
sowie die damit<br />
korrespondierende Wasserführung in<br />
den Graben- und Bachsystemen betreffen,<br />
mithin also den Fortpflanzungsraum<br />
des Feuersalamanders. Im Kleinen können<br />
diese wichtigen Reproduktionsorte<br />
mit ihren spezifischen, für den Feuersalamander<br />
essentiellen Verhältnissen auch<br />
schnell mechanisch geschädigt werden,<br />
sei es durch Forstwirtschaft, Wegebau,<br />
Erholung oder andere Nutzungen.<br />
Auf die spezielle Problematik der<br />
124<br />
Flora & Fauna<br />
Verinselung der Vorkommen wurde<br />
oben bereits hingewiesen. Die Isolierung<br />
macht Bestände anfällig gegenüber den<br />
Risiken des lokalen Aussterbens und<br />
der genetischen Verarmung. In diesem<br />
Sinne ist auch der Straßenverkehr ein<br />
gewichtiger Gefährdungsfaktor, der<br />
auch zwischen den Teilvorkommen in<br />
den Cappenberger Wäldern und im<br />
Anschluss an die nächsten benachbarten<br />
Vorkommen wirksam wird.<br />
Feuersalamander sind wie alle anderen<br />
heimischen Amphibien durch die<br />
Bundesartenschutzverordnung gesetzlich<br />
besonders geschützte Tiere. In der<br />
aktuellen Roten Liste der gefährdeten<br />
Pflanzen, Pilze und Tiere des Landes<br />
NRW wird der Gefährdungsgrad des<br />
Feuersalamanders mit „G Gefährdung<br />
unbekannten Ausmaßes“ für den Naturraum<br />
Westfälische Bucht angegeben,<br />
im südlich an die Cappenberger Wälder<br />
angrenzenden Ballungsraum Rhein-Ruhr<br />
wird die Bestandssituation sogar als „gefährdet“<br />
eingestuft, s. SCHLÜPMANN et<br />
al. (2010). Auch vor diesem Hintergrund<br />
wird die Bedeutung des großen Waldkomplexes<br />
der Cappenberger Wälder<br />
erkennbar, die mit der Umsetzung von<br />
z.B. Wald-Wildniskonzepten (s. Fachbeitrag<br />
„Naturschutz im Cappenberger<br />
Wald – Quo vadis?“ in diesem Heft)<br />
am nachhaltigsten eine Sicherung in die<br />
Zukunft erfahren kann.<br />
Quellen:<br />
Feldmann, R. & Klewen, R. (1981): Feuersalamander.<br />
In Feldmann, R. (Hg.): Die Amphibien<br />
und Reptilien Westfalens. Veröff. Der<br />
Arbeitsgem. f. biol.-ökol. Landeserforschung<br />
34. Münster, S. 30-44.<br />
Schlüppmann, M., Mutz, T., Kronshage, A.,<br />
Geiger, A., Hachtel, M. & Arbetiskreis Amphibien<br />
und Reptilien in NRW (2010): Rote Liste<br />
und Artenverzeichnis der Lurche - Amphibia<br />
- in Nordrhein-Westfalen, in LANUV NRW<br />
(Hg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen,<br />
Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 4.<br />
Gesamtfassung<br />
Thiesmeier, B. & Dalbeck, L. (2011): Feuersalamander<br />
– Salamandra salamandra. In<br />
Arbeitskreis Amphibien und Reptilien NRW<br />
(Hg.): Handbuch der Amphibien und Reptilien<br />
Nordrhein Westfalens, Laurenti Vlg. Bielefeld,<br />
S. 297-336<br />
Thiesmeier, B. & Günther, R. (1996): Feuersalamander.<br />
In Günther, R. (Hg.): Die Amphibien<br />
und Reptilien Deutschlands, Vlg. Fischer, Jena.<br />
S. 82-103.<br />
h t t p : // h e r p e t o f a u n a - n r w. d e / A r t e n /<br />
2.01Feuersalamander.htm abgerufen am 22.01.<strong>2012</strong><br />
http://www.lanuv.nrw.de/natur/arten/rote_<br />
liste/pdf/RL-NW10-Lurche.pdf abgerufen am<br />
22.01.<strong>2012</strong><br />
http://www.wald-und-holz.nrw.de/65Wald_<br />
und_Umwelt/90_Waldzustandserhebung/Bericht_2011/10/04_Wetterdaten_zum_Waldzustandsbericht_2011.pdf<br />
, S. 27 abgerufen<br />
am 22.01.<strong>2012</strong>
� Mittelspechte bei Cappenberg<br />
Der heimliche Quäker bangt um seinen Wald<br />
Abbildung 1: Mittelspecht bei der Nahrungssuche. Foto: Ilona Jädkte<br />
von Kerstin Conrad, Stefan<br />
Kauwling und Falko Prünte<br />
Mit seinem roten Scheitel und der<br />
schwarz-weißen Flügelzeichnung<br />
wirkt der Mittelspecht, Dendroco-<br />
pos medius (Linnaeus, 1758), wie<br />
ein junger Buntspecht – insbesondere,<br />
wenn er wie üblich hoch in<br />
den Baumwipfeln nach Nahrung<br />
sucht und für den Beobachter nur<br />
mit Halsschmerzen im Fernglas zu<br />
Flora & Fauna<br />
fokussieren ist. Etwas kleiner als der<br />
häufige und bekannte Buntspecht<br />
fällt er im Jahreslauf eigentlich nur<br />
durch sein lautes Quäken im März<br />
und April auf, der Hochphase der<br />
Balzzeit.<br />
125
126<br />
Flora & Fauna<br />
Bei genauerem Hinsehen fällt die<br />
abweichende Gesichtszeichnung und die<br />
im Vergleich zum Buntspecht viel blassere<br />
Flankenfärbung auf, s. Abbildung<br />
1. Obwohl als Standvogel das ganze<br />
Jahr in seinem Lebensraum anzutreffen,<br />
ernährt er sich ganz überwiegend von<br />
Insekten und anderen Wirbellosen, auch<br />
im Winter.<br />
� Seltener Gast im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong><br />
Als Habitatspezialist galt der Mittelspecht<br />
gemeinhin als „Urwaldspecht“<br />
(JÖBGES & KÖNIG 2001), da er alte und<br />
grobborkige Bäume, vor allem Eichen<br />
aber auch Erlen, zur Nahrungssuche<br />
bevorzugt. Entscheidend für das Vorkommen<br />
der Art ist das Vorhandensein<br />
genügend alter bis sehr alter Bäume je<br />
Hektar mit entsprechend rauen Rindenstrukturen.<br />
Dichte, großflächige Bestände<br />
sind notwendige Voraussetzung für<br />
hohe Mittelspecht-Dichten. Förster und<br />
Mittelspechte kollidieren deshalb regelmäßig<br />
aufgrund ihres nahezu identischen<br />
Suchschemas: Was für den einen die<br />
Hiebreife darstellt, ist für den anderen<br />
Lebensnotwendigkeit.<br />
Europaweit gilt der Mittelspecht daher<br />
in unseren genutzen, altbaumarmen<br />
Waldbeständen ohne Urwaldrefugien als<br />
relativ seltene Vogelart. Die Vogelschutzrichtlinie<br />
der EU führt ihn deshalb auch als<br />
besonders schützenswert und verpflichtet<br />
die Mitgliedsstaaten Maßnahmen zum<br />
Schutz zu ergreifen.<br />
Bis in die 1970er Jahre hinein galt der<br />
Mittelspecht sicherlich auch aufgrund<br />
seiner unauffälligen Lebensweise im <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> allenfalls als seltener Gast oder als<br />
„ausnahmsweise brütend“. Erst 1972<br />
konnte Manfred Scholz die Art im Raum<br />
Cappenberg beobachten – der älteste bekannte<br />
Hinweis der Art in der Literatur für<br />
den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (SCHOLZ 1972). Mit den<br />
Kartierungen für den Brutvogelatlas des<br />
<strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong> in den Jahren 1997 bis 1999<br />
wurde erstmals im Untersuchungsgebiet<br />
flächenhaft und systematisch (z. B. durch<br />
den Einsatz von Klangattrappen) nach der<br />
Art gesucht. Mit Erfolg: In den Wäldern<br />
bei Cappenberg und in den ausgedehnten<br />
Waldungen im Südkreis an der Schwelle<br />
zum Sauerland brütete der Mittelspecht<br />
(OAG KREIS UNNA 2000).<br />
In den Folgejahren konnten Joachim<br />
Pflaume, Manfred Scholz und Werner<br />
Prünte bis 2006 (www.oagkreisunna.<br />
de/mittelspecht.htm) dann sogar eine<br />
leichte Ausbreitung der Art im <strong>Kreis</strong><br />
belegen. Auch in den Eichen-Hainbuchen-Wäldern<br />
des Hellwegs siedelt die<br />
Art jetzt – obwohl sie dort zehn Jahre<br />
zuvor nicht festgestellt werden konnte.<br />
Die aktuelle Verbreitungskarte ist also als<br />
Summe geeigneter Nachweismethoden<br />
und einer registrierbaren Zunahme des<br />
Mittelspechtes im <strong>Kreis</strong> zu sehen.<br />
� Zuhause Cappenberger Wald<br />
Unbestrittenes Dichtezentrum der<br />
Art im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> sind die Wälder bei<br />
Cappenberg, die aufgrund ihres Reichtums<br />
an alten Eichen und ihrer Ausdehnung<br />
den großflächigsten Lebensraum<br />
für den Mittelspecht im <strong>Kreis</strong> darstellen.<br />
Sicherlich ein gutes Drittel bis die Hälfte<br />
aller Mittelspechte des <strong>Kreis</strong>es dürften<br />
hier ihr Zuhause finden. Auch Schwarz-,<br />
Grün-, Bunt- und Kleinspecht siedeln<br />
dort in guten Beständen. Dies war ein<br />
weiterer Grund für das Land NRW die<br />
Wälder bei Cappenberg schon 2001<br />
als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet für das<br />
europäische Schutzgebietsnetz Natura<br />
2000 vorzuschlagen. Konsequenterweise<br />
wurde das FFH-Gebiet dann 2007<br />
vom <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> als Naturschutzgebiet<br />
ausgewiesen.<br />
Die umfangreichen Holzeinschläge<br />
der hiebreifen Eichen haben allerdings<br />
in Teilbereichen des Cappenberger<br />
Waldes buchstäblich zu deutlichen<br />
Einschnitten und Lebensraumverlusten<br />
geführt. Vor einer weiteren anstehenden<br />
umfangreichen Durchforstung<br />
hiebreifer Bestände hat die Biologische<br />
Station im Jahr 2011 die geplanten<br />
Einschlagsbereiche aber auch die Restflächen<br />
des Naturschutzgebietes auf<br />
Mittelspechtreviere kontrolliert.<br />
In Anlehnung an die Kartiermethodik<br />
in SÜDBECK et al. (2005) kamen
dazu Klangattrappen zum Einsatz, auf<br />
die Mittelspechte gut reagieren. Vorab<br />
wurde ein Raster mit 300 Meter mal 300<br />
Meter großen Quadranten definiert. In<br />
deren Zentren wurden die arteigenen<br />
Rufe von einem Tonträger abgespielt<br />
und die Reaktionen der Mittelspechte<br />
darauf notiert. Dies sind beispielsweise<br />
die spezifischen Rufreihen, „Schimpfen“,<br />
Sichtbeobachtungen, Anflugrichtung<br />
Flora & Fauna<br />
Abbildung 2: Verbreitung des Mittelspechtes im NSG Wälder bei Cappenberg – leere <strong>Kreis</strong>e: keine Nachweise, rosa: 1, rot: 2,<br />
dunkelrot: 3 Nachweis/e mit revieranzeigender Reaktion pro Quadrant. Abbildung: Biologische Station<br />
et cetera. Das gesamte NSG wurde im<br />
Frühjahr 2011 mit dieser Methode mindestens<br />
einmal begangen, in einzelnen<br />
Waldbereichen konnte ein zweiter Kartiertermin<br />
durchgeführt werden.<br />
127
128<br />
Flora & Fauna<br />
Anzahl % Mittelspechte mit revieranzei- Summen %<br />
Quadranten genden Reaktionen<br />
Mittelspechte<br />
41 45 0 0 0<br />
31 34 1 31 41<br />
13 14 2 26 34<br />
6 7 3 18 24<br />
∑ 91 100 75 100<br />
Tabelle 1: Mittelspechtnachweise im NSG Wälder bei Cappenberg.<br />
Insgesamt wurde so eine Fläche von<br />
über 800 Hektar in 91 Quadranten, de-<br />
ren Zentren innerhalb des NSG Wälder<br />
bei Cappenberg liegen, überprüft. In<br />
der Tabelle 1 und der kartographischen<br />
Darstellung sind die Kartierergebnisse<br />
festgehalten, s. Abbildung 2. Mit einer<br />
Rasterfrequenz von 55 Prozent ist das<br />
NSG Wälder bei Cappenberg flächig<br />
vom Mittelspecht besiedelt. Quadranten<br />
ohne Nachweise des Mittelspechtes<br />
befinden sich zum einen peripher, also<br />
in den Waldrandlagen mit verstärktem<br />
„Offenlandeinfluss“, zum anderen bleiben<br />
besonders diejenigen Waldbereiche<br />
unbesiedelt, die offensichtlich keine geeigneten<br />
Habitatstrukturen aufweisen.<br />
Letztere konzentrieren sich besonders<br />
im Norden und Süden des Kohusholzes.<br />
Es sind vornehmlich junge Waldbestände<br />
mit für den Mittelspecht ungeeigneter<br />
Baumartenzusammensetzung.<br />
Überwiegend konnten mittels Klangattrappe<br />
ein bis zwei Mittelspechte<br />
pro Quadrant nachgewiesen werden.<br />
Immerhin ein Viertel der insgesamt<br />
75 Registrierungen stammen aber aus<br />
Quadranten mit drei revieranzeigenden<br />
Mittelspechten. Diese „Dichtezentren“<br />
sind vornehmlich im Bereich von Altholzbeständen<br />
lokalisiert.<br />
Wegen der eingeschränkten Methodik<br />
mit einer geringen Anzahl an Kartierterminen<br />
lassen sich korrekterweise<br />
aus den Kartierergebnissen nicht Revieroder<br />
Brutpaarzahlen ableiten und daraus<br />
eine Siedlungsdichte ermitteln. Aus der<br />
Literatur ist bekannt, dass die Siedlungsdichten<br />
in Optimalhabitaten mehr als<br />
30 Brutpaare pro 100 Hektar betragen<br />
können. In Nordrhein-Westfalen liegen<br />
sie aber meist deutlich unter solchen<br />
Werten. Hier werden in totholzreichen,<br />
alten Laubwäldern Dichten von über<br />
zehn Brutpaaren pro 100 Hektar erreicht.<br />
Zieht man die hier mit kartierten<br />
Offenlandbereiche und offensichtlich<br />
ungeeigneten Waldbereiche aus der<br />
Betrachtung, können aber selbst bei<br />
konservativer Schätzung die realistischen<br />
Siedlungsdichtewerte in den geeigneten<br />
Lebensräumen des Cappenberger Waldes<br />
die o.g. Werte erreichen.<br />
� Gefährdet: Mittelspechte<br />
Die frühjährliche Erfassung in 2011<br />
entwickelt nicht die Detailschärfe einer<br />
Revierkartierung mit Höhlenbaumsuche<br />
etc. Nichtsdestotrotz belegen<br />
die Kartierergebnisse eine beachtliche<br />
Brutbestandsgröße und Siedlungsdichte<br />
des Mittelspechtes und damit die<br />
Bedeutung des NSG Wälder bei Cappenberg<br />
für diese naturschutzrechtlich<br />
relevante Art.<br />
Zentrale Gefährdungsursachen für<br />
den Mittelspecht sind der Verlust und<br />
die Entwertung von alten Laubwaldbeständen<br />
mit hohen Alt- und Totholzanteilen<br />
(Umwandlung in Nadelwälder,<br />
Kahlschläge, Zerschneidung, Verkleinerung<br />
der Lebensräume, Verschlechterung<br />
des Nahrungsangebotes, Verlust<br />
geeigneter Brutplätze und Störungen<br />
in der Brutphase). Auch wenn sich die<br />
Bestandssituation des Mittelspechtes<br />
in den letzten Jahren deutschlandweit<br />
etwas entspannt hat, sind die mitteleuropäischen<br />
Bestände, wegen o.g.<br />
Gefährdungen, keineswegs für die Zukunft<br />
gesichert. Um so dringlicher ist es,<br />
geeignete Schutzziele und spezifische
Pflegemaßnahmen, wie die Erhaltung<br />
und Entwicklung ausgedehnter, lebensraumtypischer<br />
Laub- und Mischwälder<br />
mit hohen Alt- und Totholzanteilen<br />
auch im FFH-Gebiet Wälder bei Cappenberg<br />
durchzusetzen.<br />
Quellen:<br />
Jöbges, M. & König, H. (2001): Urwaldspecht<br />
im Eichenwald. - LÖBF-Mitteilungen.<br />
H.2: 12-27.<br />
OAG <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (2000): Die Brutvögel des<br />
<strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>. Ergebnisse der Gitterfeldkartierung<br />
1997 – 1999. Naturkdl. Reihe der<br />
NFG. <strong>Unna</strong>. 327 S.<br />
Scholz, M. (1972): Untersuchungen zur<br />
Siedlungsdichte und Reviergröße der Vögel<br />
in einem Perlgras-Buchenwald (Melico-Fagetum)<br />
in Cappenberg bei Lünen. Vogelwelt<br />
93: 121-133.<br />
Südbeck, P., H. Andretzke, S. Fischer, K.<br />
Gedeon, T. Schikore, K. Schröder & C. Sud-<br />
Flora & Fauna<br />
feldt (Hrsg.) (2005): Methodenstandards<br />
zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands.<br />
Radolfzell, 792 S. http://www.naturschutzfachinformationssysteme-nrw.de/ffh-arten/de/arten/vogelarten/kurzbeschreibung/103<strong>16</strong>0;<br />
abgerufen am <strong>16</strong>.01.<strong>2012</strong><br />
http://atlas.nw-ornithologen.de/index.<br />
php?cat=kap3&subcat=verbreitung&art<br />
=Mittelspecht; abgerufen am <strong>16</strong>.01.<strong>2012</strong><br />
http://www.oagkreisunna.de/mittelspecht.<br />
htm; abgerufen am <strong>16</strong>.01.<strong>2012</strong><br />
129
130<br />
Personen<br />
� Nachruf Heinz Herkenrath<br />
„Wir könnten ja noch in die Rieselfelder …“<br />
von Thomas Griesohn-Pflieger<br />
„Na, junger Mann, hast du denn<br />
schon was Schönes gesehen?“<br />
Dicke Brillengläser schauen mich an,<br />
dahinter freundlich fragende blaue<br />
Augen. Dann sehe ich ein riesiges<br />
Fernglas, das vor einem mehr als<br />
knielangen grünen Lodenmantel<br />
baumelt. Der Mann hat Gummistiefel<br />
an, ein alter farbloser Rucksack<br />
hängt über dem Rücken, eine Kappe,<br />
ebenfalls aus grünem Loden,<br />
wie man sie bei Landwirten und<br />
Jägern sieht, krönt wirres Haar. In<br />
der einen Hand hält der Mann ein<br />
kleines grünes Notizheft und in der<br />
anderen zwei Kugelschreiber1 .<br />
Obwohl fast alles grün war an dem<br />
älteren Herrn, der damals jünger war,<br />
als ich heute alt bin, wirkte er nicht<br />
wie ein Jäger oder Förster und da kein<br />
Trecker in der Nähe stand, konnte es<br />
auch kein Bauer sein. Auch als Arbeiter<br />
des Wasserwerks, wir befanden uns im<br />
Trinkwasserschutzgebiet, ging er nicht<br />
durch. So konnte ich also angstfrei ant-<br />
worten, dass ich erst ein paar Reiher,<br />
zwei Bussarde und einen Turmfalken<br />
gesichtet hätte.<br />
„Oh, du kennst dich ja schon gut<br />
aus! Schau mal da – eine Misteldrossel!“<br />
Mit einer schwindelerregenden<br />
Handbewegung, die sowohl das Fernglas<br />
vor die Augen hob als auch die<br />
dicke Brille nach oben vor die Stirn<br />
schob und gleichzeitig Schreibgerät und<br />
Heft zwischen Ring- und Mittelfinger<br />
beziehungsweise Daumen und kleinem<br />
Finger balancierte, wurde mühelos die<br />
vorbei fliegende Drossel durch das<br />
Hensoldt 8 x 56 bestätigt.<br />
� Ein großartiger Naturliebhaber<br />
Wir kamen ins Gespräch an diesem<br />
kühlen, nach frischer Erde riechenden<br />
Vormittag im März 1968. Es stellte<br />
sich schnell heraus, dass die jungen<br />
Zwergschnäpper, die ich mühsam mit<br />
meinem „Was fliegt denn da?“ von<br />
1956 bestimmt hatte, allesamt „Weidenlaubsänger“,<br />
sie wurden damals die<br />
Zilpzalpe genannt, waren. Und von der<br />
Stunde an, lernte ich von diesem großartigen<br />
Naturliebhaber und liebenswerten<br />
Menschen. Ein paar Tage später staunte<br />
ich nicht schlecht, als ich den Mann in<br />
Grün jetzt mit gestreiften Hosenträgern<br />
und kariertem Hemd angetan, bei meinem<br />
ersten Besuch in der „Dachsburg“<br />
in der Rausinger Straße 45 unter einem<br />
riesigen Elchkopf mit Schaufelgeweih<br />
wiedersah. Das Zimmer schien aus der<br />
Zeit gefallen. Bücher überall, teilweise<br />
in einen Zustand, der den Besitzer als<br />
Vielleser oder besser Bücherarbeiter<br />
auswies. Kleine Glaskästen, die ausgestopfte<br />
Vögel enthielten, manche hielt<br />
der Draht nicht mehr auf den Ästchen<br />
bei anderen schaute das Stroh aus dem<br />
Bauch, überall Bilder an der Wand aus<br />
Jagd- und Tierzeitschriften ausgeschnitten<br />
mit handschriftlichen Hinweisen<br />
und Notizen (blauer Kugelschreiber)<br />
versehen. Ein Königreich des Wissens,<br />
ein Panoptikum für Naturfreunde. Voller<br />
Geheimnisse und Zauber schien es mir.<br />
So einen Erwachsenen hatte ich noch<br />
nicht erlebt!<br />
So fing das damals an. Eine Bekanntschaft,<br />
die schnell zur Freundschaft wurde,<br />
auch wenn uns fast 33 Jahre trennten.<br />
Jeder mag selbst ermessen, was es
Heinz Herkenrath auf der Pirsch. Foto: Ekkehard van Haut<br />
für einen sehr jungen Mann bedeutet,<br />
wenn er außerhalb der Herkunftsfamilie<br />
Wertschätzung erfährt, mit seiner<br />
merkwürdigen Vogelleidenschaft ernst<br />
genommen wird, anderen mit „das ist<br />
mein Freund Thomas“ vorgestellt wird,<br />
oder sogar um seine Meinung gefragt<br />
wird. Wasser- oder Wiesenpieper, was<br />
meinste? Bald schon unternahmen wir<br />
tagelange Exkursionen. Morgens um drei<br />
saßen wir schon im Hixter oder in der<br />
Voßkuhle auf dem Hochsitz, belauschten<br />
Füchse und Rehe und Hasen. Widmeten<br />
uns dann, immer zu Fuß, Heinz hatte<br />
keinen Führerschein, den ganzen Tag<br />
über ohne Hast der Vogelbeobachtung,<br />
besuchten Bauern, um sie nach Eulen zu<br />
befragen. Wir fuhren mit Freund Rudi<br />
nach Lüchow-Dannenberg und mit dem<br />
weißen Opel Olympia, den seine Frau<br />
Personen<br />
„Hedi“ lenkte, an den Dümmer, wo wir<br />
im Moor stecken blieben. Oder später<br />
mit meinem Auto in den Arnsberger<br />
Wald. Wir ergänzten uns prima. Ich mit<br />
meinen guten Augen und er mit einem<br />
grenzenlosen Wissen, das danach drängte,<br />
in meinen Kopf zu schlüpfen.<br />
Schon bald hatte ich ebenfalls ein<br />
Notizheft dabei, allerdings nur einen<br />
Kugelschreiber. „Das muss alles fest-<br />
131
gehalten werden! Ich habe lückenlose<br />
Aufzeichnungen seit Mitte der Vierziger!“<br />
Einmal liefen wir, es war an<br />
einem 23. Dezember, eine ganze Stunde<br />
wieder zurück an die Ruhr, dort hatten<br />
wir in einem Bombentrichter liegend<br />
Saatgänse beobachtet und Heinz hatte<br />
sein Notizbuch dort liegen gelassen.<br />
„Unersetzlich! Das müssen wir finden!<br />
Ein unglaublicher Verlust!“ Wir fanden<br />
es. Erst spät in der Nacht kam ich nach<br />
Hause.<br />
� Das Fernglas ist ein Körperteil<br />
Gegebenheiten mit anderen Gegenständen,<br />
die vergessen oder verloren<br />
gingen, sind Thema vieler lustiger<br />
Anekdoten, die Heinz selbst und seine<br />
Gemeinde immer wieder zum Besten<br />
gaben. Vokabeln wie „sagenhaft“, „unglaublich“<br />
und das Adjektiv „schwer“ in<br />
Verbindung mit „gefährdet“, „Verbrechen<br />
gegen die Natur“ oder „Verlust“<br />
fanden sehr bald ihren festen Platz in<br />
meinem Wortschatz. Formulierungen<br />
wie „wir müssen mehr auf Kleinvögel<br />
achten“ und „Das Fernglas ist ein Körperteil“<br />
oder „nur das Fernglas unterscheidet<br />
uns vom Landstreicher“ und<br />
„wir könnten ja noch in die Rieselfelder<br />
…“ sind Legende geworden.<br />
Heinz war der erste Erwachsene, der<br />
mir gegenüber Hitler einen Verbrecher<br />
nannte, den Krieg nicht als touristische<br />
132<br />
Personen<br />
Unternehmung darstellte oder ihn verschwieg,<br />
sondern von schwerer Schuld<br />
und unglaublichen Grausamkeiten und<br />
Verbrechen sprach. Mir gegenüber<br />
machte er nur Andeutungen über seine<br />
persönlichen Erlebnisse, aber er muss<br />
Schreckliches an der Ostfront erlebt<br />
haben. Ausgerechnet er, dessen Familie<br />
zur Bekennenden Kirche zählte, wurde<br />
zum Arbeitsdienst eingezogen und<br />
sehr schnell als Soldat an die Ostfront<br />
geschickt. Später beeindruckte er mich,<br />
wie er Seite an Seite mit meist sehr viel<br />
jüngeren politisch Bewegten in Bürgerinitiativen<br />
gegen neue Straßen und<br />
Bebauungspläne kämpfte. Dass man<br />
als Bürger einfach den Bürgermeister,<br />
Landesminister, Ministerpräsidenten,<br />
Bundesminister oder Bundeskanzler oder<br />
gar den Bundespräsidenten anschreiben<br />
kann – das war mir selbst nie in den<br />
Sinn gekommen. Ich glaube, Heinz hat<br />
sogar dem Papst einen „Brandbrief!“<br />
geschrieben. Immer ging es um Tierrechte<br />
und darum „schwere Verbrechen<br />
gegen die Natur“ abzuwenden. Und die<br />
Briefe, auch die, die ich bekam, waren<br />
allesamt Unikate. Heinz war sparsam<br />
und sparte auch an Schreibpapier. Selbst<br />
wenn einmal richtiges Schreibpapier<br />
benutzt wurde, wurde kein Schreibrand<br />
eingehalten. Oben ging es los und unten<br />
liefen die letzten Zeilen schief, weil das<br />
Papier in der Schreibmaschine keinen<br />
Halt mehr hatte. Die unsauberen Maschinentypen<br />
(Die kann man sauber<br />
machen? Wie meinste?) stanzten bis<br />
unmittelbar an den Rand Löcher und<br />
Riefen auf das Papier. Weniger offizielle<br />
Schreiben wurden auf der Rückseite von<br />
Kalenderblättern, Flugschriften oder<br />
gar Klassenarbeiten (!) gehämmert.<br />
Heinz Herkenrath war Lehrer und ein<br />
politischer Mensch mit ausgeprägter<br />
Meinung, erfrischend einseitig, wenn für<br />
den Tier- und Naturschutz. Und hochgebildet,<br />
vor allem wenn es um geschichtliche<br />
Fragestellungen ging. Alle deutschen<br />
Kaiser mit Regierungszeit hatte er im<br />
Gedächtnis parat, kein Fürstenhaus war<br />
ihm unbekannt, kaum ein Reichsminister<br />
zu dem ihm nicht wichtige Entscheidungen<br />
einfielen. Unglaublich!<br />
� Respekt vor der „Mitwelt“<br />
Heinz Herkenrath war in vielerlei<br />
Beziehung mein Mentor. Von ihm lernte<br />
ich einen reichen Fundus an Beobachtungstechniken<br />
und was vielleicht noch<br />
wichtiger ist, das Ethos der Naturbeobachtung.<br />
Respekt und Aufmerksamkeit<br />
der Natur gegenüber, das strahlte er<br />
aus und praktizierte er ganz selbstverständlich.<br />
War ich beim ersten Mal noch<br />
erstaunt, dass wir einen Umweg gingen,<br />
um Ricke mit Kitz die Flucht vor uns zu<br />
ersparen, ist es mir heute noch unangenehm,<br />
wenn wegen mir Pirschenden
ein Schwarm Ringeltauben polternd<br />
abfliegt. Oft standen wir minutenlang<br />
mucksmäuschenstill, um einen Hasen<br />
an uns vorbei hoppeln zu lassen. Mit<br />
ihm gingen Tier- und Naturschutz Hand<br />
in Hand. Er erzählte mir von Albert<br />
Schweitzer, dessen Glaubensbekenntnis<br />
mich damals wie heute berührt: Ich<br />
bin Leben, das leben will, inmitten von<br />
Leben, das leben will. Heinz war tief<br />
gläubig. Sein Gottvertrauen und seine<br />
„Dankbarkeit dem Herrn gegenüber“<br />
hat mich beeindruckt und manchmal,<br />
vor allem in den späten Jahren, habe<br />
ich ihn, den sehr alten Mann, um diese<br />
geradezu kindliche Hingabe beneidet.<br />
Woran erkennt man eine Persönlichkeit?<br />
Unter anderem, glaube ich, daran,<br />
dass man mit Achtung, und wenn es<br />
gut gelaufen ist, mit Liebe von ihm<br />
erzählt. Es gibt so viele Aspekte, die<br />
noch erwähnt werden müssten, weil sie<br />
besonders oder eigen sind. Seine Familie,<br />
Frau und zwei liebenswerte Töchter,<br />
die ihn stützte und die diesen manchmal<br />
weltfremden Büchermensch die<br />
Lebensgrundlage bot. Die sagenhafte<br />
Gastfreundlichkeit der Herkenraths, die<br />
die Dachsburg in Holzwickede oft eher<br />
als Taubenschlag erscheinen ließ. Die<br />
fast symbiotische Verbindung mit seiner<br />
Frau Hedwig (Hedi) und der liebevolle<br />
Umgang mit ihr, als sie, die ein Jahr vor<br />
ihm starb, zum Pflegefall wurde. Die<br />
vielen Freundschaften – fast wie ein<br />
Planet sammelte er umherschweifende<br />
Satelliten ein, die eine Zeit lang um ihn<br />
kreisten, oder es bis zum Schluss taten.<br />
Es gab auch Meinungsverschiedenheiten<br />
mit ihm, manchmal machte seine<br />
Personen<br />
Radikalität es seinen Freunden schwer,<br />
neben ihm zu stehen. Er hat alleine durch<br />
das Zusammenbringen engagierter<br />
Menschen viel bewirkt, Diskussionen<br />
angestoßen und durch die ausgeprägte<br />
eigene Stellungnahme, anderen zur<br />
Meinung verholfen. Er hat Funktionen<br />
in vielen Vereinen gehabt, manche mit<br />
begründet und manche im Zorn verlassen.<br />
Ich kenne niemanden, der auf ihn<br />
mit Gleichgültigkeit reagierte.<br />
Am 23. Dezember 2011 ging sein<br />
reiches Leben zu Ende. Heinz Herkenrath<br />
wurde über 90 Jahre alt.<br />
1In Blau wurden gewöhnliche Beobachtungen<br />
notiert, Besonderheiten unterstrichen. In Rot<br />
wurden alle Greifvögel, Eulen und Beutegreifer<br />
notiert, ganz seltene unterstrichen.<br />
133
von Corinna Glück<br />
134<br />
Personen<br />
� Porträt Martina Schmidt von Boeselager<br />
Alltagstrott kenne ich nicht<br />
Morgens mit einer Tasse Kaffee<br />
draußen sitzen, den Blick schweifen<br />
lassen, den Singvögeln lauschen<br />
und sich darüber freuen, dass das<br />
Gelb der Osterglocken den Garten<br />
frühlingshaft verzaubert: Das<br />
sind Momente, in denen Martina<br />
Schmidt von Boeselager das Herz<br />
aufgeht: „Besonders liebe ich das<br />
helle Grün der Bäume.“ Ein Lächeln<br />
huscht über ihr Gesicht.<br />
Kein Zufall also, dass die 52-jährige<br />
Geschäftsführerin der Waldschule<br />
Cappenberg ist? Eher doch: „Ich war<br />
vor 25 Jahren Teil der Lehrerschwemme<br />
und fand nach meinem Referendariat<br />
wie viele andere auch keine Stelle“,<br />
erinnert sie sich. Also startete Martina<br />
Schmidt von Boeselager mit einer so<br />
genannten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme<br />
auf dem als Gutshof genutzten<br />
Brauereigelände. Sie arbeitete im<br />
„Umweltbüro“, aus dem die heutige<br />
Waldschule Cappenberg entstand.<br />
Dass sie nach 25 Jahren auch noch<br />
dort wirken würde, hatte sie damals<br />
nicht gedacht. Kein Zufall war es aber,<br />
dass Martina Schmidt von Boeselager<br />
Biologie und Kunst an der Universität<br />
in Dortmund studierte. Sie wuchs im<br />
Münsterland auf. „Mein Leben hat<br />
schon als Kind immer draußen im<br />
Wald und auf Wiesen stattgefunden“,<br />
erzählt sie, „mit Kälbchen, Schweinen<br />
und Tomatenpflanzen.“ Ihre Großeltern<br />
hatten an der Stever in der Nähe von<br />
Lüdinghausen ein kleines Angelhaus.<br />
Dort verbrachte sie viel Zeit. Als Kind<br />
stöberte sie durch die Natur und lernte<br />
Gartenarbeit von ihrer Großmutter.<br />
� Natur verbunden mit Kreativität<br />
Aber am reizvollsten war für sie,<br />
wenn der Großvater die geangelten<br />
Fische ausnahm: „Mich faszinierten<br />
die Farben und ich wollte wissen, was<br />
das für Organe sind. Welche Aufgabe<br />
sie haben“, sagt sie. Die Neugierde von<br />
damals spiegelt sich in ihren Augen<br />
wider. „Wahrscheinlich habe ich deswegen<br />
Biologie und Kunst studiert.“ Natur<br />
und Kreativität ist für sie eine gelungene<br />
Kombination: „Wenn ich nicht so<br />
kreativ wäre, hätte ich wahrscheinlich<br />
nicht so viele Ideen und Gedanken für<br />
die Waldschule“, ist sie überzeugt.<br />
Schon während ihres Referendariats<br />
fragte sie sich, warum Lehrer immer<br />
nur aus Büchern unterrichten, wenn die<br />
Natur doch so nahe liegt. „Ich ging mit<br />
meinen Schülern raus und untersuchte<br />
das Original, anstatt in einem Buch das<br />
Foto zu erklären“, beschreibt sie. Diese<br />
Herangehensweise setzte sie dann im<br />
Cappenberger Wald weiter um. Ihre<br />
Aufgabe war es – und ist es im Grunde<br />
auch noch heute – Kindern und Jugendlichen<br />
die Natur näher zu bringen<br />
und sie dafür zu sensibilisieren. Nur ihr<br />
Aufgabenspektrum hat sich in den vergangenen<br />
Jahren sehr verändert. Doch<br />
darauf soll an dieser Stelle nicht weiter<br />
eingegangen werden, denn mehr über<br />
die Geschichte der Waldschule Cappenberg<br />
ist auf Seite 27 dieses <strong>Naturreport</strong>s<br />
zu lesen.<br />
Was sich nicht geändert hat, ist Martina<br />
Schmidt von Boeselagers Kraft und<br />
Kreativität. Die Waldschule ist mittlerweile<br />
so etwas wie eine Lebensaufgabe.<br />
„Ich habe das Gefühl, dass unsere
Gesellschaft in einer Umbruchphase ist.<br />
Es fehlen Leitbilder, Ideale und Werte“,<br />
erklärt sie. Kaum ein Kind baut noch<br />
eine Hütte im Wald, spielt mit selbst<br />
gebastelten Schiffchen am Bach oder<br />
nimmt einen Frosch in die Hand. „Das<br />
sind alles prägende Kindheitserlebnisse,<br />
die wir in der Waldschule inszenieren“,<br />
fährt sie fort. Die jungen Menschen sollen<br />
so viel Natur erfahren wie möglich,<br />
damit sie als erwachsene Menschen die<br />
Natur in ihren Entscheidungen berücksichtigen.<br />
„Aber ohne erhobenen Zeigefinger,<br />
damit das Lernen auch Spaß<br />
macht und nachhaltig ist“, betont die<br />
Geschäftsführerin. Auch wenn es immer<br />
wieder ein Kraftakt ist, die Waldschule<br />
finanziell aufrecht zu erhalten: „Mich<br />
hält die Herausforderung fit. Ich würde<br />
es immer wieder so tun“, sagt sie. Denn:<br />
Das Funkeln in den Augen der Kinder ist<br />
jedes Mal eine Belohnung für die Arbeit.<br />
Vielleicht doch kein Zufall, dass Martina<br />
Schmidt von Boeselager die „gelebte“<br />
Waldschule Cappenberg ist?<br />
Personen<br />
Martina Schmidt von Boeselager führt die Geschicke der Waldschule Cappenberg.<br />
Foto: Glück<br />
135
von Heinrich Behrens<br />
136<br />
Aktionen<br />
� NFG-Vorstand bereist die Uckermark<br />
Neugierig die Gegend erkunden<br />
Ende Juni 2011 war es wieder<br />
soweit. Mitglieder des Vorstandes<br />
der Naturförderungsgesellschaft<br />
für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> (NFG) brachen<br />
in die Uckermark auf, um sich vor<br />
Ort nicht nur von den Naturschönheiten<br />
beeindrucken zu lassen,<br />
sondern sich auch über naturschutzfachliche<br />
Fragen der Landschafts-<br />
oder Biotopentwicklung zu<br />
informieren.<br />
So wurde unter der Leitung von<br />
Norbert Bukowsky von der Naturparkverwaltung<br />
Uckermärkische Seen<br />
und dem Biologen Thomas Volpers im<br />
Rahmen einer Radtour der Nordwesten<br />
von Templin erkundet. Dabei wurden<br />
verschiedene Moor flächen sowie<br />
Magerrasen angesteuert. Problem der<br />
Naturparkverwaltung ist zurzeit, dass<br />
die Fördermittel, die hauptsächlich für<br />
Naturschutzmaßnahmen eingesetzt<br />
werden, drastisch gekürzt worden sind.<br />
Deswegen wird die Last der Arbeit fast<br />
nur noch von ehrenamtlichen Helfe-<br />
Auf Beobachtungstour in den Heiligen Hallen. Foto: Behrens<br />
rinnen und Helfern getragen, die aber<br />
angesichts der unglaublichen Größe der<br />
Naturschutzflächen schier überfordert<br />
sind. Dazu kommt, dass aktuell nur<br />
noch eine Schafherde im Bereich des<br />
Naturparks für die Landschaftspflege<br />
zur Verfügung steht.<br />
Darüber hinaus teilt die Region<br />
mittlerweile alle Probleme einer landwirtschaftlichen<br />
Nutzung, die mehr<br />
und mehr auf die Produktion von Energiegetreide<br />
setzt, dessen Pflege sehr<br />
Dünger- und Spritzmittel abhängig ist.<br />
Im Nordosten von Templin, an der Autobahn<br />
nach Stettin, ist bei Penkun eine<br />
der größten Biogasanlagen Deutschlands<br />
entstanden. Norbert Bukowsky<br />
berichtete darüber, dass der Energiegetreide-Wahn<br />
sich mittlerweile auch<br />
in der Uckermark nachweislich negativ
auf die Artenvielfalt auswirken würde.<br />
Positiv wirkten sich in diesem Jahr auf<br />
die Moore die relativ hohen Niederschlagsmengen<br />
im Frühsommer aus,<br />
weshalb etwa Birken oder Erlen in ihrem<br />
Wachstum unterdrückt wurden, was<br />
den Pflegeaufwand für die Moore minimieren<br />
konnte. Besonderes Highlight<br />
der Radexkursion wurde das Hören des<br />
Rohrdommel-Rufes bei Gandenitz.<br />
� Eine Schifffahrt...<br />
Darüber hinaus fand unter der Leitung<br />
von Frauke de Vere Bennett von<br />
„flusslandschaft reisen“ eine Kanutour<br />
durch das Untere Odertal statt. Von Mescherin<br />
aus ging es auf die östliche polnische<br />
Oderseite nach Gryfino. Unterwegs<br />
konnten Biberburgen, Seeadlerhorste<br />
und eine Kolonie Trauerseeschwalben<br />
beobachtet und fotografiert werden.<br />
Sehr abwechslungsreich war auch der<br />
Tag, der die Gruppe nach Carwitz und in<br />
den ältesten Buchenwald Deutschlands,<br />
die Heiligen Hallen, führte. In Carwitz<br />
beeindruckten das Hans-Fallada-Haus<br />
sowie die botanischen Kostbarkeiten der<br />
Halbinsel Bohnenwerder. Während der<br />
Zeit des Nationalsozialismus verbrachte<br />
der berühmte Schriftsteller Hans Fallada<br />
in dem am Carwitz-See wunderschön<br />
gelegenen Haus die glücklichsten Jahre<br />
seines turbulenten und schwierigen<br />
Lebens. Er schrieb hier seine schönsten<br />
Romane und Geschichten. Bohnenwerder<br />
ist wie die ganze Region eiszeitlichen<br />
Ursprungs und stellt eine in den Carwitz-<br />
See ragende sandige Seitenmoräne mit<br />
einer hochinteressanten Sandmagerrasen-Flora<br />
dar.<br />
Die Tagestour endete mit einem<br />
geführten Gang durch die Heiligen<br />
Hallen nahe der Stadt Feldberg unter der<br />
Aktionen<br />
„4“ in einem Boot auf der Oder. Foto: Gudrun Bürhaus<br />
Leitung von Katja Powils vom Forstamt<br />
Lüttenhagen. Der älteste Buchenwald<br />
präsentiert nicht nur mehrere hundert<br />
Jahre alte und hallenartig gewachsene<br />
Rotbuchenbestände, sondern ist auch<br />
ein Beispiel für einen Urwald, der ohne<br />
menschliche Eingriffe, sich selbst überlassen,<br />
eindrucksvoll die natürliche Sukzession<br />
der Waldentwicklung zeigt.<br />
137
� Übersicht<br />
Die Natur des Jahres <strong>2012</strong> auf einen Blick<br />
Titel Art Info und Kontakt<br />
Vogel des Jahres Die Dohle nabu@nabu.de<br />
Lurch des Jahres Die Erdkröte gs@dght.de<br />
Fisch des Jahres Das Neunauge info@vdsf.de<br />
Insekt des Jahres Der Hirschkäfer pressestelle@jki.bund.de<br />
Schmetterling des Jahres Das Kleine Nachtpfauenauge info@bund-nrw-naturschutzstiftung.de<br />
Gefährdete Nutztierrasse des Jahres Die Deutschen Sperber info@g-e-h.de<br />
Baum des Jahres Die Lärche info@baum-des-jahres.de<br />
Blume des Jahres Die Heidenelke stiftung-naturschutz-hh@t-online.de<br />
Orchidee des Jahres Das Bleiche Knabenkraut info@europorchid.de<br />
Pilz des Jahres Der Graue Leistling oeffentlichkeite@dgfm-ev.de<br />
Flechte des Jahres Die Echte Lungenflechte josef.hafeliner@kfunigraz.ac.at<br />
Spinne des Jahres Die Große Höhlenspinne christoph.hoerweg@nhm-wien.ac.at<br />
Heilpflanze des Jahres Die Koloquinte orgbuero@theophrastus.de<br />
Arzneipflanze des Jahres Die Süßholzwurzel johannes.mayer@mail.uni-wuerzburg.de<br />
Giftpflanze des Jahres Der Goldregen giftpflanze@wandsbek.hamburg.de<br />
Staude des Jahres Der Knöterich zvg-bonn.banseg-net.de<br />
Wasserpflanze des Jahres Der Gewöhnliche Wasserhahnenfuß gst@foerderkreis-sporttauchen.de<br />
Flusslandschaft des Jahres Die Helme info@anglerverband.com<br />
138<br />
Natur des Jahres
Die Dohle ist der Vogel des Jahres <strong>2012</strong>. Foto: www.fotolia.de/Gerken&Ernst<br />
Natur des Jahres<br />
139
Autoren<br />
Heinrich Behrens ist Schulleiter an der<br />
Geschwister-Scholl-Gesamtschule in<br />
Lünen. Kontakt: Gerberweg 1, 59174<br />
Kamen.<br />
Magnus Benkhofer ist Mitglied bei der<br />
<strong>Kreis</strong>jägerschaft Dortmund e.V. und<br />
zuständig für die Rollende Waldschule.<br />
Kontakt: Rauher Kamp 56, 44339<br />
Dortmund.<br />
Kerstin Conrad ist wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
bei der Biologischen Station.<br />
Kontakt: Westenhellweg 110, 59192<br />
Bergkamen.<br />
Marianne Degwer ist Dipl.-Geologin<br />
und Waldführerin für die Ökostation des<br />
Naturfreundehauses Ebberg. Kontakt:<br />
Ebberg 1, 58239 Schwerte.<br />
Günther Dieckmann ist Schulleiter der<br />
Ermelingschule. Kontakt: Ermelingstraße<br />
2, 59199 Bönen.<br />
140<br />
Autoren<br />
Petra Drees-Hagen ist Pressereferentin<br />
beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband.<br />
Kontakt: Marie-Curie-<br />
Straße 6, 59423 <strong>Unna</strong>.<br />
Jutta Eickelpasch ist Diplom-Oecotrophologin<br />
und Umweltberaterin in der<br />
Verbraucherzentrale Kamen. Kontakt:<br />
Kirchstraße 7, 59174 Kamen.<br />
Dr. Hartmut Fahrenhorst ist pensionierter<br />
Lehrer sowie Initiator und Leiter<br />
von „<strong>Unna</strong>s Honigdieben“ an der<br />
Peter-Weiss-Gesamtschule. Kontakt:<br />
Falkstraße 15, 59425 <strong>Unna</strong>.<br />
Dr. Hans Jürgen Geyer ist wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter bei der Arbeitsgemeinschaft<br />
Biologischer Umweltschutz im<br />
<strong>Kreis</strong> Soest e.V. Kontakt: Möllerstraße<br />
24, 59555 Lippstadt.<br />
Petra Giebel ist bei der Natur- und<br />
Umweltschutz-Akademie NRW (NUA)<br />
– Landeskoordination der Kampagne<br />
„Schule der Zukunft – Bildung für<br />
Nachhaltigkeit“ – tätig. Kontakt:<br />
Postfach 101051, 45610 Recklinghausen.<br />
Corinna Glück ist Redakteurin bei der<br />
Horschler Kommunikation GmbH.<br />
Kontakt: Friedrich-Ebert-Straße 19,<br />
59425 <strong>Unna</strong>.<br />
Thomas Griesohn-Pflieger ist Journalist<br />
und der Begründer des <strong>Naturreport</strong>s,<br />
den er mit Utz Lederbogen bis 1998<br />
verantwortete und dessen Entwicklung<br />
er interessiert verfolgt. Heute lebt er in<br />
Hattingen. Kontakt: Unionstraße 12a,<br />
45525 Hattingen.<br />
Erhard Hellmann ist als Hobbymykologe<br />
tätig in der Botanik-AG des NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes<br />
<strong>Unna</strong> und im Arbeitskreis<br />
Pilzkunde Ruhr. Kontakt: Bornstraße <strong>16</strong>,<br />
59425 <strong>Unna</strong>.
Andreas Hellmich ist Diplom-Ingenieur<br />
Raumplanung und Leiter der Abfallbe-<br />
ratung und Öffentlichkeitsarbeit bei der<br />
GWA – Gesellschaft für Wertstoff- und<br />
Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> mbH. Kontakt:<br />
Friedrich-Ebert-Straße 59, 59425<br />
<strong>Unna</strong>.<br />
Jürgen Heuser ist wissenschaftlicher<br />
Leiter der Biologischen Station Östliches<br />
Ruhrgebiet und Initiator des Projektes<br />
„Wildnis für Kinder in der Stadt“.<br />
Kontakt: Biologische Station Östliches<br />
Ruhrgebiet. Vinckestraße 91, 44263<br />
Herne-Mitte.<br />
Stefan Kauwling ist Diplom-Geograf/<br />
Landschaftsökologie und wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter bei der Biologischen<br />
Station. Kontakt: Westenhellweg 110,<br />
59192 Bergkamen.<br />
Klaus Klinger ist Leiter der Biologischen<br />
Station im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Kontakt:<br />
Westenhellweg 110, 59192 Bergkamen.<br />
Dr. Götz Heinrich Loos ist Universitätslehrer<br />
und Forscher vornehmlich im Bereich<br />
Landschaftsökologie/Biogeographie an<br />
der Ruhr-Universität Bochum. Kontakt:<br />
Ruhr-Universität Bochum, Geographisches<br />
Institut, 44780 Bochum.<br />
Birgit Manz ist Diplom-Ingenieurin Landespflege<br />
und in der Geschäftsführung<br />
der Naturförderungsgesellschaft für den<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Kontakt: Westenhellweg<br />
110, 59192 Bergkamen.<br />
Bernd Margenburg ist Dipl. Physiker und<br />
Vorsitztender der NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes<br />
<strong>Unna</strong>, stellvertretender Vorsitzender der<br />
Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong><br />
<strong>Unna</strong> und stellvertretender Arbeitskreisleiter<br />
des Arbeitskreises Heimische Orchideen<br />
Nordrhein-Westfalen. Kontakt: Auf<br />
der Klause 5, 59192 Bergkamen.<br />
Autoren<br />
Karin Margenburg ist Diplom-Geografin<br />
und u.a. tätig in der Botanik AG des<br />
NABU-<strong>Kreis</strong>verbandes <strong>Unna</strong>, Sprecherin<br />
des Landesfachausschusses Botanik des<br />
NABU-Landesverbandes NRW sowie<br />
Angestellte bei der Bezirksregierung<br />
Arnsberg im Dezernat 51. Kontakt: Auf<br />
der Klause 5, 59192 Bergkamen.<br />
Jenny Planert-Fahrenhorst ist Biologieund<br />
Sportlehrerin an der Peter-Weiss-<br />
Gesamtschule und Koordinatorin der<br />
Agenda-Gruppe sowie Kleintier- und<br />
Schulgarten-AG. Kontakt: Falkstraße<br />
15, 59425 <strong>Unna</strong>.<br />
Falko Prünte ist Diplom-Geograf/Landschaftsökologie<br />
und wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter der Biologischen Station im<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>. Kontakt: Westenhellweg<br />
110, 59192 Bergkamen.<br />
Ralf Sänger ist Diplom-Geograf und<br />
Leiter des Umweltzentrums Westfalen.<br />
141
Kontakt: Westenhellweg 110, 59192<br />
Bergkamen.<br />
Heinz Friedrich Schlockermann ist Ortsheimatpfleger<br />
von Bramey, Lenningsen<br />
und Flierich. Kontakt: Fröndenberger<br />
Straße 11, 59199 Bönen.<br />
Martina Schmidt von Boeselager ist<br />
Kunst- und Biologielehrerin, Geschäftsführerin<br />
der Waldschule Cappenberg,<br />
Vorsitzende der ANU NRW (Arbeitsgemeinschaft<br />
Natur- und Umweltbildung<br />
e.V. NRW), Beraterin des Ministeriums<br />
für Klimaschutz, Umwelt, Landwirt-<br />
142<br />
Autoren<br />
schaft, Natur- und Verbraucherschutz<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen und<br />
Prüferin im Rahmen des Waldpädagogischen<br />
Zertifikats NRW. Kontakt: Am<br />
Brauereiknapp 17, 59379 Selm.<br />
Kai-Uwe Schneider ist Diplom-Geologe<br />
und Abfallberater bei der GWA<br />
– Gesellschaft für Wertstoff- und<br />
Abfallwirtschaft <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> mbH.<br />
Kontakt: Friedrich-Ebert-Straße 59,<br />
59425 <strong>Unna</strong>.<br />
Sandra Schulz ist Regionalbetreuerin der<br />
Naturschutzjugend Hamm, <strong>Unna</strong> und<br />
Märkischer <strong>Kreis</strong>. Kontakt: Kanalstraße<br />
79, 45731 Waltrop.<br />
Willibald Träger ist als Hobbymykologe<br />
tätig in der Arbeitsgemeinschaft<br />
Ornithologie und Naturschutz AGON<br />
Schwerte im NABU <strong>Kreis</strong>verband <strong>Unna</strong>.<br />
Kontakt: Goldammerweg 15, 58239<br />
Schwerte.<br />
Dorothee Weber ist Diplom-Oecotrophologin<br />
und Abfallberaterin bei der GWA<br />
– Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft<br />
<strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> mbH. Kontakt:<br />
Friedrich-Ebert-Straße 59, 59425 <strong>Unna</strong>.
Die NFG – Wir über uns<br />
Die Naturförderungsgesellschaft für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> e. V. – kurz genannt NFG – wurde 1984 als Kooperations-<br />
modell zwischen amtlichem und ehrenamtlichem Naturschutz gegründet. Als gemeinnützig anerkannter Verein hat sich die<br />
NFG im <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong> folgende Aufgaben gestellt:<br />
� Die NFG unterstützt die Aktivitäten des ehrenamtlichen Naturschutzes.<br />
� Die NFG hilft bei der Sicherung von schutzwürdigen Gebieten.<br />
� Die NFG führt Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen durch.<br />
� Die NFG klärt die Öffentlichkeit über Umwelt,- Natur- und Artenschutz auf.<br />
� Die NFG unterstützt umweltpädagogische Aktivitäten.<br />
� Die NFG ist Trägerverein der Biologischen Station für den <strong>Kreis</strong> <strong>Unna</strong>.<br />
Die Geschäftsführung des Vereins übernimmt das Umweltamt des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong>.<br />
Sitz: Ökologiestation des <strong>Kreis</strong>es <strong>Unna</strong><br />
Westenhellweg 110 · 59192 Bergkamen<br />
Telefon: 02389 9809-60 · Telefax: 02389 9809-94<br />
E-mail: nfg-kreisunna@t-online.de · Internet: www.kreis-unna.de/NFG<br />
Spendenkonto: 44644 bei der Sparkasse <strong>Unna</strong> (BLZ 443 500 60)