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VECTURA_02_2014_1-8

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WWW.<strong>VECTURA</strong>MAG.CH<br />

[lat.: das Fahren] #11 | Sommer <strong>2014</strong><br />

Neuer Stern aus Stuttgart<br />

MERCEDES C-KLASSE<br />

BELLA MACCHINA // FERRARI CALIFORNIA T<br />

ZEITREISE // UNTERWEGS MIT ŠKODA<br />

SPURENSUCHE IN DUBAI // JEEP CHEROKEE<br />

SPEZIAL // VERBRAUCH UND EMISSION<br />

MUSEUM-EDITION<br />

www.prestigemedia.ch | CHF 10.–<br />

9 772235 369009


THE FORD MOTOR COMPANY PRESENTS<br />

ZÜGELN SIE IHRE UNGEDULD – FORD.COM<br />

DER NEUE MUSTANG. AB 2015.


BOUTIQUES<br />

GENEVE • GSTAAD • LUZERN • ZURICH


EDITORIAL<br />

<strong>VECTURA</strong> #11<br />

MUSEUM<br />

EDITION<br />

Matthias Pfannmüller, Chefredaktor<br />

Vierrädrige Rentner sind in: 65 000 über 30-jährige Veteranen<br />

sind allein hierzulande zugelassen – die auf<br />

Hochglanz polierten Stehzeuge in klimatisierten Privatgaragen<br />

nicht mitgerechnet. Damit verfügt die Schweiz pro Einwohner<br />

gerechnet über eine der höchsten (und sicher auch bestgepflegten)<br />

Oldtimer-Quoten weltweit. Klassiker sind auf allen<br />

Kontinenten zu finden, wenn auch aus unterschiedlichsten Gründen.<br />

In Berlin können Touristen eine Stadtrundfahrt per Trabi<br />

absolvieren, während Methusalem-Technik in Entwicklungsländern<br />

wie Indien noch zum tagtäglichen Strassenbild gehört.<br />

Ob Notwendigkeit oder Kultur: Der Blick zurück findet immer öfter<br />

auch bei den Herstellern selbst statt. Mercedes zum Beispiel belegte<br />

auf der international grössten Oldtimer-Messe, der diesjährigen<br />

Techno-Classica in Essen, ganze 4800 Quadratmeter Fläche.<br />

Nach der IAA, wo die Stuttgarter traditionell in der Festhalle<br />

residieren, entspricht das dem zweitgrössten externen Auftritt des<br />

Hauses überhaupt (Genf <strong>2014</strong>: über 2700 m 2 plus Smart mit knapp<br />

600 m 2 ). Die Marke mit dem Stern ist mit diesem Verhalten in guter<br />

Gesellschaft: 27 Fahrzeughersteller stellten letzten März in<br />

Essen aus – so viele wie noch nie. Das Engagement der Industrie<br />

hat natürlich monetäre Gründe, denn längst ist aus der Oldie-<br />

Szene eine hoch spezialisierte Branche geworden, die Milliarden<br />

umsetzt. Es geht aber auch um das emotionale Moment, wenn<br />

Marken-Ikonen ins Rampenlicht gerückt werden. Die verfügen<br />

über eine physische Anziehungskraft, welche den meisten Neuwagen<br />

im Windkanal abhandengekommen zu sein scheint (in<br />

50 Jahren sprechen wir nochmal darüber). Das mag auch den<br />

aktuellen Run auf Auto-Museen erklären und die Vielzahl neu entstandener<br />

Motortempel. Einige von ihnen sind so gut gemacht und<br />

unterhaltsam, dass selbst Kenner ins Schwärmen geraten.<br />

Dabei können sogar auf aktuellen Neuwagen-Veranstaltungen wie<br />

dem letzten Genfer Salon antiquierte Gefühle aufkommen – wenn<br />

man die jüngsten Verbrauchswunder gesehen hat und mit dem<br />

eigenen Altmetall wieder nach Hause fährt, und sei das auch erst<br />

zwei Jahre alt. «Autos altern heute nicht mehr physisch, sondern<br />

politisch», stellte der weitsichtige Ferdinand Piëch schon vor über<br />

einer Dekade treffend fest. Bei penibler Betrachtung sind selbst<br />

Neufahrzeuge schon von gestern, weil ihre Nachfolger – die Modellzyklen<br />

werden immer kürzer – bereits in den Startlöchern stehen.<br />

Die Halbwertszeit sinkt also, doch es gibt auch eine positive<br />

Nachricht: Nur wirklich gut gemachte Autos haben heute noch<br />

eine Chance, aufgehoben und einmal in Würde alt zu werden.<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

3


INHALT #11<br />

EDITORIAL<br />

AUS DER TIEFE DER KRAFT<br />

Mit dem Porsche Macan hat man einen<br />

Midsize-SUV im Sportformat aufgelegt. Unsere<br />

erste Begegnung findet im Parkhaus statt<br />

BILDER EINER AUSSTELLUNG<br />

Wenn selbst namhafte Museen alte Autos zeigen,<br />

muss man von Kulturgut sprechen. Auftakt<br />

zu unserem Guide nationaler und grenznaher<br />

Fahrzeugsammlungen auf über 20 Seiten<br />

LEIDER VERHINDERT<br />

Er sollte nie gebaut werden, sondern für<br />

konstruktive Lösungen werben. Im Rückblick<br />

wirkt der Soletta 750 durchaus serientauglich<br />

DER MOBILITÄT GEWIDMET<br />

Erde, Himmel, Wasser: Das Verkehrshaus<br />

der Schweiz bildet alle Arten der Fahrzeugentwicklung<br />

ab. Autos kommen nicht zu kurz<br />

UNGLAUBLICH, ABER WAHR<br />

Was die Gebrüder Schlumpf einst im elsässischen<br />

Mülhausen zusammentrugen, zählt zu den<br />

bedeutendsten Automobilkollektionen der Welt<br />

MADE IN GERMANY<br />

Deutschland ist Autoland, wie die Werkschauen<br />

um Stuttgart und München demonstrieren<br />

ZWISCHEN KLEIN- UND SPORTWAGEN<br />

Dass man in Italien viel Fantasie hat, beweisen die<br />

Kollektionen des Nationalmuseums Turin – und die<br />

historischen Abteilungen von Fiat bis Lamborghini<br />

JUGENDLIEBE<br />

Dieses Auto wollte er schon als Bub. Und etwas<br />

später hat sich Reto Giovanelli seinen Traum erfüllt<br />

WENN WENIGER MEHR IST<br />

Downsizing muss keinen Verzicht bedeuten,<br />

wie der Ferrari California T eindrücklich beweist<br />

UNTER GLEICHGESINNTEN<br />

Oldiebesitzer brauchen manchmal Zuspruch.<br />

Die Clubadressen dazu finden sich hier<br />

003<br />

006<br />

018<br />

<strong>02</strong>4<br />

034<br />

038<br />

042<br />

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052<br />

054<br />

062<br />

DER WEITE WEG<br />

Die tschechische Marke Škoda war nicht<br />

immer so erfolgreich wie heute: Ortstermin<br />

am Stammsitz Mladá Boleslav – inklusive<br />

Museumsführung und Veteranen-Ausfahrt<br />

KRIEG UND FRIEDEN<br />

Ausgerechnet Jeep schien zuletzt den Grip<br />

verloren zu haben. Doch jetzt kommt ein<br />

Cherokee, der ganz bewusst polarisiert<br />

SINFONIE IN ROST<br />

Ein neues Bilderbuch zum Thema<br />

Autofriedhof wird sicher nicht das letzte sein<br />

TITELSTORY<br />

Okay, über die Heckpartie kann man<br />

streiten. Doch alles andere an der neuen<br />

Mercedes C-Klasse ist wohl geraten. Dabei<br />

markiert der Viertürer erst den Anfang…<br />

FREMDSCHÄMEN<br />

Mark Stehrenberger überlegt öffentlich,<br />

welche Autos er wegschmeissen würde<br />

GUTES KARMA<br />

In Europa sind sie fast ausgestorben, doch in<br />

Asien gehören Dreiräder zum Alltagsverkehr.<br />

Beobachtungen neben und aus einem Taxi<br />

STRASSE DER ZUKUNFT<br />

100-Gramm-Autos sind inzwischen keine<br />

Randerscheinung mehr, wie unsere Liste zeigt<br />

ERSTMALS VERGLICHEN<br />

Früher war alles besser? Sicher nicht bei<br />

Verbrauch, Tempo oder der Standfestigkeit.<br />

Christian Bartsch rekapituliert<br />

LÄNGERE HALBWERTSZEIT<br />

Autos mit Atomantrieb? Rückblick auf eine<br />

scheinbar irre Räuberpistole, die sich<br />

eventuell wiederholen könnte…<br />

KUNST UND KOMMERZ<br />

Die Volvo Art Session gehört heute zum<br />

Schweizer Kulturbetrieb. Jetzt gibt es auch<br />

ein Art Car: Wir treffen uns mit der Künstlerin<br />

066<br />

088<br />

098<br />

104<br />

114<br />

116<br />

130<br />

136<br />

138<br />

150<br />

IMPRESSUM<br />

160<br />

MUSEUM<br />

EDITION<br />

4 <strong>VECTURA</strong> #11


006<br />

074<br />

088<br />

122<br />

138<br />

154<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

5


FAHRTERMIN<br />

RUBRIKEN<br />

SCHWARZER PANTHER<br />

PARKHÄUSER SIND NICHTS FÜR DEN PORSCHE MACAN TURBO. DORT<br />

IST ER EINGESPERRT WIE EIN WILDES TIER, WILL NUR NOCH RAUS,<br />

WEG AUS DEN ENGEN ECKEN ZWISCHEN NACKTEN WÄNDEN, DIE<br />

SEINE MÖGLICHKEITEN BEGRENZEN. ALSO SUCHT ER DIE LÜCKE IM<br />

BETON UND SETZT ZUM SPRUNG AN…<br />

Text Wolfgang Peters· Fotos Ian G.C. White, map<br />

Das letzte Auto, das gebaut wird, wird ein Sportwagen<br />

sein: ein Zitat von Ferry Porsche, das bereits in der letzten<br />

<strong>VECTURA</strong>-Ausgabe ein Thema war und über das<br />

es lohnt nachzudenken. Der Sohn des Käfer-Vaters Ferdinand<br />

Porsche gilt als Erfinder der Sportwagenmarke nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg, und als Senior neigte er zur Altersweisheit. Natürlich<br />

hat er bei diesem guten Spruch daran gedacht, das letzte<br />

Auto sollte ein Porsche-Sportwagen sein. Aber hätte er sich vorstellen<br />

können, dabei an einen Porsche wie den neuen Porsche<br />

Macan zu denken? Natürlich nicht.<br />

Das erklärt sich schon aus der Zeit heraus. Damals war die Welt<br />

der Wagen einfacher gegliedert. Es gab nur einige wenige Kategorien.<br />

Die Wortschöpfungen der Gegenwart für SUV und Crossover<br />

waren unnötig. Es fuhren neben dem übermächtigen VW<br />

Käfer lediglich ärmliche Kleinwagen, bürgerliche Mittelklasse,<br />

Prestige-Nobelwagen, asketische Sportwagen: Letztere waren<br />

vom bewussten Verzicht geprägt, mit körperlicher Entbehrung verbunden<br />

und von der Freude an den besonderen, nämlich risikobehafteten<br />

Eigenschaften des Fahrens getragen. Die Sportwagenfahrer<br />

von einst waren häufig Herren oder Hasardeure und die<br />

6 <strong>VECTURA</strong> #11


Frauen an ihrer Seite waren nur anwesend, weil der Termin für die<br />

Elefantenjagd geplatzt war. Gefahren wurde mit kaltem Blick auf<br />

den Gegner und ohne falsche Rücksichtnahme auf sich selbst.<br />

Das hat sich alles geändert. Männer (und Frauen) definieren ihre<br />

Autoliebe nicht mehr über den lustvollen Schmerz im Nacken oder<br />

wackelnde Knie beim Aussteigen. Der Sportwagen der Gegenwart<br />

und der Zukunft fordert nicht mehr Fitness als ein Smartphone.<br />

Als seine wichtigste Eigenschaft in der Rangliste der neuzeitlichen<br />

Begehrlichkeiten wird wohl von einer wachsenden Menge an Interessenten<br />

seine Internet-Vernetzung genannt. Und natürlich sein<br />

Name: Nicht Macan ist wichtig (was bedeutet das überhaupt?),<br />

aber doch Porsche. Da fügt sich dieses noble Produkt ohne unangenehme<br />

Nebengeräusche wegen seiner Audi-Q5-Basis sehr<br />

geschmeidig hinein in alle Pläne für die kommenden Jahre. Zumal<br />

es für seine Existenz keine ähnlich gewinnträchtige Alternative gibt.<br />

Für die Entstehung dieses Autos dagegen sprechen viele gute<br />

Gründe. Porsche ist Teil des VW-Konzerns und darf (oder muss)<br />

im Spielfeld der SUV auf die Ressourcen des grössten Auto-Imperiums<br />

in Europa zurückgreifen wie schon vor zehn Jahren beim<br />

Top-Seller Cayenne. Porsche benötigt für seine profitable Existenz<br />

noch höhere Produktions- und Profit-Margen; Porsche muss neue<br />

Kundenkreise erschliessen; Porsche beliefert die Welt und China<br />

und nicht nur die Elbchaussee, Starnberg und Kalifornien; Porsche<br />

beweist, die Marke kann technisch alles, wahrscheinlich könnte<br />

sie auch Omnibusse oder sogar Wohnmobile bauen, und: Die<br />

Zeiten, in denen ein Porsche-Produkt nur dann ein Porsche-Auto<br />

war, wenn man damit unter der Woche ins Büro fahren und am<br />

Wochenende auf die Rennstrecke wechseln konnte, sind längst<br />

vorbei. Daran haben sich auch die Porsche-Fahrer der alten Schule<br />

gewöhnt (immerhin gibt es rund um die Welt noch etliche Rennserien<br />

für und mit historischen Porsche-Sportwagen, nicht selten<br />

von dicken Männern gelenkt, die mit der Hilfe junger Frauen aus<br />

ihren Rennanzügen gepellt werden müssen), aber vielleicht haben<br />

sich tatsächlich die Auto-Inhalte verschoben, weg vom Nürburgring<br />

und hin zur Shopping- und zur Familien-Tour? Wer mag schon<br />

in Erwägung ziehen, mit einem viertürigen Zweitonner auf die<br />

Rennstrecke zu gehen? Diesen Wechsel mochten wohl die allermeisten<br />

Porsche-Fahrer noch nie tatsächlich vollziehen, aber sie<br />

dachten gerne daran und sie lebten mit der Vision, es zu können,<br />

wenn sie wollten. Dann machten sie sich in hellen und trockenen<br />

Nächten unter einem kalten Vollmond mit ihren Cayenne und<br />

Panamera auf und verkosteten einsame deutsche Autobahnen.<br />

Befreit vom engen Sinn des Transports.<br />

Dabei sind die einstigen, tradierten Porsche-Ideale längst an die<br />

Realität, die eine wirtschaftliche Wirklichkeit des verordneten<br />

Wachstums ist, angepasst worden. Opulenz in der Ausstattung,<br />

Komfort mit elektrischen Helferlein und Sicherheit, dank einer<br />

Schar von Assistenten, liessen auch Porsche-Ikonen wie den Elfer<br />

fülliger werden. Umso mehr trifft das auf den neuen SUV-Porsche<br />

zu. Leichtbau galt einst als die wichtigste Voraussetzung, um kleinere<br />

Sportwagen mit einem tapferen, aber eben auch bescheideneren<br />

Motor überhaupt konkurrenzfähig zu halten. Die nach dem<br />

David-Prinzip konstruierten Porsche-Modelle waren mit heldenhaften<br />

Piloten die mutigsten Dinger auf den Rennstrecken. Und<br />

auf Autobahnen und Landstrassen galt nicht das Gesetz des Goliaths,<br />

sondern galten die Ideen der Pfiffigen, sie brachten die flinken<br />

Fahrer im 356 und im Elfer zum Schmunzeln. Heute sind die<br />

Ingenieure stolz darauf, das Leergewicht der grossen Panamera<br />

und Cayenne in der zweiten Generation um hundert oder um achtzig<br />

Kilogramm vermindert zu haben, doch alles ist da relativ. Denn<br />

der Porsche Macan S Diesel hat bei seiner Premiere ein Leergewicht<br />

von 1880 Kilogramm und der Macan Turbo mit dem 3,6-Liter-V6-Benziner<br />

bringt gar 1925 Kilogramm auf die Waage; beide<br />

dürfen jeweils ein zulässiges Gesamtgewicht von gut zweieinhalb<br />

Tonnen erreichen. Für eine standesgemässe Fortbewegung<br />

braucht es da wirklich üppige Leistungen. Und hohes Gewicht ist<br />

an einem mobilen Ort immer auch eine noch kritischere mobile<br />

Masse und die drängt in jene Richtungen, die man im Sportwagen<br />

gar nicht haben will: erst nach aussen und dann nach innen und<br />

dann sonst wo hin. Und weil der Macan nicht von geübten Sportfahrern<br />

bewegt wird, haben Sicherheitssysteme hier eine grosse<br />

Berechtigung.<br />

An Leistung mangelt es im gewichtigen Macan nicht. Die offerierten<br />

Benziner-Triebwerke kommen mit 340 oder eben 400 PS und<br />

der Turbodiesel mit 258 PS und dem Drehmoment von 580 Nm,<br />

das reichte auch für eine Lokomotive. Nicht zuletzt definiert sich<br />

ein Sportwagen über die Möglichkeiten seines Motors. Aber das<br />

hat zunächst nichts mit seiner Spitzengeschwindigkeit zu tun. Der<br />

Motor eines Sportwagens sorgt nicht nur für hohes Tempo, sondern<br />

für mehr, nämlich für Dynamik. Und die spürt der Fahrer<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

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8 <strong>VECTURA</strong> #11<br />

FAHRTERMIN


SOMMER <strong>2014</strong><br />

9


Der Macan gibt sich kein Blösse, wirkt nie überfordert –<br />

und fordert seinen Fahrer nicht<br />

in höherem Masse, als dieser es akzeptierte<br />

10 <strong>VECTURA</strong> #11


RUBRIKEN<br />

FAHRTERMIN<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

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12 <strong>VECTURA</strong> #11


RUBRIKEN<br />

FAHRTERMIN<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

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14 <strong>VECTURA</strong> #11


FAHRTERMIN<br />

am wenigsten bei der Höchstgeschwindigkeit. Dynamik ist das<br />

vielleicht herrlichste Ereignis im Umgang mit einem Automobil.<br />

Besonders in einem Porsche entweicht der Fahrer seiner Alterung.<br />

Denn eine Beschleunigung von null auf 200 in immer kürzerer<br />

Spanne, das ist wie das Schnippchen, das man der Zeit schlägt.<br />

Entscheidende Grundlagen für das Empfinden des dynamischen<br />

Verhaltens bilden Fahrwerk, Lenkung und Bremsen. Und<br />

die Direktheit, die Forschheit, mit der die Technik den Fahrer einspannt,<br />

ihn fordert und ihn wissen lässt, wie wichtig sein Wirken<br />

und wie entscheidend es ist, die richtigen Entscheidungen zur<br />

rechten Zeit zu treffen. Natürlich ist der Macan flott und sicher<br />

unterwegs und er initiiert mit Präzision und Sicherheit jene Fahrfreude,<br />

die einen Porsche auszuzeichnen hat. Aber er gibt sich<br />

dabei keine Blösse, wirkt nie überfordert – und fordert seinen<br />

Fahrer nicht in höherem Masse, als dieser es akzeptierte. Das ist<br />

die wohl einzige wirkliche Schwäche des starken Macan: ein SUV,<br />

das wie ein Sportwagen fährt, oder ein Sportwagen mit den Eigenschaften<br />

eines SUV. Aber mit der Ausstrahlung einer auf Porsche-Perfektion<br />

getrimmten Technik, die Transpiration ausschliesst.<br />

Vielleicht ist der Macan technisch einfach zu gut.<br />

Mitunter wirkt er wie künstlich sediert.<br />

Und doch lauert zumindest in der Turbo-befeuerten 400-PS-Version<br />

das Dunkle: Eingepfercht zwischen Betonpollern und Parkmarkierungen<br />

kommt Nervosität auf, wird das Wissen um die nicht<br />

genutzten Reserven zum Mangel, ist die unterforderte Sehnigkeit<br />

eine Verschwendung aller Kraft und Grazie, beginnt das Auto zu<br />

knurren, reiben die optionalen 21-Zöller quietschend über den lackierten<br />

Boden des feindlichen Terrains. Nun werden sich gelegentliche<br />

Tiefgaragen-Aufenthalte mit dem Macan kaum verhindern<br />

lassen, doch man sollte sie auf ein Minimum reduzieren. Das<br />

schont die Nerven.<br />

Erst auf freier Strecke wird der Macan<br />

zu einem dynamischen Porsche.<br />

Für die Sinne eines empfindsamen<br />

Fahrers ist er es schon vorher<br />

TECHNISCHE DATEN PORSCHE MACAN<br />

Konzept Dynamisch abgestimmter SUV unterhalb des Cayenne, technisch verwandt mit dem Audi Q5. Selbsttragende Leichtmetallkarosserie, fünf Türen<br />

und Sitzplätze. Zahnstangenlenkung mit el. Servo. Vorne Einzelradaufhängung mit Doppelquerlenkern, hinten Mehrlenkerachse, optional mit Luftfederung,<br />

belüftete Scheibenbremsen rundum. Permanenter Allradantrieb mit elektronisch geregelter Lamellenkupplung<br />

Motor Wassergekühlte V6-Aggregate aus Leichtmetall (Diesel: Grauguss-Block), 4 Ventile/Zylinder, 2x2 oben liegenden Nockenwellen (Kette/VVT), 4fach<br />

gelagerte Kurbelwelle, Trockensumpf, Benzin-Direkteinspritzung (Diesel: Common-Rail), zwei Turbolader (Diesel: einer plus Ladeluftkühler), Stopp-Start-System<br />

S Diesel S Turbo<br />

Hubraum in cm 3 2967 2997 3604<br />

Bohrung x Hub in mm 83 x 91,4 96 x 69 96 x 83<br />

Verdichtung 16,8:1 9,8:1 10,5:1<br />

Leistung in PS (kW) @ U/min 258 (190) @ 4000–4250 340 (250) @ 5500–6500 400 (294) @ 6000<br />

Max. Drehmoment in Nm @ U/min 580 @ 1750–2500 460 @ 1450–5000 550 @ 1350–4500<br />

Kraftübertragung<br />

DKG7<br />

Abmessungen (L/B/H) in cm 468/192,5/162,5 470/192,5/162,5<br />

Radstand in cm 280,5<br />

Spur vorne/hinten in cm 165,5/165<br />

Reifen und Räder vorne 235/60 R18 auf 8J 235/55 R19 auf 8J<br />

hinten 255/55 R18 auf 9J 255/50 R19 auf 9J<br />

Tankinhalt in L 60 65 75<br />

Kofferraumvolumen in L 500–1500<br />

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg 1805 1790 1850<br />

Zulässiges Gesamtgewicht in kg 2575 2550 2550<br />

Leistungsgewicht in kg/PS 7,0 5,3 4,6<br />

0 – 100 km/h in Sek. 6,3 5,4 4,8<br />

Höchstgeschwindigkeit in km/h 230 254 266<br />

Durchschnittsverbrauch*in L/100 km 6,3 9,0 9,2<br />

CO 2 -Emission in g/km 164 212 216<br />

Energieeffizienzkategorie D G G<br />

Preis ab CHF 76 100.– 76 100.– 105 000.–<br />

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

15


FAHRTERMIN<br />

Einmal dem Untergrund entkommen, stellt sich schlagartig Entspannung<br />

ein. Im Limit der Strassengesetze schläft der Panther<br />

im Macan und sein mildes Schnurren erinnert an Töpfchen mit<br />

Sahne und vorgebundenem Lätzchen – selbst dann noch, wenn<br />

andere Mobile und ihre Fahrer längst verschwunden sind im Rückspiegel,<br />

dann ist das gezähmte Tier mit dem müden Blick hinter<br />

den Stäben der Vorschriften nur zu ahnen. Eine Ahnung, die zur<br />

enthemmten Gewissheit wird, auf freier Strecke, und der Fahrer<br />

manuell die Schaltstufen wechselt und sich die höheren Drehzahlen<br />

auf den Teller legt und der Motor heiserer und hitziger antwortet<br />

und der Turbolader faucht und den Überdruck raschelnd von<br />

sich stösst und das sonst unendlich sanfte, hauseigene Doppelkupplungsgetriebe<br />

die Gänge endlich spürbar erleichtert hineinklopft,<br />

dann, ja dann wird der Macan zu einem dynamischen Porsche.<br />

Aber für die Sinne eines empfindsamen Fahrers ist er es<br />

schon vorher. Die Porsche-Merkmale sind sehr präsent, und die<br />

Bemühungen um Anwesenheit der Markenidentität sind buchstäblich<br />

mit den Händen zu greifen.<br />

Denn die innersten Porsche-Eigenschaften, jene wie für die Ewigkeit<br />

gedachten Charakter-Kerne, die man nicht messen und niemals<br />

wägen, aber sehr wohl empfinden kann, diese werden auch<br />

(oder gerade) dem Macan, der von seiner Abstammung her ja ein<br />

Audi Q5 ist, in schöner Form zuteil. Dabei geht es nicht um das<br />

Design. Mehr Porsche geht optisch kaum unter SUV-Vorzeichen<br />

und der erzwungenen Akzeptanz eines Teils der Audi-Körperlichkeit.<br />

Die ikonenhaften Zeichen der Marke sind nicht einfach übernommen<br />

worden, sondern so transformiert übertragen, dass die<br />

dem grösseren Cayenne in seiner ersten Generation zunächst anhaftende<br />

Pummeligkeit beim Macan erst gar nicht aufkommt.<br />

Wohlig porschig wird es vor allem innen: Ungewohnt ist für den<br />

Boxster-Fahrer die höhere Sitzposition, aber Instrumente, Anordnung<br />

der Bedienelemente, die pingelige Verarbeitung, die Sorgfalt<br />

der Nähte im Leder, die akkurate Zeichnung der Linien des Armaturenträgers<br />

und ein Geruch, der irgendwo zwischen verwehter<br />

Pantherpisse aus einem Buch von Tucholsky und dem Duft der<br />

jungen Mädchen von Proust liegt, und dann die Augen schliessen<br />

und die Fingerkuppen über die wichtigsten Tasten gleiten lassen:<br />

Ja, er ist es, der Porsche Macan. Wenn dieser Porsche das letzte<br />

Auto ist, das je gebaut wird, dann soll es den Freunden des Sportwagens<br />

recht sein.<br />

Mehr zum Thema<br />

16 <strong>VECTURA</strong> #11


ENGINEERED TO EXCITE<br />

pirelli.ch<br />

TECHNOLOGIE – MIT DEN FÜHRENDEN<br />

FAHRZEUGHERSTELLERN ENTWICKELT –<br />

UM DIE LEISTUNG IHRES FAHRZEUGES<br />

ZU STEIGERN.


KULTURSOMMER<br />

PARKING FÜR DIE EWIGKEIT<br />

ZWEI MODELLE, ZWEI GESCHICHTEN, EINE GEMEINSAMKEIT: DIE BEIDEN<br />

FAHRZEUGE STEHEN IM MUSEUM UND DAMIT EXEMPLARISCH FÜR DAS<br />

KULTURGUT AUTOMOBIL. IHM IST AUCH DIESE AUSGABE GEWIDMET, MIT<br />

EINER RUNDREISE ZU SCHWEIZER AUSSTELLUNGSSTÄTTEN UND DEN<br />

WICHTIGSTEN SAMMLUNGEN IN GRENZNÄHE. MEHR TAGESAUSFLUG ALS<br />

FERNWEH ALSO IN DER FERIENZEIT MIT FAMILIE – UND DESHALB<br />

NICHT NUR FÜR REGENTAGE GEEIGNET<br />

Text hh · Fotos Werk<br />

18 <strong>VECTURA</strong> #11


Autos, die optimal ausgeleuchtet unter Scheinwerfern stehen, sind<br />

ein gewohnter Anblick. Ob auf Messen oder beim Händler – stets<br />

sind es hochglanzpolierte Objekte der Begierde, ausgestellt in den<br />

Tempeln individueller Fortbewegung. Diese Mobilität hat die Welt<br />

verändert und mit ihr das menschliche Bewusstsein für Geschwindigkeit,<br />

unser Gefühl für Distanzen und deren Überwindung. Sie<br />

hat aber auch Probleme verursacht: Manche konnten gelöst werden,<br />

an den anderen wird weiterhin gearbeitet.<br />

Die Vielschichtigkeit und Emotionalität des Themas rückt das Auto<br />

zusätzlich in einen irrealen Kontext – den der Kunst und Kultur.<br />

Dass es sich dabei zwischen den bewahrenswerten Errungenschaften<br />

der Menschheit wiederfindet, ist nur konsequent. Im Museum<br />

of Modern Art in New York gehören Cisitalia 2<strong>02</strong>, Jaguar<br />

E-Type, Jeep, Smart oder VW Käfer längst zu den Exponaten;<br />

andere Häuser sehen das ähnlich und führen ebenfalls vierrädrige<br />

Skulpturen im Bestand. Die Gründe dafür sind zahlreich – es kann<br />

ein besonders wichtiges technisches Merkmal sein oder einfach<br />

formale Sinnlichkeit. Beides ist legitim und sorgt dafür, dass uns<br />

nicht langweilig wird. Zu den jüngsten Beispielen automobiler Verehrung<br />

zählt die Ferrari-Studie Modulo, die Pininfarina auf Basis<br />

eines 512 S schuf und im März 1970 erstmals in Genf präsentiert<br />

hat: Im Rahmen einer Traumauto-Sonderschau («Innovative Design,<br />

Visionary Ideas») wird das Einzelstück noch bis 7. September<br />

im High Museum of Art in Atlanta zu sehen sein. Die Ausstellung<br />

konzentriert sich auf Konzeptstudien und seltene Sonderanfertigungen,<br />

welche die Automobilentwicklung seit den 1930er-Jahren<br />

stilistisch beeinflusst haben. Für den Modulo, der bereits knapp<br />

zwei Dutzend internationale Design-Preise gewonnen hat, ist es<br />

die aktuell letzte Station eines beispiellosen Museum-Marathons.<br />

Man muss also nicht extra in den US-Staat Georgia reisen, um<br />

den Wagen bewundern zu können, weil der in absehbarer Zeit<br />

wieder nach Europa kommen wird.<br />

Um die Verbindung von Stil und Technik geht es auch bei jener<br />

Auszeichnung, die dem Volkswagen XL1 im Mai vom renommierten<br />

Design Museum London verliehen wurde: In der Kategorie<br />

«Transport Design» zeichnete man ihn mit dem Titel «Design des<br />

Jahres» aus. Zur Begründung heisst es, der aerodynamisch ausgefeilte,<br />

extrem sparsame Zweisitzer erfülle eben auch ästhetische<br />

Ansprüche. Noch bis zum 25. August kann er in der britischen<br />

Hauptstadt besichtigt werden.<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

19


EINBLICKE INS SCHWEIZER<br />

OLDTIMERPARADIES<br />

UM ALS VETERAN ZU GELTEN, MUSS EIN AUTO MINDESTENS 30 JAHRE ALT SEIN.<br />

IN DER SCHWEIZ SIND DIE VORAUSSETZUNGEN, DIESEN STATUS ZU ERREICHEN,<br />

BESONDERS GUT. ÜBERHAUPT DÜRFTE DAS (TEURE) OLDIE-HOBBY IN KEINEM<br />

ANDEREN LAND SO AUSGIEBIG GEPFLEGT WERDEN WIE HIER<br />

Text Roger Gloor · Fotos Roger Gloor / Fondation Gianadda, Urs Gautschi, Ralph Steckelbach<br />

Von April bis Oktober gibt es in der Schweiz kein Wochenende,<br />

an dem nicht mehrere Oldtimeranlässe in Form von Treffen oder<br />

Rallyefahrten ausgetragen werden. Dafür sorgen gut 200 Clubs<br />

und Verbände (siehe S. 062), aber auch private Veranstalter oder<br />

Event-Agenturen. Denn längst nicht alle Schweizer Oldtimerbesitzer<br />

sind auch Clubmitglieder: Manche Fans wollen ihr Fahrzeug<br />

einfach nur privat geniessen, andere besitzen nicht nur einen Wagen,<br />

sondern ganze Sammlungen. Man rechnet damit, dass sich<br />

der Bestand von geschätzt rund 65 000 betagten Liebhaberautos<br />

auf etwa 25 000 bis 30 000 Halter verteilt, im Schnitt also jeder<br />

zwei bis drei Wagen besitzt. Dazu kommen wohl einige tausend<br />

Uralt-Occasionswagen, die als – oft auch bloss vermeintliche –<br />

künftige Wertträger gehortet werden. Gewisse Sammler pflegen<br />

ihre auf Hochglanz polierten Oldtimer; Kollektionen in dreistelliger<br />

Anzahl existieren durchaus. Doch solche Privatbestände werden<br />

oft mehr oder weniger geheim gehalten und sind keinesfalls öffentlich<br />

zugänglich – man will ja mit seinem exklusiven rollenden<br />

Besitz keine Neider auf den Plan rufen.<br />

Immerhin gibt es eine Anzahl Museen und Kollektionen, die ihre<br />

Tore auch anderen Oldtimerfreunden öffnen. Einige haben bestimmte<br />

Öffnungszeiten, andere lassen sich nur gruppenweise<br />

besuchen. Während hier auf einzelne Exklusiv-Sammlungen zu<br />

Marken wie Abarth, Monteverdi oder Rolls-Royce bewusst verzichtet<br />

wird, stellen wir nachfolgend fünf Mehrmarkenmuseen mit<br />

einer sehenswerten Vielfalt vor.<br />

20 <strong>VECTURA</strong> #11


KULTURSOMMER<br />

Pantheon Basel Dieses in einem umgebauten attraktiven Rundbau<br />

in Muttenz untergebrachte Museum wurde 2008 vom Basler<br />

Unternehmer und Oldtimerenthusiasten Stephan Musfeld eröffnet.<br />

Beidseits einer spiralförmigen Rampe finden sich im unteren Bereich<br />

die permanente und im oberen Bereich eine Wechselausstellung.<br />

Zum festen Museumsbestand zählen gut 60 Fahrzeuge,<br />

die teils aus Privatbesitz zur Verfügung gestellt werden. Beschriftungen<br />

und audiovisuelle Präsentationen erläutern die Geschichte<br />

der Mobilität, angefangen mit Fahrrädern samt Dampfvelo. Zu<br />

den bisherigen Wechselausstellungen wurden jeweils illustrierte<br />

Broschüren herausgegeben, jüngst über die mit einer Vielzahl luxuriöser<br />

Spezialaufbauten der Schweizer Karosseriegeschichte<br />

gewidmete Rückschau. Noch bis Mitte Oktober sind 32 teils äusserst<br />

seltene historische Citroën zu sehen.<br />

Hofackerstrasse 72, 4132 Muttenz, Mo–Fr 10–17.30, Sa u. So 10–16.30 Uhr,<br />

Eintritt Fr. 10.–, www.pantheonbasel.ch<br />

Französische Klassiker – noch bis Herbst im Pantheon<br />

Autobau Romanshorn Das Oldtimermuseum mit dem nüchternen<br />

Namen ist in einem umgebauten historischen Backsteingebäude<br />

am Bodensee untergebracht und besteht ebenfalls seit<br />

2008. Ins Leben gerufen wurde es von Fredy Lienhard, Unternehmer,<br />

einstiger Rennfahrer und Rennstallbesitzer. Da wundert es<br />

nicht, dass hier gut hundert Sport- und Rennsportwagen aller<br />

Schattierungen zu bestaunen sind. Für Fans und Kenner der Motorsportgeschichte<br />

ist der Autobau ein Mekka, denn zu jedem der<br />

Boliden finden sich Technik- und Erfolgsinformationen. Einen weiteren<br />

Schwerpunkt bilden die extravaganten Concept Cars, von<br />

denen etliche eigens bei Franco Sbarro in Auftrag gegeben wurden.<br />

2011 wurde auf dem gleichen Gelände die Autobau-Factory<br />

eröffnet – ein imposanter Neubau, in dem zehn autogewerbliche<br />

Fachbetriebe ihre Dienste anbieten.<br />

Egnacherweg, 8590 Romanshorn, mittwochs 16–20 und sonntags von<br />

10–17 Uhr, Entritt Fr. 15.–, www.autobau.ch<br />

Traumgarage: Im Autobau fühlen sich PS-Seelen wohl


KULTURSOMMER<br />

Eng, aber vielseitig: die Sammlung in Bäretswil<br />

Fahrzeug-Museum Bäretswil Das traute Dorf liegt östlich von<br />

Wetzikon im Kanton Zürich. Dort hat Jean-Louis Junod, der schon<br />

im Alter von 14 Jahren mit dem Sammeln automobiler Substanz<br />

begonnen hatte, sein Fahrzeug-Museum aufgebaut, das auf 1400<br />

m 2 Fläche an die 400 Exponate beherbergt. Der Automobilbereich<br />

beginnt mit einem Nachbau des wegweisenden Benz-Patent-Motorwagens<br />

von 1886 und reicht vom Kabinenroller über Kleinstund<br />

Familienautos bis zum historisch wertvollen Luxuscabrio. Bei<br />

den Traktoren beginnt die Umschau anno 1917, bei den Töffs mit<br />

dem Jahrgang 1921. Das Spektrum der Exponate umfasst allerdings<br />

auch nicht motorisierte Vehikel, vom 1883er-Fahrrad über<br />

Kutschen bis hin zu den Tanksäulen und Werbetafeln. Kurz: Die<br />

Familie Junod bietet eine gründliche Strassenverkehr-Revue.<br />

Höhenstrasse-Tisenwaldberg, 8344 Bäretswil, jeden 1. Mittwoch im Monat,<br />

13.30–18 Uhr, und jeden 2. Sonntag 10–16 Uhr (Nov. bis Febr. geschlossen),<br />

Eintritt Fr. 15.–, www.fahrzeug-museum.ch<br />

Fondation Hervé, Aigle Er entstammte einer Berner Patrizierfamilie,<br />

und seine Freunde in Frankreich titulierten ihn mit «Comte»<br />

(Graf). Unter dem Pseudonym «Hervé» (es stand für die Initialen<br />

R. W. von Jacques-Rodolphe de Wurstemberger) fuhr er Autorennen<br />

und zu seinen Besitztümern zählte das Schloss de Vincy im<br />

Waadtland. Er verkaufte es 2007, um sich umso mehr seiner Oldtimersammlung<br />

zu widmen. Für seine zwei Dutzend exklusive Autos<br />

gründete er die Fondation (Stiftung) Hervé und fand in Aigle<br />

östlich des Genfersees ein geeignetes Domizil. Im Mittelpunkt<br />

steht eine der weltweit bedeutendsten Kollektionen der von 1919<br />

bis 39 vom Flugzeugkonstrukteur Gabriel Voisin gebauten Luxuswagen.<br />

Auch der einst von Hervé (er verstarb 2009 mit 92 Jahren)<br />

in Rennen eingesetzte Kompressor-MG K3 sowie vier weitere MG<br />

lassen sich hier bewundern.<br />

Südöstl. Dorfausgang, Z. A. de Châble-Croix, nur für Gruppen und nach<br />

Vereinbarung (info@fondation-herve.ch) zw. Mitte Mai bis Mitte Oktober,<br />

Eintritt Fr. 5.–, www.fondation-herve.ch<br />

Musée de l’Automobile Martigny Wie das Verkehrshaus der Schweiz in Luzern (siehe S. 034ff.) wird das Automuseum in Martigny<br />

im Unterwallis, an der Route zum Tunnel durch den Grossen St. Bernhard, nicht in erster Linie und meist nicht allein wegen der ausgestellten<br />

Strassenfahrzeuge besucht. Denn die Oldtimersammlung befindet sich im Untergeschoss der Fondation (Stiftung) Pierre Gianadda.<br />

In der Kunstszene ebenso wie bei den Liebhabern römischer Ausgrabungen zählt dieses wunderschön und gleichzeitig immer<br />

noch modern angelegte Museum zu den allerersten Schweizer Adressen. Die 1981 hinzugekommene Oldtimersammlung ist vorwiegend<br />

auf die Pionierzeit ausgerichtet, wobei Schweizer Fabrikaten besondere Bedeutung zukommt. So finden sich denn unter den rund<br />

40 Exponaten gleich fünf Martini, je zwei Pic-Pic, Sigma und Turicum, ferner je ein Maximag, SAG, Stella und Zedel.<br />

Rue de Forum 59, 1920 Martigny, täglich 10–18 Uhr, Eintritt: Fr. 18.–, www.gianadda.ch<br />

22 <strong>VECTURA</strong> #11


NEW PRIMEROS NICARAGUA BY DAVIDOFF<br />

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PROTOTYP<br />

DER TEILETRÄGER<br />

VON SOLOTHURN<br />

VOR BALD 60 JAHREN WURDE EIN PFIFFIGER KLEINWAGEN<br />

PRÄSENTIERT, DER RECHT SERIENNAH AUSSAH. DOCH AN<br />

EINE PRODUKTION HATTE SEIN KONSTRUKTEUR NIE GEDACHT<br />

Text Bruno v. Rotz/zwischengas.com · Fotos Werk, Daniel Reinhard<br />

Innen grösser als aussen, optimale Raumausnutzung, günstige<br />

Herstellung, ökonomischer Einsatz – Attribute wie diese<br />

sind heute das Ziel vieler Konstrukteure von Kleinwagen.<br />

Einer entstand vor bald 60 Jahren in der Schweiz: 1956 präsentierte<br />

Willi Salzmann ein Modell am Genfer Autosalon, das von<br />

pionierhafter Konzeption zeugte und im europäischen Markt<br />

durchaus eine Rolle hätte spielen können. Doch sein Erfinder<br />

wollte gar keine Autos fertigen…<br />

Willi Ernst Salzmann war ein Tüftler. Der an der ETH Zürich ausgebildete<br />

Ingenieur entwickelte bereits in jungen Jahren innovative<br />

Lösungsansätze für den Fahrzeugbau, darunter eine neuartige<br />

Achskonstruktion, die er als «elastische Triebachse an Motorfahrzeugen»<br />

patentieren liess. Salzmann war von seiner Achse so<br />

überzeugt, dass er sie auch am Genfer Automobilsalon präsentieren<br />

wollte. Um aber einen Ausstellungsstand inmitten renommierter<br />

Autohersteller zu erhalten, musste das Bauteil in einem<br />

kompletten Fahrzeug gezeigt werden. Also baute Salzmann ein<br />

Auto um seine Achse – natürlich auch nach eigenen Ideen. In<br />

Anlehnung an den «Geburtsort» Solothurn – Salzmann unterhielt<br />

dort sein Büro – nannte er den Wagen Soletta (italienische Schreibweise<br />

von Solothurn). Und obwohl der seriennah aussah, handelte<br />

es sich um ein reines Konzeptfahrzeug mit technisch ungewöhnlichen<br />

Lösungen. Das Triebwerk beispielsweise, ein<br />

24 <strong>VECTURA</strong> #11


SOMMER <strong>2014</strong><br />

25


Um Vibrationen zu reduzieren, sassen Motor<br />

und Getriebe in einer Schwinge, die mit<br />

der Hinterachskonstruktion verbunden war<br />

26 <strong>VECTURA</strong> #11


PROTOTYP<br />

luftgekühlter, 750 Kubik grosser und 22 PS starker Zweizylinder-<br />

Boxer der Motorradfirma Condor, verbarg sich platzsparend und<br />

tief unter der hinteren Sitzbank.<br />

Salzmann war nicht der Erste, der eine kleine Mittelmotor-Limousine<br />

auf die Räder stellte. Bereits Anfang der 1950er-Jahre hatte<br />

Dornier dies mit dem Delta versucht, aus dem dann später der<br />

Zündapp Janus entstand. Salzmann ging den Weg aber einerseits<br />

konsequenter und andererseits konventioneller, denn bei ihm waren<br />

alle Sitzplätze in Fahrtrichtung angeordnet, während Janus-<br />

Fondpassagiere durch die Heckscheibe blickten. Um die Vibrationen<br />

in den Griff zu kriegen, montierte Salzmann den Motor samt<br />

Dreiganggetriebe in einer Triebsatzschwinge, die mit der Hinterachskonstruktion<br />

verbunden wurde.<br />

Paul Frère beschrieb dies in seinem Genfer Salonrückblick in der<br />

Zeitschrift «auto motor und sport» folgendermassen: «Der ganze<br />

Motor-Getriebeblock ist an seinem vorderen Ende schwingend<br />

aufgehängt, während vom Differentialgehäuse, das mit dem erwähnten<br />

Block zusammen schwingt, zwei Pendelachsen ausgehen.<br />

Diese werden durch eine auf Gummiblöcke wirkende kleine<br />

Querstrebe ziemlich hart aufeinander abgefedert, während das<br />

Fahrgestell an den Enden der Pendelachsen ganz normal auf<br />

Schraubenfedern ruht. Damit soll erreicht werden, dass die kleinen<br />

Ausschläge, die durch Schwingungen verhältnismässig hoher Frequenz<br />

hervorgerufen sind, wegen der Trägheit des schweren Motor-Getriebeblocks<br />

hauptsächlich durch die Pendelachsen abgefedert<br />

werden, während bei grösseren Ausschlägen niedrigerer<br />

Frequenz der ganze Block schwingt und somit grosse Sturzveränderungen<br />

vermieden werden.» Wie gut dies tatsächlich funktionierte<br />

und ob sich diese Bauweise auch langfristig bewährt hätte,<br />

kann heute nur gemutmasst werden, denn gefahren sind den<br />

Soletta nur wenige.<br />

Ein weiteres Bravourstück stellt die Karosserie des Kleinwagens<br />

dar. Aufbauend auf einer Rahmenbodenanlage und einem Rohrgerippe,<br />

bestanden die vorderen und hinteren Hauben-Elemente<br />

sowie das Dach aus Kunststoff, während bei den Türen Stahlblech<br />

eingesetzt wurde. Um eine günstige Fertigung zu erreichen, wurden<br />

Bauteile so weit als möglich symmetrisch hergestellt. So wiesen<br />

beide Türen dieselben Formen und Abmessungen auf – auf<br />

der Fahrerseite öffnete sie deshalb nach hinten und auf der Beifahrerseite<br />

nach vorne, also gegenläufig. Die Türen waren praktisch<br />

so lang wie der ganze Innenraum, weshalb auf einen Vorklappmechanismus<br />

für die Vordersitze verzichtet werden konnte.<br />

Der gesamte Innenraum war grosszügig verglast; Front- und Heckpartie<br />

des Autos wurden ebenfalls weitgehend gleich gezeichnet.<br />

Offenbar bereitete besonders der Einsatz des damals neuen<br />

Kunststoffs noch Probleme, denn es kam zu Verzögerungen und<br />

Salzmann soll dem Material gegenüber auch recht skeptisch gewesen<br />

sein. Gebaut wurde der Prototyp von der Karosseriefirma<br />

Hess in Bellach. Einige der mechanischen Komponenten konnten<br />

vom Renault 4CV übernommen werden, zum Beispiel die Vorderradaufhängung<br />

mit Dreieckslenkern und Schraubenfedern sowie<br />

der Rahmen.<br />

Willi Salzmann strebte einen Wagen an, der mit einer Spitze von<br />

über 100 km/h vernünftige Fahrleistungen mit einem Maximum<br />

Rückkehr aus Paris: Der Soletta nahm die Bahn<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

27


28 <strong>VECTURA</strong> #11


RUBRIKEN<br />

PROTOTYP<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

29


PROTOTYP<br />

Ein Tacho, ein Aschenbecher:<br />

So sah in den 1950ern die Grundausstattung<br />

eines volkstümlichen Automobils aus<br />

30 <strong>VECTURA</strong> #11


SOMMER <strong>2014</strong><br />

31


PROTOTYP<br />

Professionell: Es gab eine ganze Soletta-Modellfamilie – auf Papier…<br />

an Nutzen verband. Der grösste Teil der drei Meter Aussenlänge<br />

blieb tatsächlich den Passagieren vorbehalten, vorne und hinten<br />

verfügte der Wagen über je einen Kofferraum, der vordere beherbergte<br />

allerdings auch den 28-Liter-Tank, das Reserverad und<br />

einen aus rein optischen Gründen angebrachten Kühlergrill. Dennoch<br />

blieben 400 Liter Stauraum übrig. Dank der aufrechten Pontonform<br />

passten trotz einer mit 1,33 Meter sehr geringen Breite<br />

bis zu fünf Personen auf zwei Einzelsitze und die rundlich geformte<br />

Rückbank. Sie müssen sich dann allerdings gefühlt haben wie<br />

Ölsardinen; besser war man nur mit Beifahrer oder zu dritt unterwegs.<br />

Der Fahrer sass hinter einem Zweispeichenlenkrad, hatte<br />

lediglich einen Geschwindigkeitsmesser als Instrument und freute<br />

sich über einen Wendekreis von gerade mal acht Meter. Zusammen<br />

mit dem relativ leistungsfähigen Antrieb ergab sich also ein<br />

attraktives Gesamtpaket; die potentiellen Konkurrenten jener Zeit<br />

hiessen Heinkel Kabinenroller (9,5 PS), Messerschmitt KR 200<br />

(10 PS), BMW Isetta 250 (12 PS) oder Goggomobil Isard (17 PS).<br />

Selbst ausgewachsene Kleinwagen wie der Fiat 600 (21,5 PS) oder<br />

ein Renault 4CV (21 PS) wären dem Soletta 750 nicht davongefahren,<br />

zumal die Schweizer Entwicklung mit rund 500 Kilogramm<br />

ziemlich leicht geraten war.<br />

Für den Autosalon von Paris, der dann im Oktober 1956 stattfand,<br />

überarbeitete Salzmann das Äussere des Prototyps. Der Wagen<br />

trug nun Chromstossstangen, rundlichere Front- und Heckelemente<br />

sowie einen modifizierten Dachabschluss. Salzmann hatte<br />

allerdings keine Serienproduktion im Sinn, sondern beabsichtigte<br />

wie bereits eingangs geschildert, konstruktive Details über den<br />

Lizenzweg zu vermarkten. Daraus sollte allerdings nichts werden;<br />

nach Paris wurde es still um den Soletta 750. Zwar gab es Interesse<br />

aus der Automobilindustrie; neben Alfa Romeo und Renault<br />

sollen auch DDR-Unterhändler mit Salzmann in Kontakt getreten<br />

sein. Dabei blieb es aber, obschon sich im Ingenieurbüro Salzmann<br />

einige hundert schriftliche Anfragen stapelten. Sogar Alec<br />

Issigonis, der später den Mini verantwortete, soll in Genf um den<br />

Wagen geschlichen sein… Salzmann wandte sich daraufhin der<br />

Antriebsseite zu und suchte bessere Lösungen für die Kleinwagenmotorisierung.<br />

So entstand der Pendelkolben-Motor, der<br />

20 Jahre später am Genfer Salon 1976 als vielversprechende Innovation<br />

gezeigt werden sollte. Doch auch diese Entwicklung<br />

schaffte den Durchbruch genauso wenig wie der Soletta.<br />

Dessen Prototyp immerhin hat überlebt, er existiert noch heute im<br />

Originalzustand und gehört dem Swiss Car Register. In fahrbereitem<br />

Zustand allerdings ist das Unikat nicht mehr, obschon dies<br />

mit einem vergleichsweise geringen Aufwand vermutlich zu erreichen<br />

wäre. Ansehnlich ist der Wagen aber durchaus, wovon man<br />

sich selbst überzeugen kann: Momentan befindet sich das Unikat<br />

im Pantheon in Muttenz bei Basel (siehe S. <strong>02</strong>1). Und wer sich Zeit<br />

nimmt, die intelligenten Konzepte zu betrachten, und den Nutzwert<br />

des aus heutiger Sicht geradezu ultrakompakten Fünfplätzers –<br />

immerhin ist seine Grundfläche geringer als die eines aktuellen<br />

Smart – erkennt, kann die Ingenieurleistung des Herrn Salzmann<br />

nur bewundern.<br />

Mehr zum Thema<br />

32 <strong>VECTURA</strong> #11


EINSTEIGEN, LOSFAHREN UND<br />

KÖPFE VERDREHEN<br />

DER NEUE<br />

effizientes leistungsstarkes Turbotriebwerk<br />

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© <strong>2014</strong> General Motors. All rights reserved. Cadillac ® CTS. ®


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DAS VERKEHRSHAUS DER SCHWEIZ IST ALLEN FACETTEN DER MOBILITÄT GEWIDMET: OB GES-<br />

TERN, HEUTE ODER MORGEN, STRASSE, SCHIENE, WASSER, LUFT ODER WELTALL – DIE KERN-<br />

THEMEN DES LUZERNER MUSEUMS SIND ABWECHSLUNGSREICH UND DABEI KLAR GEGLIEDERT.<br />

FÜR AUTOMOBIL-FANS BIETET DIE HALLE STRASSENVERKEHR EINBLICKE DER EXTRAKLASSE<br />

Text Olivier Burger · Fotos Werk<br />

Seit Erfindung des Rades sind schon tausende Jahre vergangen,<br />

doch «automobil» ist der Mensch erst seit ganz<br />

kurzer Zeit. Dem Strassenverkehr kam sogar erst im Lauf<br />

der letzten Jahrzehnte eine überragende Bedeutung zu. Die Entwicklung<br />

und Ausbreitung der motorisierten Strassenfahrzeuge<br />

lässt sich nur beschränkt als technische Geschichte begreifen.<br />

Ganz stark ist sie mittlerweile auch politisch und sozial geprägt.<br />

Die Halle Strassenverkehr aus dem Jahre 2009 beeindruckt bereits<br />

mit ihrer eigenwilligen Fassadengestaltung: 344 Verkehrsund<br />

Signaltafeln des Strassenverkehrs aus allen Teilen der Schweiz<br />

auf einer Fläche von rund 1600 Quadratmeter – das gibt es nur<br />

hier und hat System. Die Gebäudeflächen teilen sich auf in Fern-,<br />

Nah- und Innerortsverkehr und eine neutrale Rückseite. Die Westfassade,<br />

der neuen Arena zugewandt, ist blau, die Südfassade<br />

grün und die Nordfassade weiss beschildert.<br />

Regal voller Zeitzeugen Die zweigeschossige Halle mit einer<br />

Ausstellungsfläche von rund 2000 m² beinhaltet ein Schaulager,<br />

ein interaktives Autotheater sowie verschiedenste individuell gestaltete<br />

Inseln zu den Themen Sicherheit, Nutzverkehr und Berufswelt<br />

Auto. Mit dem Schaulager – einem automatisierten Hochregal<br />

samt Parkierrobotersystem – erhält die nationale Verkehrsmittelsammlung<br />

einen faszinierenden und publikumswirksamen<br />

Auftritt. Über die gesamte Gebäudehöhe werden auf 42 Paletten<br />

über 80 Zeitzeugen von 1860 bis 2005 gezeigt, von der<br />

Kutsche über das Fahrrad bis zum Automobil. Die oberen Regalplätze<br />

geben einen Einblick in die ganze Breite des Strassenverkehrs,<br />

wobei Schweizer Entwicklungen natürlich eine besondere<br />

Rolle spielen. Im unteren Bereich vereinigt das Schaulager 20 der<br />

weltweit wichtigsten Autokonstruktionen.<br />

Das aus beiden Ebenen einsehbare Lager ist mit dem sogenannten<br />

Autotheater kombiniert – einer neuartigen, interaktiven Präsentationsfläche<br />

mit zugehöriger Besucher-Empore. Das Publikum<br />

sucht ein bestimmtes Fahrzeug per Knopfdruck aus – und<br />

schon serviert die Anlage das ausgewählte Juwel in Betrachtungsnähe<br />

auf eine Drehscheibe. Hier lässt es sich nun von allen Seiten<br />

betrachten; gleichzeitig werden seine spezifischen Details ebenso<br />

kompetent wie unterhaltend per Lautsprecher aus dem Off erzählt.<br />

Kurz gesagt: Das Autotheater nutzt aktuelle Technik, um Geschichte<br />

und Geschichten der Fahrzeuge zu vermitteln.<br />

34 <strong>VECTURA</strong> #11


KULTURSOMMER<br />

Kontrolliert kollidiert In Luzern bleibt Erleben nicht auf Betrachten<br />

beschränkt: Wer sich traut, nimmt in einer Art Raubtierkäfig in<br />

einem VW Golf Platz, der auf einer Rollbahn beschleunigt und wie<br />

bei einem Frontalcrash abrupt stoppt. Damit weder Passagiere<br />

noch Fahrzeug Schaden nehmen, findet der «Aufprall» mit 10 km/h<br />

statt – doch den wird keiner der möglichen vier Insassen vergessen.<br />

Und niemand von ihnen wird je wieder die These vertreten,<br />

zumindest auf den Hintersitzen sei man auch ohne Gurten gut<br />

geschützt. Illustrierend hängt über den Köpfen ein demolierter<br />

Volkswagen Golf, der mit 50 km/h frontal verunfallte, dazu zeigen<br />

Videoaufnahmen in Superzeitlupe eindrückliche Kollisionen bei<br />

normaltypischen Verkehrsgeschwindigkeiten.<br />

Zero Emissionen als Ziel Im Obergeschoss wird umweltfreundlichere<br />

Mobilität thematisiert. Beim Antrieb besteht der Anspruch,<br />

modernste Motorentechnologie wie bei Hybriden zu entwickeln.<br />

Gleichzeitig geht es um das Bestreben, Mobilität ohne negative<br />

Auswirkungen zu realisieren. Quasi als visuelle Verbindung zur<br />

Natur werden alle Inhalte in wabenförmigen Vitrinen dargestellt –<br />

und dazu Lösungen präsentiert, bei deren Entwicklung die Wiederverwertung<br />

und -verwendung bereits eine grosse Rolle gespielt<br />

haben: Jeder Schritt des Produkt-Lebenszyklus dokumentiert Inhalte<br />

und Lösungen zu spezifischen Herausforderungen.<br />

Interaktives Miniatur-Schaulager Nicht nur Kinder sind begeistert:<br />

Wie auf einer Monorail bewegen sich – unterstützt durch<br />

ein computergesteuertes Fördersystem – vierzig zylindrische Behälter<br />

mit je rund 100 Miniaturmodellen. Es ist eine der grössten<br />

und vollständigsten Matchbox-Sammlungen Europas. Per Touchscreen<br />

lässt sich eine gewünschte Trommel abrufen, um die Modelle<br />

aus der Nähe und auf Augenhöhe betrachten zu können.<br />

Auch Nutzfahrzeuge kommen nicht zu kurz: Ein tranchierter Anhänger<br />

bildet die Plattform für die entsprechende Präsentation.<br />

1:1 wird beispielsweise die Realität des Lastwagenfahrer-Alltags<br />

gezeigt – die Tageszeiten im laufenden Film stimmen mit denjenigen<br />

des Museums überein. Auf einer Spielfläche lassen sich zudem<br />

die eigenen Fähigkeiten, einen Lastwagen zu manövrieren,<br />

erproben. In zwanzig Boxen werden verschiedene Facetten des<br />

Güterverkehrs präsentiert; Röntgenbilder von Lastwagen machen<br />

deren Spezialisierung für spezifische Güter sichtbar. Und schliesslich<br />

wird am Heck des Anhängers die Bedeutung von 17 Gefahrgutzetteln<br />

erläutert. Einsteigen geht auch: Eine MAN-Sattelzugmaschine<br />

der neuesten Generation erlaubt es, das Sicht- und<br />

Blickfeld eines Chauffeurs hautnah zu erleben. Dabei gilt es auch,<br />

alles im Auge zu behalten: Neben Front- und Seitenscheibe sind<br />

Haupt-, Weitwinkel-, Rampen- und Totwinkel-Spiegel unverzichtbare<br />

Hilfsmittel beim Manövrieren.<br />

Beliebt bei Jung und Alt Das Verkehrshaus ist ein Ort der Entdeckung<br />

und Begegnung inmitten originaler Zeitzeugen der Mobilitätsgeschichte.<br />

Eröffnet wurde es übrigens am 1. Juli 1959; mit<br />

aktuell über 700 000 Gästen pro Jahr ist das Verkehrshaus eines<br />

der beliebtesten Ausflugsziele des Landes – und darf sich mit Stolz<br />

als meistbesuchtes Museum der Schweiz bezeichnen.<br />

Ursprünglich wurde der Verein Verkehrshaus der Schweiz von den<br />

Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), der Swissair und der<br />

Schweizerischen Post (PTT) sowie von Privatbahnen, Verkehrsorganisationen<br />

und weiteren Firmen gegründet. Das Ziel war damals,<br />

ein Forum und Schaufenster für Verkehr und Kommunikation zu<br />

schaffen. Nach zweijähriger Bauzeit konnte das Verkehrshaus dann<br />

am 1. Juli 1959 eröffnet werden, wurde auch über die Landes-<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

35


grenzen hinaus schnell bekannt und verzeichnet bisher über<br />

30 Millionen Besucherinnen und Besucher. Zur ersten Bauphase<br />

gehörten seinerzeit die Ausstellungen über Schienen- und Strassenverkehr,<br />

das Post- und Fernmeldewesen sowie Luftfahrt, Schifffahrt<br />

und Tourismus. Mit der Rettung des ältesten noch existierenden<br />

Dampfschiffes «Rigi» von 1848 und dessen Platzierung im<br />

Innenhof des Ur-Verkehrshauses wurde der nationalen Technikgeschichte<br />

zudem ein eindrucksvolles Denkmal gesetzt. 1969 kamen<br />

das erste und bis heute einzige Schweizer Grossplanetarium sowie<br />

ein Restaurant und Bürogebäude dazu. Seit 1972 ergänzt die Halle<br />

Luft- und Raumfahrt das Ensemble. Zwischen 1979 und 85 wurden<br />

dann das Hans-Erni-Museum, die zweite Halle für den Schienenverkehr<br />

mit der Überdeckung des früheren Schienen-Freigeländes<br />

sowie die Halle Schifffahrt, Seilbahnen und Tourismus<br />

mit dem 360°-Rundbildkino Swissorama gebaut. Und seit<br />

1995 ergänzt der multimediale Erlebnisraum Nautirama das Angebot.<br />

1996 hat man mit der Integration des IMAX-Filmtheaters nochmals<br />

erweitert, bevor im Frühling 1997 (anlässlich von 150 Jahren<br />

Schweizer Eisenbahngeschichte) die umgestaltete Ausstellung<br />

Schienenverkehr dem Publikum übergeben werden konnte.<br />

Abwechslung nach Plan Auch anschliessend hat sich das Verkehrshaus<br />

permanent verändert. 1999 wurde die neue Raumfahrtausstellung<br />

Cosmorama eröffnet. Im Herbst 2000 kam mit dem<br />

Fesselballon Hiflyer eine weitere Publikumsattraktion hinzu, die<br />

heute allerdings nicht mehr im Betrieb ist. Im Sommer 2001 liess<br />

man das Planetarium zum modernsten Europas ausbauen, 20<strong>02</strong><br />

wurde die Swissarena mit der weltweit ersten begehbaren Luftbildaufnahme<br />

eines ganzen Landes eröffnet. Zudem ist es in den<br />

vergangenen Jahren immer wieder gelungen, neue Interessenten<br />

mit attraktiven Sonderausstellungen anzusprechen – sowohl für<br />

das Museum wie auch für den Kongressbereich. Bis Mitte Oktober<br />

zeigt man die «Segelnation Schweiz» inklusive jenes Rennboots<br />

«Alinghi SUI 100», mit dem Ernesto Bertarelli 2007 den America’s<br />

Cup von 2003 verteidigte.<br />

Als stark frequentiert haben sich die beiden Schwerpunkte «Berufe<br />

in der Welt der Mobilität» und das Thema «Logistik» erwiesen.<br />

Die aktive Bearbeitung dieser beiden Themenkomplexe hat erfreulicherweise<br />

dazu geführt, dass sie nun definitiv in das Grundangebot<br />

des Museums integriert wurden. Die genannten Beispiele zeigen,<br />

wie lebendig und dynamisch das Verkehrshaus der Schweiz<br />

nach wie vor ist. Heute sind die ehemaligen Träger Sponsoring-<br />

Partner und die meisten Vereinsmitglieder Privatpersonen; 2013<br />

waren es 36 000. Im Gegensatz zu anderen Museen ist das Verkehrshaus<br />

heute weitgehend selbsttragend. Knapp zehn Prozent<br />

des Budgets, das im vergangenen Jahr rund 24 Millionen Franken<br />

betrug, steuert die öffentliche Hand bei. Der Löwenanteil stammt<br />

jedoch aus den Einnahmen der Eintritte, Shops und den Gastronomiebetrieben<br />

sowie dem Sponsoring. 2013 beschäftigte das<br />

Verkehrshaus rund 178 Angestellte.<br />

Ganz nach dem Museums-Credo «Zukunft braucht Herkunft» wird<br />

in allen Bereichen zunehmend versucht, neben historisch wertvollen<br />

Ausstellungsstücken auch die aktuellen technischen Entwicklungen<br />

spür- und erlebbar zu machen. Und es ist auch dieser Ansatz,<br />

der den besonderen Reiz des Verkehrshauses ausmacht.<br />

Das Verkehrshaus der Schweiz liegt am Ufer des Vierwaldstättersees,<br />

Lidostrasse 5, 6006 Luzern, und ist 365 Tage im Jahr geöffnet (Sommerzeit<br />

10–18 Uhr, Winterzeit 10–17 Uhr). Es gibt verschiedene Eintrittspreise und<br />

-pakete; nähere Informationen finden sich unter www.verkehrshaus.ch<br />

36 <strong>VECTURA</strong> #11


DER NEUE SEAT<br />

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Fahrzeuge in der Schweiz: 148 g/ km. Weitere SEAT Angebote finden Sie auf seat.ch


KULTURSOMMER<br />

DAS LIED DER SCHLÜMPFE<br />

DIE OFFIZIELLE BEZEICHNUNG «MUSÉE NATIONAL DE L’AUTOMOBILE (COLLECTION SCHLUMPF)»<br />

RESULTIERTE AUS EINEM RICHTERLICHEN BESCHLUSS. DOCH DER MARKIERTE NUR DEN LETZ-<br />

TEN AKT EINER AFFÄRE, DIE MITTE DER 1970ER-JAHRE IHREN ANFANG GENOMMEN UND ZU<br />

EINEM GANZ FRANKREICH AUFRÜTTELNDEN BESITZSTREIT GEFÜHRT HATTE. UND SCHLIESSLICH<br />

AUS EINER PRIVATSAMMLUNG EIN NATIONALMUSEUM MACHTE<br />

Text Roger Gloor · Fotos C. Recoura<br />

Nur wenige Eingeweihte wussten Ende der 1960er-Jahre,<br />

dass der im Elsass reich gewordene, aus der<br />

Schweiz stammende Textilindustrielle Fritz Schlumpf<br />

vom «Oldtimervirus» und zudem von einem «Bugatti-Wahn» befallen<br />

war: Er fühlte sich als Statthalter des genialen, aus Italien<br />

stammenden Automobilproduzenten Ettore Bugatti, der 1910 im<br />

elsässischen Molsheim sein eigenes Werk gegründet hatte. Bis<br />

in die1930er-Jahre baute Bugatti Rennwagen, die weit erfolgreicher<br />

waren als ihre Konkurrenten, aber auch Luxuswagen, deren<br />

Stilvollendung alle anderen übertraf. Vorrangig aber war Bugatti<br />

der technischen Ästhetik verpflichtet und damit auch gleichzeitig<br />

ein Künstler seines Fachs. Fritz Schlumpf sah sich nun drei Jahrzehnte<br />

später dazu auserwählt, die Bugatti-Kunstwerke aus der<br />

ganzen Welt ins Elsass zurückzuholen und für die Nachwelt zu<br />

erhalten. Sowohl in den USA wie in Europa kaufte er ganze<br />

Sammlungen auf, und er übernahm unzählige von Liebhaberhand<br />

vor dem Abbruch bewahrte Bugatti. Fast beiläufig gingen<br />

damit auch Oldtimer anderer Fabrikate in Schlumpf-Besitz über.<br />

Alles für eine Passion Die Sammlung wuchs Schritt um Schritt<br />

heran. Vermögensquelle der Gebrüder Fritz und Hans Schlumpf<br />

war die 1938 von ihnen erworbene Kammgarnspinnerei in Mal-<br />

merspach. Hinzu kamen im Verlaufe der Zeit weitere Firmen der<br />

Textilbranche sowie zahlreiche Immobilien. Daraus fand sich an<br />

der Avenue de Colmar in Mülhausen der benötigte Raum, um die<br />

zusammengetragenen automobilen Schätze unterzubringen. Die<br />

Sammelwut aber führte dazu, dass alle verfügbaren Mittel statt in<br />

dringend nötige Fabrikerneuerungen in die Oldtimerkollektion flossen.<br />

So kam es, dass die Firmenbilanzen in die roten Zahlen gerieten.<br />

Dessen ungeachtet nahm die Einrichtung des von Fritz<br />

Schlumpf herbeigesehnten prunkvollen Privatmuseums seinen<br />

Fortgang.<br />

Anfang 1976 überstürzten sich dann die Gerüchte über eine bevorstehende<br />

Eröffnung der bereits sagenumwobenen Kollektion.<br />

Es war sogar davon die Rede, dass die Schlumpf-Sammlung aus<br />

Steuergründen dem französischen Staat vermacht würde. Doch<br />

die von Entlassungen und Lohndruck heimgesuchten Angestellten<br />

mochten dem Treiben nicht mehr länger zuzuhören. Im Oktober<br />

1976 kam es schliesslich zu Arbeitsniederlegungen und Protestmärschen;<br />

anschliessend belagerten an die 500 Mitarbeiter der<br />

Kammgarnspinnerei Malmerspach sogar die Schlumpfsche Villa,<br />

bis deren Bewohner nach drei Tagen von der Polizei gewaltsam<br />

befreit wurden.<br />

38 <strong>VECTURA</strong> #11


Konkrete Forderungen «Schlumpf ins Gefängnis! Verkauft die<br />

Autos! Das ist unser Geld!» – so postulierten die Manifestanten,<br />

während die Gebrüder Schlumpf freies Geleit zum Exil im nahe<br />

gelegenen Basel erhielten. In der Folge kam es zu langwierigen<br />

Rechtsabklärungen. Unter anderem erfolgte gegen Fritz und Hans<br />

Schlumpf ein – nur in Frankreich geltender – Haftbefehl. Das uneröffnete<br />

Museum aber wurde von den Gewerkschaften beschlagnahmt,<br />

und deren Funktionäre sorgten für erste Presse- und Fotoberichte,<br />

die eine Vorstellung des unglaublichen Umfangs der<br />

Schlumpf-Sammlung vermittelten. Um den auf 100 Millionen<br />

Francs bezifferten Schuldenberg des pleitegegangenen Textilimperiums<br />

abzubauen, schien es nur logisch, die rund 500 Oldtimer<br />

umfassende Sammlung versteigern zu lassen. Deren Wert wurde<br />

damals bereits auf 80 Mio. Francs geschätzt. Doch die Sammlung<br />

blieb – glücklicherweise – beisammen. Und dann, von 1977 bis<br />

79, wurde das Museum unter Gewerkschaftskontrolle erstmals<br />

dem Publikum geöffnet. Der Besucherandrang war enorm; natürlich<br />

hatte die aus dem Wirtschaftsskandal erwachsene Publizität<br />

entscheidend dazu beigetragen. Doch erst 1981 fand sich für das<br />

Museum eine rechtsgültige Lösung: Es kam in den Besitz einer<br />

von der Stadt Mülhausen, dem Departement Oberrhein, dem Regionalverband<br />

Elsass und drei weiteren Institutionen gebildeten<br />

Vereinigung.<br />

Endlich offiziell eröffnet 1982 wurde das Musée National de<br />

l’Automobile de Mulhouse feierlich eingeweiht. Seither sind gut<br />

400 der 560 durch Fritz Schlumpf gehorteten Oldtimer zu bestaunen.<br />

Während langer Jahre hatten zwei Dutzend Mechaniker, Karosseriespengler<br />

und -maler sowie Sattler die teils in verwahrlostem<br />

Zustand erstandenen Autos für den «Textilkönig» gekonnt<br />

restauriert und teils in den Neuzustand zurückversetzt. Für Kenner<br />

und Liebhaber gilt Mülhausen als Mekka der Automobilgeschichte.<br />

Und weil dieses einzigartige Museum weltweit bekannt ist, werden<br />

jährlich bis zu einer halben Million Besucher gezählt.<br />

Es waren übrigens nicht nur die Autos, die Bewunderung fanden,<br />

sondern auch die von Fritz Schlumpf in die ehemaligen trüben<br />

Fabrikhallen hineingezauberte Atmosphäre: Sie wurde unter anderem<br />

erzeugt durch 800 stilvoll-historische Strassenlaternen, die<br />

er eigens nach dem Muster jener Vorbilder herstellen liess, die<br />

eine die Seine überspannende Brücke in Paris zieren. Dazu kamen<br />

nach Themengebieten unterteilte Kiesböden, zeitgenössische Dekorationen<br />

und nicht zuletzt diverse luxuriös eingerichtete Gaststätten<br />

an den Rändern der Ausstellungshallen.<br />

Neukonzept im Jahr 2000 In den 1990er-Jahren schwächte sich<br />

der Besucherstrom auf jährlich etwa 160 000 ab – die einzigartige<br />

Sammlung sah sich mit Betriebsverlusten konfrontiert und die<br />

Schlumpf-Brüder waren mittlerweile in Basel verstorben. Das Musée<br />

National galt nun nicht mehr als die unbedingt zu besuchende<br />

Sensation, sondern galt fortan als Treffpunkt für Kenner der Autogeschichte,<br />

denn es gibt weltweit wohl kaum eine ebenso umfangreiche<br />

und gleichzeitig vielseitige Sammlung von exklusiven<br />

und historisch bedeutsamen Automobilen.<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

39


KULTURSOMMER<br />

Das mit einem Neukonzept beauftragte Pariser Unternehmen Culture<br />

Espaces verwirklichte dann eine anspruchsvolle Erneuerung:<br />

Das Anfang 2000 wiedereröffnete Musée National – seit 2006<br />

heisst es Cité de l'Automobile – zeigt sich mit allen Mitteln moderner<br />

Darstellung und Kommunikation dotiert. Dazu zählen Strassenzüge<br />

mit Epoche-gerechter, zweidimensionaler Hintergrundszenerie<br />

ebenso wie der historische Rennsound an<br />

gegebener Stelle. Für die Verjüngung wurden rund vier Millionen<br />

Euro investiert. Dicht aneinandergereihte Aufstellungen gibt es<br />

weiterhin nicht; jedes Exponat lässt sich genüsslich und fotografierbar<br />

einsehen. Die angestrebten 300 000 jährlichen Besucher<br />

kommen jedenfalls voll auf ihre Kosten.<br />

Die Cité de l'Automobile (Musée National – Collection Schlumpf) in<br />

Mülhausen umfasst auf 17 000 Quadratmeter Ausstellfläche rund 400 historische<br />

Automobile aus Frankreich und allen ursprünglichen Auto-Nationen<br />

Europas: Deutschland, Italien, England, Österreich, Spanien, Belgien und der<br />

Schweiz. Dazu kommen die weltgrössten Sammlungen der Marken Bugatti<br />

(gegen 100 Exemplare), Gordini und Panhard. Das Museum ist mit Informationstafeln,<br />

Audio-Geräten und Filmprojektionen ausgestattet, dazu gibt es<br />

Grossvitrinen mit Modellautos, Rennsimulatoren, Rundfahrten mit dem<br />

Elektrozug sowie einen Fachbuch- und Souvenirladen mit ungewohnt reichhaltigem<br />

Sortiment. Restaurant, Cafeteria, Mieträume und Kongresssäle<br />

runden das Angebot ab. Geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr. Eintritt 14,50 Euro<br />

(inkl. Show), diverse Ermässigungen. www.citedelautomobile.com<br />

40 <strong>VECTURA</strong> #11


Jeep mit<br />

®<br />

DER NEUE JEEP ®<br />

CHEROKEE.<br />

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Cherokee ab CHF 39 950.–* und 3,9% Leasing.<br />

Der brandneue Jeep ®<br />

Cherokee setzt neue Massstäbe in Sachen Fahrverhalten und Handling.<br />

Und mit dem neuen 9-Gang-Automatikgetriebe bietet er zudem mehr Leistung in jedem<br />

Gelände bei gleichzeitig reduziertem Verbrauch. Kurzum: der ideale Begleiter für jedes Terrain.<br />

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Transportkosten innerhalb Europas.<br />

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CHF 3 000.– Cash-Bonus. Barzahlungspreis (Nettopreis) CHF 39 950.–. CO 2-Emissionsdurchschnitt aller Neuwagenmarken und -modelle in der Schweiz: 148 g/km. Preisänderungen vorbehalten. Angebot<br />

gültig auf Erstzulassungen bis auf Widerruf. Für die Leasingberechnung gilt: Leasingrate pro Monat ab CHF 369.–, Sonderzahlung CHF 10 738.–, 48 Monate Laufzeit, 10 000 km/Jahr, eff. Jahreszins 3,9%,<br />

Vollkasko- und Ratenversicherung obligatorisch, aber nicht inbegriffen. Ein Angebot der Jeep ® Finance. Eine Kreditvergabe ist verboten, falls sie zur Überschuldung des Konsumenten führt. Angebot<br />

nicht gültig für Grosskunden (Flotte F). Abgebildetes Fahrzeug: Jeep Cherokee Limited 2.0 DSL AWD 9ATX inkl. Optionen CHF 61 000.– minus CHF 3 000.– Cash-Bonus. Barzahlungspreis (Nettopreis)<br />

CHF 58 000.–. Alle Preisangaben inkl. 8% MWST.** Es gilt das zuerst Erreichte. Jeep ®<br />

ist eine eingetragene Marke der Chrysler Group LLC.


RUBRIKEN<br />

DIE GROSSEN VIER<br />

EIGENTLICH MÜSSTEN ES SIEBEN SEIN, DOCH DIE AUTOSTADT WOLFSBURG IST WEIT,<br />

FORD NICHT ÖFFENTLICH UND OPEL AUF DER SUCHE NACH EINEM NEUEN KONZEPT<br />

FÜR SEINE FAHRZEUGSAMMLUNG. WER ALSO ALTE DEUTSCHE AUTOS LIEBT, MUSS<br />

MIT DIESEM QUARTETT VORLIEB NEHMEN – UND DAS TISCHT PROFESSIONELL AUF<br />

Text sb · Fotos Werk<br />

Audi Natürlich spielen die Quattro-Modelle eine herausragende<br />

Rolle, wenn man das «Museum Mobile» der noblen Volkswagen-<br />

Tochter betrachtet. Aber auch Kleinwagen- und Motorsport-Freunde<br />

bekommen etwas zu sehen. Dabei lohnt ein Besuch allein<br />

schon wegen den Exponaten von DKW, Horch, Wanderer oder<br />

NSU – allesamt Marken, die mit den Jahren in der Auto Union aufgingen;<br />

seit 1985 firmiert man als Audi AG mit Hauptsitz im bayerischen<br />

Ingolstadt. Das sind viele Geschichten und bewegte Geschichte<br />

auf drei Ebenen, bis Ende September läuft die<br />

Sonderausstellung «Ordem & Progresso – DKW VEMAG und der<br />

Aufbruch in Brasilien». Also auf zum Herren der vier Ringe!<br />

Audi Forum Ingolstadt,Ettinger Straße,85057 Ingolstadt. Täglich von 9 bis<br />

18 Uhr; Weihnachten und Neujahr geschlossen, Eintritt 2 Euro (Erwachsene<br />

ohne Führung), 4 Euro mit Führung, Kinder bis 6 Jahre frei, Sonderpreise für<br />

Gruppen oder Dauerkarten. www.audi.de/foren


KULTURSOMMER<br />

BMW Wenn ein Autohersteller in Bezug auf die eigene Vergangenheit<br />

von «Mobiler Tradition» spricht, sind Rückschlüsse auf die<br />

Jetztzeit durchaus beabsichtigt. Die Bayerische Motoren Werke<br />

Aktiengesellschaft begründet ihr Tun mit der «Freude am Fahren»<br />

und hat es damit zu beachtlicher Grösse gebracht. Und noch vor<br />

Honda stellt BMW auch Motorräder unter gleichem Namen her.<br />

Heute ist kaum zu glauben, dass die Marke Ende 1959 beinahe<br />

von Mercedes übernommen worden wäre. Vor- und hinterher ist<br />

viel geschehen; der architektonisch beachtliche, 1972 erbaute<br />

Museums-Rundbau und die 2008 hinzugekommenen unterirdischen<br />

Flächen bilden alles ab. Das geschieht unterhaltsam und<br />

informativ; Wechselausstellungen runden das Angebot ab.<br />

Am Olympiapark 2, 80809 München. Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr;<br />

montags sowie Weihnachten und Neujahr geschlossen. Eintritt 9 Euro, ermässigt<br />

6 Euro, zusätzlich Gruppenpreise oder Familienkarte. www.bmw-welt.com<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

43


KULTURSOMMER<br />

Mercedesstraße 100, 70372 Stuttgart. Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr,<br />

montags sowie Weihnachten und Neujahr geschlossen. Eintritt 8 Euro,<br />

Jugendliche 4 Euro, Kinder bis 14 Jahre gratis, auch Gruppen- und Jahreskarten.<br />

Oldtimer dürfen nach Anmeldung vor dem Haupteingang parkieren.<br />

www.mercedes-benz-classic.com/museum<br />

Mercedes-Benz Das Interesse am Stern aus Stuttgart ist beachtlich:<br />

Seit der Eröffnung im Mai 2006 hat das damals komplett<br />

neu gebaute hauseigene Museum über 5,8 Millionen Gäste begrüsst<br />

– und zählt damit zu den meistbesuchten in Deutschland.<br />

Die Dauerausstellung ist tatsächlich sehenswert und in die beiden<br />

Bereiche «Mythos» und «Collection» unterteilt. 160 Fahrzeuge und<br />

1500 Exponate ab dem Jahr 1886: Die Präsentation im zeitgeschichtlichen<br />

Kontext lässt vergangene Technik und Pracht auf<br />

neun Ebenen mit insgesamt fünf Kilometer Länge wieder aufleben.<br />

Bis 7. September läuft zusätzlich der «Museumssommer <strong>2014</strong>»<br />

mit Oldtimer-Events, Live-Musik oder Open-Air-Kino.<br />

Porsche Legenden brauchen einen Ort, an dem man ihnen huldigen<br />

kann. Anfang 2009 und damit vergleichsweise spät öffnete<br />

direkt am Stammsitz in Zuffenhausen eine Pilgerstätte, die sich zu<br />

den spektakulärsten der Autowelt zählen darf. Die Firmen-, Produkt-<br />

oder Motorsportgeschichte des Hauses werden in anspruchsvollem<br />

Ambiente und mit über 80 Fahrzeugen dargeboten;<br />

bisher kamen über zwei Millionen Besucher. Neben Markenikonen<br />

wie den Baureihen 356, 911 oder 917 sind auch herausragende<br />

Konstruktionen von Professor Ferdinand Porsche zu sehen. Bis<br />

13. Juli läuft noch die Sonderausstellung «24 Stunden für die Ewigkeit.<br />

Le Mans» – und ab Mitte September bis Januar 2015 «Projekt:<br />

Geheim», eine Show zu 60 Jahren Erprobungen, Prototypen und<br />

Versuchsmodellen.<br />

Porscheplatz 1, 70435 Stuttgart-Zuffenhausen. Dienstag bis Sonntag von<br />

9 bis 18 Uhr, montags sowie Weihnachten und Neujahr geschlossen. Eintritt<br />

8 Euro, ermässigt 4 Euro, Kinder bis 14 Jahre gratis, dazu Gruppen- oder<br />

Jahreskarten. www.porsche.de/museum<br />

44 <strong>VECTURA</strong> #11


Beste Adresse für beste Adressen.<br />

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www.engelvoelkers.ch<br />

Engel & Völkers Wohnen Schweiz AG<br />

Poststrasse 26, 6300 Zug<br />

Telefon +41 - 41 - 500 06 06<br />

schweiz@engelvoelkers.com


KULTURSOMMER<br />

SÜDLICH DER ALPEN<br />

DIE ITALIENISCHE AUTOMOBILVERGANGENHEIT IST EBENSO EMOTIONAL WIE REICH-<br />

HALTIG. ENTSPRECHEND LIEBE- UND STILVOLL ZELEBRIEREN UNSERE NACHBARN<br />

IHRE VIERRÄDRIGEN LIEBLINGE – IN VOLLGAS-TEMPELN DER EXTRAKLASSE<br />

Text Roger Gloor, hh · Fotos Andrea Margelli, map, Werk<br />

Das 2011 neu eröffnete nationale Automobilmuseum in<br />

Turin zeigt 200 historische Fahrzeuge in 30 Szenenbildern.<br />

Es bietet damit modernste Ausstellungstechnik<br />

und spricht Experten ebenso an wie Laien, die sich bislang für<br />

historische Fahrzeuge weniger begeistern konnten.<br />

Früher war das Automobilmuseum Biscaretti di Ruffia im südlichen<br />

Teil von Turin ein Geheimtipp für Kenner – mit einer Ansammlung<br />

von historisch bekannten Modellen wie auch von sagenhaften Raritäten,<br />

die meisten natürlich aus Italien. Carlo Biscaretti di Ruffia<br />

(1879–1959) hiess der Sohn eines Senators, welcher an Fiat beteiligt<br />

war. Autos wurden Carlo also in die Wiege gelegt und er<br />

sollte sich zeitlebens mit ihnen beschäftigen – als Industriedesigner,<br />

Renn-Organisator, Journalist und Grafiker, der unter anderem<br />

das Lancia-Logo entwarf. Seine eigene Autosammlung bildete<br />

später die Basis für das nationale Automobilmuseum.<br />

Mitte März 2011 wurde nun diese Kollektion nach einem vierjährigen<br />

Umbau unter der Bezeichnung «Museo Nazionale dell’<br />

Automobile di Torino» neu eröffnet. Von 33 Millionen investierten<br />

46 <strong>VECTURA</strong> #11


Euro entfielen 22 auf die Restauration der architektonisch bedeutenden<br />

Gebäudestruktur und der Rest auf die Gestaltung der permanenten<br />

Ausstellung. Für Letztere war der Schweizer Innenraumge<br />

stalter François Confino zuständig: Er hat die 200 Ausstellungsobjekte,<br />

mit denen die Automobilgeschichte von 1769 bis<br />

1996 dargestellt wird, in 30 Szenenbilder eingefügt. Damit unterscheidet<br />

sich dieses Museum gründlich von jenen Sammlungen,<br />

in denen die Oldtimer schlicht nebeneinandergestellt untergebracht<br />

sind. Turin dürfte für kommende Automuseen also Vorbildcharakter<br />

haben.<br />

Zu den 30 Museumssektoren zählen etwa: I cavalli diventano<br />

fantasmi (Horses become ghosts, Darstellung der Entwicklung<br />

von der Pferde- zur Dampfkutsche); A tutta velocità (At full speed,<br />

mit dem Elektroflitzer Jamais Contente von 1899 erstmals über<br />

100 km/h); Il grande garage del futuro (The big garage of the<br />

future, früheste Automobile von Benz, Peugeot, Bernardi, DeDion-<br />

Bouton usw.); I folli anni venti e trenta (The roaring twenties and<br />

thirties, mit Rolls-Royce, Isotta Fraschini, aber auch dem kleinen<br />

gelben Citroën C3); Giungla (Jungle, die Strassensignalisierung<br />

samt Lancia Delta Integrale und Fiat 500 Sporting Kit); Formula<br />

(Rennboliden aus früheren Zeiten, vom Fiat F2 über den Bugatti<br />

35B und den Alfa Romeo 159 bis zum Ferrari 246 F1).<br />

Selbstverständlich kommt dem Turiner Autodesign die ihm gebührende<br />

Stellung zu – etwa mit dem Alfa Romeo RL SS, einem Lancia<br />

Lambda Torpedo, Cisitalia 2<strong>02</strong> SMM, Alfa Romeo Disco Volante,<br />

Maserati Mexico oder Ferrari 208 GTB Turbo. Wie es bei Häusern<br />

dieser Art mittlerweile üblich ist, bietet auch Italiens nationales<br />

Automobilmuseum eine Eventzone und Konferenzräume.<br />

Corso Unità d'Italia 40, 10126 Turin, geöffnet montags von 10 bis 14 Uhr,<br />

dienstags von 14 bis 19 Uhr und an den übrigen Tagen von 10 bis 19 bzw.<br />

21 Uhr. Eintritt 8 Euro, ermässigt 6 Euro. www.museoauto.it<br />

In Turin wird nicht nur Nationales wie der Cisitalia (unten)<br />

berücksichtigt: Zum Inventar gehören auch<br />

ausländische Klassiker von Citroën oder Jaguar<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

47


Museo Ferrari Die nach eigener Aussage «stärkste Automobilmarke<br />

der Welt» ist auf jeden Fall eine der bekanntesten. Das<br />

liegt nicht zuletzt an über sechs Jahrzehnten motorisierter Leidenschaft,<br />

unzähligen Rennsport-Erfolgen und -Titeln. Und natürlich<br />

gibt es in Maranello seit 1990 auch einen PS-Palast, in dem die<br />

Schätze der älteren und jüngeren Vergangenheit zu bewundern<br />

sind. Merke: Nicht alles, wo Ferrari draufsteht, ist tatsächlich rot –<br />

aber fast alles. Und weil das jährlich 300 000 Menschen sehen<br />

wollen, hat man die Räumlichkeiten Mitte 2013 um 1000 Quadratmeter<br />

erweitert. Neben der permanenten Ausstellung mit den Marken-Ikonen<br />

gibt es Bereiche mit wechselnden Exponaten oder<br />

Sonderthemen, damit sich das Wiederkommen lohnt. Die aktuelle<br />

Sonderschau «California Dreaming» läuft noch bis Januar 2015.<br />

Der F1-Simulator sowie die Cafeteria und ein eigener Messebereich<br />

für Schulungen und Anlässe runden das Angebot ab.<br />

Via Dino Ferrari 43, 41053 Maranello. Täglich von 9.30 bis 19 Uhr (01.10. bis<br />

30.04. bis 18 Uhr); Weihnachten und Neujahr geschlossen. Eintritt 15 Euro,<br />

diverse Ermässigungen. www.museo.ferrari.com/de<br />

48 <strong>VECTURA</strong> #11


KULTURSOMMER<br />

Museo Casa Enzo Ferrari In Modena und direkt neben dem<br />

Geburtshaus des Rennstallbesitzers und Markengründers ist 2012<br />

ein nachhaltig gebauter, aussen wie innen organisch geformter,<br />

knallgelber Galerie-Komplex eröffnet worden, der nicht nur architektonisch<br />

begeistert. Denn in ihm geht es neben Ferrari auch um<br />

das «Tal der Motoren» – jenes Gebiet der Emilia Romagna, das<br />

viele weitere (weniger berühmte) Sport- und Rennwagenhersteller<br />

hervorgebracht hat. Und während der Altbau seinem ehemaligen<br />

Bewohner und dessen Mythos gewidmet ist, gewährt der moderne<br />

Teil auch anderen Marken, bildenden Künstlern oder Designern<br />

eine temporäre Bleibe. Nach einer Umstrukturierung wird das Museum<br />

seit Anfang Jahr von Ferrari in Maranello unterstützt. Das<br />

«MEF» ist auch unser Geheimtipp – schon wegen seiner charmanten<br />

Lage mitten in Modena, dieser Perle Norditaliens.<br />

Via Paolo Ferrari, 85, 41121 Modena. Täglich von 9.30 bis 19 Uhr (vom 01.10.<br />

bis 30.04. bis 18 Uhr); Weihnachten und Neujahr geschlossen. Eintritt 15 Euro,<br />

diverse Ermässigungen, das Kombi-Ticket inkl. Museo Ferrari in Maranello<br />

kostet 26 Euro. www.museocasaenzoferrari.it<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

49


KULTURSOMMER<br />

Centro Storico Fiat Italiens Auto-Nabel liegt in Turin. Hier wurde<br />

1899 die «Fabbrica Italiana Automobili Torino» gegründet, und da<br />

ist es naheliegend, dass sich auch das 1963 eröffnete Markenmuseum<br />

hier befindet – und zwar in jenen Räumlichkeiten, in denen<br />

Fiat erstmals produzierte. 2011 wurden sie nach aufwendiger Umgestaltung<br />

und Erweiterung neu eröffnet. Natürlich wird hier die<br />

Markengeschichte erzählt – so facettenreich und inklusive aller<br />

Höhen sowie Tiefen, die es bei Fiat nun mal gab (und gibt). Zahlreiche<br />

Fahrzeuge wie das Urmodell 3½ HP sind zu sehen. Dokumentiert<br />

werden auch die Arbeitsmethoden vom frühen Handwerk<br />

bis zur Massenfertigung; Historiker steuern sofort das sagenhaft<br />

umfangreiche Archiv an.<br />

Via Chiabrera 20, 10126 Turin. sonntags von 10 bis 19 Uhr, Eintritt frei.<br />

www.fiatspa.com<br />

50 <strong>VECTURA</strong> #11


Zweimal Lambo: Technisch-edel und offiziell in Sant´Agata (oben), familiär in Funo (unten)<br />

Lamborghini-Museum Dass es seit 2001 überhaupt so etwas<br />

gibt, grenzt an ein kleines Wunder: Sieben Besitzerwechsel in rund<br />

drei Jahrzehnten und noch mehr Devotionalienjäger hatten die<br />

Markendokumentation doch arg in Mitleidenschaft gezogen. Erst<br />

nach der Übernahme durch Audi wurde wieder Wert auf die Vergangenheit<br />

gelegt und ein nennenswertes Archiv aufgebaut. Es<br />

befindet sich auf dem Werkgelände und innerhalb einer respektablen<br />

Fahrzeugsammlung, die regelmässig neu arrangiert wird.<br />

Über Extremmodelle wie Countach oder LM im Erdgeschoss kann<br />

man heute noch staunen, doch bei manchen Studien im ersten<br />

Stock fällt Unvorbereiteten glatt die Kinnlade runter. Die Gegenveranstaltung<br />

findet in Funo statt, wo Tonino Lamborghini im Gedenken<br />

an den Vater und Firmengründer kürzlich eine neue<br />

5000-m 2 -Weihestätte mit angeschlossenen Shop- und Gastrobereichen<br />

eröffnet hat: Das bisherige kleine private Familienmuseum<br />

in Dosso existiert nicht mehr.<br />

Via Modena 12, 40019 Sant´Agata Bolognese. Montag bis Freitag von 10 bis<br />

12.30 und von 13.30 bis 17 Uhr; am 15. August, 8. Dezember sowie Weihnachten<br />

und Neujahr ist geschlossen. Eintritt 13 Euro, ermässigt 10 Euro.<br />

www.lamborghini.com/de/museum<br />

Ferruccio Lamborghini Museo: Via Galliera 317, 40050 Funo di Argelato.<br />

Täglich von 10 bis 12.30 und von 14 bis 17.30 Uhr; Reservierung erwünscht.<br />

Eintritt 15 Euro, diverse Sondertarife.<br />

www.museolamborghini.com<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

51


AUTO-BIOGRAFIE<br />

RUBRIKEN<br />

Fahrer Reto Giovanelli, Jahrgang 1965,<br />

Architekt aus Spiez<br />

Ex-Autos Fiat Panda 4x4, VW Polo I, Renault<br />

Laguna Break, VW Passat Variant,<br />

Seat Alhambra, Audi A5 Coupé<br />

Aktuell Lancia Fulvia 1.6 HF, Baujahr 1969,<br />

1584 cm 3 , 132 PS bei 6600/min,<br />

162 Nm bei 5500/min, 0–100 in 9,5 s,<br />

Leergewicht 850 kg, V max 190 km/h<br />

Neupreis CHF 18 350.–<br />

Mit seinen vier filigranen Dachpfosten gehört das von<br />

Pietro Castagnero meisterhaft gezeichnete sportive<br />

Coupé (es gab auch eine Limousine) längst zu den<br />

Italo-Klassikern. Die stärkste Version basiert auf jenem 1200er-<br />

Modell, das 1965 debütierte und mit dem sich Lancia anschickte,<br />

die Mini-Siegesserie bei der Rallye Monte Carlo zu brechen:<br />

Schon 1966 belegten die Turiner hier die Plätze 2, 4 und 5. Um<br />

zu gewinnen, musste aber ein grösserer Motor her, der 1969 in<br />

Form der zweiten Serie kam – mit 158 Wettbewerbs-PS und<br />

neuem Fünfganggetriebe. So aufgerüstet fegte der 1969 und 70<br />

nur 1258-mal produzierte Fronttriebler durch die Seealpen und<br />

1972 zum Sieg – es war der Auftakt zu Lancias langjähriger<br />

Rallye-Dominanz.<br />

Das hier gezeigte Strassen-Exemplar trägt die Seriennummer 924,<br />

wurde Anfang 1970 in die Schweiz geliefert und befindet sich seit<br />

14 Jahren im Besitz des heutigen Eigners. Der ist von Kindesbeinen<br />

an Lancista («dass mein Vater seine Aurelia B20 verkaufte,<br />

weil er mit ihr und meiner Mutter öfter liegengeblieben war, habe<br />

ich bis heute nicht ganz verdaut») und wusste seit einem Kinder-<br />

Quartettspiel, dass er mal eine Fulvia Fanalone haben wollte. Es<br />

dauerte dann noch gut 20 Jahre, bevor Giovanelli im Oldtimer-<br />

Museum Muriaux fündig wurde und 30 000 Franken bezahlte –<br />

heute muss man für ein derart gutes Stück sechsstellige Summen<br />

anlegen. Mit 24 000 Kilometer übernommen, überquerte die HF<br />

letztes Jahr die 50 000er-Marke. Das Auto fährt gelegentlich ins<br />

Büro, «damit es bewegt wird», kommt aber vornehmlich bei Rallyes,<br />

zum Beispiel der Histo Monte 2010, oder Bergrennen wie<br />

dem Gurnigel 2012 zum Einsatz. Dann ist forsche Fortbewegung<br />

angesagt, «auch wenn die Fulvia beim Anbremsen hinten sehr<br />

leicht wird», sagt ihr Fahrer, der noch einen Rundstrecken-Golf für<br />

das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring unterhält – und<br />

mittlerweile auch für die Rennschule von Joe Wyss in Interlaken<br />

als In struktorassistent tätig ist. map<br />

52 <strong>VECTURA</strong> #11


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Frauen möchten, dass Männer ihre Gefühle zeigen.<br />

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FAHRTERMIN<br />

EIN NEUER FERRARI IST IMMER EIN EREIGNIS. DER CALIFORNIA T<br />

MACHT DA KEINE AUSNAHME, ZUMAL ER SICH WESENTLICH<br />

EXTREMER FÄHRT, ALS SEIN ETWAS PUMMELIGES ÄUSSERES<br />

VERMUTEN LÄSST. AUSSERDEM KLINGT ER GROSSARTIG –<br />

UND RÖHRT BEI DEN ROTEN DAS ENDE DES SAUGMOTORS EIN<br />

Text map · Fotos Christian Bittmann<br />

54 <strong>VECTURA</strong> #11


SOMMER <strong>2014</strong><br />

55


FAHRTERMIN<br />

Irgendetwas ist anders, denkt man sich beim Anblick des<br />

vertrauten Coupé-Cabriolets. Laut Hersteller verkörpert es<br />

angeblich die erfolgreichste Baureihe aller Zeiten; rund<br />

10 000 Einheiten haben die Roten seit seiner Modelleinführung<br />

2009 produziert. Damit schlägt der 2+2-sitzige California zwar<br />

einstige Einstiegsdrogen wie den 308/328 (1975–89, jeweils rund<br />

6100 / 7400 Exemplare) oder 348 (1989–95, ca. 8800). An einen<br />

F355 (1994–99, um die 11 270 Stück) oder den 360 Modena<br />

(1999–2005, 17 500 Einheiten) kommt er allerdings nicht heran,<br />

obwohl Ferrari damals weit weniger Fahrzeuge produziert hat.<br />

Fairerweise muss erwähnt werden, dass der aktuelle 458 Italia<br />

die Mittelmotor-Tradition fortsetzt, während der California als<br />

komfortorientierter Gran Turismo klassischer Prägung das Kundenspektrum<br />

nach unten erweitert: 70 Prozent seiner Käufer sind<br />

erstmals Ferrari-Eigner, die zuvor «nichts Passendes bei uns gefunden<br />

hatten», wie man unumwunden zugibt.<br />

Nun sind fünf Jahre im Sportwagengeschäft eine kleine Ewigkeit:<br />

Selbst ein Cavallino Rampante muss sich da den politischen Gegebenheiten<br />

anpassen – und die verlangen weltweit immer geringere<br />

Emissionen. Also entschloss sich die elitäre Fiat-Tochter zu<br />

einem radikalen Schnitt und spricht beim California-Nachfolger,<br />

der in diesen Tagen zu den Schweizer Händlern kommt und ab<br />

Herbst ausgeliefert wird, von einem «neuen Modell». Auch das<br />

ist knapp an der Wahrheit vorbei, denn die Grundstruktur des<br />

Wagens blieb weitgehend unangetastet.<br />

Subtile Änderungen Selbst äusserlich wirkt der California T,<br />

wie er nun genannt wird, altbekannt, doch wie schon gesagt –<br />

irgendetwas ist anders. «Bis auf das Dach sind alle Karosseriebleche<br />

neu gestaltet worden», löst Produktmarketingchef Nicola<br />

Boari das visuelle Rätsel auf. Doch man muss schon dreimal<br />

hinschauen (oder noch besser den bisherigen California danebenstellen),<br />

um den Unterschieden gewahr zu werden. Den geänderten<br />

Diffusor beispielsweise, einen um 1,5 cm flacher liegenden<br />

Heckspoiler oder geringfügig weiter aussen angeordneten<br />

Rückleuchten. Nach unserem Geschmack hätten es gerne noch<br />

ein paar Zentimeter weniger dicke Hüften sein dürfen, doch das<br />

ausladende Hinterteil ist einem nur im Stand versenkbaren Hardtop<br />

geschuldet, das Ganzjahrestauglichkeit verspricht. Und im<br />

geöffneten Zustand immerhin noch 240 der maximal 340 L Kofferraum<br />

übrig lässt. Im direkten Vergleich am offensichtlichsten<br />

sind die Modifikationen der Bugpartie: Der Grill ist breiter (hinter<br />

ihm sitzt ein 20 Prozent grösserer Wasserkühler), die Scheinwerfermimik<br />

markanter und die Motorhaube hat nun keine Lufthutze<br />

mehr, sondern zwei Entlüftungsschlitze. Auch die Ziergitter in den<br />

Flanken sind verschwunden.<br />

Solche Massnahmen sind freilich kosmetischer Natur, um den<br />

Luftwiderstand ein wenig zu verringern, was offenbar auch gelungen<br />

ist, denn der Verbrauch sinkt um gut 15 Prozent. Das<br />

hängt aber vorwiegend mit der eigentlichen Novität unter der Motorhaube<br />

zusammen, wo Ferrari jetzt einen hochmodernen V8 installiert,<br />

der mit dem 4,3-Liter-Aggregat nur noch den Bankwinkel


gemein hat. Denn ab sofort handelt es sich um einen Turbomotor,<br />

wie man ihn schon bei mühsam domestizierten Rennmodellen<br />

à la 288 GTO (1984) oder F40 (1987) vorfand – aber eben noch<br />

nie in einem Luxus-GT aus Maranello. Zwangsbeatmung ist den<br />

Ingenieuren von Italiens Renommiermarke suspekt, jeder aufgeplusterte<br />

Kompaktwagen fährt schliesslich mit sowas herum.<br />

Nein, bei Ferrari wird traditionell gesaugt und so hat man sich für<br />

den California T etwas ganz Spezielles vorgenommen: den Lader<br />

wenigstens akustisch nicht nach Lader klingen zu lassen.<br />

Letzterem verdankt die überarbeitete Baureihe auch den zusätzlichen<br />

Buchstaben in der Typenbezeichnung, doch die Nomenklatura<br />

ist ein wenig irreführend – schliesslich sind gleich zwei<br />

Twinscroll-Turbos installiert und nicht einer. «TT» ist in der Motorszene<br />

allerdings schon mehrfach vergeben und es passt zur<br />

neuen norditalienischen Bescheidenheit, die Revolution nur anzudeuten.<br />

Denn was Ferrari hier vollzieht, ist eine solche.<br />

Forza Italia! Bleiben wir deshalb noch kurz beim wirklich komplett<br />

neuen Achtzylinder, der flacher und kürzer ausfällt, was auch<br />

den Schwerpunkt senkt. Die Italiener haben viel Zeit und Geld in<br />

dieses Triebwerk investiert, das in einigen Jahren und modifizierter<br />

Form dann auch im 458-Nachfolger und anderen Baureihen,<br />

beispielsweise von Maserati, zu finden sein dürfte. Doch Ferrari<br />

wäre nicht Ferrari, wenn man diesen Effort nur den Abgasen zuliebe<br />

betrieben hätte. Der neue Achtender wartet zwar mit 400<br />

Kubikzentimeter weniger Hubraum auf, ist aber 70 PS und satte<br />

250 Nm stärker als der alte – bei niedrigeren Drehzahlen, versteht<br />

sich. Downsizing ohne Kompromisse also. Das auch optisch<br />

ansprechende Aggregat verfügt über das markentypisch flache<br />

Kurbelwellen-Layout; die Kette der Nockenwellensteuerung hat<br />

man einer geringeren Reibung und verbesserten Lastenverteilung<br />

zuliebe nun an die Hinterseite verlegt, die Elektronik beinhaltet<br />

eine komplexe Klopfregelung. Die dynamischen Turbo-Vorteile<br />

liegen auf der Hand: viel mehr Drehmoment, das schon unterhalb<br />

von 3000 Touren, und ein erweitertes Drehzahlspektrum. Gleich<br />

lange Auspuffkrümmer-Kanäle sorgen für fülligen Klang, denn<br />

der Sound ist bei Ferrari besonders wichtig.<br />

Eine besondere Herausforderung ist für Vittorio Dini das Feintuning<br />

der Gasannahme gewesen: Der T soll sich ja auch ähnlich<br />

wie ein Sauger anfühlen und es sei gelungen. Allein bei Vollgas<br />

und im dritten Gang reagiert das Aggregat ab 2000 Touren um<br />

0,2 Sekunden langsamer als der Vorläufer, rechnet der Leiter der<br />

Motorenentwicklung vor – und trotzdem deutlich schneller als die<br />

Wettbewerber, wobei er offensichtlich BMW M6, Mercedes SL<br />

63 AMG oder Porsche 911 Turbo im Auge hat.<br />

Viel Feintuning Der gesteigerten Leistung steht ein Siebenstufen-<br />

Doppelkupplungsgetriebe zur Seite, das nochmals schneller<br />

schaltet und in den oberen Gängen über längere Untersetzungen<br />

verfügt. Abhängig von der Fahrstufe stellt die Antriebseinheit<br />

unterschiedliche Ladedrücke bereit, was sowohl einer möglichst<br />

linearen Kraftentfaltung als auch dem harmonischen Fahrerlebnis<br />

dient – und ganz nebenbei das Potential dieses Rassemotors unterstreicht.<br />

Das Fahrwerk wurde den Modifikationen angepasst,<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

57


FAHRTERMIN<br />

TECHNISCHE DATEN<br />

FERRARI CALIFORNIA T<br />

Konzept 2+2-sitziger Luxus-GT mit versenkbarem Hardtop. Zahnstangenlenkung<br />

mit Servo, Karbon-Keramik-Scheibenbremsen rundum<br />

(innenbelüftet). Vorne doppelte Dreieckquerlenker, hinten Mehrlenkerachse,<br />

elektr. geregelte Dämpfer. Transaxle, Heckantrieb<br />

Motor 90°-V8-Benziner aus Aluminium, 4 Ventile pro Zylinder, 2x2 oben<br />

liegende Nockenwellen (Kette/VVT), Direkteinspritzung, zwei Twinscroll-<br />

Turbolader/Intercooler, Trockensumpf<br />

Hubraum in cm 3 3855<br />

Bohrung x Hub in mm 86,5 x 82<br />

Verdichtung 9,4:1<br />

Leistung in PS (kW) @ U/min 560 (412) @ 7500<br />

Max. Drehmoment in Nm @ U/min 755 @ 4750<br />

Kraftübertragung<br />

DKG7<br />

Abmessungen (L/B/H) in cm 457/191/132<br />

Radstand in cm 267<br />

Spur vorne/hinten in cm 163/160,5<br />

Reifen und Räder vorne 245/40 ZR19 auf 8J<br />

hinten 285/40 ZR19 auf 10J<br />

Tankinhalt in L 78<br />

Kofferraumvolumen in L 340 (240)<br />

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg 1665<br />

Zulässiges Gesamtgewicht in kg<br />

k.A.<br />

Leistungsgewicht in kg/PS 3,0<br />

0 – 100 km/h in Sek. 3,6<br />

0 – 200 km/h in Sek. 11,2<br />

Höchstgeschwindigkeit in km/h 316<br />

Durchschnittsverbrauch*in L/100 km 10,5<br />

CO 2 -Emission in g/km 250<br />

Energieeffizienzkategorie<br />

G<br />

Preis ab CHF 220 634.–<br />

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus<br />

58 <strong>VECTURA</strong> #11


Wird der ESC OFF-Modus gewählt, sind alle Sinne gefordert –<br />

dann kratzt der neue Basis-Ferrari auch gerne mal driftend die Kurve<br />

die Dämpfer reagieren nun ebenfalls deutlich schneller, die Lenkung<br />

weist zehn Prozent weniger Einschlag auf und optional gibt<br />

es 20-Zöller für noch mehr Grip. Um die gesteigerte Performance<br />

zu bändigen, sind neue, praktisch verschleissfreie Karbon-Keramik-Bremsscheiben<br />

verbaut, die ein ganzes Autoleben lang<br />

halten und freilich noch besser verzögern. Die genannten Massnahmen<br />

sollen ein spürbar besseres Handling und intensiveres<br />

Fahren ermöglichen. So weit die Theorie – aber wie fühlt sich das<br />

alles an?<br />

Ein Druck auf den Startknopf weckt den Achtzylinder, der sich<br />

heiser zum Dienst meldet. Von einem Turbo ist dabei nichts zu<br />

hören, bevor der Treibsatz in jenes «Ich-bin-der-Allergrösste»-<br />

Brabbeln verfällt, für das viele Enthusiasten bereit sind, ein kleines<br />

Vermögen auszugeben. Wir richten uns ein, justieren Spiegel,<br />

Sitz und Volant – alles klar in Hotel California. Dann endlich<br />

kurz an der leichtmetallenen Lenkradwippe gezupft und es geht<br />

los: Schon die ersten Gasbefehle werden weitgehend ruckfrei in<br />

Vortrieb umgesetzt. Beeindruckend, wie gierig das Auto am Gas<br />

hängt.<br />

Mamma mia! Die Einfahrphase ist schnell erledigt, die Schaltphasen<br />

werden kürzer, die Kurvenwechsel flüssiger, die Gasbefehle<br />

fordernder und der California fliegt jetzt durch die Serpentinen,<br />

dass es nur so eine Freude ist. Trotz der knapp 1700 kg<br />

Leergewicht ermöglicht das Leistungsangebot eine vehemente<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

59


FAHRTERMIN<br />

Darbietung, die man dem ansatzweise pummelig wirkenden<br />

Auto im Stand nicht zutrauen würde: Der T geht subjektiv kaum<br />

schlechter als ein 458, was objektiv natürlich nicht stimmt. Aber<br />

das ist egal, weil der 2+2 eine ganz andere Charakteristik an<br />

den Tag legt. Anders als das nervöse Rennpferd könnte man die<br />

T-Time immer auch einhändig geniessen und den linken Arm im<br />

Tifosi-Stil und Automatik-Modus lässig über die Tür hängen lassen<br />

– wenn die nicht so hoch wäre. Der California fügt sich da<br />

internationalen Sicherheitsvorschriften und flösst schnell Vertrauen<br />

ein; sein guter Geradeauslauf, eine hohe Spurstabilität und<br />

die frühzeitig eingreifende Traktionskontrolle machen ihn auch für<br />

weniger vollgasfeste Fahrer problemlos beherrschbar. Wird das<br />

Setup dagegen auf «ESC OFF» umgeschaltet und dieser meisterlich<br />

relaunchte Basis-Ferrari mit kurzem Zügel geführt, sind alle<br />

Sinne gefordert, kratzt er auch gerne mal driftend die Kurve. Der<br />

Schub kennt praktisch kein Ende und dann wäre da noch ein fast<br />

schon unheimlicher Sympathie-Bonus, zumindest in der Heimat<br />

dieses Autos: Wo immer es auch auftaucht, recken sich Daumen<br />

in die Höhe. Die Sonne knallt und wir röhren bei flimmernder Hitze<br />

im offenen Ferrari durch die Toskana – besser geht es kaum!<br />

Doch wo Licht ist, fällt auch Schatten. Zwar ist das Interieur mit<br />

feinstem Leder ausgeschlagen und die 2+2-Konfiguration mit<br />

geteilt umklappbaren Rückbanklehnen zum Durchladen ist ab<br />

sofort Standard. Oben auf der Mittekonsole gibt es jetzt sogar<br />

ein «T-Response» genanntes Manometer, auf dem sich der Ladezustand<br />

oder die Effizienz des Turbos abrufen lassen, um dessen<br />

Reaktionszeit auch optisch erlebbar zu machen – falls der Fahrer<br />

überhaupt dazu kommt. Weiter unten sitzt allerdings auch ein<br />

neues Infotainmentsystem von Harman Becker (Hardware und<br />

Interface), das wegen seiner langsamen Navigationsdarbietung<br />

aber kaum der Rede wert ist, weil es einen zwar überall hin leitet –<br />

nur nicht dahin, wo man hin möchte. Dass eine so schwache<br />

Anlage aufpreisfrei an Bord ist, macht es nicht besser; immerhin<br />

soll die Car-Play-Funktion für iPhones Ende Jahr folgen.<br />

Man mag sich nun noch ereifern, dass in einem Fahrzeug dieses<br />

Kalibers weder moderne Assistenzsysteme noch ein schlüsselloses<br />

Zugangs- und Startsystem oder klimatisierte Sitze zu<br />

finden sind. Stopp-Start oder Zylinderabschaltung? Auch Fehlanzeige.<br />

Ein Head-up-Display wird angesichts derart herrlicher<br />

Instrumente allerdings nicht vermisst – zumindest nicht von uns.<br />

Dafür glitzert das «Blu California» – es ist eine von zwei neuen<br />

Werklackfarben – umso schöner. Wenn wir aber zwei Wünsche<br />

freihätten, dann würden wir die nervöse Einparkhilfe entfernen<br />

lassen und nach einem Stoffverdeck fragen: Das könnte den<br />

California T nicht nur erleichtern und seine Emissionen weiter<br />

senken, sondern sähe vielleicht auch besser aus, Alljahrestauglichkeit<br />

hin oder her. Im Winter empfiehlt sich ohnehin ein FF mit<br />

Allradantrieb.<br />

Mehr zum Thema<br />

60 <strong>VECTURA</strong> #11


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(vereinigt 115 Clubs und Organisationen) <br />

www.swissoldtimers.ch<br />

Alfa-Romeo-105-Club<br />

Alfa Romeo Club 2000 & 2600<br />

Alfa Romeo Duetto Club<br />

Registre Suisse Alfa Romeo<br />

www.alfa-oldtimer.ch<br />

www.alfa-romeo-club.ch<br />

www.duetto-club.ch<br />

www.registresuissealfaromeo.ch<br />

Fédération Suisse des Véhicules Anciens<br />

(FSVA; vereinigt 38 Clubs und Sammlungen)<br />

MARKENUNABHÄNGIGE CLUBS<br />

www.fsva.ch<br />

Alfa Romeo Club «tempi passati»<br />

www.alfaclub-lausen.ch<br />

AMC-Club Schweiz<br />

www.amc-club.ch<br />

Armstrong Siddeley Club<br />

Denys Gilliéron<br />

Rue Neuve 6<br />

<br />

1260 Nyon<br />

Tel. <strong>02</strong>2 365 75 65<br />

Aston Martin Owners Club Switzerland<br />

www.amoc.ch<br />

Schweizer Motor-Veteranen-Club (SMVC)<br />

www.smvc.ch<br />

Austin-Healey-Club Switzerland<br />

www.austin-healey-club.ch<br />

Freunde nostalgischer Autos<br />

www.fna.ch<br />

IG Austin-Healey Sprite & MG Midget<br />

www.spridget.ch<br />

Austin-Morris-Wolseley-Freunde Schweiz<br />

www.amwf.ch<br />

MARKENBEZOGENE CLUBS<br />

Club Suisse Auto Union<br />

www.dkw-elge.com<br />

Avanti Owners Switzerland<br />

www.avanti-owners.ch<br />

Adler-Motor-Veteranen-Club (CH)<br />

www.adler-veteranen.de<br />

BMW-Veteranen-Club Schweiz<br />

www.bmw-veteranen-club.ch<br />

Alfa Romeo Club Schweiz<br />

www.alfaromeoclub.ch<br />

BMW-Z3-Club Vierwaldstättersee (Z1 bis Z8)<br />

www.bmwz3club.ch<br />

62 <strong>VECTURA</strong> #11


BMW-Club Seetal<br />

www.bmwclubseetal.ch<br />

Jensen Car Club of Switzerland<br />

www.jcc.ch<br />

Borgward-Interessengemeinschaft Schweiz<br />

www.borgward-ig.ch<br />

Kaiser Owners Club of Switzerland<br />

adrian.birrer@swissonline.ch<br />

Bugatti-Club Suisse<br />

www.bugatticlub.ch<br />

Lamborghini Club Suisse<br />

www.lamborghiniclub.ch<br />

Classic-Buick-Club Schweiz<br />

www.buickclub.ch<br />

Lancia Club Suisse<br />

www.lcs.ch<br />

Cadillac-Club of Switzerland<br />

www.cadillacclub.ch<br />

Lancia Club Suisse Romande<br />

info@restaurationautomobile.ch<br />

Chevrolet-Car-Club Schweiz<br />

www.ccc-schweiz.ch<br />

Fulvia-Freunde<br />

www.fulvia-freunde.ch<br />

Swiss Corvair Club (Chevrolet)<br />

www.corvair.ch<br />

Lancia-Delta-Club Schweiz<br />

www.lanciadeltaclub.ch<br />

Citroën-DS Club Suisse<br />

www.citroendsclub.ch<br />

Land Rovers of Switzerland<br />

www.lros.ch<br />

DS & CX (Citroën)<br />

www.cx-club.ch<br />

Swiss Lotus Team<br />

www.lotusteam.ch<br />

Citroën Traction Avant Club<br />

www.tractionavant.ch<br />

Lotus Seven Owners Switzerland<br />

www.lsos.ch<br />

Döschwo-Freunde Schweiz<br />

albi2cv@bluemail.ch<br />

Lotus Seven Society Switzerland<br />

www.lotusseven.ch<br />

Citroën-Maserati-Club Schweiz<br />

www.citroen-sm-club.ch<br />

Swiss Marcos Club<br />

www.swissmarcosclub.ch<br />

Chrysler France + Talbot (1979-86)<br />

www.simca.ch<br />

Maserati-Club Schweiz<br />

www.maserati-club.ch<br />

Cobra Owners` Club Switzerland<br />

www.cobra-owners.ch<br />

Matra-Club Suisse<br />

www.matra-club.ch<br />

Daimler & Lanchester Owners Club <br />

www.dloc.org.uk<br />

Mazda Rotary Club<br />

www.rx-7club.ch<br />

Datsun-Z-Club Schweiz<br />

www.datsun-z-club.ch<br />

Mercedes-Benz-Veteranen-Club Schweiz<br />

www.mbvc.ch<br />

De Tomaso Friends Switzerland<br />

www.detomaso-friends.ch<br />

Mercedes-Benz-SL-Club Schweiz<br />

www.sl-club.ch<br />

Pantera-Club Schweiz<br />

pantera@bluewin.ch<br />

Heckflossen-Club Schweiz<br />

www.heckflossenclub.com<br />

DKW Owners Club<br />

www.dkw-club.ch<br />

Swiss G Club (MB und Puch)<br />

www.swiss-g-club.ch<br />

Enzmann-506-Club Schweiz<br />

markus.wicki@datazug.ch<br />

MG Car Club Switzerland<br />

www.mgcc.ch<br />

Ferrari-Club Switzerland<br />

www.ferrariclubswitzerland.ch<br />

MG-A-Club Schweiz<br />

www.mga-club.ch<br />

Ferrari Owners Club Switzerland<br />

www.ferrari-owners-club.ch<br />

Old MG Club<br />

www.old-mg-club.ch<br />

Ferrari-Club Winterthur<br />

info@ferrariclubwinterthur.ch<br />

Mini-Club Basilisk<br />

www.mcbasilisk.ch<br />

Maranello Club Switzerland<br />

www.maranello.ch<br />

Berner Mini-Club<br />

www.bernerminiclub.ch<br />

Ferrari Dino Owners Club Switzerland<br />

andi.schaefer@sunrise.ch<br />

Mini-Club Luzern<br />

www.miniweb.ch<br />

Fiat-500-Club Schweiz<br />

www.fiat500club.ch<br />

Mini-Club Ostschweiz<br />

www.miniclub-ostschweiz.ch<br />

Club Fiat 500 Ticino<br />

fiat500ticino@yahoo.it<br />

Mini Club Romand<br />

www.mini-club-romand.ch<br />

Fiat-Topolino-Club Innerschweiz<br />

matthias.felder@kobalt.ch<br />

Mini Club Ticino<br />

www.miniticino.ch<br />

Topolino-Club Zürich<br />

www.topolinoclubzuerich.ch<br />

Austin Innocenti Morris Mini Cooper Club Zürich<br />

www.miniclub-zuerich.ch<br />

124-Spider-Club<br />

www.124spiderclub.ch<br />

Monteverdi-Club<br />

www.monteverdi.net<br />

X1/9-Club Schweiz<br />

www.x1-9club.ch<br />

Morgan-Club Schweiz<br />

www.morgan-club.ch<br />

Amicale Fiat Anciennes Montreux<br />

www.fiatanciennes.ch<br />

Swiss Morgan Owners Group<br />

www.swissmog.com<br />

Ford Club of Switzerland<br />

www.ford-club-switzerland.ch<br />

Swiss Morris Minor Club<br />

www.morrisminor.ch<br />

Capri Schweiz<br />

www.ford-capri.ch<br />

NSU-Fan-Club Schweiz<br />

www.nsu-cars.ch<br />

Ford Capri Club Free Drivers<br />

www.capriclubfreedrivers.ch<br />

NSU-Ro-80-Club Schweiz<br />

www.nsuro80.ch<br />

Capri-Club Bern<br />

rs2600@bluewin.ch<br />

NSU-IG Bern<br />

andreas.jakob5@bluewin.ch<br />

Ford-Escort-Club Schweiz<br />

www.fordescortclub.ch<br />

Alt-Opel IG Schweiz<br />

schweiz@alt-opel.org<br />

Mustang Club of Switzerland<br />

www.fordmustang.ch<br />

Opel-Fan-Club-Oase<br />

www.opel-fanclub-oase.ch<br />

Ford M IG<br />

www.ford-taunus-m.ch<br />

Opel-GT-Club Schweiz<br />

www.opel-gt-club.ch<br />

Classic Thunderbird Club of Switzerland<br />

www.thunderbird-club.ch<br />

Dachverband Kapitän-Admiral-Diplomat<br />

diplomatgarage@bluewin.ch<br />

Glas-Automobil-Club-International<br />

www.glasclub.org<br />

Packard Club Switzerland<br />

www.packardclub.ch<br />

Honda-Club Schweiz<br />

www.hondaclub.ch<br />

Panhard & Levassor Club Suisse<br />

www.panhard.ch<br />

Iso & Bizzarrini Interest Circle Switzerland<br />

www.ibics.ch<br />

Peugeot-Veteranen-Club Schweiz<br />

www.amicale-peugeot.ch<br />

Jaguar Drivers Club Switzerland<br />

www.jdcs.ch<br />

Classic Pontiac Owners<br />

www.pontiac-club.ch<br />

Swiss Jaguar E Type Club<br />

www.jaguar-e.ch<br />

Schweizerischer Pontiac-Firebird-Club (SPFC)<br />

www.swiss-firebird.ch<br />

Jeep Club Switzerland<br />

www.jeepclub.ch<br />

Verband Schweizer Porsche-Clubs<br />

www.porsche-clubs.ch<br />

Jeep-Club Zentralschweiz<br />

www.jeep-club-zentralschweiz.ch<br />

Porsche-356-Club Schweiz<br />

www.porsche-356-club.ch<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

63


CLUBSZENE<br />

Urelfer-Club Schweiz<br />

www.urelfer.ch<br />

US Car Friends of Switzerland<br />

www.uscarfriends.ch<br />

Scimitar Club of Switzerland (Reliant)<br />

tschanen.walter@bluewin.ch<br />

US Classic Car Association<br />

www.uscca.ch<br />

Renault-Heck-Club Suisse<br />

www.renaultheck.ch<br />

US Car Club Zürich<br />

www.us-car-club-zuerich.ch<br />

4CV Club Suisse Romande<br />

paschaller@bluewin.ch<br />

US Pearl Owners Switzerland<br />

alex.e.rueber@datacomm.ch<br />

Dauphine-Club Schweiz<br />

www.dauphine-club-schweiz.ch.vu<br />

V8 Cruisers Winterthur<br />

www.v8-cruisers.ch<br />

Renault-Floride + Caravelle-Club<br />

rolf.zwingli@zwicom.ch<br />

Riley-Club Schweiz<br />

www.riley-club.ch<br />

Rolls-Royce Enthusiasts’ Club, Swiss Section (inkl. Bentley) www.rrec.ch<br />

BESONDERE SPARTEN (AUSWAHL)<br />

Rover Club Schweiz<br />

www.roverclub.ch<br />

Swiss Car Register<br />

www.swisscarregister.ch<br />

Saurer-Club (inkl. Berna)<br />

www.saurer-club.ch<br />

Buggy Club Schweiz<br />

www.buggy-club-schweiz.ch<br />

Club Simca Suisse<br />

www.simca.ch<br />

Condor-Freaks Schweiz<br />

www.condorfreaks.ch<br />

Gruppo Haflinger e Pinzgauer Ticino (Steyr-Puch)<br />

www.haflipinz.ch<br />

Freunde alter Landmaschinen Schweiz<br />

www.fettpress.ch<br />

Studebaker Car Club Switzerland<br />

studebaker@bluewin.ch<br />

Freunde alter Motorräder (FAM)<br />

www.fam-amv.ch<br />

Sunbeam-Alpine Club Schweiz<br />

hans-lienhard@bluewin.ch<br />

Italo-Moto-Club Schweiz<br />

www.imcs.ch<br />

Swiss Sunbeam Tiger Owners<br />

www.tigerowners.ch<br />

Micro Cars Schweiz<br />

www.microcars.ch<br />

Tatra-Register Schweiz<br />

www.tatra.ch<br />

Schweizer Horex-Club<br />

www.horex.ch<br />

Toyota-Celica-Club Schweiz<br />

www.celica-club.ch<br />

Schweizerische Kreidler-Florett-IG<br />

www.kreidler-ig.ch<br />

Toyota-Celica-Club Säliblick<br />

www.tccs.ch<br />

Tramverein Bern<br />

www.trittbrett.ch<br />

Trabant-Club Schweiz<br />

www.trabantclub.ch<br />

Vespa-Club Schweiz<br />

www.vespaclub.ch<br />

Swiss Triumph Herald and Vitesse Club<br />

http://hervi.dihu.ch<br />

Spitfire-Club Schweiz<br />

www.spitfire.ch<br />

REGIONALE CLUBS (MARKENNEUTRAL)<br />

The Swiss TR Club<br />

www.swisstrclub.ch<br />

Triumph-Stag-Club Schweiz<br />

IG Triumph Saloons<br />

Swiss TVR Car Club<br />

Vanden Plas Owners Club Swiss Section<br />

Vauxhall Owners Club Switzerland<br />

Swiss Volvo Classics<br />

Buckel-Volvo IG<br />

Schweizerischer Volvo-123-GT-Club<br />

IG Volvo 240 Schweiz<br />

Volvo-Sport Club P1800 S-E-ES<br />

VW-Uralt-Käfer-Club Schweiz<br />

Käfer-Cabriolet-Club Schweiz<br />

Käfer-Club Limmattal<br />

VW-Käferclub Luzern<br />

VW Karmann-Ghia Schweiz<br />

VW-Bus-Freunde-Schweiz<br />

VW-Porsche 914 Club Schweiz<br />

www.triumph-stag.ch<br />

www.triumph-saloons.ch<br />

www.tvrcarclub.ch<br />

www.vandenplas.ch<br />

www.vauxhall-club.ch<br />

www.volvoclub.org<br />

www.volvoclub.ch<br />

www.123gt.ch<br />

www.volvo240.ch<br />

www.p1800.org<br />

www.vwuraltkaeferclub.ch<br />

www.kccs.ch<br />

www.kaeferclub-limmattal.ch<br />

www.vwkaeferclub.ch<br />

www.karmann-ghia.ch<br />

www.vwbusfreunde.ch<br />

www.porsche914-club.ch<br />

ACS Classic Basel<br />

www.acsbs.ch<br />

Amicale des Vieux Volants du Val-de-Ruz amicale@vieux-volants.com<br />

Amicale Valaisanne d’Amateurs Véhicules Anciens www.veveyretro.ch<br />

Classic-Car-Club Horgenberg<br />

www.gb-ccc.ch<br />

Classic-Car-Club Rheintal<br />

www.classiccarclub-rheintal.ch<br />

Club des Voitures et Motos Anciennes Aigle<br />

oldauto@bluewin.ch<br />

Freunde alten Blechs aller Marken (FaBaM, Aargau)<br />

www.fabam.ch<br />

Motor-Veteranen-Club Liechtenstein<br />

www.mvcl.li<br />

Neuchâtel Hier Automobile<br />

www.neuchatel-hier-automobile.ch<br />

(Berner) Oberländer Autofreunde<br />

www.oaf-beo.ch<br />

Oldtimer-Club Bern<br />

www.ocb.ch<br />

Oldtimer-Club Entlebuch<br />

www.ocentlebuch.ch<br />

Oldtimer-Club Freiburg<br />

www.oldtimerclub-freiburg.ch<br />

Oldtimer-Club Gstaad Saanenland (OCGS) p.tschanz@tschanz-architektur.ch<br />

Oldtimer-Club Innerschweiz <br />

Hans Bründler<br />

Postfach 34<br />

<br />

6037 Root<br />

Tel. 041 450 09 33<br />

Oldtimer-Club Ostschweiz<br />

www.oco-oldtimer-club.ch<br />

US-CAR-CLUBS OHNE MARKENBINDUNG<br />

Oldtimer-Club Ostschweiz/FL<br />

www.fhf-oldtimer.ch<br />

Oldtimer-Club Wiggertal<br />

www.ocw-wiggertal.ch<br />

American Car Club Basel<br />

www.accb.ch<br />

Oldtimer-Verein Walzwerk<br />

www.ovw.ch<br />

Föderation amerikanischer Autoclubs Schweiz (FAAS)<br />

www.faas.ch<br />

St. Moritz Automobile Club<br />

www.stmoritz-automobileclub.ch<br />

Friday Night Cruisers<br />

www.fnc.ch<br />

Top Club Ticino<br />

http://web.ticino.com/topclub<br />

Nostalgic American Car Club<br />

dimitriadis@gmx.net<br />

Véhicules Anciens Jura<br />

www.vaj.ch<br />

Swiss Friends of US Army Oldies<br />

www.swissfriendsofusarmyoldies.com<br />

Vétéran Car Club Suisse Romand<br />

www.vccsr.ch<br />

64 <strong>VECTURA</strong> #11


DAS ORIGINAL KENNT<br />

KEINE ALTERNATIVEN.<br />

landrover.ch


ZIELEINGABE<br />

ABENDESSEN IN PRAG<br />

EINEN TAG UND 900 KILOMETER QUER DURCH EUROPA: DA LERNT<br />

MAN EIN AUTO KENNEN. DER SKODA RAPID SPACEBACK SCHLÄGT SICH<br />

ERWARTET WACKER – UND ERFREUT DIE BESATZUNG MIT DYNAMIK,<br />

PLATZ UND WIRTSCHAFTLICHKEIT. OHNE TSCHECHISCHE POLIZEI WÄRE<br />

DIE FAHRT ALLERDINGS NOCH GÜNSTIGER GEWESEN…<br />

Text map, mf · Fotos Ian G.C. White<br />

Sonntagmorgen, 6 Uhr 30, kurz vor St. Gallen: paradiesische<br />

Zustände auf der A1 – mit völlig leerer Strecke bis<br />

zum Horizont. So muss sich Autofahren vor fünfzig Jahren<br />

angefühlt haben – frei und froh, ohne Stop-and-go in stundenlangen<br />

Staus.<br />

Wir sind auf dem Weg nach Mladá Boleslav, der Heimat von Škoda<br />

Auto. Aus CH nach CZ also, denn dort steht ein Museum, das vor<br />

zwei Jahren komplett erneuert wurde und seither darauf wartet,<br />

von uns besucht zu werden. Ausserdem wird die tschechische<br />

Volkswagen-Tochter bald das Jahresvolumen von einer Million<br />

produzierten Exemplaren überschritten haben, und da ist es an<br />

der Zeit, vorher noch einmal nach dem Rechten zu sehen. Knapp<br />

900 Kilometer und acht Stunden Fahrzeit hat der Bordcomputer<br />

ab Bern berechnet. Am Bodensee touchieren wir Österreich,<br />

durcheilen das Allgäu und zielen auf München, um dort westlinks<br />

vorbeizurauschen.<br />

Selbstverständlich sitzt die Museum-Crew in einem Škoda: Wir<br />

haben uns für das neueste Modell entschieden, den Rapid<br />

Spaceback. Die 2012 zunächst als Stufenheck eingeführte Baureihe<br />

ist zwischen Fabia und Octavia angesiedelt und trägt einen<br />

traditionellen Namen. Bereits 1935 gab es ein erstes Auto mit dieser<br />

Typenbezeichnung, 1984 erfolgte ein erstes Comeback als<br />

Coupé und 2011 kam der dritte Rapid – Letzterer allerdings nur<br />

als lokal produziertes Modell für den indischen Subkontinent. Die<br />

Rückkehr nach Europa erfolgte dann mit einem Baumuster, das<br />

mit dem indischen nur den Namen gemein hat: Der bei uns angebotene<br />

Rapid nutzt verschiedene Plattform-Komponenten des<br />

66 <strong>VECTURA</strong> #11


VW- Konzerns und zeigt, wie geschickt Škoda diese mittlerweile<br />

zu kombinieren versteht: Die Rapid-Vorderachse entspricht dem<br />

Fabia II (bzw. VW Polo), die Hinterachse der des Roomster. Allen<br />

diesen drei Škoda-Baureihen gemein ist auch die Zahnstangenlenkung<br />

mit elektrohydraulischer Unterstützung – und weil der<br />

Rapid in der viertürigen Variante weitestgehend baugleich ist mit<br />

dem Seat Toledo, wird der Spanier konsequenterweise auf ein und<br />

demselben Band in Mladá Boleslav gebaut. Wohlgemerkt: Das<br />

alles ist sehr kompatibel, aber nicht MQB, der modulare Querbaukasten<br />

des Volkswagen-Konzerns, mit dem auch bei Škoda künftig<br />

noch mehr Gleichteile zum Einsatz kommen werden – sie sind<br />

der Schlüssel zum Wachstum.<br />

Wir sitzen im Fünftürer, der zweiten und 18 Zentimeter kürzeren<br />

Rapid-Karosserievariante also, die 2013 auf den Markt kam und<br />

sich zusätzlich Spaceback nennt. Das ist ein schlaues Wortspiel,<br />

weil es an Sportback erinnert – den fünftürigen Audi A3. Rein optisch<br />

gibt es tatsächlich Parallelen, doch der Škoda zielt auf ein<br />

ganz anderes Konzern-Kind: den VW Golf. Die Abmessungen der<br />

beiden unterscheiden sich nur in Nuancen, während es beim<br />

Package klare Unterschiede gibt: Der Tscheche ist viel günstiger<br />

produziert und bietet einem Kofferraum, der bis zu 90 Liter mehr<br />

schlucken kann als der des Wolfsburger Bestsellers. Das ist<br />

«simply clever», denn so wird Autokäufern, die keinen VW wollen,<br />

eine Konzern-interne und preiswerte Alternative angeboten, die<br />

technisch keine allzu grossen Zugeständnisse macht. So gibt es<br />

auch ein lässiges Siebenstufen-Doppelkupplungsgetriebe – das<br />

allerdings ohne Lenkradbedienung und nur in Verbindung mit dem<br />

122 PS starken 1,4-Liter-Benziner, der zudem Scheibenbremsen<br />

rundum aufweist, womit die Wahl unserer Motorisierung eine<br />

schnelle gewesen ist.<br />

Bereits die Basisversion Active ist mit sechs Airbags, 12V-Steckdose<br />

oder Wärmeschutzverglasung ausgestattet. Unser Raceblau<br />

lackiertes Auto mit Elegance-Ausstattung (ab 27 500 Franken)<br />

weist ab Werk zusätzlich den Beifahrer-Schminkspiegel, Tempomat,<br />

eine Klimaautomatik, den erweiterten Bordcomputer mit Multifunktionsanzeige,<br />

elektrische Fensterheber und Mittelarmlehne<br />

hinten oder Leichtmetallfelgen auf. Das ist besser, aber immer<br />

noch eine Wagenlänge hinter dem Golf, der sich ungleich stärker<br />

aufrüsten lässt. Im Spaceback sind aber die wesentlichsten Dinge<br />

serienmässig oder optional an Bord, weshalb auch er Richtung<br />

Erfolg einspurt. Für 930 Franken gibt es beispielsweise ein riesiges<br />

Panorama-Glasdach. Lediglich Allradantrieb ist nicht verfügbar –<br />

da hält man die Kundschaft am Octavia, dem meistverkauften<br />

Kombi der Schweiz.<br />

Die Platzverhältnisse im Spaceback sind sehr angenehm – vor<br />

allem hinten gibt es viel Beinfreiheit. Wer dort sitzt, mag sich vielleicht<br />

an den integrierten Kopfstützen der Vordersitze stören, weil<br />

sie die Aussicht stark einschränken. Unser grösster Kritikpunkt<br />

betrifft die tief zwischen den Polstern versteckten Isofix-Ösen,<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

67


Obwohl recht neu, fällt unser Spaceback<br />

in Prag nicht weiter auf: Das Škoda-Aufkommen<br />

liegt hier meist bei gefühlten 90 Prozent<br />

68 <strong>VECTURA</strong> #11


ZIELEINGABE<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

69


ZIELEINGABE<br />

die beim Einbau von Kindersitzen nur schwer zu treffen sein dürften.<br />

Viele Ablagen und ein grosses Handschuhfach gefallen dagegen<br />

– besonders auf längeren Strecken. Auch vorne sitzt es<br />

sich tadellos; die Ergonomie passt auf Anhieb und auch die Motorisierung<br />

stimmt: Trotz hoher Zuladung zieht der Vierzylinder<br />

kraftvoll durch; bei Tempo 120 liegen im siebten Gang gerade mal<br />

2400 Touren an. Windgeräusche halten sich in Grenzen; erst ab<br />

170 km/h wird's etwas lauter um die B-Säulen. Kurz: ein sehr angenehmer,<br />

patenter Begleiter, dieser Spaceback!<br />

Es geht inzwischen nordnordostwärts und ab Regensburg wird<br />

der Verkehr dichter: Trucker beherrschen jetzt die Route; nicht<br />

wenige tragen osteuropäische Kennzeichen. Und dann, gleich hinter<br />

Waidhaus, kommt die Grenze. Die Strasse ändert sich schlagartig,<br />

aber nicht schlaglochartig: Nein, der Belag ist einfach ein<br />

anderer, wie uns die Reifen verkünden. Und spätestens bei den<br />

Reklametafeln an den Autobahnbrücken ist klar, dass wir uns in<br />

einem anderen Kulturkreis befinden – nicht nur sprachlich. Fast<br />

Food und Autowerkstätten kennt man ja, aber fast noch auffälliger<br />

werden Alkohol (ausgerechnet), Cabarets und Glücksspiel beworben:<br />

andere Länder, andere Sitten. Der 1993 gegründete Staat<br />

(zuvor war man ja noch Teil der Tschechoslowakei) gehört zwar<br />

seit 2004 zur EU, ist aber einer von zehn Mitgliedsländern, die an<br />

ihrer eigenen Währung festhalten. An der Grenze mussten deshalb<br />

Tschechische Kronen eingetauscht werden, um eine Autobahnvignette<br />

zu erwerben, denn Kreditkarten akzeptierte die Mautstation<br />

nicht.<br />

Es ist Nachmittag geworden; an Pilsen vorbei steuern wir die tschechische<br />

Hauptstadt an, wo wir nach mehr als 800 Kilometer<br />

erstaunlich frisch eintreffen. Downtown Prag herrscht reges Treiben.<br />

Die Seitenstrassen sind eng und oft kopfsteingepflastert, Hauptverkehrsadern<br />

dagegen breit und mehrspurig. Tempo 50 kann man<br />

mit dem 1.4 TSI lässig mit 1500 Touren im fünften Gang fahren;<br />

TECHNISCHE DATEN<br />

ŠKODA RAPID SPACEBACK 1.4 TSI<br />

Konzept Kompaktwagen mit Schrägheck und 5 Türen/Sitzplätzen.<br />

Zahnstangenlenkung mit elektrohydr. Servo, rundum Scheibenbremsen<br />

(v. belüftet). Vorn Dreieckquerlenker, h. Verbundlenkerachse. Frontantrieb<br />

Motor Vierzylinder-Benziner, 4 Ventile pro Zylinder, zwei oben liegende<br />

Nockenwellen (Kette), 5fach gel. Kurbelwelle, Direkteinspritzung, Turbolader<br />

und Ladeluftkühler, Stopp-Start-System<br />

Hubraum in cm 3 1390<br />

Bohrung x Hub in mm 76,5 x 75,6<br />

Verdichtung 10:1<br />

Leistung in PS (kW) @ U/min 122 (90) @ 5000<br />

Max. Drehmoment in Nm @ U/min 200 @ 1500–4000<br />

Kraftübertragung<br />

DKG7<br />

Abmessungen (L/B/H) in cm 430,5/170,5/146<br />

Radstand in cm 260<br />

Spur vorne/hinten in cm 145,5/149,5<br />

Reifen und Räder<br />

Tankinhalt in L 55<br />

Kofferraumvolumen in L 415<br />

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg 1150<br />

Zulässiges Gesamtgewicht in kg 1685<br />

Leistungsgewicht in kg/PS 9,4<br />

0 – 100 km/h in Sek. 9,4<br />

Höchstgeschwindigkeit in km/h 203<br />

Durchschnittsverbrauch*in L/100 km 5,5<br />

CO 2 -Emission in g/km 127<br />

Energieeffizienzkategorie<br />

Preis ab CHF 22 430.–<br />

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus<br />

185/60 R15 auf 6J<br />

D<br />

70 <strong>VECTURA</strong> #11


SOMMER <strong>2014</strong><br />

71


ZIELEINGABE<br />

der sechste ist da mit 1100/min etwas zu lang. Weil wir (und viele<br />

andere) ein Busspur-Zeichen übersehen, ist Zahltag: Die lokale<br />

Polizei hat es sich hier bereits gemütlich gemacht und kassiert in<br />

Serie ab; der Geldautomat sei übrigens gleich da drüben. Besten<br />

Dank für den Hinweis! Wenigstens sparen wir am Benzinverbrauch;<br />

im Durchschnitt werden es unter sieben Liter sein.<br />

Wir haben Hunger und suchen derweil einen bewachten Parkplatz:<br />

Autodiebstahl ist in Tschechiens Hauptstadt leider nach wie vor<br />

ein Thema – ganz besonders, wenn man etwas Teures (Oberklasse)<br />

oder Hohes (Luxus-SUV) bewegt. Mit unserem Spaceback<br />

fühlen wir uns relativ sicher, weil er im Gros des lokalen Škoda-<br />

Aufgebots nicht weiter auffällt: Rund sieben Prozent der jährlichen<br />

Produktion bleiben im Land, was etwa 60 000 Fahrzeugen entspricht.<br />

Die Markenloyalität ist sehr hoch hier; andere Fabrikate<br />

fallen regelrecht ins Auge.<br />

Das Nationalgericht Gulasch mit Nocken (Knödeln) und Kraut<br />

schmeckte vorzüglich: Mit deutlich schlechterem Leistungsgewicht<br />

nehmen wir die letzten Kilometer nach Mladá Boleslav in<br />

Angriff, wo wir bei Einbruch der Dunkelheit eintreffen, uns noch<br />

kurz die Altstadt ansehen – und auf den morgigen Besuch im<br />

Škoda-Museum freuen!<br />

Mehr zum Thema<br />

72 <strong>VECTURA</strong> #11


FUNCTIONALITY IS PART<br />

OF OUR FAMILY.<br />

SWISS CHAMP<br />

TIMEPIECES<br />

TRAVEL GEAR<br />

FASHION<br />

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AHNENGALERIE<br />

IM GEISTE DER GRÜNDUNGSVÄTER<br />

NICHT ÜBERKANDIDELT, SONDERN EHER SACHLICH-NÜCHTERN, DEN-<br />

NOCH EDEL UND INNOVATIV MIT VIEL AUFMERKSAMKEIT FÜR DETAILS:<br />

WAS AUF ŠKODA-MODELLE ZUTRIFFT, GILT AUCH FÜR DAS MUSEUM DER<br />

MARKE. 2012 WURDE ES RENOVIERT UND NEU ERÖFFNET<br />

Text Matthias Pfannmüller, Maximilian Flohr · Fotos Ian G.C. White, map<br />

Schräg gegenüber vom Haupteingang des modernisierten<br />

Altbaus ragen Wohnsilos in die Höhe. Das macht die Třída<br />

Václava Klementa genannte Hauptverkehrsstrasse zwischen<br />

den Gebäuden architektonisch und historisch zur Schnittstelle<br />

einer Stadt, die sich nach 1945 in Richtung Plattenbau<br />

entwickelt hat. Wie damals lebt Mladá Boleslav heute vom Automobilbau;<br />

er beschäftigt gut die Hälfte der rund 50 000 Einwohner<br />

– willkommen in Škodatown! Folglich kann auch das<br />

«Škoda Muzeum» nur hier angesiedelt sein.<br />

Mit Ersteröffnung im Jahr 1995 ist es zwar noch relativ jung, war<br />

aber vom Konzept und den Räumlichkeiten her schon bald nicht<br />

mehr repräsentativ genug. Also hat man es als «aktives Museum»<br />

neu erdacht und 2012 neu eröffnet. Die Räumlichkeiten und das<br />

angeschlossene Auditorium für über 500 Personen sind dabei<br />

nicht nur motorischen Themen vorbehalten. In Hausnummer 294<br />

finden regelmässig auch Kunst- und Kulturveranstaltungen statt<br />

– Tschechen sind musische Menschen. Natürlich spielt das Automobil<br />

die erste Geige, hier, im ersten 1898 von «Laurin & Klement»<br />

bezogenen Gebäudekomplex, in dem bis 1926 Autos hergestellt<br />

wurden und der inzwischen jährlich eine Viertelmillion Besucher<br />

anzieht. Und dies obwohl – wie es sich für Škoda gehört – das<br />

Museum keine abgehobene Angelegenheit ist, die dem Alltag entrückt<br />

in künstlichen Welten zelebriert wird. Die Fahrzeugsammlung<br />

beginnt gleich hinter dem ebenso schlichten wie appetitlich gemachten<br />

Café-Restaurant «Václav» im Erdgeschoss – es ist eine<br />

Schau von verblüffender Normalität, ohne Absperrungskordeln<br />

oder übertriebene Indizien der Selbstbeweihräucherung. Grosse<br />

Glasflächen Richtung Trottoir schaffen Transparenz: Draussen laufen<br />

Fussgänger vorbei, ein Bus hält an, Pendler stehen im Stopand-go<br />

– das aktuelle Verkehrsgeschehen wird nicht ausgesperrt,<br />

sondern ist Teil der Darbietung.<br />

74 <strong>VECTURA</strong> #11


Die Museumsmacher haben Wert auf klare Strukturen und eine<br />

hell-freundliche Gestaltung gelegt: Die intelligent verteilten Möbel<br />

oder Vitrinen kommen ohne Designerlabel aus, sind aber funktionell<br />

und robust ausgeführt. Hier zählen keine Verpackungen, sondern<br />

deren Inhalte. Zur leichteren Orientierung wurde das 1800<br />

Quadratmeter grosse Areal in drei Zonen unterteilt: Der Bereich<br />

«Tradition» wird von mehreren Auto-Paaren repräsentiert, die thematisch<br />

ausgewählt und regelmässig ausgetauscht werden. Ausgesuchte<br />

Exponate, die in gläsernen Vitrinen liegen, erläutern den<br />

technischen Anspruch des Hauses.<br />

In der zweiten, zentralen Abteilung «Evolution» geht es um den<br />

Fortschritt automobiler Fortbewegung: Die beginnt nicht mit dem<br />

allerersten Voituretta A von 1906, sondern Fahr-, Motor- und Dreirädern<br />

– beeindruckende Konstruktionen, die den vom Museum<br />

proklamierten «Mut zur Veränderung» sichtbar machen. Erst dann<br />

folgen in chronologischer Reihenfolge die Škoda-Klassiker 110,<br />

Popular, Superb, Rapid, 11<strong>02</strong>, Octavia oder Favorit; insgesamt werden<br />

immer um die 45 Fahrzeuge präsentiert. Spektakulär ist ein<br />

Hochregal, in dessen vier Etagen allein 20 Autos gestapelt sind –<br />

die oberen leider nur schlecht einsehbar. Sonst ist alles gut;<br />

interaktive Monitore liefern reichlich Zusatzinformationen. Audio-<br />

Geräte mit verschiedenen Sprachen sind selbstverständlich auch<br />

verfügbar und Gruppenführungen ebenso; Kinder können die<br />

Funktionsweise eines Verbrennungsmotors anhand mechanischer<br />

Bedientafeln spielerisch nachvollziehen lernen.<br />

Die interne Restaurierungsabteilung<br />

wird seit 17 Jahren von einer<br />

ausgebildeten Archäologin geleitet<br />

Abschliessend wäre da noch die dritte Abteilung; sie heisst «Präzision»<br />

und beinhaltet beispielsweise die historische Werkstatt:<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

75


AHNENFORSCHUNG<br />

Passion und Fusion<br />

Wie die meisten Fahrausweisbesitzer heute wissen dürften,<br />

gehört Škoda zur Volkswagen-Gruppe. Viele staunen hingegen,<br />

wenn sie erfahren, dass Škoda einer der ältesten produzierenden<br />

Automobilhersteller der Welt ist: Seit 1895 wurden<br />

am tschechischen Stammsitz in Mladá Boleslav verschiedenste<br />

Fahrzeuge gebaut.<br />

Der Erfolg hat mehrere Väter. Da wären zum einen der Mechaniker<br />

Václav Laurin und der Buchverkäufer Václav Klement, die<br />

Ende 1895 in Mladá Boleslav gemeinsam die Firma «Laurin &<br />

Klement» gründeten. Als begeisterte Fahrradfahrer produzierten<br />

sie jetzt Räder unter dem Modellnamen «Slavia» nach ihren<br />

Vorstellungen und taten das sehr erfolgreich: Schon 1899 war<br />

«L&K» der national grösste Velo-Produzent und begann im<br />

Wären auch heute stolz: Václav Klement und Václav Laurin<br />

gleichen Jahr mit dem Bau von Motorrädern, die bereits einen<br />

um den Antrieb herum konstruierten Rahmen aufwiesen. Es<br />

kam, wie es kommen musste – 1906 ging das erste Automobil<br />

in Produktion, 1907 wurde eine AG gegründet, erste Vierund<br />

Achtzylinder erschienen. In den nun folgenden Jahren<br />

zeigte sich, dass L&K-Autos meist besser waren als ihre Wettbewerber:<br />

Sie gewannen viele Rennen und neue Kunden. 1912<br />

übernahm man den Konkurrenten RAF und begann mit der<br />

Lizenzproduktion von Knight-Schiebermotoren. Anfang der<br />

20er-Jahre wurden Mittelklassemodelle und – auf Wunsch der<br />

Regierung – Flugzeugmotoren entwickelt.<br />

1925 ging L&K zur Stärkung der Marktposition eine Allianz mit<br />

dem Škoda-Konzern aus Pilsen ein, der bereits 1859 von Ernst<br />

Graf von Waldstein gegründet worden war und zunächst Fertigungswerkzeuge<br />

und -einrichtungen für Zuckerfabriken,<br />

Brauereien, Eisenbahnen oder Bergwerke hergestellt hatte.<br />

Mitte 1869 vom Ingenieur Emil von Škoda aufgekauft und umbenannt,<br />

konzentrierte sich die Unternehmung nach der Jahrhundertwende<br />

auf die Herstellung von Rüstungsgütern. Nach<br />

dem Ersten Weltkrieg musste sich Škoda neu orientieren, setzte<br />

dabei auf das Automobil und ersuchte den spanischschweizerischen<br />

Luxusautohersteller Hispano Suiza um die<br />

Erlaubnis, dessen teure Wagen in Lizenz herstellen zu dürfen.<br />

Eine langfristige Perspektive war das aber nicht; erst die Fusion<br />

mit L&K brachte beide Partner wieder auf die Erfolgsspur.<br />

Die Škoda-Autoproduktion wurde im Jahre 1930 als selbstständige<br />

Aktiengesellschaft (ASAP) aus dem Konzern ausgegliedert.<br />

Škoda Auto führte 1933 mit der Baureihe 420 Standard<br />

einen Zentralrohrrahmen ein; ein Jahr später folgten in<br />

den Modellen Popular, Rapid und Superb erste OHV-Motoren<br />

– es waren feine technische Zutaten und allgemein bedeutende<br />

Fortschritte im Automobilbau, die den Ruf des Hauses festigten,<br />

zu den modernsten Herstellern Europas zu gehören.<br />

Auch im Motorsport fuhr man ganz vorne mit; 1936 holte<br />

Škoda mit dem Popular Sport MC bei der Rallye Monte Carlo<br />

den zweiten Platz (auf einen Klassensieg musste man noch<br />

über vier Jahrzehnte warten); danach siegte die Baureihe bei<br />

diversen Rallyes in aller Welt, noch später sollte Škoda zudem<br />

viele osteuropäische Serien dominieren – und dem Rennsport<br />

auch langfristig treu bleiben.<br />

Während des Zweiten Weltkriegs ruhte die von Innovationen<br />

geprägte Entwicklung – Škoda musste wieder Rüstungsgüter,<br />

aber auch Geländewagen oder Schwertransporter für das<br />

deutsche Militär produzieren. Das zivile Fahrzeugprogramm<br />

kam so fast vollständig zum Erliegen. Nach 1945 bestimmte<br />

dann die kommunistische Partei – und verstaatlichte auch<br />

Škoda. Planwirtschaft hiess Mangelwirtschaft, doch das Unternehmen<br />

nahm schnell wieder die Produktion auf und fand<br />

stets Mittel und Wege, bessere Modelle zu bauen als alle anderen<br />

sozialistischen Automarken. Bereits in den 1950er-Jahren<br />

lancierten die Tschechen neue Kompakt- und Mittelklassemodelle<br />

und entwickelten parallel eine neue Baureihe mit<br />

Heckmotor und -antrieb. Die sollte allerdings erst 1964 in Form<br />

des 1000 MB in Serie gehen (siehe S. 080ff.); seiner Kraftübertragungskonfiguration<br />

blieb Škoda noch bis 1987 treu. Der<br />

folgende und von Bertone entworfene, frontgetriebene Fünftürer<br />

Favorit markiert schliesslich den neuzeitlichen Wendepunkt<br />

der Markengeschichte, auch politisch. Denn nach dem<br />

Zusammenbruch des Kommunismus suchte Škoda einen<br />

starken Partner – und fand ihn schliesslich in Volkswagen. Am<br />

16. April 1991 wurde das traditionsreiche Haus als vierte Marke<br />

in den VW-Konzern integriert und heisst seither « Škoda<br />

automobilova a.s.». Neue Einspritzsysteme und geregelte Katalysatoren<br />

folgten prompt; seit 1992 agiert die AMAG als<br />

Schweizer Importeur.<br />

Die folgenden Škoda-Jahre waren von Auf- und Ausbau geprägt.<br />

Nachdem man 1993 privatisiert und das sehr erfolgreiche<br />

Modell-Duo Favorit/Forman aus Anspruchs- und Styling-<br />

Gründen bereits 1994 durch den Felicia ersetzt hatte, erfolgte<br />

am 14. Februar 1995 die Grundsteinlegung für ein komplett<br />

neues Werk am Firmenhauptsitz Mladá Boleslav. Die neu lancierten<br />

Autos trafen den Geschmack einer preisbewussten<br />

Kundschaft: Im April 1996 produzierte man bereits das einmillionste<br />

Fahrzeug unter VW-Regie; 1998 wurden erstmals über<br />

400 000 Fahrzeuge hergestellt. Auch Motoren und Getriebe<br />

stammen weitgehend aus eigener Produktion. Der 2009 eingeführte<br />

Kompakt-SUV Yeti erobert weitere Marktanteile;<br />

Škoda beschäftigt heute weltweit 29 000 Mitarbeiter und verfügt<br />

über Produktionsstätten in Tschechien, Russland, der Ukraine,<br />

Kasachstan, Bosnien-Herzegowina, Indien und China.<br />

Die Marke ist in über 100 Ländern präsent und Autofahrern<br />

weltweit ein Begriff; 2013 markiert mit knapp 940 000 Fahrzeugen<br />

aus sieben Baureihen erneut ein Rekordergebnis. mf<br />

76 <strong>VECTURA</strong> #11


Besucher finden hier Fahrzeuge in unterschiedlichsten Zuständen<br />

vor und können die einzelnen Schritte einer Restaurierung live<br />

miterleben. Škoda unterhält dazu eine eigene Abteilung, die seit<br />

17 Jahren von einer ausgebildeten Archäologin geleitet wird: Für<br />

Eva Ticová ist es trotz allem Pragmatismus ein Traumjob mit Ambitionen.<br />

Zwar verneint sie die Frage, ob sie selbst Oldtimer besitze,<br />

«aber ich hätte gerne einen ganz alten aus den 1910er-Jahren.»<br />

Das ist doch die richtige Einstellung!<br />

Herzstück des Museums (um nicht zu sagen des gesamten Unternehmens)<br />

ist freilich die Škoda-Auto-Dokumentation. Sie ist das<br />

Reich von Chef-Archivar Lucáš Nachtmann, der sämtliche<br />

400 Schubladen und Regale kennt, die zusammen über einen<br />

Kilometer lang sind. Mahr als eine Million Zeichnungen lagern hier,<br />

dazu Fotos, Dokumente, Akten. Abgesehen von den jeweils letzten<br />

30 Jahren, die aus Patent- und Geheimnisgründen nicht veröffentlicht<br />

werden dürfen, ist alles einsehbar – man muss sich nur<br />

online anmelden (archiv@skoda-auto.cz) und erhält dann einen<br />

Termin. «Das Archiv wurde bereits in den 1950er-Jahren angelegt<br />

und ist weitgehend komplett; dazu kommen eigene Dokumentationen<br />

der Auslands-Dependancen», erklärt Nachtmann, der bei<br />

der Archivpflege von zwei Kollegen und einem externen Mitarbeiter<br />

unterstützt wird: «Dass wir so gut sortiert sind, ist auch dem<br />

1951 erlassenen Archivgesetz zu verdanken, das in allen sozialistischen<br />

Ländern angewandt worden ist. Es verpflichtete Unternehmen<br />

dazu, relevante Unterlagen aufzubewahren – sicher auch aus<br />

Gründen der Tradition und des Nationalstolzes. 2004 wurde die<br />

Verfügung aufgehoben; seither archivieren wir praktisch freiwillig.»<br />

Nachtmann schmunzelt.<br />

Zum Schluss gewährt er uns noch den Zugang in die geschlossene<br />

Abteilung, wo vieles parkt, was aktuell nicht ausgestellt werden<br />

kann – oder dazu erst noch aufbereitet werden will. Oldtimer<br />

aller Epochen stehen dicht gedrängt neben Rennwagen, Prototypen<br />

oder solchen Unikaten, die irgendwann einmal auf einem Salon<br />

präsentiert wurden. Es ist eine Schatzkammer voller Ideen und<br />

Visionen, die aber alle eine gewisse Ernsthaftigkeit aufweisen: Mit<br />

realitätsfernen Fantasien hat Škoda nie wirklich etwas zu tun gehabt.<br />

Der Beachbuggy-Prototyp 736 aus dem Jahr 1975 darf da<br />

schon als Verrücktheit gelten, obwohl er offiziell auch als Behörden-<br />

und Flughafenfahrzeug angedacht worden war.<br />

Nun ist es ein ziemlicher Ritt mit dem Auto aus der Schweiz bis<br />

60 Kilometer nordöstlich von Prag, das wissen wir bereits. Und so<br />

wird wohl kaum jemand mal eben losfahren, um das Škoda-<br />

Museum zu besuchen. Indes, es würde sich lohnen, und sei es<br />

schon wegen dem schmackhaften wie reichhaltigen Rindsgulasch<br />

mit dunklem Bier, das meist mittwochs im «Václav» für ebenso<br />

sagenhafte 129 Kronen (das entspricht 5,70 Franken) serviert wird.<br />

Aber es könnte ja sein, dass man mal aus anderen, noch wichtigeren<br />

Gründen vorbeikommen muss. Und spätestens dann gibt<br />

es keine Entschuldigung mehr.<br />

In seinem Element: Škoda-Archivar Lucáš Nachtmann<br />

Tř. Václava Klementa 294, 29301 Mladá Boleslav, Tschechien. Täglich von<br />

9–17 Uhr ausser Weihnachten und Neujahr. Eintritt CZK 70 (3,10 Franken),<br />

Museumstour in allen Sprachen CZK 130, inklusive Fabrik CZK 200, diverse<br />

Ermässigungen. muzeum.skoda-auto.cz


Formel Škoda: Mit diesem aus Grossserienteilen<br />

gebauten F3 wurde Václav Bobek jr.<br />

tschechischer Meister der Rennsaison 1972<br />

78 <strong>VECTURA</strong> #11


AHNENFORSCHUNG<br />

Serien- und Vorserienautos, Unikate,<br />

Prototypen, Sport-, Renn- und sogar<br />

Geländewagen: Dicht geparkt stehen<br />

im separaten Škoda-Fundus weit<br />

über 100 Jahre Mobilitätsgeschichte<br />

Mehr zum Thema<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

79


RÜCKSPIEGEL<br />

EIN PAAR RUNDEN<br />

UM DEN OSTBLOCK<br />

DER ŠKODA 1000 MBX STAND EINST<br />

FÜR REAL EXISTIERENDEN LUXUS –<br />

UND DEN ZU BEWEGEN IST<br />

HEUTE NOCH EIN ERLEBNIS<br />

Text Simon Baumann, sd · Fotos Ian G.C. White<br />

80 <strong>VECTURA</strong> #11


SOMMER <strong>2014</strong><br />

81


Die nur 2517 Mal gebaute zweitürige Variante<br />

steht bei Sammlern heute besonders hoch im Kurs –<br />

vor allem in der noch selteneren 1,1-Liter-Version<br />

82 <strong>VECTURA</strong> #11


RÜCKSPIEGEL<br />

Die Geschichte ist ebenso einfach wie unterhaltsam: Der<br />

junge Hirnchirurg Tomáš, dargestellt vom Schauspieler<br />

Daniel Day-Lewis, ist ein Frauenheld. Und wo immer er<br />

mit seinem hellblauen Škoda 100 auftaucht, wartet ein amouröses<br />

Abenteuer auf ihn. Wer jedoch das 1988 nach einem Roman<br />

des tschechisch-französischen Schriftstellers Milan Kundera entstandene<br />

Kino-Melodram «Die unerträgliche Leichtigkeit des<br />

Seins» gesehen hat und sich mit Autos auskennt, glaubt sich im<br />

falschen Film. Denn als dessen Handlung vor dem Prager Frühling<br />

1968 beginnt, gab es das Heldenauto mit seiner modernen<br />

Karosserie noch gar nicht – es kam erst Ende 1969 auf den<br />

Markt. Die zeitgeschichtlich korrekte, 1964 lancierte Vorgänger-<br />

Baureihe 1000 MB wurde also um einen weltweit beachteten<br />

Hollywood-Auftritt betrogen, doch sei es den Machern dieses<br />

bezaubernden Liebesfilms verziehen. Denn davon abgesehen ist<br />

alles authentisch im Kino, sind Stimmung und Zeitkolorit hervorragend<br />

eingefangen und wiedergegeben.<br />

Dieses Jahr feiert der 1000 MB also 50sten Geburtstag. Als man<br />

uns im Museum vor die Wahl stellt, ist klar, was wir fahren möchten<br />

– den richtigen Wagen für Hirnchirurgen. Das ist mehr als eine<br />

Anspielung auf den besagten Film: Škoda, das waren im real existierenden<br />

Sozialismus die Autos für Akademiker – das Beste, was<br />

der Warschauer Pakt in Grossserie zu bieten hatte. Es ist auch<br />

nicht übertrieben, dieses Auto zu den modernsten seiner Epoche<br />

zu zählen. Als Octavia-Nachfolger unter der internen Abkürzung<br />

NOV (Nový osobní vůz = neuer Personenwagen) und erstes Markenmodell<br />

mit selbsttragender Karosserie, Einzelradaufhängungen<br />

rundum, Heckmotor und Heckantrieb entwickelt, markiert der<br />

1000 MB – seine Modellbezeichnung steht für den Hubraum und<br />

Mladá Boleslav – einen wichtigen Wendepunkt in der heute knapp<br />

120-jährigen Unternehmensgeschichte. Der geräumige Viertürer<br />

fuhr seinerzeit direkt an die Spitze der Einliterklasse und setzte<br />

Massstäbe in Sachen Leistung, Technik und Komfort.<br />

Der hinter der Hinterachse liegende, wassergekühlte und hochmoderne<br />

OHV-Vierzylindermotor leistete zunächst 35 DIN-PS; ab<br />

1968 waren es dann 45. Das genügte, um den leer nur 755 Kilo<br />

wiegenden Wagen auf maximal 120 und später 130 km/h zu beschleunigen;<br />

der Durchschnittsverbrauch betrug moderate sieben<br />

bis acht Liter. Fertigungstechnisch setzte Škoda als erster europäischer<br />

Autohersteller überhaupt auf einen Zylinderblock, der im<br />

Aluminiumdruckgussverfahren entstand. Auch der Viergang-Getriebekasten<br />

wurde nach diesem Prinzip angefertigt, weil das deutlich<br />

kürzere Produktionszeiten ermöglichte. Vor dem Serienanlauf<br />

unterzog man den 1000 MB umfangreichen Härtetests; 50 Vorserienexemplare<br />

legten 1962 zusammen 1,6 Millionen Kilometer zurück<br />

– inklusive russischer Minusgrade oder Hitze- und Staubfahrten<br />

auf kaukasischen Bergstrecken.<br />

Und das Auto konnte noch mehr: Es verkörperte die hohe Ingenieurskunst<br />

des tschechischen Automobilbaus und wurde ab April<br />

1964 in einem komplett neuen Werk hergestellt, das man in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft zu den bestehenden Fabriken errichtet<br />

hatte. Die neue Produktionsstätte umfasste modernste Anlagen<br />

in über 40 Hallen plus Nebengebäuden. Auf dem 80 Hektar grossen<br />

Areal wurden insgesamt 13 Kilometer neue Strassen gebaut,<br />

zehn Kilometer Bahngleise neu verlegt und ein neuer Rangier-<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

83


84 <strong>VECTURA</strong> #11<br />

RÜCKSPIEGEL


SOMMER <strong>2014</strong><br />

85


RÜCKSPIEGEL<br />

bahnhof errichtet. Zusätzlich verfügte das neue Werk über eigene<br />

Hüttenbetriebe. Und der betriebene Aufwand sollte sich auszahlen,<br />

denn die Baureihe 1000 MB wurde zum Verkaufsschlager –<br />

nicht nur national und bei den Bruderstaaten, sondern auch im<br />

Westen, wo man die innovative Konstruktion mit Erstaunen zur<br />

Kenntnis nahm. «Nach dem Verbrennungsrauminhalt zählt der<br />

Škoda 1000 MB zu den Kleinwagen, in seinem Komfort und der<br />

Leistung jedoch reicht er nahezu an einen Mittelklassewagen heran»,<br />

schrieb «Die Zeit» Ende 1966.<br />

Genau in jenem Jahr hatte sich zur Limousine bereits der elegantere<br />

Zweitürer 1000 MBX gesellt, den auch wir bewegen dürfen;<br />

bei Sammlern steht diese rund 2500-mal gebaute Version heute<br />

besonders hoch im Kurs. Die weit entwickelte Kombi-Variante oder<br />

ein Cabrio wurden jedoch nie hergestellt; stattdessen gab es 1968<br />

eine Hubraumerhöhung auf 1100 Kubik, von der auch das Exemplar<br />

auf diesen Seiten profitiert; es stammt aus dem letzten Baujahr.<br />

Bis August 1969 verliessen insgesamt über 440 000 Einheiten<br />

der MB-Serie das Werk; mehr als die Hälfte davon ging in den<br />

Export – sogar nach Neuseeland und Australien. Heute zählt das<br />

Stufenheckmodell mit seinem langlebigen Motor, der übrigens nur<br />

geringfügig modifiziert bis in die 1990er-Jahre verbaut wurde, zu<br />

den beliebtesten Klassikern der tschechischen Marke. Gut erhaltene<br />

Limousinen kosten ab etwa 5000 Franken aufwärts; interessanterweise<br />

sind sie in Tschechien teurer als im Westen.<br />

Auch stilistisch war der 1000 MB modern: Seine Panorama-Heckscheibe<br />

bietet heute noch eine überragende Rundumsicht. Dazu<br />

gesellten sich weitere Details, die von der Hingabe ihrer Konstrukteure<br />

kündeten. Im rechten vorderen Kotflügel befand sich beispielsweise<br />

der Tankeinfüllstutzen – dezent verborgen unter einem<br />

klappbaren Škoda-Emblem. Mit seinen kompakten Abmessungen<br />

(417 cm lang, 162 breit und 139 hoch) bot der Wagen Platz und<br />

Komfort für die ganze Familie. Die Funktionalität überzeugt bis<br />

heute: Die Vordersitze können einzeln umgeklappt oder in Liegestellung<br />

gebracht werden. Unter dem 220 Liter fassenden Kofferraum<br />

im Bug befindet sich ein Schubfach, in dem das vollwertige<br />

Reserverad liegt. Vorteil: Bei einem eventuellen Reifenwechsel am<br />

Strassenrand muss nicht erst das Gepäck ausgeladen werden.<br />

Ein MB-Baumuster zu fahren, ist eindrücklich. Alles, was man dabei<br />

anfasst, ist zierlich und doch solide; selbst die verwendeten<br />

Kunststoffe wirken wertig. Merke: Westliche Produkte waren damals<br />

nicht besser als dieser Škoda. Seine Handhabung ist eine<br />

streng mechanische, und so gehen wir auf Zeitreise – weg von<br />

den der Strasse entrückten, in Watte gepackten «Erlebnissen»<br />

neuzeitlicher Modelle und zurück in eine analoge Epoche, in der<br />

die Klimaanlage noch ein Kippfenster, Geschwindigkeit relativ und<br />

gegenseitiger Respekt das wichtigste Sicherheitszubehör gewesen<br />

ist. Und obwohl der 1100er unterm Bleifuss durchaus sportive<br />

Züge zeigt, ist der aktuelle Rapid gegen ihn ein Flugzeug – mit<br />

Flüsterantrieb, denn die Geräuschkulisse der 1960er-Jahre ist um<br />

einiges lauter und vielschichtiger. Aber auch schön. Um eine Erfahrung<br />

reicher geben wir den knisternden MBX am Museum ab<br />

und verlassen Mladá Boleslav Richtung Heimat. Vor uns liegen<br />

knapp 900 Kilometer – ein Klacks für den blauen Spaceback.<br />

Mehr zum Thema<br />

86 <strong>VECTURA</strong> #11


SOMMER <strong>2014</strong><br />

87


88 <strong>VECTURA</strong> #11<br />

FAHRTERMIN


IM AUFTRAG DER FREIHEIT<br />

WENN EIN MARKENNAME ZUM GATTUNGSBEGRIFF WIRD, DARF<br />

MAN VON ERFOLG SPRECHEN. UND DAS US-LABEL JEEP HAT ALLES,<br />

WAS MAN VON EINEM GELÄNDEWAGENHERSTELLER ERWARTEN<br />

DARF. TROTZ PEDIGREE UND KNOW-HOW MUSSTEN DIE AMERIKA-<br />

NER MEHRMALS UNTEN DURCH, DOCH JETZT BAHNT SICH AUSGE-<br />

RECHNET UNTER FIAT-REGIE EIN REVIVAL AN. UND DEM NEUEN<br />

CHEROKEE FÄLLT DABEI DIE HAUPTROLLE ZU<br />

Text Matthias Pfannmüller, hh · Fotos map, Werk<br />

Vorab Entschuldigung für die Bilder mit verstaubtem<br />

Fahrzeug: Wir sind in Dubai, und wenn der Schamal-<br />

Wind weht, dann sehen Autos hier nun mal so aus – vor<br />

allem, wenn sie nicht weiss lackiert sind oder gold (ist derzeit<br />

wieder schwer im Kommen). Davon abgesehen ist die Umgebung<br />

sehr authentisch für eine Marke, die einst entstand, um Europa<br />

zu befreien. Und dabei gar keine zivile Automobilproduktion im<br />

Sinn hatte…<br />

Doch der Reihe nach. 1938 stellte man in den USA erste Überlegungen<br />

in Richtung eines neuen, leichten Allroundfahrzeugs für<br />

militärische Zwecke an. Die aus der American Austin Car Company<br />

hervorgegangene, 1935 neu gegründete Kleinwagenmarke<br />

American Bantam aus Butler / Pennsylvania präsentierte damals<br />

einen Prototyp mit robuster 4x4-Technik, kurzem Radstand und<br />

offenem Aufbau. Die Generäle waren von dessen Offroad-Fähigkeiten<br />

angetan, hatten aber weder einen konkreten Verwendungszweck<br />

noch das Budget für den vierrädrigen Rekruten. Das jedoch<br />

veränderte sich mit zunehmender Absehbarkeit eines Kriegseintritts<br />

der Vereinigten Staaten, der im Dezember 1941 tatsächlich<br />

erfolgen sollte: Der Ausschreibung für ein entsprechendes Grossserienfahrzeug<br />

ein Jahr zuvor folgten mehrere Hersteller, unten<br />

ihnen wieder Bantam, aber auch die Ford Motor Company und<br />

Willys-Overland. Den Zuschlag erhielt letztlich Willys – zur Enttäuschung<br />

von Bantam, dessen Entwurf BRC (Bantam Reconnaissance<br />

Car = Aufklärungswagen) heute als Blaupause des anschliessend<br />

gebauten Fahrzeugs Willys MB gilt (MB steht für die<br />

Weiterentwicklung des MA genannten Prototyps). Und weil die<br />

Armee so viele Geländewagen wie möglich benötigte, stieg auch<br />

Ford als Lizenznehmer ein – und baute das Modell als GPW<br />

(g = governmental, p = 80 Inch Radstand und w für Willys-Design)<br />

nahezu identisch auf eigenen Bändern. Zwischen 1941 und<br />

Kriegsende entstanden insgesamt knapp 648 000 Exemplare;<br />

lediglich 2600 davon kamen von Bantam.<br />

So viel zu den Ursprüngen der Marke Jeep, deren Name erst 1950<br />

geschützt wurde und dabei selbst eine interessante Geschichte<br />

hat – könnte er doch auf «GP» («Tschie-Pie», kurz «Jeep»<br />

Spurensuche: Willys-Prototyp Jahrgang 1940 (oben), darunter der<br />

Serien-Willys Typ MB (1942–45)<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

89


ausgesprochen) zurückgehen, was für «General Purpose» steht<br />

(für jeden Verwendungszweck). Die Armee hat das Kürzel aber nie<br />

verwendet; in einer zweiten Theorie wird für die Bezeichnung deshalb<br />

eine zeitgenössische Popeye-Comicfigur namens Eugene the<br />

Jeep verantwortlich gemacht, die Wände hinauflaufen konnte. So<br />

hatte das Auto schnell seinen Spitznamen weg – diese Vermutung<br />

gilt heute als die wahrscheinlichere. Und der auf das Wesentlichste<br />

reduzierte 4x4 schlug sich wacker durch den Weltkrieg: Die von<br />

den Alliierten in Europa zurückgelassenen Exemplare versehen<br />

heute noch klaglos ihren Dienst und werden von ihren Besitzern<br />

sehr geschätzt – auch in der Schweiz.<br />

Nach dem Krieg setzte Willys die Produktion fort, nachdem es<br />

zahlreiche zivile Anfragen gegeben hatte; nicht wenige kamen aus<br />

der Landwirtschaft. Parallel entstand in England ein Fahrzeug, das<br />

ebenfalls für Farmer konzipiert wurde und sich auch zur Allrad-<br />

Ikone entwickeln sollte: der Land Rover. Dessen erster Prototyp<br />

von 1947 basierte auf dem Fahrgestell eines Willys Jeep, weshalb<br />

auch die Radstände identisch waren. Doch zurück in die USA, wo<br />

der nun CJ-2A (für «Civilian Jeep») genannte Planwagen rasch an<br />

Fahrt aufnahm. Ein zweites, Wagon genanntes Modell mit Kombiartigem<br />

Aufbau (heute würde man SUV sagen) folgt 1946; es wurde<br />

fast zwanzig Jahre lang angeboten und war der direkte Vorläufer<br />

des ab 1963 produzierten Wagoneer. Den ersten Cherokee<br />

gab es dann 1974 und damit vor 40 Jahren als Alternative zum<br />

Chevrolet Blazer oder Ford Bronco: Ähnlich konzipiert wie der<br />

Wagoneer, aber etwas kompakter und günstiger, entwickelte sich<br />

die nach dem grössten nordamerikanischen Indianerstamm benannte<br />

Baureihe rasch zu einem Erfolgsmodell, das sich ab 1984<br />

in die beiden Baureihen Cherokee und Grand Cherokee aufteilte.<br />

Als Millionseller ist der Cherokee zwar bis heute populär, aber er<br />

hatte bereits in den späten 1990er-Jahren an Drive verloren – optisch,<br />

technisch und damit auch stückzahlmässig. Dazu kamen<br />

mehrere Besitzerwechsel, was eine homogene Weiterentwicklung<br />

zusätzlich erschwert haben dürfte. Bereits 1953 war Willys an<br />

Kaiser verkauft worden, wo man sich nun Willys Motor Company<br />

nannte und ab 1955 nur noch Geländewagen Marke Jeep produzierte.<br />

1963 änderte auch das Unternehmen die Bezeichnung,<br />

hiess fortan Kaiser Jeep Corporation – und wurde 1970 an AMC<br />

(American Motors Corporation) verkauft. Doch dort entstanden<br />

bald finanzielle Schwierigkeiten, die 1987 zur Komplettübernahme<br />

durch die Chrysler Corporation führte. Sie wiederum wurde 1998<br />

von Daimler geschluckt, was den Deutschen nicht bekam. Der<br />

Rest ist bekannt: Übernahmekandidat Chrysler ging 2009 eine<br />

Kooperation mit Fiat ein; Anfang <strong>2014</strong> übernahmen die Italiener<br />

dann 100 Prozent und gründeten eine Holding mit Sitz in Holland,<br />

die FCA (Fiat Chrysler Automobiles).<br />

Puh. Trotz dieser Odyssee gehört die Marke Jeep heute sicher zu<br />

den wertvolleren im Konzernportfolio, und kommende Baureihen<br />

zeigen, dass man sich dessen auch bewusst ist. Das war nicht<br />

immer so; in Daimler-Tagen schien es, als wüssten die damals<br />

Verantwortlichen mit den vier Buchstaben nicht allzu viel anzufangen.<br />

Dabei wurden sie längst und international als Gattungsbegriff<br />

synonym auch für andere Geländewagenmarken gebraucht – eine<br />

bessere Werbung gibt es kaum. Darauf schien man sich auszuruhen;<br />

die letzten zehn Jahre kam wenig Bemerkenswertes aus der<br />

Entwicklungsabteilung: Jeep-Baureihen wirkten lustlos und<br />

luschig zusammengebaut. Was sie noch mit ihren Ahnen einte,<br />

waren allein die sieben vertikalen Schlitze in der Kühlermaske. Eine<br />

90 <strong>VECTURA</strong> #11


FAHRTERMIN<br />

Weil Sand die Königsdisziplin des Offroading ist,<br />

darf gesagt werden: gut gemacht, Jeep!<br />

weltweit geführte CO2-Diskussion und das damit verbundene<br />

höhere Verbrauchsbewusstsein potentieller Kunden machten dem<br />

Allrad-Urgestein zusätzlich zu schaffen.<br />

So weit der Ausflug in die verwinkelte Jeep-Historie, während<br />

wir uns einen Weg durch arabische Dünen bahnen. Sand stellt für<br />

die jüngste, nunmehr fünfte Cherokee-Generation (interner Modellcode:<br />

KL) kein grosses Problem dar: einfach Reifendruck reduzieren,<br />

den Fahrprogrammregler auf Sand drehen, losfahren,<br />

danach nicht mehr vom Gas gehen – klappt wunderbar! Und weil<br />

Sand die Königsdisziplin des Offroading ist, darf gesagt werden:<br />

gut gemacht, Jeep! Der Cherokee <strong>2014</strong> sieht aus wie ein Softroader<br />

für den Asphaltbetrieb und fühlt sich auch so an, kann<br />

aber – quasi nebenbei – auch richtig Gelände, wenn es denn sein<br />

muss. Als einzige Einschränkungen wären die relativ geringe Bodenfreiheit<br />

und begrenzte Achsverschränkung der Einzelradaufhängungen<br />

zu nennen, doch dann sprechen wir von Situationen,<br />

denen normale Cherokee-Besitzer praktisch nie begegnen. Die<br />

technische Basis liefert eine CUSW-Plattform (Compact U.S.<br />

Wide), die von der des Alfa Romeo Giulietta abstammt. Unglaublich,<br />

aber wahr. Und für die viel gerühmte Berghütte reicht das<br />

Kraxel-Talent allemal. Während die Markteinführung in den USA,<br />

wo die Baureihe zuletzt Liberty genannt wurde, bereits Ende letzten<br />

Jahres erfolgte, gibt es den Grossstadt-Indianer nach drei<br />

Jahren Abstinenz jetzt auch wieder bei uns.<br />

Konzept und Konstruktion des Cherokee sagen viel über dieses<br />

neue Auto aus. Denn dass es anders ist als seine Vorgänger, demonstriert<br />

der Fünftürer bereits optisch mit einer maskulinen Charakterschnauze:<br />

Statt traditionell gross-runden Glubschaugen gibt<br />

es vorne jetzt schmale Sehschlitze, verteilt sich die Scheinwerfermimik<br />

auf zwei Etagen. Dieses markante Styling wiederholt sich<br />

in einer Heckpartie, die – wenn man Insidern glauben darf – ursprünglich<br />

für den ersten (noch ausstehenden) Alfa-Romeo-SUV<br />

gedacht gewesen sein soll. Und uns vom Design her an irgendein<br />

Haushaltsgerät erinnert, nur welches? Seitliche Einzüge und Sicken<br />

lassen den immerhin 1,9 Meter breiten Wagen schlanker<br />

erscheinen, als er tatsächlich ist: Der Cherokee ist ein ausgewachsenes,<br />

gut verarbeitetes Auto, das viel Platz für vier Erwachsene<br />

und deren Gepäck zu bieten hat.<br />

Und er ist ein Schicksals-Auto, weil er Jeep zurückbringen soll auf<br />

die Strasse des weltweiten Erfolges. Deshalb unsere Testfahrt in<br />

Dubai: Auch hier, wo neben Range- und Land Rover (sic!) vor allem<br />

Mercedes-G-Modelle und japanische Fabrikate unterwegs sind,<br />

wollen die Amerikaner pushen und künftig wieder ganz vorne mit<br />

dabei sein. Ein paar Wrangler, die Urenkel des Willys MB, sowie<br />

Grand Cherokee und technisch eng verwandte Dodge Durango<br />

sieht man zwar hie und da. Doch es ist am Cherokee, wieder für<br />

das gewünscht Volumen zu sorgen.<br />

Um das zu schaffen, reicht im zunehmend harten Wettbewerb ein<br />

wohlklingender Name allein nicht mehr aus. Also hat man den<br />

Cherokee massiv aufgerüstet. Nicht nur, dass er mit hübsch<br />

gemachten, multifunktionalen Zusatzinstrumenten und umfangreichem<br />

Infotainment aufwartet. Der Allradler kommt zudem mit<br />

einer Fülle elektronischer Komfort- und Assistenzsysteme, die man<br />

der Marke bisher nicht zugetraut hätte – zum Beispiel einem<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

91


92 <strong>VECTURA</strong> #11


FAHRTERMIN<br />

Ob Einkauf, Kindergarten oder Klettern:<br />

Der Cherokee kann es. Er ist aktuell so etwas wie<br />

die eierlegende Wollmilchsau unter den SUV<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

93


94 <strong>VECTURA</strong> #11<br />

FAHRTERMIN


Neunstufen-Automaten von ZF, adaptiver Cruise Control, den Kollisions-<br />

und Tote-Winkel-Warnern oder jenen Spurassistenten mit<br />

Lenkeingriff, der die Fuhre auch dann auf Kurs hält, wenn ihr Fahrer<br />

mal kurz nicht aufgepasst hat. Eine Allrad-Vorwahl mit fünf<br />

verschiedenen Fahrprogrammen (Automatik, Schnee, Sport,<br />

Sand / Schlamm und Felsen) wurde bereits angesprochen; sie<br />

macht Fortbewegung jenseits fester Wege fast zum Kinderspiel<br />

und schickt zusätzliche Hebel in Rente: Kriechgang und Hinterachssperre<br />

der Topversionen werden (wie auch die Parkbremse<br />

oder Kofferraumklappe) ganz bequem per Knopfdruck aktiviert.<br />

Dazu kommen Bergab- und Bergauffahrhilfen, dank denen eigentlich<br />

gar nichts mehr schiefgehen kann.<br />

Das Interieur ist wohnlich-funktionell und die Mittelkonsole<br />

wuchtig; an Ablagen und Becherhaltern mangelt es nicht. Die Topversion<br />

Trailhawk (nur Benziner) bietet Lederpolster, Multifunktionslenkrad<br />

(das jetzt grundsätzlich einen stolzen Hinweis auf das<br />

Jahr 1941 trägt) oder Holz-Imitat in den Türen; in allen Varianten<br />

sorgt eine effektive Klimaanlage rasch für kühle Köpfe, was nicht<br />

nur in arabischen Breitengraden gut ankommt. Dazu bequemhohe<br />

Sitze, die gute Rundumsicht, Variabilität und ein grosser Kofferraum<br />

mit glattem Ladeboden – das sind genau jene Attribute,<br />

nach denen heute ein Familien-SUV ausgesucht wird. Und da<br />

spricht eigentlich alles für den neuen Jeep.<br />

Beim Antrieb stehen wahlweise zwei unterschiedlich starke Multijet-Turbodiesel<br />

aus dem Fiat-Regal, ein Vierzylinder-Benziner oder<br />

eben jener 3,2-L-V6-Pentastar zur Verfügung, der auch in unserem<br />

Testwagen installiert ist. Zu seinen Vorzügen zählen das angenehme<br />

Geräuschniveau und ein sattes Drehmoment, welches entspanntes<br />

Cruisen unterstützt: Bei Tempo 100 liegen in Fahrstufe 7<br />

gerade mal 1700 Umdrehungen an. Das Fehlen von Lenkradwippen<br />

wird nicht als störend empfunden, weil der Automat ausgesprochen<br />

sanft und vorausschauend agiert. Wir sind also gut<br />

unterwegs, doch übermotorisiert wirkt der Cherokee nie: Es ist<br />

TECHNISCHE DATEN<br />

JEEP CHEROKEE TRAILHAWK 3.2 V6<br />

Konzept SUV, fünf Türen, fünf Sitze. Zahnstangenlenkung mit Servo,<br />

Scheibenbremsen rundum (v. belüftet). Vorne Dreieckquerlenker, hinten<br />

Mehrlenkerachse. Permanenter Allradantrieb, Untersetzung und Sperrdiff.<br />

Motor V6-Benziner aus Aluminium, 4 Ventile pro Zyl., zwei oben liegende<br />

Nockenwellen (Kette), 4fach gelagerte Kurbelwelle, Saugrohreinspritzung<br />

Hubraum in cm 3 3239<br />

Bohrung x Hub in mm 91 x 83<br />

Verdichtung 10,7:1<br />

Leistung in PS (kW) @ U/min 271 (200) @ 6500<br />

Max. Drehmoment in Nm @ U/min 315 @ 4300<br />

Kraftübertragung<br />

A9<br />

Abmessungen (L/B/H) in cm 462,5/190,5/172<br />

Radstand in cm 272<br />

Spur vorne/hinten in cm 162/162,5<br />

Reifen und Räder<br />

245/65 R17 auf 7J<br />

Tankinhalt in L 60<br />

Kofferraumvolumen in L 515–1265<br />

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg 1820<br />

Zulässige Gesamtgewicht in kg 2435<br />

Anhängelast in kg 2200<br />

Leistungsgewicht in kg/PS 6,7<br />

0 – 100 km/h in Sek. 8,3<br />

Höchstgeschwindigkeit in km/h 180<br />

Durchschnittsverbrauch*in L/100 km 10,0<br />

CO 2 -Emission in g/km 232<br />

Energieeffizienzkategorie<br />

G<br />

Preis ab CHF 56 850.–<br />

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

95


FAHRTERMIN<br />

gerade richtig so und vom Verbrauch her noch akzeptabel – doch<br />

das kann der Selbstzünder, den es mit Stopp-Start-System gibt,<br />

natürlich besser.<br />

Jahr angekündigten kleinen Renegade auf Fiat-500-Basis – auch<br />

eine Portion Individualität. Die und der unbändige Wunsch nach<br />

Freiheit – genau so hat Jeep mal angefangen.<br />

In Dubai, wo Dieselöl teurer ist als Benzin, das pro Liter allerdings<br />

nur ein paar Rappen kostet, ist die Sache klar. Wir lächeln und<br />

spüren mit jedem Kilometer: Die Marke hat sich positiv verändert.<br />

Der Cherokee markiert schon rein visuell den Wandel weg vom<br />

monotonen Kisten-Design, das aussah, als wäre es im Kindergarten<br />

entworfen worden. Und hat alles an Bord, was man von einem<br />

modernen Auto erwarten darf. Jeep heute, das ist – Überraschung.<br />

Mut. Selbstbewusstsein. Und – mit Blick auf den für Ende<br />

Mehr zum Thema<br />

96 <strong>VECTURA</strong> #11


BACK IN BLACK.<br />

DER NEUE SUBARU WRX STI 4x4 MIT 300 PS.<br />

So setzt der neue WRX STI 4x4 Autofreunde unter Strom: 2,5-Liter-Turbo-SUBARU-<br />

BOXER-Motor. 300 PS, 407 Nm. DCCD, VDC. SI-Drive. 6-Gang-Sportgetriebe.<br />

Symmetrical AWD. Und der Preis? Reinste Musik: ab Fr. 44’900.–.<br />

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Farben Crystal White Pearl, Ice Silver Metallic, Dark Grey Metallic, Lightning Red,<br />

WR Blue Pearl und – eben – Crystal Black Silica gibt.<br />

Abgebildetes Modell: WRX STI 2.5T AWD Luxury S, man., 4-türig, Energieeffi zienz-Kategorie G, CO 2 242 g/km, Verbrauch gesamt<br />

10,4 l/100 km, Fr. 54’600.– (Preis inkl. Metallic-Farbe). WRX STI 2.5T AWD Sport, man., 4-türig, Energieeffi zienz-Kategorie G, CO 2<br />

242 g/km, Verbrauch gesamt 10,4 l/100 km, Fr. 44’900.–. Durchschnitt aller in der Schweiz verkauften Neuwagenmodelle (markenübergreifend):<br />

CO 2 148 g/km.<br />

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Unverbindliche Preisempfehlung netto, inkl. 8% MWSt. Preisänderungen vorbehalten.


LEKTÜRE<br />

Ende Gelände: Škoda 11<strong>02</strong> Tudor, späte 1940er<br />

WENN ROSTLAUBEN ZU<br />

ARTEFAKTEN REIFEN<br />

VON WALDPFLANZEN ÜBERWUCHERTER EDELSCHROTT STATT PLASTIKSHREDDER-<br />

RECYCLING: DER KLASSISCHE AUTOFRIEDHOF IST VOM AUSSTERBEN BEDROHT<br />

Text map · Fotos Thorsten Müller<br />

Was hier landet, fährt nirgendwo mehr hin: Autofriedhöfe sind der<br />

letzte Parkplatz, sind die Endstation für ihre Protagonisten. Doch<br />

längst schlägt diesen auf eigenartige Weise verwunschenen Orten<br />

selbst das Sterbeglöckchen, werden die Eisenwaren-Biotope immer<br />

seltener geduldet. Ein Höhepunkt (oder Tiefpunkt, je nach<br />

Sichtweise) war der öffentlich ausgetragene Zank um die Abbruch-<br />

Sammlung des Franz Messerli im bernischen Kaufdorf: Nach jahrelangen<br />

Streitereien mit der Gemeinde stand im Spätsommer<br />

2009 die Zwangsräumung des Privatgeländes an, die der Eigner<br />

als furioses Versteigerung-Finale zelebrierte. Die gähnende Leere<br />

nach dem Sturm tat vielen Auto-Enthusiasten in der Seele weh.<br />

Altmetall-Friedhöfe haben eben ihren ganz eigenen Charme, dem<br />

viele Menschen erliegen. Thorsten Müller ist einer von ihnen – und<br />

war von Kaufdorf so begeistert, dass er anschliessend quer durch<br />

Europa reiste, um die letzten Rost-Reservate aufzuspüren.<br />

Natürlich hatte er eine Kamera dabei; seine gesammelten Fotos<br />

sind kürzlich in einem Buch veröffentlicht worden. Und das atmet<br />

den Duft von Öl, Gummi und Moos. Es dokumentiert den Verfall<br />

und die Tatsache, dass Technik im Kampf gegen die Natur letztlich<br />

unterliegt – zumindest in diesen Hektar-Dimensionen, wo sich die<br />

Feuchtigkeit langsam, aber beharrlich durch die Bleche nagt. Das<br />

ist beruhigend und auch nostalgisch, denn mit der heutigen Recycling-Realität<br />

moderner Abwrackbetriebe hat das begrünte Idyll<br />

nichts mehr zu tun. Müller versteht es als Ort der ewigen Ruhe und<br />

Stille; beides müsse respektiert werden. Und so ist das Werk auch<br />

ein Requiem auf alle jene historischen Horte, die bereits der Entsorgung<br />

anheimgefallen sind. Kleiner Wermutstropfen: Die präsentierten<br />

Bilder sind den jeweiligen Schrottplätzen kaum zuzuordnen;<br />

etwas mehr Lokalkolorit hätte dem Werk gut getan. Dafür<br />

entschädigen kleine Boxen mit den teils kaum noch identifizierbaren<br />

Fahrzeugtypen und deren wichtigsten Daten.<br />

98 <strong>VECTURA</strong> #11


Zurück zur Natur: Fiat 1100 R, Baujahr 1958<br />

SOMMER <strong>2014</strong><br />

99


LEKTÜRE<br />

Roste sanft: 1961er Plymouth Valiant<br />

100 <strong>VECTURA</strong> #11


Verflossener Chic: Ford Taunus 17M P2 de Luxe, 1959<br />

Game over: Chevrolet Fleetmaster von 1946


Es sollte nicht sein: Ford Cortina Mk I von 1963<br />

Verrottet langsamer als andere: Mercedes 170, ca. 1947<br />

Thorsten Müller: Endstation – die skurrilsten Autofriedhöfe Europas.<br />

144 Seiten, 150 Fotos, Delius Klasing Verlag Bielefeld/D.,<br />

ISBN 978-3-7688-3753-8, CHF 35.90<br />

Mehr zum Thema<br />

1<strong>02</strong> <strong>VECTURA</strong> #11


DER VOLVO V40<br />

CROSS COUNTRY<br />

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VOLVOCARS.CH


FAHRTERMIN<br />

MEHR ALS NUR DIE MITTE<br />

DYNAMISCH BIS FEINFÜHLIG, DAZU DER HÖCHSTE ANSPRUCH<br />

AN HOCHWERTIGKEIT: DIE NEUE MERCEDES-C-KLASSE MIXT<br />

DIE KLAVIATUR EINER KOMPAKT-LIMOUSINE MIT FAST ALLEN<br />

RAFFINESSEN AUS DER LUXUSABTEILUNG<br />

Text Thomas Geiger, map · Fotos Ian G.C. White, map<br />

Vier Generationen und über acht Millionen Einheiten seit<br />

1993, dazu im letzten Jahr mehr als 20 Prozent Anteil<br />

an der Firmenflotte – für Mercedes ist die C-Klasse ein<br />

Grundpfeiler des Erfolgs. Da wundert es nicht, wenn die Schwaben<br />

bei der Entwicklung dieses Modells nicht ganz so sehr aufs<br />

Geld geschaut haben: Ambiente und Ausstattung auf S-Klasse-<br />

Niveau soll die Konkurrenz auf Distanz halten, ein besonders<br />

jugendliches Design auch Kunden diesseits der Pensionsgrenze<br />

ansprechen und das neue Fahrwerk für Freude auch oberhalb<br />

von 200 km/h sorgen.<br />

Stilistisch wirkt die Limousine sportiver denn je – mit aggressivem<br />

Blick, breit geblähten Nüstern und tief gezogener Motorhaube. Ob<br />

sich der Stern freistehend auf der Motorhaube oder grossformatig<br />

im Kühlergrill befindet, hängt allein vorn der gewählten Ausstattungslinie<br />

ab. Ansonsten ist Straffheit angesagt: Die seitlichen Sicken<br />

sitzen gut wie ein Massanzug, allein der Heckabschluss wirkt<br />

nicht aus allen Perspektiven harmonisch. Hier findet sich die eine<br />

oder andere überflüssige Kante und Delle, fehlt ein wenig die alles<br />

umspannende Linie. Was auffällt, ist das komplexe Innenleben der<br />

Scheinwerfer: Birnchen waren gestern; moderne Autos illuminieren<br />

vollständig mit LED – und der neue Mercedes inszeniert diese<br />

Technik mit kühnen Chromspangen oder geriffelten Leuchtkanälen,<br />

die das Licht gleichmässig verteilen.<br />

Während Mercedes für Optik und Haptik des neuen Mittelklasse-<br />

Fixsterns bereits im Vorfeld reichlich Lorbeer gesammelt hat, überzeugt<br />

die in Bremen gebaute C-Klasse auch im Fahrbetrieb mit<br />

ihren dynamischen Qualitäten – und vor allem mit jeder Menge<br />

Feingefühl. Buchstäblich Dreh- und Angelpunkt dafür ist der neue<br />

Agility-Control-Regler auf dem Mitteltunnel, mit dem die Entwickler<br />

den Fahrerlebnisschalter von BMW kopieren und der C-Klasse<br />

gleich mehrere Gesichter geben. In vier Stufen plus einer individuellen<br />

Programmierung kann man damit Motor- und Getriebesteuerung,<br />

Lenkung und Fahrwerk verändern und spürt dabei grössere<br />

Unterschiede als bei jedem Konkurrenzprodukt.<br />

Im Sportmodus gibt sich die C-Klasse ungewohnt scharf und<br />

bissig: Man fühlt sich souverän mit der Strasse verbunden, erlebt<br />

eine schnelle Reaktion auf Lenk- und Gasbewegungen. Kurz:<br />

So jung und so dynamisch hat sich der Baby-Benz seit Ewigkeiten<br />

nicht mehr angefühlt. Wechselt man dagegen in den<br />

104 <strong>VECTURA</strong> #11


SOMMER <strong>2014</strong> 105


106 <strong>VECTURA</strong> #11<br />

FAHRTERMIN


Der Innenraum steht dem einer S-Klasse<br />

in kaum etwas nach. Natürlich sind<br />

die Platzverhältnisse bei weitem nicht so üppig<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 107


108 <strong>VECTURA</strong> #11<br />

FAHRTERMIN


SOMMER <strong>2014</strong> 109


FAHRTERMIN<br />

Komfortmodus, scheint das Auto auf Knopfdruck um eine Generation<br />

zu altern: Man lehnt sich zurück, der Blutdruck sinkt, die<br />

Hände am Lenkrad lockern sich und aus Rasen wird wieder Reisen.<br />

Das muss man nicht mögen. Aber so viel Varianz bietet in<br />

dieser Klasse keiner.<br />

Dass die C-Klasse so eine gute Figur macht, liegt vor allem am<br />

aufwendig renovierten Fahrwerk, dem die Ingenieure eine frische<br />

Vierlenker-Vorderachse und eine optimierte Raumlenker-Hinterachse<br />

spendiert haben. Ausserdem gibt es eine neue, präzisere<br />

Lenkung und neben der Standard-Stahlfeder drei Varianten mit<br />

variablen Dämpfern sowie die erste Luftfederung in dieser Klasse.<br />

Den Aufwand treiben die Schwaben freilich nicht von ungefähr:<br />

Erstens muss diese Architektur auch die nächste Generation der<br />

E-Klasse tragen, und zweitens war der Rückstand in dieser Fahrzeugklasse<br />

einfach zu gross geworden, als dass die Entwickler es<br />

bei Feinschliff im Detail belassen konnten.<br />

So sportlich und luxuriös die Limousine auch sein mag – unter<br />

der Haube gibt die Vernunft den Ton an. Wer nicht gerade bei AMG<br />

zuschlagen oder ein US-Modell importieren möchte, der muss fürs<br />

Erste auf Sechs- oder Achtzylinder verzichten und sein Mittelklasse-Menü<br />

mit vier Töpfen kochen. An Elan und Entschlossenheit<br />

mangelt es auch den Vierzylindern nicht – zumindest, wenn man<br />

die 250er wählt und so im Diesel 204 und im Benziner 245 Pferde<br />

traben lässt. Mit maximal 500 Nm beim einen und bis zu 350 Nm<br />

110 <strong>VECTURA</strong> #11


eim anderen, der nun etwas schnelleren Siebenstufen-Automatik<br />

und einem schweren Gasfuss reicht das für Sprintwerte von<br />

jeweils 6,6 Sekunden. Das Überholen auf der Landstrasse gelingt<br />

ohne Risiko und mit 247 km/h für den Diesel und 250 km/h Spitzentempo<br />

für den Benziner taugen beide Motoren auch als Kilometerfresser<br />

für Viel- und Firmenfahrer.<br />

Die schöne neue Benz-Welt beginnt derweil bei 154 PS in der<br />

Basis-Benzinversion C 180. Mit ihr ist man bereits gediegen unterwegs;<br />

mehr Spass macht freilich der 200er mit immerhin<br />

schon 181 PS. Doch auch das Diesel-Einstiegsmodell kann beglücken<br />

– mit dem von uns gewählten 220 Bluetec waren wir<br />

allzeit gut bedient. Er ist schnell, bietet ausreichend Durchzug<br />

und gibt sich dabei angenehm sparsam – über sechs Liter<br />

brauchten wir selten. Allerdings macht der Selbstzünder aus seinen<br />

Verbrennungsgeräuschen keinen Hehl. Dass er draussen im<br />

Leerlauf meterweit zu hören ist, mag dem Fahrer noch egal sein.<br />

Aber dass sich das Aggregat auch drinnen bisweilen in den Vordergrund<br />

spielt, will nicht so recht zum Luxusanspruch der kleinen<br />

Limousine passen – und ist doch genau darin begründet.<br />

Denn mit optimierter Dämmung und Feintuning bis hin zu Details<br />

wie dem Klacken des Blinkers ist die neue C-Klasse derart leise<br />

unterwegs, dass wahrscheinlich auch ein Elektromotor als Störenfried<br />

empfunden würde.<br />

Gross sind aber nicht nur Anspruch und Erwartungen – auch<br />

physisch ist das Auto deutlich gewachsen. Als erstes Modell auf<br />

der neuen Heckantriebs-Plattform von Mercedes konstruiert,<br />

geht die C-Klasse insgesamt um zehn und zwischen den Achsen<br />

um acht Zentimeter in die Länge; in der Breite legt sie um vier<br />

Zentimeter zu. Vorne sitzt man trotz massiver Mittelkonsole deshalb<br />

mindestens so gut wie in einer E-Klasse und auch der Kofferraum<br />

schluckt nun 480 Liter. Aber hinten verliert sich der Fortschritt<br />

genauso schnell wieder. Ja, Knie und Kopffreiheit sind in<br />

Ordnung, und trotz der stark eingezogenen C-Säule an dem im<br />

Windkanal rundgeschliffenen Heck ist auch für die Schultern<br />

TECHNISCHE DATEN<br />

MERCEDES C 220 BLUETEC<br />

Konzept Limousine der unteren Mittelklasse, vier Türen, fünf Sitzplätze.<br />

Zahnstangenlenkung mit Servo, Scheibenbremsen rundum (v. belüftet).<br />

Vorne Einzelradaufhängung, hinten Mehrlenkerachse. Heckantrieb<br />

Motor Vierzylinder-Diesel, 4 Ventile/Zylinder, zwei oben liegende Nockenwellen<br />

(Kette), Common-Rail-Einspritzung, ein Turbo/Ladeluftkühler,<br />

Harnstoff-Abgasreinigung, Stopp-Start-System<br />

Hubraum in cm 3 2143<br />

Bohrung x Hub in mm 83 x 99<br />

Verdichtung 16,2:1<br />

Leistung in PS (kW) @ U/min 170 (125) @ 3000<br />

Max. Drehmoment in Nm @ U/min 400 @ 1400–2800<br />

Kraftübertragung<br />

A7 (Option)<br />

Abmessungen (L/B/H) in cm 468,5/181/146<br />

Radstand in cm 284<br />

Spur vorne/hinten in cm 158/157<br />

Reifen und Räder<br />

Tankinhalt in L 41<br />

Kofferraumvolumen in L 480<br />

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg 1495<br />

Zuläsisge Gesamtgewicht in kg 2135<br />

Leistungsgewicht in kg/PS 8,8<br />

0 – 100 km/h in Sek. 7,4<br />

Höchstgeschwindigkeit in km/h 233<br />

Durchschnittsverbrauch*in L/100 km 4,5<br />

CO 2 -Emission in g/km 117<br />

Energieeffizienzkategorie<br />

Preis ab CHF 49 500.–<br />

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus<br />

205/60 R16 auf 7J<br />

A<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 111


FAHRTERMIN<br />

noch genügend Platz. Doch sind die Vordersitze so tief montiert,<br />

dass man kaum die Füsse darunterschieben und die neue Freiheit<br />

deshalb nur bedingt geniessen kann.<br />

Dafür gibt es einen Innenraum, der dem der S-Klasse in kaum<br />

etwas nachsteht. Natürlich sind die Platzverhältnisse nicht ganz<br />

so üppig und auf Massagesitze muss man genauso verzichten<br />

wie auf das Digital-Cockpit im Format einer Multiplex-Leinwand.<br />

Doch das Ambiente ist ähnlich vornehm und das Heer der Assistenten<br />

nicht minder wachsam. Im Grunde ist der Aufsteiger<br />

dem Flaggschiff sogar voraus. Denn endlich bietet jetzt auch<br />

Mercedes ein Head-up-Display an und bringt obendrein ein<br />

Touchpad auf die Mittelkonsole, das neben gefingerten Buchstaben<br />

auch Gesten wie Wischen oder Zoomen erkennt.<br />

Obwohl die C-Klasse in allen Kategorien mehr bietet und kräftig<br />

aufgerüstet wurde, hat sie ordentlich abgespeckt. Dank neuer<br />

Alubleche und jeder Menge Leichtbau haben die Ingenieure bis<br />

zu 180 Kilo aus der Limousine geholt. Zwar mussten sie danach<br />

wieder einiges an Ausstattung hineinstecken, doch unter dem<br />

Strich sei das Auto noch immer 100 Kilo leichter als sein Vorgänger,<br />

heisst es aus Stuttgart.<br />

Das spürt man nicht nur beim Fahren, weil in engen Kurven jedes<br />

Kilo zählt. Sondern das merkt man auch beim Tanken. Weil die<br />

Schwaben zudem wieder sehr erfolgreich am Luftwiderstand<br />

gefeilt haben und auf Wunsch zum Beispiel verschliessbare Kühlerlamellen<br />

einbauen, geht der Verbrauch um bis zu 20 Prozent<br />

zurück. Dass alle Diesel in der Effizienzklasse A+ gelandet sind,<br />

hat derweil mit einem Kniff zu tun: Um in die geringere Gewichtsklasse<br />

zu kommen, hat man den Standardtank von 66 auf winzige<br />

41 Liter geschrumpft und das kleine AdBlue-Reservoir will<br />

zwischen den Inspektionsintervallen nachgefüllt werden.<br />

Natürlich steht die neue C-Klasse erst ganz am Anfang ihrer Karriere;<br />

die Modellreihe wird nun sukzessive ausgebaut. Neben weiteren<br />

Motoren – die AMG-Spitze zum Beispiel soll über 500 PS<br />

bieten – stehen vor dem Winter die Allradvarianten bei den Händlern.<br />

Und natürlich wird die C-Klasse auch elektrifiziert – noch in<br />

diesem Jahr mit einem C300 Hybrid, der 3,6 Liter Diesel braucht,<br />

und vermutlich 2015 mit einem Plug-in-Hybrid, der dann auch<br />

rein elektrisch richtig Meter macht und als global zu vermarktendes<br />

Modell ansonsten Benzin tankt. Dazu gesellen sich weitere<br />

Karosserievarianten wie der Kombi (ab September); 2015 folgen<br />

das Coupé, der C-basierte GLK und eventuell auch ein Cabrio.<br />

Die Chinesen verfügen bereits über eine Langversion und wenn<br />

die Gerüchte stimmen, könnte es erstmals auch einen C-Klasse-<br />

Van geben.<br />

Mit dieser geballten Ladung an Technik und Vielfalt markiert<br />

Mercedes derzeit den Status quo unter den gerade noch kompakten<br />

Stufenheck-Limousinen. Das war in den letzten Jahren<br />

nicht immer der Fall und deshalb ist die neue C-Klasse auch<br />

Ausdruck dessen, was man sich in Untertürkheim für die Zukunft<br />

vorgenommen hat – nämlich in jedem Segment wieder an der<br />

Spitze zu stehen.<br />

Mehr zum Thema<br />

112 <strong>VECTURA</strong> #11


W W W . P O R O L I . C H I N F O @ P O R O L I . C H + 4 1 9 1 7 8 5 8 0 3 0<br />

V I A L E B . PA P I O 3 , C H - 6 6 1 2 A S C O N A


TRESOR ODER TRASH<br />

WAS UNTERSCHEIDET KLASSIKER VON VERBRAUCHSGEGENSTÄN-<br />

DEN? ANDERS GEFRAGT: WELCHE AKTUELLEN AUTOS SOLLTE MAN<br />

AUFBEWAHREN – UND WELCHE BESSER NICHT?<br />

Text und Illustration Mark Stehrenberger<br />

Szenenbild Paris: Es ist stockdunkel, spät in einer nebligen<br />

Nacht, unten am Seine-Quai unter dem Pont Notre Dame.<br />

Ein Mann im Trenchcoat und Hut zündet sich eine Gauloise<br />

an, und im Licht der Flamme sieht er eine Frau im langen,<br />

schwarzen Mantel mit gepolsterten Schultern und roten Béret<br />

aus einem Citroën Traction Avant steigen, dann auf ihn zukommen,<br />

mit einer Pistole in der rechten Hand auf ihn zielen… Dieser<br />

Citroën erweckt jedes Mal diese dramatische Szene in meinem<br />

Kopfkino, wenn mir so einer auf der Strasse begegnet. Die<br />

Gangster-Limousine der 30er, bahnbrechendes Design mit katzenartig<br />

niedrig geschwungener Karosserieform, Kegelbahnlangem<br />

Radstand, Fenstern mit ausreichend Platz für sechs Maschinengewehre,<br />

Monocoque-Struktur, Frontantrieb, kurz: Bon!<br />

Aber wie erkenne ich heute, was morgen begehrenswert sein<br />

wird? Nur weil eine Karre gerade cool ist, bedeutet das noch lange<br />

nicht, dass sie eines Tages mal zum Klassiker reift. Um diesen<br />

Status zu erreichen, muss ein Auto klar Position beziehen und sich<br />

behaupten. Hilfreich ist auch eine gewisse Epoche wie beispielsweise<br />

die verrückten 50er, das Raketenzeitalter oder letztlich die<br />

Aerodynamik-Ära. Falls man ein solches Modell ausfindig gemacht<br />

hat, kann die Investition in den Klassiker der Zukunft zur spannenden<br />

Angelegenheit werden. Bevor ich den Kauf tatsächlich wage,<br />

sollte ich mir Zeit nehmen, die DNA des Fahrzeugs richtig einzuordnen<br />

– sowohl persönlich als auch objektiv.<br />

Plaudere ich mit routinierten Käufern während einer Autoshow<br />

oder Auktion, sagen die mir fast alle das Gleiche: Ihr Objekt der<br />

Begierde erinnert sie an einen besonderen Lebensmoment. Alte<br />

Autos haben die einzigartige Fähigkeit, vergangene Zeiten einzufrieren.<br />

Und wir sprechen hier immer von erinnerungswürdigen<br />

Zeiten, nicht wahr. Falls ich mit der Karre XY mehrfach liegen geblieben<br />

bin oder sie mir unter dem Hintern weggerostet ist, will das<br />

keiner mehr wissen – am allerwenigsten ich. Neben diesen Faktoren<br />

gibt es aber auch begleitende Umstände, welche eine Legendenbildung<br />

begünstigen:<br />

Exklusivität Es ist eine Binsenweisheit, aber sie trifft zu – je<br />

seltener ein Auto, desto eher wird es zum Klassiker reifen. Menschen<br />

schätzen nun mal, was sie nicht haben können, und obwohl<br />

114 <strong>VECTURA</strong> #11


RUBRIKEN<br />

STILBLÜTEN<br />

guterhaltene, ältere amerikanische Strassenkreuzer immer<br />

schwerer zu finden sind, steht europäischer Luxus bei US-Interessenten<br />

allgemein höher im Kurs. Aber auch grössere Stückzahlen<br />

schützen nicht vor Begehrlichkeiten: Baureihen wie Jaguar<br />

XJ12 Serie I, Mercedes 280 SL «Pagode» oder BMW 20<strong>02</strong> sind<br />

für viele Oldtimer-Sammler der Gral. Ausnahmen bestätigen die<br />

Regel, denn manchmal lohnt es sich, jene Modelle zu finden, die<br />

sich einst nicht so gut verkauften. Oft sind Ladenhüter im falschen<br />

Jahrzehnt geboren worden und passten einfach nicht in ihre<br />

Epoche, obwohl sie gut waren. Anderseits sollte man ein schlicht<br />

hässliches Auto nicht mit einem seltenen Nischenfahrzeug<br />

verwechseln.<br />

Weniger Türen, mehr Geld Performance, Styling, aber auch die<br />

Zuverlässigkeit sind ausschlaggebende Faktoren für Oldie-Käufer.<br />

Und nichts liefert dieses Mantra besser als ein Coupé oder Roadster<br />

– plus den Beweis, dass kleinere Autos teurer sein können als<br />

grosse. Doch genug der Ratschläge, denn schlussendlich ist ein<br />

Klassiker der Zukunft immer völlig subjektiv. Solange es sich bei<br />

dem guten Stück nicht um Einheitsbrei handelt, sollte die Rechnung<br />

aufgehen. Merke: nur kaufen, was einen glücklich macht –<br />

und auf das Beste hoffen. Hier nun meine ganz persönliche Liste<br />

aktueller Modelle und Jung-Occasionen, die man haben sollte –<br />

oder von denen man besser die Finger lässt.<br />

Alfa Romeo 8C Competizione Alfas Styling hatte in der Vergangenheit<br />

etwas ganz Bestimmtes, schwer zu Greifendes, das<br />

mehr als bei jeder anderen Marke bestach. Der 8C beweist, dass<br />

diese italienische Design-DNA immer noch sehr stark ist. Mehr als<br />

das – Alfas Formsprache sieht endlich wieder nach Herkunft aus<br />

und nicht mehr vollsynthetisch. Angesichts einer derzeitig wachsenden<br />

Staatenlosigkeit in der Auto-Optik ist die Formgebung des<br />

8C überschwänglich italienisch – klug, klar, modern, unsagbar<br />

emotional. Ein wunderschönes Stück, wie haben die das nur hingekriegt?<br />

Wenn dir dieses Auto kein «Wow» entlockt, dann besteht<br />

die beste Chance, dass du schon im Schrebergartenalter steckst.<br />

Der Competizione bekommt deshalb meine Stimme für den<br />

heissesten Klassik-Anwärter der Gegenwart.<br />

BMW i3 Okay, vom Leichtbaukonzept her mag die Karre ein zukünftiger<br />

Klassiker sein – von wegen technologischer Vorreiter und<br />

so. Designmässig – und damit ganz im Gegensatz zum sportiven<br />

Bruder i8 – ist der i-Dreier völlig daneben. Für seine relative (kleine)<br />

Grösse wirkt er übertrieben gestaltet, sieht total barock aus und<br />

könnte als Ergebnis einer Kreuzung aus Nissan Joke und Citroën<br />

Ami 6 durchgehen. Die ungeschickte Front, eine verkrampfte Seitenansicht<br />

und dazu dieses Heck… Jesus, was für ein Frankenstein<br />

von einem Fahrzeug! Immerhin, die Airbags werden sicher<br />

funktionieren und voll recyclebar ist das Ding ja auch. Also bitte<br />

ganz schnell vor die nächstbeste Wand setzen, okay?<br />

Chevrolet Corvette Stingray Alright, die Vette wurde seit jeher<br />

als volkstümlicher Supersportwagen konzipiert. Trotz donnerndem<br />

V8 und empörendem Design kostet auch die siebte Generation<br />

nur den Bruchteil eines – sagen wir – Ferrari F12 Berlinetta. Nun<br />

läuft bei US-Small-Blocks der Most bekanntlich literweise aus dem<br />

Auspuff und solche Schlitten machen höchstens auf der Quarter-<br />

Mile Spass… Leute, das hat mit der Wahrheit längst nichts mehr<br />

zu tun! Die C7 ist ein Hammer von einem Sportwagen, sauschnell<br />

und kommt mit abnehmbarem Targa-Dach. Diesen Ride kauft<br />

man, um bemerkt zu werden, basta! Und das ging schon lange<br />

nicht mehr so gut wie mit dem aktuellen Modell: Es wird auch in<br />

20 Jahren noch gut aussehen, darum – kaufen, fahren, aufheben!<br />

Citroën Cactus Schau an, endlich wieder mal ein origineller Franzose!<br />

Der beweist zudem, dass kompakte Mehrzweckautos nicht<br />

wie Testosteron-Bomben aus «Mad Max»-Movies aussehen müssen.<br />

So viel Mut hätte ich der zuletzt in Belanglosigkeiten abgedrifteten<br />

PSA-Marke gar nicht zugetraut, obwohl: Das vierrädrige<br />

Gewächs ist auch eine optische Mogelpackung, die mehr Variabilität<br />

verspricht, als ihre hohe Ladekante und die nicht flach umlegbaren<br />

Rücksitze zu halten imstande sind. Dennoch empfinde<br />

ich das Low-Budget-Mobil als gelungen – ein Charaktertyp zwischen<br />

langweiligen Einheitskisten, die es auch nicht besser können.<br />

Und der könnte dereinst mal im Museum enden.<br />

Lexus LF-300h Die gute Nachricht zuerst: Genf ist wieder sicher,<br />

denn die Japaner haben ihre letzte SUV-Studie LF-NX nach der<br />

Show mit nach Hause genommen. Allerdings hat sich die Toyota-<br />

Tochter auch entschlossen, das Teil auf die Menschheit loszulassen,<br />

OMG! Mir scheint, als ob heute viele junge Designer vor allem<br />

Playstation-User sind oder IT-Spezialisten. Und der LF-300h zählt<br />

zu den fraglichen Resultaten. Mann, es gibt einfach Dinge, die man<br />

nicht tun sollte! Nicht mal die Paris Hilton würde… oder etwa<br />

doch? Der LF-300h mit seinen grundlosen Ecken ist visuelle Umweltverschmutzung,<br />

kurz: das höchstpeinliche Styling-Äquivalent<br />

einer Lobotomie. Am meisten Probleme habe ich in diesem Zusammenhang<br />

mit der Tatsache, dass es keinen Mülleimer gibt, der<br />

gross genug wäre.<br />

Mazda MX-5 Seit nunmehr 25 Jahren bieten die Japaner den<br />

Retro-Roadster mit den knackigen Fahreigenschaften zum<br />

erschwinglichen Preis an. Das Festhalten an urenglischen Tugenden<br />

– als Vorbild diente klar der Lotus Elan – hat den MX-5 zum<br />

beliebtesten und meistverkauften zweisitzigen Cabrio aller Zeiten<br />

gemacht, von dem bis heute über eine Million abgesetzt werden<br />

konnten. Die vierte Generation wird Ende Jahr vorgestellt und sicher<br />

ein Erfolg. Dennoch hat gerade das Urmodell echtes Klassiker-Potential<br />

und ist dabei gar nicht teuer. Also ab ins Museum<br />

oder besser – in meine Garage, bitte!<br />

Tesla Model S Ein Hauch von Jaguar, verbunden mit 21-Zöllern,<br />

verleiht der E-Limo ihr dynamisches Aussehen. Wow, im Model S<br />

gleite ich lautlos zum Parkwächter vor dem Luxushotel! Die versteckten<br />

Türgriffe sind toll; nur bei der Front hat man es verpasst,<br />

eine Markenidentität zu schaffen. Dennoch hat das Trendmobil<br />

den US-Markt im Sturm erobert: Allein im ersten Quartal 2013<br />

wurden hier mehr Einheiten als von Audi A8, BMW 7er und Mercedes<br />

S-Klasse zusammen verkauft. Askese kann also sexy sein,<br />

auch innen: Es gibt kaum Knöpfe, dafür aber einen riesigen Touchscreen<br />

und das Gefühl, direkt in die Zukunft zu fahren. Aber reicht<br />

das für Rekordpreise bei einer Veteranen-Auktion irgendwann Ende<br />

des Jahrhunderts? Das Geräusch, das du hörst, kommt nicht<br />

vom Tesla, sondern von mir, während ich mich am Kopf kratze.<br />

Das Brainstorming zu den Tops und Flops neuzeitlicher Karosserieschneiderei<br />

führt mich abschliessend (und sicherlich auch dank<br />

meiner Altersweisheit) zu einer versöhnlichen Erkenntnis: Ob Frauenfänger<br />

oder vierrädrige Geschwüre, ob Hall of Fame oder Geisterbahn<br />

– glücklicherweise gibt es beides. Denn wie sollte man<br />

das Wahre, Schöne erkennen können ohne die Hässlichkeit, aus<br />

der es herausragt?<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 115


PERSPEKTIVE<br />

RUBRIKEN<br />

Tempo aus Hamburg machte Dreiräder in den 1930er-Jahren populär<br />

DAS DREIRAD-MANDALA<br />

BEI UNS SIND SIE LÄNGST NUR NOCH EINE RANDERSCHEINUNG.<br />

IN INDIEN TUMMELN SICH DAGEGEN NOCH MILLIONEN<br />

VON IHNEN: «3-WHEELER» GEHÖREN HIER ZUM ALLTAG –<br />

UND DAS DÜRFTE AUCH NOCH EINE GANZE WEILE SO BLEIBEN<br />

Text Maximilian Flohr · Fotos map, Werk<br />

Die Wiege des kommerziellen Motor-Dreirads steht in<br />

Europa. Dort wurde die Fahrzeuggattung Anfang des<br />

20. Jahrhunderts populär – sie war günstig, genügsam<br />

und genial vielseitig. Zu den Pionieren zählte ab den 1920er-<br />

Jahren der Hamburger Hersteller Tempo; noch Anfang der Fünfziger<br />

führte man mit der Baureihe Hanseat die Transporterklasse<br />

bis 750 Kilo Nutzlast an, war das Dreirad in Deutschland so allgegenwärtig<br />

wie der VW Käfer. Davon wusste auch der indische<br />

Geschäftsmann und Motorrad-Importeur Nawalmal Kumar Firodia;<br />

er dachte dabei an die begrenzten finanziellen Mittel seiner<br />

Landsleute – oder die engen Gassen in den Städten seiner Heimat.<br />

Eine urban ähnliche Infrastruktur gab es auch in Italien zu<br />

beobachten, wo der nationale Dreirad-Pionier Piaggio mit dem<br />

Modell Ape («Biene») seit Ende der 1940er-Jahre erfolgreich war.<br />

Firodia jedenfalls imponierte am Hanseat die geschlossene Kabine,<br />

welche es bei Piaggio erst ab 1956 geben sollte. 1951 reiste<br />

er nach Hamburg und bekundete sein Interesse, Dreiräder in Indien<br />

zu verkaufen. Die ersten kamen noch im gleichen Jahr auf<br />

den Subkontinent, wurden dort zunächst in einer Hinterhofwerkstatt<br />

zu Rikschas umgebaut und anschliessend im ganzen Land<br />

vertrieben. Das Geschäft lief so gut, dass Firodia weitere Modellvarianten<br />

anbot und 1958 eine eigene Gesellschaft namens Bajaj-<br />

Tempo Ltd. gründete. Ein wahrer Boom folgte, während der Dreirad-Absatz<br />

in Deutschland spürbar nachliess – 1961 schickte<br />

Tempo die kompletten Produktionsanlagen nach Indien. Trotzdem<br />

konnte die weiter steigende Nachfrage nicht bedient werden und<br />

1964 zog das Unternehmen von Bombay (dem heutigen Mumbai)<br />

in ein grösseres Werk nach Poona (Pune) um.<br />

116 <strong>VECTURA</strong> #11


Ein Lenker, ein Tacho, fertig ist der dreirädrige<br />

Indien-Alltag. Manchmal muss sogar weniger genügen<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 117


118 <strong>VECTURA</strong> #11<br />

PERSPEKTIVE


Original und Nachbildung: links ein<br />

Piaggio Ape, rechts die neuzeitlichere Ausführung<br />

des India-Labels Mahindra – der Champion Alfa<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 119


RUBRIKEN<br />

In Würde alt geworden: Rost ist noch lange kein Grund, ein Fahrzeug aus dem Verkehr zu ziehen. Der<br />

Versuch, Zwei- oder Dreiradfahrer in den Tata Nano zu locken (unten in Blau), ist dagegen gescheitert<br />

120 <strong>VECTURA</strong> #11


RUBRIKEN<br />

PERSPEKTIVE<br />

Es reichte trotzdem nicht. Die indische Bevölkerung, bislang<br />

vornehmlich mit Muskelkraft und Fahrrad unterwegs, motorisierte<br />

sich. Ab den 1970er-Jahren drängten weitere Dreirad-Produzenten<br />

wie Kumar und Kerala auf den Markt; es folgten Mahindra, J.S.<br />

Auto, Tuk Tuk oder TVS – und mit ihnen eine Flut an Lizenzprodukten<br />

oder Eigenentwicklungen. Seit 1999 fertigt Piaggio die<br />

Ape in Indien (und bezeichnet sich irreführenderweise als Dreirad-<br />

Erfinder); eine Taxiversion folgte 20<strong>02</strong>. Fast alle genannten Dreiräder<br />

weisen ähnliche technische Daten auf; sie sind unter drei<br />

Meter lang, maximal 140 cm breit und circa 400 Kilo schwer.<br />

Angetrieben werden sie von luftgekühlten Einzylinder-Motoren mit<br />

175 bis 400 Kubik sowie sieben bis neun PS; die Höchstgeschwindigkeiten<br />

überschreiten selten 50 km/h. Ausnahmen bestätigen<br />

die Regel: Der zwischen 1996 und 2010 produzierte Force Minidor<br />

darf mit bis zu 3,6 m Länge und 1,55 m Breite als Maxi-Dreirad<br />

gelten; als Antrieb dient ihm ein 500-cm 3 -Motor mit satten zehn<br />

Pferdestärken – genug für knapp 60 km/h Höchstgeschwindigkeit.<br />

In Grösse und Leistung ähnelt der Minidor eher dem historischen<br />

Tempo Hanseat, dazu gibt es weitere Verbindungen: Das Unternehmen<br />

Force Motors ging 2006 aus der Firodia Group hervor, zu<br />

der einst auch Bajaj-Tempo gehörte. Das deutsche Unternehmen<br />

Tempo war bereits 1965 untergegangen; das einstige Werk und<br />

die Namensrechte gehören heute Mercedes-Benz. Force kooperiert<br />

bis heute auch mit den Stuttgartern und seit 2006 mit MAN,<br />

das aber jeweils im vierrädrigen Nutzfahrzeugsektor.<br />

Dreiräder werden nach wie vor unter dem Label Bajaj Auto Limited<br />

in Pune produziert; man ist Marktführer und spricht von über fünf<br />

Millionen Fahrzeugen in 50 Jahren und 36 Ländern. Tatsächlich<br />

sind Motor-Dreiräder heute nicht nur ein indisches Phänomen,<br />

sondern haben längst auch andere asiatische Staaten erobert; in<br />

Bangladesch, Laos, Pakistan, auf den Philippinen, Sri Lanka oder<br />

in Thailand gehören sie zum täglichen Strassenbild. Die Stückzahlen<br />

sind enorm; allein der Bestand in Indien dürfte eine Million<br />

Einheiten deutlich überschreiten. Und Dreiräder sichern nicht nur<br />

Fortbewegung, sondern auch Arbeitsplätze.<br />

Ihre Verbreitung wurde um die Jahrtausendwende allerdings zum<br />

Abgasproblem: Meist zweitaktend unterwegs, machten die Dreiräder<br />

Indiens ohnehin schlechte Stadtluft noch ungeniessbarer.<br />

Dreiviertel des Smogs wurden damals vom Verkehr verursacht –<br />

und die Hälfte davon durch Motor-Dreiräder. Das Situation verschärfte<br />

sich mit der Tatsache, dass viele ihrer Fahrer bewusst<br />

mehr Öl einfüllten, um teureren Kraftstoff zu sparen… Allein eine<br />

Rikscha pustete so pro Jahr eine Vierteltonne CO 2 in die Luft –<br />

mehr als ein Autobus. Deshalb verkündete der oberste indische<br />

Gerichtshof 1998 drastische Massnahmen: Ab März 2000 galten<br />

alle vor 1990 hergestellten Zweitakt-Dreiräder als illegal. Dazu kamen<br />

Sicherheitsbedenken; als Schulbus missbrauchte und mit<br />

20 Kindern völlig überladene Dreiräder zum Beispiel wurden nach<br />

verheerenden Unfällen 2003 gar völlig verboten.<br />

Solche Gesetze erwiesen sich in der Praxis als nicht sofort durchsetzbar,<br />

da zu viele Menschen mit den Dreirädern ihren Lebensunterhalt<br />

verdienten und das bis heute tun. Mittlerweile sind die<br />

«Stinker» aber nahezu verschwunden, denn die Dreirad-Produzenten<br />

entzogen sich dem politischen Aus mit der Umrüstung auf<br />

Viertakt-Motoren, was ihnen ein Überleben sicherte. Nur der Force<br />

Minidor wurde 2010 vom Markt genommen. Heute werden neben<br />

Benzin- und Dieselmotoren auch Gas-Varianten angeboten und<br />

Originell, aber weniger variabel:<br />

Der frugale Tata Magic Iris (oben) taugt<br />

auch nur bedingt als Threewheeler-Ersatz<br />

in Zukunft sollen die drolligen Dreiräder gar elektrisch unterwegs<br />

sein; erste Modelle wie den CleanMotion ZBee gibt es bereits.<br />

Sogar Hybrid- und Plug-in-Modelle sind in Planung.<br />

Nun hat sich das indische Verkehrsbild in den letzten 20 Jahren<br />

radikal geändert. Früher waren Dreiräder ein privilegiertes Fortbewegungsmittel;<br />

inzwischen zählt der Subkontinent zu den absatzstärksten<br />

Motorrad-Märkten der Welt; das dreistellige Millionen-<br />

Volumen rekrutiert sich fast ausschliesslich aus Einzylinder -Typen<br />

mit 125 cm 3 Hubraum. Betrachtet man städtische Durchschnittsgeschwindigkeiten<br />

von höchstens 30 km/h, ist das völlig ausreichend.<br />

Ein Töff ist die bevorzugte Wahl der ärmeren Bevölkerung;<br />

nicht selten sitzen drei oder mehr Menschen auf ihm. Der indische<br />

Grossindustrielle Ratan Tata wollte die vor fünf Jahren in sein<br />

«One-Lak-Car» Nano locken; ein Lak sind 100 000 Rupien, was<br />

knapp 1500 Franken entspricht und damit kaum teurer ist als ein<br />

neues Motorrad. Doch der international viel beachtete Plan schlug<br />

fehl; bis heute ist der 3,1 Meter kurze Nano eine Randerscheinung.<br />

Dreiräder werden Indien also noch lange erhalten bleiben. Umso<br />

sinnvoller erscheint die Frage nach ihrem Recycling; bis heute verrotten<br />

altersschwache, irreparable Rikschas und Pick-ups zu Hunderttausenden<br />

am Strassenrand. Die Müllentsorgung ist und bleibt<br />

eines der grössten Probleme des riesigen Landes. Klar ist aber<br />

auch: Ohne die Transportleistung der Dreiräder würde Indiens<br />

stotternde Wirtschaft gar nicht funktionieren.<br />

Mehr zum Thema<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 121


GRENZERFAHRUNG<br />

RUBRIKEN<br />

122 <strong>VECTURA</strong> #11


OHNE HELM UND<br />

OHNE GURT<br />

DAS DREIRAD-TAXI GEHÖRT ZU<br />

INDIEN UND WER ES NICHT<br />

AUSPROBIERT HAT, WAR NIE<br />

DORT. EINE GEWISSE FURCHT-<br />

LOSIGKEIT HILFT BEIM<br />

EINSTEIGEN. AUF JEDEN FALL<br />

IST ES EINE ERFAHRUNG<br />

DER UNVERGESSLICHEN ART<br />

Text und Fotos map<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 123


GRENZERFAHRUNG<br />

Vijay spricht kein Wort. Sicher auch, weil er weiss, dass<br />

wir nichts verstehen würden. Englisch? Fehlanzeige.<br />

Überhaupt ist Konversation nicht angebracht: Rikscha-<br />

Fahrer begreifen sich als Dienende und nur selten als Gesprächspartner.<br />

Falls notwendig, verständigen wir uns also mit Händen<br />

und Füssen – und Kopfbewegungen. Vijay wackelt mit seinem<br />

hin und her, nachdem wir das Ziel genannt haben – eine typisch<br />

indische Geste, die für Europäer nach einem «ich weiss nicht»<br />

aussieht, tatsächlich aber Zustimmung signalisiert. Mit einer<br />

routinierten Armbewegung wirft er den schwachbrüstigen, luftgekühlten<br />

Einzylinder seines Bajaj RE an, legt den Gang ein und<br />

stürzt sich mit uns an Bord ins Getümmel.<br />

Alles klar, hier kann man einsteigen!<br />

Hupkonzert downtown Pune; wir biegen Richtung Osho-Ashram<br />

ab. Dessen 1990 verstorbener Gründer Bhagwan Shree Rajneesh<br />

versammelte einst die Blumenkinder um sich (auch die Beatles<br />

folgten seinem Ruf) und liebte Rolls-Royce. Wir passieren das<br />

schwer bewachte, marmorne Haupttor und fühlen uns wohl, denn<br />

im schattigen Fond des «Tuk-Tuk» sitzt es sich intim wie in einem<br />

Cocoon. Denn obwohl sein Dach nur aus gespannter Kunststofffolie<br />

besteht, es links keine Tür gibt und die rechte Seite lediglich<br />

mit einer Stange versperrt ist, fühlt man sich geborgen.<br />

Verglichen mit der Schweiz sind die Preise ein Witz<br />

Das Gerangel um einen guten<br />

Startplatz an der nächsten<br />

roten Ampel ist Millimeterarbeit<br />

Punes Hauptschlagadern sind ein Gewusel aus unzähligen Töff,<br />

Dreirädern, neuzeitlichen Kleinwagen, maroden Bussen und bunt<br />

verzierten Lkw; vereinzelt sind auch Radfahrer oder Eselkarren<br />

anzutreffen. Die Verkehrszustände sind überall im Land ähnlich<br />

chaotisch und erinnern mich an die ebenso unterhaltsame wie<br />

zutreffende Auflistung jener «10 Dinge, die ich in Indien gelernt<br />

habe» des aktuellen Bestsellers «Das grosse Los» von Heike Winnemuth<br />

(Knaus-Verlag), aus dem hier zitiert sei: Neue Verkehrsregeln<br />

akzeptieren. Erstens: Verkehr wird per Lautstärke geregelt.<br />

Grösste Hupe = Vorfahrt. Fussgänger ohne Hupe = rennen. Und:<br />

Lastwagen haben immer recht. Zweitens: Optimale Ausnutzung<br />

der Strasse: Auf zwei Fahrspuren passen drei Autos nebeneinander,<br />

auf ein Motorrad vier Leute, in einen Jeep 20. Man muss nur<br />

wollen. Drittens: Es herrscht Linksverkehr. Und zusätzlich Rechtsverkehr,<br />

wo es sich anbietet. Es kommt immer drauf an. Besser<br />

kann man es nicht beschreiben – Verkehrsregeln scheinen in Indien<br />

ausser Kraft gesetzt.<br />

Dass es trotzdem funktioniert, liegt an der relativ geringen Geschwindigkeit:<br />

Selbst auf Schnellspuren und stadtnahen Autobahnen<br />

wird selten mehr als 60 km/h gefahren. Sonst läuft man Gefahr,<br />

sich Räder und Fahrwerk zu ruinieren. Dazu kommt ein stilles<br />

Agreement zwischen allen Akteuren, auch bei noch so gewagten<br />

Manövern aufeinander zu achten. Es klappt meistens, selbst mit<br />

Touché – Kratzer und Beulen sind an der Tagesordnung. Falls es<br />

doch mal kracht, dann bei höheren Tempi und richtig: Autowracks<br />

am Strassenrand künden von unguten Begegnungen.<br />

Wenn Inder «Car» sagen, ist nicht zwangsläufig von einem Auto<br />

die Rede – auch Motor- und sogar Fahrräder könnten gemeint<br />

sein. Diese sehr freie Interpretation wurde stets geduldet und ist<br />

ein gutes Beispiel für die oftmals von Toleranz geprägte indische<br />

Mentalität. Inzwischen wurden aber neue, weniger missverständliche<br />

Begriffe erfunden und setzten sich durch – «2-Wheeler» nämlich,<br />

«3-Wheeler» und eben «4-Wheeler». Letztere sind nicht zu<br />

verwechseln mit Offroadern, die in Indien kategorisch «Four-<br />

Wheel-Drive» genannt werden.<br />

124 <strong>VECTURA</strong> #11


Vijay hat die Ruhe weg – er macht das seit 36 Jahren<br />

Kein Dreirad-Modell ist wie das andere. Die Unterschiede sind teils subtil<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 125


GRENZERFAHRUNG<br />

Warten auf Kundschaft: Dreirad-Chauffeure müssen<br />

Geduld haben. Für die Kurzstrecke zwei Strassen<br />

weiter ist sich hier jedenfalls keiner zu schade<br />

Wir erleben Indiens automobiles Epizentrum – neben nationalen<br />

Herstellern wie Bajaj und Force haben sich um Pune auch Fiat,<br />

Mercedes oder Volkswagen angesiedelt – recht entspannt: In Bangalore,<br />

Delhi oder Mumbai wird noch viel enger auf- und aggressiver<br />

gefahren. Das hat auch mit immer mühsameren Distanzen<br />

zu tun: Mumbai und Delhi zählen jeweils über 15 Millionen Menschen,<br />

Bangalore oder Chennai so um die zehn – ganz genau<br />

weiss das niemand. Pune dagegen wirkt mit seinen mittlerweile<br />

auch schon sieben gelegentlich wie eine gemütliche Kreisstadt.<br />

Allein der beissende Gestank erinnert uns an die spürbar hohe<br />

Feinstaubbelastung: Es riecht nach Blei und verbranntem Kunststoff,<br />

der an jeder Ecke vor sich hin kokelt. Selbst Leistungssportler<br />

fangen nach wenigen Tagen an zu hüsteln; Atemwegserkrankungen<br />

sind in Indiens Metropolen ganz normal und häufig<br />

Todesursache.<br />

unseren Fahrer vorhin gebeten, sich zu beeilen. Das tut Vijay denn<br />

auch und es scheint ihm Spass zu machen, sich von niemandem<br />

überholen zu lassen.<br />

Taxis in Pune sind übrigens alle schwarz, so hält man es auch in<br />

Mumbai und Delhi. In Bangalore dagegen sind sie meist grün lackiert,<br />

in Chennai gelb und manchmal blau. Das nur als hilfreiche<br />

Information für alle, die sich mal in Indien verlaufen sollten. Dennoch<br />

muss jetzt niemand hetzen, um schnell nochmal Dreirad zu<br />

fahren: Es wird sie noch eine ganze Weile geben, nicht wahr Vijay?<br />

Er grinst und wackelt wieder mit dem Kopf. Sein sechsstündiger<br />

Chauffeurservice kostet uns umgerechnet unter zehn Franken.<br />

Auch das ist ein Erlebnis; wir werden ihm ein Trinkgeld geben.<br />

Im Taxi neben uns, das eben noch behutsam am Strassenrand<br />

entlangeierte, sitzt eine ganze Familie: Vater, Mutter, zwei Kinder,<br />

ihr Opa plus der Fahrer – irgendwie passt es immer, auch beim<br />

Rangieren. Das Gerangel um einen guten Startplatz an der nächsten<br />

roten Ampel ist Millimeterarbeit. Und dann dröhnen sie alle<br />

gleichzeitig los, bis die Fliehkraftkupplungen greifen und Lärm in<br />

Bewegung umsetzen. Letztere fühlt sich nach zehn Sekunden<br />

richtig schnell an – erstaunlich, was eine Handvoll Pferdchen so<br />

alles anstellen können! Schon naht die nächste Kurve und Vijay<br />

sticht unerschrocken hinein, das Tuk-Tuk baut auf dem äusseren<br />

Hinterrad Grip auf und lässt jede noch so kleine Strassenunebenheit<br />

zum Allerwertesten durch. Selbst Schuld, denn wir haben<br />

Metalcore: Der Force Minidor ist ein sechsplätziges Dreirad-Taxi…<br />

126 <strong>VECTURA</strong> #11


… wird aber seit Jahren nicht mehr<br />

gebaut. Entsprechend verbraucht sind<br />

noch existente Exemplare, was ihre<br />

Fahrer allerdings kaum zu stören<br />

scheint: Wieso auch, fährt doch!<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 127


GRENZERFAHRUNG<br />

Wer einmal mitfuhr, der weiss, wie schnell 60 Stundenkilometer sein können<br />

Kindersitz? In Indien hat das eine ganz andere Bedeutung<br />

128 <strong>VECTURA</strong> #11


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[lat.: das Fahren] #11 | Sommer <strong>2014</strong><br />

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ZEITREISE // UNTERWEGS MIT SKODA<br />

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SPEZIAL<br />

IM GRÜNEN BEREICH<br />

AUTOS KÖNNEN HEUTE FAST ALLES; SOGAR AUTONOMES FAHREN<br />

IST KEINE UTOPIE MEHR. TROTZDEM WIRD WELTWEIT FIEBERHAFT<br />

AN DER UMWELTVERTRÄGLICHKEIT GEARBEITET. ALS GRÖSSTE<br />

HERAUSFORDERUNG GILT DABEI DER CO 2 -AUSSTOSS, DOCH ER HAT<br />

SICH BEREITS DRASTISCH REDUZIERT, WIE UNSERE TABELLE MIT<br />

100-ODER-WENIGER-GRAMM-MODELLEN ZEIGT<br />

Text / Tabelle Stefan Lüscher<br />

Dieser Stoff wird heiss diskutiert: Kohlenstoffdioxid (CO 2 ) ist zwar<br />

ein natürliches Gas, besteht aus Kohlenstoff und Sauerstoff und<br />

hat durchaus positive Eigenschaften – wenn man es beispielsweise<br />

als Kohlensäure in Kaltgetränken genussvoll konsumiert. In<br />

grossen Mengen produziert trägt CO 2 jedoch zum sogenannten<br />

Treibhauseffekt und somit zur Erderwärmung bei, ausserdem wirkt<br />

es in hoher Konzentration giftig.<br />

Diesem auch von Pflanzen und Tieren reichlich produzierten Gas<br />

ist deshalb längst der Kampf angesagt worden. Insbesondere bei<br />

Verbrennungsmotoren soll der CO 2 -Ausstoss signifikant gesenkt<br />

werden: Die Schweiz hat per Juli 2012 analog zur EU neue CO 2 -<br />

Emissionsvorschriften für Personenwagen erlassen, die bis 2015<br />

schrittweise angewendet werden. Danach dürfen Neuwagen im<br />

Durchschnitt nur noch 130 Gramm pro Kilometer ausstossen. Wird<br />

dieser Wert von Privatpersonen, die selbst ein Fahrzeug in die<br />

Schweiz einführen, oder Kleinimporteuren (weniger als 50 Fahrzeuge<br />

pro Jahr) überschritten, kann es richtig teuer werden: Errechnet<br />

wird das nach einem komplizierten Schlüssel; bei einem<br />

Grossserienmodell mit 8,3 L/100 km und 1500 kg Gewicht sind<br />

im Einzelfall bis zu 6300 Franken fällig. Hierzulande dürfen Importeure<br />

jedoch ihren Flottenverbrauch geltend machen und müssen<br />

nur eine Art Lenkungsabgabe zahlen, wenn sie die vorgeschriebenen<br />

130 g/100 km nicht einhalten.<br />

Die europaweit definierte Zielvorgabe entspricht bei Benzinmotoren<br />

einem Durchschnittsverbrauch von knapp 5,6 L/100 km, bei<br />

Dieselaggregaten sind es 4,9 Liter. Das ist natürlich nicht das Ende<br />

der Fahnenstange, denn bis 2<strong>02</strong>0 sollen die durchschnittlichen<br />

Grenzwerte auf 95 Gramm pro Kilometer gesenkt werden. Das<br />

würde dann bei Benzinern einem Verbrauch von knapp 4,1 L/100<br />

km und bei Dieselmotoren 3,6 L/100 km entsprechen. Zum<br />

Vergleich: In den 1990er-Jahren stiessen Autos in der Schweiz<br />

durchschnittlich über 190 g/km CO 2 aus, was rund 8,3 Liter entsprach.<br />

Bis 2010 konnte dieser Wert auf 161 g/km (6,9 L) gesenkt<br />

werden und 2011 nochmals um 3,5% auf 155 g/km CO 2 (6,6 L/100<br />

km). Umgerechnet auf eine Tonne Fahrzeuggewicht emittierte ein<br />

Auto 1990 noch 175 g/km (7,5 L). Heute sind es auf eine Tonne<br />

Gewicht dank effizienterer Aggregate noch 100 g/km (4,3 Liter auf<br />

100 Kilometer).<br />

<strong>VECTURA</strong> hat das aktuelle Fahrzeugangebot in der Schweiz unter<br />

die Lupe genommen und festgestellt, dass es bereits überraschend<br />

viele Modelle gibt, die unter 100 Gramm emittieren, was<br />

Umwelt sowie Portemonnaie gleichermassen schont. Die ebenfalls<br />

wachsende Anzahl an reinen Elektrofahrzeugen, welche wir in unserer<br />

Liste bewusst ausgeklammert haben, stossen ja null Gramm<br />

pro Kilometer aus. Es stellt sich allerdings die Frage, wie CO 2 -<br />

neutral und nachhaltig der Strom produziert wurde, bevor er aus<br />

der Steckdose kam…<br />

Auch Gas-Fahrzeuge verfügen über eine hervorragende CO 2 -<br />

Bilanz – insbesondere wenn sie mit aus Biomasse gewonnenem<br />

Biogas betrieben werden. Weitere CO 2 -Musterschüler sind die<br />

noch raren Plug-in-Hybriden; sie verbinden sozusagen das Beste<br />

aus zwei Welten. Auf Kurzstrecken und in Agglomerationen lassen<br />

sie sich rein elektrisch bewegen, auf längeren Fahrten punkten sie<br />

wie normale Hybriden mit konsequenter Energierückgewinnung.<br />

Aber auch bei Benzin- und Dieseltriebwerken ist viel optimiert worden;<br />

speziell die Ottomotoren haben bezüglich Verbrauch und<br />

Emission stark aufgeholt. Ein Zauberwort lautet Downsizing: Moderne<br />

Aggregate leisten mit weniger Hubraum, Zylindern und Gewicht<br />

oftmals mehr – bei deutlich tieferen Verbrauchs- und CO 2 -<br />

Werten. Kleine, schnell ansprechende Turbolader, raffinierte<br />

Ventilsysteme oder komplexe elektronische Direkteinspritzungen<br />

mit extrem hohen Drücken machen es möglich. Ähnliches gilt für<br />

Turbodiesel, die dank Elektronik, viel Feinschliff und raffinierter<br />

Abgasnachbehandlung kultiviert wurden. Die Ergebnisse können<br />

sich jeweils sehen lassen; leider werden sie noch zu oft von wachsenden<br />

Fahrzeuggewichten relativiert. Aufgrund vieler zusätzlicher<br />

Sicherheitssysteme und Zusatzausstattungen haben Autos von<br />

1990 bis heute trotz forciertem Leichtbau im Schnitt rund 100 Kilogramm<br />

Gewicht zugelegt – Ausnahmen bestätigen die Regel.<br />

Es gibt also noch viel zu tun, doch der Blick auf unsere Liste demonstriert,<br />

dass dem Umdenken bereits Taten folgen. Einige der<br />

aufgeführten Modelle sind keine Spassbremsen mehr, sondern<br />

vollwertige Autos mit Langstreckenqualitäten. Die Industrie hat<br />

geliefert. Jetzt ist es an den Käufern, dem «U-100-Club» zum<br />

Durchbruch zu verhelfen.<br />

130 <strong>VECTURA</strong> #11


MARKE Länge / Breite / Höhe Hubraum Zyl. PS (kW) / min Nm / min 0-100 km / h V max Gewicht ab L / 100 km CO 2 Preis ab<br />

in cm in cm 3 in Sek in kg in g / km CHF<br />

ALFA ROMEO<br />

MiTo 0.9 TTA 406,5 / 172 / 144,5 875 2 105 (77) / 5500 120 / 1750 11,4 184 1205 4,2 99 20 500<br />

AUDI<br />

A1 1.6 TDI 90 395,5 / 174 / 141,5 1598 4 90 (66) / 4200 230 / 1500–2500 11,4 182 1210 3,8 99 25 900<br />

A1 1.6 TDI 105 395,5 / 174 / 141,5 1598 4 105 (77) / 4400 250 / 1500–2500 10,5 190 1215 3,8 99 27 550<br />

A1 1.6 TDI 90 Sportback 395,5 / 174,5 / 142 1598 4 90 (66) / 4200 230 / 1500–2500 11,6 182 1235 3,8 99 26 800<br />

A1 1.6 TDI 105 Sportback 395,5 / 174,5 / 142 1598 4 105 (77) / 4400 250 / 1500–2500 10,7 190 1240 3,8 99 28 450<br />

A3 1.6 TDI Ultra 423,5 / 177,5 / 142 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,7 203 1280 3,2 85 32 300<br />

A3 1.6 TDI 423,5 / 177,5 / 142 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,5 200 1305 3,8 99 32 300<br />

A3 Sportback 1.4 TFSI g-tron (CNG) 431 / 178,5 / 142,5 1395 4 110 (81) / 3200–4000 200 / 1500–3500 10,8 197 1355 3,3 kg 88 34 300<br />

A3 Sportback 1.6 TDI Ultra 431 / 178,5 / 142,5 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,7 200 1355 3,3 88 33 600<br />

A3 Sportback 1.6 TDI 431 / 178,5 / 142,5 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,7 200 1355 3,8 99 33 600<br />

A3 Limousine 1.6 TDI Ultra 445,5 / 179,5 / 141,5 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,7 203 1315 3,3 88 35 600<br />

A3 Limousine 1.6 TDI 445,5 / 179,5 / 141,5 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,7 203 1365 3,8 99 35 600<br />

BMW<br />

116d EfficientDynamics 432,5 / 176,5 / 141,5 1598 4 116 (85) / 4000 260 / 1750–2500 10,5 195 1305 3,8 99 34 900<br />

i3 (mit Range Extender) 400 / 177,5 / 158 647 2 170 (125) / 0 34 (25) / 4300 7,9 150 1315 1,3 0,6 46 900<br />

i8 469 / 194 / 129,5 1499 3 1)<br />

B: 231 (170) / 5800 B: 320 / 3700 4,4 250 1485 2,1 49 162 200<br />

2)<br />

E: 131 (96) / 4800 E: 250<br />

CHEVROLET<br />

1)<br />

Volt 450 / 178,5 / 144 1398 4 B: 86 (63) / 4800 126 / 4250 46 900<br />

– – 2)<br />

E: 150 (111) 370 10 160 1732 1,2 27<br />

Aveo 1.3 TCDi LT Eco 404 / 173,5 / 152 1248 4 95 (70) / 4000 210 / 1750–2500 12,6 174 1330 3,6 95 19 900<br />

CITROËN<br />

C3 1.2 e-VTi 82 ETG 394 / 173 / 152,5 1199 3 82 (60) / 5750 118 / 2750 14,4 176 1123 4,3 99 19 290<br />

C3 1.4 e-HDi 70 BMP 394 / 173 / 152,5 1398 4 70 (50) / 4000 160 / 2000 16,2 165 1199 3,4 87 20 990<br />

C3 1.6 e-HDi 90 BVM 394 / 173 / 152,5 1560 4 92 (68) / 3750 230 / 1750 11,3 182 1220 3,6 95 21 090<br />

C3 1.6 e-HDi 90 ETG6 394 / 173 / 152,5 1560 4 92 (68) / 3750 230 / 1750 11,8 183 1204 3,6 95 22 090<br />

C4 1.6 e-HDi 115 BVM6 433 / 179 / 149 1560 4 115 (84) / 3600 270 / 1750 11,3 190 1355 3,8 97 27 750<br />

C4 1.6 e-HDi 115 ETG6 433 / 179 / 149 1560 4 115 (84) / 3600 270 / 1750 11,2 190 1280 3,8 98 29 150<br />

C4 Picasso e-HDi 90 ETG6 443 / 182,5 / 161 1560 4 92 (68) / 3750 230 / 1750 13.7 175 1490 3,8 98 29 200<br />

C4 Grand Picasso e-HDi 90 ETG6 459,5 / 182,5 / 164 1560 4 92 (68) / 3750 230 / 1750 14 175 1492 3,8 98 30 200<br />

C4 Cactus 1,2 e-VTi 82 ETG 415,5 / 194,5 / 148 1199 3 82 (60) / 5750 118 / 2750 15 172 975 4,3 98 22 100<br />

C4 Cactus 1.6 e-HDi 90 ETG6 415,5 / 194,5 / 148 1560 4 92 (68) / 3750 230 / 1750 11,4 190 1055 3,5 92 23 100<br />

C4 Cactus 1.6 BlueHDi 100 BVM 415,5 / 194,5 / 148 1560 4 100 (73) / 3500 254 / 1750 10,7 207 1070 3,4 89 22 900<br />

C4 Cactus 1.6 BlueHDi 100 BVM Airdream 415,5 / 194,5 / 148 1560 4 100 (73) / 3500 254 / 1750 10,7 207 1070 3,1 82 22 900<br />

DS3 1.2 e-VTi 82 ETG 395 / 171,5 / 146 1199 3 82 (60) / 5750 118 / 2750 14,4 176 1110 4,3 99 19 590<br />

DS3 1.4 e-HDi 70 BMP 395 / 171,5 / 146 1398 4 70 (50) / 4000 160 / 2000 16,2 165 1188 3,4 87 21 090<br />

DS3 1.6 e-HDi 90 ETG6 395 / 171,5 / 146 1560 4 92 (68) / 3750 230 / 1750 11,8 183 1218 3,6 95 24 790<br />

DS3 Cabrio 1.6 e-HDi 90 ETG6 395 / 171,5 / 146 1560 4 92 (68) / 3750 230 / 1750 11,8 178 1198 3,8 99 28 690<br />

DS5 Hybrid4 200 ETG6 453 / 187 / 150,5 1997 4 120 (82) 2) E: 27 300 2) E: 200 8,6 211 1735 3,3 85 49 000<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 131


SPEZIAL<br />

MARKE Länge / Breite / Höhe Hubraum Zyl. PS (kW) / min Nm / min 0-100 km / h V max Gewicht ab L / 100 km CO 2 Preis ab<br />

in cm in cm 3 in Sek in kg in g / km CHF<br />

DACIA<br />

Sandero Lauréate dCi 90 Eco2 408 / 173,5 / 156 1461 4 66 (90) / 3750 200 / 1750 12,1 173 1161 3,8 99 15 050<br />

Sandero Supreme dCi 90 Eco2 408 / 173,5 / 156 1461 4 66 (90) / 3750 200 / 1750 12,1 173 1161 3,8 99 15 600<br />

Logan MCV Lauréate dCi 90 Eco2 449 / 173,5 / 152 1461 4 66 (90) / 3750 220 / 1750 12,1 173 1217 3,8 99 16 050<br />

Logan MCV Supreme dCi 90 Eco2 449 / 173,5 / 152 1461 4 66 (90) / 3750 220 / 1750 12,1 173 1217 3,8 99 16 600<br />

FIAT<br />

500 0.9 TAir TB 85 S&S 354,5 / 162,5 / 149 875 2 85 (63) / 5500 145 / 1900 11,0 173 1005 4,0 92 18 790<br />

500 0.9 TAir TB 105 S&S 354,5 / 162,5 / 149 875 2 105 (77) / 3750 145 / 2000 10,0 188 1015 4,2 99 22 990<br />

500 1.3 MJ 95 S&S 354,5 / 162,5 / 149 1248 4 95 (70) / 4000 200 / 1500 10,7 180 1055 3,7 97 23 990<br />

Panda 0.9 TAir TB 85 S&S 365,5 / 164,5 / 155 875 2 85 (63) / 5500 145 / 1900 11,2 177 1050 4,2 99 17 650<br />

Panda 0.9 TAir NP80 CNG 365,5 / 164,5 / 155 875 2 1) B: 85 (63) / 5500 1) B: 145 / 1900 1) B: 12,0 1) B: 170 1155 1) B: 4,6 1)<br />

B: 107 20 650<br />

3) G: 80 (59) / 5500 3) G: 140 / 2500 3) G: 12,8 3) G: 168 3) G: 4,8 kg 3)<br />

G: 86 20 650<br />

FORD<br />

Fiesta 1.0 65 398 / 197,5 / 149,5 998 3 65 (48) / 6300 105 / 4100 16,8 155 1045 4,3 99 16 490<br />

Fiesta 1.0 80 398 / 197,5 / 149,5 998 3 80 (59) / 6300 105 / 4100 14,9 165 1045 4,3 99 18 490<br />

Fiesta 1.0 SCTi 100 Ecoboost 398 / 197,5 / 149,5 998 3 100 (74) / 6000 170 / 1400–4000 11,2 180 1091 4,3 99 19 690<br />

Fiesta 1.0 SCTi 125 Ecoboost 398 / 197,5 / 149,5 998 3 125 (92) / 6000 170 / 1400–4500 9,4 196 1091 4,3 99 22 690<br />

Fiesta 1.5 TDCI 398 / 197,5 / 149,5 1499 4 75 (55) / 3750 170 / 1750 13,5 167 1108 3,7 98 19 890<br />

Fiesta 1.6 TDCI 398 / 197,5 / 149,5 1560 4 95 (70) / 4000 200 / 1750–3000 11,7 181 1108 3,6 95 25 500<br />

Fiesta 1.6 TDCI 95 Econetic 398 / 197,5 / 149,5 1560 4 95 (70) / 4000 200 / 1750–3000 12,9 k.A. 1108 3,3 87 22 240<br />

Focus 1.6 TDCI 105 Econetic 436 / 201 / 148,5 1560 4 105 (77) / 3600 270 / 1750–2500 11,8 187 1350 3,4 88 26 700<br />

New Focus 1.0 SCTi 100 Ecoboost k.A. 998 3 100 (74) / 6000 170 / 1500–4000 12,5 185 k.A. k.A. 99 k.A.<br />

New Focus 1.0 SCTi 125 Ecoboost k.A. 998 3 125 (92) / 6000 170 / 5400–4500 11,3 193 k.A. k.A. 99 k.A.<br />

HONDA<br />

Civic 1.6 i-DTEC 430 / 177 / 144 1597 4 120 (88) / 5800 121 / 4500 12,4 182 1499 3,6 94 22 900<br />

Insight 1.3i Hybrid 437,5 / 169,5 / 142,5 1339 4 4) 98 (72) 4)<br />

92 12,4 182 1315 4,1 96 28 100<br />

HYUNDAI<br />

i20 1.1 CRDi 399,5 / 171 / 149 1120 3 75 (55) / 4000 180 / 1750–2500 15,9 1060 1272 3.6 93 15 990<br />

i20 1.4 CRDi 399,5 / 171 / 149 1396 4 90 (66) / 4000 220 / 1500–2750 13.5 1060 1307 3,7 96 19 890<br />

i30 1.6 CRDi 430 / 178 / 147 1582 4 128 (94) / 4000 260 / 1900–2750 10,9 1316 1461 3,7 97 23 990<br />

KIA<br />

Picanto Classic 1.0 CVVT man. 359,5 / 159,5 / 148 998 3 69 (51) / 6200 95 / 3500 14,4 153 1<strong>02</strong>0 4,1 95 14 650<br />

Picanto Trend 1.2 CVVT man. 359,5 / 159,5 / 148 998 4 85 (63) / 6000 121 / 4000 11,4 171 1030 4,3 100 16 950<br />

Rio 85g 1.1 CRDi man. 404,5 / 172 / 145,5 1120 3 75 (55) / 4000 180 / 1750–2750 16,1 160 1203 3,2 85 19 777<br />

Rio Trend 1.4 CRDi man. 404,5 / 172 / 145,5 1396 4 90 (66) / 4000 220 / 1500–2750 14,2 172 1333 3,6 94 21 990<br />

cee'd Trend 1.6 CRDi man. 431 / 178 / 148,5 1582 4 94 (128) / 4000 260 / 1900–2750 10,9 197 1454 3,8 100 27 777<br />

LANCIA<br />

Ypsilon 0.9 TAir S&S 384 / 167,5 / 152 875 2 85 (63) / 5500 145 / 2000 11,9 176 1050 4,2 99 18 290<br />

Ypsilon 0.9 TAir CNG 384 / 167,5 / 152 875 2 1) B: 85 (63) / 5500 1)<br />

B: 145 / 1900 13,1 167 1165 3,1 86 22 990<br />

3) G: 80 (59) / 5500 3)<br />

G: 140 / 2500<br />

Ypsilon 1.3 D-MJ S&S 384 / 167,5 / 152 1248 4 95 (70) / 4000 200 / 1500 11,4 183 1125 3,8 99 21 990<br />

132 <strong>VECTURA</strong> #11


MARKE Länge / Breite / Höhe Hubraum Zyl. PS (kW) / min Nm / min 0-100 km / h V max Gewicht ab L / 100 km CO 2 Preis ab<br />

in cm in cm 3 in Sek in kg in g / km CHF<br />

LEXUS<br />

CT 200h 435 / 176,5 / 144,5 1798 4 4)<br />

136 (100) k.A. 10,3 180 1445–1540 3,6 82 34 700<br />

IS 300h 466,5 / 181 / 143 2494 4 4)<br />

223 (164) k.A. 8,3 200 1705–1795 4,3 99 48 900<br />

MERCEDES<br />

A 160 CDI 429 / 178 / 143,5 1461 4 90 (66) / 4000 240 / 1750–2750 13,8 180 1425 3,8 98 33 900<br />

A 180 CDI 429 / 178 / 143,5 1461 4 109 (80) / 4000 260 / 1750–2500 11,3 190 1385 3,6 92 34 700<br />

B 180 CDI 436 / 178,5 / 155,5 1461 4 109 (80) / 4000 109 (80) / 4000 11,9 190 1425 3,8 98 38 500<br />

CLA 180 CDI 7G-DTC 463 / 178 / 143 1461 4 109 (80) / 4000 260 / 1750–2500 1475 3,8 99 45 695<br />

MINI<br />

One D 382 / 172,5 / 141,5 1496 3 95 (70) / 4000 220 / 1750 11 190 1190 3,5 92 25 500<br />

Cooper D 382 / 172,5 / 141,5 1496 3 116 (85) / 4000 270 / 1750 9,2 205 1210 3,6 95 27 900<br />

MITSUBISHI<br />

Space Star Inform 1.0 3710 / 1665 / 1490 999 3 71 (52) / 6000 88 / 5000 13,6 172 920 4 92 11 999<br />

Space Star Invite 1.2 3710 / 1665 / 1490 1193 3 80 (59) / 6000 106 / 4000 11,7 180 920 4,1 96 13 499<br />

Outlander PHEV 4x4 Intense 4655 / 1800 / 1680 1968 4 4) 203 (149) 4)<br />

274 11,0 170 1880 1,9 44 49 999<br />

NISSAN<br />

Micra 1.2 DIG-S 382,5 / 167 / 152,5 1198 3 98 (72) / 5600 147 / 4400 11,3 180 1060 4,3 99 19 290<br />

Note 1.2 DIG-S 410 / 169,5 / 153,5 1198 3 98 (72) / 5600 147 / 4400 11,7 181 1125 4,3 99 23 090<br />

Note 1.5 dCi 410 / 169,5 / 153,5 1461 4 90 (66) / 400 200 / 2000 11,9 179 1165 3,6 92 22 390<br />

Qashqai 1.5 dCi 437,5 / 180,5 / 159 1461 4 110 (81)4000 260 / 1750–2500 11,9 182 1365 4,2 99 28 990<br />

OPEL<br />

Ampera 450 / 178,5 / 144 1398 4 1)<br />

B: 86 (63) / 4800 126 / 4250 46 900<br />

– – 2)<br />

E: 150 (111) 370 10 160 1732 1,2 27<br />

ADAM 1.0 Ecotec Direct Injection Turbo 370 / 172 / 148,5 998 3 90 (66) / 4000 166 / 1800 11,9 180 1130 4,3 99<br />

5)<br />

ADAM ROCKS 1.0 Ecotec Direct Injection Turbo k.A. 998 3 90 (66) / 4000 166 / 1800 11,9 180 k.A. 4,3 99<br />

5)<br />

Astra Limousine 1.6 CDTI Ecoflex 442 / 183 / 151 1598 4 110 (81) / 3500 300 / 1750–2000 12,0 184 1503 3,7 97 27 900<br />

Astra Sports Tourer 1.6 CDTI Ecoflex 470 / 183 / 153,5 1598 4 110 (81) / 3500 300 / 1750–2000 12,4 186 1518 3,7 97 29 100<br />

Astra Limousine 1.7 CDTI Ecoflex 466 / 183 / 150 1686 4 110 (81) / 4000 280 / 1750–2500 12,6 191 1393 3,7 99 28 850<br />

Insignia Stufenheck 2.0 CDTI Ecoflex 484 / 186 / 150 1956 4 140 (103) / 4000 350 / 1750–2500 10,5 205 1503 3,7 99 33 450<br />

Corsa 1.3 CDTI Ecoflex 400 / 171,5 / 149 1248 4 95 (70) / 4000 190 / 1750–2250 12,3 177 1100 3,3 88 23 100<br />

Meriva 1.6 CDTI Ecoflex 430 / 181 / 161,5 1598 4 110 (81) / 3500 300 / 1750-2000 12,5 185 1518 3,8 99<br />

5)<br />

PEUGEOT<br />

107 1.0 VTi 999 3 82 (60) / 6000 93 / 3600 13,5 157 930 4,3 99 12 950<br />

208 1.4 e-HDi 396 / 174 / 146 1398 4 68 (50) / 4000 160 / 1750 13,5 163 1255 3,4 87 22 650<br />

208 1.6 e-HDi 396 / 174 / 146 1560 4 92 (68) / 4000 230 / 1750 10,9 185 1285 3,3 85 23 050<br />

208 1.0 VTi 396 / 174 / 146 999 3 68 (50) / 6000 95 / 3000 14,0 165 1178 4,3 99 14 900<br />

208 1.2 e-VTi 396 / 174 / 146 1199 3 82 (60) / 6000 118 / 2750 12,2 175 1190 4,1 95 16 600<br />

2008 1.6 e-HDi 416 / 174 / 155,5 1199 3 82 (60) / 6000 118 / 2750 13,5 169 1190 4,1 95 21 350<br />

308 1.6 Blue-HDi 425 / 180,5 / 145,5 1560 4 120 (88) / 3500 300 / 1750–2000 9,7 196 1260 3,4 88 31 200<br />

308 SW 1.6 Blue-HDi 458,5 / 180,5 / 147 1560 4 120 (88) / 3500 300 / 1750–2000 9,7 196 1260 3,4 88 32 400<br />

3008 2.0 HDI Hybrid4 436,5 / 183,5 / 164 1997 4 4) 200 (147) 4)<br />

450 8,5 191 1880 3,3 85 42 500<br />

508 Hybrid4 479 / 186,5 / 152,5 1997 4 4) 200 (147) 4)<br />

450 8,6 210 1880 3,3 85 50 900<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 133


SPEZIAL<br />

MARKE Länge / Breite / Höhe Hubraum Zyl. PS (kW) / min Nm / min 0-100 km / h V max Gewicht ab L / 100 km CO 2 Preis ab<br />

in cm in cm 3 in Sek in kg in g / km CHF<br />

RENAULT<br />

Clio Energy dCi 90 406 / 173 / 145 1461 4 90 (66) / 4000 220 / 1750 11,7 178 1308 3,4 90 19 450<br />

Clio dCi 90 EDC 406 / 173 / 145 1461 4 90 (66) / 4000 220 / 1750 k.A. 176 1358 3,7 95 23 650<br />

Clio Grandtour Energy dCi 90 426,5 / 173 / 144,5 1461 4 90 (66) / 4000 220 / 1750 11,7 178 1361 3,4 90 20 430<br />

Clio Grandtour dCi 90 EDC 426,5 / 173 / 144,5 1461 4 90 (66) / 4000 220 / 1750 k.A. 176 1391 3,7 95 24 630<br />

Captur Energy dCi 90 412 / 178 / 156,5 1461 4 90 (66) / 4000 220 / 1750 13,1 171 1379 3,6 95 24 350<br />

Megane Berline Energy dCi 110 430 / 181 / 147 1461 4 110 (81) / 4000 240 / 1750 12,4 190 1290 3,5 90 25 600<br />

Megane Grandtour Energy dCi 110 456,5 / 180,5 / 150,5 1461 4 110 (81) / 4000 240 / 1750 10,8 190 1383 3,5 90 26 800<br />

SEAT<br />

Mii 1.0 MPI Ecofuel (CNG) 356 / 191 / 149 999 3 68 (50) / 5000 90 / 3000–4300 16,3 164 1031 2,9 kg 6)<br />

79 71 15 050<br />

Mii 1.0 MPI Ecomotive 356 / 191 / 149 999 3 60 (44) / 5000 95 / 3000–4300 14,4 161 940 4,1 95 12 300<br />

Ibiza SC 1.2 TDI Ecomotive 406 / 169,5 / 144,5 1199 3 75 (55) / 4200 180 / 2000 13,9 173 1150 3,4 88 19 150<br />

Ibiza ST (Kombi) 1.2 TDI Ecomotive 423,5 / 169,5 / 144,5 1199 3 75 (55) / 4200 180 / 2000 14,6 173 1205 3,4 89 20 750<br />

Toledo 1.6 TDI Ecomotive 448 / 170,5 / 146 1598 4 105 (77) / 4400 250 / 1500–2500 10,3 190 1263 3,8 99 21 950<br />

Leon 1.6 TDI Ecomotive 426,5 / 181,5 / 146 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,5 199 1260 3,3 87 27 950<br />

Leon 1.6 TDI 426,5 / 181,5 / 146 1598 4 105 (77) / 3000–4000 250 / 1500–2750 10,7 192 1286 3,8 99 26 450<br />

Leon SC 1.6 TDI Ecomotive 423,5 / 181,5 / 144,5 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,4 199 1240 3,3 87 27 450<br />

Leon SC 1.6 TDI 423,5 / 181,5 / 144,5 1598 4 105 (77) / 3000–4000 250 / 1500–2750 10,6 192 1266 3,8 99 25 950<br />

Leon ST 1.6 TDI Ecomotive 453,5 / 181,5 / 145 1598 4 110 (81) / 3200–4000 250 / 1500–3000 10,6 199 1280 3,3 87 29 250<br />

Leon ST 1.6 TDI 453,5 / 181,5 / 145 1598 4 105 (77) / 3000–4000 250 / 1500–2750 11,1 191 1331 3,8 99 27 750<br />

Leon 1.4 TGI Ecofuel (CNG) 426,5 / 181,5 / 146 1395 4 110 (81) / 5000 200 / 1500–4000 10,9 194 1359 3,5 kg 94 6) 8526 350<br />

ŠKODA<br />

Citigo 1.0 60 Green tec 356 / 164 / 148 999 3 60 (44) / 5000 95 / 3000 14,4 161 940 4,1 95 12 650<br />

Citigo 1.0 75 Green tec 356 / 164 / 149 999 3 75 (55) / 6200 95 / 3001 13,2 172 940 4,2 98 13 450<br />

Citigo 1.0 G-TEC Green tec (CNG) 356 / 164 / 150 999 3 68 (51) / 6200 90 / 3000 16,3 164 1031 4,4 kg 71 18 230<br />

Fabia 1.2 TDI Greenline 400 / 188 / 150 1199 3 75 (56) / 4200 180 / 2000 14,2 172 1203 3,4 88 21 370<br />

Octavia 1.6 TDI 466 / 181 / 146 1598 4 105 (78) / 3000 250 / 1500 10,8 194 1338 3,8 99 25 380<br />

Octavia 1.6 TDI Greenline 466 / 181 / 147 1598 4 110 (82) / 3250 250 / 1500 10,6 206 1280 3,3 87 27 850<br />

Octavia 1.4 G-TEC (CNG) 466 / 181 / 148 1395 4 110 (82) / 4800 200 / 1500 10,9 195 1390 5,4 kg 97 28 050<br />

SMART<br />

Fortwo mhd 269,5 / 156 / 154 999 3 61 (45) / 5800 89 / 2800 16,7 145 825 4,2 97 13 900<br />

Fortwo mhd 269,5 / 156 / 154 999 3 71 (52) / 5800 92 / 2800 13,7 145 825 4,3 98 16 100<br />

SUZUKI<br />

Alto Unico 350 / 160 / 147 996 3 68 (50) / 6000 90 / 3400 14,0 155 930 4,3 99 9 900<br />

Alto Compact + 350 / 160 / 147 996 3 68 (50) / 6000 90 / 3400 14,0 155 930 4,1 94 12 990<br />

Alto Sergio Cellano 350 / 160 / 147 996 3 68 (50) / 6000 90 / 3400 14,0 155 930 4,1 94 13 490<br />

Swift Compact Top Diesel 385 / 169,5 / 151 1248 4 94 (69) / 6000 190 / 1750 12,7 165 1140 3,8 98 19 990<br />

TOYOTA<br />

Aygo 1.0 VVT-i (MY<strong>2014</strong>) 343 / 161,5 / 146,5 998 3 68 (50) / 6000 93 / 3600 14,2 157 920 4,3 99 11 700<br />

Yaris 1.5 VVT-i HSD Hybrid 390,5 / 169,5 / 151 1497 4 4)<br />

100 (74) 111 / 3600–4400 11,8 165 1215 3,5 79 23 990<br />

Auris 1.4 D-4D 427,5 / 176 / 146 1364 4 90 (66) / 3800 205 / 1800–2800 12,5 180 1280 3,8 99 22 500<br />

Auris 1.8 VVT-i HSD Hybrid 427,5 / 176 / 146 1798 4 4)<br />

136 (100) 142 / 2800 10,9 180 1385 3,6 84 29 700<br />

134 <strong>VECTURA</strong> #11


MARKE Länge / Breite / Höhe Hubraum Zyl. PS (kW) / min Nm / min 0-100 km / h V max Gewicht ab L / 100 km CO 2 Preis ab<br />

in cm in cm 3 in Sek in kg in g / km CHF<br />

Auris Touring Sports 1.8 VVT-i HSD Hybrid 456 / 176 / 147,5 1798 4 4)<br />

136 (100) 142 / 2800 11,2 175 1410 3,7 85 31 100<br />

Prius 1.8 VVT-i HSD 448 / 174,5 / 149 1798 4 4)<br />

136 (100) 142 / 2800 10,4 180 1460 3,9 89 35 200<br />

Prius 1.8 VVT-i Plug-In HSD 448 / 174,5 / 149 1798 4 4)<br />

136 (100) 142 / 2800 11,4 180 1515 2,1 49 45 900<br />

Prius + Wagon 1.8 VVT-i HSD 461,5 / 177,5 / 157,5 1798 4 4)<br />

136 (100) 142 / 2800 11,3 165 1600 4,1 96 36 900<br />

IQ 1.0 VVT-i 298,5 / 168 / 150 998 3 68 (50) / 6000 91 / 4800 14,7 150 940 4,4 99 16 700<br />

Aygo 1.0 VVT-i (MY2015) 345,5 / 161,5 / 146 998 3 69 (51) / 6000 95 / 4300 14,2 160 840 4,1 95<br />

5)<br />

VOLVO<br />

V40 D2 S / S DPF 437 / 204 / 142 1560 4 115 (84) / 3600 270 / 1750–2500 11,9 190 1366 3,4 88 27 900<br />

V40 D4 S / S DPF 437 / 204 / 142 1969 4 190 (142) / 3500 400 / 1750–2750 7,4 190 1578 3,8 99 38 850<br />

V40 D2 S / S DPF Cross Country 437 / 204 / 146 1560 4 115 (84) / 3600 270 / 1750–2500 11,9 185 1387 3,8 99 32 950<br />

S60 D4 S / S DPF 463,5 / 209,5 / 148,5 1969 4 181 (133) / 4250 400 / 1750–2500 7,4 230 1550 3,7 97 43 600<br />

V60 D6 AWD Plug-in Hybrid 463,5 / 209,5 / 148,5 2400 5 4)<br />

283 (208) 440 / 1500–3000 2) E: 200 6,1 230 1954 1,8 48 68 500<br />

V60 D4 S / S DPF 463,5 / 209,5 / 148,5 1969 4 181 (133) / 4000 400 / 1500–3000 7,6 225 1571 3,8 99 45 600<br />

VOLKSWAGEN<br />

up! 1.0 60 Bluemotion Technology 354 / 164 / 149 999 3 60 (44) / 5000 95 / 3000–4300 14,4 161 940 4,1 95 14 050<br />

up! 1.0 75 Bluemotion Technology 354 / 164 / 149 999 3 75 (55) / 6200 95 / 3000–4300 13,2 172 940 4,2 98 16 600<br />

eco up! 1.0 Bluemotion Technology (CNG) 354 / 164 / 149 999 3 68 (50) / 6200 90 / 3000 16,3 164 1031 2,9 kg 79 18 600<br />

Polo 1.4 TDI Bluemotion 397 / 168 / 146 1395 3 75 (55) / 3000 210 / 1500–2000 k.A. k.A. 1158 3,1 6)<br />

82 20 750<br />

Polo 1.4 TDI 90 Bluemotion Technology 397 / 168 / 146 1395 3 90 (66) / 3500 230 / 1500–2750 10,9 184 1151 3,4 88 23 400<br />

Polo 1.4 TDI 105 Bluemotion Technology 397 / 168 / 146 1395 3 105 (77) / k.A. 250 / k.A. k.A. k.A. 1158 3,5 6)<br />

9<strong>02</strong>4 850<br />

Golf 1.6 TDI Bluemotion 425,5 / 2<strong>02</strong>,5 / 145 1598 4 110 (81) / 3200 250 / 1500–3000 10,5 200 1280 3,2 85 31 750<br />

Golf 1.6 TDI 425,5 / 2<strong>02</strong>,5 / 145 1598 4 110 (81) / 3200 250 / 1500–3000 10,5 195 1339 3,8 99 29 300<br />

Golf 1.4 TGI Bluemotion (CNG) 425,5 / 2<strong>02</strong>,5 / 145 1395 4 110 (81) / 4800 200 / 1500–3500 10,9 194 1395 3,5 kg 94 31 750<br />

Golf 1.4 TGI Bluemotion 7G DSG (CNG) 425,5 / 2<strong>02</strong>,5 / 145 1395 4 110 (81) / 4800 200 / 1500–3500 10,9 194 1395 3,4 kg 92 34 250<br />

Golf Sportsvan 1.6 TDI Bluemotion 434 / 205 / 158 1598 4 110 (81) / 3200 250 / 1500–3000 11,3 196 1437 3,6 95 33 700<br />

Golf Variant 1.6 TDI Bluemotion 456 / 2<strong>02</strong>,5 / 148 1598 4 110 (81) / 3200 250 / 1500–3000 11,0 200 1391 3,3 87 34 300<br />

Golf Variant 1.4 TGI Bluemotion (CNG) 456 / 2<strong>02</strong>,5 / 148 1395 4 110 (81) / 4800 200 / 1500–3500 10,9 194 1496 3,5 kg 97 32 900<br />

Golf Variant 1.4 TGI Bluemotion DSG (CNG) 456 / 2<strong>02</strong>,5 / 148 1395 4 110 (81) / 4800 200 / 1500–3500 10,9 194 1496 3,5 kg 95 35 400<br />

1)<br />

Benzin<br />

2)<br />

Elektro<br />

3)<br />

Gas<br />

4)<br />

Systemleistung kombiniert<br />

5)<br />

Preis bei Drucklegung noch nicht bekannt<br />

6)<br />

Bezogen auf die in der Schweiz gesetzlich geregelte Beimischung von mindestens 10% Biogas<br />

Stand: Juni <strong>2014</strong>. Kein Anspruch auf Vollständigkeit, da sich das Fahrzeugangebot laufend ändert<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 135


FAHRTENBUCH<br />

ASTHMATISCHE TRIEBWERKE UND VERBRAUCHSORGIEN<br />

BEOBACHTUNGEN DAZU, WAS SICH WÄHREND JAHRZEHNTEN IN SACHEN<br />

STANDFESTIGKEIT, EFFIZIENZ UND BEDIENFREUNDLICHKEIT GETAN HAT<br />

1928 übernahm ein gewisser Josef Ganz die Chefredaktion der<br />

Zeitschrift «Klein-Motor-Sport», taufte sie ein Jahr später in «Motor-<br />

Kritik» um und leitete sie bis zu seiner Emigration in die Schweiz<br />

1934 – der hochintelligente Diplomingenieur war Jude. Nach Ganz<br />

wurde Georg Ising Chefredaktor der «Motor-Kritik», deren Mitarbeiter<br />

Joachim Fischer im Jahr 1935 das erste Testverfahren einer<br />

Automobilzeitschrift entwickelte. Für jedes unter identischen Bedingungen<br />

gefahrene Modell legte er eine Testkarte mit genau<br />

festgelegten Rubriken an, um die verschiedenen Baureihen objektiv<br />

miteinander vergleichen zu können. Etwas auch nur annähernd<br />

Ähnliches gab es nirgendwo in der damaligen Medienlandschaft.<br />

Die Vergleichstests heutiger Fachzeitschriften kamen erst<br />

vor wenigen Jahrzehnten auf und werden mit Instrumenten gemessen,<br />

von denen Fischer nicht einmal zu träumen gewagt hätte.<br />

Zwischen 1936 und 39 prüfte er immerhin 36 Personenwagen.<br />

Die Weltwirtschaftskrise lag erst wenige Jahre zurück; Autohersteller<br />

erholten sich schleppend. Kleinere Wagen erreichten damals<br />

nur in Ausnahmefällen 100 km/h, aber auch das, was wir<br />

heute als Mittelklasse bezeichnen würden, fuhr nicht viel schneller.<br />

Die meisten Motoren wiesen noch neben den Zylindern stehende<br />

Ventile auf, die von einer dicht über der Kurbelwelle tief im Zylinderblock<br />

gelagerten Nockenwelle betätigt wurden. Entsprechend<br />

zerklüftet war der Brennraum, entsprechend hoch der Verbrauch.<br />

Die niedrige Verdichtung zwischen 1:5 bis 1:6 trug wesentlich dazu<br />

bei, aber mehr vertrug es nicht: Die Mehrzahl zeitgenössischer<br />

Fahrzeuge hatten nur dreifach, manchmal sogar nur zweifach gelagerte<br />

Kurbelwellen – im Vergleich zu den heutigen waren es<br />

zarte «Salzstängeli», die bei starker Beanspruchung durchbogen.<br />

Mitte der 1930er-Jahre tauchte dann der neue Begriff «Autobahnfestigkeit»<br />

auf – doch die meisten Fahrzeuge vertrugen kein Dauervollgas.<br />

Beispiel Hanomag Rekord 1,5 Liter mit 35 PS, Höchstgeschwindigkeit<br />

96 Kilometer pro Stunde. Oder Wanderer W 24<br />

mit 42 PS aus 1,8 Liter: 106 km/h. Die DKW-Reichsklasse von<br />

1936 schaffte mit ihrem 18 PS starken 0,6-L-Zweizylinder-Zweitakter<br />

gar nur 85 km/h; ein Opel P4 war genau so langsam. Mit<br />

solchem Gerät bereits fertiggestellte Autobahn-Teilstücke oder<br />

Schweizer Fernstrassen zu befahren, die damals noch nicht tempolimitiert<br />

gewesen sind, muss frustrierend gewesen sein. Ganz<br />

sicher hat manch mutiger Automobilist diesen Versuch mit einem<br />

Motorschaden bezahlt. Nun rächte sich, dass es viele Hersteller<br />

versäumt hatten, modernere Motoren zu entwickeln – doch gemessen<br />

an heutigen Betriebsgrössen waren die meisten gerade<br />

mal dem Handwerksbetrieb entwachsen und weder finanziell noch<br />

personell in der Lage, dem Fortschritt zu folgen.<br />

Im Motorradbau war man damals schon viel weiter: Bei den Sportund<br />

Rennmaschinen gab es bereits in den Zylinderkopf integrierte<br />

Nockenwellen, die durch Kette, Königswelle oder Zahnräder<br />

angetrieben wurden. Aber solche Lösungen waren halt teuer und<br />

hätten im Auto völlig neue Aggregate erfordert. Aus dem Durchschnitt<br />

ragten die BMW-Modelle 327 und 328 heraus, deren Zweiliter-Reihensechszylinder<br />

über V-artig hängende Ventile verfügten<br />

und bei 4500 U/min respektable 80 PS leisteten. Da die Verdichtung<br />

1:7,5 betrug, musste mit Benzin gefahren werden, das die<br />

Oktanzahl 80 besass. Der etwas zahmere 327 schaffte bereits<br />

145 km/h und liess damit sogar einen Fünfliter-Horch 8 hinter sich,<br />

der «nur» auf 135 fuhr. Abgesehen von seiner komplizierten Ventilbetätigung<br />

galt (und gilt) der BMW-Sechser als Prototyp des<br />

Sportmotors schlechthin. Nach dem Krieg nahmen sich unzählige<br />

Tuningbetriebe des Triebwerks an, kitzelten etwa 130 PS heraus<br />

und bauten es in ihre Eigenbau-Rennwagen ein.<br />

Veteranen-Verbräuche spielen heute eine untergeordnete Rolle,<br />

weil diese Autos in der Regel nicht täglich gefahren werden. Damals<br />

übrigens auch nicht: Man benutzte sie für wichtige Termine,<br />

gelegentliche Ausflüge oder eher seltene Ferienreisen. Wegen der<br />

insgesamt sehr moderaten Tempi beschränkte sich Fischer darauf,<br />

den Verbrauch bei konstant 70 km/h zu messen, dazu den<br />

Langstreckenkonsum und die Durchschnittsgeschwindigkeit. Seine<br />

Aufzeichnungen beginnen mit dem erwähnten DKW; bei<br />

70 km/h benötigte er 7 L/100 Kilometer – der 25 PS starke Adler<br />

Trumpf Junior mit Einliter-Vierzylinder-Viertakter lief auch nur<br />

90 km/h und verbrauchte bei konstant 70 sogar acht Liter. Zum<br />

Vergleich: Einem aktuellen VW Passat Variant mit 170-PS-Zweiliter-<br />

TDI genügen bei konstant 70 gerade mal 3,2 L/100 km…<br />

Das andere Ende der Fahnenstange markierte ein Maybach Zeppelin<br />

mit Achtliter-V12: Der wog leer an die 3,3 Tonnen und genehmigte<br />

sich bei konstant 70 km/h sagenhafte 22 Liter, bei 100 km/h<br />

waren es gar 29 L – und beim 70er-Schnitt liefen 34 Liter durch<br />

die Vergaser. 200 PS wollten eben gefüttert werden; immerhin lief<br />

der Maybach bis 160 km/h. Ähnliche Leistungsdaten fand Fischer<br />

auch beim Mercedes 540K, der die Liste damaliger Traumwagen<br />

anführte und mit eingeschaltetem Kompressor kurzzeitig 170 km/h<br />

erreichte. Wer jemals das Glück hatte, ein restauriertes, grundsätzlich<br />

schweres Exemplar zu bewegen, wird wissen, dass Rangieren<br />

bei geringem Tempo ohne Servolenkung trotz vergleichsweise<br />

riesigem Steuerrad Schwerstarbeit gewesen ist. Fotos<br />

zeitgenössischer weiblicher Stars vor ihren teuren Autos sind deshalb<br />

mit Skepsis zu betrachten: DEN sind sie bestimmt nicht selbst<br />

gefahren! Dass sich der noch vor 1939 entwickelte VW Käfer ohne<br />

Lenkhilfe leicht rangieren und fahren liess, war eine kleine Sensation,<br />

die er nicht zuletzt seinem Heckmotor zu verdanken hatte.<br />

An der Faszination Automobil hat sich seit dessen Erfindung nichts<br />

geändert. Durch Massenproduktion ist es erschwinglich geworden,<br />

aber auch langlebiger, sparsamer, sicherer und schneller. Der<br />

VW Golf als meistverkauftes Auto Europas läuft heute mit dem<br />

110 kW (150 PS) starken Diesel 216 km/h und hätte die Vorkriegs-<br />

Sportwagen das Fürchten gelehrt – auch beim Verbrauch. Und<br />

gegen den jüngsten Golf R mit seinen 300 PS (221 kW) hätten<br />

selbst die besten Rennwagen jener Zeit keine Chance gehabt.<br />

Christian Bartsch (85) ist Diplom-Ingenieur, Fachjournalist und Buchautor,<br />

der sich seit den 1960er-Jahren eingehend mit der Motorenentwicklung mit<br />

den Schwerpunkten Diesel- und Einspritztechnik beschäftigt<br />

136 <strong>VECTURA</strong> #11


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RADIOAKTIVER SPURWECHSEL<br />

WENN MILLIARDÄR BILL GATES HEUTE DIE FORSCHUNG EINER NEUEN<br />

ART VON KERNENERGIE FÖRDERT, LÄSST DAS AUFHORCHEN – UND NÄHRT<br />

AUCH HOFFNUNGEN AUF EIN ATOMAUTO MIT SAGENHAFTER REICHWEI-<br />

TE. DIE IDEE IST ZWAR ALT, ABER VIELLEICHT VERHELFEN IHR ANDERE<br />

DENKANSÄTZE DEMNÄCHST ZUM DURCHBRUCH<br />

Text Christian Manz, map · Fotos Archiv Manz, Werk, NASA<br />

Als am 6. August 1945 die erste Atombombe auf Hiroshima<br />

fiel, wurde der Menschheit die bisher unvorstellbare<br />

Kraft der Kernspaltung auf brutale Weise bewusst<br />

gemacht. Noch ahnte man nichts von Radioaktivität und anderen<br />

«Nebenwirkungen». Vielmehr waren Ingenieure damals weltweit<br />

von dem Gedanken beseelt, die Atomkraft und ihr scheinbar<br />

unerschöpfliches Potential für friedlich-zivile Zwecke nutzbar zu<br />

machen – in Autos beispielsweise, die man dann nie wieder<br />

würde auftanken müssen.<br />

Erste Überlegungen in diese Richtung soll es bereits um die Jahrhundertwende<br />

gegeben haben. Und im Januar 1941 veröffentlichte<br />

die amerikanische Fachzeitschrift «Popular Mechanics» einen<br />

Bericht über Atomkraft und beschwor darin eine neue Ära der<br />

Wissenschaft. Der Autor Dr. R.M. Langer meinte gar, dass es dank<br />

dieser Energie bald Strassenfahrzeuge geben werde, die weitaus<br />

mehr als fünf Millionen Meilen zurücklegen könnten. Nach Jahren<br />

der Depressionen und dem anhaltenden Krieg in Europa wollten<br />

die Amerikaner von einer Technologie träumen, die günstig sein<br />

und ihre Freiheiten ins Unermessliche steigern würde. Ähnliche<br />

Berichte erschienen auch in anderen Zeitschriften – und wurden<br />

nur zu gerne gelesen.<br />

In den Folgejahren hat man zwar eifrig entworfen, gezeichnet und<br />

auch geprüft, doch es entstand kein einziges Strassenfahrzeug<br />

mit Nuklearantrieb, obwohl ein britisches Sensationsblatt Ende<br />

1945 die Schlagzeile verbreitete, dass ein Atomauto in London<br />

unterwegs sei. Auslöser dieser Notiz war ein gewisser Dr. John<br />

Wilson aus dem englischen Harrow, der dem britischen Energieminister<br />

Emanuel Shinwell und ausgesuchten Journalisten im<br />

Dezember einen ersten Prototyp auf Singer-Nine-Basis vorstellen<br />

wollte. Am vereinbarten Tag jedoch erschien Wilson vor versam-<br />

138 <strong>VECTURA</strong> #11


SPEZIAL<br />

Selbstbewusster Auftritt: Arbel von 1958<br />

meltem Publikum mit der Nachricht, dass seine Erfindung über<br />

Nacht einer Sabotage zum Opfer gefallen sei – wesentliche Komponenten<br />

des Unikats habe man entwendet. Wilson berichtete<br />

ferner, er hätte mit seinem Singer eine Reichweite von 1600 Kilometer<br />

zurückgelegt, und das mit dem Dreifachen der üblichen<br />

Reisegeschwindigkeit. Beweisen konnte er diese Behauptungen<br />

aber nicht. Als Kraftstoff für seinen Motor soll eine Mischung aus<br />

schwerem Wasser, Uran und einer weiteren, geheimen chemischen<br />

Substanz gedient haben.<br />

Medien-Hype Trotz solcher Fantastereien förderte das Atomzeitalter<br />

weitere Überlegungen bezüglich einer Anwendung im Zivilverkehr.<br />

Im April 1951 publizierte die angesehene US-amerikanische<br />

Zeitschrift «Motor Trend» einen vierseitigen Bericht mit dem<br />

Titel «Atomkraft – in deinem Automobil», geschrieben vom renommierten<br />

Harry Cushing. Und tatsächlich beinhaltete sein Bericht<br />

einige mindestens überraschende Schlussfolgerungen: «Heute<br />

schon wird die Atomenergie von der Automobilindustrie verwendet,<br />

um bessere Autos zu bauen, morgen schon könnte sie das<br />

wichtigste Produktions- und Forschungsobjekt für die Hersteller<br />

werden», schrieb Cushing. Dazu bereitete ein angesehener Fachlehrer<br />

der Michigan University, der im Bericht anonym bleiben wollte,<br />

seine Studenten auf die Atomenergie im Automobil vor, weil er<br />

davon überzeugt war, dass sie es noch zu Lebzeiten sehen werden.<br />

Wie solch ein Fahrzeug aussehen könnte, zeigte das Magazin-Cover.<br />

In der technischen Herleitung müsse der Nuklearantrieb<br />

über einen Elektromotor erfolgen, da nur so die Energie sofort<br />

ohne Verluste in Kraft umgesetzt werden könne. Der Hochschulprofessor<br />

war auch der Meinung, dass man schon in Kürze ein<br />

leichtes Material erfinden werde, um die Passagiere vor den gefährlichen<br />

Strahlen der Kernkraft zu schützen; auch ein Energiefeld<br />

um den Atommotor käme dafür infrage.<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 139


140 <strong>VECTURA</strong> #11<br />

SPEZIAL


Der Traum von einer weitgehend technisierten,<br />

problemlosen Zukunft, auch bei der Mobilität –<br />

vor 60 Jahren sah er anders aus als heute<br />

Solche Beiträge wirkten natürlich auch motivierend auf die Entwicklungsabteilungen.<br />

Doch während das meiste nur auf dem Papier<br />

stattfand, reichte es manchmal zum Bau von Modellen und<br />

sogar von Prototypen, die dort, wo sich der Atommotor befinden<br />

sollte, einfach nichts hatten. Stattdessen nur eine gähnende Leere<br />

ohne Anschlüsse, ohne freistehende Komponenten – nichts. Es<br />

wusste freilich auch niemand, wie so etwas konkret aussehen<br />

sollte, wie gross es sei und welche Bauteile benötigt wurden. Einige<br />

stellten sich tatsächlich vor, der Atommotor fände in einem<br />

kompakten Kästchen irgendwo im Wagen Platz.<br />

Zuerst zur See Auch ausserhalb des Automobils wurden atomare<br />

Überlegungen angestellt. So dachte die Universität von Utah<br />

gemeinsam mit führenden US-amerikanischen Eisenbahnunternehmen<br />

Anfang der 1950er-Jahre ernsthaft über eine entsprechende<br />

Lokomotive nach. Diese knapp 50 Meter lange, mindestens<br />

360 Tonnen schwere und bis zu 12 000 PS starke X-12 wurde<br />

tatsächlich in allen Details durchgespielt, aber letztlich aus Kosten-<br />

und Wartungsgründen nicht aufgegleist. Die US-Regierung<br />

war dagegen fest entschlossen, den Nuklearantrieb im Kalten<br />

Krieg militärische Realität werden zu lassen. So baute die Air Force<br />

zu Forschungszwecken einen ersten Flüssigsalzreaktor, der 1954<br />

einen erfolgreichen Probelauf absolvierte. Parallel entwickelte man<br />

mobiles Gerät: Nachdem nuklear betriebene Langstreckenbomber-<br />

und Luftschiff-Pläne aus mehreren Gründen zu keiner Serienproduktion<br />

geführt hatten, realisierten die USA schliesslich<br />

U-Boote (ab 1954; deren Druckwasserreaktoren gelten als erste<br />

einsatzbereite Atomkraftwerke überhaupt) und später Flugzeugträger<br />

(ab 1961), deren Nachfolger bis heute im Einsatz sind. Die<br />

notwendigen Investitionen waren und sind enorm.<br />

Natürlich stellte der Ostblock wenig später ähnliches Kriegsgerät<br />

in Dienst – und 1959 den weltersten Atomeisbrecher. Doch schon<br />

1955 hatte eine Zeichnung aus der Sowjetunion für Unruhe gesorgt.<br />

Es hiess, russischen Wissenschaftlern sei es gelungen, das<br />

erste Atomautomobil zu entwerfen. Wie man sich den Ablauf des<br />

Energieflusses vorstellte, zeigte eine primitive Zeichnung: Per<br />

Nuklearofen wurde in einem Wärmetauscher heisser Wasserdampf<br />

erzeugt, der wiederum eine Turbine antrieb. Für die Sicherheit<br />

der Insassen war angeblich gesorgt, denn das Fahrzeug wies<br />

einen Strahlenschutz zwischen Motor und Passagierraum auf –<br />

der aus einem nicht näher definierten Material bestand. Nachforschungen<br />

ergaben jedoch, dass man in der UdSSR eher an einem<br />

atombetriebenen Lastwagen interessiert war, diesen aber noch<br />

nicht fertiggestellt habe…<br />

Kettenreaktion In den Vereinigten Staaten war man da schon<br />

weiter, zumindest scheinbar: Schub erhielt die Atomauto-Idee vor<br />

allem durch das Michigan Memorial Phoenix Project – ein Programm,<br />

das in den späten 1940ern initiiert worden war und Anfang<br />

der 1950er anlief, um aus der ursprünglichen Kriegstechnologie<br />

Kernkraft eine friedliche Anwendung zu machen. Die finanziellen<br />

Mittel kamen von 25 000 grösstenteils privaten Spendern; so wurde<br />

das MMPP zum grössten Nuklearprojekt ausserhalb staatlicher<br />

Kontrolle. Allein Ford finanzierte 1953 mit einer Million Dollar den<br />

Bau eines Atomreaktors, der dann 1956 in Ann Arbor tatsächlich<br />

errichtet wurde. Hier sollten Fortschritte in der Medizin, Botanik,<br />

dem Ingenieurswesen und auf vielen anderen Anwendungsfeldern<br />

erzielt werden – nicht zuletzt natürlich beim Atommotor für Strassenfahrzeuge.<br />

George Walker, zwischen 1955 und 61 Vice President der Ford-<br />

Designabteilung und verantwortlich für den ersten Thunderbird,<br />

zeichnete denn 1958 auch das passende Modell dafür – den<br />

Nucleon. Er sollte ausloten, wie ein Nuklearantrieb das Styling zukünftiger<br />

Autos beeinflussen werde. Um Wasserdampf für zwei<br />

Turbinen zu erzeugen, war ein exothermer Fusionsreaktor zwischen<br />

den Hinterrädern platziert, um ihn leicht auswechseln zu<br />

können. Keiner sprach mehr von einer Millionen-Reichweite, aber<br />

Ford dachte an einen je nach Ansprüchen individuell konfigurierbaren<br />

Reaktor und meinte, eine Ladung sei für rund 5000 Meilen<br />

(8000 km) gut. Danach müsste der Kernbrennstoff in einer jener<br />

Wechselstationen, die das ganze Land überziehen sollten, ausgetauscht<br />

werden. Die vor den Vorderrädern angeordnete Kabine<br />

sollte die Achslast des erwartungsgemäss schweren Reaktors<br />

ausgleichen. Das nur im Massstab 3:8 existente, rund zwei Meter<br />

lange Plastilin-Modell war durchaus ernst gemeint: Bereits im August<br />

1955 hatte die Ford Motor Company anlässlich der Weltkonferenz<br />

zur friedlichen Nutzung der Atomenergie in Genf einen<br />

Ostblock-Reaktor: Ausser dieser Zeichnung existierte 1955 gar nichts<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 141


Die vielleicht spektakulärste Atom-Studie war der Nucleon von Ford.<br />

Es gab ihn mit und ohne Heckflossen; der Reaktor befand sich hinten<br />

«Atoms for Peace Award» ins Leben gerufen, der von 1957 bis 69<br />

an Wissenschaftler vergeben wurde, die sich um die Kernforschung<br />

verdient gemacht hatten. Benson Ford, ein Familienmitglied<br />

des mächtigen Henry-Ford-Clans, wies die Mitglieder der<br />

renommierten «Society of Automotive Engineers» gar an, weitere<br />

Nuklearfahrzeuge zu zeichnen und vorzubereiten – schliesslich<br />

stehe die Zukunft vor der Tür.<br />

Im Rückblick muss festgestellt werden, dass 1958 den Höhepunkt<br />

der Atomfantasien in den Auto-Chefetagen markierte. Euphorische<br />

Beiträge über den sauberen, vor allen anderen Dingen aber<br />

auch höchst effizienten Energieträger liess die autofahrende Öffentlichkeit<br />

in diesen Tagen immer wieder an das kurz bevorstehende<br />

Wunder der Wissenschaft glauben. Auch Fords Erzrivale<br />

Chrysler tüftelte an der Zukunft – und bereitete nicht nur eine<br />

Gasturbinenauto-Kleinserie vor, die 1963 tatsächlich an den Start<br />

gehen würde, sondern hatte ebenfalls ein paar zeitgeistige (freilich<br />

nicht funktionsfähige) Atomattrappen in Umlauf. Beim Genfer<br />

Autosalon präsentierte dann Studebaker-Packard ein weiteres<br />

fantastisches und dazu einrädriges (!) Gefährt, das bereits im Januar<br />

in den Staaten gezeigt worden war sowie von einem Kreiselelement<br />

stabilisiert und von einem Mini-Atomreaktor in Bewegung<br />

gesetzt werden sollte – irgendwann. Diese Astral getaufte Erscheinung<br />

sah aus wie eine fliegende Untertasse mit vier Sitzplätzen,<br />

war aus Kunststoff gefertigt und ein letztes Heischen um Aufmerksamkeit,<br />

bevor Studebaker den traditionsreichen Namen Packard<br />

Der Ford Nucelon sollte ausloten, wie ein Atomantrieb<br />

das Styling zukünftiger Strassenfahrzeuge beeinflussen werde<br />

142 <strong>VECTURA</strong> #11


SPEZIAL<br />

1959 vom Markt nahm und sich dem Avanti-Projekt zuwandte,<br />

doch das ist eine andere Geschichte.<br />

In Genf stand 1958 noch ein weiteres Atommodell, das angeblich<br />

schon bald in Produktion gehen würde. Aufgeboten vom erst 1957<br />

gegründeten französischen Hersteller Automobiles Symètric Paris,<br />

der das Fahrzeug wenige Tage zuvor im Bois de Boulogne erstmals<br />

enthüllt hatte, entsprach die mit fünf Meter Länge ausladend<br />

geratene Limousine formal dem US-amerikanischen Zeitgeschmack<br />

jener Epoche. Konstruktiv ruhte die Kunststoffkarosse<br />

auf einem Zentralrohrrahmen mit drei daran befestigten Stahlringen;<br />

das Ergebnis war ein pummeliger, halbrunder Aufbau mit<br />

Platz für sechs Passagiere in zwei Reihen. Besonderer Clou: Auf<br />

Knopfdruck glitten die Türen samt Fenstern elektrisch nach oben<br />

unter das Dach und boten somit freien Zugang zum geräumigen<br />

Innenraum. Auch das Thema Sicherheit spielte eine grosse<br />

Rolle, denn gebremst werden sollte offiziell mit einem fortschrittlichen<br />

System namens Electric Drive, das – ähnlich dem heutigen<br />

ABS – ein Blockieren der Räder verhindern könne. Dazu gab es<br />

fluoreszierende Streifen am Heck des Wagens, die auch bei einem<br />

Komplettausfall der Beleuchtungsanlage ausreichende<br />

Sichtbarkeit gegenüber nachfolgendem Verkehr garantiert hätten.<br />

Wie bei Premieren dieser Art üblich, pries ein luxuriös-grossformatiger<br />

Prospekt in blumigen Worten die zahlreichen Vorteile dieser<br />

Konstruktion.<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 143


SPEZIAL<br />

Winke, winke: der einrädrige Studebaker-Packard Astral von 1958<br />

Mogelpackungen Das «Symètric» in der Markenbezeichnung<br />

bezog sich derweil auf eine gleichnamige Hybrid-Studie mit einem<br />

Verbrennungs- und vier Radnaben-Elektromotoren, die 1951 von<br />

den Gebrüdern Loubière erstmals in Genf gezeigt worden und<br />

maximal 80 km/h schnell gewesen war. Weitgehend identische<br />

Front- und Heckpartien sollten damals wie auch 1958 Fertigungskosten<br />

reduzieren, denn der Antrieb, versprach François Arbel,<br />

der ganz offenbar die Rechte an dem verjährten Konzept erworben<br />

hatte, sei umso aufwendiger geraten – und stand folglich auch<br />

im Mittelpunkt der jüngsten Darbietung. Herzstück des Konzepts<br />

war ein Generator, der die E-Maschinen mit Energie versorgen<br />

sollte: Dieser sogenannte «Genesta» bestand aus einem schwarzen<br />

Zylinder, auf dem ein voluminöser Ventilator montiert war. Die<br />

Grundidee basierte wohl auf einer Art thermoelektrischen Batterie,<br />

die nach einem rein physischen Konzept zur Stromerzeugung<br />

funktionieren sollte – Erwärmung auf der einen Seite, Abkühlung<br />

per Ventilator auf der anderen. Um die nötige Temperatur zu erreichen,<br />

waren wahlweise Verbrenner- und Gasmotoren («Genestafuel»)<br />

zwischen 50 und 75 PS sowie eine dritte Variante vorgesehen,<br />

bei der es sich – wir ahnen es schon – um einen Reaktor<br />

handeln sollte. Die Idee sah vor, diesen «Genestatom» mit radioaktiven<br />

Patronen aus Nuklearabfällen zu speisen, welche über fünf<br />

Jahre lang die nötige Energie liefern sollten. Anschliessend würde<br />

man sie in einem Fachbetrieb erneuern, ganz einfach… Klingt ein<br />

wenig nach Loriots «Wir bauen uns ein Atomkraftwerk»…<br />

Konnte der Arbel den öffentlich gepflegten Traum vom nuklearen<br />

Privatwagen endlich Wirklichkeit werden lassen? Diese Antwort<br />

blieb das Unternehmen schuldig, denn es verschwand nach dem<br />

Genfer Salon auf Nimmerwiedersehen – alles, was zurückblieb,<br />

waren viele unbezahlte Rechnungen. Unabhängig vom unrühmlichen<br />

Ende dieser kuriosen Episode der Automobilgeschichte setzte<br />

sich bei vielen Wissenschaftlern, die früher an die Machbarkeit<br />

eines derartigen Atomfahrzeugs geglaubt hatten, die Erkenntnis<br />

durch, dass es sich um eine für den öffentlichen, «unkontrollierbaren»<br />

Einsatz nicht beherrschbare und deshalb zu gefährliche Technologie<br />

handelte. Sowohl der kompakte Reaktor als auch die notwendige<br />

Abschirmung hatten sich als unrealisierbar erwiesen. Und<br />

dabei hatte man Fragen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle oder<br />

dem terroristischen Missbrauch noch gar nicht ins Kalkül gezogen.<br />

Immerhin wurde das Kernkraftkonzept damals noch einige Jahre<br />

lang verfolgt, wenn auch immer weniger euphorisch: Es gab kaum<br />

noch Studien, die einen Nuklearantrieb vorsahen. Unter ihnen war<br />

ein europäischer Eyecatcher, der 1959 wiederum in Genf präsentierte<br />

Simca Fulgur (Blitz) – rein optisch eine Mischung aus Raumgleiter,<br />

Hovercraft und Käseglocke, freilich mit Klimaanlage und<br />

sogar orthopädischen Sitzen. Bezüglich Antrieb des vierrädrigen<br />

Elektromobils sprach der Hersteller von «… im Heck liegenden…<br />

sechs Akkumulatoren für einatomige, freie Energiespeicherung…<br />

Aktionsradius 5000 Kilometer… auf Strassen zweiter Ordnung».<br />

Denn auf Autobahnen war eine Energieversorgung durch elektromagnetische<br />

Induktion vorgesehen; Radargerät, Bordcomputer,<br />

Bremsassistent und eine Verkehrszentrale sollten allzeit für autonome<br />

Fortbewegung sorgen. Natürlich «gab» es auch Lichtsensoren<br />

mit Leuchtweitenregulierung und ein adaptives Fahrwerk:<br />

Oberhalb von 150 km/h würden die Vorderräder eingezogen und<br />

das Gefährt per Kreiselgerät stabilisiert sowie mit zwei Heckflos-<br />

144 <strong>VECTURA</strong> #11


sen gelenkt. Und auch wenn es den Fulgur nie geben sollte, erstaunt<br />

doch die Weitsicht seiner Schöpfer zum Automobil im 2000.<br />

Dennoch sollte Simca 1981 endgültig untergehen.<br />

Bei den US-Herstellern hielt Ford am beharrlichsten an seinen<br />

Atomvisionen fest. 1962 gipfelten die Fantasien im kuriosen,<br />

sechsrädrigen Seattle-ite XXI: Für seinen Vortrieb sollten austauschbare<br />

Brennstoffzellen sorgen, die je nach Einsatzzweck<br />

(City oder Highway) passend konfiguriert sein würden. Angedacht<br />

war auch eine nicht näher definierte atomare Energiequelle, um<br />

der naiven Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass man künftig gar<br />

keine aufwendigen Abschirmungsmassnahmen zum Schutz vor<br />

der radioaktiven Strahlung mehr benötigen würde… Zu den weiteren<br />

Innovationen zählten die abnehmbare Karosserie oder eine<br />

doppelte Vorderachse, die mehr Lenk-Traktion bieten sowie einem<br />

Kontrollverlust bei Reifenplatzern vorbeugen sollte und dem Wagen<br />

sechs Räder bescherte. Es gab kein Lenkrad, sondern ein<br />

Touchpad und Joysticks. Wetter- und Verkehrsmeldungen sollten<br />

zu dynamischen Routenänderungen führen, während die Zielankunft<br />

per Display eingespiegelt wurde – vor über 50 Jahren war<br />

das tatsächlich Science-Fiction. Fast unnötig zu erwähnen, dass<br />

es bei diesem Einzelstück geblieben ist.<br />

Ausserirdisch Was auf der Erde bisher nicht den Weg in den öffentlichen<br />

Verkehr fand, funktioniert immerhin auf dem Mond. Während<br />

die Amerikaner zwischen Mitte 1971 und Ende 72 mit drei<br />

Elektroautos auf ihm herumfuhren (siehe <strong>VECTURA</strong> #3), schossen<br />

die Russen schon 1970 die erste von zwei ferngesteuerten Sonden<br />

namens Lunochod (oder Luna E-8) hinauf. Version 1 war über zwei<br />

Meter lang und sah aus wie eine Badewanne auf acht Rädern.<br />

Gleichwohl elektrisch angetrieben und von Solarzellen gespeist,<br />

Aufmerksamkeit garantiert: Der Symètric von 1951 war der Vorläufer<br />

des Arbel. Dessen Antrieb (unten) machte später weitere Schlagzeilen<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 145


Simca Fulgur, eine französische Fantasie anno 1959.<br />

Muss gesagt werden, dass sie nicht in Serie ging?<br />

146 <strong>VECTURA</strong> #11


SPEZIAL<br />

beugte ein Radionuklid-Heizelement dem Einfrieren in bitterkalten<br />

Mondnächten vor. Dabei handelte es sich nicht um einen Kernreaktor,<br />

sondern um einen thermoelektrischen Generator, der seine<br />

Energie aus radioaktivem Zerfall des darin enthaltenen Materials<br />

bezog. Erst als die Halbwertszeit des Polonium 210 auf ein<br />

Siebtel gefallen war, reichte die Energie nicht mehr aus; das 750 kg<br />

schwere Vehikel vereiste. Zuvor hatte es mehr als elf Monate lang<br />

mit maximal drei km/h unseren Trabanten erkundet und dabei<br />

mehr als zehn Kilometer zurückgelegt. Lunochod 2 schaffte 1973<br />

gar 42 Kilometer, was bis heute den Rekord für extraterrestrische<br />

Fahrzeuge markiert. Und es hätten noch mehr sein können, wären<br />

die Solarzellen nicht durch lunare Staubablagerungen funktionsuntüchtig<br />

geworden. Mit einer ähnlichen Nuklearheizung war auch<br />

der chinesische Rover namens Yutu (Jadehase) ausgestattet, der<br />

Ende 2013 auf dem Mond landete und nach 110 Meter Strecke<br />

ausfiel. Seither wird versucht, ihn zu reaktivieren.<br />

Nur begrenzt transportable Brennstoffe und die Abhängigkeit von<br />

der im All eben nicht immer verfügbaren Sonnenenergie hatten<br />

Raumfahrtwissenschaftler bereits in den späten 1940er-Jahren<br />

nuklear denken lassen. Das US-Projekt Orion von 1958 sollte gar<br />

durch Atombomben-Explosionen angetrieben werden. Etwas weniger<br />

radikal war das britische Daedalus-Programm aus den<br />

1970ern angelegt: Man wollte damals ein interstellares Raumschiff<br />

mit Fusionstriebwerken auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen.<br />

Um Atomkraft geht es auch beim Prometheus-Projekt, das 2003<br />

von der NASA angestossen wurde, um Langstreckenflüge in das<br />

äussere Sonnensystem zu ermöglichen. Inzwischen müssen aber<br />

auch die Amerikaner massiv sparen; eine angedachte, mit Ionenantrieb<br />

sowie Nuklearreaktor bestückte Raumsonde namens<br />

Jupiter Icy Moons Orbiter wurde bereits gestrichen. Dennoch gibt<br />

es neue teils atomar betriebene Raumfahrzeuge: Der über drei<br />

Meter lange Mars-Rover Curiosity, im August 2012 gelandet und<br />

seither im Einsatz, hat wieder eine Radionuklid-Batterie an Bord<br />

– und wird wohl nicht der letzte seiner Art sein.<br />

Rückkehr auf Asphalt? Eine weltliche Reaktivierung erfuhr die<br />

mobile Atomkraft 2009, wenn auch nur in Form einer weiteren, rein<br />

virtuellen Fahrzeugstudie. Zur 100-jährigen General-Motors-Mitgliedschaft<br />

der Marke Cadillac ersann Ex-Nissan- und GM-Designer<br />

Loren Kulesus den «World Thorium Fuel», kurz WTF (!) –<br />

das allerdings ohne die Beteiligung des verwendeten Labels. Konzept:<br />

Geringe Mengen des radioaktiven Schwermetalls Thorium<br />

geben angeblich genug Wärme ab, um mithilfe eines Lasers<br />

100 Jahre lang Wasser zu erhitzen. Das wiederum treibt dann eine<br />

Dampfturbine an, die völlig emissionsfrei Strom für den Elektroantrieb<br />

erzeugt – fertig ist die Zukunft. Neue Materialien oder<br />

die Sechsfach-Bereifung an jedem der vier Räder sollten zudem<br />

100 wartungsfreie Jahre ermöglichen…<br />

Letztes Aufbäumen: Nach dem Seattle-ite XXI, 1962 von Ford<br />

auf der Weltausstellung in Seattle im Batman-Stil<br />

präsentiert, wurde es wieder ruhig um die Atom-Automobile<br />

Dass die eigentliche Thorium-Theorie nicht abwegig zu sein<br />

scheint, unterstreicht das Engagement von Microsoft-Gründer Bill<br />

Gates: Der Software-Milliardär investiert gerne in humanitäre Projekte<br />

und unterstützt seit 2010 das Unternehmen Terrapower<br />

– eine von mehreren US-Firmen, die sich der Atomkraft-<br />

Renaissance verschrieben haben. Und das nicht im politischen<br />

Sinn, um der derzeitigen Anti-Atom-Stimmung etwa entgegenzuhalten,<br />

sondern mit technischen Argumenten. Terrapower geht es<br />

um Laufwellen-Reaktoren; das sind transportable Miniatur-Meiler,<br />

die mit einer Ladung Brennelementen jahrzehntelang wartungsfrei<br />

funktionieren sollen, relativ kostengünstig zu betreiben wären,<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 147


SPEZIAL<br />

Wärme im Weltraum: Lunochod (oben) und Curiosity (rechts)<br />

nur wenig Atommüll produzieren würden und nie einen GAU auslösen<br />

könnten – weil kein angereichertes Uran zum Einsatz kommen<br />

muss. Favorisiertes Einsatzgebiet: entlegene Orte und Siedlungen,<br />

die nur schwer oder gar nicht mit Strommasten erreichbar<br />

sind. Positiver Nebeneffekt, der manche Kritiker beruhigen dürfte:<br />

Aus Thorium kann kaum waffenfähiges Material gewonnen werden.<br />

Zu den Terrapower-Partnern gehört der Industrie-Multi Toshiba<br />

Corporation. Bis 2<strong>02</strong>0 soll ein Demo-Meiler mit 600 Megawatt<br />

Leistung stehen – genug, um eine Stadt mit 250 000 Einwohnern<br />

zu versorgen.<br />

Auch andere Firmen forschen fieberhaft an der nächsten Atomkraftwerk-Generation,<br />

die viele Nachteile heutiger Anlagen nicht<br />

mehr haben soll: Flüssigsalzreaktoren (wie vor 60 Jahren, siehe<br />

S. 141) oder sogenannte Salzschmelzereaktoren durchlaufen<br />

derzeit Machbarkeitsstudien; mit an Bord ist auch das renommierte<br />

Massachusetts Institute of Technology (MIT). Ob eine dieser<br />

Unternehmungen überzeugen kann, werden die kommenden Jahre<br />

zeigen. Gesunde Skepsis ist sicher angebracht – vor allem in<br />

Bezug auf die These, dass es dank schrumpfender Grösse und<br />

Kosten dieser Kraftwerke doch noch etwas werden könnte mit<br />

dem Atomauto. Wahr ist aber auch, dass die Wissenschaft heute<br />

über mehr Kenntnisse verfügt als zu Zeiten des Ford Nucleon.<br />

Solange jedoch die vage Möglichkeit besteht, wird man sie untersuchen<br />

– und wer weiss: Vielleicht steht unserer individuellen<br />

Mobilität eines Tages ja wirklich eine strahlende Zukunft bevor.<br />

Mehr zum Thema<br />

Nuklear-Fiktion oder machbare Realität? Cadillac-Studie WTF<br />

148 <strong>VECTURA</strong> #11


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DA SCHAU HER!<br />

GROSSER BAHNHOF IN ZÜRICH: DIE VOLVO ART SESSION IST LÄNGST<br />

EIN HAPPENING MIT HOHEM AUFMERKSAMKEITSFAKTOR –<br />

UND AUS DEM SCHWEIZER KUNST-KALENDER KAUM WEGZUDENKEN<br />

Text hh · Fotos Chrigi Breitschmid, Andreas Graber, Oskar Moyano<br />

Über 400 000 potentielle Zuschauer pro Tag – da muss<br />

man erst mal draufkommen. Volvo hat das gut hingekriegt<br />

und der Schlüssel zum Erfolg liegt – neben dem<br />

Angebot – in der Location selbst: Es gibt schweizweit keinen<br />

stärker frequentierten Ort als den Zürcher Hauptbahnhof. Und<br />

dort, mittendrin, findet seit 2010 die Volvo Art Session statt – ein<br />

mehrtägiges «Meet & greet» mit namhaften Künstlern und solchen,<br />

die es bald sein werden.<br />

Die Initiative ging damals von der kunstbegeisterten Anouk Poelmann<br />

aus. Seit 2009 Chefin von Volvo Schweiz, sah die gebürtige<br />

Holländerin das Potential für ein mediales Grossereignis und bewies<br />

damit den richtigen Riecher: Das Konzept kam bisher derart<br />

gut an, dass Volvo nun auch in anderen Ländern über eine Art<br />

Session nachdenkt. <strong>2014</strong> wurde der Schwerpunkt verlagert – statt<br />

sechs Künstler waren es diesmal drei, die einen leinwandweissen<br />

Volvo XC90 in jeweils neun Stunden entfremden, übermalen oder<br />

ganz in einer Bühneninstallation verschwinden lassen konnten –<br />

und das auch lustvoll taten. Der besondere Reiz lag erneut in der<br />

Vergänglichkeit der Werke, weil die anschliessend sofort übermalt<br />

wurden. Was bleibt, sind originelle Fotos und ein Zeitraffer-Video<br />

(www.volvoartsession.com).<br />

Neu war dagegen die grösste 3D-Montage, die es hierzulande je<br />

gegeben hat: Ein aufwendig montierter XC60 sprang scheinbar<br />

aus einer Felswand, die sich aufgedruckt hinter dem Fahrzeug<br />

befand. Besucher der Session konnten sich auf einem eigens positionierten<br />

Podest fotografieren lassen – für eine perfekt inszenierte<br />

Illusion, die der schwedische Retuschen-Künstler Erik Johansson<br />

geschaffen hatte. Schon die Eröffnungs-Vernissage<br />

geriet mit zahlreichen A- und B-Promis zum gesellschaftlichen<br />

Event, das von Marc Sway musikalisch begleitet wurde. Leider hat<br />

Poelmann die Schweiz diesen Sommer Richtung Belgien verlassen,<br />

um innerhalb des Volvo-Managements ein anderes Amt<br />

wahrzunehmen. Ihr Nachfolger David Thomas hat jedoch schon<br />

bekräftigt, dass es auch 2015 wieder eine Session geben wird.<br />

150 <strong>VECTURA</strong> #11


ART CAR<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 151


ART CAR<br />

Aus Chaos kann Neues entstehen: So ungefähr darf man die Kunst des welschen Duos «Apocalypse mon Amour» begreifen.<br />

Auch die «Volvo Art Session for Kids» ist der Kreativität verpflichtet: Aus Zeichnungen werden reale Kostüme – ein Riesenspass!<br />

152 <strong>VECTURA</strong> #11


Und Action: Anouk Poelmann (oben vor der Installation von Bartek Elsner) hat die Art Session erfunden; seit diesem Sommer arbeitet sie für<br />

Volvo Cars Belgium. Der neue Schweiz-Direktor David Thomas wird das Kunst-Happening fortführen; unten die <strong>2014</strong>er-Arbeit von Nychos<br />

Mehr zum Thema<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 153


ART CAR<br />

«KEINE GRAFFITI-ROMANTIK»<br />

ZWEI SCHWEIZER KREATIVE, ZWEI KARRIEREN, EINE GENERATION. WIR<br />

MÖCHTEN VON BEIDEN WISSEN, OB SICH KUNST VERKAUFEN DARF – UND<br />

ERFAHREN NOCH VIEL MEHR, ZUM BEISPIEL ÜBER INHALTLICHE UND<br />

TECHNISCHE HERAUSFORDERUNGEN AM BEWEGTEN OBJEKT<br />

Text / Fragen map · Fotos Ian G.C. White<br />

Das Thema Auto und Frau kennt ein neues Kapitel: Blanda<br />

Eggenschwiler bezeichnet sich selbst als Grafikdesignerin<br />

und Künstlerin. Geboren in der Schweiz (siehe<br />

Box auf S. 156), lebt sie seit Jahren in den USA und kehrt hin und<br />

wieder beruflich in die alte Heimat zurück. So auch für die Volvo<br />

Art Session, an der Eggenschwiler <strong>2014</strong> erneut aktiv teilnahm:<br />

Nachdem sie im letzten Jahr einen XC60 mit eng gesetzten typografischen<br />

Elementen, Symbolen und Wortfragmenten überzogen<br />

hatte, enthüllte die 29-Jährige auf dem Genfer Salon das<br />

erste innen wie aussen veredelte Volvo Art Car auf Basis eines<br />

V40. Eine darauf basierende «Blanda Edition» existiert als Kleinserie<br />

von neun Exemplaren, die derzeit die Schweiz bereisen, um<br />

den Spirit der Volvo Art Session zu transportieren.<br />

Anders als seine Kollega ist Rodja Galli in der Heimat geblieben:<br />

Er kommt ursprünglich aus der Urban-Art-Szene, lebt in Luzern<br />

und unterhält in Bern («ist so schön entschleunigt hier») ein Atelier<br />

im Progr. Dieses «Zentrum für Kulturproduktion» (www.progr.ch)<br />

bietet viel Raum für rund 150 Künstler, die hier Tür an Tür mit Kulturinstitutionen<br />

und Veranstaltern arbeiten können. Öffentliche Zonen<br />

im Erdgeschoss sind für Veranstaltungen und Konzerte reserviert;<br />

zwei Gastronomiebereiche stehen auch Besuchern offen.<br />

Doch um im Progr einziehen zu können, muss man sich bewerben<br />

und kommt erst mal auf eine Warteliste, wie Galli bestätigt: «Angenommen<br />

zu werden, ist nicht einfach, die Vorgaben sind streng.»<br />

Die Volvo Art Session kennt er nicht zuletzt, weil schon seine Kollegen<br />

von Blackyard daran teilgenommen haben. Dann hörte er<br />

Zweiter Streich: Nach ihrer Teilnahme an der<br />

Volvo Art Session 2013 veredelte Eggenschwiler<br />

einen V40 mit goldenen Symbolen zum «Hero Car».<br />

Abgeleitet von diesem Unikat entstanden<br />

neun weitere «Art Cars» mit weissem Dekor<br />

154 <strong>VECTURA</strong> #11


von Eggenschwiler: Beide haben in New York gemeinsame Freunde<br />

im Kulturbetrieb, so erfuhr Galli von ihrem Art Car und lud sie<br />

ein. Sie sagte spontan zu – auch weil sie Bern kaum kennt und<br />

sich für die kreative Szene dort interessiert.<br />

Gesagt, getan. Wir treffen Eggenschwiler am Tatort der Volvo Art<br />

Session, dem Zürcher Hauptbahnhof. Von hier aus fahren wir auf<br />

die A1 und dann Richtung Südwesten zu Galli – durch Regen,<br />

Baustellen und reduzierte Tempolimits. Blanda hat uns gerne das<br />

Steuer überlassen und sagt, dass sie in der Schweiz lieber mit<br />

dem ÖV unterwegs ist. In Los Angeles, wo sie derzeit wohnt, ist<br />

das Leben ohne eigenes Fahrzeug dagegen kaum möglich. Und<br />

darum besitzt sie seit kurzem ihr erstes Auto, das natürlich ein<br />

Volvo ist und ihr «drüben ganz neue Freiheiten bietet». Sie fühlt<br />

sich wohl mit der Marke, dreht an diesem kühlen Tag die Heizung<br />

etwas weiter auf, kuschelt sich in den Beifahrersitz – und steigt<br />

am Zielort ganz entspannt aus. Galli, den wir kurz zuvor angerufen<br />

haben, empfängt uns im Innenhof.<br />

Rodja: Hallo Blanda, willkommen!<br />

Blanda: Hallo Rodja, ich freue mich!<br />

Rodja: (geht um den Volvo herum) Cool das Auto!<br />

Blanda: Danke! Warum gefällt es dir?<br />

Rodja: Real kommt es fast besser als auf Fotos. Ich mag, wie du<br />

das umgesetzt hast mit deiner Symbolik. Wenn wir von einem Art<br />

Car reden, das auch fährt und nicht statisch auf einer Bühne steht,<br />

sind ja die Gestaltungsmöglichkeiten aufgrund der Funktio nalität<br />

extrem eingeschränkt. Auch die Richtung ist vorgegeben:<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 155


ART CAR<br />

Ein Auto bewegt sich vorwiegend vorwärts, was bereits eine eigene<br />

Dynamik hat. Ausserdem muss das Dargestellte für den Betrachter<br />

in durchschnittlichem Fahrtempo noch erfassbar sein.<br />

Blanda: Stimmt, und das Ganze hat noch einen weiteren zusätzlichen<br />

Aspekt. Normalerweise geht man für Kunst ins Museum.<br />

Mit dem Art Car kommt die Kunst zum Zuschauer und das fällt<br />

auf. Ich habe mehrere spontane Textnachrichten von Bekannten<br />

erhalten: Hey, gerade ist dein Auto hier durchgefahren! Solche<br />

Reaktionen finde ich amüsant und spannend.<br />

Rodja: Es gibt ganz offenbar einen grafischen Zusammenhang<br />

zwischen deinem Art-Session-Auto und diesem Art Car. War das<br />

bewusst geplant – die Optik weiterzuentwickeln?<br />

Blanda: Das ist so, ja. Und es war auch Volvos Wunsch, dass es<br />

Gemeinsamkeiten mit der Art Session geben sollte, einen Wiedererkennungswert.<br />

Blanda Eggenschwiler kommt aus Zürich und lebt derzeit in Los Angeles.<br />

Zuvor studierte sie Graphic Design und Illustration an der School of<br />

Visual Arts in New York. Anschliessend startete die heute 29-Jährige als<br />

Art Director bei der «New York Times». Heute arbeitet sie unter anderem<br />

als freie Grafikerin im Auftrag verschiedener Design-Ateliers. Im Zentrum<br />

ihres künstlerischen Schaffens stehen zeichnerische Elemente, die per<br />

Collage-Technik und Siebdruck verfeinert werden. Das Spiel mit Schriftzeichen,<br />

Signeten, grafischen Symbolen und lexikalischen Bildern verweist<br />

auf die grosse schweizerische Typographie-Tradition, während wie zufällig<br />

und überraschend eingestreute Icons das aktuelle Lebensumfeld der<br />

Künstlerin repräsentieren. Die kontrastierende Kombination von unbefangener<br />

Femininität und Bildwitz, die in Blandas Arbeiten aufscheint, ist auch<br />

Reminiszenz an ihre künstlerischen Leitfiguren: die verspielte Julie Verhoeven<br />

und den Ironie-Meister Martin Kippenberger. www.blandablanda.com<br />

Rodja: Damit ist also der letzte Stand der Art Session die Ausgangsbasis<br />

vom Art Car?<br />

Blanda: Ganz genau.<br />

Rodja: Tönt interessant. Aber lasst uns reingehen; es regnet<br />

gleich wieder.<br />

<strong>VECTURA</strong>: Rodja, ist deine aktuelle Kunst noch Street Art?<br />

Galli: Nein. Manche Codes und ästhetischen Mittel sind vielleicht<br />

noch dieselben – oder die radikale Art der Umsetzung. Aber meine<br />

Arbeit heute ist eine Weiterentwicklung, wie bei der Volvo Art<br />

Session ja auch: Da wurden keine Künstler von der Strasse geholt,<br />

die sich kurz vorher an Bushaltestellen ausgetobt haben.<br />

Street Art als Ursprung und Sprungbrett für ernsthafte, hauptberufliche<br />

Künstler?<br />

Blanda: Die Skater-Szene ist so ein Beispiel. Anfänglich war das<br />

etwas Rebellisches, verstanden nur von Insidern. Erst später ist<br />

es dann mehrheitlich akzeptiert und kommerziell genutzt geworden.<br />

Mit der Street Art ist es ähnlich; in den 1970ern hat Jean-<br />

Michel Basquiat noch Türen in New York getaggt. Das war verboten,<br />

man hat Leute dafür eingesperrt. Erst später wurde er zu<br />

einem grossen Künstler – und aus der Strasse eine Galerie.<br />

In der Schweizer Kunstszene hat die Volvo Art Session mittlerweile<br />

einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Natürlich<br />

findet bei der Auswahl der Teilnehmer eine Selektion statt. Wie<br />

ist es als Künstler, gefragt zu werden – oder eben nicht?<br />

Rodja: Als ich davon erfuhr, hiess es, du, wir gehen auf Zürich<br />

malen, kommst du schauen? Natürlich gibt es diese ewigen Diskussionen,<br />

gerade unter Street- und Urban-Artisten: Wie ist das,<br />

für eine Marke zu arbeiten? Und welche Marke überhaupt, wo<br />

fängt der Verkauf an, ab wann wird es ein Ausverkauf? Was ist<br />

156 <strong>VECTURA</strong> #11


noch Kunst und was eine Dienstleistung? Manche Puristen haben<br />

da null Toleranz, andere sind bereit, sich geschickt zu vermarkten<br />

– oder einfach gewisse Kooperationen einzugehen, von denen<br />

beide Seiten etwas haben. Die Volvo Art Session war von Anfang<br />

an sehr professionell angelegt – da wurde nicht versucht, irgendeine<br />

Graffiti-Romantik zu beschwören, sondern klar gesagt: Es<br />

geht um ein Auto, und das wird bemalt. Dazu wurde noch ein<br />

Starfotograf eingeladen, da gab es keine Missverständnisse, auch<br />

nicht bei den Akteuren. Das sind bisher alles Leute gewesen, die<br />

ihre Sporen bereits verdient und es gar nicht nötig haben, sich zu<br />

verkaufen. Im Gegenteil, sie verdienen ihr Geld damit.<br />

Blanda: Kunst muss generell immer ehrlich sein, sonst funktioniert<br />

sie nicht. Es geht um Authentizität, und Volvo bietet die. Ich<br />

hatte nie das Gefühl, mich verkauft zu haben. Andere Projekte<br />

dagegen sind manchmal so kommerziell und weit weg von dem,<br />

um das es eigentlich geht. Dann wird es schwierig. Es kommt immer<br />

darauf an, was man als Künstler bereit ist zu akzeptieren – und<br />

sei es, um anderen wichtigen Projekten oder dem persönlichen<br />

Herzensprojekt näherzukommen.<br />

Aktionen wie die Volvo Art Session bieten Kreativen natürlich<br />

auch eine ideale Bühne, sogar mit Millionen-Publikum…<br />

Blanda: Ja, das auf jeden Fall. Und eine Teilnahme ist für mich<br />

absolut legitim, wenn man sich entschieden hat, von der eigenen<br />

Kunst leben zu wollen.<br />

Rodja: Was sicher auch eine Rolle spielt, ist: Was machen diese<br />

Künstler sonst noch für Sachen, wie sind die gross geworden? Im<br />

Fall Volvo sind das ja keine Anfänger.<br />

Die Schnittmenge von Street Art und Auto liegt ja in der Infrastruktur,<br />

einem öffentlichen Raum: Ist das logisch und konsequent<br />

– oder künstlich konstruiert?<br />

Rodja: Wenn es um den gemeinsamen Nenner Mobilität geht, ist<br />

das sicherlich ein wenig gesucht. Gleichzeitig reisen Künstler und<br />

wollen ihre Arbeiten weltweit zeigen, dazu braucht es eben auch<br />

Fortbewegungsmittel. Und es gibt Parallelen zwischen dem Statuswert<br />

eines Autos und dem eines Kunstwerks; Besitzerstolz.<br />

Das Bedürfnis, Autos anzumalen, ist auch kein neues.<br />

… Calder, Warhol, Rauschenberg, Koons und viele andere berühmte<br />

Namen. Technische Frage: Muss man mit einem Auto<br />

künstlerisch anders umgehen?<br />

Blanda: Ja, allein schon, weil es ein dreidimensionales Objekt ist<br />

und keine Fläche. Da musste ich schon umdenken und mir zunächst<br />

jede Seite einzeln vorstellen. Gleichzeitig sollte es auch<br />

ganzheitlich und aus mehreren Perspektiven funktionieren, was<br />

anspruchsvoll war.<br />

Ist dein Auto rein ornamental gestaltet – oder geht es zwischen<br />

den einzelnen Elementen auch um eine Geschichte?<br />

Blanda: Die Symbole sind ein Sammelsurium von teils unverarbeiteten<br />

Eindrücken, die mir tagtäglich tausendfach begegnen –<br />

ein Konstrukt aus Zeichen, Buchstaben oder Tieren. Wir leben in<br />

einer Zeit der Reizüberflutung und Flüchtigkeit. Beim Auto ist das<br />

ähnlich – das fährt vorbei, und wenn man nur kurz hinsieht, lässt<br />

sich höchstens ein Detail erkennen oder merken. Ich wollte diesen<br />

Aspekt bei meinem Art Car einbringen und es mit einem Netz von<br />

Piktogrammen überziehen, die als Einheit funktionieren, aber eben<br />

auch einzeln. Jeder Betrachter sieht etwas anderes, wenn sich<br />

das Auto bewegt. Steht es dann, lässt sich wieder etwas Neues<br />

entdecken.<br />

Rodja Galli gilt als vielseitiger Illustrator und Grafiker. In seinen eigenen,<br />

freien Arbeiten, die er mit dem Kürzel ro* signiert, arbeitet der 35-Jährige<br />

vorwiegend mit Stiften in einem zeichnerischen, teilweise sehr detaillierten<br />

Stil. Gestalterisches Handwerk hat bei Galli generell einen hohen Stellenwert.<br />

Inhaltlich bezieht ro* seine Inspirationen aus einem globalen bis urbanen<br />

Umfeld und reflektiert sie oft auf ironische oder technische Weise.<br />

Dabei vergeht er sich humorvoll an vertrauten Motiven, Persönlichkeiten<br />

oder Bildwelten und spielt mit deren Aussage und Wirkung. Galli lebt in<br />

Luzern und arbeitet im Berner Zentrum für Kulturproduktion, dem PROGR.<br />

www.rodjagalli.com<br />

Die Session und das Art Car sind ja zwei unterschiedliche Projekte<br />

gewesen – das erste sehr flüchtig, erhalten nur durch<br />

einen Film, und dann etwas Längerfristiges, zumindest ein Autoleben<br />

lang. Wie hat sich das jeweils angefühlt?<br />

Blanda: Das Motiv der Art Session lebte nur Stunden, das ist Teil<br />

des Konzepts und ich hatte auch kein Problem damit. Meine Aufgabe<br />

war erfüllt und ich bin dann auch gegangen und erst am<br />

nächsten Abend zurückgekommen. Da war grossteils schon etwas<br />

Anderes, Faszinierendes entstanden – und letztlich musste<br />

meine Arbeit zerstört werden, damit das eigentliche Kunstwerk,<br />

der Zeitraffer-Film, als Dokumentation an Wert gewann.<br />

Rodja: … das wäre dann eine weitere Parallele zur Street Art, die<br />

ja auch vergänglich ist: Da braucht jemand nur einen Putzfimmel<br />

zu haben – schon ist es weg.<br />

Blanda: Richtig, die Vergänglichkeit gehört von Anfang an dazu.<br />

Bei der Volvo Art Session waren einzelne Arbeitsschritte des Original-Motivs<br />

zudem extra so aufgebaut, dass sie im Film gut rüberkamen<br />

– das ergab praktisch eine zusätzliche Handlungsebene,<br />

wo ich mich vorab genau fragen musste: Wie mache ich das<br />

auf vertikalen Flächen mit den Zeichnungen, mit dem Siebdruck<br />

– und immer gegen die Uhr? Das gab vorher einige schlaflose<br />

SOMMER <strong>2014</strong> 157


ART CAR<br />

Nächte. Beim Art Car, wo das Ergebnis letztlich foliiert wurde, ist<br />

es dann ein weitgehend neuer Ansatz unter ganz anderen Rahmenbedingungen<br />

gewesen: Als mich Volvo fragte, ob wir die Zusammenarbeit<br />

verlängern und ich das Art Car gestalten wolle, war<br />

das eine extrem freudige Überraschung – und ein grosses Kompliment<br />

an mich, weil offensichtlich gefallen hat, was ich 2013 bei<br />

der Art Session gemacht habe. Super, eine tolle Erfahrung!<br />

Gab es vorab eine Art Konzept-Abnahme zu dem, was da jeweils<br />

entstehen sollte?<br />

Blanda: Ja. Für die Art Session habe ich Monate vorher Ideen<br />

eingereicht, die dann auch ziemlich 1:1 umgesetzt wurden. Und<br />

beim Art Car sowieso, da wurden diverse Entwürfe gemacht und<br />

über mehrere Runden abgesegnet. Es ging nicht darum, künstlerische<br />

Freiheiten einzuschränken, aber wie bereits gesagt wurde,<br />

handelt es sich um ein voll funktionsfähiges Auto und das muss<br />

es auch bleiben. Also ist in langen Gesprächen und E-Mails genau<br />

definiert worden: Wo muss was platziert sein, wo dürfen Schnittflächen<br />

stattfinden und wo nicht. Lichter und Räder zum Beispiel<br />

sind tabu. Mir ging es vor allem darum, was harmonisch und vereinbar<br />

war. Um beides zu erreichen, haben wir uns mehrfach abgesprochen<br />

und dem Ergebnis so immer weiter angenähert. Wie<br />

bei der Art Session galt: Es durfte der Marke Volvo nicht schaden,<br />

also weder politisch, noch rassistisch oder sexistisch sein – was<br />

ja auch völlig klar und nachvollziehbar ist.<br />

Das Art Car war also zeitintensiver als die Session?<br />

Blanda: Viel mehr, ja ja.<br />

Rodja: Die Herausforderung lag in der Machbarkeit, oder?<br />

Blanda: Auf jeden Fall, ja.<br />

Bei welchem der beiden Autos war das Lampenfieber grösser?<br />

Blanda: Definitiv auf der Bühne der Art Session. Unter aller Leute<br />

Augen zu arbeiten, war ungewohnt und auch anstrengend. Das<br />

hatte ich vorher noch nie gemacht und es fühlte sich manchmal<br />

unangenehm an – so, als würde man still kritisiert. Sich dabei zu<br />

konzentrieren, fiel schwer, aber nach kurzer Zeit gelang es mir zum<br />

Glück, das Umfeld auszublenden und intensiv in meiner eigenen<br />

Zone zu arbeiten. Als es dann vorbei war, merkte ich, dass ich<br />

nichts gegessen und keine einzige Pause gemacht hatte…<br />

Könntest du das, Rodja?<br />

Rodja: Ich hätte sicher Lampenfieber. Zudem bin ich bei den Projekten,<br />

an denen ich heute schaffe, extrem langsam. Da ich parallel<br />

einen normalen Tag mit Auftragsarbeiten habe, kann und<br />

muss ich immer wieder den Stecker ziehen und wechseln. Die<br />

Volvo Art Session beobachte ich interessiert und ganz ohne Neid<br />

den Akteuren gegenüber. Im Gegenteil, ich war mehrmals als Zuschauer<br />

dort und habe mich erfreut an dem, was da entstand.<br />

Blanda: Ich finde es eben auch motivierend, deshalb bin ich damals<br />

nach New York gezogen. Es hat viele unglaublich talentierte<br />

Leute dort gehabt, und das war sehr inspirierend und ein Antrieb<br />

für mich. Wenn man wie Rodja in einer Atelier-Gemeinschaft arbeitet,<br />

wo positiv-kreativ gearbeitet wird, ist das sicher auch ein<br />

befruchtendes Umfeld, das einen besser macht. Es ist einfach<br />

lässig zu sehen, wenn andere Leute etwas Gutes erschaffen. In<br />

der Schweiz gibt es leider immer wieder dieses Konkurrenz-Ding;<br />

das ist im Ausland anders. Dort sagt man: Hey, gefällt mir, lass<br />

uns etwas zusammen machen! Auch so gesehen setzt die Volvo<br />

Art Session einen angenehmen Gegenpol; ich werde das Geschehen<br />

auch weiterhin interessiert verfolgen.<br />

158 <strong>VECTURA</strong> #11


Arthur Oskar Stampfli<br />

Manufacture de Haute Horlogerie Artisanale<br />

Chemin des Vergers 21A - 2088 Cressier Suisse<br />

www.aos-watches.com<br />

“When Time becomes an event”<br />

“Your life is like a legend”<br />

AOS20121-Instrument 01 RIDERS<br />

Mouvement: 2892-2<br />

Carrure: Acier Inox 316L + PVD noir<br />

Glace: Saphir<br />

Cadran: Argenté martelé<br />

Affichage: heures, quart, demi sur 12 heures, secondes défilantes<br />

Bracelet: Caoutchouc noir<br />

Edition limitée: 25 exemplaires - Septembre <strong>2014</strong><br />

Précommande: info@arthuroskarstampfli.com<br />

Prix: 7250 Frs Suisse


www.prestigemedia.ch | CHF 10.–<br />

9 772235 369009<br />

RUBRIKEN IMPRESSUM<br />

Herausgeberin Prestige Media International AG<br />

Verleger Francesco J. Ciringione<br />

cf@prestigemedia.ch<br />

Verlagsleitung Boris Jaeggi<br />

b.jaeggi@prestigemedia.ch<br />

Chefredaktor Matthias Pfannmüller (map)<br />

m.pfannmueller@prestigemedia.ch<br />

Marketing- und Anzeigenleitung<br />

sales@prestigemedia.ch<br />

Gestaltung Stefanos Gioumoukis<br />

g.stefanos@prestigemedia.ch<br />

Autoren dieser Ausgabe Christian Bartsch,<br />

Simon Baumann, Olivier Burger, Thomas Geiger,<br />

Maximilian Flohr, Roger Gloor, Hubertus Hoslin,<br />

Stefan Lüscher, Volker Christian Manz,<br />

Wolfgang Peters, Bruno v. Rotz, Mark Stehrenberger<br />

Fotografen dieser Ausgabe Christian Bittmann,<br />

Chrigi Breitschmid, Urs Gautschi,<br />

rg / Fondation Gianadda, Andreas Graber,<br />

map, Andrea Margelli, Oskar Moyano,<br />

Thorsten Müller, C.Recoura, Daniel Reinhard,<br />

Ralph Steckelbach, Ian G.C. White<br />

Lektorat Andreas Probst<br />

Produktionsleitung Stefanos Gioumoukis<br />

g.stefanos@prestigemedia.ch<br />

Verlag / Produktion Prestige Media International AG,<br />

St. Jakob-Strasse 110, CH-4132 Muttenz / Basel<br />

Telefon +41 (0) 61 335 60 80<br />

Telefax +41 (0) 61 335 60 88<br />

info@prestigemedia.ch<br />

www.prestigemedia.ch<br />

www.prestigenews.ch<br />

Web & IT Dejan Djokic<br />

Koordination Laura Giarratana<br />

Abo-Service Serpil Dursun<br />

Telefon +41 (0) 61 335 60 80<br />

info@prestigemedia.ch<br />

<strong>VECTURA</strong> #12<br />

erscheint im<br />

September <strong>2014</strong><br />

Einzelnummer CHF 10.–<br />

Jahresabo CHF 39.–<br />

Erscheinungsweise vierteljährlich<br />

Auflage 20500 Exemplare<br />

WEMF / REMP-beglaubigt (2013) 16 463 Ex.<br />

Wiedergabe von Artikeln und Bildern,<br />

auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit<br />

ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.<br />

Für unverlangte Zusendungen wird von<br />

Redaktion und Verlag jede Haftung abgelehnt<br />

WWW.<strong>VECTURA</strong>MAG.CH<br />

WWW.<strong>VECTURA</strong>MAG.CH<br />

[lat.: das Fahren] #11 | Sommer <strong>2014</strong><br />

Neuer Stern aus Stuttgart<br />

MERCEDES C-KLASSE<br />

BELLA MACCHINA // FERRARI CALIFORNIA T<br />

ZEITREISE // UNTERWEGS MIT SKODA<br />

SPURENSUCHE IN DUBAI // JEEP CHEROKEE<br />

SPEZIAL // VERBRAUCH UND EMISSION<br />

MUSEUM-EDITION<br />

Titelfoto Ian G.C. White<br />

160 <strong>VECTURA</strong> #11


Mehr Sportwagen denn je.<br />

Lancer Evolution 4x4 mit 295 PS<br />

Sensationspreis CHF 39’999.–<br />

» Power pur: 2.0-Liter-MIVEC-Turbo, 295 PS, 366 Nm<br />

» Traktion pur: Super-All-Wheel-Control 4x4, aktive Fahrdynamikregelung ACD<br />

» Fahrspass pur: Sport-Fahrwerk, überragendes Handling<br />

» 9 Airbags, Kurvenlicht, Bi-Xenon, Recaro-Sitze, Tempomat, Bluetooth<br />

» 2.0 Final Edition CHF 39’999.–*<br />

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www.facebook.com/MitsubishiCH<br />

* BEST OFFER Nettopreise inkl. 8% MWST und Cash Bonus 5’000.–. Normverbrauch: 2.0/295 PS, 10.5 l/100 km, CO 2 243 g/km, Effizienz-Kategorie G, CO 2 -Durchschnitt aller verkauften Neuwagen: 148 g/km


www.volkswagen.ch<br />

Abheben ohne die<br />

Boden haftung zu verlieren.<br />

Der neue Golf R mit 300 PS und 4MOTION.<br />

Mit 300 PS (221 kW) ist er der stärkste Golf R aller Zeiten. Aber Kraft ist bekanntlich<br />

nichts ohne Kontrolle. Deshalb verteilt der permanente Allradantrieb 4MOTION die<br />

Leistung bedarfsgerecht auf alle vier Räder. Manchmal muss man eben teilen, um<br />

mehr zu bekommen. Das gilt übrigens nicht für den Fahrspass. Den können Sie im<br />

neuen Golf R bei einer Beschleunigung von 0 auf 100 in 4.9 Sekunden mit DSG auch<br />

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Der Golf. Das Auto seit 1974.<br />

Golf R, 2.0 l TSI BMT, 300 PS (221 kW), 6-Gang manuell, 3-Türer. Energieverbrauch: 7.1 l/100 km, CO 2 -Emission:<br />

165 g/km (Durchschnitt aller verkauften Neuwagen: 148 g/km), Energieeffizienz-Kategorie: F.

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