Schwarzmunition – Rainer Gröschl
978-3-86859-377-8
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R A I N E R
. G r ö s c h l
S C H W A R Z M U N I T I O N
o. T. (Dealer II) 2013, Radierung, Bohrer, 49,5 x 49,5 auf 56,5 x 39 cm (VORHERIGE SEITE)
INHALT
VORWORT 7
UWE HAUPENTHAL: Metamorpher Fluss
ZU DEN BILDERN VON RAINER GRÖSCHL 49
INTERVIEW 62
CONTENT
Preface 7
Uwe Haupenthal: Metamorphic FluX
On the Images of Rainer GRöschl 49
INTERVIEW 76
Ich danke:
Dr. Uwe Haupenthal, der den Textbeitrag schrieb;
den beiden Fotografen, Nadine Weixler und Peter Schreiner;
Stephan Kamp, der die Gestaltung übernommen hat
sowie dem jovis Verlag, hier Susanne Rösler und Philipp Sperrle,
für die gute Zusammenarbeit in allen das Buch betreffenden Belangen.
Bettina van Haaren danke ich für konstruktive Hinweise.
Besonderer Dank an meine Frau Jutta für ihre tatkräftige Unterstützung.
I would like to thank:
Dr Uwe Haupenthal, who wrote the text;
the two photographers, Nadine Weixler and Peter Schreiner;
Stephan Kamp, who handled the design
and jovis Verlag, in particular Susanne Rösler and Philipp Sperrle,
for their excellent cooperation in all aspects relating to the book.
I am also grateful to Bettina van Haaren for her constructive comments.
And special thanks to my wife, Jutta, for her enthusiastic support.
Rainer Gröschl, 2015
VORWORT
PREFACE
Rainer Gröschl, geboren 1954 in Flensburg, lebt
und arbeitet in Kiel. Er arbeitet im Bereich der
Architektur und ist Graphiker und Maler. Das Verständnis
für Architektur bildet die Grundlage für
seine Kompetenz in der Entwicklung von raumstrategischen
Konzepten und in der Konzeption
von Ausstellungssituationen.
Rainer Gröschl hatte an vielen Gruppen- und Einzelausstellungen
teilgenommen, bevor er sich
für einige Jahre ausschließlich der Architektur
zuwandte. Dies geschah in dem Bewusstsein,
sich nicht in eine existenzielle Abhängigkeit zum
Kunstmarkt zu begeben. Dadurch eröffnete Rainer
Gröschl sich einen individuellen Freiraum,
den er für seine künstlerische Arbeit nutzt.
In diesem Buch werden Zeichnungen, Graphiken
und Malerei aus den letzten vier Jahren gezeigt.
Sie stellen die aktuelle Entwicklung des von der
Zeichnung und Graphik kommenden Künstlers
exemplarisch dar. Einen breiten Raum nehmen
die malerisch angelegten Arbeiten ein. Sie sind
still, klar gleichermaßen verdeckend wie aufdeckend.
Obwohl die Arbeiten insgesamt sehr
unterschiedlich scheinen, haben sie ein gemeinsames
„Fundament“, eine eigenständige Kraft
und klare Formensprache. Diese Kraft gibt den
Arbeiten Halt und Präsenz. Ohne metaphorisch
zu übertragen existieren die Arbeiten für sich. Sie
stellen sich als autonome Werke dem Betrachter.
Rainer Gröschl born in 1954 in Flensburg, lives
and works in Kiel. He is active in the field of architecture
and is also a graphic artist and painter.
His understanding of architecture forms the basis
for his expertise in developing planning concepts
and designing exhibition spaces.
Rainer Gröschl took part in many group and individual
exhibitions before devoting himself exclusively
to architecture for a number of years. He
did this in order to avoid forming an existential
dependence on the art market, and thus carved
out his own niche for his artistic work.
This book features drawings, graphic art and paintings
from the last four years. It showcases the current
output of the artist, whose background is in
drawing and graphic design. The projects shown
here cover a wide range. They are calm, with clear
lines, and both conceal and reveal. Although,
when seen together, they appear very different
from one another, they share a common foundation:
an independent vigour and a clear style. This
strength gives the work a sense of coherence and
presence. In essence, the projects exist in and of
themselves. They present themselves to the viewer
as autonomous pieces of work.
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O. T. 2013, Radierung, Strichätzung, Kaltnadel, Aquatinta, 19,5 x 19,5 auf 53,5 x 38 cm
O. T. 2013, Radierung, Strichätzung, Kaltnadel, Aquatinta, 19,5 x 19,5 auf 53,5 x 38 cm
o. T. 2015, Radierung, Strichätzung, Kaltnadel, 19,5 x 19,5 auf 53,5 x 38 cm
14
o. T. 2014, Radierung, 30 x 30 auf 53,5 x 38 cm
15
o. T. 2015, Radierung, Strichätzung, Aquatinta, 19,5 x 19,5 auf 53,5 x 39 cm
O.T. (FReiheit / Transporter) 2014, Radierung, Strichätzung, Kaltnadel, offene Ätzung, 19,5 x 25 auf 39 x 56,5 cm
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o. T. (Gartendusche II) 2015, Strichätzung, offene ätzung, Kaltnadel, Bohrer, 25 x 19,5 auf 53,5 x 38 cm
27
o. T. 2014, Zeichnung, Tusche auf Papier, 76 x 106 cm
o. T. (face II) 2015, Zeichnung, Tusche Papier, 106 x 76 cm
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o. T. 2013, Tusche und Acryl auf papier, 66 x 78 cm
o. T. 2014, Zeichnung, Tusche und Graphit auf Papier, 70 x 100 cm
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UWE HAUPENTHAL: METAMORPHER FLUSS.
Zu den Bildern von Rainer GRöschl
Uwe Haupenthal: Metamorphic Flux.
On the Images of Rainer GRöschl
Das Erfahren von Wirklichkeit bestimmt die Ausgangssituation
im bildnerischen Schaffen von
Rainer Gröschl. Gesehenes steht indes gegen
Bildformen, deren verbindliche Benennbarkeit
sich in einem sprichwörtlich offenen Feld auflöst.
Vorgegenständlich-objektivierte, hermetisch-abgeschlossene,
d. h. sich selbst genügende Bildvorstellungen
werden hingegen von vorn herein
ausgeschlossen. Jenseits sprachlich fixierter
Begrifflichkeit verweist eine mehr ahnende Bindung
auf das unverbrüchlich starke, subjektive
Erleben. Es ist dies eine eigenartige, vielfach ausgreifende
und mehrschichtige Gemengelage, in
der Gröschl selbst eine konzeptuelle Membrane
vorgibt, durch die vorgegebenes Wissen zwar in
seinem Kern noch immer unangetastet dringen
kann, obgleich es notgedrungen viel von seiner
begrifflichen Substanz einbüßt. Faktisches Wissen
verliert seine im allgemeinen Diskurs unbestrittene
semiotische Vormachtstellung und unterstellt
sich nunmehr einem übergeordneten
Kontext. Die Dinge geraten in einen metamorphen
Fluss.
Gröschl kreiert einen offenen Bildraum, in dem
sich das Abbildliche, gleichsam von einem fernen
Punkt aus und vor den Augen des Betrachters
neuerlich findet und bezüglich verbindlicher
Zuordnung einen graduell verschiedenen Zustand
erreichen kann. Dass er immer wieder auf
reale Objekte zurückgreift, mag kaum verwundern.
So findet sich in einer Radierung ein realistisch
wiedergegebener Geigenkörper (Abb.
S. 77), und in einer Zeichnung ist, trotz einer lockeren
Strichführung und grafischer Inventionen,
eindeutig das Brandenburger Tor in Berlin oder
ein Herz zu erkennen (Abb. S. 30).
Mit Blick auf eine unterschiedlich graduierte abbildliche
Zuordnung sei auf eine Zeichnung bzw.
eine in verschiedenen Zuständen gedruckte Radierung
von zwei benachbarten Baumstämmen
Experience of reality informs the starting point
for Rainer Gröschl’s artistic work. What is seen,
however, stands counter to visual forms whose
readily summonable associations simply disintegrate
in the proverbial open field. Yet concrete,
objectified, hermetic and self-contained – in other
words, self-sufficient – imagery is excluded from
the very outset. Beyond linguistically fixed terminology,
this approach appears to aim at a deeper
bond with the inviolably powerful subjective experience.
In addressing this curious, far-reaching
and multi-layered conflict, Gröschl himself posits
a conceptual membrane through which innate
knowledge can penetrate, untouched, to the very
core, although it loses much of its abstract substance
in the process. Factual knowledge loses its
semiotic supremacy, which tends to go uncontested
in normal discourse, instead conveying an
overriding context. Things tumble into a metamorphic
flux.
Gröschl creates an open pictorial space in which
the representational dimension to the work can
be seen afresh both from a distance and in the
eyes of the beholder, while its essential associations
gradually achieve a different status. It is
hardly surprising that the artist always returns to
real objects. In one etching, for instance, we see
a realistic rendering of the body of a violin (Ill.
p. 77), while in one of his drawings the Brandenburg
Gate in Berlin and a heart are clear to see,
for all the loose strokes and graphic innovations
of the piece (Ill. p. 30).
In terms of differentiated, graduated representation,
one drawing and a number of printed etchings
feature two tree trunks standing side by
side, which take an outline as a starting point for
rendering a graphically defined experience of the
landscape – namely one that is, first and foremost,
grounded in the artistic medium (Ill. pp. 18 / 19). In
the first instance, lines convey a loose impression,
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o. T. (Verschlingung II) 2012, Zeichnung, Tusche und Graphit auf Papier, 70 x 100 cm
60
o. T. (Verschlingung III) 2012, Zeichnung, Tusche und Graphit auf Papier, 70 x 100 cm
61
INTERVIEW
JF: Du hast Dich sehr früh und professionell
der Radierung gewidmet. Wie kommt es zu der
frühen Spezialisierung auf diese sehr spezielle
Technik des Tiefdrucks?
RG: Das hatte zunächst praktische Gründe; mir
stand nur wenig Raum zur Verfügung. Das kleine
Format und die Handlichkeit der Zeichnung und
Radierung boten sich von selbst an. Als wir von
der Stadt aufs Land zogen, half der Zufall (oder
war es unbewusst gezielte Suche?). Im Nachbardorf
wohnten Künstler, die eine alte Dorfschule
zu ihrem Atelier umgebaut hatten. Dorothee Bachem
war es, deren Offenheit und Großzügigkeit
es mir ermöglichte, Radiertechnik zu studieren.
Ich war täglich im Atelier und konnte frei experimentieren.
Tiefdrucktechnik – das war es. Das
war meine Technik. Und sie hat bis heute einen
festen Platz in meiner Arbeit.
JF: Du warst demnach also noch Schüler, als alles
begann?
RG: Ja, ich besuchte das Gymnasium in Flensburg,
ca. 25 km entfernt.
JF: Dann kamen die ersten Ausstellungen – wann
war das?
RG: Ja, an kleineren Ausstellungen nahm ich
bereits sehr schnell teil. Die für mich wichtigste
Ausstellung war die Teilnahme an der jurierten
Landesschau des Bundesverbandes Bildender
Künstler, Schleswig-Holstein, im Jahr 1977. Ich
war damals jüngster Teilnehmer. Es folgten verschiedene
Einzel- und Gruppenausstellungen
und Editionen. Meine Radierungen wurden auch
über die Griffelkunst-Vereinigung in Hamburg
verlegt. Damals richtete ich mir eine eigene
Druckwerkstatt mit einer professionellen Tiefdruckpresse
ein.
JF: Wie ist dann der plötzliche Wechsel zur Architektur
zu erklären?
RG: Architektur hat mich schon immer fasziniert.
Häuser zu entwerfen ist für mich eine kreative
und anspruchsvolle Aufgabe, man trägt viel Verantwortung.
Der Wechsel kam dadurch zustande, dass ich
mich nicht den Unwägbarkeiten des Kunstmarktes
ausliefern wollte. Ich wollte nicht auf Bestellung
arbeiten sondern unabhängig bleiben.
JF: Du hast dann doch den Weg zurück gefunden.
Und das anscheinend mit einer sehr hohen
Produktivität. Ist die Kunst dann doch der richtige
Weg?
RG: Während der Zeit, in der ich im Landeskulturzentrum
Salzau die Druckwerkstatt als Werkstattleiter
betreute, habe ich wieder viel mehr
Graphiken gemacht. Im Jahr 2012 bezog ich ein
neues Atelier. Die Arbeiten, die dort zwischen
2012 und 2015 entstanden sind, werden in dem
Buch „Schwarzmunition“ vorgestellt und zusammengefasst.
Anlässlich der Buchproduktion
konnte ich meine eigenen Arbeiten einer kritischen
Prüfung unterziehen. Mit dem in den drei
Jahren Erreichten bin ich zufrieden und stelle
für mich fest, dass die künstlerische Arbeit sich
lohnt.
JF: Zum Abschluss: Was bedeutet Dir Kunst? Warum
malst Du, zeichnest Du?
RG: Wir sind ständig manipulierten Hochglanzbildern
ausgesetzt, denen wir uns nicht entziehen
können. Unmerklich beeinflussen sie uns
und unser Leben. Ich setze mit meinen Bildern
einen Kontrapunkt. Bilder, die eine eigene Kraft
ausstrahlen, die für sich stehen. Daran arbeite
ich, diese Bilder mache ich. Ein gutes Bild übertrifft
alle möglichen Metaphern, die während des
Malens in meinem Kopf gewesen sein könnten.
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o. T. (Boote) 2012, Zeichnung, Tusche, Tee und Graphit auf Papier, 70 x 100 cm
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o. T. (See) 2014, Holzschnitt, ca. 73 x 73 cm, Randloser Druck
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o. T. 2014, Holzschnitt, 73 x 73 cm, randloser Druck
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