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6020 Stadtmagazin - Mai 2016

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EDITORIAL<br />

DAS GEPLANTE<br />

CHAOS<br />

von Michael Steinlechner<br />

Wenn man dieser Tage durch<br />

Innsbruck fährt, könnte man<br />

meinen, man sei Teil von<br />

etwas ganz Großem. Einer ganz großen<br />

Anti-Autofahrerverschwörung, um genau<br />

zu sein. Es sieht so aus, als hätten sich die<br />

Regierungsparteien nach der Wahl 2012<br />

genauestens überlegt, wie sie es in kürzester<br />

Zeit schaffen könnten, auch den letzten<br />

Autofahrer aus der Stadt zu jagen. Dabei<br />

lassen sie es wie immer ganz natürlich,<br />

fast unbeholfen aussehen, um nicht aufzufallen<br />

– das geplante Chaos eben.<br />

// Wie sonst wäre es zu erklären, dass<br />

in Innsbruck quasi jeder Zentimeter Beton<br />

aufgerissen wird, der hier je gegossen<br />

wurde? Wer käme sonst auf die wahnwitzige<br />

Idee, mehrere wichtige Verkehrsknotenpunkte<br />

auf einmal lahmzulegen? Den<br />

Bewohnern der Hungerburg wollte man<br />

zu verstehen geben, dass sie die Bahn<br />

nehmen sollen oder den Paragleiter, aber<br />

sicher nicht das Auto, um in die Stadt<br />

zu gelangen. Das sture Bergvolk wollte<br />

nicht hören, weshalb man jetzt einfach<br />

mal für drei Jahre (so lange hat ungefähr<br />

der Bau der Hungerburgbahn gedauert)<br />

die Riedgasse sperrt, ihres Zeichens die<br />

einzige Direktverbindung in die Stadt.<br />

Dabei darf man das durchaus auch als<br />

Schutzmaßnahme sehen, denn eigentlich<br />

ist es besser, wenn man nie in der Stadt<br />

landet. Denn dort herrscht rund um die<br />

Markthalle Chaos, die Universitätsstraße<br />

ist im Westen gesperrt, die Innbrücke ein<br />

einziger Stau und der Südring bleibt eine<br />

Kategorie für sich. Dutzende Baustellen<br />

wollen uns nur eines sagen: Autofahrer<br />

böse, ätsch!<br />

// Dabei ist das nur das große Finale<br />

der „Operation Chaos“. Angefangen hat ja<br />

alles schon vor knapp zwei Jahren mit der<br />

neuen Kurzparkzonenregelung. Hier hat<br />

man einfach einen lupenreinen Hattrick<br />

versenkt: ausgeweitet, verlängert, verteuert.<br />

Aus heutiger Sicht ein erster Warnschuss<br />

an all die Unbekehrbaren, die noch<br />

immer nicht verstanden haben, dass Autos<br />

in einer Stadt nichts verloren haben, dass<br />

nur Menschen in den Himmel kommen, die<br />

mit dem Rad fahren oder zu Fuß gehen.<br />

Schon damals war die Dreistigkeit legendär,<br />

man erhöhte nicht einfach die Preise,<br />

sondern verlängerte auch die Bezahlzeiten<br />

und weitete die Gebiete aus.<br />

// Besonders clever erwiesen sich die<br />

Drahtzieher der „Operation Chaos“, als sie<br />

schon vor Jahren ein Ablenkungsmanöver<br />

starteten. Damit man das System nicht zu<br />

ihnen zurückverfolgen konnte, installierten<br />

sie sogenannte neutrale Autofeinde. Die<br />

Parkgaragen-Betreiber waren sofort dabei<br />

und willigten ein, die Preise stetig zu erhöhen.<br />

Seitdem kann ein längerer Kaffee in<br />

der Innenstadt gerne mal zehn Euro inklusive<br />

Parkkosten ausmachen und wenn man<br />

Insidern glaubt, kommt er wirklich bald,<br />

der zusätzliche „Ratenzahlungs-Knopf“ an<br />

den Automaten in den Tiefgaragen.<br />

// Deshalb wünsche ich allen Autofahrern<br />

besonders viel Nerven und Durchhaltevermögen<br />

für die nächste Zeit. Uns allen<br />

wünsche ich, dass die Stadtregierung auch<br />

alle ihre anderen Agenden mit der gleichen<br />

Akribie, demselben Aufwand und solch<br />

gnadenloser Effizienz umzusetzen vermag.<br />

m.steinlechner@<strong>6020</strong>stadtmagazin.at<br />

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