Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Das Hamburger<br />
Straßenmagazin<br />
N O <strong>279</strong><br />
<strong>Mai</strong>.16<br />
2,20 Euro<br />
Davon 1,10 Euro<br />
für unsere Verkäufer<br />
Plus:<br />
Unsere BrotRetter:<br />
Zweite Chance für Brot<br />
und Mensch<br />
Die Stadtexpedition:<br />
Essbares Hamburg
Mit dem Malteser Hausnotruf kommt Hilfe in Minutenschnelle – und durch sofortiges Handeln<br />
und schnelle Versorgung kann permanente Pflegebedürftigkeit verhindert werden. Auch in<br />
kleineren Notfällen genügt ein einziger Knopfdruck auf den Notrufsender – wahlweise als<br />
Armband oder Halskette. Die Verbindung zu den Maltesern wird hergestellt und der Bereitschaftsdienst,<br />
eine Vertrauensperson oder der Rettungsdienst werden sofort zu Hilfe geschickt.<br />
So bleibt ein unabhängiges Leben gesichert. Der Malteser Hausnotruf: ganz einfach sicher fühlen.
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Inhalt<br />
Titel: Was bewirkt es, wenn man monatlich<br />
zusätzlich 1000 Euro bekommt?<br />
TITELBILD: GRAFIKDEERNS.DE<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
was für ein Monat! Wir sind mit unserem neuen Projekt BrotRetter an den Start gegangen:<br />
Brot von gestern, verkauft von fünf Hinz&Künztlern – das Ganze als Kooperationsprojekt<br />
zwischen der Bäckerei Junge und uns. Und wir sind richtig glücklich,<br />
dass bislang alles total gut klappt und alle gute Laune haben (Seite 6). Wir haben<br />
eine Frau besucht, die ein Jahr lang 1000 Euro monatlich geschenkt bekommt – zusätzlich<br />
als bedingungsloses Grundeinkommen. Welche Kräfte und Energien löst das<br />
in einem Menschen aus? Und wie ist „Erfinder“ Michael Bohmeyer überhaupt auf<br />
die Idee für dieses Projekt gekommen (Seite 26)? Weniger lustig: Seit April gibt es in<br />
Hamburg ein zweites Straßenmagazin: das Straße Journal Deutschland – und leider<br />
gibt es mit den Neuen Stress (Seite 25). Die miesen Geschichten aus Panama kennen<br />
Sie bestimmt. Was sie alles bei der Recherche und bei der Reise nach Panama erlebt<br />
haben, erzählen uns NDR-Reporter Christoph Lütgert und Jan Lukas Strozyk, der<br />
zum Rechercheteam der ersten Stunde gehört (Seite 23). Ihr Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Team<br />
FOTOS: ANDREAS HORNOFF, WILLLEM KONRAD, KAREN DERKSEN<br />
Stadtgespräch<br />
04 Gut&Schön<br />
Nur aufmunternde Nachrichten<br />
06 Die BrotRetter<br />
Super Start: Das Projekt von<br />
Bäckerei Junge und Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
10 Zahlen des Monats<br />
Überforderte Nachtpfleger<br />
12 Hamburg integriert!<br />
Warum sich ein Dachverband für<br />
Flüchtlingsinitiativen gründet<br />
20 Miese Panama-Geschichten<br />
Treffen mit den Reportern<br />
Christoph Lütgert und Jan Strozyk<br />
26 Bedingungsloses Grundeinkommen<br />
1000 Euro pro Monat – und neuer<br />
Schwung kommt ins Leben!<br />
36 Hände voll Lehm<br />
Wie das Projekt „Bunte Kuh“ mit<br />
Ton und Sand die Stadt bereichert<br />
Lebenslinien<br />
30 Die Wortgewaltige<br />
Die Feministin Laurie Penny<br />
32 „Meine Therapeutin war eine<br />
gute Lehrerin“<br />
So half die Flüchtlingsambulanz<br />
des UKE dem Flüchtling Sadiq<br />
Stadtexpedition<br />
15 #7: Essbares Hamburg<br />
Wilder Bärlauch oder Giersch –<br />
so pflückt man Leckeres<br />
Freunde<br />
42 Ein Mal zum Nordkap<br />
Rallyefahren und Gutes tun<br />
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
46 Rebell im Maßanzug<br />
Der Pianist Igor Levit im Gespräch<br />
50 Die mit den Puppen spielt<br />
Andrea Bongers tritt beim<br />
5. Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Kabarettgipfel an<br />
52 20 Tipps für den <strong>Mai</strong><br />
56 Koch des Monats<br />
Hinz&Künztler Pedru serviert<br />
rumänisches Kartoffelragout<br />
58 Momentaufnahme<br />
Ex-Hinz&Künztler Günter<br />
Rubriken<br />
05, 25, 29 Kolumnen<br />
14, 19 Meldungen<br />
44 Leserbriefe<br />
57 Rätsel, Impressum<br />
46<br />
20<br />
36<br />
Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk
Begegnung<br />
Tanzend die Welt verändern<br />
Sie war lange ein Star: Die Schweizer Primaballerina<br />
Catherine Habasque. Nach ihrem Abschied von der<br />
Bühne gründete sie das Projekt „Dancers For the World“.<br />
Das Ziel: Menschen in Krisengebieten das Tanzen<br />
beizubringen. Ihnen helfen, ihre Gefühle auszudrücken,<br />
ohne immer reden zu müssen. Um neuen Mut zu fassen.<br />
Erste Reisen führten sie und ihr Team in eine verarmte<br />
Kleinstadt in Georgien und auf die Philippinen. Wo sie<br />
mit Opfern sexueller Gewalt tanzte. FK<br />
•
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Gut&Schön<br />
Das Ereignis<br />
Etwas mehr<br />
deutsch<br />
FOTOS: GERT WEIGELT, JÖRG STRUWE/DEINSTER SV, VERENA ORTH, CORNELIUS M. BRAUN, MAURICIO BUSTAMANTE<br />
Bild des Monats<br />
Alle wie einer<br />
Wer ist’s? Der Dritte von links in der zweiten Reihe?<br />
Oder unten der Fünfte von rechts? Fußballer sind sie<br />
alle. Im Deinster SV, Kreisliga. Wo Emad Babiker<br />
spielt, der neulich wegen seiner Hautfarbe geschlagen<br />
und beschimpft wurde. Da handelten seine Mitspieler.<br />
Das Echo war enorm. Allein Tausende von Likes bei<br />
Facebook. Was ein bisschen Farbe auslösen kann. FK<br />
•<br />
Zeitlos wichtig<br />
Nichts ist so uninteressant wie die<br />
Zeitung von gestern. Ganz anders<br />
sahen das die vier Frauen im<br />
südindischen Chennai, als sie die<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Ausgabe vom September<br />
2015 bekamen. Darin hatten<br />
wir über das Spendenprojekt<br />
von Margret Wens berichtet.<br />
Das Projekt hilft, Häuser zu bauen, Endlich: Ankerland eröffnet<br />
Frauen auszubilden und Schüler zu Es ist so weit: Hamburg hat mit<br />
betreuen. Die Frauen gehören zum „Ankerland“ ein ambulantes Zentrum<br />
für traumatisierte Kinder und<br />
Team vor Ort. Und sie sind begeistert,<br />
dass man ihr Projekt jetzt<br />
Jugendliche – unter Leitung des<br />
im fernen Deutschland kennt. FK<br />
•<br />
Therapeuten Dr. Andreas Krüger.<br />
Das Gebäude – ein einstiges Pastorat<br />
– wurde mit Mitteln der Bürgerschaft<br />
und durch private Spenden<br />
fachgerecht umgebaut. Die Kosten<br />
für die Behandlung eines Kindes<br />
veranschlagen die Ankerländer<br />
mit etwa 7000 Euro pro Jahr.<br />
Die ausschließlich durch Spenden<br />
zusammenkommen werden. FK<br />
•<br />
5<br />
ERLEBT VON MAURICIO BUSTAMANTE<br />
Ich bin in Argentinien geboren.<br />
Und meine Großeltern<br />
mütterlicherseits waren Italiener.<br />
Also hatte ich immer<br />
zwei Staatsbürgerschaften.<br />
Ich lebe zwar schon lange<br />
hier, aber es kam mir fast ein<br />
bisschen unanständig vor,<br />
mir obendrein einen deutschen<br />
Pass zu besorgen.<br />
Aber dann habe ich mit<br />
meiner Tochter Valentina gesprochen.<br />
Sie ist hier geboren,<br />
geht hier zur Schule –<br />
und hatte einen italienischen<br />
Pass. Sie wollte gerne Deutsche<br />
sein. Ich machte mit.<br />
Ich habe etwa ein Jahr<br />
gebraucht, bis ich den bürokratischen<br />
Kram dafür erledigt<br />
hatte. Man muss einen<br />
Sprachtest machen und einen<br />
Test über die Gesellschaft<br />
Deutschlands. Daran<br />
wären sicher so manche<br />
Deutsche gescheitert, aber<br />
ich habe den bestanden!<br />
Am Ende wurden wir<br />
zur Einbürgerungsfeier ins<br />
Rathaus eingeladen. Das ist<br />
schon cool. Der Bürgermeister<br />
persönlich übergibt die<br />
Urkunde und schüttelt einem<br />
die Hand. Auch Valentina!<br />
Hamburg ist für mich<br />
schon lange meine Heimat.<br />
Aber jetzt gehöre ich doch<br />
noch mehr dazu. •<br />
Mauricio Bustamante lebt seit<br />
1996 in Hamburg, arbeitet hier<br />
als Fotograf – viel für Hinz&<strong>Kunzt</strong>
Rubrik<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
Hinz&Künztler treffen auf Junge-Mitarbeiter (von links): Stephan Karrenbauer, Plamen Dochev, Stefan Calin, Adam Csizmadia,<br />
Jens Ade, Vasile Raducan, Maria Raab (Junge-Regionalleiterin), Tobias Schulz (Junge-Geschäftsführer),<br />
Alexa Ionut und Martina Fentzahn (Junge-Verkaufstrainerin). Unten rechts: Einarbeitung mit BACKTRAINER Günter Popp.<br />
6
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
BrotRetter –<br />
eine Idee, die aufgeht<br />
Von wegen, Obdachlose kriegen nichts gebacken:<br />
Fünf Hinz&Künztler sind seit März in Lohbrügge bei den BrotRettern<br />
angestellt – dank des Engagements der Bäckerei Junge.<br />
TEXT: SIMONE DECKNER<br />
FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE<br />
Wir möchten am liebsten<br />
jeden Tag Schlangen<br />
vor dem Laden haben“,<br />
hatte Niels Nattermüller<br />
noch gesagt. Der Vertriebschef der<br />
Bäckerei Junge ahnte nicht, wie schnell<br />
sein Wunsch sich erfüllen sollte. Kaum<br />
war Ende März der BrotRetter-Laden<br />
in Lohbrügge eröffnet, da brummte das<br />
Geschäft. Es lief gewissermaßen wie<br />
geschnitten Brot.<br />
Im Mittelpunkt des Geschehens:<br />
fünf Hinz&Künztler in schnieken<br />
schwarzen Polohemden mit pink-weißem<br />
BrotRetter-Logo. Adrett stehen sie<br />
hinter der Ladentheke und verkaufen<br />
Brot und Gebäck vom Vortag. Alles<br />
sieht sehr appetitlich aus, es duftet nach<br />
Brot und Kuchen, im Verkaufstresen<br />
kann man sich spiegeln.<br />
Zwei Tage vorher noch ein ganz<br />
anderes Bild. Die Einrichtung: erst rudimentär<br />
aufgebaut, die Wände: recht<br />
kahl, die Preisschilder: nicht vorhanden.<br />
„Das wird nie im Leben rechtzeitig<br />
fertig“, seufzte Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Sozialarbeiter<br />
Stephan Karrenbauer. Panik<br />
kam auf. Sollte unser ambitioniertes<br />
Gemeinschaftsprojekt scheitern, noch<br />
bevor es begonnen hatte? Während wir<br />
7<br />
nervös warteten, bewegten sich Niels<br />
Nattermüller und Regionalleiterin Maria<br />
Raab samt ihrer Crew tiefenentspannt<br />
durch das Geschäft. Sie zweifelten<br />
nicht eine Sekunde daran, dass alles<br />
klappen würde.<br />
Vor Monaten war Junge mit der<br />
Idee zu uns gekommen: Brot von gestern,<br />
verkauft von Hinz&Künztlern.<br />
Wir waren sofort begeistert. Was für eine<br />
Riesenchance für unsere Verkäufer!<br />
Doch dann bekamen wir kalte Füße.<br />
Wir wissen, wie man eine Zeitung<br />
macht, aber wie betreibt man erfolgreich<br />
eine Bäckerei? Da brauchten wir<br />
das Know-how der Profis von Junge.<br />
Rund 170 Filialen hat die Traditionsbäckerei<br />
in Hamburg und Umgebung<br />
schon aufgebaut. Und nun standen den<br />
Junge-Bäckereiprofis unsere Verkäufer<br />
Adam Csizmadia (20), Vasile Raducan<br />
(29), Alexa Ionut (28), Plamen „Paul“<br />
Dochev (49) und Stefan Calin (55)<br />
gegen über, die noch nie zuvor in einer<br />
Bäckerei gearbeitet hatten. Aber das<br />
konnte die Junge-Crew nicht schocken.<br />
Geduldig erklärten die erfahrenen Mitarbeiter<br />
unseren Neulingen alles, was<br />
sie wissen mussten: Auf wie viel Grad<br />
man den Backofen für die verschiedenen<br />
Brot sorten vorheizen muss. Wie genau<br />
man das Salatblatt beim Ei-Brötchen<br />
platziert, damit es appetitlich<br />
aussieht. Und was eine lockere Kniehaltung<br />
mit einem perfekt geschnittenen<br />
Brötchen zu tun hat.<br />
Snacktrainer Mohammad Masod<br />
kennt alle Tricks. Mit lockeren Sprüchen<br />
(„Aufpassen, jetzt machen wir die<br />
Brötchen hübsch.“) und viel Humor<br />
arbeitet er die Hinz&Künztler ein. Ein<br />
schönes Bild: Wie der ehemalige Maschinenbauer<br />
Paul und sein Kumpel<br />
Stefan, der mal ein kleines Geschäft geführt<br />
hatte, mit konzentriertem Blick<br />
Butter aufs Brötchen schmieren („Nicht<br />
zu viel!“), es mit Käse, Tomate, Gurken<br />
und Schnittlauch belegen und wie ein<br />
teures Kunstwerk vorsichtig in die Auslage<br />
legen.<br />
Eine echte Win-win-Situation.<br />
Denn die Hinz&Künztler sind keine<br />
Mitarbeiter zweiter Klasse. Sie machen<br />
bei den BrotRettern nicht bloß Hilfsarbeiten.<br />
Alle fünf sind fest angestellt für<br />
jeweils 20 Stunden, sozial- und krankenversichert.<br />
Das Projekt ist zunächst<br />
für ein Jahr gesichert. Wer sich in dieser<br />
Zeit gut macht, hat die Chance, übernommen<br />
zu werden. Und: Jetzt, wo die
Stadtgespräch<br />
BrotRetter einen Job haben, konnte ihnen<br />
von unserem Sozialarbeiter Stephan<br />
Karrenbauer eine Wohnung vermittelt<br />
werden. „Eine zweite Chance<br />
für Mensch und Brot“, bringt es Niels<br />
Nattermüller auf den Punkt.<br />
Das sehen unsere Hinz&Künztler<br />
genauso. Vasile, der neben Paul als Fahrer<br />
die Backwaren vom Junge-Stammsitz<br />
in Lübeck transportiert, sagt uns einen<br />
Satz, der bei uns noch lange<br />
nachhallt: „Jetzt fühle ich mich wieder<br />
als richtiger Mensch.“ Noch vor Kurzem<br />
musste er mit seiner Frau und seiner<br />
kranken Tochter in einem Raum<br />
auf einer Matratze auf dem Fußboden<br />
Der doppelte STEFAN:<br />
Ob auf dem Plakat<br />
oder in echt. BrotRetter<br />
Stefan Calin macht<br />
überall eine gute Figur.<br />
schlafen, umgeben von 150 Leuten.<br />
Und Paul weiß schon nach ein paar Tagen,<br />
dass er unbedingt mehr als 20<br />
Stunden arbeiten will. „Das ist ein sehr<br />
guter Job.“<br />
Ein sinnvoller noch dazu: In<br />
Deutschland werden jährlich rund<br />
500.000 Tonnen Brot weggeworfen.<br />
Ein Grund: Der Kunde verlangt auch<br />
kurz vor Ladenschluss noch die volle<br />
Auswahl. „Ich konnte es kaum ertragen,<br />
dass wir jeden Tag so viel Brot<br />
übrig haben – und das, obwohl wir<br />
schon die Tafeln beliefern und viele andere<br />
soziale Projekte unterstützen“, sagt<br />
Junge- Geschäftsführer Tobias Schulz.<br />
8<br />
An einem Tag im April begleiten wir<br />
BrotRetter Paul bei seiner Arbeit. Um<br />
kurz vor 7 Uhr begrüßt er uns ausgeschlafen<br />
aber mit leerem Magen. „Ich<br />
frühstücke nie“, sagt er und zeigt auf<br />
seinen Bauch. 18 Kilo sind schon runter,<br />
aber das reicht ihm noch nicht.<br />
Die Fahrt zum Junge-Stammsitz<br />
nach Lübeck dauert zwischen 50 und 70<br />
Minuten. Heute sind die Straßen frei,<br />
was nicht immer so ist. „Ich fahre gern<br />
rechtzeitig los, dann ist es entspannter“,<br />
sagt Paul.<br />
Er ist gelernter Maschinenbauer,<br />
arbeitete lange im Straßenbau, in seiner<br />
Heimatstadt Plowdiw, Bulgariens zweitgrößter<br />
Stadt. Sein Vater lenkte 45 Jahre<br />
lang Lkws. Paul selbst kann ebenfalls<br />
alles fahren – wie jetzt den Transporter<br />
für die BrotRetter.<br />
Arbeitslosigkeit und private Probleme<br />
(die Trennung von seiner Frau)<br />
brachten ihn 2012 nach Hamburg.<br />
Schon gut zehn Jahre zuvor hatte er<br />
hier gelebt und zwei Semester Physik<br />
studiert. Über seine Cousine, die mit einem<br />
Deutschen verheiratet ist, knüpfte<br />
er damals Kontakte. Doch als nun zurück<br />
ist, muss er im Winternotprogramm<br />
in der Spaldingstraße schlafen.<br />
„Eine schlimme Zeit. Viele Menschen<br />
dort hatten Probleme mit Drogen und<br />
Alkohol und es gab oft Schlägereien.“<br />
Mehrmals sprach er vergeblich bei<br />
der SagaGWG vor. Über einen privaten<br />
Kontakt findet er schließlich eine kleine<br />
Wohnung, die er sich mit einem Mitbewohner<br />
teilt. Schnell werden sie Freunde.<br />
Doch im vergangenen Jahr stirbt<br />
der Mitbewohner an Krebs. Als Paul<br />
davon erzählt, wird sein Blick ernst.<br />
„Entschuldige, ich bin ein bisschen<br />
traurig. Maro war ein sehr guter<br />
Mensch.“ Seit Kurzem hat Paul wieder<br />
einen Mitbewohner: einen syrischen<br />
Flüchtling, 30 Jahre jung. „Er spricht<br />
noch kein Deutsch und ich nicht viel<br />
Englisch, aber irgendwie geht es“, sagt<br />
Paul und lacht wieder.<br />
Nach einer knappen Stunde störungsfreier<br />
Fahrt biegen wir in das Lübecker<br />
Gewerbegebiet ein. Schon von<br />
Weitem sind die rot-weißen Junge-Hallen<br />
zu sehen. Der süße Duft von frisch<br />
Gebackenem liegt in der noch kühlen
ENTWURF: JUNGE; ILLUSTRATION: GRAFIKDEERNS<br />
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Morgenluft. Paul parkt den Transporter<br />
an der Ladeluke, korrigiert noch einmal<br />
gewissenhaft, ob er richtig steht, um die<br />
Rollwagen voller roter und grauer Gitterkörbe<br />
mit Backwaren vom Vortag<br />
problemlos einladen zu können. Was<br />
wohin kommt, dafür hat Paul einen<br />
Plan mit Bildern, die die unterschiedlichen<br />
Brot- und Gebäcksorten zeigen.<br />
Draußen wartet schon ein Junge-<br />
Kollege. „Ah, die BrotRetter sind da!“,<br />
freut er sich. In der Halle ist es laut:<br />
Gitterwagen werden ratternd über den<br />
glatten Boden gerollt. Oben fahren auf<br />
einem langen Transportband gewaschene,<br />
leere Gitterkörbe durch die<br />
Halle. Alles geht jetzt ganz schnell: Paul<br />
packt die retournierten und vorsortierten<br />
Waren in die Gitterwagen, überprüft<br />
und sortiert nach. Er muss jetzt<br />
kräftig anpacken, das Ganze darf nicht<br />
länger als 15 bis 30 Minuten dauern,<br />
dann geht es mit dem nun vollen Transporter<br />
zurück nach Lohbrügge.<br />
Der BrotRetter-Laden hat bereits<br />
geöffnet, als wir um kurz nach 10 Uhr<br />
wieder ankommen. Paul rollt die Gitterwagen<br />
geschickt aus dem Transporter:<br />
„Es gibt eine Technik, ich bin Ingenieur“,<br />
sagt er und lacht. In Windeseile ist<br />
Stadtgespräch<br />
der Wagen leer. Auf Pauls Stirn bilden<br />
sich kleine Schweißperlen. „Ist nicht<br />
anstrengend“, wiegelt er lachend ab.<br />
Junge-Regionalleiterin Maria Raab ist<br />
sehr beeindruckt vom Elan und<br />
Schwung der Hinz&Künztler: „Sie sind<br />
voll motiviert und haben Spaß an der<br />
Arbeit, selbst als es bei der Vorbereitung<br />
nur um Reinigungsarbeiten ging.“<br />
In Raabs Stimme klingt Stolz mit,<br />
als sie von „ihren“ neuen Kollegen<br />
spricht. Die Frau, die selbst lieber drei<br />
Tage altes Brot isst, als einen Krümel<br />
wegzuschmeißen, sagt: „Auch meine eigene<br />
Arbeit wird dadurch fast wertvoller“.<br />
Raab hofft, dass die Kunden die<br />
Idee der BrotRetter annehmen. Der<br />
Anfang ist gemacht. Unsere Crew wirkt<br />
schon fast routiniert. Nur manchmal<br />
sieht man, wie Junge-Verkaufstrainer<br />
ihnen leise zuflüstern, welche Zutat<br />
beim Brötchenbelag noch fehlt und wie<br />
die Handgriffe noch besser sitzen können.<br />
Aber das wird! Niels Nattermüller<br />
steht an der Seite und strahlt. Alles entspannt.<br />
Hatte er doch vorhergesagt. •<br />
Info: BrotRetter, Alte Holstenstraße 12<br />
(Lohbrügge), Mo–Sa ab 8 Uhr, solange der<br />
Vorrat reicht; www.jb.de/brotretter<br />
So funktioniert BROTRETTEN: Brot und Gebäck, das in den Junge-Filialen nicht verkauft wurde,<br />
kommt als Rückläufer zum Stammsitz in Lübeck, wo es nachsortiert wird (Lupe). Es geht an die Tafeln,<br />
wird zu Tierfutter verarbeitet und geht zu den BrotRettern, wo es zu günstigen Preisen verkauft wird.<br />
ANKER<br />
DES<br />
LEBENS<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong> bietet obdachlosen<br />
Menschen Halt. Eine Art<br />
Anker für diejenigen, deren<br />
Leben aus dem Ruder<br />
gelaufen ist. Möchten Sie<br />
uns dabei unterstützen und<br />
gleichzeitig den Menschen,<br />
die bei Hinz&<strong>Kunzt</strong> Heimat und<br />
Arbeit gefunden haben, helfen?<br />
Dann hinterlassen Sie etwas<br />
Bleibendes – berücksichtigen<br />
Sie uns in Ihrem Testament! Als<br />
Testamentsspender wird Ihr<br />
Name auf Wunsch auf unserem<br />
Gedenk-Anker in der Hafencity<br />
graviert.<br />
Ein maritimes Symbol für<br />
den Halt, den Sie den sozial<br />
Benachteiligten<br />
mit Ihrer Spende geben.<br />
Wünschen Sie ein persönliches<br />
Gespräch? Kontaktieren<br />
Sie den Geschäftsführer<br />
Dr. Jens Ade.<br />
Tel.: 040/32 10 84 03 oder<br />
<strong>Mai</strong>l: jens.ade@hinzundkunzt.de<br />
9
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Zahlen des Monats<br />
Nachts überfordert<br />
im Pflegeheim<br />
52<br />
Menschen gleichzeitig muss ein Nachtpfleger in einem deutschen<br />
Pflegeheim durchschnittlich versorgen. Damit bleiben ihm nur zwölf Minuten<br />
pro Patient, so eine Untersuchung der Universität Witten-Herdecke.<br />
„Das ist Stress pur“, erklärte die Leiterin der Studie, Christel Bienstein.<br />
„Wer für 52 Personen in der Nacht zuständig ist, muss damit rechnen,<br />
dass – so wie es in Altenheimen meist aussieht – hinter 26 Türen<br />
jederzeit jemand beim Weg zur Toilette stürzen kann.“<br />
Grundlage der Erhebung war eine Online-Befragung von Nachtdienstlern.<br />
Nahezu jeder zehnte der 267 befragten Pfleger gab an, für mehr als<br />
100 Heimbewohner zuständig zu sein. Daher sei es nicht verwunderlich,<br />
so die Autoren der Studie, dass ein Viertel der Befragten erklärte, in ihrer<br />
Einrichtung würden Bettgitter oder Schlafmittel eingesetzt. Knapp<br />
zwei Drittel der Nachtdienstler gaben an, sich „häufig“ oder „sehr oft“ um<br />
herumirrende Patienten mit Demenz kümmern zu müssen. 65 Prozent<br />
beklagten, sich nicht ausreichend um Sterbende kümmern zu können.<br />
30.000<br />
Pflegekräfte fehlen nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.<br />
Er spricht von alarmierenden Ergebnissen und fordert mehr Personal.<br />
Mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz soll sich die Situation in den<br />
Heimen ab kommendem Jahr verbessern. Umgesetzt wird es auf Landesebene,<br />
in Hamburg stehen die Verhandlungen kurz vor dem Abschluss.<br />
Angelika Christ vom Paritätischen: „Die Personalausstattung wird sich verbessern.“<br />
Die Autoren der Studie fordern „mindestens zwei bis drei<br />
Pflegende für 60 Bewohner in der Nacht“. •<br />
TEXT: ULRICH JONAS<br />
ILLUSTRATION: ESTHER CZAYA<br />
Mehr Infos im Internet unter www.huklink.de/pflegeheime<br />
11
Stadtgespräch<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
„Wir sind neugeboren und<br />
STRAMPELN gerade<br />
noch“, sagt Claus Scheide.<br />
„Ich möchte diesen Leuten<br />
nicht das Feld überlassen“<br />
Weil Claus Scheide Angst vor einer Spaltung der Gesellschaft hat, setzt er in der Debatte<br />
über Flüchtlinge auf einen Dialog mit allen Beteiligten. Er gründet einen<br />
Dachverband der Unterstützer, damit es ein Gegengewicht zu den Skeptikern gibt.<br />
TEXT: BENJAMIN LAUFER<br />
FOTO: DMITRIJ LELTSCHUK<br />
Bislang war es in Hamburg Sache der<br />
Gegner großer Flüchtlingsunterkünfte,<br />
sich in einem Dachverband zu organisieren:<br />
Die „Initiativen für erfolgreiche<br />
Integration“ (IFI) drohen dem Senat sogar<br />
mit einem Volksentscheid. Nun formieren<br />
sich auch die vielen Initiativen<br />
von Flüchtlingsunterstützern zu einem<br />
eigenen Dachverband. „Hamburg integriert“<br />
steht mit mehr als 80 Mitgliedsorganisationen<br />
in den Startlöchern.<br />
Flüchtlingspolitik zum Thema eines<br />
Volksentscheids zu machen, lehnt der<br />
neue Verband vehement ab.<br />
12<br />
Die Gründung fällt in angespannte Wochen:<br />
In Blankenese blockieren Anwohner<br />
mit ihren Autos Baumfällarbeiten<br />
für eine geplante Flüchtlingsunterkunft.<br />
Bürgerinitiativen versuchen in jedem<br />
Hamburger Bezirk, die Vorhaben des<br />
Senats mit Bürgerbegehren auszubremsen<br />
– scheitern damit jedoch an der Bürokratie.<br />
Hamburgs Gerichte beschäftigen<br />
sich fast täglich mit den Klagen von<br />
Bürgern gegen die Bauvorhaben für<br />
Flüchtlinge. Und so weiter.<br />
Wo führt das hin? „Uns droht eine<br />
Spaltung der Gesellschaft, die möglicherweise<br />
nicht zu kitten ist“, befürchtet<br />
Claus Scheide. Der 50-jährige Rechtsanwalt<br />
aus Rissen gehört neben Flüchtlingsberaterin<br />
Helga Rodenbeck vom<br />
Runden Tisch Blankenese und dem<br />
Vorsitzenden des Rissener Sportvereins<br />
Claus Grötzschel zu den Initiatoren des<br />
neuen Dachverbands. Gemeinsam wollen<br />
sie bei der Integration von Flüchtlingen<br />
helfen – und nicht neue Unterkünfte<br />
in der Nachbarschaft verhindern.<br />
Claus Scheide sagt: „Ich möchte diesen<br />
Leuten nicht das Feld überlassen.“ Auf<br />
die Mitglieder der „Initiativen für er-
Stadtgespräch<br />
„Uns droht eine<br />
Spaltung der<br />
Gesellschaft, die nicht<br />
zu kitten ist.“<br />
folgreiche Integration“ ist er nicht gut<br />
zu sprechen. 300 Plätze sollen neue<br />
Flüchtlingsunterkünfte maximal bieten<br />
dürfen und mindestens einen Abstand<br />
von einem Kilometer zueinander haben,<br />
fordert der IFI-Dachverband, gegen<br />
den Scheide und seine Mitstreiter<br />
antreten. Andernfalls, so das Argument,<br />
sei eine Integration der Flüchtlinge in<br />
die Gesellschaft nicht möglich.<br />
Für Claus Scheide ist das eine unzulässige<br />
Vereinfachung einer viel komplexeren<br />
Fragestellung: „Integration<br />
wird fast ausschließlich auf Fragen der<br />
Unterbringung reduziert.“ Mit Hinblick<br />
auf den geforderten Volksentscheid<br />
der Initiativen sagt er: „Da streut<br />
man den Wählern Sand in die Augen.“<br />
Bei denen könne so der Eindruck entstehen,<br />
ein Votum für die Vorlage des<br />
Dachverbandes führe direkt zu gelungener<br />
Integration. „Das ist ein Problem“,<br />
sagt Scheide.<br />
Man könnte nun grimmig werden<br />
und gegen solche Scheinargumente polemisieren.<br />
Aber das ist nicht Scheides<br />
Art: „Ich halte es für falsch, diese Leute<br />
zu brandmarken“, sagt er. Scheide will<br />
reden. „Unser erklärtes Ziel ist, mit<br />
dem IFI-Dachverband in den Dialog<br />
zu treten.“ Erste Reaktionen auf Gesprächsangebote<br />
wertet er positiv.<br />
Reden will Scheide auch mit Politik<br />
und Verwaltung. Ihnen gegenüber soll<br />
der neue Dachverband eine Interessenvertretung<br />
sein. An Selbstbewusstsein<br />
mangelt es nicht: „Der Dachverband ist<br />
zukünftig von Politik und Verwaltung in<br />
geeigneter Form zu konsultieren“, wird<br />
in einer zur Gründung verschickten<br />
Pressemitteilung verlangt.<br />
Die Kommunikation zwischen Senat<br />
und Bürgern sei in Sachen Flüchtlingsunterkünfte<br />
bislang ungenügend gewesen,<br />
sagt Scheide. Auch das habe zum<br />
Streit mit vielen Anwohnern geführt.<br />
Deswegen will sein Verband den Dialogprozess<br />
zwischen Entscheidern und<br />
Anwohnern ganz neu gestalten: In den<br />
Bezirken soll eine neutrale Instanz zur<br />
Planung von neuen Unterkünften geschaffen<br />
werden.<br />
In Integrationsbeiräte sollen aus jedem<br />
Stadtteil Bürger entsandt werden,<br />
die dort zusammen mit den Bau- und<br />
Sozialdezernenten über neue Standorte<br />
beraten. Möglichst viele sollen so beteiligt<br />
werden. „Das alles kann Vertrauen<br />
schaffen“, hofft Scheide. Vertrauen darauf,<br />
dass es so klappen kann mit der<br />
Integration.<br />
Auch in Blankenese wird das klappen,<br />
daran glaubt er fest. Zusammen<br />
mit 700 Bürgern demonstrierte Scheide<br />
dort eine Woche nach der Autoblockade<br />
für den Bau der Unterkunft.<br />
Ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass<br />
die Gegner dort in der Minderheit<br />
sind. Dass auch in ganz Hamburg die<br />
Flüchtlingsunterstützer die Mehrheit<br />
stellen, diesen Beleg könnte nun der<br />
frisch gegründete Dachverband „Hamburg<br />
integriert“ liefern.<br />
Trotz seiner vermittelnden Art bekam<br />
Scheide schon Gegenwind, bevor<br />
es damit überhaupt richtig losging. „Ich<br />
nehme mir das schon zu Herzen“, sagt<br />
Scheide und fügt hinzu, als Anwalt<br />
streiterprobt zu sein. „Aber man muss<br />
sehen, dass man das aushält.“ •<br />
Infos: www.huklink.de/hh-integriert<br />
13
Stadtgespräch<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
Meldungen (1)<br />
Politik & Soziales<br />
Beschäftigungsprojekt „Spende dein Pfand“ macht Schule<br />
Nach Stuttgart, Köln/Bonn und Hamburg ist Bremen bereits der vierte Flughafen,<br />
an dem das Beschäftigungsprojekt „Spende dein Pfand“ umgesetzt wird.<br />
Zwei ehemals Langzeitarbeitslose kümmern sich dort um Leergut, das in<br />
speziellen Tonnen vor den Sicherheitskontrollen gesammelt wird. In Hamburg<br />
arbeiten vier Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Verkäufer seit acht Monaten als Leergutbeauftragte<br />
am Flughafen. Der Grüne Punkt will die Erfolgsgeschichte weiter fortschreiben:<br />
Im Juni ist die Umsetzung des Projekts am Dresden Airport geplant. JOF<br />
•<br />
Widersprüche gegen Sanktionen oft erfolgreich<br />
40 Prozent aller Widersprüche von Hamburger Hartz-IV-<br />
Empfängern gegen Sanktionen, also Leistungskürzungen des<br />
Jobcenters, waren vergangenes Jahr erfolgreich. Damit liegt<br />
Hamburg vier Prozent über dem Bundesdurchschnitt.<br />
Lehnte das Jobcenter ab und klagten Betroffene dagegen,<br />
hatten sie in jedem dritten Fall Erfolg. 2015 kürzten<br />
Hamburger Jobcenter insgesamt 27.047-mal Leistungen,<br />
Mehr Vermittlungen aus Winternotprogramm<br />
135 Obdachlose konnten aus dem Winternotprogramm in<br />
eine feste Bleibe vermittelt werden. Das sind 35 mehr als im<br />
Vorjahr, so die Sozialbehörde. Betreiber fördern&wohnen<br />
vermittelte 87 Menschen (Vorjahr: 45). 79 kamen in einer<br />
städtischen Unterkunft unter, zwei in Frauenhäusern, sechs<br />
zogen in eine eigene Wohnung. Die meisten der Betroffenen<br />
mussten zurück auf die Straße: Durchschnittlich nutzten<br />
täglich 848 Menschen die Einrichtungen. BELA<br />
•<br />
meistens aufgrund nicht eingehaltener Termine. BELA<br />
•<br />
Wohnungsnot in Schleswig-Holstein wächst<br />
Bildungspaket lindert Kinderarmut nicht<br />
„Bürokratischer Murks“, der „an der Lebensrealität vorbeigeht“:<br />
So bezeichnet Ulrich Schneider, Geschäftsführer des<br />
Paritätischen Gesamtverbands, das Bildungs- und Teilhabepaket.<br />
Die Leistungen, etwa Zuschüsse für Nachhilfe oder Sportverein,<br />
seien „in ihrer Höhe unzureichend und in der bestehenden<br />
Form nicht geeignet“, Kinderarmut zu bekämpfen,<br />
so eine gemeinsame Bilanz mit dem Kinderschutzbund. Die<br />
Hilfe komme beim Großteil der Betroffenen nicht an. UJO<br />
•<br />
Die Diakonie Schleswig-Holstein schlägt Alarm: 6500 Menschen<br />
suchten vergangenes Jahr Hilfe in Beratungsstellen<br />
undNotunterkünften für Wohnungslose. Das waren gut<br />
1000 mehr als 2014. „Wir schätzen, dass die Dunkelziffer<br />
noch sehr viel höher liegt“, so Landespastor Heiko Naß.<br />
Während immer mehr Sozialwohnungen wegfallen, wachse<br />
die Zahl der Bedürftigen. Vergleichbare Zahlen werden in<br />
Hamburg nicht erhoben. UJO<br />
•<br />
JETZT<br />
SPENDEN<br />
Hamburger Sparkasse<br />
IBAN: DE56 20050550 1280 167873<br />
BIC: HASPDEHHXXX<br />
Die<br />
Großuhrwerkstatt<br />
Bent Borwitzky<br />
Uhrmachermeister<br />
Telefon: 040/298 34 274<br />
www.grossuhrwerkstatt.de<br />
Verkauf und Reparatur<br />
von mechanischen Tisch-,<br />
Wand- und Standuhren
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Rubrik<br />
STADT-<br />
EXPEDITION:<br />
#7 Essbares Hamburg<br />
Es grünt so grün! Das ist nicht nur ein Augenschmaus.<br />
Viele Pflanzen in Parks und am Wegesrand sind lecker<br />
und gesund. Wir sagen Ihnen, was und wo Sie sammeln,<br />
gärtnern und ernten können – günstig oder kostenlos.<br />
TEXT: ANNABEL TRAUTWEIN, ANNETTE WOYWODE<br />
1. Wilder Bärlauch<br />
hat ein unverkennbar<br />
würziges Aroma:<br />
wie Knoblauch.<br />
Lore Otto (links) und Katharina Henne<br />
machen Appetit auf Essbares, das im Hamburger<br />
Stadtgrün sprießt und gedeiht – zum Beispiel<br />
mit ihrem Buch „Hamburgs wilde Küche.<br />
Was wächst denn da & kann man das essen?“,<br />
erschienen im KJM Buchverlag, 16 €.<br />
FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK (2); KJM BUCHVERLAG/ANDREAS FROMM<br />
1. Mandelmus mit<br />
frischen Wildkräutern –<br />
perfekt für ein<br />
Frühlings picknick.<br />
Frühling! Jetzt kommt die Zeit, in der wir<br />
das Stadtleben im wahrsten Sinne des<br />
Wortes auskosten können. Denn Hamburg<br />
schmeckt gut! In Parks und Wäldchen<br />
sprießt essbares Grün, im Sommer reifen<br />
die ersten Früchte. Für Lore Otto und Katharina<br />
Henne beginnt jetzt die Hochsaison des Wildkräutersammelns<br />
– und zwar im ganzen Stadtgebiet.<br />
Wer umsichtig pflückt und gründlich<br />
wäscht, findet auch in der Großstadt viele Ecken,<br />
in denen man ohne Bedenken ernten kann, sagen<br />
die beiden Biologinnen. Nur stark befahrene<br />
Straßen und den Rand von Hundespazierwegen<br />
sollte man meiden. In ihrem Buch „Hamburgs<br />
wilde Küche“ zeigen sie: Es lohnt sich, die Stadtnatur<br />
mit Neugier zu beobachten. „Uns liegt daran,<br />
dass Leute ihre Umgebung entdecken“, sagt<br />
Katharina Henne. Denn in der Stadt gedeiht<br />
nicht nur leckeres Kraut. Auch das Gespür für<br />
den Wert des Essens wächst, wie uns Lebensmittelretter<br />
oder Foodcoops zeigen. Appetit auf<br />
mehr? Wir laden ein zu einem weitläufigen<br />
Streifzug durch das essbare Hamburg. •
Stadtexpedition<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
„Im Stadtpark lohnt sich das Kräutersammeln jetzt richtig“,<br />
sagt Lore Otto. Tatsächlich: Am Wegesrand wachsen<br />
Vogelmiere, Löwenzahn und Brennnessel. Könnte ein<br />
Brennnessel-Limetten-Kuchen werden – aber wir pflücken<br />
lieber woanders, rät Otto. Die Brennnesselblätter sind gelöchert.<br />
Raupen haben vorgekostet. „Auf die sollten wir<br />
Rücksicht nehmen“, so die Umweltpädagogin. „Ich kann mich aus<br />
dem Supermarkt ernähren, Raupen nicht.“ Wir nehmen lieber das<br />
It-Kraut der Saison: Bärlauch! Das Aroma: kräftig wie Knoblauch.<br />
Könnten wir körbeweise ernten. Machen wir aber nicht, sagt Lore<br />
Otto. „Lieber von allem so wenig pflücken, dass man nicht sieht,<br />
dass etwas fehlt.“ Das gehört zum guten Umgang mit der essbaren<br />
Natur. Stadtpark, Otto-Wels-Str., zwei Bestimmungshefte: „Hamburgs wilde<br />
Küche – Was wächst denn da und wie kann man es erkennen?“, 15 Euro.<br />
Mehr als ein Viertel aller weltweit produzierten Lebensmittel<br />
landet im Müll – zu viel, sagen die Lebensmittelret-<br />
02.<br />
ter von Foodsharing. Zumal das meiste noch gut ist. Dellen oder ein<br />
Riss in der Verpackung sind die einzigen Mängel, die die geretteten<br />
Waren in Ankes Klappboxen aufweisen. Sie stammen von Kaufland<br />
in Bramfeld, einem der rund 120 Partner in Hamburg. Gut für beide<br />
Seiten: Der Supermarkt muss weniger wegschmeißen und die Lebensmittelretter<br />
können mehr Essen sinnvoll verteilen. Jeder kann<br />
mitmachen: Über digitale Essenskörbe bieten die Mitglieder kostenlos<br />
Fehlkäufe oder Reste an, manche Retter verteilen direkt an Freunde<br />
oder Bekannte. „Jeder Foodsaver findet irgendwann seinen Kreis“,<br />
sagt Anke. Sie verschenkt gern an das Jugendhaus Steilshoop,<br />
wo auch mal 20 Melonen auf einmal verwertet werden.<br />
Bramfelder Dorfplatz 18, www.foodsharing.de<br />
drei<br />
Wenn Wibke Wagner den Wocheneinkauf holt,<br />
braucht sie nur den Schlüssel zum „Keller“.<br />
Jeden Samstag trifft in der Foodcoop frisches<br />
Gemüse, Käse und Fleisch direkt vom Kattendorfer Hof ein – ohne<br />
Plastikverpackungen und alles Bio. Ihren wöchentlichen Ernteanteil<br />
bezahlt die Familie über den Mitgliedsbeitrag. So funktioniert solidarische<br />
Landwirtschaft: Alles wird geteilt, der Ertrag ebenso wie die<br />
Betriebskosten des Hofs. „Das Charmante daran ist, dass der Bauer<br />
wieder Bauer sein kann“, erklärt Britta Johannessen vom Kattendorfer<br />
Hof. Statt um Buchhaltung, Konkurrenz und Profit können sich<br />
die Landwirte um den fairen Umgang mit der Natur kümmern.<br />
Neun Foodcoops in Hamburg tragen den Kattendorfer Hof mit,<br />
dazu gibt es Hofläden in Barmbek, Eimsbüttel und der Schanze.<br />
Hofladen Barmbek: Pfenningsbusch 39, www.kattendorfer-hof.de<br />
Auch zwischen Beton und Straßenpflaster sprießt leckeres<br />
Grün. Etwa in öffentlichen Blumenkübeln: Hier<br />
schlägt das Behaarte Schaumkraut gerne seine Wurzeln.<br />
„Cardamine heißt die auf Schlau“, sagt Lore Otto.<br />
Tatsächlich ist das Pflänzchen längst nicht so pelzig,<br />
wie der Name klingt. Die runden Blätter am Boden und die oberen,<br />
länglichen sind nur an der Unterseite etwas behaart. Im <strong>Mai</strong> blüht<br />
die Cardamine weiß. Erntezeit ist sogar im Winter. „Einfach die Augen<br />
offenhalten. Schaumkraut steht auf gebuddelte und gehackte<br />
Erde“, so Lore Otto. Weil die Pflanze einjährig ist, kann man die<br />
Wurzel mitessen. Cardamine schmeckt kräftig-pikant, wie Kresse. Blumenkübel<br />
stehen oft an öffentlichen Plätzen, auch in und um Planten un Blomen.<br />
16<br />
FOTOS IM UHRZEIGERSINN: PICTURE ALLIANCE/ ROLF POETSCH (GÄNSEBLÜMCHEN); PRIVAT;<br />
ERHARD MARIA KLEIN/ WWW.MELLIFERA.DE (BIENENKISTE); DMITRIJ LELTSCHUK; ANNABEL TRAUTWEIN;<br />
MAURICIO BUSTAMANTE; PICTURE ALLIANCE/ROMAN MÄRZINGER (WALNUSSBAUM)<br />
5. Passt auch auf einen<br />
Balkon: Eine Bienenkiste<br />
ist nur etwas mehr als<br />
einen Meter lang.<br />
7<br />
8<br />
9
2<br />
1<br />
4. Schmeckt lecker:<br />
Unsere Expertin Lore<br />
Otto zeigt das Behaarte<br />
Schaumkraut.<br />
3<br />
5<br />
4<br />
7. Auf den Parzellen der<br />
Bio-Ackergemeinschaft<br />
Erntezeit gedeihen<br />
Kürbis, Kohl & Co.<br />
6<br />
2. Gerettet: Anke und<br />
Marcel holen Lebensmittel<br />
bei Kaufland in<br />
Bramfeld ab.<br />
8. Heilpraktikerin Daniela<br />
Wolff empfiehlt, zur<br />
Lymphentgiftung Gänseblümchen<br />
zu essen.<br />
9. Hier darf jeder ernten:<br />
325 Walnussbäume<br />
wachsen entlang<br />
Hamburger Straßen.
Stadtexpedition<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/ MAI <strong>2016</strong><br />
6. Angeln entspannt kollossal –<br />
aber nur den, der<br />
seinen Fischereischein plus<br />
Jahreskarte dabei hat.<br />
3. Wibke Wagner erledigt<br />
ihren Wochenendeinkauf<br />
in einer Foodcoop<br />
des Kattendorfer Hofs.<br />
Der FC St. Pauli summt! Seit April sollen dort<br />
zwei Bienenvölker auf das weltweite Bienensterben<br />
hinweisen und den wohl „ersten Stadionhonig<br />
der 2. Bundesliga“ liefern. Für Hobbyimkerei<br />
genügen auch ein Kleingarten, eine Terrasse,<br />
sogar ein Balkon, wie das vom NABU ausgezeichnete<br />
Projekt Bienenkiste zeigt. Und ein<br />
bisschen Zeit, so Bienenkistengründer Erhard Maria Klein.<br />
Trotzdem empfehlen er und der Imkerverband Hamburg<br />
(IVHH), sich bei einem Imkerverein zu informieren – auch,<br />
um Bienenkrankheiten zu verhindern. Wer keine Bienen halten<br />
will, kann Blumen säen und pflanzen, damit die Tiere<br />
von Februar bis September Nahrung finden. www.bienenkiste.de,<br />
www.ivhh.de. Monatliche Imkerabende: www.imkerverein-altona.de<br />
Angel ins Wasser halten, Fisch rausziehen? Von wegen.<br />
Manche Hamburger Gewässer sind Schutzzonen,<br />
die meisten verpachtet. Zu den „freien Gewässern“<br />
zählen große Teile von Elbe und Alster und deren<br />
Nebenkanäle – zu sehen auf einer Webseite von Hobbyangler<br />
Andreas Glock. Doch Achtung: Angler müssen eine Fischerprüfung<br />
ablegen, sie brauchen einen Schein und eine Jahreskarte.<br />
Wer ohne angelt, riskiert Strafen von<br />
bis zu 10.000 Euro. Aber kann man die Elbfische<br />
überhaupt essen? Nicht mehr als zwei<br />
Kilo pro Monat, rät das Hamburger Hygiene-Institut.<br />
An dreas Glock sagt dazu: „Je älter<br />
ein Elbfisch, desto mehr ist er belastet.<br />
Außerdem schmecken kleinere Exemplare<br />
viel besser.“ www.huklink.de/freie-gewaesser;<br />
Fischarten, Mindestmaße und Schonzeiten unter<br />
www.huklink.de/angeln<br />
SIEBEN<br />
Sammeln oder<br />
ackern? Möhren,<br />
Mangold oder Pflücksalat in Bio-<br />
Qualität wachsen auf dem Feld der<br />
Ackergemeinschaft Erntezeit in Fischbek.<br />
Ökologen beraten bei der Bewirtschaftung.<br />
Hobbygärtner pachten<br />
Parzellen von 25 bis 75 Quadratmetern<br />
und säen, pflanzen, jäten und<br />
ernten ihre Gewächse selbst. 25 Sorten<br />
sind jetzt schon in der Erde, bis zum Herbst kommen<br />
weitere dazu. Was auf dem Teller landet, ist gesund, lecker<br />
und „macht glücklich“, verspricht Erntezeit-Gründerin<br />
Jule Vickery. Ackerland zum Selbstgärtnern bietet auch der<br />
Erlebnisgarten Hamburg in Kirchwerder.<br />
www.gaertnernmachtgluecklich.de, www.erlebnisgarten-hamburg.de<br />
Er ist der „Staatsfeind Nummer eins. Alle hassen<br />
ihn!“, sagt Daniela Wolff und zeigt auf ein<br />
paar unschuldige Blättchen im Jenischpark:<br />
Giersch. Gartenbesitzer würden der Heilpraktikerin<br />
und Kräuterfrau beipflichten. Denn den Doldenblütler<br />
wird man so schnell nicht los. Da hilft nur: Essen! Und das<br />
gerne in Massen, so Wolff, denn Giersch kuriere nicht nur<br />
Gicht und Rheuma, sondern eigne sich auch perfekt für eine<br />
Kräuter-Frühjahrskur. In mittelalterlichen Klostergärten<br />
wurde die Pflanze angebaut. Heute gilt sie als Unkraut. So<br />
wie Gänseblümchen (Lymphentgiftung), Gundermann<br />
(Schleimlöser) oder Schafgarbe (Leber- und Nierenmittel).<br />
Heilkräuterführungen: Treffpunkt vor dem Jenisch Haus, elbwärts,<br />
Do, 5.5., 15 Uhr, Mo, 30.5., 19 Uhr, 11 Euro; www.beifussfrau.de<br />
Eine Walnussbaum-Allee – mitten in Bahrenfeld entlang<br />
der Notkestraße. Da schlägt das Sammlerherz<br />
höher. Insgesamt wachsen 325 Walnussbäume an<br />
Hamburger Straßenrändern, dazu 250 Apfel-, Birnen- und<br />
Pflaumenbäume und 81 Esskastanien. Wo genau, zeigt das<br />
Online-Baumkataster der Umweltbehörde (BUE). Weil keine<br />
Studien zu Schadstoffen in Früchten von Straßenbäumen<br />
vorliegen, fordert die Stadt nicht offiziell zum Ernten auf, so<br />
BUE-Sprecher Jan Dube. Aber von Bäumen auf öffentlichem<br />
Grund darf sich jeder nehmen. Eine Karte für essbares<br />
Stadtgrün bietet die Organisation Mundraub. Wer sich<br />
kostenlos registriert, kann online Fundorte einsehen oder eintragen.<br />
Oberste Mundraubregel: Eigentumsrechte klären!<br />
Standorte unter www.huklink.de/baeume oder www.mundraub.org •<br />
FOTOS: IMAGO, ANNABEL TRAUTWEIN<br />
18
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Meldungen (2)<br />
Politik & Soziales<br />
Aktion gegen Leerstand in der City Illegale Ferienwohnungen: Stadt schaut oft nur zu<br />
Mehr als 20.000 Quadratmeter Büroraum<br />
stehen am Axel-Springer-Platz<br />
leer. Im Laufe des nächsten Jahres soll<br />
das Bezirksamt Mitte in das Springer-<br />
Verlagsgebäude einziehen. Initiativen<br />
aus dem Netzwerk Recht auf Stadt<br />
fordern jetzt eine Zwischennutzung<br />
durch Wohnungslose, Flüchtlinge und<br />
Studierende ein. Am Sonnabend, den<br />
28. <strong>Mai</strong>, veranstalten sie um 16 Uhr<br />
ein Straßenfest vor dem Gebäude. JOF<br />
•<br />
4562 Wohnungen werden in Hamburg dauerhaft an Touristen<br />
vermietet und damit dem Wohnungsmarkt entzogen. Das<br />
geht aus einer Studie des Immobilienentwicklers GBI hervor.<br />
Erlaubt ist das nicht: Nur während einer vorübergehenden<br />
Abwesenheit, wie einem Urlaub, darf man in Hamburg seine<br />
Wohnung anderen überlassen. Ansonsten droht ein Bußgeld<br />
von bis zu 50.000 Euro. Die zuständigen Mitarbeiter in den<br />
Fachämtern würden allerdings „nur auf Hinweis tätig“, so die<br />
Stadtentwicklungsbehörde. Von 2013 bis Sommer 2015 gab<br />
es 306 entsprechende Verfahren, 181 davon waren laut Senat<br />
erfolgreich. Aktuellere Zahlen gibt es nicht. „Das Problem<br />
ist, dass die personelle Ausstattung der Ämter offenbar<br />
ungenügend ist“, so Marc Meyer von Mieter helfen Mietern.<br />
Der Senat müsse daher Korrekturen vornehmen und zudem<br />
Schlupflöcher im Gesetz schließen. Ansonsten verkomme das<br />
Wohnraumschutzgesetz zu einem „Papiertiger“. JOF<br />
•<br />
Mietpreisbremse: Mieterschützer fordert Nachbesserungen<br />
Die seit Juli 2015 in Hamburg geltende Mietpreisbremse wirkt nicht. „Kaum ein Vermieter<br />
hält sich daran“, sagt Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg.<br />
Seit Einführung der Bremse dürfen Mieten den Mietenspiegel im Regelfall um höchstens<br />
zehn Prozent überschreiten. Derzeit liegt die Durchschnittsmiete in Hamburg bei 8,02 Euro<br />
kalt pro Quadratmeter. Oft fordern Vermieter aber deutlich mehr als erlaubt. „Es fehlt an<br />
Sanktionen“, meint Mieterschützer Chychla und fordert Korrekturen: Mieter sollten zuviel<br />
gezahltes Geld rückwirkend ab dem Zeitpunkt einfordern können, an dem der Mietvertrag<br />
abgeschlossen wurde, und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Rüge. Zudem behaupteten<br />
manche Vermieter, sie hätten schon vom Vormieter eine hohe Miete verlangt und seien<br />
deshalb im Recht: „Diese müssen verpflichtet werden, das zu beweisen.“ JOF/BELA/UJO<br />
•<br />
<br />
<br />
®<br />
Nachhaltige Politik<br />
Wie kann eine nachhaltige<br />
Wohnraumversorgung<br />
aussehen? Woran ist sie<br />
bisher in Hamburg<br />
gescheitert? Was muss<br />
geschehen? Diesen Fragen<br />
geht eine spannende<br />
Podiumsdiskussion des<br />
Zukunftsrats nach. BELA<br />
•<br />
Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg,<br />
Von-Melle-Park 3, 24.5., 18 Uhr,<br />
mehr Infos unter www.huklink.de/wohnraum<br />
Wenn Leib und Leben bedroht sind<br />
Flüchtlinge werden derzeit vor allem über<br />
die Zahl der Menschen wahrgenommen,<br />
die Europa und Deutschland erreichen.<br />
Was es bedeutet, die Heimat wegen Krieg und<br />
Terror verlassen zu müssen, vermitteln die<br />
„Tage des Exils“. Schirmherrin Herta Müller<br />
eröffnet am 23. <strong>Mai</strong> die Veranstaltungsreihe.<br />
Einen Tag später berichten (ehemalige) Gäste<br />
der Stiftung für politisch Verfolgte im Rathaus<br />
über Unterdrückung und Verfolgung in<br />
Marokko, Tunesien und Syrien (24.5., 11 Uhr).<br />
Mehr als 30 Veranstaltungen bieten unterschiedliche<br />
Blickwinkel auf Vergangenheit<br />
und Gegenwart des Exils. UJO<br />
•<br />
Mehr Infos und Programm im Internet<br />
unter www.tagedesexils.de<br />
19<br />
<br />
<br />
<br />
ergobweb.de<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
040/30 96 92-0<br />
ERGO
Panama-City – Blick ins<br />
Geschäftsviertel. Man sieht,<br />
dass in der STEUEROASE<br />
das Geld zu Hause ist.<br />
Oh, wie schön<br />
ist Panama!<br />
Ausgerechnet Christoph Lütgert, NDR-Reporter und immer auf der Jagd nach<br />
den Skrupellosen dieser Welt, ist jetzt auch Besitzer einer Briefkastenfirma.<br />
Natürlich nur zu Recherchezwecken. Und natürlich geht es um die Panama-Papiere.<br />
TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />
FOTOS IN PANAMA: WILLEM KONRAD<br />
PORTRÄT LÜTGERT: NDR<br />
20
Wir treffen Christoph Lütgert in einem winzigen Hamburger<br />
Café. Lütgert hat quasi eine Weltreise für den ARD-Film<br />
über die Panama-Papers hinter sich: St. Petersburg, Moskau,<br />
Reykjavík, Guinea, Wilhelmshaven – und natürlich Panama.<br />
„Ich bin erst Ende 2015 angesprochen worden“, sagt der<br />
NDR-Reporter. „Da wusste ich noch nicht, dass es einen<br />
Whistleblower gegeben hatte, der sich ein Jahr zuvor an die<br />
Süddeutsche Zeitung gewandt hatte.“ Mit einer nie dagewesenen<br />
Datenmenge: 11,5 Millionen Dokumente, darunter<br />
4,5 Millionen E-<strong>Mai</strong>ls. Abgezapft bei der Anwaltskanzlei<br />
Mossack Fonseca (Mossfon) in Panama-City.<br />
Mossack Fonseca, dahinter verbergen sich zwei Männer,<br />
die vor ein paar Wochen noch niemand kannte und die jetzt<br />
berühmt-berüchtigt sind: der deutschstämmige Anwalt Jürgen<br />
Mossack und sein panamaischer Kompagnon Ramón<br />
Fonseca. Haupttätigkeit der Kanzlei: Sie half bislang, min-<br />
destens 200.000 Briefkastenfirmen in 21 Steueroasen zu<br />
gründen. Die Süddeutsche wiederum sprach eine internationale<br />
Plattform für investigativen Journalismus an und verteilte<br />
die Datenpakete auf Rechercheteams weltweit. Auch der<br />
NDR gehörte dazu. „Dieses Team hat für den ARD-Film die<br />
Um mehr zu<br />
erfahren, gründete der<br />
NDR-REPORTER<br />
Christoph Lütgert<br />
selbst eine<br />
Briefkastenfirma.<br />
21
Stadtgespräch<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
Christoph Lütgert in der Lobby des Hilton Hotels in Panama-City. Hier fand eine<br />
Konferenz der Superreichen statt. Ein Thema: „STEUERN vermeiden“. Sponsor: Mossack Fonseca.<br />
„ Jürgen Mossack<br />
ist ein Dienstleister<br />
ohne Gewissen.“<br />
CHRISTOPH LÜTGERT<br />
eigentliche Arbeit gemacht“, betont Lütgert. „Die Kollegen<br />
haben monatelang recherchiert, Dossiers verfasst und mich<br />
mit dem Wissen ausgestattet, das ich brauchte, um auf Reisen<br />
gehen und Interviews führen zu können.“<br />
Bis zur Ausstrahlung des Films Anfang April drang kein<br />
Sterbenswörtchen nach draußen. Und wer da alles irgendwo<br />
in Briefkastenfirmen sein Geld versteckte! Superreiche, Verbrecher,<br />
Waffenschieber, Politiker aller Couleur. „Allein<br />
zwölf amtierende und ehemalige Staatschefs“, sagt Lütgert.<br />
Was er trotz all der Recherchen nicht versteht: „Die Gründung<br />
einer Briefkastenfirma ist legal. Aber mir hat niemand<br />
einen triftigen Grund nennen können, was man, außer Geld<br />
zu verstecken, Gutes mit einer Briefkastenfirma machen<br />
kann.“ Ein Experte für Steuerstrafrecht sagte ihm ins Mikro:<br />
„Der Besitz einer Briefkastenfirma legt in der Regel einen<br />
Anfangsverdacht nahe.“ Meist geht es eben doch darum,<br />
Steuern zu vermeiden oder um Geldwäsche.<br />
Jürgen Mossack ist für Lütgert schlicht „ein Dienstleister<br />
ohne Gewissen“. Der Reporter könnte an die Decke gehen,<br />
wenn er an einzelne Fälle denkt, die das internationale Rechercheteam<br />
aufgedeckt hat. Der Cousin von Syriens Diktator<br />
Assad war jahrelang Kunde. Auch noch, als längst klar<br />
war, dass er in Waffengeschäfte verwickelt war und er auf einer<br />
schwarzen Liste für Bankgeschäfte stand. Auch Freunde<br />
von Putin tauchten auf. Dann doch überraschend: ein bekannter<br />
Cellist, enger Freund Putins und Patenonkel seiner<br />
Tochter, war scheinbar Multimillionär. „So nah waren wir<br />
noch nie an Putins Geld dran.“<br />
Es gibt ja so einen Journalistenspruch: „Mache dich nie<br />
mit einer Sache gemein, auch wenn es eine gute ist“, geprägt<br />
22
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
vom ehemaligen Tagesthemen-Moderator Hajo Friedrichs.<br />
Dieser Typ von Journalist ist Lütgert nicht. Wenn er Ungerechtigkeiten<br />
wittert und wenn sich Leute weigern, über ihr<br />
Handeln Rechenschaft abzulegen, dann kann er zum Terrier<br />
werden. Dann schreckt er auch nicht vor sogenannten Überfall-Interviews<br />
oder versteckter Kamera zurück – solche Methoden<br />
müssen übrigens immer vom NDR-Justiziar genehmigt<br />
werden. In diesem Fall hatte er grünes Licht. Denn zig<br />
Interview-Anfragen hatten die Journalisten an Mossack<br />
gestellt. Er hatte sich stets verweigert.<br />
Dabei sind die meisten recherchierten Fälle nicht mal<br />
illegal, „nur sehr unappetitlich“, findet Lütgert. Eine Geschichte<br />
schäbiger als die andere. Beispielsweise die des israelischen<br />
Milliardärs Beny Steinmetz. Der Diamantenhändler<br />
und seine Frau gelten als Großspender, gerade das Wohl von<br />
Kindern liegt ihnen nach eigenem Bekunden am Herzen.<br />
Was Steinmetz nicht daran hindert, einen Riesencoup in<br />
Guinea zu landen, einem der ärmsten Länder der Erde. Immerhin<br />
verfügt Guinea über ein riesiges Eisenerzvorkommen.<br />
Steinmetz überweist der Lieblingsfrau des damaligen<br />
Diktators Lansana Conté eine Millionensumme auf ihr Konto.<br />
Kurze Zeit später verschenkt Conté die Schürfrechte für<br />
das Eisenerz an Steinmetz. „Infam“ nennt das Lütgert: „So<br />
wird verhindert, dass ein armes Land von seinen eigenen Bodenschätzen<br />
profitiert.“<br />
Und es geht noch weiter: Steinmetz verkauft die Hälfte<br />
seiner Abbaurechte an ein brasilianisches Konsortium – für<br />
2,5 Milliarden Dollar! Bei Veröffentlichung dieses Skandals<br />
hatte er immerhin schon 500 Millionen bekommen. Nicht<br />
gerade überraschend: Für ein Interview stand auch Beny<br />
Steinmetz nicht zur Verfügung. Steinmetz bestreitet per Anwalt<br />
den Vorwurf der Bestechung. Immerhin: Der Skandal<br />
ist auf dem Tisch. „Da spätestens denkt man: Es ist toll, dass<br />
du bei so einem Projekt dabeisein darfst.“<br />
Ganz mies auch folgende Geschichte aus Deutschland.<br />
Es geht um den Schreibmaschinenhersteller Olympia in Wilhelmshaven,<br />
der zeitweise bis zu 20.000 Mitarbeiter beschäftigte.<br />
In den 1990er-Jahren ging es bergab. Firmenanteile<br />
wurden 1994 von der Elite-Gruppe in Hongkong übernommen<br />
und in eine Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln<br />
gesteckt. Elite weigert sich bis heute mit Erfolg, die<br />
5,3 Millionen für die Renten der Mitarbeiter in Deutschland<br />
zu zahlen, obwohl sie gerichtlich dazu verpflichtet wurden.<br />
Doch Mossfon konnte die Elite-Gruppe beruhigen. In einer<br />
E-<strong>Mai</strong>l an Elite heißt es: „Auch in Deutschland gerichtlich<br />
abgesicherte Ansprüche sind auf den Britischen Jungferninseln<br />
nicht durchsetzbar.“ Das hat Lütgert richtig wütend<br />
gemacht. „Ich dachte nur: Auf sie mit Gebrüll!“<br />
So gerne wäre Lütgert auch dabei gewesen, als der isländische<br />
Kollege Jóhannes Kr. Kristjansson den isländischen<br />
„Die meisten Fälle<br />
sind legal, aber<br />
unappetitlich!“<br />
Premier Gunnlaugsson durch seine Recherchen so in die<br />
Bredouille brachte, dass der vor laufender Kamera völlig aus<br />
der Fassung geriet – und später zurücktreten musste. Gunnlaugsson<br />
hielt Anteile in Höhe von vier Millionen Dollar an<br />
isländischen Banken. Das hätte er offenlegen müssen, als<br />
er Ministerpräsident wurde. Deswegen verkaufte er seine<br />
Anteile für einen Dollar an seine Frau. Und dann musste<br />
Gunnlaugsson darüber entscheiden, wie es in dem hochverschuldeten<br />
Island mit den Banken weitergehen sollte. Kristjansson<br />
schienen die Recherchen zu belasten, nicht nur, weil<br />
er ein Jahr schweigen musste. „Er befürchtete, dass er sich in<br />
Island mit dieser Enthüllung keine Freunde machen würde“,<br />
sagt Lütgert. Er hatte nämlich noch andere Namen in den<br />
Dokumenten gefunden: Menschen, die er persönlich kannte.<br />
Letzte Station: Panama-City, Hilton Hotel. Das ist sonst<br />
nicht so die Adresse, wo NDR-Reporter absteigen. Aber im<br />
Hilton tagten gerade die Dienstleister der Superreichen.<br />
Sponsoren dieser Offshore-Konferenz: Mossack Fonseca.<br />
Lütgert und sein Team hofften, dem deutschen Anwalt hier<br />
auf den Zahn fühlen zu können. Lütgert hatte sich mit einem<br />
weißen Jackett herausgeputzt und konnte, bevor er rausgeworfen<br />
wurde, noch sehen, worum es bei der Tagung gehen<br />
sollte: „Steuern – eine weltweite Besessenheit“.<br />
Dabei gehörte Lütgert damals selbst zu dieser „feinen“<br />
Gesellschaft. Für die Recherche hatte er (mit dem NDR) eine<br />
Briefkastenfirma gegründet. „War ganz leicht“, sagt der<br />
71-Jährige. Es gab da einen Online-Vordruck, den er ausgefüllt<br />
hat. 3000 Dollar überwiesen – und schon war er Besitzer<br />
der Antje Overseas. Sein Name tauchte nicht mehr auf.<br />
Dafür bekam er umgehend mitgeteilt, wer die Direktoren seiner<br />
Firma seien: wieder irgendwelche Briefkastenfirmen. Bei<br />
anderen Briefkastenfirmen kann es allerdings durchaus<br />
Direktoren aus Fleisch und Blut geben. Natürlich sind das<br />
keine echten Direktoren, sie vermieten nur ihre Identität.<br />
Die meisten für wenig Geld, ergaben die Recherchen.<br />
Die „Direktoren“ von Lütgerts Firma, also die Briefkastenfirmen,<br />
sitzen auf Zypern. Deshalb verwunderte es ihn<br />
sehr, dass die sich morgens von 9 bis 10 Uhr zu einer Sitzung<br />
getroffen haben wollten – in Panama-City. So stand es jeden-<br />
23
Stadtgespräch<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
„Ich dachte nur:<br />
Auf sie mit<br />
Gebrüll!“<br />
falls im Protokoll. Was nicht drinstand: Worüber man eigentlich<br />
geredet hatte. Immerhin hat die Antje Overseas eine echte<br />
Adresse, eine noble noch dazu. Lütgerts Briefkastenfirma<br />
residiert in DER Bankenstraße von Panama-City.<br />
Lütgert googelte die Adresse: Unter selbiger Adresse waren<br />
angeblich 6000 Firmen ansässig. Das ist selbst für ein<br />
Hochhaus viel. Lütgert wollte sich das mal genauer anschauen.<br />
Im 19. Stockwerk dann die Überraschung. „Ich wusste,<br />
dass ich auf Schmu stoßen würde“, sagt Lütgert. „Aber ich<br />
hatte mir schon vorgestellt, dass da eine große Anwaltskanzlei<br />
sitzt und die ganzen Briefkastenfirmen verwaltet.“ Aber<br />
dem war nicht so. Was er antrifft, ist ein leeres Büro mit bester<br />
Aussicht, aber völlig heruntergekommen. Und am Ende<br />
des Flurs eine Rezeptionistin, die allein die Stellung hält.<br />
Finale. Kurz bevor die Rechercheteams weltweit ihre<br />
Ergebnisse am selben Tag veröffentlichen wollten, trafen sich<br />
sieben Teams in Panama-City. Keines hatte bislang einen Interviewtermin<br />
mit Mossack oder Fonseca bekommen. Da beschlossen<br />
sie, sich nicht mehr abweisen zu lassen. „Morgens<br />
trafen wir uns in einem Coffeeshop und marschierten los“,<br />
sagt Lütgert genüsslich.<br />
Sie positionierten sich vor dem Büro, Lütgert rief bei<br />
Mossfon an. Der Sprecher sei gerade in einem Meeting, hieß<br />
Die miese Sache mit<br />
dem Roten Kreuz<br />
Mehr als ein Jahr arbeitete Jan Lukas Strozyk an den Panama-Papieren.<br />
Zusammen mit 370 anderen Rechercheuren und Journalisten aus<br />
78 Ländern landete er einen der größten Enthüllungscoups aller Zeiten.<br />
TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />
FOTO: MARTIN JÄSCHKE<br />
Er war einer der Ersten, der<br />
von dem Whistleblower und<br />
den Panama-Papieren erfuhr.<br />
Denn Jan Lukas Strozyk<br />
gehört zum Investigativteam<br />
von NDR, WDR und<br />
Investigativjournalist JAN<br />
LUKAS STROZYK studierte<br />
Islamwissenschaften und<br />
Amerikanistik und absolvierte<br />
die Henri-Nannen-Schule.<br />
Süddeutscher Zeitung. Monatelang<br />
wühlte er sich durch<br />
Dokumente, Verträge und<br />
E-<strong>Mai</strong>ls.<br />
Eine seiner Lieblingsgeschichten,<br />
auf die er persönlich<br />
stieß: Die Kanzlei Mossack<br />
Fonseca (Mossfon) hatte<br />
eine Stiftung gegründet: die<br />
Faith Foundation. Das wunderte<br />
ihn dann doch. Nutznießer<br />
dieser Stiftung sollte<br />
das Rote Kreuz sein.<br />
„Ich hätte Mossack<br />
Fonseca nie einen moralischen<br />
Horizont zugetraut“,<br />
sagt der 31-Jährige. Das wollte<br />
er sich mal genauer ansehen.<br />
Aber natürlich hatten<br />
die Wegbereiter von mehr als<br />
200.000 Briefkastenfirmen<br />
nicht wirklich das Wohl einer<br />
Hilfsorganisation im Sinn.<br />
Die Stiftung und der weltweit<br />
bekannte Name Rotes<br />
Kreuz wurden ohne Wissen<br />
der Organisation genutzt –<br />
oder besser: missbraucht.<br />
Dazu wird eine Lücke im<br />
Gesellschaftsrecht von Panama<br />
genutzt: Man gründet eine<br />
Stiftung, in diesem Fall<br />
die Faith Foundation,und<br />
gibt einen Begünstigten an.<br />
In diesem Fall das Rote<br />
Kreuz. In deren Auftrag werden<br />
Briefkastenfirmen gegründet,<br />
die wiederum in<br />
Wirklichkeit Kunden von<br />
Mossack Fonseca gehören.<br />
Sinngemäß stand in den<br />
Mossfon-E-<strong>Mai</strong>ls: Wir haben<br />
uns das Konstrukt ausgedacht,<br />
quasi als Eintrittskar-<br />
24
Stadtgespräch<br />
es. Lütgert machte deutlich: Wir können warten. „Da war<br />
der Sprecher aber ganz schnell unten.“ Und verteilte die üblichen<br />
Pressemitteilungen: Dass sie sich nichts vorzuwerfen<br />
hätten und sich von dubiosen Kunden schnell trennen würden.<br />
„Er wusste ja nicht, dass uns alle Unterlagen vorlagen“,<br />
sagt Lütgert.<br />
Was ihn bewegt: „Journalismus kann meist nichts bewirken.<br />
Nehmen Sie Kik: Die Produktionsbedingungen sind<br />
weiterhin elend. Das Bewusstsein wächst zu langsam.“ Dasselbe<br />
gelte für den Finanzdienstleister AWD, „wo kleine<br />
Leute um ihre Altersvorsorge betrogen wurden.“ Aber diesmal<br />
sei es anders. „Diese weltweite Recherche hat ein politisches<br />
Erdbeben ausgelöst. Und es ist noch nicht zu Ende.“ •<br />
ARD-Mediathek: PanamaPapers – Im Schattenreich<br />
der Offshorefirmen. Ein Film von Nils Casjens, Christian Deker,<br />
Willem Konrad www.huklink.de/panama<br />
te, damit ihr eine Briefkastenfirma<br />
und ein Konto bei<br />
einer europäischen Bank eröffnen<br />
könnt.<br />
Aus den E-<strong>Mai</strong>ls geht<br />
auch hervor, dass die Kunden<br />
Angst hatten, ihr Geld<br />
dem Roten Kreuz schenken<br />
zu müssen. Mossfon beruhigte<br />
sie: Diese Sorge muss man<br />
in Panama nicht haben.<br />
„Bevor die Stiftung Geld<br />
ausschüttet, kann sie einfach<br />
sagen: Nein, doch nicht!“<br />
Für eine gemeinnützige<br />
Organisation wie das Rote<br />
Kreuz ist so eine unfreiwillige<br />
Verquickung katastrophal.<br />
„Zum einen, weil ihr guter<br />
Ruf in Gefahr ist“, sagt Jan<br />
Lukas Strozyk.<br />
Aber noch wichtiger: „Es<br />
muss nur ein Vertrag auftauchen,<br />
bei dem das Rote<br />
Kreuz vorkommt und wo es<br />
in Wirklichkeit um das Verschieben<br />
von Waffen geht –<br />
und wir haben ja gesehen,<br />
dass Waffengeschäfte über<br />
Mossack Fonseca abgewickelt<br />
wurden“, so Strozyk. „Das<br />
kann für die Mitarbeiter von<br />
Hilfsorganisationen, die in<br />
Krisengebieten im Einsatz<br />
sind, lebensgefährlich werden.“<br />
Übrigens gab es noch<br />
eine zweite Schein-Stiftung<br />
und weitere missbrauchte<br />
Hilfsorganisationen: den<br />
WWF und Unicef.<br />
Warum es eine seiner<br />
Lieblingsgeschichten ist?<br />
„Mossack Fonseca sagt gerne,<br />
dass sie sich immer an<br />
geltendes Recht halten. Vielleicht<br />
stimmt das sogar. Aber<br />
losgelöst vom Wortlaut des<br />
Gesetzes hätte jeder anständige<br />
Mensch gesagt: ‚Das ist<br />
bösartig!‘“<br />
Die Panama-Papiere –<br />
Strozyk ist stolz, bei diesem<br />
Mammut-Projekt dabeizusein.<br />
Auch, weil man damit<br />
„Menschen davon überzeugen<br />
kann, dass Journalismus<br />
toll und wichtig ist“.<br />
Es wird Jahre dauern, bis<br />
alles aufgearbeitet ist. Jan<br />
Lukas Strozyk ist bislang<br />
noch mit der Aufklärung<br />
rund um die Berenberg Bank<br />
befasst. Dann will er mal Urlaub<br />
machen. „Vermutlich<br />
aber nicht in Panama.“ •<br />
Buchtipp: Panama Papers,<br />
Bastian Obermayer, Frederik<br />
Obermaier, Kiepenheuer&<br />
Witsch, 16,99 Euro<br />
In eigener Sache<br />
Stress mit dem neuen<br />
Straßenmagazin<br />
Seit Anfang April<br />
gibt es in Hamburg<br />
ein zweites Straßenmagazin:<br />
„Straße<br />
Journal Deutschland“.<br />
Darüber waren<br />
wir doch ziemlich<br />
vor den Kopf<br />
gestoßen, weil sich<br />
die Macher uns<br />
nicht einmal vorgestellt haben. Unter Straßenmagazinen<br />
gilt ein Ehrenkodex, zu dem auch<br />
Gebietsschutz gehört. Das bedeutet, dass alle<br />
Verkäufer auf ihren Plätzen geschützt sind.<br />
Anfangs dachten wir: Okay, sie sind neu,<br />
sie wissen das alles vielleicht nicht. Deshalb<br />
besuchten wir sie im Schiffbeker Weg. Die<br />
Macher versprachen auch, unsere Verkaufsplätze<br />
zu respektieren. Leider tun sie das aber<br />
nicht. Und sie sind auch keine Anfänger.<br />
Sie haben schon seit 2011 in Holland das<br />
Straat Journaal Benelux rausgegeben. Und<br />
dort wie hier gehen sie nach dem gleichen<br />
Muster vor: Ihr Blatt besteht aus zusammenkopierten<br />
Artikeln, die meist ohne Wissen der<br />
Urheber und ohne Quellenangabe veröffentlicht<br />
werden. Unsere holländischen Partnerzeitungen<br />
in Rotterdam und Haarlem sind schwer<br />
in Bedrängnis geraten, weil sich die Verkäufer<br />
auf der Straße von den Straat-Journaal-Verkäufern<br />
bedrängt fühlten und die Auflage rapide<br />
gesunken ist.<br />
Auch bei uns wurden schon Verkäufer auf<br />
ihrem Platz bedroht. Das wollen wir nicht hinnehmen.<br />
Inzwischen zeigen sich Supermärkte<br />
mit den Hinz&Künztlern solidarisch. Sie wollen<br />
helfen, wenn es Schwierigkeiten geben sollte.<br />
Und das Abendblatt geht dagegen vor, dass<br />
Straße Journal einfach ihre Artikel klaut.<br />
Was uns wütend macht: Dass durch ein<br />
dubioses Blatt unser gutes Image beschädigt<br />
werden kann. Wir Straßenmagazine weltweit<br />
haben uns in einem internationalen Dachverband<br />
zusammengeschlossen. Zu unserem Ehrenkodex<br />
gehört auch, dass wir echte Redaktionen<br />
haben und uns sozial engagieren. Wir<br />
tauschen Artikel und Ideen aus und helfen uns<br />
gegenseitig. Natürlich gibt es immer mal wieder<br />
Stress, dass einzelne „Schwarzverkäufer“<br />
aus anderen Städten hier ihr Magazin verkaufen.<br />
Aber nicht so bewusst von den Machern<br />
eines Magazins gesteuert. Wir hoffen jetzt, dass<br />
die Behörden dafür sorgen, dass der soziale<br />
Friede auf der Straße gewahrt bleibt. BIM •<br />
25
Stadtgespräch<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
BEDINGUNGS<br />
LOSESGRUND<br />
EINKOMMEN<br />
Was geschieht mit Menschen, wenn sie sich ums Geld keine Sorgen mehr<br />
machen müssen? Ein Berliner Projekt will das herausfinden und verlost<br />
bedingungslose Grundeinkommen. Astrid Lobreyer ist eine der Gewinnerinnen.<br />
TEXT: ULRICH JONAS<br />
FOTO: MAURICIO BUSTAMANTE<br />
Als das neue Leben beginnt, liegt Astrid Lobreyer<br />
erschöpft in der Badewanne. Es ist<br />
Abend, der Tag war anstrengend, und dass sie<br />
sich um ein Grundeinkommen beworben hat,<br />
hat die 52-Jährige in diesem Moment vergessen.<br />
Als sie aus der Wanne steigt, klingelt das Telefon. Eine<br />
nicht-internetgeübte Freundin bittet sie, in ihrem Namen<br />
eine E-<strong>Mai</strong>l zu verschicken. Astrid Lobreyer lässt ihren<br />
Computer hochfahren. Auf einmal fällt ihr ein: Heute war<br />
doch die Verlosung! Ein paar Klicks später hat sie Gewissheit.<br />
Sie hat gewonnen.<br />
„ICH SEHE<br />
MÖGLICHKEITEN,<br />
DIE ICH VORHER<br />
NICHT HATTE.“<br />
ASTRID LOBREYER<br />
„Was würde passieren, wenn Du plötzlich Grundeinkommen<br />
hättest?“ Seit August 2014 stellt der Berliner Michael<br />
Bohmeyer auf der Webseite „mein-grundeinkommen.de“<br />
diese Frage. Sein Grundgedanke ist: Niemand kennt die Antwort<br />
wirklich. Und weil das so ist, muss man es ausprobieren.<br />
Also hat der 31-Jährige ein einzigartiges Experiment gestartet:<br />
Bohmeyer sammelt Spenden ein von Menschen, die diese<br />
Frage so bewegt wie ihn, und verlost mithilfe des Geldes<br />
Grundeinkommen.<br />
Bewerben kann sich jeder: die Hartz-IV-Empfängerin<br />
wie der Millionär. Wer gewinnt, bekommt ein Jahr lang 1000<br />
Euro monatlich auf sein Konto überwiesen – zusätzlich zum<br />
Einkommen und ohne sich zu irgendeiner Gegenleistung<br />
verpflichten zu müssen. Nicht mal Abzüge fallen an, weil<br />
„Gewinne aus Gewinnspielen steuerfrei sind“, so die Projektmacher.<br />
Knapp 42.000 Unterstützer haben so bislang 39<br />
Menschen glücklich gemacht. Diesen Monat werden die<br />
nächsten Gewinner ermittelt (siehe Interview Seite 28).<br />
Astrid Lobreyer hat an jenem Abend im November vergangenen<br />
Jahres erst mal eine Freundin angerufen. „Nach<br />
dem Freudentanz, den wir am Telefon veranstaltet haben,<br />
konnte ich wieder unter die Dusche gehen“, erzählt die Bad<br />
Oldesloerin. Es gibt wohl wenige Menschen, denen man den<br />
Gewinn so gönnt wie ihr: Drei Kinder hat sie alleine großgezogen,<br />
nachdem ihre Ehe mit einem Seemann in die Brüche<br />
ging. Vormittags arbeitet sie im örtlichen Frauenzentrum als<br />
Mädchen für alles, nachmittags und an den Wochenenden<br />
bessert sie ihr Einkommen als Selbstständige auf: Astrid Lobreyer<br />
lehrt Alexander-Technik, eine von einem australischen<br />
Schauspieler erfundene Methode, die Körperwahrnehmung<br />
zu stärken. Deren Ausgangsfrage beschreibt sie so: „Wie fühlt<br />
sich das an, wenn ich richtig auf meinen Füßen stehe?“<br />
Am Morgen nach dem Gewinn zieht Astrid Lobreyers<br />
jüngste Tochter aus, die 18-Jährige studiert in Berlin. „Da<br />
konnte ich sie und ihre Freunde endlich mal zum Essen aus-<br />
26
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
führen. Das wäre ohne Grundeinkommen nicht gegangen.“<br />
Das Leben fühlt sich auf einmal leichter an: Ihrem Sohn<br />
kann sie ein teures Fachbuch über Stadtsoziologie zu Weihnachten<br />
schenken, das er sich so sehr gewünscht hat. Nachbarn<br />
und Freunde lädt sie zu einem Fest ein, nun kann sie<br />
„endlich mal Gastgeberin sein“. Das Geld für die teure Autoreparatur<br />
muss sie sich nicht wie sonst leihen. Und sie kauft<br />
sich eine neue Brille. Nach 18 Jahren.<br />
Als Hinz&<strong>Kunzt</strong> sie im Januar das erste Mal trifft, sagt<br />
Astrid Lobreyer mit einem Strahlen in den Augen: „Ich fahre<br />
ein bisschen hochtourig. Sehe Möglichkeiten, die ich vorher<br />
nicht hatte. Das ist aufregend!“ Sie hat eine Fortbildung zur<br />
Trauerrednerin gebucht, will sich so ein neues Standbein aufbauen:<br />
„Das ist ein Wunsch, den ich seit sieben Jahren mit<br />
ASTRID LOBREYER<br />
KAUFT SICH EINE<br />
NEUE BRILLE. NACH<br />
18 JAHREN.<br />
mir rumtrage.“ Um ihre Gesundheit will sie sich kümmern.<br />
Seit Jahren leidet sie an starken Rückenschmerzen, „die<br />
machen mich wahnsinnig“. Eine Odyssee durch die Schulmedizin<br />
hat sie hinter sich, nun soll eine Heilpraktikerin helfen.<br />
Und den Katamaran-Segelschein will sie machen.<br />
Schließlich hat sie vor Jahren, als sie mit ihrem Ex-Mann auf<br />
einer Südsee-Insel lebte, das Segeln lieben gelernt. Sie spüre<br />
mit dem Geld „eine andere Sicherheit“, sagt Astrid Lobreyer.<br />
„Die ständigen Existenzängste haben mich fertiggemacht.“<br />
Auf der Internetseite des Projekts lässt sich nachlesen,<br />
wie ein Grundeinkommen Menschen bewegen kann: Der<br />
Callcenter-Agent kündigt seinen Job und studiert Pädagogik.<br />
Die Rentnerin plant eine Reise, die ihr Sohn sich schon so<br />
lange wünscht. Und der Softwareentwickler, zufrieden mit<br />
Arbeit und Leben, kauft einen 3D-Drucker, um Kinder und<br />
Jugendliche mit der neuen Technik vertraut zu machen.<br />
April <strong>2016</strong>. Astrid Lobreyer hat sich zur Trauerrednerin<br />
fortbilden lassen und sagt zufrieden: „Das Rüstzeug habe ich<br />
mitbekommen.“ Bald wird sie sich bei einem Bestatter vorstellen,<br />
den sie kürzlich angesprochen hat. „Dann wollen wir<br />
schauen, wie das gehen kann.“ Die Schmerzen quälen<br />
sie deutlich weniger. Haben die Mittel der Heilpraktikerin<br />
geholfen? Oder liegt es „an der Euphorie, diesen Glückshormonen,<br />
daran, dass ich mich handlungsfähiger fühle“?<br />
27
Stadtgespräch<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
„DIE STÄNDIGEN<br />
EXISTENZÄNGSTE<br />
HABEN MICH<br />
FERTIGGEMACHT.“<br />
ASTRID LOBREYER<br />
Astrid Lobreyer weiß es nicht. Es ist auch nicht wichtig. Sie<br />
fahre immer noch hochtourig, sagt sie, müsse nun „verstärkt<br />
darauf achten, dass ich Ruhephasen habe“.<br />
Sie sucht wieder eine Fortbildung und hat ein neues<br />
Fahrrad gekauft. Um den Segelschein hat sie sich noch nicht<br />
gekümmert. Und ab und an denkt sie neuerdings daran, dass<br />
ihr Jahr Grundeinkommen im Dezember enden wird. Spürt<br />
die Angst vor dem Druck, dem Mangel. Sie sucht dann nach<br />
den anderen Gefühlen in sich: „Die Euphorie, die Entspanntheit<br />
sind das viel größere Geschenk.“ •<br />
Grundeinkommen weltweit: In der Schweiz stimmen am 5. Juni die<br />
Bürger über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens<br />
ab. Befürworter empfehlen 2500 Franken (rund 2300 Euro)<br />
monatlich und wollen das durch Einsparungen von Sozialleistungen<br />
und ein neues Steuersystem finanzieren. Wer mehr als 2500 Franken<br />
verdient, bekommt das Grundeinkommen komplett abgezogen.<br />
In den Niederlanden planen mehrere Kommunen einen Modellversuch,<br />
auch in Finnland wird über ein Pilotprojekt diskutiert.<br />
In Hamburg laden Aktivisten und Wachstumskritiker am 19. und<br />
20. <strong>Mai</strong> zu einer Konferenz unter dem Titel „Grundeinkommen<br />
und Degrowth“ ein. Mehr Infos unter www.grundeinkommen.de<br />
„Den Wohlfühl-Bereich kennengelernt“<br />
Michael Bohmeyer über sein Projekt „Mein Grundeinkommen“.<br />
INTERVIEW: ULRICH JONAS<br />
FOTO: STEPHANIE NEUMANN<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>: Wie bist du auf die Idee für<br />
dein Projekt gekommen?<br />
MICHAEL BOHMEYER: Ich habe schon lange<br />
gedacht: Man muss das mal ausprobieren.<br />
Als ich 2013 dann aus dem Online-<br />
Versandhandel ausgestiegen bin, den<br />
ich aufgebaut habe, hatte ich durch die<br />
Gewinnausschüttungen knapp 1000<br />
Euro im Monat – sozusagen mein eigenes<br />
Grundeinkommen.<br />
Wie hat sich das angefühlt?<br />
Erst mal bin ich in ein Loch gefallen.<br />
Ich hatte nie eine Lücke im Lebenslauf<br />
und kannte es auch aus meinem Elternhaus<br />
nicht, dass man je Muße oder Wochenende<br />
hat. Auf einmal hatte ich<br />
Zeit. Das war richtig schlimm. Aber<br />
nach einer Weile habe ich so viel Mut<br />
und Kreativität entwickelt, so viel Freiheit<br />
im Kopf, dass ich gemerkt habe,<br />
wie viel Druck und Angst ich vorher in<br />
meinem Leben hatte.<br />
War das Unternehmersein so stressig?<br />
Nein. Ich war schließlich der Chef, bin<br />
einmal die Woche ins Büro gekommen,<br />
alles nicht so schlimm also. Aber das war<br />
der O.K.-Bereich. Mit Grundeinkommen<br />
habe ich eine Ahnung davon bekommen,<br />
wie der Wohlfühl-Bereich sein<br />
kann. Und wenn man den mal erlebt<br />
hat, will man ihn nicht mehr missen.<br />
Das heißt nicht, dass man nichts mehr<br />
macht. Im Gegenteil: Ich arbeite heute<br />
mehr als früher. Aber ich stelle mir viel<br />
häufiger die Frage: Was will ich wirklich<br />
gerne arbeiten, was macht mir richtig<br />
Spaß und ist sinnstiftend? So ist das Projekt<br />
entstanden. Und ich trage damit<br />
mehr zur Gesellschaft bei als je zuvor.<br />
Für „Mein Grundeinkommen“ arbeiten<br />
inzwischen 13 Menschen. Bekommen die<br />
auch 1000 Euro im Monat?<br />
28<br />
Nein, bei uns gilt das Bedarfsprinzip:<br />
Jeder sagt, was er braucht, damit er den<br />
Kopf frei hat, und dann stimmen sich<br />
alle gemeinsam ab. Manchen reichen<br />
800 Euro monatlich, andere haben<br />
Kinder und brauchen 2500 Euro.<br />
Wichtig ist, dass das transparent läuft,<br />
dann gibt es keine Probleme. Wir haben<br />
übrigens festgestellt, dass Frauen sparsamer<br />
kalkulieren als Männer. Deshalb<br />
bekommen sie bei uns 15 Prozent obendrauf,<br />
als „Patriarchatsabgabe“.<br />
Gegner des Grundeinkommens argumentieren,<br />
das Ganze sei unbezahlbar.<br />
Ohne Umverteilung wird es nicht gehen,<br />
das ist klar. In welchem Maße die<br />
stattfindet, muss die Politik ausgestalten.<br />
Darauf wollen wir aber nicht warten.<br />
Was sind eure Pläne?<br />
Am Jahresende wollen wir 100 Grundeinkommen<br />
verlost haben. Und ich<br />
träume von einer größeren Grundeinkommens-Gemeinschaft,<br />
die sich übers<br />
Internet findet – zeitlich unbegrenzt<br />
und basisdemokratisch. Wir wollen<br />
schauen, ob sich Menschen finden, die<br />
die Umverteilung besser organisieren,<br />
als es der Staat heute macht. •
Alltagsgeschichten<br />
Coffee to go<br />
LEDERMÖBELAUFBEREITUNG<br />
Spezial-Reparatur & Farb-Restauration<br />
TEXT: ULRICH JONAS<br />
Neulich habe ich mir einen schicken Keramikbecher<br />
gekauft. Dazu muss man wissen: Ich<br />
hole mir gerne Kaffee für unterwegs. Wie viel<br />
Hundert Plastikbecher ich schon in den Müll<br />
geworfen habe? Ich will es gar nicht wissen.<br />
Nun wird alles anders, dachte ich. Und ging<br />
mit meinem neuen Becher frohgestimmt zur<br />
Bäckerei nebenan.<br />
Ob sie mir einen Cappuccino abfüllen<br />
könne, fragte ich die Verkäuferin. Und sie: „Ich<br />
darf keine Becher über den Tresen hinweg annehmen.<br />
Das ist gesetzlich verboten.“ Warum<br />
Ledermöbel, um deren Wert zu erhalten. Wir bieten Ihnen<br />
Seit über 10 Jahren pflegen, reInigen und färben wir Qualitätsdas<br />
so ist, wisse sie nicht. „Aber ob wir darüber<br />
professionelle Lösungen, wenn es um den Erhalt von Qualitätsdiskutieren<br />
oder nicht: Das ändert nichts.“ Ich<br />
Ledermöbeln wie z. B. De Sede, Rolf Benz, COR und anderen<br />
Herstellern geht. Mit umweltfreundlichen Verfahren beseitigen<br />
war schockiert: Sollte mein Einsatz für eine<br />
wir Farbabnutzungen, Ausbleichungen, Flecken, Brandlöcher<br />
und andere Schäden an Ihren hochwertigen Ledermöbeln.<br />
bessere Welt umsonst gewesen sein?<br />
Ich schrieb an mehrere Bundesministerien:<br />
Hat die Verkäuferin recht? Und wenn ja: Wie<br />
Das coloRepair-Team freut sich auf Ihren Anruf!<br />
kann ich unterwegs Kaffee trinken und keinen<br />
Müll produzieren? Antworten bekam ich keine.<br />
Eine Sprecherin erklärte, die zuständige<br />
WWW.COLOREPAIR.DE<br />
Landesbehörde könne mir „im Detail erläutern,<br />
welche Hygienevorschriften in Lebensmittelbetrieben<br />
eingehalten werden müssen“.<br />
0170 / 188 68 75 oder 040 / 254 86 329<br />
Also schrieb ich erneut eine <strong>Mai</strong>l.<br />
Die Antwort gab Hoffnung: Es gebe „keine<br />
grundsätzlichen Erwägungen, die das Befüllen<br />
von mitgebrachten Mehrwegbehältnissen abasto<br />
aus hygienischen Gründen ausschließen“, so<br />
ökologische Energietechnik<br />
die Hamburger Gesundheitsbehörde. Es seien<br />
„die allgemeinen Grundsätze der Lebensmittelhygiene<br />
anzuwenden“. Was das bedeutet,<br />
Für mehr soziale Wärme<br />
wisse der federführende Bezirk Altona.<br />
Ich fragte dort nach. Generelle Richtlinien<br />
und eine klimaschonende<br />
gebe es nicht, erklärte der Sprecher. „Aber ein<br />
schmutziger Becher überm offenen Verkaufstresen<br />
geht gar nicht.“ Sein Tipp: Die<br />
Strom- und Wärmeversorgung.<br />
Verkäuferin sollte es vermeiden, dass mein Becher<br />
den Einfüllstutzen der Maschine berührt.<br />
Alles kein Problem also? Meine Bäckerei-Verkäuferin<br />
hat eine hübsche Lösung gefunden:<br />
Sie nimmt meinen Becher, stellt ihn auf ein<br />
Tablett, das auf der Durchreiche steht, füllt<br />
den Cappuccino in einen Keramikbecher der<br />
Bäckerei und schüttet ihn dann um.<br />
Eine gute Idee eigentlich, auch wenn so<br />
zusätzlicher Abwasch anfällt. Doch hat der<br />
Kompromiss seine Tücken: Als ich einer anderen<br />
Verkäuferin das bewährte Verfahren vorschlug,<br />
nahm sie zum Abfüllen statt eines Ke-<br />
antifaschistischem Pflegedienst<br />
Fachliche Leitung mit Pkw-FS bei<br />
ramikbechers einen Plastikbecher – und<br />
herzlich willkommen!<br />
schmiss ihn nach dem Umfüllen in den Müll.<br />
Infos und Kontakt unter:<br />
Ich war sprachlos. Gut Ding hat halt auch hier<br />
www.solihilfe.de info@solihilfe.de<br />
seine Weile. • Tel.: 040 – 38 68 66 -0<br />
Lagerstr. 30-32, 20357 Hamburg<br />
www.abasto.de
Redet KLARTEXT:<br />
Die britische Autorin<br />
und Feministin<br />
Laurie Penny (29).
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Die Wortgewaltige<br />
Die britische Feministin Laurie Penny will eine<br />
bessere, soziale Gesellschaft für alle. Wir trafen die streitbare<br />
Autorin während ihrer Lesetour in Hamburg.<br />
TEXT: SIMONE DECKNER<br />
FOTO: ANDREAS HORNOFF<br />
E<br />
ine der „wichtigsten neuen<br />
Stimmen des Feminismus“<br />
(Zeit Online, taz) klingt ein<br />
wenig matt, als sie durch das<br />
Büro ihres deutschen Verlags Edition<br />
Nautilus ruft: „Just a minute!“ Momentchen<br />
noch. Kein Problem. Laurie Penny<br />
ist derzeit ohnehin überall. In den<br />
sozialen Medien folgen der 29-jährigen<br />
Autorin Hunderttausende.<br />
Und das kommt so: Laurie Penny<br />
fordert in ihren Büchern und politischen<br />
Kolumnen nicht nur, dass die<br />
Welt zu einem besseren Platz für Frauen<br />
werden soll. Sie will viel mehr. Eine<br />
gerechtere Gesellschaft für alle: für Arme,<br />
Schwarze, Dicke, Alte, Kranke,<br />
Unsichtbare. Oder, um es mit ihren<br />
Worten zu sagen: „Meutert gegen die<br />
bestehenden Verhältnisse!“<br />
Plötzlich steht sie in der Tür. Man<br />
hatte sie sich größer vorgestellt. Kräftiger<br />
Händedruck. Sie hat wenig geschlafen,<br />
ist auf Lesetour für ihren ersten<br />
Kurzgeschichtenband „Babys machen“<br />
und muss gleich noch ihre aktuelle Kolumne<br />
für den „New Statesman“ mailen.<br />
„Ich arbeite wirklich zu viel“, sagt<br />
sie. Die Revolution schert sich wenig<br />
um geregelte Arbeitszeiten.<br />
Penny will jenen eine Stimme geben,<br />
die keine haben: Sexarbeiterinnen,<br />
Alleinerziehenden, Occupy-Bewegten,<br />
Schwulen, Lesben, Kapitalismuskritikern,<br />
Schlampen, Armen. „Das moralische<br />
Lehrstück unseres Zeitalters ist das<br />
von der armen Mutter mit vielen Kindern.<br />
Solche Frauen werden als Fortpflanzungsmonster<br />
dämonisiert, die ihre<br />
kreischenden Kinder durch schäbige<br />
Stadtviertel schieben“, schreibt sie in<br />
„Unsagbare Dinge“, ihrem aktuellen<br />
Sachbuch. Demgegenüber werde das<br />
Ideal der attraktiven, weißen Karrierefrau<br />
aufgestellt, deren Lebensglück in<br />
der besseren Vereinbarkeit von Job und<br />
Familie läge. Dummer Quatsch, sagt<br />
Penny. „Jede Art zu leben ist unterdrückend,<br />
wenn du Menschen sagst, sie<br />
müssten genau so leben. Wenn sie keine<br />
andere Wahl haben.“<br />
Sie selbst lebt so, wie sie es schon als<br />
14-Jährige wollte, nachdem sie einen<br />
Film über eine schwedische Hippiekommune<br />
gesehen hatte: mit bis zu 16<br />
„Geschichten<br />
können so<br />
machtvoll sein!“<br />
31<br />
Mitbewohnern in einer ehemaligen Lagerhalle<br />
für Musikinstrumente in London.<br />
Die Dusche ist schimmlig und im<br />
Winter frieren alle, weil das Gebäude<br />
nicht gedämmt ist, aber für nichts in der<br />
Welt würde Penny ihre WG gegen ein<br />
Reihenhaus mit Mann und Kind tauschen<br />
wollen. „God, no way! Ich fühle<br />
mich so viel freier und glücklicher.“ Zuvor<br />
lebte sie schon in WGs mit Drogendealern,<br />
Ratten, so groß wie Jack Russells,<br />
lesbischen Paaren und Männern,<br />
die ihr Vater hätten sein können. „Mir<br />
gefällt gemeinschaftliches Leben. Nicht<br />
nur, weil es eine gute Antwort auf die<br />
Wohnungskrise ist, sondern weil es meiner<br />
Vorstellung entspricht.“<br />
Regelmäßig übernachten in ihrem<br />
Zuhause auch junge Lesben und<br />
Schwule. „Sie würden auf der Straße<br />
landen, wenn sie keine Community hätten,<br />
die sie unterstützt“, sagt Penny, die<br />
polyamorös lebt, also nicht monogam.<br />
Viele ihrer Freunde sind von Gentrifizierung<br />
betroffen, ziehen von Couch<br />
zu Couch. „Die versteckte Obdachlosigkeit<br />
nimmt immer mehr zu“, sagt Penny.<br />
Und dass sich die Zahl der Obdachlosen<br />
in London seit 2010 verdoppelt hätte.<br />
Dann erzählt sie von Frauen, die Sex gegen<br />
eine Übernachtung anbieten. „Das<br />
ist sehr traurig, aber ich kenne selbst<br />
Menschen, die das gemacht haben.“<br />
Die Frauen seien total abhängig von der<br />
Gunst der Männer, könnten jederzeit<br />
rausfliegen.<br />
Penny war noch jung, als der Gründer<br />
des Londoner Straßenmagazins<br />
The Big Issue an ihrer Schule einen<br />
Vortrag über Obdachlosigkeit hielt. Sie<br />
erinnert noch an vieles, was John Bird<br />
sagte. „Nicht nur, dass den Verkäufern<br />
erlaubt wird, ihre Würde zu behalten,<br />
sondern auch, wie machtvoll Journalismus<br />
und Geschichten sein können.“ Sie<br />
selbst glaubt fest an die Macht von Worten.<br />
Schreiben bedeutet Freiheit für sie,<br />
auch, wenn jedes ihrer Worte auf die<br />
Goldwaage gelegt und „zerrissen wird“,<br />
seit sie mit 22 Jahren Journalistin wurde.<br />
Sie erntet regelmäßig Hasskommentare<br />
für ironisch-provokante Sätze wie: „Die<br />
ideale Frau ist fickbar, fickt aber nie selber.“<br />
Oder für ihre Kurzgeschichte<br />
über ein abschaltbares Baby. Trotzdem<br />
wird Penny nicht müde, ihre Stimme<br />
für eine gerechtere Welt zu erheben.<br />
„Eine quietschige Stimme“, wie sie<br />
selbst sagt und dabei laut lacht. Aber<br />
eine, die gehört wird. •<br />
„Babys machen und andere Storys“, Edition<br />
Nautilus, 176 Seiten, 19,90 Euro. Das ganze<br />
Interview unter www.huklink.de/penny
„Meine Therapeutin<br />
war eine<br />
gute Lehrerin“<br />
Sadiq floh aus Afghanistan nach Hamburg. War nun hier in<br />
Sicherheit – und drehte trotzdem immer wieder durch. Zum Glück<br />
gibt es die Flüchtlingsambulanz am UKE. Dort ging Sadiq bald<br />
ein Mal die Woche hin. Was ihm sehr geholfen hat.<br />
TEXT: FRANK KEIL<br />
FOTOS: ANDREAS HORNOFF<br />
Sein absoluter Lieblingsort:<br />
die BINNENALSTER. Hier findet<br />
er Ruhe, schaut er aufs Wasser.<br />
Wenn nur endlich über seinen Antrag<br />
auf Asyl entschieden würde!
Lebenslinien<br />
Manchmal, wenn er alleine ist und wenn er<br />
viel nachdenkt, überlegt Sadiq, ob er nicht<br />
besser nach England oder Norwegen gegangen<br />
wäre. Dabei ist er Deutschland<br />
sehr dankbar, dass es ihn erst mal aufgenommen<br />
hat, als er als 16-Jähriger hier Asyl suchte. Aber er<br />
wartet nun seit über zwei Jahren auf die Entscheidung über<br />
seinen Antrag, und niemand kann ihm sagen, wann diese<br />
kommen wird, wie sie ausfällt und ob er vielleicht doch abgeschoben<br />
werden wird. „Das Warten“, sagt Sadiq, „das Warten<br />
ist das Schlimmste.“ Tagein, tagaus. Nur warten.<br />
Am Anfang hat ihn das nahezu verrückt gemacht. Sitzen<br />
und nichts tun. Nichts tun und herumsitzen. Heute hält er das<br />
aus. Heute weiß er, dass er das aushalten muss und dass er es<br />
gut aushalten kann. Weil er den Weg in die Flüchtlingsambulanz<br />
auf dem Gelände des Universitätskrankenhauses Hamburg-Eppendorf<br />
gefunden hat, eine Einrichtung für Kinder<br />
und Jugendliche und deren Familien, erbaut und finanziert<br />
durch die Steffi-Graf-Stiftung „Children for Tomorrow“, die<br />
nun in Kooperation mit dem UKE arbeitet. Erst seit Neuestem<br />
gibt es einen Zuschuss durch die Stadt Hamburg.<br />
„Wenn ich die Jungs von früher hier in der Ambulanz wiedertreffe<br />
oder die aus meinem Deutschkurs von damals, dann<br />
fragen die: ‚Ey, Sadiq, was hast du gemacht? Was hast du gelesen,<br />
dass du so anders geworden bist?‘“, sagt Sadiq. Er lacht<br />
verlegen auf und sagt: „Früher war ich manchmal schlimm,<br />
hab echt schlimme Sachen gemacht. Aber heute mache ich das<br />
nicht mehr.“ Er sagt: „Heute weiß ich, dass ich damals kein<br />
„Wir waren eine<br />
reiche Familie, alles war<br />
so weit gut.“<br />
schlimmer Mensch war; ich hatte nur eine schlimme Zeit.“<br />
Er nimmt sich ein Glas von dem kleinen Tischchen neben<br />
dem Bücherregal und gießt sich sprudeliges Mineralwasser<br />
ein, dann setzt er sich auf einen der bunten Stühle. Der Warteraum<br />
ist hell und freundlich eingerichtet, Kissen liegen auf<br />
dem Boden, im Regal stehen Bücher wie „Der große Brockhaus“<br />
und „Rätselhafte Natur“; an den Wänden hängen Fotos<br />
eines Fotoprojekts aus der Kunsttherapie. Eines zeigt einen<br />
afrikanischen Jugendlichen am Elbstrand bei Övelgönne mit<br />
weit ausgebreiteten Armen. Im Hintergrund sieht man die<br />
Kräne auf der anderen Hafenseite, die hier die Containerschiffe<br />
entladen, so mit für den Wohlstand der Stadt sorgen.<br />
Wo soll er anfangen zu erzählen? Egal. Irgendwo.<br />
„Ich habe etwas gemacht, deswegen musste ich weg aus<br />
Afghanistan“, sagt er. Raus aus Kabul, wo er geboren ist und<br />
wo er die allermeiste Zeit gelebt hat. „Krieg war normal, so<br />
33
schlimm das ist. Wir waren eine reiche<br />
Familie, alles war so weit gut, mein Vater<br />
handelt mit Autos und mit Immobilien“,<br />
sagt er. Bis eben etwas passiert.<br />
Und sein Vater wirft ihn aus dem Haus.<br />
Wobei es jetzt kurz kompliziert<br />
wird. Denn sein Vater hat eine zweite<br />
Frau und Sadiq damit eine zweite Mutter.<br />
„Das geht in Afghanistan, das war<br />
für mich ganz normal, wir hatten eben<br />
zwei Mütter, zu denen wir ‚Mutter‘ gesagt<br />
haben, und alle Kinder dieser Mütter<br />
waren meine Geschwister.“ Hier in<br />
Deutschland gebe es das ja nicht.<br />
Nun aber trennt sich die Familie aus<br />
einem Vater, zwei Müttern und elf Kindern:<br />
„Mein Vater hat zu meiner Mutter<br />
gesagt: ‚Wenn du zu deinem Sohn<br />
hälst, gehst du mit ihm.‘“ Seine Mutter<br />
hält zu ihm, geht mit ihm und ihren<br />
Kindern nach Pakistan, zu Verwandten.<br />
Hauptsache, erst mal weg.<br />
Eigentlich wollen sie alle weg, aber<br />
dafür reicht das Geld nicht, das sie haben.<br />
Und so wird Sadiq alleine weitergeschickt.<br />
Er geht vom Süden Pakistans<br />
Mit seiner Mutter<br />
telefoniert er, die<br />
Geschwister trifft er<br />
auf FACEBOOK.<br />
Seinen Vater hat<br />
er bisher nie<br />
wieder gesprochen.<br />
aus über die Grenze in den Iran und<br />
dann weiter nach Europa. Mehr als<br />
6000 Kilometer wird er zurücklegen.<br />
Der Weg sei hart gewesen. Megahart.<br />
In Hamburg meldet sich Sadiq bei<br />
der Polizei, wird dem Jugendamt übergeben,<br />
kommt in das Jugendheim in der<br />
Feuerbergstraße; Deutschkurs anfangs<br />
nur ein Mal die Woche, er bekommt einen<br />
Betreuer zugewiesen.<br />
„Ich konnte<br />
nicht aufhören zu<br />
weinen.“<br />
Und er lernt. Er lernt von sich aus. Alles<br />
ist so anders in Deutschland. Allein die<br />
Schrift. Oder wie man sich auf der<br />
Straße anschaut, wie viel weniger die<br />
Familie wichtig ist, dass man mit<br />
Gleichaltrigen über Sex reden kann,<br />
34<br />
dass man nicht zuschlägt, wenn einen<br />
jemand beleidigt, oder wenn man das,<br />
was einer sagt, als Beleidigung auffasst.<br />
Und er ist allein. Einfach nur – allein.<br />
Nicht mal eine Cousine hat er hier. Und<br />
es geht nicht voran. Was ihn zeitweise<br />
aus der Spur wirft: „Ich habe Alkohol<br />
getrunken, ich habe Tabletten genommen,<br />
ich konnte tagelang nicht schlafen.“<br />
Und er weiß nicht, was da warum<br />
mit ihm passiert: „Einmal saß ich in einem<br />
Park, ich habe geweint, ich wusste<br />
nicht, warum ich weine, ich habe geweint<br />
und geweint, ich konnte nicht<br />
aufhören zu weinen.“<br />
Sein Betreuer kennt die Flüchtlingsambulanz.<br />
Drei Monate muss Sadiq auf<br />
einen Termin warten. Dann aber sitzt er<br />
einer Therapeutin gegenüber, anfangs<br />
alle zwei Wochen, dann einmal die Woche.<br />
„Sie hat am Anfang zu mir gesagt:<br />
‚Warum lachst du immer, wenn du von<br />
deinen Problemen sprichst?‘“, sagt er.<br />
Sie hört ihm zu, er erzählt. Er nimmt<br />
seine Medikamente, bis er sie nicht mehr<br />
braucht: „Am Anfang war in meinem<br />
Kopf, dass ich alles schnell bekomme –<br />
einen Pass, eine Wohnung, eine Arbeit,<br />
schnell. Ich dachte, die müssen mir alles<br />
geben, was ich will.“ Man mache sein<br />
Leben selbst schwierig, dabei sei es schon<br />
schwierig genug.<br />
Was ihm hilft, sind Übungen und<br />
Techniken, die man anwendet, wenn<br />
man nicht mehr weiß, wohin mit seiner<br />
Wut, mit seiner Verzweiflung – „Skills“,<br />
wie das die Fachleute nennen. „Wenn<br />
du merkst, dass du wieder so wütend<br />
und aggressiv wirst, dass du vielleicht<br />
was Schlimmes machen könntest, ist ein<br />
Skill, dass du zu Hause im Treppenhaus<br />
hoch- und runterrennst, bis es vorbeigeht.<br />
Oder du duscht kalt“, sagt Sadiq.<br />
Oder es gebe ein Kaugummi, so extrem<br />
sauer, dass man kaum Luft bekomme<br />
und das einen so aus diesem Nebel aus<br />
Wut und Enttäuschung heraushole.<br />
Ist das geschafft, ist der nächste<br />
Schritt, sich gemeinsam anzuschauen,<br />
wohin die Reise gehen soll: „Du musst<br />
ein Ziel haben, und an dieses Ziel musst<br />
du immer denken“, sagt er. „Wir haben<br />
es auf Papier aufgemalt wie eine Autobahn:<br />
Ganz hinten ist dein Ziel, da willst<br />
du hin. Aber dann passiert zwischendurch<br />
etwas, es gibt Verkehrsprobleme
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Lebenslinien<br />
sozusagen, und du musst runterfahren<br />
von der Autobahn. Aber es gibt immer<br />
wieder eine Auffahrt, und dann fährst<br />
du wieder auf die Autobahn – auf dein<br />
Ziel zu“, sagt Sadiq. So, wie er auch gelernt<br />
hat, dass Alkohol und Tabletten<br />
nicht helfen. „Es hilft ein, zwei Stunden,<br />
da ist der Druck weg – aber danach ist<br />
er wieder da, nur jetzt viel schlimmer.“<br />
„Sie haben<br />
gedacht, ich bin<br />
gestorben, aber ich<br />
war nicht tot.“<br />
Ein Jahr lang fährt er regelmäßig zur<br />
Flüchtlingsambulanz, setzt sich in das<br />
Wartezimmer, nachdem er sich aus den<br />
bereitstehenden Mineralwasserflaschen<br />
sein Glas gefüllt hat. Schmal, fast zart,<br />
sitzt er dann da, bis er geholt wird, ein<br />
Händedruck, meist in einer feschen Lederjacke,<br />
Jeans, dazu nur ein T-Shirt,<br />
auch wenn es eigentlich draußen zu kalt<br />
dafür ist. Er sagt: „Meine Therapeutin<br />
war eine gute Lehrerin.“<br />
Gut auszusehen ist ihm wichtig. „Ich<br />
wollte schon immer ein Gentleman sein,<br />
wollte schon immer wie ein Gentleman<br />
aussehen“, sagt er und lacht. Er sagt:<br />
„Ich kann für 30 Euro Klamotten kaufen<br />
und es sieht aus wie für 100 Euro.<br />
Andere kaufen für 30 Euro und es sieht<br />
aus wie für 30 Euro – oder weniger.“<br />
Und nun zeigt sich eine Brücke zu<br />
dem, weshalb er seinerzeit das Land<br />
verlassen musste: „Ich habe in einem<br />
Frauenklamottengeschäft gearbeitet, da<br />
ist sie reingekommen, ich habe sie gesehen,<br />
ich hab sie schön gefunden, ich bin<br />
verliebt geworden.“ Das junge Mädchen<br />
ansprechen? Unmöglich. Sie wird<br />
immer von ihrer Mutter begleitet, wenn<br />
sie in den nächsten Tagen in den Laden<br />
zum Einkaufen oder auch nur zum<br />
Schauen kommt. Doch dann kann er<br />
ihr seine Visitenkarte zustecken. „Drei<br />
Tage und drei Nächte habe ich gewartet,<br />
dann hat sie endlich angerufen.“ Sie<br />
telefonieren, sie reden. Sie werfen sich<br />
von Weitem schnelle, kurze Blicke zu,<br />
wenn sie sich auf der Straße sehen, vor<br />
ihrer Schule etwa. „Wir haben so ‚Hey!‘<br />
gemacht“, sagt Sadiq, und er hebt ganz<br />
leicht seine rechte Hand, als würde er<br />
vielleicht winken. Sie treffen sich<br />
schließlich – ein Mal, zwei Mal. Heimlich,<br />
natürlich.<br />
Als er sie nach dem zweiten Treffen<br />
nach Hause bringt, sehen ihn ihre Brüder:<br />
einen jungen, unbekannten Mann,<br />
direkt neben ihrer Schwester. Und<br />
Sadiq ist Paschtune, und sie ist Dari. Die<br />
Brüder handeln nicht gleich. „Sie haben<br />
richtig einen Plan gemacht.“ Sie fangen<br />
ihn ab, sie verschleppen ihn, verprügeln<br />
ihn schwer, sie stechen auf ihn ein. „Sie<br />
haben gedacht, ich bin gestorben, aber<br />
ich war nicht tot“, sagt Sadiq. Als sie das<br />
erfahren, suchen sie nach ihm.<br />
Ein Onkel, ein Bruder seiner Mutter,<br />
nimmt ihn auf, wo ihm der eigene<br />
Vater das Haus verwehrt. Er kann nicht<br />
bleiben, er ist nicht sicher. Und so sagt<br />
er heute, dass Hamburg seine Stadt ist,<br />
an der er so mag, dass sie so viel Wasser<br />
hat, man muss nicht weit gehen und<br />
schon kann man sich irgendwo hinsetzen,<br />
aufs Wasser schauen, ganz in Ruhe.<br />
Wenn nur endlich über seinen Antrag<br />
entschieden würde! „Sie haben mich<br />
doch schon befragt, als sie mir die<br />
Fingerabdrücke genommen haben. Alles,<br />
was mir passiert ist, ist in meinem<br />
Körper zu sehen, ich habe es auch auf<br />
Video, ich habe es ihnen gezeigt“, sagt<br />
er. Noch ist nichts entschieden.<br />
Er schaut sich um: „Ich will nicht<br />
sagen, dass ich keine Probleme mehr<br />
habe. Ich habe immer noch keine eigene<br />
Wohnung, ich habe immer noch keinen<br />
Ausbildungsplatz und auch keine Arbeitserlaubnis<br />
– aber ich bin so anders<br />
geworden.“ Und er streckt die Beine<br />
vor und er sieht jetzt sehr zufrieden aus,<br />
wie er ganz für sich lächelt. „Ich muss<br />
jetzt nicht mehr hierher“, sagt er noch.<br />
Und dann steht er mit Schwung auf,<br />
grüßt die Frauen am Tresen und geht<br />
nun über das weitläufige UKE- Gelände<br />
nach Hause, er kennt sich schließlich<br />
hier aus. •<br />
Flüchtlingsambulanz des UKE: Martinistraße<br />
52, Haus Nr. 044. Terminvereinbarung<br />
telefonisch unter: 471 93 08–0<br />
Gute Beratung<br />
ist die halbe Miete<br />
Unsere Juristen beraten Sie<br />
professionell und engagiert<br />
Mieter helfen Mietern<br />
Hamburger Mieterverein e. V.<br />
www.mhmhamburg.de<br />
040 / 431 39 40<br />
pix & pinsel . madle@pixundpinsel.de . +49 (0<br />
Malerei<br />
Zeichnen<br />
+ Illustration<br />
Atelier- & Meisterkurse<br />
Mappenvorbereitung<br />
Akt-Workshops<br />
Anfänger- und<br />
Fortgeschrittene<br />
altersübergreifend<br />
KUNSTSCHULE HAMBURG-KAW<br />
&JUGENDKUNSTSCHULE<br />
Große Bergstr. 264<br />
22767 Hamburg<br />
Tel. 43197606<br />
35<br />
www.kunstschulehamburg-kaw.de
Stadtgespräch<br />
Hände<br />
voll Lehm<br />
Ganz Hamburg streitet um die „Stadt der Zukunft“<br />
und „Bürgerbeteiligung“. Im Projekt „Bunte Kuh“<br />
bauen Erwachsene und Kinder gemeinsam ihre Welt.<br />
Jeder darf mitmachen – ganz umsonst.<br />
TEXT: FRANK KEIL<br />
FOTOS: KAREN DERKSEN<br />
Der Obdachlose lebte im<br />
Schanzenpark, war sehr<br />
menschenscheu und redete<br />
nicht. „Ich schätze ihn auf<br />
Mitte 30, er ging immer barfuß“, sagt<br />
Nepomuk Derksen: „Er nahm sich einen<br />
Klumpen Ton und setzte sich 150<br />
Meter weiter entfernt von unserem<br />
Platz mit dem hin.“ Was eigentlich so<br />
überhaupt nicht geht, denn wenn das<br />
Projekt „Bunte Kuh“ seine raumfüllende<br />
Baustelle aufbaut und anschließend<br />
für Wochen betreibt, muss garantiert<br />
sein, dass die Leute nicht den Lehm<br />
überall in der Gegend breittreten.<br />
„Aber bei ihm musste das so sein, wir<br />
haben gleich gesehen, wie tolle Formen<br />
aus seiner Hand flossen.“<br />
Jeden Tag sprechen sie ihn an; bitten<br />
ihn, doch näher zu kommen. Wortlos<br />
rückt er jeden Tag ein kleines Stück<br />
mehr an ihren Bauplatz heran. „Am<br />
Ende hat er mitten unter den Leuten<br />
an seinen Figuren gearbeitet, die er mit<br />
großer Sicherheit entworfen hat.“<br />
Diese Geschichte ist eines von vielen<br />
Erfolgserlebnissen, von denen Karen<br />
und Nepomuk Derksen erzählen<br />
können, wenn sie über ihr Lehmbauprojekt<br />
„Bunte Kuh“ berichten. Anfangs<br />
entwickelt von Nepomuk Derksen<br />
während seines Kunst- und Architekturstudiums.<br />
Später stieß Karen als<br />
Teilnehmerin einer Lehmaktion hinzu<br />
– und die beiden wurden ein Paar.<br />
Mindestens zwei Mal im Jahr rücken<br />
sie mit einem Team von mehr als<br />
20 Leuten und riesigen Mengen Lehm<br />
an – und es darf gebaut werden: „Der<br />
Vormittag ist für die Kinder aus den<br />
umliegenden Kitas und Schulen reserviert;<br />
ab Mittag kommen dann alle anderen,<br />
wobei wir darum bitten, dass<br />
sich Gruppen ab vier Menschen telefonisch<br />
anmelden.“<br />
Wichtig ist der Lehm: ein Grundbaustoff<br />
in unserer Welt. Der im Hima-<br />
37
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Rubrik<br />
laya verwandt wird und in Marokko. In<br />
Westafrika und in der Türkei. „Und<br />
nicht zuletzt ist Hamburg aus Lehm gebaut,<br />
nur dass man ihn gebrannt hat“,<br />
sagt Nepomuk Derksen. Bevor es losgeht,<br />
gibt es daher eine kurze, kindgerechte<br />
Materialkunde: Was kann man<br />
aus Lehm bauen? Was ist Backstein,<br />
warum ist er meistens rot? Und wo findet<br />
man Backsteinbauten in Hamburg?<br />
Und dann legen alle los! Kneten,<br />
formen, bauen. Mal in die Höhe, mal in<br />
die Breite. Vorgaben gibt es keine. Nur<br />
als kleine Anregung Modelle aus dem<br />
Vorjahr.<br />
„Es haben Flüchtlingskinder mitgemacht,<br />
die haben den Krieg nachgebaut“,<br />
erzählt Karen Derksen. „Tote<br />
Menschen, zerschossene Mauern.“<br />
Oder die Kinder formen ein Handy aus<br />
Lehm, einen Laptop, eine Comicfigur<br />
wie den grellbunten SpongeBob. Nur<br />
diesmal aus Lehm! Karen Derksen<br />
lacht: „Immer wieder bauen die Jungs<br />
einen Pimmel und schauen, wie wir reagieren.<br />
Dann sagen wir ‚Hey, klasse!‘,<br />
und damit ist die Sache erledigt.“ Immer<br />
im Trend: Ritterburgen. Oder Vulkane.<br />
Doch es dauert in der Regel nicht<br />
lange und die nächsten Figuren werden<br />
freier, fantasievoller, auch abstrakter.<br />
„Wir hatten einen Jungen, der hat einen<br />
Zauberwald gebaut, einen magischen<br />
Wald, übrigens an dem Tag, als er sechs<br />
Jahre alt wurde. Den haben wir dann in<br />
Groß nachgebaut.“ Denn das ist der<br />
nächste Schritt: Gemeinsam schaut<br />
man sich die Vielzahl an Figuren an –<br />
und entscheidet, welche vier, fünf, sechs<br />
Modelle in Groß gebaut werden.<br />
Also: richtig groß. Sodass man hineingehen<br />
oder auf sie hinaufklettern<br />
kann. Meterhoch, mit Treppen zum<br />
Hochgehen und einer kleinen Ecke<br />
zum Sitzen. Damit nichts schiefgeht,<br />
gehören zum Team auch Statiker, die<br />
sich genau anschauen, wie man die anvisierte<br />
Skulptur so bauen kann, dass sie<br />
nicht zusammenkracht oder in sich zusammenfällt,<br />
sich womöglich jemand<br />
verletzt. Große Mengen Lehm haben<br />
schließlich ein ziemliches Gewicht.<br />
39<br />
Manchmal wird an den<br />
aufgebauten Tischen still und ernst<br />
gearbeitet, dann wieder viel<br />
GELACHT und gequatscht.<br />
Hauptsache, die Fantasie ist mit<br />
den Händen zu greifen.<br />
„Kinder haben<br />
ein sehr<br />
feines Gespür,<br />
ob sie wirklich<br />
gebraucht<br />
werden.“ NEPOMUK DERKSEN
<strong>2016</strong><br />
Das Urlaubsmagazin für Deutschlands Norden • www.landundmeer.de<br />
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Aus einzelnen kleinen Figuren<br />
und Skulpturen werden im<br />
zweiten Schritt begehbare<br />
LEHMLANDSCHAFTEN<br />
entwickelt. Statiker achten<br />
dann darauf, dass so gebaut<br />
wird, dass alles bestens hält.<br />
Das Restaurant von Ole Plogstedt<br />
kreativ-bodenständig,<br />
zur Hälfte vegetarisch<br />
Bellealliancestr. 45,<br />
20259 Hamburg<br />
Di-Sa ab 17:30 Uhr<br />
040 - 55 89 18 15<br />
www.restaurant-olsen.de<br />
Wichtig ist, den Vorstellungen der Kinder<br />
zu folgen: „Kinder haben ein sehr<br />
feines Gefühl, ob das, was sie machen,<br />
wirklich gebraucht wird und ob sie<br />
wirklich gebraucht werden.“ Aufmunternd<br />
die vielen Rückmeldungen der<br />
Lehrer: „Die berichten uns dann, dass<br />
Schüler, die in der Klasse keine fünf<br />
Minuten ruhig sitzen, eine Stunde lang<br />
sehr konzentriert an ihrer Figur arbeiten.“<br />
Oder Kinder, die in der Klasse<br />
nicht zu den Stars gehören, können es<br />
mal genießen, dass alle ihr Modell<br />
nachbauen. Und nicht zuletzt freuen<br />
sich die Lehrer, dass sie mal etwas nicht<br />
bewerten müssen, mit irgendeiner Zahl<br />
zwischen eins und sechs.<br />
So geht das Tag für Tag. Zum Abschluss<br />
wird ein großes Fest gefeiert.<br />
Manche der kleineren Figuren werden<br />
dann gebrannt, andere sind an der Luft<br />
bereits fest getrocknet. Und nicht zuletzt<br />
werden Speisen auf dem Brennofen<br />
bereitet: „Beim letzten Mal hat eine<br />
junge Mutter ihre Großmutter in<br />
Syrien angerufen und sich das Rezept<br />
für Fladenbrot geben lassen.“<br />
Wichtig ist den beiden, dass ihr<br />
Projekt nicht wie ein Ufo in irgendeinem<br />
Stadtteil landet, wie so viele laute<br />
Events. Und so schauen die Derkens<br />
sich um, welcher Stadtteil Unterstützung<br />
gebrauchen kann, und nehmen<br />
mit Kitas und Schulen Kontakt auf; mit<br />
Altenheimen und Flüchtlingsunterkünften.<br />
Wichtig ist ihnen, dass jeder mitmachen<br />
kann. Daher kostet das Mitmachen<br />
nichts. Gar nichts! „Wir haben<br />
immer wieder überlegt, ob wir nicht<br />
wenigstens einen kleinen Geldbetrag<br />
verlangen sollten, aber wir wollen unser<br />
Angebot so niedrigschwellig wie irgend<br />
möglich halten“, sagt Karen Derksen.<br />
„Wir wollen<br />
unser Angebot so<br />
niedrigschwellig<br />
wie möglich<br />
halten.“ KAREN DERKSEN<br />
Das verlangt viel Einsatz. Denn obwohl<br />
das Projekt „Bunte Kuh“ sich in den<br />
letzten Jahren ein echtes Renommee<br />
quasi erbaut hat und eine Reihe von<br />
Preisen vorweisen kann, wie den „Spielraumpreis“<br />
oder den „Deutschen Kinderpreis“,<br />
geht die Arbeit des Geldeinsammelns<br />
in jedem Winterhalbjahr von<br />
vorne los. Also fast: „Wir haben einen<br />
Stamm aus sehr reizenden Menschen<br />
aus kleinen Stiftungen, die uns die<br />
Treue halten“, sagt Karen Derksen.<br />
Seit drei Jahren beteiligt sich auch<br />
Hamburgs Kulturbehörde an der Förderung<br />
der Lehmbauten.<br />
Bleibt das, was eindeutig und unumstößlich<br />
ist: das Material. Der Lehm!<br />
Afrikanischer Lehm übrigens, für den<br />
sie irgendwo in einer norddeutschen<br />
Tongrube Ton abbauen und den dann<br />
mit Wasser und Sand anmischen lassen.<br />
Die Rezeptur: streng geheim. •<br />
Aktion Bauen mit Lehm für Groß und Klein:<br />
Wilhelmsburg – Bahnhofspassage, direkt<br />
an der S-Bahn-Station. Bautage: Di, 15.5.,<br />
bis So, 12.6., 9.30–17 Uhr (montags<br />
Ruhepause). Fest: So, 12.6., 15–18 Uhr.<br />
Ausstellung: Di,14.6., bis So, 26.6., 10–18 Uhr.<br />
Infos: www.buntekuh-hamburg.de<br />
NORDSEE OSTSEE HAMBURG<br />
LAND & MEER <strong>2016</strong> – JETZT NEU<br />
Ausflüge und Reisen an die Küste<br />
Für 8,90 Euro im Zeitschriften-Handel<br />
oder versandkostenfrei direkt bei:<br />
LAND & MEER-Verlag, Neumühlen 46,<br />
22763 Hamburg, Tel.: 040/390 76 8-1,<br />
mail@landundmeer.de<br />
www.landundmeer.de<br />
Nordsee Fahrradtouren<br />
und Ostsee Ostfriesland Amrum Müritz<br />
Insel-Urlaub Küstenstädte<br />
Flensburg Büsum Hamburg<br />
Kreuzfahrt<br />
Neue Schiffe & Termine<br />
Fährlinien im Norden<br />
Strand-Oasen<br />
St. Peter-Ording<br />
Camping am Meer<br />
Bernstein<br />
Teuer wie Gold<br />
Küche der Küste<br />
Frische Muscheln<br />
SYLT<br />
–SPECIAL<br />
€ 8,90 · CHF 16 · DKK 66 ISBN 978-3-9817669-2-9<br />
FOTOWETTBEWERB: jetzt mitmachen<br />
Urlaubs- und Ausflugsziele<br />
DU BIST VON<br />
HERZ BIS FUß<br />
AUF ST. PAULI<br />
EINGESTELLT?<br />
Für Kiez und Klima! Beides ist genau<br />
dein Ding? Dann Butter bei die Fische:<br />
Wir von LichtBlick sind Deutschlands<br />
größter Anbieter für echten Ökostrom<br />
und Ökogas und vereinen bei KiezStrom<br />
die Entschlossenheit vom FC St. Pauli<br />
und 100% reine Energie.<br />
Komm als freier Mitarbeiter (w/m)<br />
in unser KiezStrom-Promotionteam und<br />
begeistere neue Kunden für den umweltfreundlichen<br />
KiezStrom-Tarif.<br />
Dein Ansprechpartner in Hamburg:<br />
Frank Strehlow<br />
Mobil: 0177 - 899 15 97<br />
E-<strong>Mai</strong>l: frank.strehlow@lichtblick.de<br />
www.kiezstrom.com<br />
41
Freunde<br />
TEXT: FRANK KEIL<br />
FOTO: OLIVER GÖRNANDT-SCHADE<br />
Beim Fahren wechseln sie sich ab. Doch TEAMCHEF<br />
ist Kai (rechts). Er ist schließlich vier Jahre älter.<br />
Ein Mal hoch<br />
zum Nordkap<br />
Sollte man sich seine Träume aufsparen? Natürlich nicht! Also nimmt<br />
Oliver Görnandt-Schade mit seinem Bruder Kai an der „Baltic<br />
Sea Circle“-Rallye teil. Und sammelt dabei Spenden für Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />
Die Idee hatte er schon lange.<br />
Ein Mal am Nordkap sitzen.<br />
Ein Mal dorthin hochfahren.<br />
Es wurde nie was. „Meine Familie hatte<br />
bisher keine Lust da mit dem VW Bus<br />
hochzuzuckeln“, erzählt Oliver Görnandt-Schade.<br />
Doch dann hat sein Bruder<br />
Kai, Motocrosser und Zweiradschrauber,<br />
einen schweren Unfall. „Es ist<br />
alles gut gegangen, mein Bruder ist dem<br />
Tod noch mal von der Schippe gesprungen“,<br />
erzählt er. Aber er wollte nicht zur<br />
Tagesordnung übergehen: „Ich habe<br />
Kai gesagt: ‚Wir müssen mal was zusammen<br />
unternehmen!‘“ Und sie melden<br />
sich bei der Rallye „Baltic Sea Circle“<br />
an: „Eine Rallye für einen guten<br />
Zweck, eine gute Sache für uns.“<br />
Denn alle Teams müssen mindestens<br />
750 Euro an Spendengeldern einsammeln.<br />
Ein Teil geht an einen der<br />
vorgegebenen Spendenpartner, wobei<br />
die Brüder sich für die Autonomen Jugendwerkstätten<br />
entschieden haben,<br />
was bei dem Handwerksberuf von Kai<br />
nun mal naheliegt. Und dann für<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>: „Zum einen, weil mir das<br />
Projekt nahe liegt und dann habe ich die<br />
Zeitung schon immer gerne gelesen.“<br />
Also: Sie sind angemeldet. Sie fahren<br />
mit! Mit einem soliden Auto. Erworben<br />
für gerade mal 80 Euro! „Ein<br />
ehrliches, gutes Auto; Kilometerstand<br />
über 300.000“, schwärmt er. Ein Volvo,<br />
Modell 240, logisch. Generalüberholt.<br />
Und mit einer Option für die Zukunft:<br />
„Diese Volvo-Motoren sind nicht kaputtzukriegen,<br />
vielleicht behält mein<br />
Bruder das Auto hinterher.“<br />
Fest steht, dass es über Stockholm<br />
ans Nordkap gehen soll. Dann weiter<br />
nach Murmansk und über St. Petersburg<br />
Richtung Süden zurück. Wobei<br />
kein Team gezwungen ist, durch Russland<br />
zu fahren – wegen der politischen<br />
Spannungen, die es derzeit gibt. „Man<br />
kann in Finnland auch die Fähre nach<br />
Estland nehmen, aber wir sind im Moment<br />
entschlossen, die Russlandkurve<br />
zu machen und haben auch je ein Visum<br />
beantragt“, sagt Oliver Görnandt-<br />
Schade. Anders entscheiden können sie<br />
sich ja immer noch.<br />
Welche Strecke sie im Detail fahren<br />
werden, ist dagegen noch nicht klar:<br />
Nächster Tage werden sie ihr Routenbuch<br />
zugeschickt bekommen, mit den<br />
Wegepunkten, die sie ansteuern müssen<br />
– denn jeder Teilnehmer, jedes Team<br />
fährt eine individuelle Route. Gelegentlich<br />
aber trifft man sich. „Es geht bei<br />
dieser Rallye nicht um Schnelligkeit,<br />
das ist nicht die Formel 1.“ Noch etwas<br />
gilt: „Sehe ich, dass ein Kollege liegen-<br />
Wir unterstützen Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Aus alter Freundschaft und mit neuer Energie. Hanse Werk<br />
42
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
geblieben ist, dann fahre ich nicht vorbei,<br />
sondern ich halte und helfe, bis der<br />
wieder weiterfahren kann.“ Gefahren<br />
werden darf mit Unterstützung durch<br />
Karte und Kompass – GPS ist verboten.<br />
Und es geht nur über Landstraßen,<br />
Autobahnen sind tabu.<br />
Mitte Juni geht es los! „Mal sehen<br />
wie es wird, wenn wir zwei Wochen<br />
sehr eng miteinander verbringen“, sagt<br />
er. „Hinten auf der Ladefläche liegt eine<br />
Matratze, wenn einer von uns mal<br />
schlafen will.“ Mit dabei ist auch ein<br />
Zelt. „Wir wechseln uns beim Fahren<br />
Freunde<br />
Volle Halle beim Chili Cook-off<br />
Organisator Klaus Schüring strahlte, denn es<br />
war ordentlich was los beim 1. Chili Cook-off<br />
zugunsten von Hinz&<strong>Kunzt</strong> Ende März in der<br />
Rindermarkthalle. Schon beim Verkosten der<br />
fleischlosen Variante bildete sich am frühen<br />
Nachmittag eine Schlange von Neugierigen.<br />
TV-Koch Ole Plogstedt (saß in der Profijury)<br />
zeigte sich sehr angetan von den Kreationen<br />
der Hobbyköche: „Die Chili sin carne waren<br />
schon mal Bombe!“, postete er. Abends wurde<br />
die fleischige Variante des scharfen, südamerikanischen<br />
Allerleis an Probeesser ausgeteilt.<br />
Gewonnen haben Udo und Familie aus Itzehoe<br />
und für die Vegetarier das Team um Zsofia.<br />
An Spenden für Hinz&<strong>Kunzt</strong> kamen knapp<br />
400 Euro zusammmen. SIM •<br />
Dankeschön<br />
ab, aber an der Startlinie lasse ich meinem<br />
Bruder den Vortritt – er ist ja vier<br />
Jahre älter.“ Und er lacht und sagt: „In<br />
einem alten Auto zu sitzen und zu hoffen,<br />
dass nix kaputtgeht, mag mancher<br />
als sinnlos betrachten.“ Er sieht das<br />
ganz anders: „Es ist einfach eine Spaßgeschichte<br />
– du startest ein Abenteuer,<br />
um ein Abenteuer zu erleben.“<br />
Aber mal ganz ehrlich: Gibt es<br />
nicht doch etwas zu gewinnen? Na klar!<br />
Ein Freilos für eine nächste Rallye! •<br />
Die Rallye auf Twitter: @balticseacircle<br />
JA,<br />
ICH WERDE<br />
MITGLIED<br />
IM HINZ&KUNZT-<br />
FREUNDESKREIS.<br />
Damit unterstütze ich die<br />
Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />
Meine Jahresspende beträgt:<br />
60 Euro (Mindestbeitrag für<br />
Schüler/Studenten/Senioren)<br />
100 Euro<br />
Euro<br />
Datum; Unterschrift<br />
Ich möchte eine Bestätigung<br />
für meine Jahresspende erhalten.<br />
(Sie wird im Februar des Folgejahres zugeschickt.)<br />
Meine Adresse:<br />
Name, Vorname<br />
Straße, Nr.<br />
PLZ, Ort<br />
Telefon<br />
E-<strong>Mai</strong>l<br />
Beruf<br />
Geburtsjahr<br />
Einzugsermächtigung:<br />
Ich erteile eine Ermächtigung zum<br />
Bankeinzug meiner Jahresspende.<br />
Ich zahle: halbjährlich jährlich<br />
FOTO: MAURICIO BUSTAMANTE<br />
Wir danken allen, die im April an uns<br />
gespendet haben, sowie allen Mitgliedern<br />
im Freundeskreis von Hinz&<strong>Kunzt</strong> für die<br />
Unterstützung unserer Arbeit!<br />
DANKESCHÖN EBENFALLS AN:<br />
IPHH, wk it services, Produktionsbüro<br />
Jörg von Malottky GmbH, Hamburger Tafel,<br />
Axel Ruepp Rätselservice,<br />
Hamburger Kunsthalle, bildarchiv-hamburg.de,<br />
Firma Ute Orth, Scharlau GmbH,<br />
die Schüler der Handelsschule Berliner Tor für<br />
Tourismus T13-12,<br />
Regine Kalmar und ihre Geburtstagsgäste,<br />
das Polizeiorchester Hamburg und die<br />
Service-Wohnanlage im Albertinen-Haus,<br />
die Schüler des Kurses Lebenspraxis der<br />
Gretel-Bergmann-Schule:<br />
Sarah, Patrick, Dennis, Robert und Darius,<br />
Firma P. Brückner Geldverarbeitungssysteme<br />
+ IT GmbH, Studio Marowa:<br />
Antje Kreul und Gabriele Taschendorf,<br />
die Band „I am the Deceiver“<br />
NEUE FREUNDE:<br />
Tobias Blachy, Bernd Bonnet,<br />
Christiane Dähn, Ute Ehlers, Jörn Franck,<br />
Gisela Meier-Polz, Thorsten Rother,<br />
Michaela Rupp, Mareike Schröder,<br />
Henning Schnurbohm, Frauke Stroh,<br />
Heike Trogisch, Rene Wecker, Ursula Willers,<br />
Matthew Wing<br />
IBAN<br />
BIC<br />
Bankinstitut<br />
Wir versichern, dass Ihre Angaben nur für interne<br />
Zwecke bei Hinz&<strong>Kunzt</strong> verwendet werden. Ihre<br />
Mitgliedschaft im Freundeskreis ist jederzeit kündbar.<br />
Bitte Coupon ausschneiden und senden an:<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Freundeskreis<br />
Altstädter Twiete 1-5, 20095 Hamburg<br />
Oder online im Freundeskreis anmelden unter<br />
www.hinzundkunzt.de/so-koennen-sie-helfen/<br />
43<br />
HK <strong>279</strong>
Buh&Beifall<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
Was unsere Leser meinen<br />
„Kein Mensch braucht mehr als zwei Zimmer“<br />
Aus Blankenese weggezogen<br />
H&K Online, Unsoziales Blankenese<br />
Es ist beschämend. Ich bin hier<br />
aufgewachsen, fühle mich jedoch nicht<br />
zugehörig zu den Blankenesern. Selbst<br />
am Rande der Armut gewesen, habe<br />
ich es meinem Kind erspart, hier<br />
beschult zu werden und bin hier weg<br />
gezogen. KIMMY FLÄSCHNER VIA FACEBOOK<br />
Schutzraum für jeden<br />
H&K 278, Meldung Winternotprogramm<br />
Jeder Mensch braucht ein „Zuhause“,<br />
einen Schutzraum, wo er sich<br />
zurückziehen kann, wenn er möchte.<br />
Jede Gemeinde in unserem Land ist<br />
gesetzlich verpflichtet, für Wohnraum<br />
ihrer schwachen Mitbürger zu sorgen.<br />
WALTRAUD GROLLMANN<br />
HAMBURGER NEBENSCHAUPLÄTZE<br />
DER ETWAS ANDERE<br />
STADTRUNDGANG<br />
schen vor die Schlösser und Villen der<br />
Reichen begeben und Einlass fordern.<br />
Kein Mensch braucht mehr als sagen<br />
wir zwei Zimmer.<br />
SILVIA GRENZ<br />
Zum Lesen weitergeben<br />
H&K 277, Jugendausgabe<br />
Die Ausgabe gefällt mir sehr gut:<br />
jugendttypische Themen/Beiträge, die<br />
ich meiner Tochter, selbst „Redakteurin“<br />
bei einer Schülerzeitung, unbedingt<br />
zum Lesen weitergeben werde.<br />
Klasse! Auch meinen Schülern werde<br />
ich diese Ausgabe mal mitbringen.<br />
CHRISTINE BASTIAN<br />
Die eigene Hemmschwelle ist groß<br />
H&K Stadtführung<br />
Wir waren mit einer Gruppe und<br />
zwei Führern von Hinz&<strong>Kunzt</strong> auf<br />
Tour. Ein großes Kompliment an die<br />
beiden. Es gehört sehr viel Mut dazu,<br />
Die Obdachlosen sollten sich mit<br />
Unterstützung aller anständigen Menso<br />
viel aus seinem Leben preiszugeben.<br />
Aber ohne eigene Erfahrung ist so eine<br />
Tour nicht realistisch. Wir kannten vieles<br />
von einer anderen Tour, haben aber<br />
auch Neues dazuerfahren. Zum Beispiel:<br />
Wie gehe ich mit Obdachlosen,<br />
die auf der Straße liegen oder sitzen,<br />
um? Die eigene Hemmschwelle ist ja<br />
auch groß, man möchte ja niemanden<br />
beleidigen. Hut ab für Ihre Arbeit!<br />
Danke!<br />
INGRID UND JÖRN PAHL<br />
Leserbriefe geben die Meinung des Verfassers<br />
wieder, nicht die der Redaktion. Wir behalten<br />
uns vor, Leserbriefe zu kürzen.<br />
Wir trauern um<br />
Thomas Rene Hinz<br />
16. Januar 1958 – Anfang Januar <strong>2016</strong><br />
Thomas hat lange keine Zeitungen mehr<br />
verkauft. Er starb in seiner Unterkunft.<br />
Die Verkäufer und das Team von<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
Wir trauern um<br />
Michael Sauer<br />
8. November 1984 – 14. Januar <strong>2016</strong><br />
Michael hatte unterschiedliche Verkaufsplätze.<br />
Er verstarb im Krankenhaus.<br />
Die Verkäufer und das Team von<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
Wir trauern um<br />
Claudia Werner<br />
2. Dezember 1967 – 25. Februar <strong>2016</strong><br />
Wollen Sie Hamburgs City einmal mit anderen Augen sehen?<br />
Abseits der teuren Fassaden zeigt Hinz&<strong>Kunzt</strong> Orte, die in keinem Reiseführer<br />
stehen: Bahnhofs mission statt Rathausmarkt, Drogenberatungsstelle statt<br />
Alsterpavillon, Tages aufent halts stätte statt Einkaufspassage.<br />
Anmeldung: info@hinzundkunzt.de<br />
oder Telefon: 040/32 10 83 11<br />
Kostenbeitrag: 10/5 Euro,<br />
nächste Termine: 8. + 29.5.<strong>2016</strong>, 15 Uhr<br />
Claudia verstarb nach langer Krankheit. Sie<br />
verkaufte seit März 1999 im EKZ Eidelstedt.<br />
Die Verkäufer und das Team von<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
Wir trauern um<br />
Monika Rathke<br />
1. April 1969 – 10.April <strong>2016</strong><br />
Monika ist zu Hause in den Armen ihres<br />
Freundes gestorben.<br />
Die Verkäufer und das Team von<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
Klassisch: Musik-Rebell Igor Levit spielt Freiheitshymnen auf dem Klavier (S. 46).<br />
Kurios: Andrea Bongers lässt auf dem 5. Kabarettgipfel die Puppen tanzen (S. 50).<br />
Köstlich: Koch des Monats Pedru empfi ehlt rumänisches Kartoffelragout (S. 56).<br />
Bunt wie ein Koi ist dieser<br />
Turnschuh – und womöglich genauso<br />
teuer. Zumindest, wenn Sammler ein<br />
Auge auf das Modell geworfen haben.<br />
Warum, zeigt die Ausstellung „Sneaker.<br />
Design für schnelle Füße“ im Museum<br />
für Kunst und Gewerbe (S. 52).<br />
FOTO: KAI VON RABENAU
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
Wo sind hier die zerzausten Beethoven-Haare, wo der wehende<br />
Künstlermantel? Wer Igor Levit sieht, errät nicht sofort, was in ihm steckt:<br />
ein MUSIK-FREIGEIST und ein Klassik-Rebell.<br />
46
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
Rebell<br />
im Maßanzug<br />
Igor Levit gab mit vier Jahren sein erstes Konzert. Heute ist er 29 und wird<br />
inter national als Jahrhundert-Pianist gefeiert. Petra Neumann hat den Klassikstar<br />
getroffen, der in diesem Monat vor kleinem Publikum auftreten wird: in der Fabrik.<br />
FOTOS: ANDREAS HORNOFF<br />
47<br />
Igor Levit ist schwer zu fassen. Mit<br />
29 Jahren gilt er schon jetzt als<br />
Jahrhundert-Pianist. Er spielt in<br />
ausverkauften Sälen in New York<br />
und London. Und ist doch meilenweit<br />
vom Klassik-<strong>Mai</strong>nstream entfernt. Sein<br />
jüngster Coup: Am 16. <strong>Mai</strong> führt Levit<br />
„The people united will never be defeated“<br />
auf – eine Protesthymne gegen politische<br />
Unterdrückung. Und zwar nicht<br />
in einem wohltemperierten Konzertsaal,<br />
sondern in der leicht schmuddeligen<br />
„Fabrik“ in Altona.<br />
Der erste Eindruck täuscht. Mit seinem<br />
grauen Pullover, Brille und den<br />
bunten Marken-Turnschuhen, in denen<br />
Levit zum Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Interview erscheint,<br />
wirkt er so gar nicht wie ein<br />
Klassik-Rebell, wie ein aufrührerischer<br />
Musik-Freigeist. Keine zerzausten Beethoven-Haare,<br />
kein lässiges Künstler-<br />
Outfit. Eher der Schwiegermutter-Typ:<br />
höflich, gepflegt, gebildet und mit einem<br />
Profi-Popstar-Lächeln, wie man es<br />
sonst nur in Zahnpasta-Werbespots<br />
sieht. Auf der Bühne trägt er Maßanzüge,<br />
ein schneeweißes Hemd und Pomade<br />
im Haar.<br />
Ein Rebell im Maßanzug? Man<br />
könnte ganz böse denken, Igor Levit sei<br />
einfach nur ein weiterer jener werbetechnisch<br />
perfekt inszenierten Klassikstars,<br />
die jung, erfolgreich und aalglatt<br />
die Charts stürmen. Doch: Keiner<br />
jener PR-gestylten Solostars würde die<br />
Klassikvariationen einer Freiheitshymne<br />
aus den 70ern aufnehmen, einen<br />
Politmarsch, der weltweit unzählige<br />
Demos musikalisch begleitet hat und<br />
der für die linke Szene eine ähnliche<br />
Bedeutung hat wie die Internationale.<br />
Zumal die Variationen des Komponisten<br />
Frederic Rzewski als unfassbar<br />
schwer und nahezu unspielbar gelten.<br />
„The people united“ ist nicht gerade<br />
ein garantierter Bestseller, sondern der<br />
Albtraum jedes PR-Agenten.<br />
Kein Wunder, dass Levit gern als<br />
unkonventionell beschrieben wird.<br />
Doch selbst dieser Einordnung seiner<br />
Person versucht sich der 29-Jährige zu<br />
entziehen: „So denke ich gar nicht. Ich<br />
gehe weder konventionelle Wege, noch<br />
unkonventionelle, sondern meine eigenen<br />
Wege.“ Und dieser Weg war zunächst<br />
einmal der eines Einwandererkindes<br />
und führte nicht unbedingt<br />
geradeaus. Geboren wurde Igor Levit in<br />
Gorki, 400 Kilometer östlich von Moskau.<br />
Als er drei Jahre alt ist, unterrichtet<br />
ihn seine Mutter Elena, selbst Pianistin.<br />
Mit vier gibt er sein erstes Konzert.<br />
Als der talentierte Junge acht Jahre<br />
alt ist, siedelt die Familie nach Hannover<br />
um, wo Elena Levit bis heute an der<br />
Hochschule für Musik unterrichtet.<br />
Seit seinem 13. Lebensjahr gibt Igor<br />
internationale Konzerte. Er gewinnt<br />
Stipendien und Preise, darunter den<br />
Klassik Echo. Seit Kurzem lebt er – zusammen<br />
mit seinem Steinway-Flügel,<br />
den er Lulu nennt – in Berlin.<br />
„Musik war<br />
schon immer<br />
meine<br />
Lebens aufgabe.“<br />
„Wieso hat meine Integration funktioniert?<br />
Wegen meiner Eltern und wegen<br />
der Musik. Musik war schon immer<br />
meine Lebensaufgabe. Außerdem war<br />
ich auf einer wunderbaren Schule, hatte<br />
ein fantastisches Studium. Das ist<br />
ganz großes Glück.“<br />
Er wünscht sich aus der eigenen Erfahrung<br />
heraus, dass die Musik viel<br />
mehr als bisher zur Integration von<br />
Kindern aus allen Gesellschaftsschichten<br />
beiträgt: „Die Berührung mit Musik
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
Igor Levit liebt es, an den unterschiedlichsten Orten aufzutreten. In New York und London<br />
genauso wie in Hitzacker. Über das Werk „The people united“ von Komponist<br />
Frederic Rzewski sagt er: „Das Stück ist wie das Leben: SCHÖN, aber auch schwer.“<br />
muss so früh wie möglich passieren und<br />
auf höchstem Niveau“, erklärt Levit.<br />
„Ohne Aufnahmeprüfung. Man sollte<br />
alle, alle nehmen, und dann wird sich<br />
zeigen, wer bleibt und wer kein Talent<br />
hat. Dazu braucht man wirklich gute<br />
„Jeder sollte die<br />
Chance bekommen,<br />
Musiker<br />
zu werden.“ IGOR LEVIT<br />
Musikpädagogen, die Kinder ernst<br />
nehmen und mit ihnen Konzerte hören.“<br />
Sein Traum wäre ein „Biografie-<br />
Unterricht“. „Jedes Kind sollte seinen<br />
eigenen Background einbringen dürfen,<br />
sich damit auseinandersetzen, woher es<br />
kommt. Das ist enorm wichtig. Natürlich<br />
kann nicht jeder am Ende Musiker<br />
werden, aber jeder sollte zumindest die<br />
Chance bekommen.“<br />
Levit hat nicht nur seine Chance<br />
ergriffen, sondern sein musikalisches<br />
Talent zur Perfektion gebracht. Kritiker<br />
loben ihn als Jahrhundert-Pianisten<br />
und erst diese großartigen handwerklichen<br />
Fertigkeiten erlauben es Levit,<br />
unangepasst zu sein.<br />
„Ich könnte natürlich immer das<br />
gleiche Programm spielen in 22 Städten“,<br />
erklärt Levit. „Das wäre einfacher.<br />
Aber so kann ich nicht arbeiten.“ Er<br />
fügt fast entschuldigend hinzu: „Meine<br />
Konzerttermine wirken chaotisch: New<br />
York, London, dann wieder Lübeck<br />
oder Hitzacker. Aber ich finde das<br />
wunderbar.“<br />
Wie kommt einem jungen Musiker<br />
überhaupt ein Stück wie „The people<br />
united“ in den Sinn? „Ich war im ersten<br />
Semester an der Hochschule für Musik<br />
in Hannover und stöberte in der Bibliothek.<br />
Irgendwann hab ich eine CD mit<br />
48<br />
dem Stück entdeckt. Es hat mich umgehauen.<br />
Sofort und auf der Stelle. Ich<br />
war 16, und die Wucht der Musik fegte<br />
mich weg!“ Gleichzeitig weckte das<br />
Stück den Ehrgeiz des jungen Talentes.<br />
„Ich hab die Noten gelesen und sofort<br />
gedacht: Das kann ich niemals spielen.<br />
Das ist so schwer! Wie ein Kampfgebirge.<br />
Das Stück ist wie das Leben:<br />
schön, aber auch schwer.“<br />
Der Musikstudent schreibt begeistert,<br />
aber auch mit einer gehörigen Portion<br />
Selbstbewusstsein an den Komponisten<br />
des „Kampfgebirges“, den<br />
Amerikaner Frederic Rzewski. Ich hab<br />
ihn per <strong>Mai</strong>l gefragt, ob er ein Stück für<br />
mich komponieren kann.“ Der 78 Jahre<br />
alte Musikveteran, der als Ikone für eine<br />
ganze Generation von politisch engagierten<br />
Musikern steht, antwortete<br />
dem enthusiastischen Jugendlichen<br />
kurz, trocken und realpolitisch: „Gern.<br />
Wenn ich dafür bezahlt werde.“ Von<br />
demselben Mann ist übrigens der Satz<br />
überliefert: „Dass der Kapitalismus
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
noch nicht besiegt ist, das kann einen<br />
schon fertigmachen.“<br />
Levit fand einen Sponsor, bekam<br />
seine Komposition und freundete sich<br />
mit dem fast 50 Jahre älteren Künstler<br />
an. „Frederic ist unglaublich wach und<br />
neugierig. Und ungemein ehrlich, sodass<br />
es schon wehtun kann. Man kann<br />
sich wunderbar mit ihm streiten.“<br />
Doch welche Aussage hat heute ein<br />
Kampfsong, den Sergio Ortega als Protestlied<br />
„El Pueblo unido“ 1973 gegen<br />
die Militärdiktatur in Chile komponierte?<br />
„Ich habe kein Che-Guevara-Poster<br />
in meinem Zimmer hängen, falls das jemand<br />
glaubt“, sagt Igor Levit. „Aber<br />
die Aussage des Werkes ist nicht 1973<br />
gestorben. Das Stück ist ungeheuer präsent.<br />
Die Idee ist ja nicht weg. Das<br />
Stück gibt Menschen das Gefühl intensivster<br />
Beteiligung. Das ist keine Dekoration,<br />
die irgendwo nebenbei läuft,<br />
sondern durchlebte Musik, die eine<br />
enorme, eine wahnsinnig starke Haltung<br />
ausdrückt. Das Stück erzwingt eine<br />
Haltung. Niemand kann da unberührt<br />
sitzen bleiben.“<br />
Levit sucht nicht nur ungewöhnliche<br />
Kompositionen, sondern auch unkonventionelle<br />
Aufführungsorte. So lieferte<br />
er sich bei ZDF-aspekte ein<br />
Liveduell am Flügel mit dem Improvisationskünstler<br />
Chilly Gonzales. Und in<br />
New York sahen die Konzertbesucher<br />
von Liegestühlen aus, wie sich der Flügel<br />
mit Levit auf der Bühne drehte – eine<br />
Zusammenarbeit mit der Performance-Künstlerin<br />
Marina Abramovic.<br />
„Makellose Technik gepaart mit angeborener<br />
Musikalität“, schwärmte „The<br />
New Yorker“. „Das ist kein Künstler,<br />
der eine konventionelle Businessclass-<br />
Karriere anstrebt.“ Die Besucher der<br />
Fabrik am 16. <strong>Mai</strong> sollen eine ähnliche<br />
Erfahrung machen. Auch hier können<br />
sie den Pianisten von allen Seiten und<br />
sogar von oben beobachten.<br />
„Ich möchte so viele Perspektiven<br />
wie möglich auf die Musik geben“, erklärt<br />
Levit. „Für mich ist Musik nie einfach<br />
nur so da. Sie ist immer Utopie. Es<br />
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
49<br />
geht in Konzerten nie um mich, sondern<br />
immer um das Wir. Das ist essenziell.<br />
Ich will das Miteinander mit dem<br />
Publikum. Das ist eine politische Aussage,<br />
die ich als Künstler formulieren<br />
muss. Daran glaube ich. Das ist meine<br />
Motivation.“<br />
Hier sehe er auch die neue Elbphilharmonie<br />
in Hamburg in der Pflicht: „Das<br />
Haus sollte offen für alle sein. Ein Ort<br />
„Es geht in<br />
Konzerten<br />
nie um mich,<br />
sondern um<br />
das Wir.“<br />
der Inspiration und Entdeckung für<br />
möglichst viele Menschen.“ Sprach’s<br />
und zitiert das passende „Lieblingsgedicht“<br />
von T. S. Eliot:<br />
„We shall not cease from exploration<br />
And the end of all our exploring<br />
Will be to arrive where we started<br />
And know the place for the first time.“<br />
(„Wir werden nicht vom Forschen ablassen,<br />
bis am Ende aller Entdeckungen<br />
wir wieder zu unserem Ausgangspunkt<br />
zurückkehren und diesen zum ersten<br />
Mal richtig erkennen.“)<br />
„Das ist es doch, oder?“, fügt der<br />
Künstler mit seinem strahlend weißen<br />
Lächeln hinzu. „Es ist eigentlich ganz<br />
einfach: Never give up!“ •<br />
Igor Levit spielt auf dem Festival „Freiheit“<br />
der Stiftung Elbphilharmonie „The people<br />
united“: Mo, 16.5., 20 Uhr, Fabrik, Barnerstraße<br />
36, 21 Euro. Weitere Festival-Künstler:<br />
Patricia Kopatchinskaja mit „Bye bye<br />
Beethoven“ und Thomas Hengelbrock,<br />
der mit dem Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Purcells Oper „Dido and Aeneas“ aufführt.<br />
Weitere Infos: www.musikfest-hamburg.de<br />
<br />
MELANIE MARTINEZ<br />
<br />
<br />
NIKKI LANE<br />
<br />
SOUTHSIDE JOHNNY<br />
& THE ASBURY JUKES<br />
<br />
<br />
YES<br />
<br />
<br />
<br />
SÓLSTAFIR<br />
<br />
<br />
<br />
JULIAN LE PLAY<br />
<br />
<br />
TALKING TO TURTLES<br />
<br />
<br />
NILS WÜLKER & BAND<br />
<br />
<br />
THE CORRS<br />
<br />
<br />
PRIME CIRCLE<br />
<br />
JOCOWOODS OF BIRNAM<br />
<br />
ARTHUR BEATRICE<br />
<br />
CHRIS BROWN<br />
<br />
<br />
MARC COHN<br />
<br />
<br />
HANS SCHEIBNER & BAND<br />
<br />
<br />
<br />
BEN HARPER & THE INNOCENT<br />
CRIMINALS<br />
<br />
<br />
HUBERT VON GOISERN<br />
<br />
<br />
ZUCCHERO<br />
<br />
<br />
RUNRIG<br />
<br />
TICKETS:<br />
KARSTEN JAHNKE<br />
<br />
GMBH<br />
<br />
KJ.DE
Ihre Eltern hatten nur einen<br />
Wunsch: Sie möge etwas<br />
SOLIDES lernen. Doch<br />
Andrea Bongers gehört nun<br />
mal auf die Kabarettbühne.<br />
Die mit den<br />
Puppen spielt<br />
Heinz hat einen riesigen Kopf, Schnecke Finchen eine piepsige Stimme<br />
und das Schaf „Schaf“ sehr dicke Hoden – mit ihren stofftierischen Kollegen tritt<br />
Andrea Bongers beim 5. Hinz&<strong>Kunzt</strong> Kabarettgipfel auf.<br />
TEXT: SYBILLE ARENDT<br />
FOTO: DMITRIJ LELTSCHUK
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
Andrea Bongers ist auf der Bühne ein echtes<br />
Chamäleon. Die Kabarettistin wechselt die<br />
Rollen, dass einem Hören und Sehen<br />
vergehen. Mal ist sie Luder, mal Grantler<br />
und wechselt dabei virtuos Stimmlage und<br />
Dialekt. Das Besondere: Sie verführt ihr<br />
Publikum mithilfe von Puppen, mit denen sie witzige Dialoge<br />
führt. Da ist zum Beispiel Heinz. Der brummige Kerl mit<br />
dem riesigen Kopf und den wulstigen Lippen steht seit<br />
30 Jahren mit Bongers gemeinsam auf der Bühne und weiß<br />
immer alles besser. Heinz ist selbst gemacht – wie alle Puppen<br />
der Künstlerin. „Der ist mit der Nagelschere<br />
vor dem Fernseher entstanden“,<br />
so Bongers.<br />
Abseits der Bühne ist Andrea Bongers<br />
weder grummelig noch zickig,<br />
sondern nahbar und bodenständig.<br />
Ein Typ zum Pferdestehlen. Sie kann<br />
sich noch genau an ihre erste selbst gemachte<br />
Puppe erinnern. Da war sie<br />
zehn Jahre alt. „Sie entstand aus meinem<br />
Kommunionsstrumpf.“ Gebastelt<br />
hat sie schon damals gern. Mit 15 Jahren<br />
wollte sie sogar Malerin werden. „Mein Eltern waren<br />
anderer Meinung. ‚Nee, mach mal was Solides‘, sagten sie.“<br />
Ein gemeinsamer Besuch bei der Berufsberatung Köln mündete<br />
in eine Lehre als Erzieherin. „Das habe ich noch<br />
durchge zogen, auch noch mein Fachabi gemacht. Aber dann<br />
war Schluss.“ Ein Leben als Pädagogin konnte sie sich nicht<br />
vorstellen.<br />
Andrea Bongers zog aufs Land in die Nähe von München<br />
und arbeitete in einem Figurentheater mit. Eine schöne<br />
und lehrreiche Zeit. Aber das Landleben war auf Dauer<br />
nichts für die quirlige Künstlerin. In den 1980er-Jahren kam<br />
sie nach Hamburg und zog in eine Künstler-WG in Sasel und<br />
hatte bald erste Bühnenerfolge, als Mitglied von „Aprillfrisch<br />
– MäGäDäM Schwarz“. Die Shows mit Stefan Gwildis und<br />
Rolf Claussen wie „Wuttke II“ und „Piraten der Liebe“ im<br />
Schmidt Theater und auf Kampnagel erreichten Kultstatus.<br />
Die Programme waren frech, anarchisch und witzig. Andrea<br />
Bongers mittendrin. „Dabei wollte ich eigentlich nie lustig<br />
sein, aber es kam so.“ Das Publikum kam in Scharen, obwohl<br />
die Truppe anfangs niemand kannte. „Heute wäre das<br />
anders. Die Leute wollen nur noch Bekanntes.“ Namen, die<br />
sie aus dem Netz oder dem Fernsehen kennen.<br />
Inzwischen ist Andrea Bongers längst als Solokünstlerin<br />
etabliert. Sie brachte die Hamburger zum Beispiel als „Prinzessin<br />
von Barmbek“ zum Lachen und zum Nachdenken.<br />
Und dass die Kabarettistin richtig anständig singen kann,<br />
„Ich wollte<br />
eigentlich nie<br />
lustig sein,<br />
aber es kam so.“<br />
51<br />
bewies sie bis 2014 im Hamburger DamenLikörChor, für<br />
den sie auch die Texte schrieb. Im Fernsehen ist sie als Miss<br />
Izzy an der Seite der Komikerin und Moderatorin Mirja<br />
Boes in der Castingshow „Die Puppenstars“ auf RTL zu<br />
sehen. Außerdem gehört sie seit vielen Jahren zum Ensemble<br />
der Sesamstraße und spielt die Schnecke „Finchen“.<br />
Die Puppenspielerin liebt ihre Figuren und die Rollenwechsel,<br />
die sie ihr ermöglichen. Zum selbstbewussten Heinz<br />
haben sich im Laufe der Jahre die listige Stoffschlange und<br />
Sexualtherapeutin Sissi Snake gesellt sowie ein Schaf, das<br />
Andrea Bongers animalische Seite verkörpern soll und deshalb<br />
wohl auch mit überdimensional<br />
großen Hoden ausgestattet ist. Dann<br />
ist da noch der komische Vogel Dr.<br />
Richard von Holzofen, der seine<br />
Lehrerlaufbahn beenden musste und<br />
nun frustriert unter Schafen im Wendland<br />
lebt. Plus Manolo Panik, Typ bester<br />
Freund.<br />
Ihr gesamtes skurriles Personal hat<br />
Andrea Bongers selbst gemacht. „Ich<br />
liebe das Basteln und Nähen.“ Manche<br />
der Figuren entstehen ganz<br />
schnell, wie Manolo Panik. „Der war nach einem halben Tag<br />
fertig.“ Andere, wie die Schlange, brauchen länger und<br />
haben eine besondere Geschichte: „Die wollte ich bauen,<br />
weil ich Angst vor Schlangen habe. Schon seit Kindertagen.“<br />
Bongers kaufte dafür edle Stoffe, färbte und experimentierte.<br />
Das Ergebnis war unbefriedigend. „Am Ende brachte es eine<br />
Schlangenhose von Cavalli für einen Euro bei eBay.“<br />
Die Themen für ihre Shows findet Andrea Bongers im<br />
Alltag: Erziehungswahn, Trennungsschmerz, Helikopter-<br />
Eltern, Bettgeschichten und das Älterwerden – was Frauen<br />
und Mütter eben im Alltag bewegt. Ihre Programme seien gesellschaftskritisch,<br />
aber nicht politisch, meint die Künstlerin.<br />
„Ich mag Themen, die real sind.“ Zum Beispiel, dass ihr<br />
Sohn ausgezogen ist, um zu studieren. Oder das Altern.<br />
„Damit muss man sich auseinandersetzen.“ Dazu hat sie inzwischen<br />
schon zwei Produktionen gemacht und ist zu einem<br />
positiven Schluss gekommen: „Ich habe das Gefühl, etwas zu<br />
bekommen, nämlich Gelassenheit.“ Um alle anderen Gefühle<br />
zu zeigen, hat sie ja auch Heinz, Manolo und Sissi. •<br />
5. Hinz&<strong>Kunzt</strong> Kabarettgipfel – eine Benefizveranstaltung für<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>: mit Andrea Bongers, Axel Pätz, Sebastian Schnoy,<br />
Alma Hoppe und Bidla Buh; Alma Hoppes Lustspielhaus,<br />
Sonntag, 29. <strong>Mai</strong>, 14.30 Uhr, 22/18 Euro<br />
Bis in die Puppen, Andrea Bongers Soloprogramm,<br />
6. bis 9. Juli im Schmidtchen, Spielbudenplatz 27, 28/18 Euro
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
AUSSTELLUNG<br />
Schuhe im Museum<br />
Tipps ( 1)<br />
1. bis 15. <strong>Mai</strong> <strong>2016</strong><br />
Briefmarken und Bilder sammeln war<br />
gestern: Heutzutage sind Turnschuhe<br />
Kult. Seit den 1990er-Jahren sind die<br />
Sneaker durch künstliche Verknappung<br />
zu begehrten Objekten geworden.<br />
Innerhalb von wenigen Minuten sind<br />
neue Modelle, designt von Prominenten<br />
wie Michael Jordan oder Kanye<br />
West, ausverkauft. Kurze Zeit später<br />
werden sie dann im Internet für bis zu<br />
1000 Euro gehandelt. Die Sammler<br />
schreckt das nicht ab: bis zu 600 Paare<br />
haben sie im Schrank. Die Ausstellung<br />
„Sneaker. Design für schnelle Füße“<br />
geht dem skurrilen Trend auf<br />
den Grund. Zu sehen sind 100 Plakate<br />
mit origineller Schuhwerbung und<br />
Raritäten aus der Sammlung von<br />
Sneaker-Junkies. •<br />
Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz,<br />
13.5.–28.8., Di–So10–18 Uhr,<br />
Do bis 21 Uhr, 12/8 Euro, bis 17 Jahre frei<br />
VORTRAG<br />
In INDIEN heilige Tiere,<br />
im Nachbarland Bangladesch<br />
Lieferanten für<br />
Fleisch und Leder: Fotograf<br />
Christian Faesecke<br />
hat diesen Weg verfolgt.<br />
Jüdische Religion hautnah<br />
Wer sich für jüdische Kultur interessiert,<br />
sollte sich die Führung durch die<br />
Synagoge an der Hohe Weide nicht<br />
entgehen lassen. Die langjährige Religionslehrerin<br />
der Gemeinde, Miriam<br />
Solomon, gibt zwei Stunden lang interessante<br />
Einblicke in den Gottesdienst<br />
und den jüdischen Alltag. „Mir ist es<br />
wichtig, den Besuchern das Judentum<br />
näherzubringen. Wenn man die Religion<br />
besser versteht, kann man auch<br />
andere Dinge kritischer beurteilen“, so<br />
Soloman. Das Betreten des Gebäudes<br />
ist nur mit angemessener Kleidung<br />
erlaubt. Außerdem sollten Besucher<br />
wegen der Sicherheitskontrollen ihren<br />
Ausweis dabei haben. •<br />
Synagoge, Hohe Weide 34,<br />
So, 8.5., 16–18.15 Uhr, 8 Euro, Anmeldung<br />
erforderlich unter 428 41 14 93,<br />
Volkshochschule Eimsbüttel,<br />
www.vhs-hamburg.de, Kurs 3300MMK07<br />
AUSSTELLUNG<br />
Kuhschmuggel in Indien<br />
Ein Mal im Jahr packt der Hamburger<br />
Christian Faesecke seine Kamera und<br />
reist in ferne Länder, um dort Lebensund<br />
Arbeitsbedingungen zu dokumentieren.<br />
In Indien war der semiprofessionelle<br />
Fotograf schon häufiger. Bei<br />
seinem letzten Besuch ist er Kühen<br />
gefolgt. Die Tiere sind im hinduistischen<br />
Indien heilig, aber jenseits der<br />
Grenze im muslimischen Bangladesch<br />
nur noch eine Ware. Faesecke zeigt,<br />
wie die Rinder zu Viehmärkten im<br />
Grenzgebiet getrieben und dort zu<br />
Schlachtvieh umdeklariert werden.<br />
In den Schlachthäusern Dhakas startet<br />
dann ein industrieller Verwertungsprozess,<br />
der billiges Leder, vor allem<br />
aber kranke Arbeiter und verseuchte<br />
Gewässer zur Folge hat. Die 80 Fotos<br />
der Ausstellung „Heiliges Leder“ zeichnet<br />
diesen Weg eindrucksvoll nach. •<br />
Galerie Schichtwechsel, Eiffestraße 426,<br />
noch bis 7.5., Mi–Sa, 16–20 Uhr,<br />
So, 16–18 Uhr, Eintritt frei<br />
BÜHNE<br />
Spaßvögel aus Leipzig: The<br />
Fuck Hornisschen Orchestra<br />
Die skurrile Show von „The Fuck<br />
Hornisschen Orchestra“ ist eine echte<br />
Wundertüte: Sie enthält eine Schlager-<br />
Persiflage, handfeste Kritik an extremen<br />
Gesellen der rechten Sorte im Osten,<br />
abgedrehte Heimatschmonzetten im<br />
Pferdemilieu ebenso wie Songs zum<br />
Thema Pubertät. Julius Fischer und<br />
Christian Meyer sind seit 2008 unter<br />
dem Namen The Fuck Hornisschen<br />
Orchestra unterwegs und haben bereits<br />
über 500 Konzerte gespielt. Bei der<br />
Veranstaltungsreihe Nightwash und im<br />
Quatsch Comedy Club sind sie Stammgäste,<br />
und seit 2014 haben sie ihre<br />
eigene TV-Sendung namens „Comedy<br />
mit Karsten“ im MDR. Ihr neues Programm<br />
„Palmen“ präsentieren die beiden<br />
studierten Germanisten aus Leipzig<br />
mithilfe einer Armada an Spielzeuginstrumenten<br />
und allerlei Krimskrams<br />
aus 1-Euro-Läden. •<br />
Polittbüro, Steindamm 45,<br />
Do, 12.5., 20 Uhr, 15/10 Euro<br />
52
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
BÜHNE<br />
Monolog über Liebesqual<br />
und Leistungsdruck<br />
KINO<br />
Königlich irre: wahnsinnig<br />
werden mit zwei Freundinnen<br />
LESUNG<br />
Ein neuer Fall für<br />
Chastity Riley<br />
FOTOS: CHRISTIAN FAESECKE, JULIA KNEUSE; COLLAGEN: GRAFIKDEERNS<br />
Ein junger Mann ist schwer in die<br />
Postbotin verliebt. Um ihr endlich gegenüberstehen<br />
zu können, hat er sich<br />
selbst ein Paket geschickt. Während des<br />
Wartens quält er sich mit Fragen: Wie<br />
spreche ich sie an? Muss man eigentlich<br />
sprechen, um mit jemandem in Kontakt<br />
zu kommen? Und was ist Sprache überhaupt?<br />
Der Monolog des Einpersonenstücks<br />
„Finnisch“ ist amüsant,<br />
wirft aber auch einen ernsten Blick auf<br />
Leistungsdruck und Einsamkeit. •<br />
Monsun Theater, Friedensallee 20,<br />
10.+11.5., 20 Uhr, 15,90/13,40 Euro<br />
VORTRAG<br />
Gegen das Verdrängen<br />
Die Publizistin Alexandra Senfft beschäftigt<br />
sich seit Jahren mit den Nachwirkungen<br />
des Nationalsozialismus.<br />
Zunächst schaute sie auf ihre eigene<br />
Familiengeschichte, später setzte sie<br />
sich auch mit fremden Biografien<br />
auseinander und forschte nach<br />
Mustern vererbter Schuld und kollektiver<br />
Traumatisierungen. Die Autorin<br />
stellt ihr Buch „Der lange Schatten<br />
der Täter“ bei einer Lesung mit<br />
anschließendem Gespräch vor. •<br />
Körber Forum, Kehrwieder 12, Mi, 11.5.,<br />
19 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung erforderlich<br />
unter www.koerberforum.de<br />
MUSIK<br />
Der Körper als Instrument<br />
Zum Musikmachen braucht man<br />
eigentlich nur den eigenen Körper<br />
und bestenfalls ein paar alte Dosen.<br />
Das „Body Rhythm Festival“ tritt den<br />
Beweis an und bringt Trommeln,<br />
Beatbox, Gesang, Tanz und Percussion<br />
zusammen. Auf der Bühne stehen<br />
unter anderem Pedro Consorte von<br />
„Stomp“, das beatboxende Duo<br />
„Fuchs & Hahn“, „Fogo do Samba“<br />
und „Barbatuques“ aus São Paulo.<br />
Garantiert ist: Der Saal wird kochen. •<br />
Fabrik, Barnerstraße 36,<br />
So, 15.5., 21 Uhr, 16,50 Euro<br />
Mit dem Wahnsinnigwerden ist das ein<br />
wenig so wie mit einem Dampfdrucktopf.<br />
Langsam erhöht sich der Druck.<br />
Und die Realität wird weich gekocht.<br />
Wenn dann kein Dampf entweichen<br />
kann, fängt es irgendwann ordentlich<br />
an zu scheppern. Denke ich. Schließlich<br />
bin ich irre nur theoretisch.<br />
Ansonsten ziemlich normal. Aber so<br />
ungefähr müsste es sein.<br />
„Queen of Earth“ ist ein Film mit<br />
vielen Klischees im Irren. Ein Haus am<br />
See. Alte Freundinnen. Dunkle<br />
Geheimnisse. Langsam, aber stetig<br />
wird aus Normalität Hysterie. Alles<br />
schon mal gesehen. Trotzdem gut.<br />
Und darum geht es: Zwei Frauen<br />
machen gemeinsam Urlaub. Virginia<br />
und Catherine sind seit Ewigkeiten<br />
Freundinnen. Virginias Leben verläuft<br />
in der Gleichförmigkeit des Alltags –<br />
unbeschwert, aber ein wenig langweilig.<br />
Das ist halt der Preis, den sie zahlen<br />
muss. Catherine geht es dagegen gar<br />
nicht gut. Verängstigt, von einer persönlichen<br />
Krise gebeutelt, möchte sie<br />
sich vor der Unbill der Welt am<br />
liebsten für immer verkriechen. In<br />
einem Ferienhaus am See wollen die<br />
beiden ihre Freundschaft neu aufleben<br />
lassen. Doch – man ahnt es schon –<br />
dort erst einmal angekommen, kommt<br />
dann doch alles anders, als man denkt.<br />
Und der Totenschädel, den Virginia in<br />
Catherines Schrank findet, ist erst der<br />
Anfang …<br />
Alex Ross Perrys Drama Queen of<br />
Earth zeichnet akribisch das Abgleiten<br />
in den Wahnsinn nach. Klar, beide<br />
Frauen eint ein Geheimnis. Und das zu<br />
lüften, ist tatsächlich besonders in der<br />
zweiten Filmhälfte enorm fesselnd.<br />
Vorausgesetzt, man lässt sich drauf ein<br />
und hält dabei einiges aus. Bis zum<br />
Schluss baut sich die Spannung auf –<br />
ohne Ventil und ganz schön<br />
zermürbend. So ist das eben mit dem<br />
Wahnsinn. In der Theorie. Und in<br />
Filmen. „Queen of<br />
Earth“ – ganz großes<br />
Drama. ASCHMI<br />
•<br />
Neu im Kino<br />
ab Do, 5.5.<br />
53<br />
Chastity Riley ist Deutschlands härteste<br />
Krimiheldin: trinkfest, tough und gern<br />
in schmuddeligen Kiezkneipen unterwegs.<br />
„Blaue Nacht“ heißt ihr sechster<br />
Fall. Darin ist die ehemalige Staatsanwältin<br />
zur Opferschutzbeauftragten degradiert<br />
worden, weil sie einen korrupten<br />
Vorgesetzten überführt hat. Riley<br />
soll in einer Klinik einem Schwerverletzten,<br />
von dem niemand weiß, wer er<br />
ist, auf den Zahn fühlen. Sie sticht dabei<br />
in ein Wespennest aus Drogenhandel<br />
und organisierter Kriminalität. Außer<br />
einer spannenden Geschichte liefert<br />
Simone Buchholz wie in jedem ihrer<br />
Bücher wieder wunderbare Milieustudien<br />
aus ihrer Wahlheimat Hamburg. •<br />
Polizeikommissariat 36, Ellernreihe 35,<br />
Do,12.5., 20 Uhr, 3/2 Euro<br />
MUSIK<br />
Aufregende Klänge der<br />
Mensch-Maschine<br />
„L’homme machine – Die Maschine-<br />
Mensch“ heißt das Werk, mit dem der<br />
französische Arzt Julien Offray de la<br />
Mettrie im 18. Jahrhundert berühmt<br />
wurde. Darin beschreibt er den Menschen<br />
als ein Ding, das sich selbst steuert<br />
– ohne Gottes Hilfe. Das Künstlerkollektiv<br />
„Kommando Himmelfahrt“<br />
setzt dem Querdenker nun mit seiner<br />
Arbeit „Geisterbahn“ ein Denkmal. •<br />
Kampnagel, Jarresstraße 20,<br />
5.–7.5., 19.30 Uhr, 12/8 Euro<br />
Wer sind wir? Was macht<br />
uns aus? Prägt uns eine<br />
Seele oder sind wir nur ein<br />
MECHANISMUS? Ein<br />
Konzertabend mit Tiefgang.
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
Tipps (2)<br />
16. bis 31. <strong>Mai</strong> <strong>2016</strong><br />
LESUNG<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
Kreativ gelogen: ein Schelmenroman<br />
von Jakob Hein<br />
Friedrich Bender hat ein kreatives<br />
Verhältnis zur Wahrheit: Schon als<br />
Kindergartenkind behauptet er<br />
schwimmen zu können. Als seine Eltern<br />
daran zweifeln, springt er einfach<br />
ins Wasser, schwimmt eine Bahn. Auch<br />
später erfindet sich Bender permanent<br />
neu und schummelt sich durchs Leben:<br />
Er betreibt eine Kneipe, ohne sich an<br />
Auflagen zu halten, ergaunert sich<br />
Studienbescheinigungen der Universität<br />
Stockholm, betreibt dank eines<br />
Adelstitels eine Heiratsvermittlung.<br />
Die Schwindeleien und erotischen<br />
Abenteuer in Jakob Heins neuem<br />
Roman „Kaltes Wasser“ sind ein<br />
köstliches Lesevergnügen. Jakob Hein,<br />
Sohn des nicht minder tollen<br />
Schriftstellers Christoph Hein, liest<br />
die schönsten Stellen. •<br />
Nochtspeicher, Bernhard-Nocht-Straße<br />
69a, Di, 24.5., 20 Uhr, 9 Euro<br />
VORTRAG<br />
Nachhaltige Wohnungspolitik<br />
selber machen<br />
Bezahlbarer Wohnraum ist in Hamburg<br />
Mangelware. Daran ändert auch<br />
die Selbstverpflichtung des Hamburger<br />
Senats nichts, pro Jahr mindestens<br />
6000 Wohnungen zu bauen. Die<br />
Mieten steigen wie nie zuvor, Sozialwohnungen<br />
fehlen. Zugleich gibt es<br />
Leerstand und die Umwandlung in Eigentumswohnungen.<br />
Doch wie könnte<br />
eine nach haltige Wohnungspolitik aussehen?<br />
Darüber diskutieren auf Einladung<br />
des Zukunftsrats Karin Siebeck,<br />
Leiterin des Amtes für Wohnen, Stadterneuerung<br />
und Bodenordnung, Marko<br />
Lohmann vom Verband Norddeutscher<br />
Wohnungsunternehmen, Matthias<br />
Günther vom Pestel Institut Hannover<br />
und ein Vertreter des Zusammenschlusses<br />
„St. Pauli selber machen“. •<br />
Staatsbibliothek, Von-Melle-Park 3,<br />
Di, 24.5., 18 Uhr, Eintritt frei<br />
VORTRAG<br />
Die Natur als Vorbild<br />
Die Idylle täuscht: Die<br />
RENTIERZÜCH-<br />
TER der Tundra sind<br />
bedroht. Wie Fotograf<br />
Dmitrij Leltschuk zeigt.<br />
Jeder redet vom Klimawandel. Doch<br />
obwohl wir erkennbar auf die Katastrophe<br />
zurasen, verändert die Menschheit<br />
ihr Verhalten nur in winzigen<br />
Schritten. Dabei gibt es durchaus<br />
Lösungen, wenn man sich die Natur als<br />
Vorbild nimmt. Der Verfahrenstechniker<br />
und Chemiker Michael Braungart<br />
hat sich sein „Cradle to Cradle“-<br />
Konzept der kompletten Abfallvermeidung<br />
von ihr abgeschaut. Mit dem<br />
Philosophieprofessor Jürgen Goldstein,<br />
der über den Naturforscher Georg<br />
Forster publiziert hat und dem Hamburger<br />
Journalisten Reinhard Kahl<br />
diskutiert er über „Die Entdeckung<br />
und Wiederentdeckung der Natur.“ •<br />
Freie Akademie der Künste, Klosterwall<br />
23, Do, 19.5., 19 Uhr, 14/10 Euro<br />
BÜHNE<br />
Die Abstiegsangst der<br />
Wohlstandsbürger<br />
Eigentlich müsste sich die Familie<br />
wohlfühlen: Vater, Mutter und Kind<br />
wohnen in einer „Gated Communitiy“,<br />
einer jener umzäunten Siedlungen,<br />
die Sicherheit und geregelte Verhältnisse<br />
versprechen. Vor ihrer Tür ist<br />
umkämpftes Gebiet, mit dem die Bewohner<br />
nichts zu tun haben möchten.<br />
Sind dort Schüsse oder Schreie zu hören,<br />
wird Meeresrauschen eingespielt,<br />
damit sich alle schnell wieder beruhigen.<br />
Dennoch herrscht innerhalb der<br />
schützenden Mauern Angst: die Angst,<br />
die Komfortzone einmal verlassen zu<br />
müssen, etwa, wenn das Geld nicht<br />
mehr reicht. Friederike Barthel hat<br />
Falk Richters Stück „Im Ausnahmezustand“<br />
neu inszeniert. Sie interpretiert<br />
das Stück mit dem Blick auf die<br />
Abstiegsängste der westlichen Mittelschicht-Wohlstandsgesellschaft<br />
und<br />
berücksichtigt auch die derzeitige<br />
Flüchtlingssituation in Deutschland. •<br />
Sprechwerk, Klaus-Groth-Straße 23,<br />
Do, 26.5., 20 Uhr, 21/13,50 Euro<br />
FOTOS: DMITRIJ LELTSCHUK, MARGAUX WEISS; COLLAGEN: GRAFIKDEERNS<br />
54
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
<strong>Kunzt</strong>&Kult<br />
BÜHNE<br />
Jugendtheater zwischen<br />
Pubertät und Drama<br />
Nini und Jameelah sind unzertrennlich.<br />
Die beiden 14-Jährigen halten sich für<br />
erwachsen und verhalten sich entsprechend:<br />
Sie feiern mit Freunden, trinken<br />
ein Gebräu aus Milch, Maria-cron und<br />
Maracujasaft, das sie Tigermilch nennen,<br />
und planen ihre Entjungferung.<br />
Doch dann soll Jameelah in den<br />
Irak abgeschoben werden. Und in der<br />
Nachbarschaft geschieht ein Mord.<br />
„Tigermilch“ ist eine sehenswerte Bühnenfassung<br />
von Stefanie des Velascos<br />
gleich namigem Jugendroman und läuft<br />
beim Kinder- und Jugendtheaterfestival<br />
„Hart am Wind“. •<br />
Lichthof Theater, Mendelssohnstraße 15,<br />
27./28.5., 19/20 Uhr, 13/7,50 Euro, ab<br />
15 Jahre, gesamtes Programm unter www.<br />
schauspielhaus.de/de_DE/hartamwind<br />
AUSSTELLUNG<br />
Bedrohte Rentierzüchter am<br />
Polarkreis – fotografiert<br />
Dmitrij Leltschuk war zweieinhalb<br />
Wochen lang für den Greenpeace Photo<br />
Award (in Medienpartnerschaft mit<br />
Geo) in der arktischen Tundra unterwegs,<br />
um das Leben der Rentierzüchter<br />
am Polarkreis zu dokumentieren.<br />
In rund 50 Bildern zeigt Leltschuk, der<br />
auch viel für Hinz&<strong>Kunzt</strong> fotografiert,<br />
die durch die russische Erdölindustrie<br />
bedrohte traditionelle Lebensweise der<br />
Nomaden. Die Rentiere, ihre Lebensgrundlage,<br />
verletzen sich an herumliegendem<br />
Schrott, viele Flüsse sind verseucht<br />
und verlassene Ölfelder werden<br />
zu stinkenden Seen. Außer Leltschuks<br />
Arbeiten sind die Fotos von zwei weiteren<br />
Preisträgern in der Ausstellung<br />
„Bis zum letzten Tropfen“ zu sehen.<br />
Uwe H. Martin dokumentiert die extreme<br />
Trockenheit im Westen der USA,<br />
und Manuel Bauer zeigt die Folgen<br />
des Klimawandels im Himalaya. •<br />
Museum der Arbeit, Wiesendamm 3,<br />
25.5.–24.7., Mo, 13–21 Uhr, Di–Sa,<br />
10–17 Uhr, So, 10–18 Uhr, 7,50/4,50 Euro<br />
Mo, 30.5., 19 Uhr, „Komische Arktis –<br />
Rentierzüchter am Polarkreis“, Dmitrij<br />
Leltschuk berichtet von seiner Reportage<br />
MUSIK<br />
Retrofunk im Maßanzug<br />
Der neue James Brown heißt Ryo<br />
Nakata und kommt aus Japan. Mit<br />
seiner neunköpfigen Band „Osaka<br />
Monaurail“ spielt er perfekten Funk<br />
und Sixties-Soul. Auch optisch machen<br />
die Jungs was her: Scharfe Anzüge,<br />
imposante Bläserchoreografien und<br />
eine echte Rampensau als Bandleader<br />
sorgen für Megastimmung bei den<br />
Konzerten. •<br />
Mojo Club, Reeperbahn 1,<br />
Mi, 18.5., 21 Uhr, 17,20 Euro<br />
KINDER<br />
Ängste überwinden im Theater<br />
Erwachsene wollen Kinder vor Gefahren<br />
beschützen. Doch auch zu viel Sicherheit<br />
kann gefährlich sein. Deshalb<br />
werden Kleine und Große beim Forschungstheaterstück<br />
„Da Gefahr!“ ausdrücklich<br />
dazu ermuntert, gelegentlich<br />
auch ein Risiko einzugehen: Mal an<br />
einer Batterie zu lecken oder Feuer zu<br />
machen, kann sehr lehrreich sein. •<br />
Fundus Theater, Hasselbrookstraße 25,<br />
24.–26.5., 10 Uhr, 28.+29.5., 16 Uhr, 7/6<br />
Euro, für Kinder von 3–10 Jahre<br />
Keine Angst vor Monstern!<br />
Das können Kinder lernen<br />
– wie jetzt im Haus<br />
des Fundus THEATER.<br />
RUNDGANG<br />
Kräuterkunde in Kaltehofe<br />
Fast 100 Jahre war das Wasserwerk auf<br />
der Elbinsel Kaltehofe in Betrieb, bis es<br />
1990 stillgelegt wurde. Viele Jahre<br />
wurde das Gelände mit den hübschen<br />
Backsteinbauten danach sich selbst<br />
überlassen, bis dort 2011 ein Museum<br />
und Café entstanden. Besonders interessant<br />
ist der Außenbereich mit seiner<br />
Artenvielfalt. 250 Pflanzenarten wachsen<br />
dort. Viele von ihnen sind essbar.<br />
Aber welche? Das erklärt eine diplomierte<br />
Umweltwissenschaftlerin beim<br />
zweistündigen Wildkräuterrundgang.<br />
Spitz- oder Breitwegerich wirken zum<br />
Beispiel entzündungshemmend. Aus<br />
Vogelmiere oder Giersch, dem Todfeind<br />
jedes Gärnters, können leckere<br />
Salate entstehen. Wann und wie diese<br />
Kräuter am besten geerntet werden<br />
können, lernt man bei der Führung<br />
ebenso. Das Probieren am Wegesrand<br />
ist dabei ausdrücklich erwünscht. •<br />
Wasserkunst Kaltehofe, Kaltehofe<br />
Hauptdeich 6–7, So, 22.5., 12–14 Uhr,<br />
15/12 Euro, Anmeldung bis fünf Tage vor<br />
Veranstaltungsbeginn unter folgender<br />
Nummer möglich: 78 88 49 99-0<br />
LESUNG<br />
Humor statt Fäuste: aus dem<br />
Leben dreier Türsteher<br />
Als Türsteher in Hamburger Clubs<br />
muss man hart im Nehmen sein. Dumme<br />
Sprüche und betrunkene Gäste gehören<br />
zum Arbeitsalltag. Viktor Hacker,<br />
Henning Geisler und Mark Büttner haben<br />
ihre Erlebnisse als Türsteher in einen<br />
unterhaltsamen Lese- und Anekdotenabend<br />
verpackt. Wichtiger als dicke<br />
Oberarme sind ihrer jahrelangen<br />
Erfahrung nach gute Nerven und viel<br />
Humor. Die drei verstehen sich entsprechend<br />
in erster Linie als Unterhalter –<br />
an der Tür und in ihrem Bühnenprogramm<br />
„Zeit für Zorn“. Ihre Shows<br />
sind immer schnell ausverkauft, aber<br />
wir verlosen drei Mal zwei Karten unter<br />
allen Einsendungen bis zum 15. <strong>Mai</strong>.<br />
Eine <strong>Mai</strong>l an unsere E-<strong>Mai</strong>l-Adresse<br />
info@hinzundkunzt.de genügt. •<br />
Schanzenzelt, Marktstraße 131, „Zeit für<br />
Zorn“, Mi, 18.5., 20 Uhr, 9,30 Euro
PEDRU<br />
Abendbrot? So wie in Deutschland,<br />
wo man abends Brotscheiben mit Wurst<br />
oder Käse belegt? Das gibt es in<br />
Rumänien eher selten. Stattdessen<br />
wird warm gegessen, gerne deftig.<br />
Das Kartoffelragout gehört dabei zu den<br />
Standards. „Das Gute ist, das es auch<br />
Muslime kochen können – man nimmt<br />
einfach Hühner- statt Schweinefleisch“,<br />
sagt Pedru. Der gelernte Koch hat<br />
lange in Spanien gearbeitet.<br />
Er hat den soliden Eintopf bei uns schon<br />
zwei Mal gekocht und serviert: als eine<br />
neue Ausgabe heraus kam, dann wird<br />
immer für die Verkäufer gekocht, und bei<br />
einer Aufzeichnung von TIDE TV.<br />
Tocana de Cartofi<br />
1000 g Kartoffeln<br />
500 g Gulaschfleisch<br />
(Rind, Schwein oder Huhn<br />
nach Geschmack)<br />
2 gro e Karotten<br />
1 Paprikaschote<br />
3 Tomaten<br />
2 gro e Zwiebeln<br />
je ein Bund Petersilie<br />
und Dill<br />
100 ml Olivenöl<br />
300 Milliliter Wasser<br />
Salz, Pfeffer, Paprikapulver<br />
mampfs Krautsalat<br />
1000 g Wei kohl<br />
1 rote Paprikaschote<br />
1 EL Salz, 1 Zwiebel<br />
1 TL Senf, 50 g Zucker<br />
50 ml Pflanzenöl<br />
100 ml Kr uteressig<br />
Heimat auf dem Löffel<br />
Wenn Kartoffelragout nach rumänischer Art auf den Tisch kommt,<br />
bleibt bei Pedru kein Fitzelchen übrig. Wie bei ihm zu Hause typisch,<br />
isst er am liebsten Gewürzgurken und Krautsalat dazu.<br />
TEXT: FRANK KEIL; FOTO: CHRISTIAN HAGEN<br />
SO WIRD ES GEKOCHT:<br />
Am Vortag den Krautsalat zubereiten: Kohl in feine Streifen schneiden. Mit 1 EL Salz<br />
in eine Schüssel geben und 30 Minuten stehen lassen. Dann kräftig durchkneten.<br />
Der Kohl bricht auf und wird weich. Paprika in feine Streifen schneiden und dazugeben.<br />
Zwiebel würfeln. Mit Senf, Öl, Zucker und Essig in einen Topf geben und ein Mal<br />
aufkochen. Die Marinade heiß über den Kohl geben. Abgedeckt im Kühlschrank<br />
24 Stunden ziehen lassen.<br />
1. Für das Ragout das Fleisch würfeln und portionsweise in 2 EL Olivenöl rundherum<br />
anbraten. Mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver kräftig würzen. Beiseite stellen.<br />
2. Zwiebeln schälen und würfeln. Karotten schälen und in dicke Scheiben schneiden.<br />
Kartoffeln schälen und in 2 cm große Würfel schneiden. Tomaten waschen und hacken.<br />
3. In einem großen Topf 100 ml Öl (ja, das ist reichlich!) erhitzen. Zwiebeln, Karotten und<br />
Kartoffeln fünf Minuten dünsten.<br />
4. Tomaten und Fleisch dazugeben und das Ganze mit Wasser bedecken.<br />
Aufkochen und etwa 20 Minuten köcheln lassen, bis die Kartoffeln gar sind.<br />
5. Währenddessen Dill und Petersilie hacken. Das Ragout mit Salz und Pfeffer<br />
abschmecken und die Kräuter unterrühren.<br />
Das fertige Tocana de Cartofi mit dem Krautsalat servieren.<br />
Getestet von MAMPF: www.mampf-hh.de<br />
56
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Rätsel<br />
ILLUSTRATION (BLEISTIFT): BERND MÖLCK-TASSEL<br />
Blattvorderseite<br />
umgangssprachlich:<br />
werfen<br />
Glanzpunkt,<br />
Zugstück<br />
(franz.)<br />
Fluss<br />
durch<br />
Lüttich<br />
(Belgien)<br />
franz.<br />
Schriftsteller<br />
†<br />
(Jules)<br />
alte italienische<br />
Silbermünze<br />
Satz zusammengehöriger<br />
Dinge<br />
Frau<br />
Adams im<br />
Alten Testament<br />
norweg.<br />
Polarforscher<br />
† 1930<br />
griech.<br />
Göttin<br />
der Zwietracht<br />
Vorraum,<br />
breiter<br />
Flur<br />
Jahrmarktsattraktion<br />
antike<br />
Stadt in<br />
Ionien<br />
5<br />
9<br />
1<br />
Gefährte<br />
Evas im<br />
Paradies<br />
2<br />
1<br />
Schuldsühnung<br />
sagenhafter<br />
keltischeaffe<br />
Menschen-<br />
König<br />
gegrillte<br />
Hackfleischröllchen<br />
3<br />
6<br />
314<br />
16<br />
5<br />
4<br />
9<br />
Gartenzierpflanze,<br />
Wau<br />
Stadt im<br />
südöstl.<br />
Münsterland<br />
zweiteil.<br />
Badeanzug<br />
längerer<br />
Riss<br />
5<br />
4<br />
28<br />
Heiligenbild<br />
der Ostkirche<br />
produzieren<br />
Meeressäugetier<br />
norddeutsch:<br />
Schilf,<br />
Röhricht<br />
6<br />
3<br />
2<br />
kanadischer<br />
Wapitihirsch<br />
französisch:<br />
Königin<br />
unbestimmter<br />
Artikel<br />
Weißhandgibbon<br />
kohlensäurehaltiges<br />
Wasser<br />
Kurzform<br />
von: Ursula<br />
oder<br />
Ulrike<br />
5849<br />
in jedem Neun-Kästchen-Block<br />
69<br />
7<br />
3<br />
7<br />
5<br />
Behälter<br />
aus Stoff<br />
oder<br />
Papier<br />
Wohnraum<br />
8<br />
7<br />
US-Schauspielerin<br />
englisch:<br />
zehn<br />
(Glenn)<br />
Kurzform<br />
von: Wilhelmine<br />
Maßeinheit<br />
der Masse<br />
(Kurzwort)<br />
Stadt am<br />
Südfuß<br />
der Hohen<br />
Eifel<br />
Geheimnis,<br />
Verbergung<br />
Spezialmediziner<br />
zweitgrößte<br />
Stadt von<br />
Indien<br />
1683<br />
10<br />
82<br />
9<br />
8<br />
10<br />
Fluss zum<br />
Weißen<br />
Meer<br />
kurz für:<br />
an das<br />
AR1115-0116_4<br />
Füllen Sie das Gitter so<br />
aus, dass die Zahlen von<br />
1 bis 9 nur je einmal in jeder<br />
Reihe, in jeder Spalte und<br />
vorkommen.<br />
Als Lösung schicken Sie<br />
uns bitte die unterste, farbig<br />
gerahmte Zahlenreihe.<br />
931<br />
Lösungen an: Hinz&<strong>Kunzt</strong>, Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg,<br />
per Fax an 040 30 39 96 38 oder per E-<strong>Mai</strong>l an info@hinzundkunzt.de.<br />
Einsendeschluss: 30. <strong>Mai</strong> <strong>2016</strong>. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wer<br />
die korrekte Lösung für eines der beiden Rätsel einsendet, kann zwei<br />
Karten für die Hamburger Kunsthalle oder eines von drei Büchern „Immer<br />
Montags beste Freunde“ von Laura Schroff und Alex Tresniowski (Diana<br />
Verlag) gewinnen. Das Lösungswort beim Kreuzworträtsel war: Adlerhorst.<br />
Die Sudoku-Zahlenreihe war: 139 457 826.<br />
Impressum<br />
Redaktion und Verlag<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH<br />
Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg<br />
Tel. 040 32 10 83 11, Fax 040 30 39 96 38<br />
Anzeigenleitung Tel. 040 32 10 84 01<br />
E-<strong>Mai</strong>l info@hinzundkunzt.de<br />
www.hinzundkunzt.de<br />
Herausgeber<br />
Landespastor Dirk Ahrens,<br />
Diakonisches Werk Hamburg<br />
Externer Beirat<br />
Prof. Dr. Harald Ansen (Armutsexperte HAW-Hamburg),<br />
Mathias Bach (Kaufmann), Rüdiger Knott (ehem. NDR 90,3-Programmchef),<br />
Olaf Köhnke (Ringdrei Media Network),<br />
Thomas Magold (BMW-Niederlassungsleiter i.R.),<br />
Beate Behn (Lawaetz-Service GmbH), Karin Schmalriede (Lawaetz-Stiftung),<br />
Dr. Bernd-Georg Spies (Russell Reynolds),<br />
Alexander Unverzagt (Medienanwalt), Oliver Wurm (Medienberater)<br />
Geschäftsführung Dr. Jens Ade<br />
Redaktion Birgit Müller (v.i.S.d.P.),<br />
Frank Keil (CvD, Stellv.), Annette Woywode<br />
Mitarbeit Sybille Arendt, Simone Deckner, Jonas Füllner,<br />
Ulrich Jonas, Benjamin Laufer, Uta Sternsdorff,<br />
Annabel Trautwein und Kerstin Weber<br />
Redaktionsassistenz Sonja Conrad,<br />
Dina Fedossova<br />
Online-Redaktion Simone Deckner, Jonas Füllner,<br />
Benjamin Laufer<br />
Artdirektion grafikdeerns.de<br />
Öffentlichkeitsarbeit Isabel Schwartau, Friederike Steiffert<br />
Anzeigenleitung Isabel Schwartau<br />
Anzeigenvertretung Christoph Wahring,<br />
Wahring & Company, Tel. 040 284 09 40, info@wahring.de<br />
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 20 vom 1. Januar 2015<br />
Vertrieb Marcus Chomse, Christian Hagen (Leitung),<br />
Sigi Pachan, Jürgen Jobsen, Meike Lehmann, Sergej Machov, Frank Nawatzki,<br />
Cristina Stanculescu, Marcel Stein,<br />
Cornelia Tanase, Silvia Zahn<br />
Rechnungswesen/Systemadministration Frank Belchhaus<br />
Spendenmarketing Gabriele Koch<br />
Spendenverwaltung Susanne Wehde<br />
Sozialarbeit Ana-Maria Ilisiu, Stephan Karrenbauer (Leitung), Isabel Kohler<br />
Litho PX2@ Medien GmbH & Co. KG<br />
Produktion Produktionsbüro Romey von Malottky GmbH<br />
Druck A. Beig Druckerei und Verlag,<br />
Damm 9–15, 25421 Pinneberg<br />
Umschlag-Druck Neef+Stumme premium printing GmbH & Co. KG<br />
Verarbeitung Delle und Söhne, Buchbinderei<br />
und Papierverarbeitungsgesellschaft mbH<br />
Spendenkonto Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
IBAN: DE56 200505501280167873<br />
BIC: HASPDEHHXXX<br />
Die Hinz&<strong>Kunzt</strong> gGmbH mit Sitz in Hamburg ist durch den aktuellen<br />
Freistellungsbescheid des Finanzamts Hamburg-Nord, Steuernummer<br />
17/414/00797, vom 15.11.2013 nach §5 Abs.1 Nr. 9<br />
des Körperschaftssteuergesetzes von der Körperschaftssteuer und nach<br />
§3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes von der Gewerbesteuer befreit.<br />
Geldspenden sind steuerlich nach §10 EStG abzugsfähig. Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist als<br />
gemeinnützige Verlags- und Vertriebs GmbH im Handelsregister<br />
beim Amtsgericht Hamburg HRB 59669 eingetragen. Wir bestätigen,<br />
dass wir Spenden nur für die Arbeit von Hinz&<strong>Kunzt</strong> einsetzen.<br />
Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben.<br />
Beachten Sie unsere Datenschutzerklärung, abrufbar auf www.hinzundkunzt.de.<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong> ist ein unabhängiges soziales Projekt, das obdachlosen und<br />
ehemals obdachlosen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe bietet.<br />
Das Magazin wird von Journalisten geschrieben, Wohnungslose und<br />
ehemals Wohnungslose verkaufen es auf der Straße. Sozialarbeiter<br />
unterstützen die Verkäufer.<br />
Das Projekt versteht sich als Lobby für Arme.<br />
Gesellschafter<br />
Durchschnittliche monatliche<br />
Druckauflage 1. Quartal <strong>2016</strong>:<br />
78.333 Exemplare<br />
57
Momentaufnahme<br />
HINZ&KUNZT N°<strong>279</strong>/MAI <strong>2016</strong><br />
„Man braucht ein<br />
Quäntchen Glück“<br />
Günter, 56, hatte einen festen Willen: nicht ewig Hinz&Künztler sein<br />
TEXT: BIRGIT MÜLLER<br />
FOTO: JONAS FÜLLNER<br />
Es kommt öfter vor, dass Freunde von<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong> vorbeikommen, Kleidung<br />
bringen oder eine Spende abgeben.<br />
Was selten ist: Dass uns ein ehemaliger<br />
Verkäufer besucht und<br />
Klamotten und Geld spendet. Jahre<br />
hatten wir keinen Kontakt mehr zu<br />
Günter. So etwas passiert oft: Von einem<br />
Tag auf den anderen verschwindet<br />
jemand, und wir wissen nicht, was<br />
aus ihm geworden ist.<br />
Was uns sehr freut: Günter geht es<br />
inzwischen wieder richtig gut. Zwei<br />
Jahre war der Wiener obdachlos, hat<br />
mit elf anderen unter der Kennedybrücke<br />
gelebt. Im Winter hatte er Glück<br />
Kam aus Wien<br />
nach Hamburg,<br />
lebte zwei Jahre<br />
auf der Straße.<br />
Von seinen ersten<br />
EINNAHMEN<br />
als Verkäufer<br />
kaufte sich Günter<br />
Unterwäsche<br />
und Socken.<br />
und bekam einen Container. „Ich war<br />
zwar auf Platte“, sagt der 56-Jährige<br />
bei seinem Besuch. „Aber ich wusste<br />
immer: Das soll nicht so bleiben.“<br />
Auch Hinz&Künztler wollte er<br />
nicht ewig bleiben. Aber es half ihm<br />
über die erste Zeit hinweg: „Sobald ich<br />
Geld verdient habe, bin ich nicht mehr<br />
oft in die Suppenküche gegangen, sondern<br />
habe mich selbst versorgt.“ Bald<br />
machte er sich auf die Suche nach einem<br />
Job, „egal wo“. Und den fand er:<br />
putzen in der legendären Kneipe „Goldener<br />
Handschuh“. Nebenbei arbeitete<br />
er noch zeitweise ehrenamtlich auf einem<br />
Dampfeisbrecher im Hafen.<br />
2009 bekam Günter dann einen Job bei<br />
einer Sicherheitsfirma, 2011 wurde er<br />
dort fest angestellt. Inzwischen ist er<br />
Objektleiter und Hausmeister. Und<br />
glücklich mit seiner Arbeit. „Wir sind<br />
dort wie eine große Familie“, sagt er<br />
über sein Verhältnis zu den Mitarbeitern<br />
in seinen „Objekten“.<br />
Warum er sich so lange nicht gemeldet<br />
hat? Er brauchte wohl Abstand<br />
zu uns – und vor allem zur Obdachlosenszene.<br />
Für ihn, der keinen Alkohol<br />
trank, war es schwierig auszuhalten,<br />
dass bei manchen Frühstück und<br />
Abendessen aus einer Flasche Rum mit<br />
Orangensaft bestand. „Da schläfst du<br />
zwar gleich tief, aber am nächsten Morgen<br />
ist alles wieder da.“ Er fügt hinzu:<br />
„Das meine ich gar nicht abfällig.“ Die<br />
meisten seien nämlich menschlich okay<br />
gewesen. „Wir haben immer aufeinander<br />
aufgepasst, und wer was hatte, hat<br />
mit den anderen geteilt.“ Und das will<br />
er auch noch sagen: Rauszukommen<br />
aus der Obdachlosigkeit ist gar nicht<br />
leicht. „Man braucht eine Perspektive<br />
und ein Quäntchen Glück.“<br />
Er hatte das. Vielleicht das Wichtigste:<br />
Er ließ sich weder von Umständen<br />
noch von Menschen unterkriegen,<br />
die sich seinem Willen zum Ausstieg in<br />
den Weg stellten. Obwohl das oft<br />
schwer war. Symptomatisch diese Geschiche:<br />
Er war wieder mal beim Arbeitsamt.<br />
Da war er 40 Jahre alt. „Mein<br />
Sachbearbeiter war ein Schnösel, vielleicht<br />
23 Jahre alt. Der sagte mir, ich sei<br />
nicht leistungsfähig genug, um einen<br />
Container zu leeren.“ Da habe er an<br />
sich halten müssen. „Ich war doch erst<br />
40! Ich wollte doch unbedingt arbeiten!“<br />
Hartz IV hat er als Österreicher<br />
sowieso nicht bekommen.<br />
Das alles ist jetzt überstanden. Fehlt<br />
nur noch ein Hobby! Es soll wieder ein<br />
Traditionsschiff sein, auf dem will er<br />
ehrenamtlich arbeiten. „Ich habe schon<br />
eins im Auge“, sagt der Wiener. „Mal<br />
seh’n, ob ich dort anheuern kann.“ •<br />
A. Beig<br />
Druckerei und Verlag<br />
GmbH & Co. KG<br />
Damm 9-19, 25421 Pinneberg<br />
Tel. 0 41 01/5 35-0<br />
Wir sorgen für den nötigen Druck!<br />
In unserer modernen und leistungsstarken Druckerei in Pinneberg<br />
produzieren wir neben unseren eigenen Publikationen auch zahlreiche<br />
Fremdaufträge. Wir stellen jährlich so ca. 90 Mio. Zeitungen her<br />
und verarbeiten über 350 Mio. Beilagen.<br />
www.a-beig.de
KUNZT-<br />
KOLLEKTION<br />
BESTELLEN SIE DIESE UND WEITERE PRODUKTE BEI: Hinz&<strong>Kunzt</strong> gGmbH,<br />
www.hinzundkunzt.de/shop, shop@hinzundkunzt.de, Altstädter Twiete 1–5, 20095 Hamburg,<br />
Tel. 32 10 83 11. Preise zzgl. Versandkostenpauschale von 2,50 Euro bis 4 Euro,<br />
Ausland auf Anfrage. Versand ab 100 Euro Warenwert kostenlos.<br />
4.<br />
1.<br />
1. Bio-Schwarztee-Mischung<br />
Aromatisiert mit Kakao und Vanillegeschmack.<br />
Zutaten: Schwarzer Tee*, Kakaoschalen*, Zimt*,<br />
Orangenschalen*, *aus kontrolliert biologischem<br />
Anbau (k. b. A.). 100 g, Nachfülldose,<br />
Preis: 7,50 Euro<br />
Bio-Rotbuschtee<br />
Mit Kakao-Orange aromatisiert. Zutaten:<br />
Rotbuschtee*, Kakaoschalen*, Zimt*,<br />
Orangenschalen*, *k. b. A., 75 g,<br />
Nachfülldose, Preis: 7,50 Euro<br />
Beide Sorten: In Kooperation mit dem<br />
Chocoladenmuseum Chocoversum.<br />
Hersteller: Dethlefsen&Balk<br />
1.<br />
2. 3.<br />
5.<br />
2.<br />
2. „Macht auch wach!“<br />
Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Bio-Kaffeemischung,<br />
100% Arabica gemahlen, 250-g-Beutel, 5,95 Euro<br />
oder Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Bio-Espresso, italienische<br />
Mischung, kräftiger Geschmack, ungemahlen,<br />
250-g-Beutel, 5,95 Euro,<br />
exklusiv von der Kaffeerösterei Burg aus Hamburg.<br />
3. „Gegens Abstempeln“<br />
10 selbstklebende 62-Cent-Briefmarken<br />
mit Porträts von Hinz&Künztlern im A5-Heftchen.<br />
Konzeption: Agentur Lukas Lindemann Rosinski,<br />
Preis: 11 Euro<br />
4. 5.<br />
6.<br />
4. „Hamburg Hommage“ – Klappkarten<br />
5 verschiedene Motive mit Umschlag,<br />
DIN A6, Fotograf Mauricio Bustamante<br />
Preis: 8 Euro<br />
3.<br />
5. „Hamburg Hommage“ – Print<br />
Format 40 x 40 x 2,5 cm, fotokaschiert auf<br />
MDF-Platte, mit Bienenwachs versiegelt, einzeln<br />
angefertigter Rahmen aus Palettenholz,<br />
5 verschiedene Motive:<br />
1. #118 / 2. #058 / 3. #153 / 4. #095 / 5. #117<br />
Preis: 99 Euro<br />
6. „Hamburg zeigt Herz“-Becher<br />
Porzellanbecher mit Silikondeckel, in<br />
Deutschland gefertigt. Idee und Design von einer<br />
Auszubildendengruppe der Firma OTTO.<br />
Preis: 8,50 Euro<br />
7.<br />
7. „Ein mittelschönes Leben“<br />
Eine Geschichte für Kinder über Obdachlosigkeit<br />
von Kirsten Boie, illustriert von Jutta Bauer.<br />
Preis: 4,80 Euro
Eine der wichtigsten<br />
Wärmequellen für Hamburg<br />
Am Guten soll man festhalten. So halten wir es auch mit unserem<br />
Einsatz für Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Seit April 2000 unterstützt E.ON Hanse das<br />
Hamburger Straßenmagazin. Und daran wird sich nichts ändern.<br />
Auch als HanseWerk werden wir unser Engagement fortsetzen. Mehr<br />
menschliche Wärme – eine der wichtigsten Energien für den Norden.<br />
Energielösungen für den Norden