ARCHIV AVRIL 2002 Anläss

ARCHIV AVRIL 2002 Anlässlich des aktuellen Dossiers blicken wir hier auf die Anfänge erotischer Unterhaltung im Spectrum zurück. DOMINIK REHBAUM „Keine Frage, die Sexindustrie boomt!“ Unter diesem Motto stand im April 2002 der Spectrum-Artikel, der sich mit befleckten Kinosesseln Schweizer Sexkinos befasste. Rund fünfzehn Jahre später hat sich die Branche der öffentlich erotischen Unterhaltungsindustrie gewandelt. Die gesellschaftlichen Veränderungen im Zuge der digitalen Revolution bekommt heutzutage vor allem die Industrie erotischer Spielfilme zu spüren: Verführten schwarz-weisse Erotikfilme in Dauerschleife zu Beginn des letzten Jahrhunderts noch ausschliesslich männliche Kundschaft in die Hinterzimmer verschiedenster Etablissements, so war die öffentliche Darbietung erotischer Filme bereits in den späten 70er Jahren ein aufregendes Erlebnis für Sie und Ihn. Zunächst mit dem Videorekorder und später der DVD erhielten die populären Lustfilme nur wenig später Einzug in die Schweizer Wohnzimmer. Die gesellschaftliche Revolution des Internets markiert in dieser Entwicklung eine beispiellose Wende: Neben der Individualisierung des Lustspiels wurde der Genuss vor allem kostenlos. Verschwinden die Spelunken des erotischen Films deshalb aus dem rötlich-gedimmten Rampenlicht? „Im Endeffekt ist es ein normales Kino“, lautete 2002 das Fazit des Spectrum-Artikels und komprimiert passend einen Teil des heutigen Dilemmas der Industrie. Auch ‚herkömmliche‘ Kinos finden sich vermehrt im Konkurrenzkampf mit Online-Anbietern wie Netflix oder Amazon Prime wieder. Dabei scheinen Sexkinos auf den ersten Blick der im Internet angebotenen Vergnügung hoffnungslos unterlegen zu sein: eine scheinbar grenzenlos verfügbare, prall gefüllte und unter Umständen sogar kostenlose Auswahl an Schmuddelfilmchen aus dem Wohnzimmer abrufbar. Gehört der Charme des Erotik-Kinos deshalb einer finsteren, längst in Vergessenheit geratenen Epoche an? Dem widersprechen Besitzer und aktive Besucher des Erotik-Kinos, denn der Reiz der großen Leinwand sei nicht mit dem Online-Erlebnis zu vergleichen. Ohne Spuren zu hinterlassen, sei das Sex-Kino ein Treffpunkt für ein öffentliches und gemeinschaftliches Porno-Abenteuer. Dieses strahle nicht nur eine andere Atmosphäre als das stille Kämmerchen zuhause aus, sondern sei auch eine Mutprobe. Trotz zunehmender Konkurrenz scheinen die letzten Stunden des Sex-Kinos also noch nicht gezählt zu sein. Die Herausforderungen unserer Zeit bereiten den Anbietern zwar zeitweiliges Stirnrunzeln, doch die Sexualität ist vielschichtig und bietet vielfältige Schlupflöcher. 8 11-12 / <strong>2017</strong>

DOSSIER · SOMMAIRE / INHALT SOMMAIRE / INHALT Sex – ein scharfes Heft ohne Tabus La sexualité, un tabou jusqu’au bout ? 10 Murmures d'Irrésistibles 11 „Frauen müssen lernen, Lust zu empfinden“ 12 Vers une société plus inclusive : la lutte de LAGO 13 Und wie oft schaust du Porno? 14 Je t’aime, moi non plus 15 Von der Verkrampfung im Kopf