Spectrum_05_2021
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MAGAZINE DES ÉTUDIANT·E·X·S
DE L'UNIVERSITÉ DE FRIBOURG
STUDIERENDENMAGAZIN
DER UNIVERSITÄT FREIBURG
NOVEMBRE 2021
FONDÉ PAR L'AGEF
La nuit venue…
Les féministes sont-elles des sorcières page 16
L’Urbex : à la recherche du temps passé pages 18-19
Carpe Noctem
He can see in the Dark: Die Literatur des Schauers Seite 14-15
Das grosse Geheimnis Schlaf Seite 20
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ÉDITO
SOMMAIRE - INHALT
Yvan Pierri
Rédacteur en chef
Alyna Reading
Chefredakteurin
DISKUSSION Wer entscheidet,
wer entscheidet?
4-5
Rédaction
francophone
Deutschsprachige
Redaktion
KULTUR Provokante Heimatdichtung
6
Nuits fauves
La nuit est bien des choses dans l’imaginaire
collectif: mystérieuse, dangereuse et angoissante
pour les un·e·s mais également porteuse de
conseils, source de divertissement et d’inspiration
pour les autres. Malgré le raffinement technologique
qui, tout au long de notre histoire, nous
a permis d’y voir toujours plus clair lors de nos
virées nocturnes, force est de constater que la
nuit nous fascine et continuera de nous fasciner
car elle ne cessera jamais de contenir cette part
d'indicible qui stimule tant l’imagination.
Ce numéro tente ainsi d’explorer quelques-unes
des multiples facettes de la nuit. Les superstitions
qu’elle a engendrées et leur impact socio-culturel
sont ainsi mis à l’honneur. La littérature gothique
et la figure de la sorcière seront respectivement
traitées par Maria Papantuono et Velia Ferracini.
La nuit s’accompagnant également de tout un tas
de pratiques festives comme culturelles, Manon
Becker nous parlera de l’Urbex et moi-même des
Assises de la Vie nocturne. La science n’est pas
laissée de côté puisque Franziska Schwarz nous
présentera le laboratoire du sommeil de l’Université
de Fribourg et Alyna Reading nous décrira la
recherche menée sur les papillons de nuit.
Au programme, il sera également question de l’association
fribourgeoise Réseau Bénévolat Netzwerk,
la boutique BLOOM nous sera présentée
par Amélie Gyger dans notre page Sexualité et
Velia Ferracini se demandera comment être un.e
bon·ne allié·e dans la page Société.
C’est avec un grand honneur que je prends pour
la première fois la rédaction de Spectrum et
j’espère que notre travail saura intriguer et vous
stimuler autant que peut le faire la nuit.
Über Nacht
Nietzsche schreibt: «O Mensch! Gib acht! Was
spricht die tiefe Mitternacht?» Wer einmal
nachts wachgelegen hat, kennt diese Frage. Aus
der Dunkelheit tauchen Gedanken, Träume und
Ängste auf. Im Hinblick auf lange Herbstnächte
– und Halloween – hat sich unsere Redaktion
entschieden, der Nacht und ihren vielen Facetten
dieses Dossier zu widmen.
Maria Papantuono entführt uns in ihrem Artikel
über Schauergestalten der Literatur auf Friedhöfe
und alte Schlösser (S.14-15). Ich stelle in meinem
Artikel eine Kreatur der Nacht vor, die uns
eher staunen als erschauern lässt (S.17). Franziska
Schwarz versucht sich am grossen Geheimnis
Schlaf und berichtet darüber, wie es an der Universität
Freiburg erforscht wird (S.20). Wie immer
beschränken sich unsere Beiträge nicht auf das
Dossier. Freut euch auf den Freiburger Sänger
Gustav und seine Akademie (S.22), eine Rapperin
mit Sturmhaube (S.6) und Austauschreisen nach
Russland und in den Libanon (S.11).
Anders als der Titel vermuten lässt, ist diese Ausgabe
nicht über Nacht entstanden. Es steckt viel
Arbeit dahinter. Als neue Chefredakteurin bin ich
dankbar für die Unterstützung, die ich vom Komitee
und meiner Vorgängerin Katharina Schatton
erhalten habe.
Ich möchte alle neuen Komitee-Mitglieder herzlich
begrüssen: Franziska Schwarz, Helene-Shirley
Ermel und Tim König. Florence Valenne wird
uns leider im November als Unipolitik-Redakteurin
verlassen, weswegen wir auf der Suche nach Ersatz
sind. Wir möchten auch ein*e zweite*n Korrektor*in
anstellen. Falls wir dein journalistisches
Interesse geweckt haben (oder du beim Lesen
besonders viele Fehler gefunden hast, denen du
als Korrektor*in den Garaus machen würdest),
melde dich doch bei uns!
GESELLSCHAFT · SOCIETE
Immerzu auf den Beinen- Ein Tag
als diplomierte Pflegefachfrau
Être alié·e : Comment bien faire ?
UNIPOLITIQUE · UNIPOLITIK
Entretien avec l’ancien doyen
Wie zwei Austauschstudenteninnen
Corona trotzten
LES PENSÉES DE...
DOSSIER
La nuit venue…
Carpe Noctem
FRIBOURG · FREIBURG
Von Gustav und Gitarren
RBN : la maison des associations
SEXUALITÉ · SEXUALITÄT
Tinder - meine Analyse
BLOOM : conseils, plaisir et santé
sexuelle
LO SPROLOQUIO Finalmente !
KOMMENTARE
Kompromiss-Imbiss
Meine Rentree ins Unbekannte
CRITIQUES · KRITIKEN
COMITÉ · KOMITEE
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Zuerst aber wünsche ich viel Vergnügen beim
Lesen. Und gib acht! Denn manchmal spricht die
tiefe Mitternacht.
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DISKUSSION
Text Corina Dürr und Katharina Schatton
Fotos ZVG, Shutterstock
Wer entscheidet, wer
entscheidet?
Am 28. November stimmt das Schweizer Stimmvolk über
die Justiz-Initiative ab. Dabei geht es um nichts Geringeres
als die Unabhängigkeit unserer Gerichte, sagen die
Befürwortenden. Unser System funktioniere bereits jetzt
sehr gut, sagt die Gegenseite.
überdies die Möglichkeit, als Verfassungsverletzung
Beschwerde geltend zu machen.
as Komitee der Justiz-Initiative ist der
D Ansicht: Die demokratische Gewaltenteilung
zwischen Justiz und Politik ist
heute in der Schweiz nicht gegeben. Stark
kritisiert wird dabei vor allem der de facto
Zwang, einer Partei anzugehören, um
Bundesrichter*in zu werden. Aber auch die
Mandatssteuer und die periodische Wiederwahl
der Bundesrichter*innen ist den
Initiant*innen ein Dorn im Auge. Letztere
sei eine «Drohung, mit der sich Parteien
und Behörden ihren Einfluss auf die Justiz
sichern». Dieses System erschwere oder
verhindere so unabhängige Urteile.
Im Gespräch mit Spectrum gibt Andreas
Stöckli, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht
seine Einschätzung zur Justiz-
Initiative.
Herr Stöckli, sind Schweizer Richter*innen
heute unabhängig in ihren Entscheidungen?
Die richterliche Unabhängigkeit ist ein
fundamentales Rechtsprinzip in einem demokratischen
Rechtsstaat. Sie ist auch in
der schweizerischen Bundesverfassung gewährleistet.
Es ist jedoch eine andere Frage,
wie dieses Prinzip in der Praxis gelebt wird.
Es gibt, soweit ersichtlich, keine Hinweise
darauf, dass die richterliche Unabhängigkeit
in der Schweiz grundsätzlich gefährdet ist.
Ich kann allerdings auch keine Garantie dafür
abgeben, dass jedes Urteil, welches in der
Schweiz gefällt wird, auch in völliger richterlicher
Unabhängigkeit getroffen wird.
Wenn eine Partei diese Unabhängigkeit
in einem Verfahren verletzt sieht, besteht
Sie sehen also keine Probleme im aktuellen
System?
Wenn man sich das heutige System der
Bestellung der Richter*innen am Bundesgericht
vor Augen führt, gibt es schon Elemente,
die in einem Spannungsverhältnis
zur richterlichen Unabhängigkeit stehen: So
namentlich die periodische Wiederwahl der
Richter*innen, wobei die Wahl nur für eine
relativ kurze Amtsdauer von sechs Jahren
erfolgt. Dieser Mechanismus birgt die Gefahr,
dass die Bestätigungswahl zu einer Entscheidung
über die Rechtsprechung eines
oder einer Richter*in führt. In der Wahlpraxis
hat sich diese Gefahr aber bisher noch
nicht verwirklicht. Soweit ersichtlich, gab
es noch nie den Fall, dass ein*e Richter*in
wegen der Beteiligung an einem Urteil nicht
wiedergewählt wurde.
Wie liesse sich diese Gefahr mindern?
Hier könnte man sich überlegen, zu einem
System überzugehen, wonach Bundesrichter*innen
auf unbestimmte Zeit gewählt
würden. Eventuell verbunden mit einer
Amtszeit- oder Altersbeschränkung und
einem Abberufungsverfahren. Kritisch sehe
ich weiter auch den faktischen Parteizwang.
Die Bundesversammlung kann und sollte
bereits nach dem geltenden System auch
Kandidierende bei der Wahl berücksichtigen,
die keiner Partei angehören. Ein letzter
Verbesserungsvorschlag betrifft die Professionalisierung
des Auswahlverfahrens. Die
Zuständigkeit der Bundesversammlung für
die Wahl sollte man aus Gründen der demokratischen
Rückbindung meines Erachtens
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nicht grundsätzlich in Frage stellen. Man
könnte aber beispielsweise eine Fachkommission
schaffen, welche die Gerichtskommission
bei der Auswahl der Kandidierenden
beraten oder direkt dem Parlament
einen Wahlvorschlag unterbreiten könnte.
Letzteres ist bereits in einigen Kantonen der
Westschweiz vorgesehen. Dadurch könnten
die fachlichen Kriterien bei der Richterauswahl
wohl noch stärker Berücksichtigung
finden, ohne auf die demokratische Wahl
durch das Parlament verzichten zu müssen.
Bundesrichter*innen entrichten jährliche
Mandatssteuern an ihre Parteien.
Mit der Initiative würde diese automatisch
entfallen.
Ich sehe die Mandatssteuer kritisch. Mit
der Mandatssteuer kann in der Bevölkerung
der Eindruck entstehen, dass ein Abhängigkeitsverhältnis
zwischen der Richterschaft
und politischen Parteien besteht. Sie führt
dazu, dass in aller Regel nur parteigebundene
Personen als Richter*innen gewählt
werden. Die Mandatssteuer bedeutet meines
Erachtens aber nicht, dass Ämter käuflich
sind. So werden diese Abgaben von den
Parteien im Vorhinein festgelegt und nach
einheitlichen Regeln erhoben. Von einem
Ämterkauf könnte beispielsweise gesprochen
werden, wenn Ämter an den oder
die Höchstbietenden versteigert würden.
Wenn man die Mandatssteuer verbieten
würde, fielen relevante Einnahmen für die
Parteien weg. Es stellte sich dann die Frage,
wie man diesen Wegfall an Einnahmen
kompensieren könnte, um den Parteien, die
eine wichtige Rolle im demokratischen Prozess
wahrnehmen, eine hinreichende Finanzierung
zu gewährleisten.
Crash-Kurs Justiz-Initiative
Was halten Sie vom Losverfahren, das
die Initiative vorschlägt?
Der Bundesversammlung kommt bei der
Bestellung der Bundesrichter*innen ein
grosser Spielraum zu, weil in den einschlägigen
Rechtsnormen kaum Kriterien für
die Wahl definiert sind. Allerdings hat die
Bundesversammlung verschiedene ungeschriebene
Kriterien entwickelt, die in der
Regel auch zur Anwendung kommen: Neben
dem freiwilligen Parteienproporz, der
die politischen Strömungen auch am Bundesgericht
abbildet, wird etwa auf eine angemessene
Vertretung der Sprachregionen
und Geschlechter geachtet. Der Vorteil des
heutigen Systems liegt darin, dass die Bundesrichter*innen
mit der Wahl durch das
Parlament über eine hohe demokratische
Legitimation verfügen. Beim Losverfahren
handelt es sich hingegen weder um ein demokratisches
noch um ein rechtsstaatliches
Mandatssteuer: Bundesrichter*innen zahlen heute einen jährlichen Betrag an ihre
Partei. Die Mandatssteuer variiert von Partei zu Partei und stellt eine schweizerische
Eigenheit dar. Mit Annahme der Initiative würde diese Steuer de facto entfallen, da
Richter*innen nicht mehr einer Partei zugehörig wären. Weil aber viele Parteien finanziell
stark abhängig sind von diesen Beiträgen, lehnen sie die Initiative ab.
Wiederwahl: Bundesrichter*innen müssen sich alle sechs Jahre einer Wiederwahl
durch die Bundesversammlung stellen. Um die Unabhängigkeit der Richter*innen zu
stärken, soll laut der Initiative diese Wiederwahl abgeschafft werden. Stattdessen
schlägt das Initiativkomitee eine fast unbeschränkte Amtszeit vor, wobei Richter*innen
mit einem Abberufungsverfahren ihres Amtes enthoben werden können.
Parteien-Proporz: Die Wahl von Richter*innen ist nicht gesetzlich festgeschrieben,
sondern die Bundesversammlung nimmt nebst sprachlichen, regionalen und
fachlichen Kriterien auch «freiwillig Rücksicht auf die Proporz-Ansprüche der Parteien».
Das heisst, dass die Zusammensetzung des Bundesgerichts die Schweizer
Parteienlandschaft widerspiegeln soll. In einzelnen Fällen kann aber auch von einem
solchen «Gentlemen’s Agreement» abgewichen werden (zum Beispiel beim Fall der
CVP-Richterin Julia Hänni, 2019).
Verfahren. Letztlich entscheidet der Zufall,
wer Bundesrichter*in wird. Losverfahren
sollten in einem Rechtsstaat, wenn überhaupt,
nur dort zur Anwendung gelangen,
wo keine objektiven Kriterien für eine Auswahl
zur Verfügung stehen.
Freiburg hat als einziger Kanton diese
richterliche Wiederwahl abgeschafft.
Wissen Sie, ob dieses System hier Vorteile
gebracht hat?
Auf dem Papier überzeugt dieses System in
Bezug auf die richterliche Unabhängigkeit
mehr. Es hat allerdings den Nachteil, dass
die Richter*innen nicht mehr periodisch die
demokratische Bestätigung durch das Parlament
erfahren. Bei der Ausgestaltung des
Wahlverfahrens für Richter*innen befindet
man sich in einem schwierigen Spannungsverhältnis
zwischen der Vermittlung demokratischer
Legitimation einerseits und der
Gewährleistung von Rechtsstaatlichkeit im
Sinne einer möglichst weitgehenden richterlichen
Unabhängigkeit andererseits. Das
gilt es abzuwägen. Jedes Modell bringt Vorund
Nachteile mit sich.
Ob die richterliche Unabhängigkeit im
Kanton Freiburg auch tatsächlich besser
gewährleistet ist als in anderen Kantonen
und im Bund, kann ich nicht beurteilen. Dies
lässt sich kaum messen. Politische Beeinflussung
ist im Übrigen nicht nur im Rahmen
der Wiederwahl möglich. Es gibt aber weder
in Bezug auf den Kanton Freiburg noch
in Bezug auf das Bundesgericht erhärtete
Hinweise darauf, dass entsprechende politische
Einflussnahmen stattfinden würden. P
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KULTUR
Text Niki Ott und Tania Chassot
Foto Tania Chassot
Provokante Heimatdichtung
Jessica Jurassica bricht Tabus und spricht über Ängste,
basht Boy-Groups und flucht über das Patriarchat. Sie
schreibt Kolumnen und Romane, rappt und performt auf
unterschiedlichen virtuellen Plattformen wie auch auf
physischen Bühnen.
ine dieser Bühnen wird am 5. November
E jene im Bad Bonn sein. Da wird Jessica
Jurassica zusammen mit DJ Netlog (a.k.a
DAIF) als CAPSLOCK SUPERSTAR auftreten.
Zu diesem Anlass haben wir sie auf
ein Gespräch, Kaffee und einige Zigaretten
getroffen.
Beats, Dosenprosecco und Kritik
Im Bad Bonn spielen DJ Netlog und Jessica
Jurassica vor Klitclique, einem feministischen
Lo-Fi-Trap-Rap Duo. Dass CAPS-
LOCK SUPERSTAR im FLINTA 1 -Kontext
anzutreffen sind, erstaunt beim genauen
Hören ihrer Lyrics keineswegs. MEGAMIX
– CAPSLOCK SUPERSTARS 2020 erschienenes
Debutalbum – gehört laut seinen Erschaffenden
zum Genre Eurodance. Es
überzeugt mit fetten Beats, Dosenprosecco
und einer mehrschichtigen Kritikmixtur.
Das Album soll laut der Webseite der Band
«allenfalls Europa und seine menschenverachtenden
und selbstherrlichen Mauern
zum Brennen bringen». Zu hören waren
Jurassica und DJ Netlog noch kaum im Clubkontext,
da CAPSLOCK SUPERSTAR erst
kurz vor der Corona-Zeit entstanden ist.
Zu Beginn hatten Jurassica und DJ Netlog
Spoken-Noise gemacht. Spoken-Noise ist
eine Kunstform, bei der Texte über einen
Klangteppich gesprochen werden. Der Anstoss,
Musik zu produzieren, folgte auf eine
Anfrage als Pre-Act einer Boy-Band. Ironischerweise
kommentiert Jurassica solche
Boy-Bands in MEGAMIX kritisch. Für sie
selber war die Entwicklung von der Sprecherin
zur Sängerin alles andere als selbstverständlich.
Gerade als Frau ist es schwierig,
in der männlich-dominierten Schweizer
Musikszene Raum zugesprochen zu bekommen.
Dieser Raum muss in Anspruch
genommen werden. Für diesen Emanzipationsprozess
ging Jurassica in den Kanton
Jessica Jurassica in der Badewanne mit Zigarette,
aber ohne Wasser
Thurgau. Dort fand sie einen «safe space
[um sich] zu entfalten und über Unsicherheiten
hinauszuwachsen». Sie sagt: «Einen
safen Raum zu entwickeln und diesen Weg
zu gehen, war für mich mega nötig.»
Mit Sturmmaske unterwegs
Ein zentraler Bestandteil von CAPSLOCK
SUPERSTAR bleiben auch nach dem Wechsel
von Spoken-Noise hin zum Gesang weiterhin
Jessica Jurassicas eingängige Texte. In
Wort gefasste Ehrlichkeit und Provokation
finden sich in all ihren Projekten wieder: In
ihren Romanen, lyrischen Auftritten, Social-
Media-Posts und früher auch in einer Kulturkolumne
der Zeitung Der Bund (bis Tamedia
mit Jurassicas Unverblümtheit nicht
mehr zurechtkam).
Auffallend ist aber nicht nur Jurassicas Ausdrucksweise,
sondern auch die Sturmmaske,
welche sie während ihrer Performances,
Lesungen und Konzerten trägt. Diese verleiht
ihren provokativen Auftritten Anonymität.
Einerseits bietet diese Anonymität
ihr Schutz vor Anfeindungen aus der Öffentlichkeit,
denen viele FLINTA-Personen
ausgesetzt sind, wenn sie sich öffentlich
feministisch äussern. Andererseits ist die
Sturmmaske auch ein wichtiger Bestandteil
ihres künstlerischen Auftritts. Das Verdecken
des Gesichts in Kombination mit den
ehrlichen Texten ist «ein sehr starker Bruch
zwischen mich verstecken und mich mega
fest zeigen».
Fläche zur Selbstreflexion
Dieses Zusammenspiel von Zeigen und
Verstecken schafft Raum, in welchen Besucher*innen
der Lesungen, Peformances und
Konzerte eigene Erfahrungen reflektieren
können. In der Folge davon vertrauen Leute
Jurassica nach ihren Auftritten gelegentlich
sehr persönliche Erlebnisse und Ängste an,
welche ansonsten wohl eher unausgesprochen
bleiben würden. Diese Ehrlichkeit hat
sie auch schon überrascht, «bis ich dann
gemerkt habe, dass ich das [Teilen] ja auch
mache».
Geteilt wird bald auch im Bad Bonn. Das
Album macht dem Entstehungskontext alle
Ehre und könnte als «provokante Heimatdichtung»
bezeichnet werden. Dass der Auftritt
mit tollen Autotune-Refrains und Spoken-Word-Strophen
„ballern“ wird, ist uns
jetzt schon klar. Fläche zur Selbstreflexion
wird es auch da geben. Wir freuen uns ! P
Mehr Info über Jessica
Jurassica auf
ihrer Website:
1 FLINTA steht für Frauen, Lesben, Intersex-, Nonbinary-, Trans- und asexuelle Personen
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GESELLSCHAFT
Text Ella Lory
Illustration Unsplash
Immerzu auf den Beinen
Am 28. November 2021 stimmen wir über die Pflegeinitiative
ab. Passend zur aufkommenden Abstimmung erzählte
uns die diplomierte Pflegefachfrau Mara, wie ein
Tag bei ihr im Spital Thun aussieht.
ie sieht ein «normaler» Arbeitstag für
W dich aus? Eigentlich eine simple Frage,
aber als diplomierte Pflegefachfrau ist «normal»
ein relativer Begriff.
Frühaufsteher
Zuerst einmal ist Maras Tag abhängig vom
Dienst, in den sie eingeteilt ist. Wir beginnen
beim Tagdienst, der um sieben Uhr in
der Früh anfängt und um vier Uhr nachmittags
endet.
Im Spital angekommen, muss sich Mara zuallererst
in die Patientenakten einlesen, bevor
sie die Patient*innen besucht. Sie schaut
bei allen ihren Patient*innen vorbei, misst
den Blutdruck und fragt nach ihrem Befinden.
Schmutzige Wäsche muss ausgewechselt
und Betten frisch bezogen werden.
Währenddessen hat sie stets einen Wagen
zur Hand, der sie bei der Arbeit mit den
wichtigsten Utensilien versorgt.
Als diplomierte Pflegefachfrau klärt sie
danach die Pflegeassistent*innen über den
Zustand der Patient*innen auf, da diese sich
zuvor nicht in die Dokumente einlesen. Im
Anschluss steht ein Treffen mit dem zuständigen
Assistenzarzt an für den Morgenrapport.
Vor dem Mittag werden allen Patient*innen
die notwendigen Medikamente
verabreicht und die Infusionen kontrolliert.
Danach läuten die Glocken. Es ist 11:30 Uhr
und die erste Gruppe hat 36 Minuten Mittagspause.
Im Anschluss folgt die zweite
Gruppe.
Nach dem Mittag gibt es ein Briefing, gefolgt
von einer «subjektiven Einschätzung»
des bisherigen Tages. Was konnte bis jetzt
getan werden und was ist alles noch zu
tun? Den restlichen Nachmittag verbringt
Mara vorwiegend mit Dokumentieren, dem
Wechseln von Verbänden und Gehtraining
mit den Patient*innen, bevor sie vom Spätdienst
abgelöst wird.
Das alles klingt nach viel Arbeit, ist aber
überschaubar. Dies beschreibt allerdings
den Optimalfall. Teilweise läuft alles drunter
und drüber und nicht immer ganz nach
Schema, wie Mara berichtete.
Medikamentenkontrolle und Abendpflege
Gleich wie beim Tagdienst, beginnt der
Spätdienst um 14:30 Uhr mit dem Einlesen
in die Patientenakten, bevor die Patient*innen
besucht werden. Übernommene
Arbeiten des Tagdienstes müssen nun
weiter ausgeführt werden. So zum Beispiel
das Vorbereiten von neu eingetretenen Patient*innen
auf ihre Operation oder postoperative
Überwachungen.
Vor dem Abendessen muss Mara eine Anamnese
zum aktuellen Gesundheitszustand
der Patient*innen durchführen und sie im
gegebenen Fall mit einem Gespräch auf ihre
Entlassung vorbereiten. Nun fehlt nur noch
die Abendpflege: Zähne putzen und ins
Bett helfen. Jetzt haben alle vom Personal
eine Pause verdient und können in Ruhe zu
Abend essen. Um 22.00 Uhr verabreichen
sie dann die letzten Medikamente.
In der Nacht «ga rundä»
Es ist 22:15 Uhr, finster und die Sonne ist
schon lange untergegangen. Um diese Zeit
wird der Spätdienst durch die Nachtwache
abgelöst. Zuvor klärt der Spätdienst
die Nachtwache über den Zustand und die
Diagnose der Patient*innen auf, damit diese,
ohne das Durchlesen von Bergen an Pflegedokumenten,
wissen, was zu tun ist.
Ab diesem Moment hat der Nachtdienst die
Aufgabe alle zwei Stunden «ga rundä», wie
es Mara so schön ausdrückt. Das bedeutet,
bei den Patient*innen vorbeizuschauen und
zu überprüfen, ob noch alles in Ordnung ist.
Im Verlaufe der Nacht dreht die Nachtwache
drei Runden im Abstand von wenigen
Stunden. Katheter werden abgelassen, Tee
ausgeschenkt und zwei Stunden später wird
während der vierten Runde noch Blut abgenommen
und der Blutzuckerspiegel der
Patient*innen gemessen.
Zeitintensiver sind die frischoperierten Patient*innen,
die regelmässiger überwacht
und nach ihrem Befinden gefragt werden
müssen. Nach der Morgenrunde übernimmt
nach einem kurzen Briefing um 7:15
Uhr schliesslich wieder der Tagdienst. Die
Nachtwache geht nun nach Hause in ihr
Bett und ruht sich aus, bevor der nächste
Dienst ruft.
Denn wie Mara erzählte, gibt es Nächte, in
denen man in Ruhe einen Film schauen kann
und in anderen kann man sich kaum setzen,
um die Pflegeberichte zu schreiben. Von
der Pflegeinitiative erhofft sich Mara realistischere
Arbeitsbedingungen und mehr Anerkennung
für ihre Tätigkeit: «Damit man als
Pflegende mit dem Gefühl den Patienten gerecht
werden zu können, nach dem Dienst
nach Hause gehen kann.» P
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SOCIETE
Texte Velia Ferracini
Illustrations Romain Buffetrille, Alwiya Hussein
Être allié·e : comment bien faire ?
En 2021, notre monde est encore souillé de nombreuses
injustices contre lesquelles il est nécessaire d'agir, même
si l'on ne les subit pas directement. Mais comment être
un·e bon·ne allié·e ?
principe de non-mixité, par crainte de voir
les hommes cis-genres désirant les soutenir
occuper trop de place. En effet, être allié·e,
c'est, par définition, selon le Larousse :
« apporter son aide et son soutien à autrui ».
Dans le contexte de l'engagement pro-
LGBTQ+ et anti-raciste, une nuance vient
s'ajouter au mot : la personne en question
n'est pas directement concernée par l'injustice
qu'elle tente de combattre. C'est
par exemple une personne hétérosexuelle
qui désire manifester pour les droits de la
communauté LGBTQ+. De ce fait, la personne
doit être prudente dans ses agissements.
Lara Torbay, membre de l'association
universitaire EquOpp, explique ainsi que
chaque communauté a ses propres besoins,
vécus et combats et qu'il est donc nécessaire
de se questionner lorsqu'on veut être
un·e allié·e utile à sa cause : « Selon moi, être
allié·e, c'est un long processus de remise en
question et de changement complexe. Il n'y
a pas de règle rigide et universelle, si ce n'est
de faire preuve d'une certaine empathie,
de flexibilité, de curiosité et d'humilité ».
La notion d'allié·e·s est donc délicate, car elle
implique des comportements qui diffèrent
en fonction de la cause à laquelle elle est associée.
e 26 septembre 2021, en Suisse, la votation
sur le mariage pour tou·te·s est ac-
L
ceptée par 64% de votant·e·s. Parmi ces personnes,
nombreuses sont celles qui ne font
pas partie de la communauté LGBTQ+ mais
qui se sont mobilisées pour une cause qu'elles
estimaient primordiale. Ces personnes
sont ce que l'on appelle des allié·e·s. Dans
cet article, Spectrum cherche à réfléchir à
cette notion qui peut s'avérer complexe.
Car être l'allié·e d'une cause peut être délicat.
Par exemple, de nombreux·ses membres
des mouvements féministes prônent un
Être allié·e, c'est savoir s'effacer
Un premier élément semble essentiel à la
notion d'allié·e : la compréhension de l'autre.
Lara Torbay décrit ainsi cette idée :
« Être un·e· bon·ne allié·e de groupes marginalisés,
c'est savoir écouter et comprendre
des récits qui ne correspondent pas à notre
propre vision du monde. C'est pouvoir se
remettre en question, faire preuve de curiosité
et se renseigner spontanément sur
certaines thématiques. C'est être assez souple
pour (dés)apprendre certaines idées ».
Pour ce faire, il est important d'effectuer un
travail sur soi : « Je pense qu'il est nécessaire
de mettre son égo de côté, d'accepter d'avoir
tort, de ne pas tout comprendre, et de ne pas
systématiquement être au centre des discussions
et sur le devant de la scène dans le cadre
de thématiques qui ne nous concernent
pas. Peu importe ses connaissances ou ses
expériences, je pense qu'il est crucial de se
dire qu'on n'a jamais tout compris : il y aura
toujours des vécus diamétralement opposés
au mien, des notions et des mots inconnus,
des habitudes à changer, des biais à déconstruire
», explique Lara Torbay. Même si l'effacement
de soi est parfois difficile à mettre
en place, être un·e bon·ne allié·e, c'est avant
tout laisser la place aux personnes qui subissent
l'injustice contre laquelle on souhaite
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lutter. Pour ce faire, il est donc essentiel de
questionner ses propres attitudes, ce que
Lara Torbay présente ainsi : « il s'agit de
faire peau neuve, de laisser derrière soi certaines
habitudes, d'apprendre des autres, de
dialoguer. Dans cette idée de flexibilité, il est
important de pouvoir accepter de faire des
erreurs, de ne pas mal le prendre lorsqu'on
nous les fait remarquer et d'en apprendre ».
Défendre une cause sans la vivre ?
Comment défendre une cause quand il s'agit
d'une injustice que nous ne vivons pas personnellement
? Une question complexe qu'il
est essentiel de se poser dans une réflexion
sur la notion d'allié·e. Lara Torbay commence
par insister sur un point essentiel : « Je
ne pense pas qu'il y ait de façon unique de
soutenir activement une cause qui ne nous
concerne pas ». Chaque cause a ses particularités.
La première étape consiste donc
à se renseigner. Cela peut se faire de différentes
manières : en allant écouter ce que
les personnes concernées par l'oppression
en question revendiquent, en cherchant
leurs témoignages, ou en lisant des écrits
sur la question. Se renseigner, c'est aussi
comprendre les besoins des personnes que
l'on souhaite aider. « Je pense que le but est
d'alléger la charge des personnes subissant
des oppressions : les allié·e·s ne sont pas
au centre des conversations et des actions,
mais sont là pour les amplifier, les soutenir,
les défendre », explique Lara Torbay. Et en
se renseignant, on peut alors également proposer
à d'autres de s'intéresser à cette question
et éviter de perpétuer certains discours
ou certains biais.
Il est alors possible d'agir en engageant des
conversations sur certaines thématiques
dans le cercle familial, amical, professionnel,
en utilisant un vocabulaire adéquat et en disposant
de connaissances sur la question. De
même, on peut chercher à partager la voix
des personnes marginalisées, par exemple
sur les réseaux sociaux, pour amplifier leur
portée en partageant leurs contenus.
Lara Torbay propose encore un autre type
d'action, le soutien financier : « donner à
des personnes marginalisées, à des collectifs
militants, et à certaines ONG, et soutenir les
productions de personnes noires, trans, ou
en situation de handicap, est une manière de
prendre part à une cause ».
Finalement, une action concrète est également
possible, allant de la politique institutionnelle
(voter dans le but d'améliorer
la situation de groupes marginalisés, signer
des pétitions, s'engager dans des structures
étatiques, etc.) au militantisme (s'engager
dans des collectifs, les aider avec ses capacités
propres, aller manifester, mais aussi
permettre à ces manifestations d'avoir lieu
tout en laissant les personnes concernées y
participer librement en s'occupant de la sécurité,
de la nourriture ou encore de la garde
d'enfants).
Mais où se trouve la limite ?
Agir est donc primordial, mais il est important
d'être prudent·e et de ne pas vouloir
occuper le devant de la scène. Lara Torbay
conclut : « La limite réside toujours dans
le fait de ne pas parler pour ou au nom des
personnes qu'on souhaite soutenir. C'est
pouvoir admettre qu'on ne doit pas systé-
matiquement être au centre de tout, prendre
la parole, être en tête de cortège. C'est ne
pas couper la parole, ne pas partir du principe
qu'on sait déjà tout, ne pas minimiser
des souffrances qui ne sont pas les nôtres.
Garder un esprit critique et se poser des
questions sur certaines notions ou idées
reste crucial ». P
11.21
spectrum
9
UNIPOLITIQUE
Texte Alison Eugénie Bender
Photo Alison Eugénie Bender
Entretien avec l’ancien doyen, le
Prof. Christian Bochet
L’élection du prochain doyen ou de la prochaine doyenne
de la Faculté des Sciences et Médecine approchant
à grand pas, nous vous proposons un entretien avec
l’ancien doyen, le Prof. Christian Bochet.
rof. Christian Bochet est chargé avec le
P seul autre ancien doyen de la Faculté des
Sciences et Médecine, le Prof. Rolf Ingold,
d’organiser le processus d’élection au sein du
Conseil de Faculté, pour qu’elle se déroule
dans les meilleures conditions possibles. Il
nous explique comment s’articule la recherche
des candidat·e·s et nous partage son expérience
passée au sein du Décanat.
Quel est le profil spécifique que vous
recherchez ?
Il faut que ça soit quelqu’un qui ait quand
même une certaine expérience dans l’Université,
parce que c’est une chose d’avoir de
très bonnes idées, mais il faut savoir comment
le système fonctionne pour pouvoir
les appliquer.
Cela veut aussi dire, du point de vue du caractère,
que l’on veut des gens qui ont le sens
de l’écoute et de la négociation. Il·elle doit
avoir beaucoup d’empathie pour toute la Faculté
et donc une personnalité fédératrice
plutôt qu’une personnalité clivante qui va
semer le chaos dans la Faculté.
Quels sont les points essentiels de votre
recherche ?
On a suivi trois pistes principales. D’abord
la considération du genre, qui est très importante
pour nous et pour la Faculté, donc
on a activement pris contact avec toutes les
professeures femmes de la Faculté, indépendamment
de l’ancienneté ou de l’expérience.
C’était un groupe cible qu’on a directement
identifié.
Ensuite on a fait diffuser l’information : on a
contacté tout·e·s les président·e·s de département
pour qu’ils·elles sondent leur propre
département, car on ne veut pas que ça soit
un processus où on va chercher des copains
et où on écarte des personnes motivées.
Et puis la troisième voie, c’est d’également
contacter de façon active des gens qui, de
par leur ancienne position, auraient les
bonnes compétences ; ça veut dire des ancien·ne·s
vice-doyen·ne·s, des vice-recteurs·rices
ou des président·e·s du corps professoral,
donc des gens qui connaissent très bien
le fonctionnement de la maison.
Est-ce un poste facile à pourvoir ?
Non, c’est relativement difficile. C’est-à-dire
que dans un appel complétement libre
en disant « bon bah voilà jusqu’à telle date
que ceux qui sont intéressés s’annoncent
», personne ne s’annonce. Ça ne veut pas
forcément dire que personne n’est intéressé
; il y a toujours une petite réticence à se
mettre en avant – c’est très suisse – et donc
il faut un petit coup de pouce. Cela dit, l’investissement
personnel de celui ou celle qui
est élu·e n’est pas négligeable. Alors même
si c’est une tâche qui, de mon point de vue,
est satisfaisante, c’est clair que ça représente
beaucoup de travail qui vient s’additionner à
la charge habituelle. Mais ça permet aussi de
dégraisser le pool de candidat·e·s et d’avoir
vraiment des gens pour qui le bien de la Faculté
est véritablement une priorité.
Que vous a apporté votre expérience
en tant que doyen ?
Ça m’a montré que le·a doyen·ne a la possibilité
de faire changer les choses, pas forcément
par des mesures spectaculaires, mais
dans chacune des décisions qu’il·elle prend :
dans les commissions d’appel pour les nouveaux·elles
professeur·e·s ou dans l’arbitrage
des conflits avec les étudiant·e·s par exemple.
Par sa vision générale de l’Université et
par son sens de l’équité, le doyen ou la doyenne
arrive à imposer quelque chose dans
la Faculté. Il y a une possibilité d’agir, qui va
bien au-delà de la gestion des débats et la
rédaction des procès-verbaux de séances ;
il y a de quoi laisser une empreinte dans la
Faculté.
Un message pour notre futur·e
doyen·ne ?
Un·e professeur·e doit aimer ses étudiant·e·s,
fondamentalement, et un·e doyen·ne doit
aimer les professeur·e·s en plus d’aimer les
étudiant·e·s. Chaque fois qu’il y a un problème
à résoudre, il faut trouver une solution
qui soit au bénéfice de la personne et de l’institution,
bien sûr, ne pas avoir peur du contact,
ne pas essayer d’éviter la confrontation.
Il faut vraiment vouloir, au plus profond de
nous-mêmes, rendre service. Quand on fait
ça, les solutions qu’on propose sont toujours
meilleures. P
10 spectrum 11.21
UNIPOLITIK
Text Sophie Sele
Foto Léa Dorsaz
Wie zwei Austauschstudent*innen
Corona trotzten
Ein Auslandssemester birgt viele Ungewissheiten. Mit
Corona ist noch eine hinzugekommen. Zwei Studentinnen
der Universität Fribourg berichten, warum ihr Austausch
dennoch unvergesslich war.
éa Dorsaz und Stella Bettini sind beide
L zweiundzwanzig Jahre alt und studieren
Sozialanthropologie an der Universität in
Fribourg. Die beiden verbindet der Traum
eines Auslandsaufenthalts, welchen sie sich
im Frühlingssemester 2021 während ihres
Bachelors erfüllt haben. Ihre Erfahrungsberichte
sprechen von der Überwindung von
Corona-Hürden, vom Knüpfen währender
Kontakte und vom Sammeln unvergesslicher
Erinnerungen.
Sehnsucht nach dem Unbekannten
Ursprünglich hatte Léa ihr zweites Studienjahr
im Ausland verbringen wollen. Aufgrund
der Pandemie war ein Austausch allerdings
erst im zweiten Semester möglich.
Sie besuchte die Russian State University for
the Humanities in Moskau, welche eine Konvention
mit der Universität Fribourg hat.
Die Wahl dieser Universität fiel ihr leicht,
denn sie war seit einer Reise nach Russland
von der Sprache, Landschaft und Völkervielfalt
fasziniert. Stella wählte ebenfalls
eine Universität mit Austauschabkommen,
nämlich die Université Saint-Esprit de Kaslik
im Libanon. Dazu bewegt hatte sie die
Sehnsucht nach dem Unbekannten und ihr
Interesse für die Pluralität der Religionen in
der Levante-Region.
Uneingeschränkte Erfahrungen
Am Anfang ihres Aufenthalts fand Léa das
Leben in einer so grossen Stadt wie Moskau
ungewohnt, da sie aus einem kleinen Dorf
im französischsprachigen Teil des Wallis
stammt. Sie war in einem Wohnheim für internationale
Student*innen untergebracht.
Dieses war verhältnismässig leer, da aufgrund
der Pandemie nicht viele Austauschstudent*innen
nach Russland gekommen
waren. Kontakte zu knüpften fiel ihr daher
anfangs schwer. Die Pandemie bemerkte sie
sonst kaum: Restaurants waren geöffnet,
Partys erlaubt und Treffen unter Freund*innen
möglich. Während in der Schweiz alle
Vorlesungen online stattfanden, konnte Léa
in Russland ganz normal Präsenzunterricht
besuchen. Nicht zuletzt dank diesen moderaten
Massnahmen fällt ihre Bilanz des Austauschs
überaus positiv aus: «Ein Auslandssemester
ist immer eine gute Erfahrung, ob
vor oder während Corona. Man kann eine
neue Kultur, eine fremde Sprache und ein
anderes Universitätssystem kennenlernen.
Dadurch gewinnt man eine neue Perspektive,
weil man so denkt und lebt wie die Leute
dort.»
Ein authentischer Einblick
Ähnlich restriktive Massnahmen wie in
der Schweiz erlebte hingegen Stella im Libanon.
Obwohl alle Vorlesungen nur online
stattfanden, hatte sie mit den dortigen
Studienberater*innen dennoch immer eine
Anlaufstelle. Auch bei ihr war viel Eigeninitiative
nötig, um Kontakte zu knüpfen. Internationale
Student*innen gab es aufgrund
von Corona nämlich auch im Libanon eher
wenige. Einheimische als Freund*innen zu
gewinnen, war für Stella dafür leichter. Die
Libanes*innen sprachen nämlich sehr gut
Englisch und Französisch. Zudem nahm
Stella während ihres Austauschs Arabischkurse,
um sich besser verständigen zu können.
Sicherlich hilfreich war auch, dass sie
sich in der Hauptstadt Beirut eine Wohngemeinschaft
mit sieben Libanesinnen teilte,
mit welchen sie heute noch Kontakt pflegt.
Rückblickend kann Stella Corona sogar als
Chance sehen: «Aufgrund der Pandemie
gab es weniger Austauschstudent*innen
und deshalb war es leichter, Einheimische
kennenzulernen. Dadurch wurde mir ein authentischer
Einblick in die Kultur, Sprache
und Lebensrealität vor Ort ermöglicht» P
Lust auf ein Auslandssemester
bekommen?
Jedes Jahr findet Ende September
jeweils die International Fair an der
Universität Fribourg statt. Studierende,
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Incoming- und Outgoing-Studierenden
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vielfältigen Möglichkeiten
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11.21
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LES PENSÉES DE...
Illustrations Lukas Lauener
Es wird Nacht und
wir erwachen zum
Leben
Text Ella Lory
Der Tag wird zur Nacht und die Nacht zum Tag. Es wird Nacht und wir erwachen
zum Leben. Wir sind jung und wir sind Student*innen. Es klingt erfrischend und
aufregend, das ist es auch. Was es aber auch ist: Anstrengend. Ohne Schlaf weiterzugehen,
am Morgen wieder aufzustehen und in die Vorlesung zu sitzen. Dort soll man
sich noch konzentrieren können. So holt man tags darauf etwas Schlaf nach, geht
früher zu Bett und ruht sich aus. Doch nach acht Stunden Schlaf folgt schon bald
ein erneuter Abfall auf drei, bevor der Schlaf wieder auf sechs Stunden ansteigt. Das
ist alles andere als ideal, doch wenn der Tag zur Nacht und die Nacht zum Tag wird
und man dazwischen hin und her wandelt, braucht es seine Zeit, bis man sich wieder
einpendelt. Denn es wird Nacht und wir erwachen zum Leben. Wir sind jung und
wir sind Student*innen.
Avons-nous tué
Dieu ou la nuit
métaphysique
Texte Joan Laissue
« Dieu est mort ! Dieu reste mort ! Et c'est nous qui l'avons tué ! Comment nous consoler,
nous les meurtriers des meurtriers ? Ce que le monde a possédé jusqu'à présent de plus sacré
et de plus puissant a perdu son sang sous notre couteau. »
Nietzsche, le Gai Savoir
Avec Nietzsche, la mort symbolique du fétiche Divin amène l’humanité à l’état de
manumission existentielle. La mort de Dieu fût la condition nécessaire pour voir
l’individu tendre vers ce qu’il n’a jamais été avant cela, un au-delà de lui-même. Un
homme qui affirme premièrement sa condition et qui réaffirme également la fragilité de son ontologie. Le surhomme n’est plus ce que Nietzsche
appelait : « un halluciné de l’arrière-monde ». Il nie alors la transcendance, le dualisme du corps et de l’âme, l’au-delà du perceptible
auquel l’homme de foi vouait sa croyance. C’est l’avènement du nihilisme héroïque et passif, de l’immanence, la négation absolue de toute
les anciennes valeurs morales et transcendantes. L’homme accepte sa condition, recrée une éthique positive et adopte une lucidité stoïque
sur le non-sens de son existence. Mais Nietzsche avait-il seulement pensé à ce que l’on appelle aujourd’hui les pseudos-religions, reflets de
l’ère post-moderne ? Tous les systèmes de croyances ne se basant en rien sur une réalité matérielle, empirique et pragmatique. Bon nombre
de ces paradigmes, avouant une réalité qui dépasse les perceptions humaines ou une réalité « cachée » (Médecine alternative, Astrologie,
Lithothérapie, Homéopathie, théorie du complot, superstitions…), semblent adopter les mêmes logiques que les religions, des post-vérités
nouvellement constituées et synthétisées.
« L’homme a détruit l’église pour en bâtir d’autres » disait Albert Camus, les fétiches des hommes n'ont donc que de bien transitionnelles
apparences. Donc, permettons-nous d’être, à l’opposé de Nietzsche, plus prudent·e·s sur l’affirmation de la mort de Dieu et du paradigme
religieux. Avons-nous réellement tué Dieu ?
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La nuit venue...
-
Carpe Noctem
Idée originale Alyna Reading
He can see in the Dark: Die Literatur des Schauers
Seite 14-15
Les féministes sont-elles des sorcières ? page 16
Eine flotte Motte Seite 17
L’Urbex : à la recherche du temps passé pages 18-19
Das grosse Geheimnis Schlaf seite 20
On sort ce soir ? page 21
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DOSSIER
Text Maria Papantuono
Illustration Emanuel Hänsenberger
He can see in the dark: Die Literatur
des Schauers
Klassische Musik ertönt durch meine Kopfhörer. Ich laufe
durch die Finsternis. Meine Schritte werden schneller,
ich fühle mich verfolgt. Trotz der Paranoia formt sich ein
finsteres Lächeln auf meinen Lippen.
ie Faszination für das Böse, das Düstere,
D Unbekannte oder für die melodramatische
Darstellung des Gewöhnlichen ist ein
uns allen bekanntes Phänomen. Wir können
damit in eine Welt des Unerklärlichen und
der endlosen Fantasie eintauchen. Buchliebhaber*innen
kennen dieses Gefühl besonders
gut. Im Englischen nennt sich das
«escapism», im Deutschen «Eskapismus» oder
auch Realitätsflucht vor dem, was im alltäglichen
Leben ausgehalten wird.
Glücklicherweise erkannten Autor*innen
wie Horace Walpoe die Liebe zum Unerklärlichen
gekoppelt mit einem Wunsch
nach dem Eintauchen in eine andere Welt.
Mit seinem weltbekannten Werk The Castle
of Otranto gilt Walpoe als ein Pionier der
gotischen Literatur, obwohl er den Begriff
«gothic» vermutlich eher als Witz in den
Untertitel schrieb. Die Geschichte ist eine
bizarre Mischung aus Mediävistik und Terror,
geschmückt mit übernatürlichen Elementen
und einem Setting, welches einem
treuen Fan der Schauerliteratur ein Lächeln
ins Gesicht zaubert: Ein altes, gotisches
Schloss, das von irgendeiner Kreatur oder
einem Gespenst heimgesucht wird, mit Türen,
die sich selbst schliessen, Bilder, die sich
von allein bewegen und gruseligen Geheimgängen.
Das Setting als Protagonist
Protagonist in der Schauerliteratur ist, wie
auch beim Werk von Horace Walpoe, das
Setting: Sei es ein verlassenes Schloss, ein
nebliger Friedhof oder eine kaum beleuchtete
Strasse mitten in der Altstadt. Die Umgebung
hat in Büchern der gotischen Literatur
einen eigenen Charakter und gibt die Richtung
an, in welche die Geschichte gehen soll.
Sie soll den Lesenden ein Gefühl der Angst
und des Schreckens, der Melodramatik und
14 spectrum 11.21
der Spannung vermitteln. Dies vor allem
durch eine düstere und malerische Darstellung
des Settings. Dementsprechend spielt
auch die gotische Architektur mit den typischen
Strebebögen und grossen Fenstern
eine zentrale Rolle im Genre.
Ebenfalls bedienen sich die Autor*innen
an Elementen, die aus den
meisten Klassikern der Schauerliteratur
nicht mehr wegzudenken sind.
Ein Beispiel ist das Übernatürliche:
So etwa Graf Dracula, der blutsaugende
Vampir oder das von Victor
Frankenstein zusammengebastelte
Monster. Des Weiteren sind Geister
oder geisterähnliche Gestalten in
vielen Erzählungen wiederzufinden.
Autor*innen der gotischen Literatur
müssen zudem ein Händchen dafür
haben, die richtige Atmosphäre zu
schaffen. Die Lesenden sollen gefesselt
sein vor Angst und dem Drang
wissen zu wollen, wie die Geschichte weiter
geht. Hierzu werden beispielsweise Omen,
also Vorhersagungen von schrecklichen Ereignissen
in Träumen, verwendet.
Die emotionale Beschreibung der Geschichte
sowie Figuren versetzt Leser*innen in
eine andere Welt und erzeugt eine geheimnisvolle
Atmosphäre. Ein weiteres zentrales
Merkmal ist das Leiden und die Schwermut
der Hauptfigur, die meist gegen eine böse
Macht kämpft und mit der man durch tragische
Ereignisse und Schicksalsschläge
mitfühlt. Dieser gegenüberstehend ist der
Bösewicht, der Anti-Held, der es nicht selten
auf die jungfräuliche und naive künftige
Ehefrau des Protagonisten abgesehen hat.
Somit spielt auch die Romantik und die
tiefgründigen Beziehungen zwischen den
Figuren eine äusserst wichtige Rolle in der
Schauerliteratur.
Frankensteins Monster – Oder doch
nicht?
Ein allbekanntes Beispiel der Schauerliteratur
ist «Frankenstein» von Mary Shelley. Ein
Monster, welches durch einen abenteuerlustigen
und intelligenten Schüler namens Victor
Frankenstein aus Neugierde und Liebe
zur Wissenschaft kreiert wurde. Schliesslich
wird Victor bewusst, wen oder was er da ins
Leben gerufen hat und rasch bereut er seine
Tat. Doch es ist bereits zu spät, denn das
Monster hat sich auf den Weg gemacht und
strebt, nachdem es monatelang Menschen
beobachtet hat, nur nach einem: Zugehörigkeit.
Durch sein grässliches Aussehen, seine
vielen Narben und seine überdurchschnittlich
grosse Statur erweist sich das aber als
unmöglich. Die Menschen fürchten Frankensteins
Monster und schnell wird ihm die
Oberflächlichkeit der Menschheit bewusst.
Völlig ermüdet, frustriert und überfallen
von einer tiefen Trauer entscheidet er sich,
sich an seinem Schöpfer zu rächen.
«Like one, on a lonesome road who,
Doth walk in fear and dread,
And, having once turned round,
walks on,
And turns no more his head;
Because he knows a frightful fiend
Doth close behind him tread.»
Samuel Taylor Coleridge, The Rime of the Ancient Mariner
Aus “Frankenstein – Mary Shelley”
Als der Roman 1818 erscheint, war die Autorin
Mary Shelley knapp zwanzig Jahre alt.
Dabei ist nicht nur die Geschichte selbst
faszinierend, sondern auch deren Entstehung.
Laut dieser Geschichte liess sich Mary
Shelley mit dem weltberühmten englischen
Poeten Lord Byron und ihrem zukünftigen
Ehemann Percy B. Shelley auf einen Wettbewerb
ein: Während ihrem Aufenthalt in
Genf sollten sie alle eine Horrorgeschichte
schreiben und eine*n Gewinner*in küren.
So entstand «Frankenstein»: Ein Meisterwerk
der Romantik, der Schauer- sowie
Science-Fiction-Literatur.
Auch Mary Shelley baute viele klassische
Elemente der Gotik ein: Einerseits Victor
Frankenstein, der sein Leben damit verbringt
seine Kreation zu bereuen und von
diesem tragischen Ereignis verfolgt wird
und auf der anderen Seite das Monster, das
sich an ihm und seinen Geliebten rächen
will. Anders als in anderen Klassikern der
Schauerliteratur eröffnet der Leidensweg
des Bösewichts die Möglichkeit, Sympathie
für das Monster zu empfinden und es nicht
als grundlegend böse anzusehen. Ausserdem
erzeugen die Mono- wie auch Dialoge
durch eine sehr emotionale Sprache beim
Lesenden ein Gefühl des Mitleidens, der
Schwermut und der Melodramatik.
Dracula und der Immobilienmarkt
Ein weiterer Klassiker ist der Roman «Dracula»
von Bram Stoker, welcher im Jahr 1897
erschien und bei vielen als «der» Vampir
bekannt ist. Die Geschichte, welche durch
zahlreiche Tagebucheinträge der Hauptfiguren
aus verschiedenen Perspektiven erzählt
wird, handelt vom jungen britischen Anwalt
Jonathan Harker. Dieser reist für einen ausländischen
Kunden nach Transsylvanien, um
einen Immobilienkauf zu besprechen.
Den Kunden, auch bekannt als Graf Dracula,
zieht es schon seit langem nach London.
Während seinem Aufenthalt im
Schloss Draculas fallen Harker immer
mehr seltsame Begebenheiten auf.
Doch der Höhepunkt ist der Moment,
als er beobachtet, wie Dracula wie ein
Insekt die Wand des Schlosses herunterklettert.
Bei dieser schaurigen Reise
zieht es die Leser*innen erneut in
ein für die Schauerliteratur typisches
Setting: Ein riesiges Schloss, in dem
sich Türen nicht öffnen lassen und
sich anscheinend Personal befinden
soll, welches Jonathan Harker seltsamerweise
nie zu sehen bekommt.
Bram Stoker spielt ähnlich wie Mary
Shelley mit den klassischen Elementen der
gotischen Literatur. Die meisten Handlungen
spielen sich in der Nacht ab, sei es im
Hof des Schlosses bei Vollmond oder auf
dem verlassenen Friedhof. Mit der gefühlvollen
Sprache in den Tagebucheinträgen
sollen Leser*innen die tiefen Beziehungen
zwischen den Figuren erkennen und so mit
ihnen mitfühlen und mitleiden. Beispielsweise
als eine geliebte Figur von Dracula
gebissen wird und die Freunde eine fürchterliche
Entscheidung treffen müssen.
Über Dracula schrieb Stoker: «He can
see in the dark, no small power this, in
a world which is one half shut from the
light.» Die Schauerliteratur gibt uns die
Möglichkeit, in eine Welt voller düsterer
und dunkler Romantik, Spannung und
Faszination einzutauchen. Doch wie Dr.
Van Helsing in Dracula hervorhebt: Im
Dunkeln zu sehen verleiht uns Macht.
So, do you want to see in the dark too? P
Klassiker der gotischen
Literatur
11.21
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15
DOSSIER
Texte Velia Ferracini
Illustration Alwiya Hussein
Les féministes sont-elles des
sorcières ?
À l'occasion d'Halloween, Spectrum propose un numéro
portant sur les créatures de la nuit, parmi lesquelles se
trouve la sorcière : comment est-elle devenue un symbole
du féminisme ?
e terme « sorcière » évoque différentes
L notions. Dans l'imaginaire collectif, il
s'agit d'une vieille femme démoniaque et repoussante,
mais la sorcière est aussi associée
à la peur des hommes envers les femmes indépendantes,
et ce par l'héritage des chasses
aux sorcières.
En effet, entre le XV e et le XVIII e siècle,
les chasses aux sorcières représentent un
phénomène global en Europe. Il est impossible
de connaître le nombre exact de
procès, mais les historien·ne·s l'ont estimé
à 100'000, avec environ 80'000 exécutions
parmi lesquelles 70% des condamné·e·s sont
des femmes. Ce mouvement traverse toute
l'Europe, sans distinction selon les régimes
politiques et les confessions religieuses, et
il s'agit d'un phénomène rural qui touche
peu les grandes villes. Ces chasses peuvent
s'expliquer par l'instabilité d'une période
durant laquelle les régimes absolutistes sont
bouleversés par la Réforme. La peur s'installe
et les autorités, notamment religieuses,
cherchent à réaffirmer leur puissance et à
maîtriser la population.
De cette tuerie à grande échelle n'est pourtant
restée que cette image folklorique de
la sorcière sur son balai, avec un chat noir
et un chapeau pointu, qui jette des mauvais
sorts. Ainsi, selon Mona Chollet, dans Sorcières,
la puissance invaincue des femmes, cet
oubli de la violence des procès de sorcellerie
est lié au fait que cette période a fondé la
misogynie qui traverse encore nos sociétés
actuelles.
La sorcière, un symbole de la femme
indépendante ?
Les femmes qui furent accusées de sorcellerie
étaient des guérisseuses qui soignaient et
aidaient les femmes à avorter et à accoucher.
Ces femmes étaient donc étroitement liées à
l'art de la contraception et furent associées
à cette idée. Selon Armelle Le Bras-Chopard,
les sorcières représentent donc des
« anti-mères ». Femmes célibataires ou sans
enfant, elles provoquent la méfiance des magistrats.
En effet, les condamnations étaient
uniquement masculines, car la profession de
magistrat était réservée aux hommes.
Les chasses coïncident avec un moment où
l'espace grandissant occupé par les femmes
dans la société commence à déranger :
chaque femme qui gagnait en puissance devait
être éliminée. Progressivement, la peur
a envahi les femmes, qui se sont conformées
aux schémas attendus de la bonne épouse et
de la mère discrète et docile.
Dans les sociétés actuelles, les femmes trop
puissantes subissent cette même méfiance,
produit du patriarcat. Ainsi, être trop libérée
sexuellement, ne pas vouloir d'enfant, être
dans une position de supériorité professionnelle,
est parfois encore mal perçu actuellement.
Dans les années 60, les mouvements
féministes ont alors vu un nouvel aspect
dans les sorcières, en soulignant leur indépendance
et leur insoumission et ont décidé
d'utiliser ce symbolisme dans la lutte contre
les inégalités.
Selon Mona Chollet, les chasses aux sorcières
ont donc eu des conséquences néfastes
sur les femmes, qu'il est aujourd'hui
temps de contrebalancer. En effet, les
femmes ont été exclues de la médecine,
ce qui explique selon elle le fait que les
femmes faisant aujourd'hui partie du corps
médical sont, pour la plupart, infirmières ou
aides-soignantes. Plus encore, les femmes
ont été réduites aux rôles d'épouse et de
mère et une véritable pression est née de
ce phénomène. La vieillesse, attribut de la
sorcière, est devenu un signe de laideur pour
les femmes, au contraire des hommes qui se
« bonifient » avec l'âge.
Finalement, la sorcière est donc devenue
le symbole des violences faites aux femmes
par le système patriarcal actuel, un nouveau
symbole d'indépendance, libre de préjugés,
qui crée un « monde où la libre exultation
de nos corps et de nos esprits ne serait plus
assimilée à un sabbat infernal » 1 . P
1 Monat Chollet, Sorcières, la puissance invaincue des femmes
16 spectrum 11.21
DOSSIER
Text und Illustration Alyna Reading
Eine flotte Motte
Schmetterlinge und Falter sind die artenreichsten Insekten.
Ihre Vielfalt erlaubt uns einiges von ihnen zu lernen.
n einem Museum in Australien entdeckte
Dr. Jennifer L. Kelley etwas
I
Besonderes: Ein Tierchen der Faltersammlung
veränderte seine Farbe
beim Vorbeigehen. Die dunklen
Punkte auf den Flügeln verwandelten
sich je nach Winkel in silberne
Spiegel. Um diese Entdeckung zu erforschen,
kontaktierte Dr. Kelley den
Physiker Dr. Bodo Wilts am Adolphe
Merkle Institut in Freiburg.
Faszination der Falter
Es gibt ungefähr 165'000 bekannte
Arten von Schmetterlingen oder Faltern.
Dr. Wilts untersucht sie wegen
ihren Farben. Ihre Flügel weisen unterschiedlichste
Muster auf, die sie als
Signale verwenden. «Das ist zwar ein
universelles Prinzip, das wir auch bei
anderen Insekten oder Vögeln beobachten,
aber bei Schmetterlingen
und Faltern ist die Diversität sehr
gross», erklärt Dr. Wilts.
Bereits seine Doktorarbeit schrieb Dr. Wilts
über Strukturfarben in der Natur. 2019
veröffentlichte er in Zusammenarbeit mit
Dr. Kelley und anderen Forschenden ein Research
Paper über die Dot-underwing Motte
oder die Eudocima materna, welche Dr. Kelley
im Museum entdeckt hatte. Dr. Kelley
schickte ihm einige Exemplare der Motte,
die er in Freiburg untersuchen konnte. Noch
heute faszinieren Dr. Wilts diese Insekten:
Während unseres Zoom-Gesprächs trägt er
ein Hemd mit Schmetterlingsdruck.
«Die Natur kann Lichteffekte
erzeugen, die ausserhalb
unserer Vorstellungskraft
liegen.»
Strukturfarben
Was aber hat ein Physiker eigentlich mit
Schmetterlingen zu tun? Zur Tarnung oder
Paarung verwenden viele Schmetterlinge
die Färbung ihrer Flügel. Die besonderen
Farbeffekte entstehen auf zwei Arten: Durch
Pigmente oder durch Strukturen. Pigmente
sind chemische Moleküle, die Licht streuen
oder absorbieren, sodass wir sie als eine
bestimmte Farbe wahrnehmen. In den
Schmetterlingsflügeln sorgen Pigmente wie
Melanine, Ommatine oder Pterine für satte
Farben von schwarz-braun über rot bis gelb.
Anders als Pigmente sind Strukturfarben
nicht chemischer, sondern physikalischer
Natur. Kleinstrukturen auf einer Oberfläche
brechen das Licht und erzeugen dadurch
einen metallischen, schillernden Farbeffekt.
Je nachdem aus welchem Winkel wir auf
eine Strukturfarbe schauen, verändert sich
die Farbe, die wir sehen. «Der einfachste Fall
einer Strukturfarbe wäre somit die Seifenblase»,
erklärt Dr. Wilts.
Bei der Eudocima materna liegen zwei verschiedene
Flügelschuppen übereinander.
Die untere Schicht ist eine dunkle Pigmentschicht,
die Schuppe darüber besteht
aus nanostrukturiertem Chitin. Diese
zweite Schicht wirkt wie ein teildurchlässiger
Spiegel. Aus manchen Winkeln spiegelt
sie das Licht silbern, aus anderen wiederum
ist die Schicht durchsichtig und gibt
den Blick auf das dunkle Melanin frei.
Licht und Duft
Über den Nutzen dieses Lichteffekts
lässt sich nur spekulieren. Denn bisher
ist es nicht möglich, nachts
Videos von Motten zu machen, ohne
dass die Tiere durch das Licht der
Kamera angelockt werden und ihr
Verhalten ändern. Im 19. Jahrhundert
wies der Insektenforscher Jean-Hénri
Fabre nach, dass einige Nachtfalter
Sexualpartner mit Duftstoffen über
weite Distanzen anlocken können.
Ähnlich wie die Duftstoffe, könnte
auch der schillernde Punkt auf den
Flügeln der Eudocima materna mit
der Paarung zusammenhängen.
Wenn ein Männchen bei Vollmond
rasch mit den Flügeln flattert, so blinken
diese auf. Der Kontrast von hell
zu dunkel ist in der Nacht ideal.
Dr. Wilts erforscht Strukturfarben, um zu
lernen, wie wir sie nachbauen könnten:
«Die Natur kann komplexe Lichteffekte
erzeugen, die ausserhalb unserer Vorstellungskraft
liegen.» Wenn es gelingt diese
Effekte besser zu verstehen, könnten sie
für den Menschen, z.B. für Warnsignale,
nützlich sein. Ein Einblick in die Welt der
Schmetterlinge und Insekten ist ein Einblick
in das, was in der Natur möglich ist.
So schrieb Jean-Hénri Fabre: «Diese Wunder
waren mir von der Lektüre her bekannt;
aber sie mit eigenen Augen zu sehen
und zur gleichen Zeit mit ihnen zu experimentieren,
ist eine ganz andere Sache.» P
Dr. Bodo Wilts
2014 bis August 2021: wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Lehrstuhl Physik
der weichen Materie am Adolphe
Merkle Institut in Freiburg i.Ue
seit Oktober 2021: Professor für Materialphysik
an der Universität Salzburg
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DOSSIER
Texte Manon Becker
Photo Yves Lassueur
L’Urbex : À la recherche du temps
passé
Entre frisson et esthétisme, l’Urbex fait toujours plus
d’adeptes. Rencontre avec Yves Lassueur, retraité et
explorateur des temps modernes.
i la pratique existe depuis la nuit des
S temps, ce n’est que depuis quelques années
qu’elle porte le nom d’Urbex. Néologisme
né de la contraction des termes anglais
« urban » et « exploration », l’Urbex est un
véritable jeu de piste. « C’est l’exploration de
sites qui sont à l’abandon, si possible pittoresques
et qui ont une histoire qui se devine
ou qui s’imagine quand on y pénètre », nous
explique Yves Lassueur. Ancien journaliste,
retraité depuis 2011, Yves consacre désormais
son temps libre à cette pratique peu
conventionnelle. « L’exploration urbaine,
c’est tout un monde ! », s’exclame-t-il.
Chasseur·euse·s de fantômes, passionné·e·s
d’histoire ou photographes à leurs heures
perdues, les urbexeur·euse·s font perdurer
une mémoire quasi oubliée. La pratique a
commencé à prendre de l’ampleur dans les
années 1980 et a ensuite été popularisée par
le célèbre explorateur urbain Ninjalicious,
qui publie le fanzine « Infiltration: the zine
about going places you're not supposed to go »
et le guide de l’Urbex « Access all areas: a
user's guide to the art of urban exploration »
en 1996. Il y explique les codes et pratiques
du monde de l’exploration urbaine tels que :
les règles de sécurité, le matériel à emmener
ou encore comment échapper aux gardes
de sécurité. Dans l’ensemble, ces endroits
chargés d’histoire sont privés et fermés au
grand public en raison des dangers qu’ils
représentent (risque d’effondrement, de
chute, découverte de produits toxiques, …).
Pourtant, les aventurièr·e·s urbain·ne·s ne
s’en cachent pas, ils et elles aiment braver
les interdits.
Ses débuts dans l’Urbex, Yves Lassueur les a
faits en visitant l’ancien atelier de son père
en 2014. « Mon grand-père avait acheté une
fabrique du 19 e siècle, j’y ai travaillé pendant
ma jeunesse. À l’abandon depuis plusieurs
années, j’y suis retourné et j’ai eu l’impression
d’être chez Zola ! », confie-t-il. Appareil
photo à la main lors de ses explorations, il
essaie de capturer l’instant et de partager
l’atmosphère si particulière de ces en droits
hors du temps. « Il y a un côté retour au
romantisme du 19 e siècle avec les anciennes
maisons de maîtres à l’abandon. Les photos
aiguisent notre curiosité et j’aime à penser
que les miennes racontent des histoires qu’il
appartient à chacun ou chacune de s’imaginer.
».
Trésors cachés au milieu de la jungle
Bien loin des blocs de béton dénués de
charme, c’est l’authenticité de ces lieux qui
a séduit Yves. « On vit dans
une société bien organisée,
bien proprette, très policée et
de ce fait certains ont cultivé
ce goût de l’interdit », estime
l’ancien journaliste. Pour les
plus courageux, la nuit ajoute
à l’exploration urbaine une
atmosphère quasi apocalyptique
Au beau milieu de ces
bâtisses où la végétation tente
patiemment de reprendre
ses droits, les urbexeur·euse·s
confient alors ne plus ressentir
le stress du quotidien.
« Lors de mon voyage en Italie,
j’ai pu admirer des lieux
extraordinaires qui sont à l’abandon
et complètement figés
dans le temps. J’ai visité des
maisons de maîtres avec des
colonnades et des escaliers
quasi versaillais, le tout envahi
de végétation et sans un tag,
c’était une pure merveille ! »,
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nous raconte Yves. Selon lui, l’Urbex est un
moyen de s’intéresser à l’histoire, aux cultures
et coutumes locales. « C’est imaginer
ce qu’il y avait avant, comment les gens vivaient
et travaillaient. Au fond l’Urbex, ça
nous montre l’évolution d’une société ! »,
ajoute-t-il.
Un passe-temps atypique
À la recherche de ces lieux tenus secrets,
les urbexeur·euse·s se glissent dans la peau
d’enquêteur·rice·s bien avant de se rendre
sur le terrain. En réalité, la recherche du
lieu parfait fait tout autant partie du jeu que
l’exploration en elle-même. Ces mystérieux
endroits, ils et elles les trouvent parfois au
hasard d’une promenade, en prospectant
Google Street View ou en interrogeant des
habitant·e·s. Les règles d’or étant de ne rien
casser, de laisser les lieux dans l’état où on les
a trouvés et de ne pas dévoiler les adresses
pour éviter les tags et dégradations de visiteur·euse·s
peu scrupuleux·euses. « Ça devient
très tendance, les réseaux sociaux font
beaucoup pour populariser la pratique. Certains
le font de façon anonyme car ils n’ont
pas envie d’être repérés ou reconnus. On
peut le constater sur YouTube qui regorge
de vidéos d’urbexeur·euse·s masqué·e·s »,
affirme Yves. En 2019, l’hashtag #urbex regroupait
plus de 5.800 000 publications sur
Instagram. En Suisse, la page Facebook Urbex
Suisse romande, mobilise plus de 8000
passionné·e·s. À l’intérieur du groupe, on
partage des adresses, on se crée des contacts
et on publie ses photos d’explorations réussies.
En tendance sur YouTube, les vidéos
dédiées à la pratique s'enchaînent. Le youtubeur
et urbexeur suisse « Le Grand JD »,
compte plus de 3 millions d’abonné·e·s sur
la plateforme.
Tourisme d’un nouveau genre
Oubliez les parcs nationaux, les grands musées
ou autres quartiers historiques, ce qui attire
aujourd’hui c’est le « tourisme de ruine ».
Au-delà de l’aspect historique, architectural
et culturel, l’Urbex représente une niche
à explorer pour les professionnel·le·s du
tourisme. Devenu un business depuis peu,
certains sites internet d’Urbex proposent
d’acheter des informations d’emplacement
pour une modique somme. En Ukraine, certaines
agences sont même spécialisées dans
les visites guidées de lieux tels que Tchernobyl.
De même à Berlin, où certains guides
ont pris en charge la visite de ces lieux désormais
laissés à l’abandon.
Comment se lancer dans l’Urbex ?
« L’idéal serait de réussir à trouver un bon
site qui propose des endroits originaux, c’est
un capital de base pour commencer à dealer
avec d’autres urbexeur·euse·s. Il faut montrer
que l’on a de l’intérêt et du respect pour la
pratique et ainsi donner confiance à ceux qui
peuvent nous aider à entrer dans ce monde
particulier », juge le photographe vaudois.
Selon lui, l’Urbex se résume en trois mots :
contact, curiosité et respect. Pour être un ·e
urbexeur·euse, il faut suivre un véritable
code de conduite, visant à préserver les lieux
et les protéger au maximum. À la confluence
de l’aspect historique, architectural et
culturel, la pratique de l’exploration urbaine
n’en reste pas moins un passe-temps difficilement
praticable. P
En pleins préparatifs de sa prochaine
expédition italienne, Yves reste à l’affût
des bonnes adresses. Alors si
vous avez trouvé la
perle rare, n’hésitez
pas à nous écrire ou
à le contacter directement
via son site
web.
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19
DOSSIER
Text und Fotos Franziska Schwarz
Das grosse Geheimnis Schlaf
Alle schlafen, das ist Fakt. Doch wieso überhaupt?
Antworten auf diese und weitere Fragen sucht das
Schlaflabor der Universität Freiburg.
Das Schlaflabor
er Schlaf ist ein Mysterium. Wenig ist
D darüber bekannt, wieso Menschen
schlafen und welche Auswirkungen äussere
Bedingungen auf unseren Schlaf haben
können. Jeder wird es schon mal erlebt haben,
wie der Schlaf in der Nacht vor einer
grossen Prüfung nicht gleich erholsam
war, wie an einem anderen Tag. Doch die
wenigsten machen sich Gedanken dazu,
wieso das so ist. Genau diese unbekannten
Aspekte des Schlafs und die Auswirkungen
auf die Menschen machen das Schlafen zu
einem spannenden Forschungsfeld. An der
Universität Freiburg werden die Geheimnisse
des Schlafes zum Forschungsobjekt.
Die Studien der Fachrichtung «kognitivve
Biopsychologie und Methoden» suchen im
Schlaflabor Antworten auf ungeklärte Fragen
zum Thema Schlaf.
Ein Schlafzimmer in der Uni
Um den Schlaf aus psychologischer Sicht zu
untersuchen, gibt es an der Universität Freiburg
ein Schlaflabor. Dieses führt Forschungen
zum Schlaf und seinen äusserlichen Beeinflussungen
durch. Dabei unterscheidet
sich, wie und was genau erforscht wird. So
kann es sein, dass die Teilnehmenden mit
Elektroden beklebt werden und dann acht
Stunden im Schlaflabor der Regina Mundi
schlafen. Es kann aber auch sein, dass die
Teilnehmenden einer Studie bei sich zuhause
schlafen und der Schlaf so gemessen wird.
Um die Forschung durchzuführen, verfügt
das Schlaflabor über vier Schlafzimmer. Ein
Schlafzimmer an der Uni ist eine seltsame
Vorstellung. Die Studien werden immer in
Aufsicht der Versuchsleiter*innen durchgeführt.
Je nach Studie und Forschungsfrage
werden verschiedene Methoden verwendet,
wie die Elektroenzephalographie (EEG),
welche den Mitarbeitenden des Schlaflabors
erlauben, die Hirnaktivität der Teilnehmenden
während der Nacht zu messen.
Daran können sie zum Beispiel erkennen, in
welcher Schlafphase sich jemand befindet.
Was genau erforscht wird, kann sehr unterschiedlich
sein. Vom Testen von Gadgets,
die den Schlaf verbessern sollen, bis hin zur
Auswirkung von eigenen Gedanken auf den
Schlaf, ist alles mit dabei. Die Teilnehmer*innen
der Studien sind vor allem Studierende
der Universität Freiburg. Jede*r kann also
seinen oder ihren Schlaf analysieren lassen
und bei der Forschung mithelfen.
Mit positiven Gedanken zu einer erholsamen
Nacht
Da nicht viel über den Schlaf bekannt ist,
ist auch das Forschungsfeld sehr vielseitig.
Die Arbeit des Schlaflabors will über einige
dieser Forschungsfragen Aufschluss geben.
Dabei werden verschiedene Einflüsse auf
den Schlaf untersucht und geprüft. Die Forschungsthemen,
welche erforscht werden,
umfassen das Denken und den Schlaf, sowie
den Schlaf und das Gedächtnis. Dazu wird
die Beeinflussung des Schlafs durch negative
Gedanken betrachtet und inwiefern positive
Gedanken zu besserem Schlaf führen können.
Auch die Beeinflussung des Gedächtnisses
durch den Schlaf wird untersucht.
Schlaflabor Universität Freiburg
Instrumente zur Messung der Hirnaktivität
während der Nacht
Das Schlaflabor der Fachrichtung kognitive Biopsychologie
und Methoden führt momentan (mehrere) Studien durch. Mehr
dazu und dem Schlaflabor allgemein findest du hier:
Zur Untersuchung dieser Fragen, führt das
Schlaflabor oft mehrere Studien parallel
durch. Der Schlaf wird immer aus der Sicht
der Psychologie betrachtet und nicht etwa
auf einer medizinischen Ebene. Daher ist es
ein Ziel des Schlaflabors nach Lösungen zu
suchen, welche den Schlaf verbessern können,
auch ohne Medikamente.
Schlafen muss jeder. Nicht alle schlafen
gleich viel oder gleich gut, doch ohne Schlaf
geht so einiges nicht. Ohne, dass darüber
nachgedacht werden muss, schlafen wir
jede Nacht und wachen auch ohne Wecker
irgendwann natürlich auf. Da der Schlaf für
Menschen etwas sehr Automatisches ist,
bleiben die Auswirkungen, welche ein guter
oder schlechter Schlaf haben kann, oft
unbeachtet. Daher ist die wissenschaftliche
Betrachtung des Schlafes durch ein Schlaflabor
interessant. Es kann einen Einblick in
den Schlaf bieten und vielleicht irgendwann
das Geheimnis des Schlafens enthüllen. P
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DOSSIER
Texte Yvan Pierri
Photo Yvan Pierri
«On sort ce soir ?»
Fribourg n’est, dans l'inconscient collectif, pas synonyme
de vie nocturne intense, même aux yeux des
Fribourgeois·e·s. Mais cette vision est-elle en accord avec
la réalité ?
les associations féministes et les sécuritas
vont avoir une vision différente de ce qu’est
la sécurité. Notre défi a été de considérer
les apports de chacun.» Pour ce faire, un
document de synthèse a été rédigé afin de
dresser les priorités identifiées par les participant·e·s
et proposer des pistes d’action
pour exécuter les idées discutées. Un exercice
dont s'acquitte le comité de pilotage au
sein des Assises.
La vie nocturne reprend à Fribourg
orsque l’on évoque la vie nocturne en
L Suisse, Fribourg est rarement la première
ville qui vient immédiatement à l’esprit.
Pourtant, la capitale du canton n’est pas
avare en propositions culturelles variées.
L’office du tourisme référencie ainsi 13 clubs
et bars et pas moins de 71 restaurants, sans
compter les salles de spectacle et les galeries
d’exposition. Si le dynamisme et la vitalité de
l’offre culturelle fribourgeoise ne font donc
pas de doute, les raisons de cette relative indifférence
sont à chercher, selon Régis Bürki,
responsable de la vie culturelle à l’AGEF,
dans un manque de valorisation et d’accessibilité
: «Il n’y a quasiment pas de bus la nuit,
les taxis coûtent cher en plus d’en effrayer
certain·e·s et il n’y a pas vraiment de pistes
cyclables non plus. La vie culturelle est là,
on n’arrive juste pas à y accéder. Toute cette
offre incroyable et diverse reste limitée
aux gens de Fribourg. Ce n’est pas une ville
comme Lausanne qui attire des gens de
l’extérieur.»
Réorganiser la vie nocturne
C’est probablement un constat similaire qui
a motivé la préfecture de la Sarine à ouvrir
les Assises de la Vie nocturne. Le but du
projet lancé le 23 mars 2021 est de convier
tous les acteur·rice·s de la vie nocturne fribourgeoise
afin de discuter des possibilités
d’amélioration et de valorisation du dispositif
actuel. Régis, dont le rôle à l’AGEF consiste
à mettre en contact la vie estudiantine
avec l’offre culturelle de la ville, s’est rendu
aux 5 soirées des Assises. Il témoigne : «Il y
avait 50 à 60 personnes. C’est un échantillon
très large qui va des tenancier·ère·s de bar
aux représentants de la police cantonale, en
passant par les associations de prévention
et les sécuritas.»
Organisées autour de plusieurs axes thématiques,
les soirées des Assises ont donné
lieu à une effervescence d’idées. Des thèmes
comme les horaires d’ouverture, la prévention
en milieu festif, les mesures de sécurité
ou encore la mobilité ont été discutés :
« Les dialogues étaient très intéressants car
il y avait toujours plusieurs points de vue
différents pour un aspect précis de la vie
nocturne», décrit Régis avant de continuer
« Ce qui est compliqué, c’est qu’une idée en
amène toujours une autre. Typiquement,
Les Assises et la jeunesse
Si la vie nocturne a sans aucun doute été
l’un des secteurs les plus touchés par la pandémie
de Covid-19, son activité repart de
plus belle. La jeunesse joue un rôle-clé dans
cette reprise. Représentant le quart de la
population fribourgeoise, la population estudiantine
constitue l’un des plus gros blocs
de clientèles des clubs et des bars de la ville:
«Je pense qu’il est vraiment important qu’il
y ait une partie estudiantine au comité de
pilotage des Assises», estime Régis avant
de continuer «les tenancier·ère·s de bars en
particulier sont à l’écoute de la jeunesse et
c’est particulièrement agréable.»
En attendant la prochaine réunion du comité
de pilotage, Régis Bürki partage ses es poirs
pour l’avenir: «Je souhaite vraiment que la
vie nocturne fribourgeoise soit plus inclusive.
J’aimerais que personne n’ait plus peur
d’aller en soirée, qu’il y ait le moins de harcèlement
possible. Je voudrais également faciliter
l’accès à ces fêtes, que le plus de monde
possible puisse venir, même quand on vit au
fond de la campagne fribourgeoise.»
Il ne reste maintenant plus qu’à voir à quel
point les efforts mobilisés par les Assises de
la Vie nocturne porteront leurs fruits et si
Fribourg sortira enfin de son image de ville
«où il ne se passe rien» pour pouvoir à terme
bénéficier de l’aura culturelle qu’elle mérite. P
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FREIBURG
Text Alyna Reading
Foto Cultur Manufactur
Von Gustav und Gitarren
Das Projekt «La Gustav» erlaubt jungen Musiktalenten
ihren Weg in die Schweizer Musikbranche zu finden. Wie
es funktioniert und was sein Projekt ihm bedeutet, erzählt
uns der Freiburger Sänger Gustav.
Die Musiktalente der «La Gustav» 2021
en Künstlernamen Gustav erfand Pascal
D Vonlanthen 1998 als «Jux», als er einen
lustigen Namen für ein Projekt suchte. Heute
konzentriert er sich auf seine Arbeit als
Kulturunternehmer. Er ist Geschäftsführer
der Cultur Manufactur in der Freiburger Unterstadt.
Die Cultur Manufactur organisiert
Musikworkshops, Konzerte und Festivals,
wie z.B. das Lac Noir Festival vergangenen
Sommer. Obwohl Vonlanthen seit einigen
Jahren keine Musik mehr macht, kennen ihn
viele noch immer unter seinem Künstlernamen.
Seine Musikakademie für junge Musiktalente
heisst darum schlicht: «La Gustav».
Keine klassische Akademie
Strenggenommen ist «La Gustav» keine
Akademie. Die Förderung findet während
eines Jahres ausserschulisch und berufsbegleitend
statt. Am Ende dieses Jahres gibt
es kein Diplom, sondern Erfahrung. Pascal
Vonlanthen war zwar früher Lehrer, aber in
dieser Rolle sieht er sich in der «La Gustav»
nicht: «Ich gebe keine Schule im klassischen
Sinne, denn ich lehre sie nichts. Ich höre auf
ihre Ideen und helfe ihnen diese weiterzuentwickeln.»
An Wochenenden und in Lagern coachen
Vonlanthen und andere Schweizer Musikprofis
die jungen Musiktalente. Innerhalb
eines Jahres sollen sie einen Einblick in
die Karriere als Musiker*in erhalten. Dabei
spielen sie auf Konzerten und in Clubs wie
dem Freiburger Fri-Son oder der Luzerner
Schüür. Die angehenden Musiker*innen sollen
in dieser Zeit Songs schreiben, komponieren
und aufbereiten. Am Ende des Jahres
dürfen sie einen Song im Tonstudio aufnehmen
und auf Spotify releasen. Manche
von ihnen verfolgen nach diesem Jahr ihre
Karriere weiter. So etwa der Sänger Gion’s
Tears, der dieses Jahr die Schweiz am Eurovision
Song Contest vertreten hat.
Von Chanson bis Elektro-Pop
Zwanzig Musiktalente nehmen jedes Jahr
an diesem Projekt teil. Bei einem Vorsingen
oder Vorspielen entscheidet eine Jury, wer
im nächsten Jahr dabei ist. Dabei suchen sie
Musiker*innen, die zusammenpassen. Welche
Sängerin könnte mit diesem Musiker gut
klingen? Je nachdem wie es für diesen oder
jenen Song passt, spielen die Musiker*innen
in unterschiedlichen Zusammensetzungen.
So können sie die weite Bandbreite an Musikstilen
abdecken, die an der «La Gustav»
gespielt werden. Die Stücke reichen von
Schweizer Chanson über Rock bis hin zu
Elektro-Pop.
«Die Ausbildung spielt
keine Rolle: Die Musik
verbindet.»
Wer musikalisch in die diesjährige Gruppe
passt, darf mitmachen, ganz unabhängig
von Ausbildungsstand oder Portemonnaie.
Die Förderung an der «La Gustav» ist kostenlos.
Jeder und jede kann sich bewerben.
Vonlanthen möchte allen, die mehr wollen
als Zuhause ein wenig Gitarre zu spielen,
diese Chance ermöglichen: «Wir haben bei
uns Hochschulabgänger und Büetzer. Die
Ausbildung spielt keine Rolle: Die Musik
verbindet.»
Brückenbauer
Die «La Gustav» führt Musiktalente aus
unterschiedlichen Sprachregionen, sozialen
Schichten und Werdegängen zusammen.
Bereits als Musiker war Vonlanthen
ein «Brückenbauer» zwischen der Deutschschweiz
und der Romandie. Seine Lieder
sang er sowohl auf Senslermundart wie
auf Französisch. Genauso strebt auch die
«La Gustav» danach, den kulturellen und
sprachlichen Austausch in der Schweiz zu
fördern.
Die Arbeit als Leiter eines Kulturunternehmens
verlangt aber nicht nur nach schönen
Ideen, sondern auch nach finanziellen Mitteln.
Ein gutes Kulturprojekt ist nicht unbedingt
wirtschaftlich und dennoch müssen
Material- und Personalkosten gedeckt werden.
Die Cultur Manufactur lebt zu einem
grossen Teil von der Leistungserbringung
für die «La Gustav», aber auch von Mandaten
und dem Produzieren von Musiklehrmitteln.
Dass Musikmachen teuer ist, lernen die Musiktalente
an der «La Gustav» in einem geschützten
Rahmen. Hier müssen sie keine
Gelder auftreiben. In ihrer späteren Laufbahn
als Musiker*innen werden sie aber
damit konfrontiert werden. Doch bis dahin
haben sie einen Vorteil errungen: Im Notfall
können sie auf der Strasse Musik machen
und ein wenig Geld verdienen. Vonlanthen
sagt es so: «Wenn alle Stricke reissen, habe
ich noch meine Gitarre.» P
Audition für «La Gustav» 2022 im Fri-
Son am 15. und 16.
November
QR-Code für mehr
Info und zur Anmeldung:
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FRIBOURG
Texte Yvan Pierri
Photo Florence Valenne
RBN : la maison des
associations
Le Réseau Bénévolat Netzwerk coordonne depuis 25
ans les modalités du travail bénévole dans le canton de
Fribourg.
Le speed dating du bénévolat a eu lieu le 13 octobre aux Menteurs
e 13 octobre 2021, s’est tenue au café Les
L Menteurs la neuvième itération du speed
dating du bénévolat. 27 associations ont eu
la possibilité de présenter leur activité à des
bénévoles potentiel·le·s par tranches de 7
minutes. Allant du culturel au social, en passant
par le sportif, l'éventail des possibilités
d’engagements y était des plus larges. Cette
variété est représentative des objectifs
généraux du Réseau Bénévolat Netzwerk
(RBN).
Cette association s’occupe depuis maintenant
25 ans de la coordination du bénévolat
fribourgeois. Pour ce faire, le RBN met à disposition
des bénévoles et des associations
une offre de prestations allant de la mise en
relation à la location de salles pour les aider
à débuter et à évoluer. Le speed dating du
bénévolat s’inscrit dans cette démarche et
propose des opportunités de réseautage
accessibles et rapides : «On remarque que
le travail bénévole se fait souvent sur la base
d’engagements personnels. Généralement,
les gens travaillent dans les associations
qui leur ont été conseillées.
Nous, on essaie
d’ouvrir les horizons»,
explique Florian Mottier,
le coordinateur du
RBN.
Une fonction qui peut
s’avérer délicate, tant
la notion même de bénévolat
peut parfois
manquer de clarté.
«La définition du terme
est faussement évidente.
Le bénévolat,
c’est une activité qui est
effectuée sans contrepartie
financière. Il se
distingue ainsi du volontariat
par exemple»,
souligne le jeune coordinateur.
Selon une étude menée par l’Office
fédérale de la Statistique, 15,9 % de la
population helvète âgée de plus de 15 ans
s’est engagée dans du bénévolat organisé en
2020. Mais en réalité, la proportion des personnes
impliquées dans une activité bénévole
se chiffre à 31,2 %, selon la même étude :
«Le travail bénévole peut aller bien plus loin
que le cadre associatif», précise Florian. «En
ces temps de pandémie par exemple, il y a eu
une organisation spontanée du bénévolat.
Les groupes facebook de jeunes qui allaient
faire les courses pour des personnes âgées
représentent un bon exemple de bénévolat
informel», ajoute Florian. Cette zone grise
peut causer plus d’un problème à des associations
dont les membres ne seraient pas
habitué·e·s à ce genre de subtilités légales :
«Depuis 2012, nous proposons des formations
afin de simplifier la prise en charge
des tâches administratives», nous informe
Florian. Sur le site internet de l’association,
on peut également trouver un catalogue de
services proposant du conseil juridique ou
de l’aide à la comptabilité.
Un bénévolat transversal
Pour encourager le bénévolat, il faut également
pouvoir le valoriser. Le RBN fournit
ainsi des attestations de bénévolat qui, à la
manière des attestations de travail. fournissent
la preuve d’une expérience dans un
domaine précis. Cela a l'avantage de donner
des informations tangibles à un employeur:
« Tenir un bar pendant toute une soirée, c’est
plus parlant que la simple mention d’une
participation à une association. Au RBN,
on souhaite apporter une vraie reconnaissance
des acquis transversaux que peuvent
apporter le bénévolat. C’est quelque chose
de très pertinent dans le contexte estudiantin»,
nous explique Florian.
Si le réseau est désormais bien installé, les
opportunités de développement et d’adaptations
ne manquent pas, surtout à l’air du
digital. Florian nous partage ses souhaits :
«Nous aimerions également pousser notre
offre du côté des réseaux sociaux. À terme,
les attestations de bénévolat devraient également
faire office de recommandations
Linkedin.» Une démarche qui s’accompagne
d’une volonté de rendre le réseau plus tangible
: «Le but est de créer un espace qui
soit le lieu de rendez-vous de toutes les
associations de Fribourg, que le RBN s’inscrive
dans l’inconscient collectif en quelque
sorte.» Proposer des salles pour les assemblées
générales, mais aussi des lieux de travail
et de stockage physique et du matériel
logistique, en somme, créer une «maison des
associations». De quoi faire patienter avant
le prochain speed dating du bénévolat… P
Découvrir le RBN :
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SEXUALITÄT
Text Lea Müller
Foto Unsplash
Tinder – meine Analyse
Benutzt du Online Dating? Sei ehrlich. Wofür hast du die
bekannte App mit der Flamme auf deinem Handy?
a, ich spreche von Tinder. Eine Online-
J Dating-Plattform, die heute von vielen
genutzt wird. Eine App, die bei der Partnersuche
helfen soll, indem man durch das
Wischen nach links oder rechts eine Person
innerhalb kürzester Zeit nach dem Aussehen
beurteilen soll.
Auch ich habe diese App und
mir einige Gedanken darüber gemacht.
Online Dating hat sich verändert
Es ist bestimmt nicht mehr das,
was es einmal war. Ich zumindest
habe immer gedacht, nur Leute,
die über vierzig sind, brauchen
so etwas, weil sie kein Glück in
der Liebe hatten. Schliesslich sah
es so in der «Parship» -Werbung
aus. Heute – wo ich auch älter bin
und selbst schon Erfahrungen in
der Dating-Welt gesammelt habe
– kann ich klar sagen: Nicht jeder,
der auf Dates geht, sucht auch
nach dem Glück der Liebe.
Einige suchen auf der App unverbindliche
One-Night-Stands, andere
wiederum den oder die Partner*in
für eine feste Beziehung.
Teilweise suchen Leute einfach
eine Ablenkung vom Alltag und
vertreiben so ohne klare Absichten
ihre Zeit auf der App. Andere
kommen gerade aus einer Beziehung
und wollen den «Markt» inspizieren,
was, beziehungsweise
wer, momentan zu haben ist. So
wie die Gründe variieren können, so auch
die Art der Personen. Verschiedene Altersgruppen
haben verschiedene Präferenzen.
Probleme der heutigen Jugend
Viele Jugendliche benutzen heute Tinder.
Meiner Meinung nach ist Tinder (und ähnliche
Apps) einer der Gründe, weshalb die
heutige Jugend andere oder sogar falsche
Vorstellungen von der Liebe hat. Durch die
(meist) beachtliche Anzahl der Matches gibt
es einem das Gefühl, dass man auch noch
«Reserven» hat – so nenne ich das einmal.
Man schreibt nicht nur mit einer Person
und versucht diese eine Person kennen zu
lernen. Nein, meistens führt man mehrere
Konversationen gleichzeitig.
Hier haben wir schon Problem Nummer 1:
Man fokussiert sich nicht nur auf eine Person,
weil man ja noch seine «Reserven» hat.
Ich finde, viele in unserem Alter leiden unter
sogenannten «commitment-issues», weil sie
sich nicht auf eine Person festlegen wollen.
Es könnte ja sein, dass man am nächsten Tag
einen Match mit der/dem Perfekten hat.
Ein weiteres Problem ist, dass die App so
einfach konzipiert ist, dass «Tindern» wie
ein Spiel wirken kann. Anfangs habe ich
mich immer darüber gefreut, Nachrichten
von der App zu bekommen. Mit der Zeit
nervt es mich aber nur noch. Es wird sogar
anstrengend, jedem das Gleiche über mich
zu erzählen. Die Gespräche sind (fast) immer
gleich.
Mir ist es schon passiert, dass
ich jemanden, mit dem ich
einen Match hatte, auf einmal
gar nicht mehr so attraktiv
fand, wie zu dem Zeitpunkt als
ich nach rechts gewischt hatte.
Diese App ist und bleibt sehr
oberflächlich. Man muss richtig
aus der Masse stechen, um eine
Chance zu erhalten.
Nicht alles ist schlecht
Natürlich kann man nicht nur
an die negativen Seiten von
Tinder denken. Ich habe meine
Freund*innen gefragt, was sie
Positives an Tinder finden. Vermehrt
erwähnten sie, dass man
gute Bekanntschaften machen
kann, ohne direkt auf Dating
oder ONS abzuzielen. Im Vergleich
zum realen Leben, ist es
nämlich leichter Kontakt aufzubauen.
Es ist viel einfacher
jemanden anzuschreiben, als
im Ausgang eine fremde Person
anzusprechen vor anderen
Leuten. Viele sagten auch, dass
es praktisch sein kann, wenn
man gerade an einen neuen Ort
gezogen ist und Leute kennenlernen
will. Sogar ich habe so
Personen gefunden, die jetzt
mit mir studieren. Wir sind gute Freund*innen
geworden dadurch. Tinder verbindet
Menschen miteinander. Wichtig ist nur,
dass man seine Absichten klar angibt.
Bestimmt lässt sich über Tinder (und andere
Dating-Apps) tatsächlich Liebe finden. Es
mag vielleicht selten sein, doch es ist möglich
den oder die Richtig*e auf einer solchen
Plattform zu finden. Mit etwas Geduld funktioniert
fast alles. P
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SEXUALITÉ
Texte Amélie Gyger
Photo Florence Valenne
Logo Marilou Briner (@madame_marilou sur Instagram)
BLOOM : conseils, plaisir et
santé sexuelle
Le 15 octobre a ouvert à Fribourg la boutique BLOOM,
dédiée à la santé sexuelle. Entretien avec Jeanne Morand
et Cyrielle Goetschi dans leur nouveau local fraîchement
décoré à la Rue de Lausanne 65.
Les deux créatrices de la boutique BLOOM :
Jeanne Morand (à gauche) et Cyrielle Goetschi (à
droite)
es murs blancs, une touche de pourpre
D et un grand miroir doré. Des schémas
divers garnissent une des parois : clitoris,
utérus, pénis… Un porte-vêtement fait de
branchages où s’alignent des culottes menstruelles,
et plus loin, une étagère légèrement
en retrait, sur laquelle s’étalent des sextoys
aux tons pastels et aux matériaux variés. Le
tout se veut sobre, chaleureux, accueillant,
bien loin des magasins de grandes surfaces
aux murs tapissés d’images de femmes lascives
vêtues de couleurs flashys. Ici, on abandonne
le rouge sang et le noir ténébreux
pour adopter un espace agréable et surtout,
plus accessible.
Conseils et événements
Une boutique dédiée à la santé sexuelle,
concrètement, qu’est-ce que ça implique ?
« Nous voulons proposer un large choix de
protections menstruelles : des protège-slips
lavables, des cups, des culottes de règles… »,
explique Jeanne Morand, la personne à
l’origine du projet. Il sera également possible
d’aider à lutter contre la précarité
menstruelle en achetant une « culotte suspendue
», semblable au « café suspendu ».
En somme, acheter une protection – ou
bien laisser un certain montant – pour
qu’une personne dans le besoin puisse en
bénéficier. « Ce qu’on veut aussi, c’est pouvoir
conseiller les client·e·s, et surtout faire
en sorte qu’ils se sentent à l’aise de venir
nous poser des questions », ajoute Cyrielle
Goetschi, associée et amie d’enfance
de Jeanne. Le but est également d’éduquer.
« Nous allons suivre une formation supplémentaire
en santé sexuelle, mais il nous faut
d’abord gagner de l’expérience », explique
Jeanne. « Pour l’heure, nous préférons nous
contenter de conseiller sur ce que nous proposons
dans le magasin ou de rediriger vers
des personnes plus compétentes. » Les deux
femmes projettent également de collaborer
avec des associations et des intervenant·e·s
en santé sexuelle pour organiser des expositions
et des conférences, afin de proposer
des espaces de paroles destinés à un large
public autour de divers sujets. « Notre boutique
touche majoritairement un public féminin,
mais nous voulons que tout le monde
soit le·la bienvenu·e », précise Cyrielle.
L’importance du plaisir
La santé sexuelle va de pair avec un autre
thème important, le plaisir : « Nous avons
aussi des sextoys et des lubrifiants variés »,
précise Jeanne. Les modèles affichent des
formes épurées, simples, et de jolies couleurs
: lilas, bleu clair, marbré… « L’avantage
de ces marques est d’avoir des formes et des
couleurs moins intimidantes, qui parleront
plus au public qui n’aime pas ou n’ose pas
forcément aller dans les magasins érotiques
traditionnels », explique Cyrielle. « Ceux-ci
viennent d’ici, ils sont gruériens ! », annonce
Jeanne en pointant du doigts des sextoys en
bois, polis et recouverts d’un verni adapté
aux muqueuses. Si le but des deux commerçantes
est de rester le plus écologique
possible, l’exercice est un peu délicat pour
les sextoys : certains viennent de Hollande,
d’autres du Québec ou des États-Unis.
Jeanne et Cyrielle privilégient d’abord des
produits respectueux du corps, mais veillent
aussi à choisir des articles dont la production
entière a lieu à un seul endroit, afin
d’éviter les aller-retours d’une fabrique à une
autre. Conscientes qu’il est difficile d’être à
100% écologique, les deux amies tiennent à
faire au mieux.
Ainsi, la boutique BLOOM s’illustre comme
un pas concret vers l’ouverture de la parole
et la confrontation des tabous. Entre protections
menstruelles, sextoys et conseils
personnalisés, il s’agit d’en faire un espace
bienveillant et respectueux, où chacun·e est
invité·e à s’y sentir bien et à y trouver une
oreille attentive. « Et ce quels que soient
votre âge, votre genre ou vos questionnements
», conclut Cyrielle. P
Si vous souhaitez vous tenir informé·e·s
de l’actualité de la boutique et
des événements qui seront organisés
dans le futur, nous vous invitons
à les suivre sur instagram : @bloom_
sexualities
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LO SPROLOQUIO
Texte Nicolas Rodigari
Photo Pikist
Finalmente!
i han detto: questo articolo è per la rubrica
Lo Sproloquio, dovrai arrabbiarti.
M
E io ho pensato: perfetto, ho sempre di che
lamentarmi, essere caustico e polemico è
qualcosa che mi riesce fin troppo bene. E
così mi sono guardato attorno, ho riflettuto
attentamente, ed effettivamente ho fatto
come mi era stato chiesto, mi sono arrabbiato.
Ebbene, questo è ciò che mi ha tanto irritato.
Sono a Friburgo da poco più di due settimane,
e, nonostante tutta la mia buona volontà,
non ho trovato proprio niente di cui
lamentarmi. Ma vi pare possibile? Mi viene
chiesto di scrivere un pezzo polemico e né
l’Università, né la città né i suoi abitanti mi
hanno dato nemmeno il più piccolo spunto
per polemizzare. Sono stato ben accolto,
sono stato subito integrato nel vivace tessuto
sociale friburghese, sono stato ascoltato
e aiutato pazientemente da tutti mentre
arrancavo con il mio traballante francese,
niente mi è stato fatto mancare. Come potrei
mantenere la calma di fronte a tutto ciò?
Possibile che nessuno abbia avuto un po’ di
cura nei miei confronti nel darmi qualcosa
di cui potermi lamentare con gusto? Per fortuna,
tuttavia, proprio così ho trovato qualcosa
di cui lamentarmi, perché davvero non
è un lieto vivere quello che non ti dà l’occasione
di scuotere la testa di tanto in tanto
per chiederti dove andremo a finire. Ma ahimè
questo sollievo ha avuto vita breve, mi
sono presto reso conto che lamentarmi per
l’assenza di motivi di lamentela purtroppo è
impossibile, è un paradosso irrisolvibile.
E quindi, passeggiando sconsolato per i
corridoi dell’università alla ricerca di una
soluzione, mi sono immerso nel vibrante
plurilinguismo di Friburgo. Da un lato si
parlava francese, dall’altro tedesco, da lontano
si sentiva un folto gruppo di studenti
ticinesi discutere animatamente in italiano.
Che luogo straordinario questo, dove così
tante lingue convivono senza che nessuna
si imponga sulle altre, in cui tutti sono
disposti a collaborare per giungere alla più
efficace comprensione reciproca! Perché definire
l’università di Friburgo come bilingue
è estremamente riduttivo, i numerosissimi
studenti italofoni iscritti fanno sì che ci sia
un trilinguismo de facto. Ed effettivamente
quella di Friburgo è l’università svizzera con
il maggior numero di studenti ticinesi, poco
più di novecento, addirittura più numerosi
anche di quelli iscritti all’Università della
Svizzera Italiana di Lugano. La comunità ticinese
trova in Friburgo (o meglio, Friborgo,
come viene da loro chiamata) l’università
più adatta per posizione geografica e flessibilità
linguistica e per questa ragione la
favella italiana è sempre viva e presente nel
campus friburghese. Inoltre, l’insegnamento
della letteratura italiana vanta una lunga e
ricca tradizione che, dalla cattedra del celebre
filologo Gianfranco Contini a oggi, continua
ad attirare studiosi della lingua del sì fin
qui nella Svizzera romanda. Proprio Contini
instaurò a Friburgo un rinomato circolo di
accademici italiani rifugiatisi oltralpe durante
la guerra, che fecero dell’Ateneo sulla Sarina
il principale polo di studio della storia
della lingua italiana al di fuori del Bel Paese.
Così, tendendo l’orecchio al familiare e
animato ritmo delle discussioni in italiano,
finalmente ho trovato la soluzione alle mie
inquietudini, un vero motivo per cui lamentarmi.
Perché Spectrum non ha mai parlato
la lingua di Dante? Dalla sua fondazione,
nemmeno un articolo! Questo sì che è un
motivo valido per arrabbiarmi e lamentarmi.
Purché, certo, a nessuno venga in mente
di lamentarsene, in italiano, su Spectrum,
perché altrimenti finirei di nuovo al punto
di partenza. P
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KOMMENTAR
Text
Alyna Reading
Kompromiss-Imbiss
Der Burger ist nicht mehr nur Fast-Food, Finger-Food, Runterschlinger-Food. Längst hat er sich in die gute Küche geschlichen. Peruanische
Avocados, indisches Chutney, wer-weiss-woher-stammende Quinoapatties. Selbst die Veganer*innen erliegen seinem sojaproteinreichen
Charm. Er ist der Alleskönner. Auf den Burger können wir uns einigen.
Kulinarische Kompromisse führen uns zur Prämisse dieses Kommentars, zur Kulisse dieser Stadt. In Freiburg gibt es Burger. Und zwar
überall. Auf dem Weg von der Grand-Rue über die Rue de Lausanne bis an den Bahnhof gehe ich an nicht weniger als fünf Burger-Lokalen
vorbei. Von der billigen Holy-Cow-Kette bis zum hippen Les Trentenaires: Burger, Burger, Burger. Auch die Heilige Dreifaltigkeit der Cafés:
Cyclo, Mondial und Populaires. Sie alle wollen uns Burger braten. In Fribourg essen, heisst Burger essen.
Halb so wild. Der Burger hat sich doch emanzipiert. Er ist nicht mehr hackfleischgewordene Konsumgesellschaft, nicht mehr Symbol des
Wirtschaftsbooms der 1950er Jahre, nicht mehr USA zwischen zwei Brötchen. Was auf den ersten Blick wie ein Sandwich aussehen mag,
ist gar keins, denn – ha! – es ist warm. Der Burger schmeckt nach Kindheitserinnerungen, nach McDonald’s Drive-Through auf einer langen
Autofahrt. Er ist ein gastronomisches Erlebnis, das sich alle leisten können.
Naja, jedenfalls die meisten. In Fribourg kostet ein Burger fast dreissig Franken. Aber ich sagte bereits: Ein Burger ist kein Sandwich. Da darf
er auch was kosten. Das Chutney stammt schliesslich aus Indien. Globalisierung schmeckt geil.
Fribourg gehört den Burgern. Der ewige Kompromiss-Imbiss, ein kleiner Riss in der Kette, dessen, was es hier so hätte, wenn der Burger
nicht ein so sicheres Investment wäre. Mehr Falafel und Döner, noch schöner: mehr Schnipo und Tortillas, Paninis und Nudeln, es würde
alles übersprudeln vor Nudeln! Aber eben, es gibt Burger und das ist okay. Denn es gibt Pommes Frites dazu und dagegen lässt sich nichts
sagen. Pommes schmecken einfach allen.
Text
Helene-Shirley Ermel
Meine Rentrée ins Unbekannte
Bei einer Universitätsstadt wie Freiburg ist es nicht unüblich, Studierenden aus aller Welt zu begegnen. Trotzdem stammt der wohl grösste
Teil der Studierenden aus der Schweiz. Es ist fast selbstverständlich, in seinem eigenen Land ein Studium zu beginnen und später erst ein
Auslandssemester zu machen. So kommen auch viele Erasmus-Studierende aus dem Ausland nach Freiburg, um neue Impulse mitzunehmen.
Ich habe mich dafür entschieden, zum Studium in die Schweiz zu kommen und zu bleiben.
Fast mein ganzes Leben hatte ich in Deutschland gewohnt. Nun wollte ich an einen neuen Ort mit neuen Menschen ziehen. Ich hatte vor,
neue Erfahrungen zu sammeln, eine neue Sprache zu lernen und auch durch diese die Welt anders wahrzunehmen. Sprache formt das Denken,
Kultur formt die Persönlichkeit. Deshalb entschied ich mich für die Schweiz.
Ich habe aufgrund meiner deutschen Mutter und meines Schweizer Vaters beide Staatsangehörigkeiten. Als Auslandsschweizerin war es
somit für mich anreizend, das tagtägliche Geschehen hier bewusst zu erleben. Das heisst aber nicht, dass ich keine Ahnung von der Kultur
hatte. Raclette, Fondue und der Klang des Schweizerdeutschen waren mir so vertraut wie Heimweh von Plüsch und der Schwan von Gölä.
Ich war sogar schon im Tessin. Meine Defizite liegen nur darin, kein Mundart zu sprechen und nicht mit dem Schulsystem vertraut zu sein.
Aber wie meine Lehrer zu sagen pflegten: «Zehn Prozent Schwund sind okay.»
Das, was wir als Kulturschock bezeichnen, stellte sich folglich nicht bei mir ein. Ab und zu wundere ich mich über Kleinigkeiten, zelebriere
aber gleichzeitig diese Unterschiede. Pizzen im Kühlregal hängen zu sehen, finde ich bei jedem Einkauf großartig. In Deutschland nämlich
sind sie in Pappverpackungen aufeinandergestapelt. Ich geniesse es, Fussgängerstreifen (die man in Deutschland kaum noch findet) zu überqueren,
da die Fahrzeuge tatsächlich anhalten. Und es erstaunt mich, dass unzählige Produkte in der Schweiz selbst produziert werden, die
andere Länder importieren.
Vermutlich spreche ich im Namen aller Studierenden, wenn ich sage: Die grösste Schwierigkeit in Freiburg ist es, nicht zu wissen, welche
Sprache mein Gegenüber spricht. In jeder Situation gilt es auszutesten, wie kommunizieren möglich ist. Mit der Zeit wird es zur Gewohnheit
und man pendelt sich ein, lernt andere kennen. Doch will ich die Erfahrungen des Neuanfangs in mir bewahren. Erinnerungen und
Eindrücke kann man nicht genug sammeln.
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CRITIQUES
Parlez-moi du présent
En ce qui concerne Yuval Noah Harari, je suis
arrivé après la bataille, puisque ce n’est que cette
année que j’ai découvert le désormais incontournable
Sapiens. Comme tout le monde, le livre m’a
mis une gigantesque baffe avant de me traîner
dehors pour m’obliger à acheter sa suite, le presque
aussi classique Homo Deus. Mais c’est à mon grand
étonnement que j’ai l’impression que son dernier
livre, 21 questions pour le XXI e siècle, est moins connu
ou reconnu comme un livre essentiel. À tort selon
moi, c’est même le plus intéressant. Là où Sapiens
explorait les origines de l’humanité et Homo Deus
son possible futur, ici l’historien nous explique
notre présent, toujours avec ce ton simple, posé et
cruellement méthodique. Harari s’est rendu expert
en la déconstruction des croyances dans un but
pédagogique. Dieu n’existe pas, les droits de
l’Homme n’existent pas, la croissance n’existe pas,
Ford ou Apple n’existent pas, absolument rien de ce
que l’on croit n’existe tangiblement, mais à force d’y
croire collectivement, nous rendons nos croyances
réelles, et cela dans un but de collaboration à très
grande échelle.
Son dernier ouvrage continue dans cette lancée,
se saisissant et vulgarisant point par point les
plus grandes problématiques de notre temps : du
nucléaire à la crise des migrant·e·s, Harari nous parle
d’identité, de nationalisme, d’écologie et encore et
toujours, de religion. C’est sans doute son ouvrage
le plus personnel, ce qui en fait mon préféré : il y
évoque son homosexualité, son rapport au Judaïsme
ou encore ses propres croyances, qu’il sait pourtant
être une construction de son esprit. Il y évoque ses
doutes, et cela est rassurant après Sapiens et Homo
Deus qui n’hésitaient pas à anéantir les certitudes de
ses lecteurs ou lectrices. Ici, nous sommes tous·tes
dans le même panier, parce que nous sommes
tous·tes des enfants de ce siècle, tous et toutes
lié·e·s au présent que nous tentons si difficilement
de comprendre. Sans langue de bois, un ouvrage à
lire et à relire pour sentir, ne serait-ce qu’un instant,
le présent.
Leonardo Gomez Mariaca
21 questions pour le XXI e siècle
Yuval Noah Harari
375 pages
Albin Michel
Octobre 2018
Chevaliers modernes
uelle déception que de voir ce Green Knight
Q passer totalement inaperçu tant ce film-labyrinthe
complexe, intriguant et atmosphérique résonne
avec l’air du temps. Adaptation quasi-littérale
mais tout à fait moderne du poème médiéval Sire
Gauvain et le chevalier vert, The Green Knight nous
conte la légende de Gauvain donc, neveu hédoniste
du roi Arthur - jamais nommé ainsi dans le film - qui,
le jour de Noël, se voit défier par le chevalier vert
éponyme. Désireux de se montrer digne de la table
ronde, il décapite le cavalier surnaturel sans se douter
que celui-ci non seulement survivra à la blessure
à priori fatale mais promettra au jeune arrogant de
lui infliger le même sort l’année suivante.
Nous pourrions nous attendre à une quête épique
inscrite dans la tradition du récit de cape et d’épée,
mais David Lowery, réalisateur du remarqué A
Ghost Story, choisit de nous plonger dans une méditation
philosophique sur les légendes et la mortalité
ainsi qu’une déconstruction en règle de la figure
du chevalier et du concept même d’héroïsme.
Surprenant dans sa narration et spectaculaire dans
ses visions surnaturelles, The Green Knight prend à
bras le corps le texte original et travaille toutes les
conventions du merveilleux au sens littéraire du
terme. Ici, humain·e·s et créatures, morts et vivants,
christianisme et paganisme se mêlent, se croisent et
s’entrecroisent à l’image des différentes temporalités
du récit faisant de The Green Knight un film de
paradoxe, la modernité du propos contrastant avec
le classicisme du texte. Le tout est emballé avec
une maestria technique et artistique stupéfiante : la
photographie est splendide, la direction artistique à
tomber et l’ambiance sonore absolument viscérale.
Également servi par d’excellents acteur·trice·s, on
pourra seulement reprocher au film de manquer un
peu trop d'accessibilité pour son propre bien, cherchant
parfois trop à égarer le spectateur. Mais pour
qui est friand de ce genre de pellicules exigeantes,
The Green Knight est sans aucun doute l’un des
meilleurs films de l’année.
Yvan Pierri
The Green Knight
David Lowery
130 minutes
A24
Septembre 2021
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KRITIKEN
«Squid Game» – What an odd
name
ierzulande sind Regisseure wie Hwang Donghyuk
der breiten Masse kein Begriff. Das soll-
H
te sich mit dem koreanischen Seriendrama «Squid
Game» ändern. Ihm gelingt, zusammen mit einem
hervorragenden Cast, eine - zuweilen barbarische
– Abhandlung der Frage, wie weit man für umgerechnet
36 Millionen Franken gehen würde. Im Mittelpunkt
steht der in finanzielle Schieflage geratene
Seong Gi-Hun, welchem ein Ausweg aus dem Prekariat
angeboten wird. So muss er sich auf einer Insel
gegen 455 andere Teilnehmende in einer Reihe von
koreanischen Kinderspielen beweisen und dabei
dem Tod entrinnen. Dabei werden diese von einer
Gruppe gelangweilter Superreichen beobachtet
und als Wettobjekte, ähnlich einem Pferderennen,
behandelt.
Auf «Parasite» folgt mit «Squid Game» der nächste
cineastische Hype aus Südkorea. Es ist ein leichter
Einstieg in den Kosmos südkoreanischer Serien und
Filme. Der Anfang ist packend und die Schauspielenden
erschaffen bereits in der ersten Folge eine
beklemmende Atmosphäre. Diese wird über weite
Teile aufrechterhalten, um die kapitalismuskritischen
Elemente der Serie zu unterstreichen. So
dienen die Schicksale der verzweifelten Personen
dazu, den Kapitalismus in Frage zu stellen: Wie
konnte es so weit kommen, dass Leute aus allen
Schichten der Gesellschaft bei der geringen Chance
auf das grosse Geld ihr Leben aufs Spiel setzen?
Auch wenn der Titel «Squid Game» etwas seltsam
anmutet, lohnt sich ein baldiges Anschauen auf jeden
Fall. Ob eingesessene Filmfreunde oder sporadische
Netflixkonsument*innen, man ist neun Episoden
lang bestens unterhalten und kann bei den
neuesten Memes mitlachen.
Tim König
Squid Game
Regie: Hwang Dong-hyuk
2021
9 Episoden
«Zeit zu gehen?»
ames Bond Filme gibt es, solange ich denken
J kann. Weil mein Bruder ausserdem angefressen
war von den Geschichten rund um den 007-Agenten,
lief bei uns zuhause, wenn wir als Kinder sturmfrei
hatten, mit Sicherheit einer der mittlerweile 25
Filme. Von damals sind mir zwar eher explodierende
Stifte und schwimmende Autos in Erinnerung geblieben
als die eigentliche Rahmenhandlung, doch
das Bond-Fieber hat wahrscheinlich auch mich gepackt.
Sich den neuesten Film «No Time to Die»
anzusehen war für mich also ein Muss. Nicht nur,
weil wir coronabedingt lange auf die Kinopremiere
warten mussten, sondern um den bisher besten
Bond-Darsteller Daniel Craig zum letzten Mal in
seiner Rolle zu sehen. Aber hat es sich gelohnt, sich
einen weiteren Film rund um den ewigen MI6-Helden
anzuschauen?
Ganz klar, gerade ältere Bond-Filme strotzen vor
toxischer Männlichkeit. Die neuere Ära aber, welche
mit Craig ihren Anfang nahm, hat versucht diese
Altlast stetig abzuschütteln. In «No Time to Die»
gelingt das meiner Meinung nach zum ersten Mal
überzeugend. Liegt es vielleicht daran, dass Phoebe
Waller-Bridge, Darstellerin und Autorin der Serie
«Fleabag» (absolute Empfehlung an dieser Stelle!)
am Schreiben des Skripts beteiligt war und den Film
so etwas feministischer machte? Jedenfalls war es
erfrischend zu sehen, dass etwa die CIA-Agentin
Paloma, welche Bond in einem Auftrag behilflich
ist, nach erfolgreicher Arbeit ihm geschäftlich die
Hand schüttelt, anstatt ihm um den Hals zu fallen.
Auch Nomi, gespielt von der Afro-Britin Lashana
Lynch, welche nach Bonds Ruhestand (wenn auch
nur vorübergehend) seine berühmte 007-Nummer
übernimmt, zeigt, dass ein erfolgreicher Mann nicht
unersetzlich ist. «He's flawed and his attitude towards
the world and towards women is questionable»,
sagte selbst Craig in einem Interview. Um dem entgegenzuwirken,
so der Schauspieler weiter, brauche
es eben eine möglichst starke weibliche Besetzung.
Nebst dieser Klischee-Aufmischung hat mich die
Handlung allerdings nicht vom Stuhl gerissen. Dafür
empfand ich den ganzen Bösewicht-Plot zu ähnlich
wie in den vorherigen Filmen. Was wirklich toll war
am Film, war, dass Bond, nicht wie gewohnt, nur
einsilbige Wörter von sich gibt und Faustschläge
verteilt, sondern durch mehr gesprochenen Text
menschlicher wirkt. Ausserdem bröckelt seine
Fassade der Unverletzlichkeit. Deshalb nur so viel:
«You’ll never see me cry» heisst es zwar im Titelsong
von Billie Eilish, ob das aber zutrifft, lohnt sich
herauszufinden!
Corina Dürr
No Time to Die
Regie: Cary Fukunaga
2021
163 Min.
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COMITÉ · KOMITEE
Photo Florence Valenne
Comité
Komitee
De gauche à droite · Von links nach rechts : Loïs Pythoud, Helene-Shirley Ermel, Manon Becker, Lisa Schneider, Yvan Pierri, Alyna Reading,
Alison Eugénie Bender, Tim König, Franziska Schwarz
Agenda culturel
Kulturkalendar
November
IMPRESSUM · NOVEMBER 2021
Rédaction-en-chef·fe · Chefredaktion
Unipolitique · Unipolitik
Culture · Kultur
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Correction · Korrektur
Info · Abonnement
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Yvan Pierri, Alyna Reading
Alison Eugénie Bender, vakant
Velia Ferracini, Helene-Shirley Ermel
Manon Becker, Franziska Schwarz
Alwiya Hussein
Lisa Schneider
Mériem Ottet, Melissa Lambelet, Corina Dürr
redaction@spectrum-unifr.ch
abo@spectrum-unifr.ch
student.unifr.ch/spectrum/
Loïs Pythoud
Tim König
06.12.2021
Photographes · Fotograf·innen
Illustrations · Illustrationen
Contributions · Mitautor·innen
Alison Eugénie Bender, Tania Chassot, Léa Dorsaz,
Yves Lassueur, Yvan Pierri, Franziska Schwarz,
Florence Valenne
Romain Buffetrille, Emmanuel Hänsenberger,
Alwiya Hussein, Lukas Lauener, Alyna Reading
Manon Becker, Alison Eugénie Bender, Tania
Chassot, Corina Dürr, Helene-Shirley Ermel,
Velia Ferracini, Tim König, Joan Laissue, Ella Lory,
Leonardo G. Mariaca, Lea Müller, Niki Ott, Maria
Papantuono, Yvan Pierri, Alyna Reading, Nicolas
Rodigari, Katharina Schatton, Franziska Schwarz,
Sophie Sele
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de Fribourg. Entièrement créé par elleux, le magazine
est également bilingue. Chaque étudiant·e peut participer à sa
conception et ainsi faire ses premiers pas dans le journalisme.
Spectrum paraît six fois par an et est gratuitement à la disposition
de la communauté estudiantine dans les locaux de
l’Université, ainsi que sur Internet.
Tirage : 1.100.
Das Studierendenmagazin Spectrum gibt es seit 1958. Es wird
von Studierenden der Universität gestaltet und ist zweisprachig.
Alle Studierenden können mitmachen und dabei Erfahrungen
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im Jahr und liegt kostenlos an der Uni und auf dem Internet auf.
Auflage: 1'100.
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