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FOCUS MONEY 05/2022 Vorschau

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moneyeditorial<br />

EDITORIAL<br />

Und das alles soll<br />

rasch vorübergehen?<br />

FRANK MERTGEN<br />

stellv. Chefredakteur<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />

Das wird einer der großen Streitfälle des Jahres bleiben: Ist<br />

die Inflation mit Jahresraten von zuletzt sieben Prozent<br />

in den USA und fünf Prozent in der Euro-Zone vorübergehend,<br />

bevor sie in einem überschaubaren Zeitraum auf Zielraten<br />

von um die zwei Prozent zurückgeht? Oder bleibt sie hartnäckig<br />

hoch bei Raten von drei Prozent oder mehr, auch wenn<br />

die extrem hohen Zahlen des Jahresanfangs aufgrund von Basiseffekten<br />

keinen Bestand haben dürften? Allein schon die Tatsache,<br />

dass bei der Inflationsermittlung in Deutschland im Januar<br />

<strong>2022</strong> beim Vergleich mit dem Januar 2021 wieder<br />

identische Mehrwertsteuersätze gelten werden, wird die Teuerung<br />

um einige Zehntelprozentpunkte senken. Im Dezember<br />

2021 verglichen sich die Preise mit normalisierter Mehrwertsteuer<br />

noch mit Preisen, auf die im Dezember 2020 die vorübergehend<br />

abgesenkte Mehrwertsteuer erhoben worden war.<br />

Im Moment spricht vieles für die hartnäckig erhöhte Inflation.<br />

Für die zahlreichen Gründe nur acht Beispiele:<br />

1) Der Index des Münchner Ifo-Instituts für die Preiserwartungen<br />

blieb im Dezember mit 44,6 Zählern nahe dem November-Rekordwert<br />

von 44,9 Punkten. Die Umfragewerte zogen<br />

sich durch alle Wirtschaftszweige. „Das wird bis auf die<br />

Verbraucherpreise durchschlagen“, sagt Ifo-Konjunkturexperte<br />

Timo Wollmershäuser.<br />

2) Fast gar nicht beachtet wurde vergangene Woche eine Ifo-<br />

Umfrage für Randstad unter 1000 Personalleitern in Deutschland.<br />

Der Fachkräftemangel wird immer gravierender. Und die<br />

Personalverantwortlichen erwarten durchschnittliche Lohnund<br />

Gehaltssteigerungen in Höhe von 4,7 Prozent.<br />

3) Auch beim Ölpreis hoffen viele Ökonomen auf einen<br />

dämpfenden Basiseffekt: Der Rohstoff wird sich doch <strong>2022</strong> gegenüber<br />

2021 bei Weitem nicht mehr so stark verteuern? Nun,<br />

zeitweise ist der Preis in diesem Jahr schon um mehr als zehn<br />

Prozent gestiegen. Und wie so oft ist man mit dem Öl mittendrin<br />

in der Geopolitik: Deutschland bezieht mehr als 40 Prozent<br />

seines Öls aus Russland, das möglicherweise vor einem<br />

Überfall auf die Ukraine steht.<br />

4) Ähnlich ist die Lage beim Gas, hier stammen sogar 55 Prozent<br />

der deutschen Importe aus Russland. Gas ist jetzt schon<br />

verdächtig knapp, und um einen Rohstoffmarkt durcheinanderzubringen<br />

(und die Preise hochschießen zu lassen), braucht<br />

es keinen Totalausfall, da reichen bereits kleinere Ausfälle.<br />

Schon wird durchgerechnet, welcher Prozentsatz der Importe<br />

aus Russland im Kriegsfall durch Flüssiggasimporte ausgeglichen<br />

werden könnte – aber auch das wäre viel teurer.<br />

5) Apropos Weltkrisen: China mit seiner Null-Covid-Politik<br />

droht eine Katastrophe durch die hoch ansteckende Omikron-<br />

Variante, weil seine eigenen Impfstoffe offenkundig kaum<br />

davor schützen. Es drohen Lieferkettenprobleme in einer<br />

ganz neuen Dimension, die Inflation bliebe auch dadurch länger<br />

hoch.<br />

6) Die Ankündigungen von weiteren Preiserhöhungen für<br />

Güter des täglichen Bedarfs häufen sich. Beispiel Procter &<br />

Gamble: Der Konsumgüterriese (Ariel, Pantene, Gillette) will<br />

das ganze Jahr über Preise erhöhen, wegen Verteuerungen bei<br />

Rohstoffen und Fracht.<br />

7) Kaum ein Branchenreport zu Beginn des Jahres <strong>2022</strong>, in<br />

dem nicht von Preiserhöhungen die Rede ist. Beispiel Autoreifen:<br />

Continental hat laut einer UBS-Branchenstudie die Preise<br />

im vierten Quartal um neun Prozent gegenüber Vorjahr und<br />

um fünf Prozent zum Vorquartal erhöht, bei Michelin lauten<br />

die Vergleichsgrößen plus fünf und plus zwei Prozent.<br />

8) Bekanntlich soll der Ausstoß von Kohlendioxid teurer<br />

werden, um schnell genug klimaneutral zu werden. Berenberg<br />

hat vergangene Woche die Preisprognose für CO 2-Emissionen<br />

im EU-CO 2-Handelssystem für den Rest des Jahrzehnts um<br />

46 Prozent nach oben gesetzt.<br />

Das sogenannte Team Transitory – die Experten, die an die<br />

rasch vorübergehende Inflation glauben – kann sich wohl<br />

warm anziehen.<br />

Ihr<br />

Aus aktuellem Anlass!<br />

Lesen Sie <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> bequem zu Hause<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

die Inflation steigt auf lange nicht mehr erreichte Werte, in<br />

Amerika wie in Europa. Bange blicken die Börsianer auf die<br />

Notenbanken: Kommt die Zinswende doch schneller als bereits<br />

erwartet? Wie geht es weiter mit den Aktienkursen, wenn die expansive<br />

Geldpolitik an ihre Grenzen stößt? Mein Tipp: Sie erfahren<br />

alles Wichtige in <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong>. Den portofreien Kombi-Bezug (Print<br />

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<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 5/<strong>2022</strong><br />

Foto: S. Ugurlu/<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />

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3


moneyinhalt<br />

26. JANUAR <strong>2022</strong> www.money.de<br />

6<br />

Innovationen<br />

made in Germany<br />

Deutschland, das Land der<br />

Dichter, Denker . . . und innovativen<br />

Weltmarktführer. Der große<br />

Überblick – und zwölf Aktien,<br />

um die uns die Welt<br />

beneidet<br />

Teil 2<br />

moneykompakt<br />

40 Kolumne: Roland Koch über ein<br />

deutsches Problem – den Datenschutz<br />

98 Andis Börsenbarometer: Haben<br />

wir „Buy and Hold“ verlernt?<br />

moneytitel<br />

6 Innovation: <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> zeigt<br />

Ihnen 12 deutsche Unternehmen,<br />

um die uns die Welt beneidet<br />

10 Linde: Aktienrückkäufe, Dividenden<br />

und Zukunftshoffnung<br />

Wasserstoff? Die Analyse<br />

13 Verbio: Boom dank Biosprit.<br />

Der Profiteur der Mobilitätswende<br />

14 SUSE: Das etwas andere Betriebssystem<br />

mit Super-Potenzial<br />

16 Biontech: mRNA-Impfstoffe sind<br />

mehr als ein Mittel gegen Corona<br />

18 Basler: Kameraspezialist ist zum<br />

globalen Champion aufgestiegen<br />

20 Mensch und Maschine: Chronische<br />

Renditen, steigende Dividenden<br />

und ideale Aussichten<br />

22 Krones: Wie sich der Weltmarktführer<br />

für Gentränkeabfüllungen<br />

neu erfindet<br />

24 Siemens: Ein Global Player zum<br />

Schnäppchenpreis? Warum sich<br />

der Einstieg lohnt<br />

27 Fresenius Medical Care: Wieso<br />

die Zeichen bei FMC wieder auf<br />

Expansion stehen<br />

30 Rational: Der globale Primus für<br />

Dampfgarer dreht auf<br />

32 Adidas: Die Erfolgsgeschichte<br />

geht weiter. Das sind die Gründe<br />

36 Compugroup: Digital Health ist<br />

ein Boom-Markt – mit dieser Aktie<br />

profitieren Sie davon<br />

38 Interview: Gründer-Experte Prof.<br />

Helmut Schönenberger über<br />

Hightech in Deutschland<br />

moneymarkets<br />

42 Zinswende: Das beste Mittel<br />

gegen die Panik? Hochwertige<br />

Value-Werte. Ein Überblick<br />

46 Dollar: Was macht der Dollar?<br />

Und wer profitiert am meisten? Die<br />

großen Gewinner<br />

50 Sicherheitsdepot: So bauen Sie<br />

ein Portfolio mit Vollkaskoschutz<br />

53 Kolumne: Tilmann Galler über<br />

einen bevorstehenden Rohstoff-<br />

Superzyklus<br />

54 Interview: Ex-Commerzbank-Chef<br />

Martin Blessing über die Übernahme<br />

von Azerion<br />

56 Rohstoffe: Goldgräberstimmung<br />

am Rohstoffmarkt! Bei Lithium wird<br />

es besonders heiß . . .<br />

64 Musterdepots: Das Börsenjahr<br />

<strong>2022</strong> wird herausfordernd. So<br />

reagieren die Profis<br />

4 Titel: Composing: A. Schatz/<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> Fotos: Depositphotos (2), Can Stock Photo (2)<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 5/<strong>2022</strong>


moneydigital<br />

60 Update: Was passiert gerade im<br />

World Wide Web? Ein Überblick<br />

61 Analyse: J.P. Morgan ist die<br />

größte Bank der USA. Aber lohnt<br />

sich auch ein Investment?<br />

68 Chartsignal: Bei dieser Aktie<br />

besteht die Comeback-Chance<br />

68 Börsenwissen: Was ist digitales<br />

Zentralbankgeld? Die Antwort!<br />

moneyanlegerschutz<br />

69 Stimmrechte: Wie Sie als<br />

deutscher Investor Ihr Stimmrecht<br />

im Ausland nutzen können<br />

moneyservice<br />

70 Lebensversicherung: Welche<br />

Direktversicherungen langfristig<br />

überzeugen. Der große Test<br />

74 Mobilfunk: Welcher Anbieter<br />

überzeugt im Fairness-Test?<br />

moneyanalyse<br />

81 Fonds<br />

82 Deutsche Aktien<br />

90 Internationale Aktien<br />

96 ETFs<br />

97 Zertifikate<br />

moneyrubriken<br />

3 Editorial<br />

80 Leserbriefe – Impressum<br />

98 Termine<br />

56<br />

Seltene Erden – seltene Chancen<br />

Lithium ist das neue „weiße Gold“. Was hinter dem Mega-Boom steckt<br />

und wie Sie diese Chance nutzen<br />

Rendite zehnjähriger Staatsanleihen<br />

USA<br />

46<br />

Stark, stärker, Dollar<br />

Der Dollar ist stark wie lange nicht. Was<br />

sind die Gründe? Was sind die Folgen?<br />

Welche Aktien profitieren besonders?<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> hat die Antworten<br />

42<br />

(K)ein Grund zur Panik<br />

Zittern Sie noch oder verdienen Sie<br />

schon? Die anstehende Zinswende<br />

verhilft Value-Werten zu einem fulminanten<br />

Comeback. <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> zeigt<br />

Ihnen die großen Gewinner<br />

Deutschland<br />

in Prozent<br />

2,0<br />

–1,0<br />

2019 2020 2021 <strong>2022</strong><br />

1,0<br />

0<br />

Quelle: Bloomberg<br />

64<br />

Mit diesen Aktien starten<br />

die Profis ins Jahr <strong>2022</strong><br />

Drei Experten. Drei unterschiedliche<br />

Strategien. Drei neue Musterdepots.<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> zeigt Ihnen, mit welchen<br />

Aktien die Profis ins neue Jahr starten<br />

5


moneytitel<br />

LICHT AN, DEUTSCHLAND:<br />

Die Techniknation sucht ihren Weg in<br />

eine neue Erfinder- und Gründerzeit<br />

6 Illustrationen: VectorStock Foto: 123RF<br />

Composing: <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong><br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 5/<strong>2022</strong>


Technischer Vorsprung, vitale<br />

Innovationskraft: Deutsche<br />

Unternehmen genießen das<br />

Vertrauen der Anleger, gerade<br />

wenn’s an den Börsen turbulent<br />

zugeht. Weltmarktführer plus<br />

Gründerfirmen – das Land strahlt<br />

Überflieger mit Kennzeichen D<br />

Die Christkind-Rally schlägt diesmal die<br />

Santa-Rally. Der Dax hielt sich zum volatilen<br />

Jahresbeginn deutlich über dem S&P-500.<br />

Jahresendrally 2021 im Dax und S&P-500<br />

prozentuale Entwicklung seit 20.12.2021<br />

Dax-Performance-Index<br />

+6<br />

+4<br />

DEUTSCHLAND<br />

Teil 2<br />

DIE<br />

BIRNE<br />

VOLLER<br />

IDEEN<br />

S&P-500<br />

+2<br />

2021<br />

<strong>2022</strong><br />

20.12. 27.12. 3.1. 10.1. 17.1. 24.1.<br />

Quelle: Bloomberg<br />

0<br />

von GREGOR DOLAK<br />

Top 10 im Dax<br />

Die Papiere mit dem besten Start ins neue<br />

Börsenjahr: Die Kurse von Henkel und Bayer<br />

erholen sich. Deutschlands Autokonzerne<br />

nehmen Tempo in der Elektromobilität auf.<br />

Entwicklung der besten Dax-Aktien<br />

seit Anfang <strong>2022</strong> in Prozent<br />

Henkel 10,2<br />

Bayer 9,4<br />

BASF 9,3<br />

BMW 7,8<br />

Daimler 7,6<br />

Allianz 7,5<br />

Deutsche Bank 6,6<br />

Fresenius Medical Care 5,9<br />

Quelle: Bloomberg<br />

Volkswagen 5,6<br />

Deutsche Börse 5,5<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 5/<strong>2022</strong><br />

Automobil, Telefon, Bratwurst, Laptop und Lederhose, Gartenzwerg,<br />

Reinheitsgebot, Schäferhund, Schrebergarten,<br />

Schwarzwälder-Kirsch. Welche deutschen Erfindungen<br />

schätzen internationale Investoren am meisten? Derzeit<br />

wohl: Dax-Konzerne und das Christkind. In Kombina tion<br />

fliegen beide weiter und höher als der US-amerikanische<br />

Santa Claus auf dem S&P-Schlitten. Wer kurz vor Weihnachten in den<br />

deutschen Aktien-Leitindex investiert hat, verbuchte bis vergangene<br />

Woche zeitweilig einen Zuwachs von mehr als sechs Prozent. Auch nachdem<br />

Zins- und Inflationsängste andere Börsen in den Sinkflug zwangen,<br />

hielt sich der Dax mehr als zwei Prozent im Plus.<br />

Vor den USA. Die deutsche Christkind-Rally (<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 52/21)<br />

schlägt die Santa-Rally. Der US-Index S&P-500 lag vergangene Woche<br />

gerade noch 0,3 Prozent über dem Stand vor Weihnachten. In einer so<br />

volatilen Phase wie seit Jahresbeginn setzen Anleger großes Vertrauen<br />

in Unternehmen aus der Bundesrepublik. Als die US-Zentralbank Federal<br />

Reserve aufgrund der Inflationsdaten Anfang Januar über schnellere<br />

und stärkere Leitzinserhöhungen nachzudenken begann, schichteten<br />

professionelle Kapitalverwalter auch auf den deutschen Aktienmarkt um.<br />

Der Dax hielt sich, nebst MDax und SDax, recht stabil. Und das verwundert<br />

nicht: Die Börsenindizes aus Germany beherbergen hochattraktive<br />

Global Player und Hidden Champions verschiedenster Größen und Branchen,<br />

um die viele in der Welt Deutschland durchaus beneiden.<br />

7


moneytitel<br />

ADIDAS<br />

Teil 2<br />

Der Wunder-<br />

Schuh von<br />

Bern<br />

WELTMEISTERSCHUH: Mit<br />

ihm gewann Deutschland<br />

1954 im Finale gegen Ungarn<br />

Adidas zählt zu den innovativsten Unternehmen der Welt! Wir werfen einen Blick auf die<br />

einzigartige Erfolgsgeschichte und verraten Ihnen, warum sich der Einstieg gerade jetzt lohnt<br />

von JENNIFER SENNINGER<br />

Adi, mach uns mal ein paar Schuhe, in denen man den<br />

Ball spürt“, bat Mannschaftskapitän Fritz Walter den<br />

Schuhhersteller Adolf Dassler einst. Das Ergebnis<br />

kennen wir: „Aus, aus, aus! Aus! Das Spiel ist aus! Deutschland<br />

ist Weltmeister!“ Die WM 1954 in Bern war die Geburtsstunde<br />

eines Megakonzerns. Eines Konzerns, der heute zu<br />

den innovativsten der Welt gehört. Hinter den sich in dieser<br />

Hinsicht selbst Impfstoff-Hersteller AstraZeneca oder<br />

Medien gigant Disney einreihen. Doch wie hat Adidas das geschafft?<br />

Was steckt hinter dem Erfolg der Herzogenauracher?<br />

Und: Lohnt sich auch für die Zukunft noch der Aktienkauf?<br />

Die Anfänge. Eine halbe Stunde von Nürnberg entfernt findet<br />

sich Adidas’ Hauptsitz. Heute arbeiten 62 000 Menschen<br />

für den Konzern. 397 Millionen Paar Schuhe und 465 Millionen<br />

Bekleidungsstücke produzierte er 2020. Als Sohn eines<br />

Schuhmachers ist Adolf Dassler 1900 im fränkischen Herzogenaurach<br />

geboren. Ursprünglich machte er eine Lehre als<br />

Bäcker. Nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg begann<br />

der Karrierewechsel: In der Waschküche seiner Mutter<br />

probierte sich „Adi“ an seinen ersten Sportschuhen. Mit nur<br />

20 Jahren übernahm er dann den Betrieb seines Vaters. Der<br />

hatte sich bis dahin eigentlich auf Filzpantoffeln spezialisiert.<br />

1924 stieg auch Adis älterer Bruder Rudolf Dassler ein. Genau:<br />

Das ist der, der später Puma gründen sollte. Die „Gebrüder<br />

Dassler Schuhfabrik“ hatte Erfolg: Schon 1936 trugen bei<br />

den Olympischen Spielen einige der Athleten ihre Modelle.<br />

Zwei Brüder streiten sich. Dann kam der Zweite Weltkrieg.<br />

Rudolf wurde eingezogen, Adolf nicht. Er wurde als wirtschaftlich<br />

zu wichtig eingestuft – nicht gerade förderlich für<br />

die Brüder. Auch die Schattenseiten von Adidas sind zu erwähnen:<br />

Wie sein Bruder trat Adolf 1933 der NSDAP bei. Zum<br />

Ende des Krieges wurden in seiner Fabrik Panzerabwehrwaffen<br />

hergestellt. Von US-Besatzern wurde er im Entnazifizierungsverfahren<br />

zunächst als „belastet“ eingestuft, später nur<br />

noch als „Mitläufer“. In US-Gefangenschaft erfuhr Rudolf von<br />

den Amerikanern, dass er von jemandem denunziert worden<br />

32 Foto: Adidas Archive/Studio Waldeck<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 5/<strong>2022</strong>


ADOLF DASSLER (1900–<br />

1978) ist der Gründer des<br />

Sportimperiums Adidas. Der<br />

Unternehmensname ist eine<br />

Kombination aus seinem<br />

Vor- und seinem Nachnamen<br />

Weltmarktführer<br />

Adidas ist, am Umsatz gemessen,<br />

nach dem US-Konzern<br />

Nike der größte Sportartikelhersteller<br />

der Welt. Konkurrenten<br />

wie Puma, Skechers<br />

oder Under Armour folgen<br />

erst mit weitem Abstand.<br />

Größte Sportartikelhersteller <strong>2022</strong><br />

nach weltweitem Umsatz in Milliarden Euro<br />

Nike 30,5<br />

Adidas 19,8<br />

Puma 5,2<br />

Skechers 3,7<br />

Under Armour 3,6<br />

New Balance 2,7<br />

Asics 2,6<br />

Quelle: Statista<br />

sei. Für ihn war klar: Das musste sein Bruder<br />

gewesen sein, der ihn aus dem Unternehmen drängen<br />

wollte und mit dem es zuvor bereits immer wieder Spannungen<br />

gab. So sollen sich beispielsweise auch ihre Ehefrauen<br />

nicht wirklich verstanden haben. Nach seiner Gefangenschaft<br />

denunzierte Rudolf wiederum Adolf. Die Brüder wie das Unternehmen<br />

entzweiten sich. Bis heute stehen beide Konzerne<br />

nur wenige Kilometer voneinander entfernt.<br />

Eine neue Ära. 1949, im Alter von 49 Jahren, gründete Adolf<br />

also eine neue Schuhfabrik: Adidas. Der Name setzt sich aus<br />

seinem Vor- und seinem Nachnamen zusammen. Eigentlich<br />

wollte er sie „Addas“ nennen, doch dieser Name war dem einer<br />

anderen Firma zu ähnlich. Seinem Bruder Rudolf kam eine<br />

ähnliche Idee. „Ruda“ erschien aber vielen als zu plump, weswegen<br />

er sich für Puma entschied. Noch im selben Jahr ließ<br />

sich Adolf auch sein Markenzeichen, die berühmten drei Streifen,<br />

eintragen. Die dienten anfangs übrigens gar nicht dem Design,<br />

sondern sollten dem Mittelfuß Extrastabilität verleihen.<br />

Die Rechte kaufte er der finnischen Firma Karhu angeblich für<br />

umgerechnet 1600 Euro und zwei Flaschen Whiskey ab.<br />

Die WM. 1954 gelang Dassler der Durchbruch. Als Zeugwart<br />

stattete er die deutsche Fußballnationalmannschaft mit<br />

den legendären Schuhen mit den austauschbaren Stollen<br />

aus. Im Finale gegen die weit überlegenen Ungarn waren die<br />

leichten und biegsamen Schuhe mit den Stollen im matschigen<br />

Rasen ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Das Ergebnis:<br />

3 : 2 für Deutschland! Seit 1970 ist Adidas auch für den WM-<br />

Ball verantwortlich. Bis zu seinem Tod ließ sich Dassler<br />

Auf zu neuen Höhen<br />

Lieferengpässe und der Lockdown ließen die Aktie seit August korrigieren. Der Konzern konnte sich bereits wieder erholen und<br />

liegt mit seinen Zahlen fast auf dem Vor-Pandemie-Niveau.<br />

Adidas<br />

Die Aktie hinkt noch hinterher – günstige Einstiegschancen!<br />

WKN/ISIN<br />

A1EWWW/DE000A1EWWW0<br />

Börsenwert 48,50 Mrd. €<br />

Kurs-Gewinn-Verhältnis 2021/22e 33,6/25,8<br />

Dividendenrendite 2021/22e 1,3/1,5 %<br />

Kursziel/Stoppkurs 360,00/210,00 €<br />

Risiko Kurspotenzial 45,2 %<br />

Quelle: Bloomberg<br />

Für aktuelle Kursdaten<br />

und zusätzliche Infos<br />

Code scannen<br />

Präsentiert von<br />

e = erwartet<br />

Aktienkurs in Euro<br />

Unterstützung, jetzt Widerstand<br />

Allzeithoch<br />

Unterstützung<br />

50<br />

2012 13 14 15 16 17 18 19 20 21 <strong>2022</strong><br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 5/<strong>2022</strong><br />

Foto: Adidas 33


moneytitel<br />

Teil 2<br />

Wie halten wir Anschluss an die globale<br />

Hightech-Elite? Helmut Schönenberger, Chef<br />

des Gründerzentrums in München, über<br />

deutsche Defizite, neue Talente und den<br />

nächsten deutschen Champion<br />

INTERVIEW<br />

Deutschland<br />

verliert die<br />

Eigenständigkeit“<br />

von GEORG MECK<br />

Herr Professor Schönenberger, hat Deutschland den Anschluss<br />

als Hightech-Standort verloren?<br />

Prof. Dr. Helmut Schönenberger: Deutschland ist nach wie<br />

vor eine starke Industrienation, woran es im Vergleich mit<br />

den Vereinigten Staaten oder China mangelt, das sind junge,<br />

technologisch innovative und wachstumsstarke Unternehmen.<br />

Deshalb fällt Deutschland in Schlüsselindustrien<br />

zurück. Stichwort Halbleiter, Big Data, künstliche<br />

Intelligenz, Quantencomputer und etliches andere mehr.<br />

Die gefeierte Start-up-Metropole Berlin hat Firmen für Klingeltöne<br />

und den Online-Handel hervorgebracht, aber keine wirk liche<br />

Hochtechnologie?<br />

Schönenberger: Genau. Das Thema E-Commerce hat die<br />

Berliner Szene gut gespielt, die Samwer-Brüder mit ihrem<br />

Rocket-Internet-Universum vornweg. So sind Konzerne<br />

wie Zalando, HelloFresh oder Delivery Hero entstanden,<br />

aber eben kein Deep Tech, keine Start-ups, bei denen tiefgreifende<br />

Technologie im Mittelpunkt steht. Das ganze<br />

Ausmaß dieser Entwicklung spüren wir erst nach und<br />

nach: Deutschland verliert die technologische Souveränität<br />

und damit die ökonomische Eigenständigkeit.<br />

Wie ist das zu ändern? Hapert es an Kapital und Know-how oder<br />

was fehlt sonst?<br />

Schönenberger: Das Kapital fließt inzwischen in die deutsche<br />

Start-up-Szene, auch wenn es immer noch mehr Geld<br />

sein könnte. Das größte Problem in Deutschland ist die<br />

mangelnde Umsetzungsfähigkeit, womit wir beim Thema<br />

HELMUT SCHÖNENBERGER,<br />

Geschäftsführer von UnternehmerTUM,<br />

fördert 50 Gründer im Jahr<br />

38 Foto: Bureau Zweisam Fotografie<br />

<strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> 5/<strong>2022</strong>

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