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Lifestyle: Ruhe im Sturm · Beauty: La Biostétique · Business: Power-Ladies · Gourmet: Best Bars
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40 a | finest lifestyle<br />
Von der Ruhe im Sturm<br />
Jan-Piet Stempels, Herausgeber des digitalen Lifestyle-Magazins The Educated Cool<br />
© Foto: ThisIsJulia Photography<br />
Ich weiß, was Sie jetzt denken, und Sie haben recht. Angesichts<br />
der aktuellen Weltlage braucht es gerade keine kurzweilige<br />
Kolumne, die die Leichtigkeit des Seins zelebriert. Stattdessen<br />
brauche zumindest ich etwas, was offenkundig viel zu wenig<br />
Menschen aktuell viel zu selten praktizieren: eine Pause.<br />
Eine Pause zum Nachdenken und Innehalten. Eine Pause<br />
vom medialen Dauergewitter und der Kakophonie aus<br />
Befindlichkeiten und Empörungen <strong>–</strong> auch der eigenen. »Zeit<br />
und Stille sind heute der größte Luxus.«, brachte es unlängst<br />
der Modedesigner Tom Ford auf den Punkt <strong>–</strong> doch wer gönnt<br />
sich und seinen Mitmenschen diesen Luxus heutzutage noch?<br />
Der Blick in den täglichen Social Media Feed zeigt auf, dass<br />
Einschätzungen und Aussagen zu komplexen und leider oft<br />
bedrohlichen Kontexten in Sekundenschnelle formuliert<br />
und in die Welt geschickt werden. Auf der Strecke bleibt das<br />
differenzierte Hinterfragen der eigenen Meinung und vor<br />
allem auch aller abweichenden Einstellungen zum jeweiligen<br />
Sachverhalt. Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch. Ein<br />
lebendiger Diskurs ist per se gut und das Rückgrat unserer<br />
Demokratie. Doch was sich in den Medien und vor allen<br />
Dingen in den Social-Media-Kanälen gerade auch im<br />
Zusammenhang der Katastrophe in der Ukraine täglich abspielt,<br />
hat mit einem Diskurs nicht mehr viel zu tun. Dafür<br />
bedarf es nämlich der oben genannten Tugenden, um vor allen<br />
Dingen das Zuhören wieder zu lernen.<br />
Deshalb verschreibe ich mir immer häufiger kurze Pausen von<br />
der medialen Welt und gönne mir den Luxus von Zeit und<br />
Stille. Für mich selbst, für meine ganz eigene Meinungsbildung<br />
und für die Chance, möglicherweise auf andere Gedanken zu<br />
kommen. Frei nach dem völlig zu Unrecht fast vergessenen<br />
Künstler Francis Picabia, der einst den wunderbaren Satz prägte:<br />
»Unsere Köpfe sind rund, damit das Denken die Richtung<br />
wechseln kann.« Natürlich gibt es zum Thema Krieg an sich<br />
keine zwei Meinungen. Jeder ansatzweise vernünftige Mensch<br />
ist gegen den Krieg und an jeder Straßenecke begegnet man<br />
Plakaten und Aufkleber, die dies deutlich kundtun. Doch wer<br />
von uns fängt bei sich selbst im Alltag an und investiert aktiv<br />
in den Frieden vor der eigenen Haustür, angefangen bei einem<br />
fried- und respektvollen Miteinander? Ich ahne, was Sie jetzt<br />
denken…<br />
About the calm in the storm<br />
I know what you are thinking, and you are right. In view of the current<br />
world situation, we don’t need an entertaining column that celebrates<br />
the lightness of being. Instead, I at least need something that<br />
far too few people are obviously practicing far too rarely these days: a<br />
break. A break to reflect and pause. A break from the constant media<br />
storm and the cacophony of sensitivities and indignations - including<br />
our own. »Time and silence are the most luxurious things today.«<br />
fashion designer Tom Ford recently put it in a nutshell <strong>–</strong> but who<br />
still allows themselves and their fellow human beings this luxury<br />
these days? A look at the daily social media feed shows that assessments<br />
and statements on complex and unfortunately often threatening<br />
contexts are formulated and sent out into the world in a matter<br />
of seconds. What falls by the wayside is the differentiated questioning<br />
of one’s own opinion and, above all, of all divergent attitudes to<br />
the respective issue. Please, don’t get me wrong. A lively discourse is<br />
good per se and the backbone of our democracy. But what is happening<br />
every day in the media and above all in the social media channels,<br />
especially in connection with the catastrophe in Ukraine, does<br />
not have much to do with discourse. For that, the virtues mentioned<br />
above are needed, above all to learn to listen again. That’s why I<br />
increasingly prescribe myself short breaks from the media world and<br />
allow myself the luxury of time and silence. For myself, for my very<br />
own formation of opinion and for the chance to possibly come up<br />
with other thoughts. According to the unfortunately almost forgotten<br />
artist Francis Picabia, who once coined the wonderful phrase: »Our<br />
heads are round so our thoughts can change direction.«. Of course,<br />
everyone sane is against war and on every street corner you can see<br />
posters and stickers that make their brave statement. But who of us<br />
starts with ourselves and actively invests in peace in our everyday<br />
life, starting with peaceful and respectful coexistence? I sense what<br />
you are thinking... <br />
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