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EUYC-Unterlagen: Europäische Woche der Abfallvermeidung

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Didaktische <strong>Unterlagen</strong><br />

EU Youth Cinema: Green Deal<br />

<strong>Europäische</strong> <strong>Woche</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Abfallvermeidung</strong> – EWAV<br />

1


Inhaltsverzeichnis<br />

1. <strong>Europäische</strong> <strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Abfallvermeidung</strong> – EWAV ................................................... 3<br />

2. Unsere Gar<strong>der</strong>obe 2030: geliehen, recycelt und erneuerbar ...................................... 8<br />

3. Textile Mountain: The Hidden Burden of our Fashion Waste ................................... 12<br />

2


1. <strong>Europäische</strong> <strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Abfallvermeidung</strong> – EWAV<br />

Die <strong>Europäische</strong> <strong>Woche</strong> zur <strong>Abfallvermeidung</strong> (EWAV) wurde 2009 als EU-finanziertes LIFE+-<br />

Projekt ins Leben gerufen. Die Initiative ging von öffentlichen Behörden in ganz Europa aus,<br />

die ihre Kräfte zur <strong>Abfallvermeidung</strong> bündeln wollten. Die EWAV ist die größte Kampagne zur<br />

Sensibilisierung für die <strong>Abfallvermeidung</strong> in Europa. Angetrieben von lokalen und regionalen<br />

Behörden bringt die Kampagne alle möglichen Akteure zusammen – Bürger*innen, Schulen,<br />

Unternehmen, NRO, Verbände – die Aktivitäten zur Sensibilisierung für die <strong>Abfallvermeidung</strong><br />

organisieren. Was diese <strong>Woche</strong> zu etwas Beson<strong>der</strong>em macht, sind die Bemühungen und die<br />

Leidenschaft <strong>der</strong> Tausenden von Freiwilligen, die in ihren Gemeinden über nachhaltigen<br />

Konsum und Kreislaufwirtschaft informieren.<br />

Thema 2022: Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Textilien – Abfall ist aus <strong>der</strong> Mode!<br />

Jedes Jahr konzentriert sich die EWAV auf einen an<strong>der</strong>en Aspekt <strong>der</strong> <strong>Abfallvermeidung</strong>, um<br />

die Aufmerksamkeit auf Bereiche zu lenken, die mit unseren nicht nachhaltigen<br />

Konsumgewohnheiten als Gesellschaft in Zusammenhang stehen.<br />

Die Ausgabe 2022 <strong>der</strong> <strong>Europäische</strong>n <strong>Woche</strong> <strong>der</strong> <strong>Abfallvermeidung</strong> konzentriert sich auf<br />

Textilien, um die starken Auswirkungen auf unseren Planeten hervorzuheben, aber vor allem,<br />

um Aktionen anzuregen, die mehr Kreislaufwirtschaft in den Textilsektor bringen. Mode ist<br />

eines <strong>der</strong> Mittel, mit denen sich Menschen kreativ ausdrücken. Hinter roten Teppichen,<br />

Modeschauen und Verkäufen steht eine riesige Industrie, die allein in Europa über 1,5<br />

Millionen Menschen beschäftigt. Aber die Kehrseite <strong>der</strong> Medaille erzählt eine an<strong>der</strong>e<br />

Geschichte, weniger glänzend und viel alarmieren<strong>der</strong>.<br />

Die Textil- und Bekleidungsindustrie gehört zusammen mit dem Wohnungsbau, dem Verkehr<br />

und <strong>der</strong> Lebensmittelindustrie zu den Sektoren mit <strong>der</strong> größten Umweltverschmutzung. Dies<br />

ist auf die starken Auswirkungen auf die Flächennutzung, die Wasserverschmutzung und<br />

sogar die Treibhausgasemissionen zurückzuführen. Dieser Sektor hat in je<strong>der</strong> Phase große<br />

Folgen auf die Umwelt und die Gesellschaft: von <strong>der</strong> Produktion über den Vertrieb und die<br />

Nutzung bis hin zur Nachnutzung (Sammlung, Sortierung, Recycling und abschließende<br />

Abfallentsorgung, die in den meisten Fällen mit Verbrennung und Mülldeponien verbunden<br />

ist).<br />

Was sind die Ziele <strong>der</strong> EWAV?<br />

• für Strategien zur Abfallreduzierung, Produktwie<strong>der</strong>verwendung und<br />

Materialrecycling sowie für die damit verbundenen politischen Maßnahmen <strong>der</strong> EU<br />

und <strong>der</strong> Mitgliedsstaaten zu sensibilisieren;<br />

• die von den EWAV-Teilnehmenden geleistete Arbeit hervorzuheben,<br />

• die europäischen Bürger*innen zu mobilisieren und zu ermutigen, sich auf vier<br />

zentrale Aktionsthemen zu konzentrieren;<br />

• die Kapazitäten <strong>der</strong> EWAV-Akteur*innen zu stärken, indem ihnen gezielte<br />

Kommunikationsinstrumente und Schulungen zur Verfügung gestellt werden.<br />

3


Die im Rahmen <strong>der</strong> EWAV durchgeführten Maßnahmen betreffen drei wichtigsten Aspekte:<br />

Reduzierung von Abfall, Wie<strong>der</strong>verwendung von Produkten, Recycling von Materialien – in<br />

dieser Reihenfolge.<br />

In <strong>der</strong> Praxis sollte die Abfallhierarchie als Grundlage für persönliche (o<strong>der</strong> organisatorische)<br />

Entscheidungen dienen:<br />

Reduzierung von Abfall: Frag dich, ob du Waren, die du kaufen wolltest, wirklich brauchst,<br />

bevor du sie kaufst. Das gilt auch für die Verpackungen, in denen manche Produkte geliefert<br />

werden. Kannst du vielleicht Dinge umfunktionieren, von jemandem ausleihen o<strong>der</strong> kaputte<br />

Gegenstände reparieren o<strong>der</strong> Werkzeug in <strong>der</strong> Nachbarschaft mitbenutzen? Wenn ja, dann<br />

kannst – und solltest – du REDUZIEREN.<br />

Wie<strong>der</strong>verwendung: Dies ist <strong>der</strong> Teil, in dem gewissenhafte Verbrauchende wirklich etwas<br />

bewirken können. Tausche in jedem Bereich deines Lebens Einwegartikel gegen<br />

wie<strong>der</strong>verwendbare aus! Das gilt nicht nur für Plastik, son<strong>der</strong>n auch für alle an<strong>der</strong>en<br />

Einwegartikel und -produkte! Überzeuge Klassenkameraden, Familie, Freund*innen o<strong>der</strong><br />

deine Nachbarschaft, dasselbe zu tun!<br />

Recyclen: Ist besser als Deponieren, aber nicht unsere bevorzugte Option. Und warum? Wenn<br />

du etwas recyceln musst, bedeutet das, dass du bereits Abfall erzeugst. Wenn es dir mit <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>verwendung und Reduzierung ernst ist, sollte das Recycling nur einen kleinen Teil<br />

deiner Bemühungen ausmachen.<br />

…und Müllsammeln<br />

Lei<strong>der</strong> beeinträchtigt die Vermüllung weiterhin unsere Städte und die Natur. Um den<br />

negativen Auswirkungen entgegenzuwirken, for<strong>der</strong>t die EWAV die Teilnehmenden auf, ihre<br />

Mitmenschen über <strong>Abfallvermeidung</strong> aufzuklären und die Gebiete zu säubern, in denen die<br />

Vermüllung das gute Funktionieren <strong>der</strong> natürlichen und menschlichen Lebensräume<br />

behin<strong>der</strong>t.<br />

4


Produktion: Nutzung natürlicher Ressourcen und Treibhausgasemissionen<br />

Textilien und Bekleidung sind die viertgrößte Belastungskategorie in Bezug auf den Verbrauch<br />

von Primärrohstoffen und Wasser. Für ein Paar Jeans werden beispielsweise 7.000 Liter, für<br />

ein T-Shirt 2.700 Liter Wasser benötigt, was dem Trinkwasserverbrauch einer Person in 2,5<br />

Jahren entspricht.<br />

Der Produktionsprozess verursacht etwa 15-35 Tonnen CO2-Äquivalent pro Tonne<br />

produzierter Textilien. Die vorgelagerte Wertschöpfungskette <strong>der</strong> in <strong>der</strong> EU verbrauchten<br />

Bekleidung, Schuhe und Heimtextilien ist die Kategorie mit den fünf höchsten<br />

Treibhausgasemissionen.<br />

Die Umweltauswirkungen in <strong>der</strong> Produktionsphase hängen auch mit dem Anbau und <strong>der</strong><br />

Produktion von Naturfasern (Baumwolle, Hanf und Leinen) in Bezug auf Land- und<br />

Wassernutzung, Düngemittel und Pestizide zusammen, aber auch mit <strong>der</strong> Produktion von<br />

synthetischen Fasern (Polyester und Elastan) in Bezug auf den Energieverbrauch und die<br />

chemischen Ausgangsstoffe.<br />

Neben den starken Effekten auf die Umwelt ist dieser Sektor auch mit weltweiten sozialen<br />

Auswirkungen verbunden, was die Löhne, die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld in<br />

den Textilfabriken betrifft. Für einige Regionen ist es immer noch schwierig, Lieferanten<br />

außerhalb Europas zu meiden, die Kin<strong>der</strong>arbeit einsetzen.<br />

Infobox<br />

Der europäische Textilkonsum hat nach Lebensmitteln, Wohnen und Mobilität die<br />

viertgrößte Auswirkung auf Umwelt und Klimawandel. Er gehört zu den drei größten<br />

Belastungen für Wasser- und Bodennutzung und zu den fünf größten Belastungen in Bezug<br />

auf Rohstoffverbrauch und Treibhausgasemissionen.<br />

Hilfreiche Links:


Der Gebrauch und die Pflege durch die Konsumierenden (ohne Berücksichtigung <strong>der</strong><br />

Transportphase) erfor<strong>der</strong>t Energie und Wasser, aber auch Waschmittel. Durch das Waschen<br />

werden Chemikalien und Mikrofasern ins Abwasser abgegeben. Nach dem Waschen sind<br />

Textilien für 35% des primären Mikroplastiks in den Ozeanen verantwortlich, was 50<br />

Milliarden Plastikflaschen entspricht.<br />

Nach dem Gebrauch: Abfallentsorgung und Recycling<br />

Micro plastic © Wikimedia Commons<br />

Im Durchschnitt verbraucht jede Person in Europa jedes Jahr 26 kg Textilien, von denen 11 kg<br />

nach nur 7-8-maligem Tragen weggeworfen werden. Wenn diese Kleidungsstücke o<strong>der</strong><br />

Textilien in Europa weggeworfen werden, werden 87% verbrannt o<strong>der</strong> landen auf<br />

Mülldeponien, während nur 10% als Gebrauchtware auf dem Markt bleiben (Labfresh, 2020).<br />

Um hierauf zu reagieren, hat das <strong>Europäische</strong> Parlament die Abfallrahmenrichtlinie<br />

verabschiedet, die den Mitgliedsstaaten vorschreibt, in ihren Städten bis 2025 eine getrennte<br />

Sammlung von Textilabfällen einzuführen. Auf <strong>der</strong> Grundlage aller gesammelten Daten über<br />

die Auswirkungen von Textilien haben <strong>der</strong> <strong>Europäische</strong> Green Deal, <strong>der</strong> Aktionsplan für eine<br />

Kreislaufwirtschaft und die Industriestrategie Textilien als einen vorrangigen Sektor<br />

identifiziert, für den die EU den Weg zu einer kohlenstoffneutralen Kreislaufwirtschaft ebnen<br />

kann. Die neue Strategie <strong>der</strong> EU-Kommission umfasst auch Maßnahmen zur Unterstützung<br />

von Kreislaufmaterialien und Produktionsprozessen, zur Bekämpfung gefährlicher<br />

Chemikalien und zur Unterstützung <strong>der</strong> Verbrauchenden bei <strong>der</strong> Auswahl nachhaltiger<br />

Textilien.


Aufgaben<br />

1. Entdecke die Aktionen <strong>der</strong> EWAV:<br />

Die Action map - EWWR listet eine Reihe von Aktionen zur <strong>Abfallvermeidung</strong> auf. Auf<br />

ihrer Website können die Schüler*innen nach Aktionen in ihren Län<strong>der</strong>n suchen und<br />

sich durch die Anzeige aller Aktionen in Europa inspirieren lassen. Sie können dann ihre<br />

Lieblingsaktion auswählen und sie kurz in <strong>der</strong> Klasse vorstellen.<br />

2. Reduziere Abfall für mindestens eine <strong>Woche</strong>:<br />

Die Aufgabe für die Schüler*innen besteht darin, alle Abfälle, die sie eine <strong>Woche</strong> lang<br />

produzieren, in einem Abfalltagebuch aufzulisten. Nach einer <strong>Woche</strong> sollen sie die Liste<br />

durchgehen und mögliche Optionen zur Reduzierung ihres eigenen Abfalls entdecken.<br />

Challenges für die Schüler*innen (individuell o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Gruppe)<br />

– nicht nur während <strong>der</strong> EWAV<br />

Challenge #1 – Reduzieren<br />

„Versuche, eine <strong>Woche</strong> lang auf Produkte in Einwegverpackungen zu verzichten. Verwende<br />

Stofftaschen und wie<strong>der</strong>verwendbare Glas- und Plastikbehälter, trinke nur Leitungswasser<br />

und besuchen den Bauernmarkt in deiner Nähe, um unverpackte Lebensmittel zu kaufen.<br />

Und bevor du einkaufen gehst, überlege dir, was du wirklich brauchst und worauf du vorerst<br />

verzichten kannst.“ Nach einer <strong>Woche</strong> sollten die Schüler*innen ihre Erfahrungen<br />

diskutieren und austauschen. Wenn sie die Herausfor<strong>der</strong>ung nicht ganz gemeistert haben,<br />

können sie alle Abfälle <strong>der</strong> <strong>Woche</strong> sammeln, um sich ein Bild von ihrem Konsumverhalten<br />

zu machen. Vielleicht gelingt es ihnen in den folgenden <strong>Woche</strong>n ja doch noch, ihren<br />

Verpackungsmüll zu reduzieren.<br />

Challenge #2 – Wie<strong>der</strong>verwenden<br />

„Anstatt Dinge wegzuwerfen, wenn du sie nicht mehr brauchst, hast du ja vielleicht eine<br />

Idee, wie du Dinge umfunktionieren o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s verwenden könntest? Deiner Fantasie sind<br />

keine Grenzen gesetzt!“ Die Schüler*innen sollen paarweise o<strong>der</strong> in Gruppen diskutieren,<br />

was sie wie<strong>der</strong>verwenden o<strong>der</strong> umfunktionieren möchten. In einem zweiten Schritt<br />

könnten sie gemeinsam an <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>verwendung o<strong>der</strong> Umnutzung von Gegenständen<br />

arbeiten.<br />

Challenge #3 – Recyclen<br />

„Anstatt Dinge direkt in den Müll zu werfen, wenn du sie nicht mehr brauchst, hast du ja<br />

vielleicht eine Idee, wie du sie wie<strong>der</strong>verwerten könntest? Eine Tasche aus deinen alten<br />

Jeans nähen, häkeln mit zerschnittenen Plastikfolien o<strong>der</strong> eine Kunstinstallation aus<br />

unbrauchbaren CDs machen. Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!“ Die<br />

Schüler*innen sollen paarweise o<strong>der</strong> in Gruppen besprechen, welche Upcycling-Materialien<br />

sie gerne kreativ verwerten würden. Im nächsten Schritt können sie gemeinsam an diesem<br />

Prozess arbeiten.<br />

7


2. Unsere Gar<strong>der</strong>obe 2030: geliehen, recycelt und erneuerbar<br />

Klimapakt-Botschafterinnen: Lidia Martin aus Spanien und Agnieszka Oleksyn-Wajda aus Polen<br />

Jede neue Saison bringen globale Modemarken neue Kollektionen und Stile auf den Markt<br />

und verleiten die Verbraucher*innen dazu, ihre „alte“ Gar<strong>der</strong>obe mit den neuesten Looks<br />

auszustatten. Doch die Art und Weise, wie die meisten Marken diese neuen Bekleidungslinien<br />

herstellen, insbeson<strong>der</strong>e diejenigen, die auf globaler Ebene produzieren, schadet <strong>der</strong><br />

Umwelt. Nach Lebensmitteln, Wohnraum und Verkehr hat <strong>der</strong> europäische Textilkonsum die<br />

viertgrößte Auswirkung auf die Umwelt und das Klima. Vor allem Textilabfälle stellen weltweit<br />

ein großes Problem dar, denn jede Sekunde wird eine volle LKW-Ladung Altklei<strong>der</strong> und<br />

Textilien deponiert o<strong>der</strong> verbrannt.<br />

Wie wird sich unsere Gar<strong>der</strong>obe verän<strong>der</strong>n, wenn die Klimakrise in den Mittelpunkt rückt?<br />

Und welche positiven Verän<strong>der</strong>ungen und spannenden Innovationen gibt es bereits jetzt in<br />

<strong>der</strong> Modeindustrie? Wir haben mit zwei europäischen Klimapakt-Botschafterinnen, Agnieszka<br />

Oleksyn-Wajda aus Polen und Lidia Martin aus Spanien, gesprochen, um ihre Expertise<br />

einzuholen. Agnieszka, Direktorin des Instituts für nachhaltige Entwicklung an <strong>der</strong> Lazarski-<br />

Universität in Warschau, und Lidia, die eine Online-Plattform betreibt, um das Bewusstsein<br />

für nachhaltige Mode und die dahinterstehende Wissenschaft zu schärfen, erzählen uns, wie<br />

sich die Branche entwickelt und wie eine nachhaltige Gar<strong>der</strong>obe im Jahr 2030 aussehen wird.<br />

Fast Fashion aus <strong>der</strong> Mode bringen<br />

Die Auswirkungen von Fast Fashion sind in <strong>der</strong> gesamten Lieferkette zu spüren: vom<br />

übermäßigen Wasserverbrauch für den Anbau von Fasern wie Baumwolle bis hin zum Einsatz<br />

fossiler Brennstoffe für die Herstellung von Kunstfasern, von <strong>der</strong> Wasserverschmutzung<br />

während <strong>der</strong> Färbe- und Veredelungsprozesse bis hin zu den Kohlenstoffemissionen, die bei<br />

<strong>der</strong> Produktion und beim Transport entstehen. Das Umweltbewusstsein <strong>der</strong><br />

Konsument*innen und <strong>der</strong> Unternehmen <strong>der</strong> Modeindustrie hat in den letzten Jahren jedoch<br />

stark zugenommen, und es gibt einen wachsenden Trend zu Nachhaltigkeit und Transparenz.<br />

Fast Fashion ist dabei, aus <strong>der</strong> Mode zu kommen.<br />

8


Im Jahr 2022 verabschiedete die <strong>Europäische</strong> Kommission eine neue EU-Strategie für<br />

nachhaltige und kreislauffähige Textilien. Die Strategie enthält eine Vision für die Zukunft <strong>der</strong><br />

Mode: Bis 2030 sollen die von <strong>der</strong> Industrie verwendeten Textilien langlebig, aus recycelten<br />

Fasern hergestellt und vollständig recycelbar sein. Eine echte Kreislaufwirtschaft für Textilien<br />

bedeutet auch, dass den Verbraucher*innen Wie<strong>der</strong>verwendungs- und Reparaturdienste in<br />

großem Umfang zur Verfügung stehen.<br />

Woraus wird unsere Kleidung also bestehen?<br />

Die Materialinnovation hat in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht. Es gibt eine<br />

Reihe neuer Materialien auf Pflanzenbasis (oft als „Biomaterialien“ bezeichnet), die durch<br />

Nachahmung natürlicher Prozesse hergestellt werden und mit den weit verbreiteten<br />

synthetischen Materialien konkurrieren können. Lidia sagt voraus, dass Le<strong>der</strong>alternativen aus<br />

Kaktus, Apfel und Ananas bis 2030 weithin verfügbar und erschwinglich sein werden. An<strong>der</strong>e<br />

Materialien, wie z.B. Polyester, haben das Potenzial, ohne den Einsatz von Rohstoffen recycelt<br />

zu werden, und bestimmte Bademodenlinien werden bereits jetzt ausschließlich aus<br />

recycelten Kunststoffen hergestellt.<br />

In <strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe des Jahres 2030 werden aber nicht nur futuristische Materialien zum Einsatz<br />

kommen, son<strong>der</strong>n auch natürliche, nachhaltige und zuverlässige Stoffe, die bereits heute<br />

existieren. Ein Beispiel dafür ist Hanf, eine Pflanze, die in ganz Europa angebaut wird. „Ich<br />

hoffe, dass die Hanfproduktion zunehmen wird, denn Hanf ist neben Bambus und Leinen<br />

eines <strong>der</strong> nachhaltigsten Materialien, die wir für Kleidung verwenden können“, sagt Lidia. Sie<br />

sind nicht nur natürlich, leicht und haltbar sowie vollständig kompostierbar o<strong>der</strong> recycelbar,<br />

son<strong>der</strong>n auch besser für unsere Gesundheit und die Umwelt, da bei ihrer Herstellung weniger<br />

giftige Chemikalien verwendet werden. Im Gegensatz zu Polyester und Nylon, aus denen<br />

heute viele Kleidungsstücke hergestellt werden, geben sie beim Waschen keine Mikrofasern<br />

aus Kunststoff in das Haushaltsabwasser ab, die die Umwelt und das Meeresleben schädigen<br />

können.<br />

Wie werden wir Mode konsumieren?<br />

Sobald natürliche o<strong>der</strong> recycelte Materialien in Gebrauch sind, sollten sie eine lange<br />

Lebensdauer haben, bevor sie schließlich wie<strong>der</strong> in die Lieferkette gelangen, wenn sie wirklich<br />

zirkulär sein sollen. Es gibt bereits innovative Lösungen, die diesen Kreislauf unterstützen. „Ich<br />

glaube, dass neue Technologien dazu beitragen werden, die Verschwendung in <strong>der</strong> gesamten<br />

Lieferkette zu begrenzen“, sagt Agnieszka. Diese Technologien reichen von <strong>der</strong> digitalen<br />

Anprobe (eine virtuelle Möglichkeit, Kleidung anzuprobieren) bis hin zu Apps für den Verleih<br />

von Kleidung o<strong>der</strong> die Suche nach Reparaturdiensten in <strong>der</strong> Nähe. Die Digitalisierung des<br />

Kaufprozesses von Kleidung unterstützt ebenfalls die Kreislaufwirtschaft, und die Online-<br />

Märkte für Secondhand- und Mietartikel sind in den letzten Jahren explodiert. Lidia<br />

prognostiziert, dass <strong>der</strong> Secondhand-Markt im Jahr 2030 sogar doppelt so groß sein wird wie<br />

jener von Fast Fashion: „Ich würde sagen, dass über 60% unserer Klei<strong>der</strong>schränke bis 2030<br />

aus zweiter Hand sein werden. Das Wachstum des Vintage-Marktes ist einfach<br />

atemberaubend.“<br />

9


Agnieszka ist beson<strong>der</strong>s begeistert von einem neuen Instrument, das im Rahmen <strong>der</strong> EU-<br />

Textilstrategie eingeführt wird: digitale Produktpässe mit zuverlässigen Informationen über<br />

die ökologischen und sozialen Auswirkungen eines Artikels. Darin können die<br />

Verbraucher*innen nachlesen, wie, wo und woraus ihre Kleidung hergestellt wurde, wie viel<br />

Wasser und welche Chemikalien zu ihrer Produktion verwendet wurden und ob sie repariert,<br />

wie<strong>der</strong>verwendet o<strong>der</strong> recycelt werden kann. Dadurch werden nicht nur die Hersteller*innen<br />

in die Pflicht genommen, son<strong>der</strong>n auch die Verbraucher*innen in die Lage versetzt,<br />

Entscheidungen zu treffen, die mit ihren Werten übereinstimmen.<br />

Unsere Gar<strong>der</strong>obe im Jahr 2030: eine Zusammenfassung<br />

Le<strong>der</strong>alternativen aus Kaktus, Apfel und Ananas werden weithin verfügbar und erschwinglich<br />

sein. Es werden vermehrt natürliche, nachhaltige und zuverlässige Stoffe verwendet werden,<br />

die es bereits heute gibt, sowie recycelte Rohmaterialien. Die digitale Anprobe (eine virtuelle<br />

Möglichkeit, Kleidung anzuprobieren) und Apps zum Ausleihen von Kleidung o<strong>der</strong> zum<br />

Auffinden von Reparaturdiensten in <strong>der</strong> Nähe werden Alltag sein. 60% unserer Gar<strong>der</strong>obe<br />

wird aus zweiter Hand stammen. Jedes neue Kleidungsstück wird mit einem Produktpass<br />

versehen, <strong>der</strong> verlässliche Infos über die ökologischen und sozialen Auswirkungen eines<br />

Artikels enthält.<br />

Werden die Marken transparenter sein?<br />

Mit <strong>der</strong> Einführung des digitalen Produktpasses werden Modemarken keine Wahl mehr<br />

haben – sie müssen innovativ, haltbar und wirklich nachhaltig werden. Dies scheint bereits<br />

<strong>der</strong> Fall zu sein. „Modeunternehmen werden sich immer bewusster über nachhaltiges<br />

Wirtschaften“, sagt Agnieszka. „Ich bin an einigen Initiativen in Polen beteiligt, die mit<br />

Unternehmen, internationalen Organisationen, NGOs und Forschenden zusammenarbeiten.<br />

Wir versuchen, uns gegenseitig zu verstehen und Wege für eine nachhaltigere und<br />

kreislauforientierte Wirtschaft zu finden.“<br />

Und Lidia schlägt vor, dass Verbraucher*innen die Modefirmen in <strong>der</strong> Zwischenzeit zu mehr<br />

Transparenz ermutigen. „Man braucht keine Plattform, um Aktivist*in zu sein o<strong>der</strong> sich für<br />

eine sauberere Modeindustrie einzusetzen. Man kann Modemarken direkt anschreiben o<strong>der</strong><br />

in den sozialen Medien um mehr Infos über ihre Nachhaltigkeitsstandards bitten“, sagt sie.<br />

Das Ende von Fast Fashion?<br />

Die Diskussion über die Zukunft <strong>der</strong> Mode ist spannend, denn als Reaktion auf das verän<strong>der</strong>te<br />

Konsumverhalten entstehen viele neue Materialien, Geschäftsmodelle und Technologien.<br />

Der Markt ist im Umbruch, und dies wird durch die Textilstrategie <strong>der</strong> EU unterstützt, die<br />

darauf abzielt, Fast Fashion vollständig zu stoppen und den Kohlenstoff- und<br />

Umweltfußabdruck <strong>der</strong> Branche zu verringern. Doch wie viel Hoffnung sollten wir haben, dass<br />

Fast Fashion endlich ein Ende findet? Wir haben unsere fachkundigen Klimapakt-<br />

Botschafterinnen nach ihrer Meinung gefragt.<br />

„Die Modeindustrie wird es immer geben, weil es eine solche soziale Notwendigkeit gibt“,<br />

sagt Agnieszka. „Aber das Ziel <strong>der</strong> Kommission ist es, schändliche Praktiken wie die schlechte<br />

10


Abfallwirtschaft zu reduzieren. Dieser Wandel wird nicht in einem Jahr, nicht in zwei o<strong>der</strong> gar<br />

fünf Jahren stattfinden. Es wird ein langer Prozess sein. Die Kommission hat das Jahr 2030 als<br />

Stichtag für die Umgestaltung <strong>der</strong> Abfallwirtschaft festgelegt. Ich denke, dass sich dadurch die<br />

Art und Weise, wie Mode konsumiert und produziert wird, än<strong>der</strong>n wird.“<br />

Obwohl Lidia glaubt, dass die EU auf dem besten Weg ist, einige ihrer Ziele bis 2030 zu<br />

erreichen, insbeson<strong>der</strong>e in Bezug auf ethische und arbeitsrechtliche Standards, hält sie das<br />

Jahr 2050 für einen realistischeren Zeitrahmen für die globale Transformation <strong>der</strong><br />

Modeindustrie. „Bis 2050 wird Fast Fashion überhaupt nicht mehr die Norm sein. Ich denke,<br />

es wird einen Wandel in <strong>der</strong> Gesetzgebung, in <strong>der</strong> Konsummentalität und innerhalb des<br />

Marktes geben, <strong>der</strong> das Ende von Fast Fashion einläuten wird.“ Auf jeden Fall könnten wir bis<br />

2030 auf dem besten Weg sein, dass Fast Fashion <strong>der</strong> Vergangenheit angehört. Bis dahin<br />

können wir als konsumierende Menschen Schritte unternehmen, um eine nachhaltigere<br />

Beziehung zur Mode zu gestalten.<br />

Das kannst du als nächstes tun:<br />

- Kaufe insgesamt weniger Kleidung und investiere in höherwertige Artikel;<br />

- Nimm dir Zeit, um über Einkäufe nachzudenken und vermeide Impulskäufe;<br />

- Kaufe mit Hilfe von Apps aus zweiter Hand ein o<strong>der</strong> schaue in örtlichen Vintage- und<br />

Wohltätigkeitsläden vorbei;<br />

- Prüfe vor dem Kauf die Etiketten <strong>der</strong> Kleidungsstücke und achte auf natürliche,<br />

biologische o<strong>der</strong> recycelte Fasern. Vermeide synthetische Stoffe wie Polyester, Nylon und<br />

Acryl;<br />

- Tausche ungewollte Kleidungsstücke mit Freund*innen, anstatt sie wegzuwerfen;<br />

- Suche lokale Schnei<strong>der</strong>*innen und Schuster*innen, die deine Kleidung und Schuhe<br />

anpassen und reparieren;<br />

- Du könntest dich auch mit dem <strong>Europäische</strong>n Klimapakt und unserem Partner ‚Count Us<br />

In‘ verpflichten, weniger Kleidung zu kaufen und sie länger zu tragen o<strong>der</strong> sie zu<br />

reparieren und wie<strong>der</strong>zuverwenden.<br />

Welche Schritte du auch immer unternimmst, du kannst – in den sozialen Medien, per E-Mail<br />

o<strong>der</strong> durch Mundpropaganda – an<strong>der</strong>e dazu ermutigen, dasselbe zu tun und deine<br />

Fortschritte mit dem Hashtag #EUClimatePact teilen.


3. Textile Mountain: The Hidden Burden of our Fashion Waste<br />

DER KLEIDERBERG – DER VERSTECKTE PREIS UNSERES ÜBERMAẞIGEN MODEKONSUMS<br />

Regie: Fellipe Lopes<br />

Irland (2020)<br />

Drehorte: Kenia, Irland und Belgien<br />

Dauer: 22 min<br />

Stichwörter: Kleidung, Recycling, Kenia, Textilindustrie, Globalisierung<br />

Synopsis<br />

Die Europäer*innen werfen jedes Jahr 2 Millionen Tonnen Textilien weg. Jede Sekunde wird<br />

das Äquivalent eines Müllwagens mit Textilien auf einer Deponie gelagert o<strong>der</strong> verbrannt.<br />

Viele von uns spenden ihre unerwünschten Kleidungsstücke an Wohltätigkeitsläden und<br />

Klei<strong>der</strong>sammelbanken. Aber wissen wir wirklich, was dann mit ihnen geschieht? Weltweit<br />

werden 70% unserer gespendeten Kleidung zu Ballen gepresst und an den Textilhandel<br />

verkauft, <strong>der</strong> sie nach Übersee zum Weiterverkauf in die afrikanischen Län<strong>der</strong> südlich <strong>der</strong><br />

Sahara verschifft. TEXTILE MOUNTAIN beleuchtet die sozialen und ökologischen Kosten des<br />

Handels mit Secondhand-Kleidung und verfolgt den Weg unserer ungewollten<br />

Kleidungsstücke von den Recycling-Tonnen in Europa bis zu den Mülldeponien und<br />

Wasserstraßen im globalen Süden. Der in Kenia, Irland und Belgien gedrehte Film ruft uns<br />

dazu auf, die Art und Weise, wie wir unsere Kleidung entwerfen, tragen und<br />

wie<strong>der</strong>verwenden, neu zu überdenken, damit unsere Modeabfälle nicht länger die Last eines<br />

an<strong>der</strong>en Landes werden. Dieser Film wurde in Zusammenarbeit mit dem Irish Environmental<br />

Network gedreht und von Europe Sustainable for All und <strong>der</strong> <strong>Europäische</strong>n Union finanziert.<br />

Hintergründe<br />

Die Welt produziert, konsumiert und wirft mehr Kleidung weg als je zuvor. Die<br />

Bekleidungsproduktion hat sich von 2000 bis 2014 verdoppelt, wobei jährlich mehr als 150<br />

Milliarden Kleidungsstücke produziert werden. Die Europäer*innen werfen jedes Jahr 2<br />

Millionen Tonnen Textilien weg. Nur 30% <strong>der</strong> gesammelten Kleidungsstücke werden auf dem<br />

heimischen Markt weiterverkauft, da sie von schlechter Qualität und geringem<br />

Wie<strong>der</strong>verkaufswert sind. Der Rest wird zu Ballen gepresst und an den Textilhandel verkauft,<br />

<strong>der</strong> sie nach Subsahara-Afrika verschifft, um sie in Län<strong>der</strong>n wie Kenia, Ghana und Senegal zu<br />

verkaufen. Der Export unserer Altklei<strong>der</strong> in den globalen Süden erhöht zwar die Lebensdauer<br />

<strong>der</strong> Kleidungsstücke, verschafft einkommensschwachen Gemeinden Zugang zu billiger<br />

Kleidung und schafft neue lokale Wirtschaftszweige, doch nicht alle Auswirkungen sind<br />

positiv. Der Zustrom riesiger Mengen billiger Secondhand-Kleidung aus dem Westen hat die<br />

einst florierende lokale Textilindustrie weitgehend zum Erliegen gebracht und die Zahl <strong>der</strong> in<br />

<strong>der</strong> Textilproduktion beschäftigten Menschen drastisch reduziert. Kenias eigene<br />

Textilindustrie beschäftigte vor einigen Jahrzehnten über eine halbe Million Menschen, in<br />

Baumwollplantagen, Webereien bis hin zu Schnei<strong>der</strong>eien – heute sind es weniger als 20.000.<br />

Im Jahr 2018 hat Ruanda als erstes Land in Ostafrika ein Verbot <strong>der</strong> Einfuhr von Altklei<strong>der</strong>n<br />

verhängt, um <strong>der</strong> Erholung <strong>der</strong> eigenen Textilindustrie Vorrang zu geben.<br />

12


Auch die Umweltkosten sind enorm. Abgesehen von <strong>der</strong> erhöhten CO2-Bilanz des Transports<br />

von Altklei<strong>der</strong>n rund um den Globus können nur 70% <strong>der</strong> importierten Kleidungsstücke<br />

tatsächlich im Gastland weiterverkauft werden. Zwei Drittel des Rests werden zu<br />

min<strong>der</strong>wertigeren Waren weiterverarbeitet und ein Drittel wird zu Dumpingpreisen entsorgt.<br />

Den Empfängerlän<strong>der</strong>n fehlt es oft an einer angemessenen Abfall- und Recyclinginfrastruktur<br />

für Textilien, so dass die unerwünschten Kleidungsstücke des Westens schließlich auf<br />

überfüllten Mülldeponien und in verstopften Wasserstraßen im globalen Süden enden.<br />

Mitumba<br />

In Kenia ist ‚mitumba‘ <strong>der</strong> Begriff für aus dem Ausland importierte Gebrauchtkleidung. Private<br />

Textilrecyclingunternehmen sammeln gespendete Textilien von Wohltätigkeitsorganisationen<br />

und Textilrecyclingtonnen in westlichen Län<strong>der</strong>n, bündeln sie und verkaufen sie über den<br />

Handel an Län<strong>der</strong> des Globalen Süden, die sie weiterverkaufen. Über den Hafen von<br />

Mombasa werden jedes Jahr mehr als 140.000 Tonnen Altklei<strong>der</strong> nach Kenia importiert,<br />

hauptsächlich aus Europa, den USA und Kanada. Das entspricht 6.000 12 Meter langen<br />

Schiffscontainern mit Textilien, die jeweils 550 Ballen gebrauchter Kleidung enthalten. Je<strong>der</strong><br />

Mitumba-Ballen wiegt 45 kg und kostet umgerechnet zwischen € 100 € und € 400. Die Ballen<br />

werden nach Qualität sortiert: Ballen <strong>der</strong> Kategorie A enthalten Kleidung, die fast neuwertig<br />

ist, während Ballen <strong>der</strong> Kategorie D Lumpen sind. Trotz des Klassifizierungssystems variiert<br />

die Qualität, und die Kaufenden kennen den Zustand <strong>der</strong> in den Ballen enthaltenen Kleidung<br />

nicht, bevor sie sie kaufen. Laut den im Film befragten Käufern sind bis zu 50% eines jeden<br />

Ballens von so schlechter Qualität, dass sie nicht weiterverkauft werden können. Diese<br />

min<strong>der</strong>wertigen Textilien werden verbrannt o<strong>der</strong> auf einer Deponie gelagert.<br />

Dandora-Mülldeponie<br />

Die Dandora-Mülldeponie mit einer Fläche von 121.000 m 2 außerhalb von Nairobi ist die<br />

größte Mülldeponie Ostafrikas und eine <strong>der</strong> größten <strong>der</strong> Welt. Jeden Tag werden hier 2.000<br />

Tonnen unsortierter, unregulierter Abfälle von den Einwohner*innen und Unternehmen <strong>der</strong><br />

Stadt deponiert. Bis zu 6.000 Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt damit, Abfälle von<br />

<strong>der</strong> Deponie zu sammeln und zu verkaufen, was über 3.000 Familien ein Einkommen<br />

verschafft. Neben den Müllsammelnden tummeln sich auch Tausende von Marabu-Störchen<br />

auf <strong>der</strong> Deponie.<br />

Der Abfall in Dandora ist nicht geordnet, es gibt kein System <strong>der</strong> Mülltrennung. Hier wird alles<br />

abgeladen, von tierischen Abfällen über gefährliche Chemikalien, Krankenhausabfälle und<br />

abgelaufene Medikamente bis zu Batterien, Elektronik, Textilien und Lebensmittelabfällen.<br />

Unter den Tausenden von Menschen, die in <strong>der</strong> Umgebung von Dandora leben, sind<br />

gesundheitliche Probleme weit verbreitet. Atemwegserkrankungen, die auf die Verbrennung<br />

gefährlicher Abfälle zurückzuführen sind, sind so häufig, dass das Hauptkrankenhaus von<br />

Nairobi eine eigene Abteilung für die Betreuung <strong>der</strong> Menschen von Dandora eingerichtet hat.<br />

Jeden Tag passieren Hun<strong>der</strong>te von Kin<strong>der</strong>n auf ihrem Schulweg die Mülldeponie. Man kann<br />

Kin<strong>der</strong> im Alter von sechs Jahren dabei beobachten, wie sie auf <strong>der</strong> Suche nach<br />

Wertgegenständen im Abfall wühlen. Allein in Nairobi werden jedes Jahr schätzungsweise 20<br />

Millionen kg Textilabfälle deponiert. Dandora wurde im Jahr 2001 für voll befunden, ist aber<br />

bis heute in Betrieb geblieben.<br />

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Kibera-Slum, Nairobi<br />

Kibera ist die größte informelle Siedlung in Nairobi und eines <strong>der</strong> größten und ärmsten Slums<br />

in Afrika. Die Gesamtzahl <strong>der</strong> Bewohner*innen ist nicht bekannt, aber man geht davon aus,<br />

dass über 250.000 Personen dort leben, wobei


Dandora Dumpsite, Nairobi<br />

Fotos: Caitriona Rogerson<br />

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Kibera Slum, Nairobi<br />

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Mitumba-Lagerhäuser und Märkte<br />

Weitere Fotos gibt es hier: Gallery — TEXTILE MOUNTAIN - The Hidden Burden of our Fashion<br />

Waste (textilemountainfilm.com)<br />

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Impressum<br />

Redaktion:<br />

Dr. Tobias Spöri, Dr. Magdalena Żelasko<br />

Lektorat und Übersetzung:<br />

Gloria Dimmel<br />

Korrektur:<br />

Gabi Pachler<br />

----<br />

EU Youth Cinema: Green Deal<br />

Veranstalter: Verein LET’S CEE Filmfestival<br />

Mommsengasse 6/17<br />

1040 Wien<br />

ZVR: 024642345<br />

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