atw - International Journal for Nuclear Power | 01.2025
Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information.
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ISSN: 1431-5254 (Print) | eISSN: 2940-6668 (Online)
32.50 €
International Journal for Nuclear Power
2025 1
Restarting Three Mile Island
a US nuclear power plant
that closed for decommissioning
Weitere Streitfragen zur Zwischen lagerung
von Kernbrennstoffen geklärt
nucmag.com
Die Öffnung der Blackbox -
Moderne KI-Ansätze in der Nuklearindustrie
Seit 69 Jahren im Dienste der Kerntechnik
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Editorial
3
Kernenergie: die ungenutzte Lösung
in den Mühlen der deutschen Politik
In den vergangenen Wochen und Monaten ist die Nutzung der Kernkraft auch in Deutschland noch einmal in
die Diskussion gelangt. Dies allerdings in einer Kakophonie und Inkonsistenz die es sehr schwer macht, daran
zu glauben, dass daraus noch einmal eine vernünftige und produktive Politik im Sinne des Landes werden
kann. In der FDP gab es in dieser Zeit zwei Vorstöße, die kernenergiepolitische Position zu ändern, die von vielen
Mitgliedern als falsch und für eine Partei, die für wirtschaftliches Wachstum, Technologieoffenheit und
Pragmatismus stehen möchte, gar beschämend empfunden wird. Weder vor noch nach dem mit großem Aufwand
herbeigeführten Ende der Ampelregierung ist jedoch in der Parteiführung eine Bereitschaft zu erkennen, dem
Willen der Parteibasis hier zu folgen so, als fühle man sich immer noch dem ehemaligen grünen Koalitionspartner
und seinem Kanzlerkandidaten Habeck verpflichtet.
In der Union ist ein größeres Bestreben erkennbar,
einen der schwersten Fehler der langjährigen Amtszeit
der CDU-Kanzlerin Merkel mindestens abzumildern.
Und die entsprechenden Bestrebungen in der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion, im Wirtschaftsflügel der Partei
und der CSU sind durchaus ernstgemeint und nicht nur
vorgespiegelt. In der Parteiführung der CDU aber ist
der Umgang mit dem Thema von Mutlosigkeit, Inkonsistenz
und Zaudern geprägt. Man will es sich mit
niemandem verderben, schiebt ferne Zukunftsperspektiven
der Fusion in den Vordergrund und behandelt
das Thema so stiefmütterlich, dass es noch nicht einmal
als Verhandlungsmasse in Koalitionsverhandlungen
taugen wird, da jeder gegen die Kernenergie ein gestellte
potentielle Koalitionspartner ohne Mühe durchschaut,
dass hinter der Idee der Kernkraftnutzung in
Deutschland bei der CDU gar kein fester Wille steht.
Bei einem dieser möglichen Koalitionspartner ist man
in den vergangenen Wochen damit befasst, die Manipulationen
und Verdrehungen der verantwortlichen
eigenen Minister in der Angelegenheit des Weiterbetriebs
von Kernkraftwerken in den Jahren 2022 und
2023, die im Untersuchungsausschuss des Bundestages
klarer hervortreten denn je zuvor, als Normalität und
pflichtgemäße Amtsführung auszugeben. Flankierend
wird wie damals die Bedeutung der Kernkraftwerke –
es ging 2022 immerhin um 8 GW Leistung und 65 TWh
praktisch CO 2 -freie Erzeugung – heruntergespielt und
als Marginalie abgetan, die ohnehin keinerlei Aktivität
oder Einsatzes würdig ist. Wird dann aus dem Ausland
wie kürzlich von der schwedischen Energieministerin
Ebba Busch darauf hingewiesen, dass die deutschen
Fehlentscheidungen in Sachen Kernenergie inzwischen
auch die Nachbarn Deutschlands in Mitleidenschaft
ziehen, wird dies vom Regierungssprecher als vorweihnachtliche
Emotionalität abgekanzelt und das
BMWK weist den Schweden eigenes Verschulden
wegen zu geringer Erzeugungskapazitäten im Süden
des Landes zu. Dies ist der schwedischen Regierung
auch ohne deutsche Nachhilfe bewusst, aber dass der
Grund dafür in der Abschaltung schwedischer Kernkraftwerke
liegt, wird natürlich von der deutschen
Regierung geflissentlich übergangen.
So wird die Kernkraft in Deutschland als Zankapfel erhalten,
obwohl es seit 2022 ausweislich von Umfragen
in der Bevölkerung eine recht konstante mehrheitliche
Unterstützung einer weiteren Nutzung von Kernenergie
gibt, die man sich vor einigen Jahren noch
schwer hätte vorstellen können, auch wenn es schon
vor dem Krieg in der Ukraine demoskopische Anzeichen
für ein Umdenken gab. Durch den politischen
Umgang mit dem Thema jedoch wird den Betreibern
der deutschen Anlagen jeder Gedanke an Wiederinbetriebnahme
ausgetrieben, potentielle ausländische
Investoren werden abgeschreckt und durchaus noch
gangbare Wege werden bald endgültig versperrt sein.
Noch schlimmer jedoch ist, dass die Tabuisierung der
Kernkraft, die in einem CO 2 -armen Energiesystem aber
zwangsläufig auf der Tagesordnung stehen muss, da sie
in der EU einen Anteil von einem Drittel, in den USA von
rund 50 Prozent an der CO 2 -armen Stromerzeugung hat,
dazu führt, dass jede systematische Diskussion über
die ge schei terte deutsche Energiepolitik verhindert
wird und wir in ein energie- und wirtschaftspolitisches
Desaster schlaf wandeln. Es gibt keine systematische Erfassung
bis heriger Energiewendekosten, keine offizielle
Gesamt kostenschätzung für die Zukunft, keinen technologieoffenen,
kostenoptimierenden Systemvergleich,
keine realistische Planung für vermeintliche Nebenaspekte
wie die Gewährleistung von System sicherheit mit
weitestgehend leistungselektronischen Komponenten,
die erforderliche Back-up Kapazität und ihre Errichtung
oder die Implementierung von Ele menten einer
Wasser stoffwirtschaft. Auch die fatalen Konsequenzen
einer angebotsorientierten Stromversorgung und ihre
fehlende Akzeptanz werden nicht offen diskutiert. Und
dabei wird es wohl auch bleiben wegen der Befürchtung,
hinter jeder dieser Fragen würde das Schreckgespenst
der Kernenergie lauern. Das ist auch der Fall,
aber eben nicht als Schreckgespenst, sondern als
wichtiger Problemlöser. Zu dieser Einsicht aber scheint
unser politisches System nicht mehr fähig.
Nicolas Wendler
– Chefredakteur –
Vol. 70 (2025)
4
Contents
Inhalt
Editorial
Kernenergie: die ungenutzte Lösung
in den Mühlen der deutschen Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Ausgabe 1
2025
Januar
Did you know?
Handlungsrahmen der US-Regierung zum Ausbau der Kernenergie . 5
Calendar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Feature: Energy Policy, Economy and Law
Restarting Three Mile Island, a US nuclear power plant
that closed for decommissioning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Edward Kee
Decommissioning and Waste Management
Rückbau 4.0 - Die Digitalisierung des
kerntechnischen Rückbaus in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Dominik Krupp, Andreas Wieser, Johannes Radtke
Optimierter Rückbau von Siedewasser reaktoren
durch parallele Vor- und Nachzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Fabian Attenberger
Spotlight on Nuclear Law
Weitere Streitfragen zur Zwischen lagerung
von Kernbrennstoffen geklärt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Tobias Leidinger
Cover: Kernkraftwerk Three Mile Island (TMI) bei Harrisburg, Pennsylvania;
Block 1 der Anlage soll bis 2028 als Crane Clean Energy Center wieder in Betrieb genommen werden
Decommissioning and Waste Management
Enhancing nuclear decommissioning efficiency
through automated measurement and sorting
of building structures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Christoph Klein, Felix Langer, Marina Sokcic-Kostic
Research and Innovation
Die Öffnung der Blackbox - Moderne KI-Ansätze
in der Nuklearindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Thomas Kopinski, Rafael Kaufmann
Digitale und KI-gestützte Lösungen für einen sicheren
und effizienten Rückbau kerntechnischer Anlagen -
Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „K.I.S.S.“ . . . . . . . . . 41
John Ketttler
Untersuchungen zur Entwicklung einer neuartigen Rohrinnentrennvorrichtung
für schwer zugängliche Rohrleitungen . . . . . . . 49
Madeleine Bachmann
Vor 66 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
KTG-Fachinfo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
KTG Inside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Report
International Conference on Nuclear Decommissioning 2024 –
Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Karriereportal Kerntechnik 2024
Ein Meilenstein für die Nachwuchs förderung in der Kerntechnik . . 66
Bericht vom 3. Forum Endlagersuche des BASE in Würzburg . . . . . 68
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Ausgabe 1 › Januar
Did you know?
5
Did you know?
Handlungsrahmen der US-Regierung zum Ausbau der Kernenergie
Am 12. November 2024 veröffentlichte das Weiße Haus namens des Präsidenten einen Handlungsrahmen der
Vereinigten Staaten zur Entwicklung der Kernenergie mit dem Titel „Safely and Responsibly Expanding U.S. Nuclear
Energy: Deployment Targets and a Framework for Action“, in dem die Ausbauziele der US-Regierung für die
Kernenergie und die Maßnahmen der Regierung benannt werden, um diesen Ausbau zu realisieren.
Quelle: Safely and Responsibly Expanding U.S. Nuclear Energy: Deployment Targets and a Framework for Action, The White House, 12. November 2024
Das übergeordnete Ziel ist die Verdreifachung der Kernkraft-
Kapazität von rund 100 GW heute auf 300 GW bis 2050.
Dies soll erreicht werden mit der Errichtung von großen
Leichtwasserreaktoranlagen der Generation III+, SMR in
Leichtwassertechnik sowie der Generation IV, von denen
natrium gekühlte schnelle Reaktoren, gasgekühlte Hochtempe
raturreaktoren und Salzschmelze-Reaktoren explizit
erwähnt werden, Mikroreaktoren sowie im be stehenden
Anlagenpark mit den Maßnahmen Laufzeitver längerung,
Leistungssteigerung und Wiederinbetriebnahme abgeschalteter
Anlagen. Darüber hinaus sollen Ge nehmigungsverfahren
verbessert sowie die Lieferketten der Zulieferunternehmen,
die Ausbildung des erforderlichen Personals
und die Lieferkette der Brennstoffversorgung von neuen
Uranminen bis zur Urananreicherung gestärkt werden. Hinsichtlich
der Reaktor industrie und zur Er reichung der in dem
Dokument geforderten gefüllten Auftragsbücher für alle
genannten Technologiebereiche werden als kurzfristiges
Ausbauziel 35 GW in Betrieb oder in Bau befindlicher zusätzlicher
Kapa zität bis 2035 genannt sowie zur Realisierung des
Gesamtprogramms eine Kapazität der Industrie zur Errichtung
von 15 GW Kernkraft pro Jahr ab 2040. Damit soll auch
ein weiteres im Dokument genanntes Ziel der Kernenergiepolitik
unterlegt werden, das Bestreben im internationalen
Markt wieder ein maß geblicher Player zu werden um den
Weg zu langfristigen bilateralen Kernenergiepartnerschaften
als strategisches Element der Außenpolitik zu ebnen.
Für die unterschiedlichen Zielbereiche stehen bereits eine
Reihe von Förder- und Unterstützungsmaßnahmen der
US-Bundesregierung bereit. So wurde durch den Inflation
Reduction Act (IRA) eine Steuergutschrift für die Produktion
sauberen Stroms und für Investitionen in saubere Stromproduktion
zur Absenkung von deren Kosten eingeführt, die
auch der Kernenergie offensteht. Für die Kernenergie ist
dabei die Investitionsförderung am interessantesten, die bei
Investitionen in so genannte Energiegemeinden oder an
Kohlekraftwerksstandorten noch erhöht werden kann. Das
Loans Programm Office (LPO) des Energieministeriums
bietet zinsvergünstigte Kredite und Kreditbürgschaften an,
die ebenfalls für Kernkraftprojekte genutzt werden können.
Die Regierung sagt zu, die ersten Projekte zu beobachten
sowie ggf. die Anreizmaßnahmen anzupassen und möchte
insbesondere mit den Betreibern bestehender Standorte,
an denen noch Expansionsmöglichkeiten bestehen sowie
mit großen und solventen Stromkunden zusammen
arbeiten, die in der Lage sind, Projektrisiken mit Strom -
versorgungs unternehmen zu teilen. In der Erweiterung
bestehender oder im Neubau auf stillgelegten Standorten
wurde eine Ausbaureserve von 64 GW neuer Kernkraft identifiziert,
bei der die infrastrukturellen und regulatorischen
Gegebenheiten eine schnellere und günstigere Realisierung
als an neuen Standorten versprechen.
Neben den Fördermöglichkeiten des IRA und durch das LPO
sind für den Bereich Generation-III-SMR im Haushalt
des Energieministeriums für 2024 900 Millionen US-Dollar
für Design und Errichtung, Lizenzierung, Lieferkettenentwicklung
und Standortvorbereitungsarbeiten eingestellt,
das Advanced Reactor Demonstration Program (ARDP) des
Energieministeriums stellt 2,5 Milliarden Dollar aus dem
Bipartisan Infrastructure Law für Demonstrationsprojekte
zur Verfügung. Darüber hinaus wird die Errichtung einer
HALEU-Lieferkette unterstützt und es besteht ein Programm,
für militärische und Bundeseinrichtungen auf Basis
von kleinen Reaktortypen eine autarke, abgesicherte
Stromversorgung zu implementieren. Die letzten beiden
Maßnahmen zielen auch auf die Entwicklung von Mikroreaktoren,
die darüber hinaus auch von Projekt Pele des
Verteidigungsministeriums zur Entwicklung transportabler
Reaktoren unterstützt wird.
Bei den Laufzeitverlängerungen und Leistungssteigerungen
bestehender Anlagen stehen Genehmigungsverfahren, die
Förderung der Produktion von LEU+ Kernbrennstoff sowie
die Entwicklung von Accident Tolerant Fuel im Mittelpunkt.
Die Wiederinbetriebnahme von Kernkraftwerken kann mit
IRA-Steuergutschriften oder solchen des Civil Nuclear Credit
Program gefördert werden. Darüber hinaus sollen die technischen
Möglichkeiten von Laufzeitverlängerungen bis auf
100 Jahre weiter untersucht werden, nachdem Laufzeitverlängerungen
von 60 auf 80 Jahre Betrieb schon mehrfach
genehmigt wurden.
Mit den IRA-Steuergutschriften und den LPO-Mitteln
können auch Investitionen in die Lieferkette der Zulieferindustrie
gefördert werden und auf Grundlage des
ADVANCE Act wird untersucht, in welchen Bereichen statt
Komponenten nach kerntechnischen Normen konventionelle
Komponenten verwendet werden können. Zugleich
sollen neue Unternehmen für eine Zertifizierung als
Hersteller von Nuklearkomponenten gewonnen werden.
Auch Investitionen in das Front End können mit LPO-Mitteln
gefördert werden etwa beim Aufbau von Anreicherungskapazität
und der Bereitstellung von HALEU und LEU+.
Natürlich ist der Handlungsrahmen zum Ausbau der Kernenergie
von der Regierung Biden beschlossen worden, die
demnächst abgelöst wird. Wie sich aber bereits 2017 und
2021 gezeigt hat und durch die überparteiliche Unterstützung
für die einschlägigen Bundesgesetze im Kongress
bekräftigt wird, ist die Förderung und der Ausbau der
Kernenergie in den USA ein Projekt geworden, das von
wechselnden Regierungen mit wachsendem Nachdruck
verfolgt wird.
Vol. 70 (2025)
6
Calendar
Kalender 2025
2025
2. – 3.1.2025
International Conference on Nuclear
Decommissioning Process and
Radioactive Waste Management.
Crete, Greece
https://www.iierd.org/events/
index.php?id=2628064&source=IIERD
14.1.2025
Nuclear Fuel Supply Forum.
Washington, DC, USA
15.1.2025
DECOM2025.
Telford, England, UK
https://decom2025.co.uk/decom-2025
14. – 16.1.2025
World Future Energy Summit.
ADNEC Abu Dhabi
https://www.worldfutureenergysummit.
com/en-gb.html
3. – 5.2.2025
International Symposium on supercritical
water-cooled reactors.
Pisa, Italy
https://www.isscwr11-pisa2025.com/
3. – 6.2.2025
Conference on Nuclear Training and
Education: A Biennial International Forum
(CONTE 2025).
Amelia Island, FL, USA
https://www.ans.org/meetings/conte2025/
19. – 20.2.2025
Binding.Energy
Aachen, Germany
https://binding.energy/
9. – 13.3.2025
WM Symposia 2025.
Phoenix, AZ, USA
https://www.wmsym.org/conferenceinformation/wm2025-conference/
29.3.2025
Karriereportal Kerntechnik.
Ruhr-Universität Bochum, Germany
https://karriereportal.actimondo.com/
6. – 10.4.2025
The European Research Reactor
Conference/RRFM.
Aix-en-Provence, France
https://www.euronuclear.org/europeanresearch-reactor-conference-2025-rrfm/
7. – 12.4.2025
KI zur Automatisierung von (Kern-)
Kraftwerken, am Beispiel des ‚500%‘
gaufreisicheren HTR.
Braunlage/Harz.
Teilnahme kostenfrei, Details und
Anmeldung bei Tagungsveranstalter
Prof. Helmut Keutner, keu1@gmx.net
27. – 29.4.2025
16 th China International Exhibition on
Nuclear Power Industry.
Beijing, P.R. China
https://www.cienpi-expo.com/
4. – 8.5.2025
Nuclear and Emerging Technologies
for Space (NETS 2025).
Huntsville, AL, USA
https://www.ans.org/meetings/nets2025/
21. – 23.5.2025
NUWCEM 2025
5 th International Symposium dedicated
to cement-based materials for nuclear
waste management.
Avignon, France
https://www.sfen.org/evenement/
nuwcem-2025/
23. – 26.6.2025
SOFE 2025 Symposium on Fusion
Engineering.
Boston, MA, USA
https://www.psfc.mit.edu/sofe2025
1. – 2.7.2025
NPPES Nuclear Power Plants VII.
Expo & XI. Summit
Istanbul, Turkey
https://www.nuclearpowerplantsexpo.com/
20. – 23.7.2025
Advances in Nuclear Fuel Management
(ANFM 2025).
Clearwater Beach, FL, USA
https://www.ans.org/meetings/
anfm2025/
10. – 15.8.2025
SMiRT28 - Structural Mechanics in
Reactor Technology.
Toronto, Canada
https://smirt28.com/
31.8. – 5.9.2025
NURETH-21 – International Topical
Meeting on Nuclear Reactor Thermal
Hydraulics.
Busan, South Korea
https://www.nureth-21.org/
17. – 19.9.2025
KONTEC 2025.
Dresden, Germany
https://www.kontec-symposium.com/
22. - 25.9.2025
NPC 2025
23 rd International Conference on Water
Chemistry in Nuclear Reactor System.
Busan, Republic of Korea
https://www.npc2025.org/
5. – 9.10.2025
TopFuel 2025.
Nashville, TN, US
https://www.ans.org/meetings/view-435/
25. – 26.11.2025
4. Fachworkshop Zwischenlagerung
EUREF-Campus, Berlin
https://bgz.de/veranstaltungen/
Fachtag der KTG-Fachgruppe „Internationale
Entwicklungen innovativer Reaktorsysteme“
Das Heatpipe, der Mikroreaktor
und der Weltraum
20. – 21.3.2025
Stuttgart, Germany
www.ktg.org
Ausgabe 1 › Januar
Feature: Energy Policy, Economy and Law
7
Restarting Three Mile Island,
a US nuclear power plant that closed
for decommissioning
› Edward Kee
Constellation Energy and Microsoft announced a 20-year power purchase agreement
that calls for the restart of the Three Mile Island Unit 1 nuclear power plant, which
was closed for decommissioning in 2019. This is the second US nuclear power plant
attempting a return to operation from decommissioning, following the Palisades plant. This
article covers the reasons and conditions for restarting a closed U.S. nuclear power plant and
whether this can be considered part of a larger trend.
nuclear power plant units. Three Mile Island Unit 1
(TMI-1) was in operation until 2019, while Unit 2
(TMI-2) was closed after a core meltdown in 1979. Constellation
Energy will restart TMI-1 but not TMI-2.
Fig. 1
Three Mile Island nuclear power plant
before the closure of Unit 1 1
TMI-1 Restart
Microsoft and Constellation Energy announced, on
20 September 2024, a 20-year power purchase agreement
(PPA) for the Three Mile Island nuclear power
plant to supply power for Microsoft data centers. This
PPA would require the restart of the Three Mile Island
nuclear power plant unit that was closed for decommissioning.
The Three Mile Island site is located in the U.S. state of
Pennsylvania on an island in the Susquehanna River
near the state capital in Harrisburg. The site has two
TMI-1 is an 880 MWe nuclear power plant using the
Babcock & Wilcox reactor design that started commercial
operation in September 1974. Before the original
40-year operating license expired in 2014, the U.S.
Nuclear Regulatory Commission (NRC) issued a 20-year
operating license renewal, allowing TMI-1 to operate
until 2034. However, Exelon Generation 2 closed TMI-1
in 2019 because it was operating at a financial loss. 3
After closure, TMI-1 was scheduled for decommissioning
using the SAFSTOR approach.
Some U.S. states (e.g., Illinois, New Jersey, and New
York) implemented Zero-Emission Credit (ZEC) programs
to help nuclear power plants that faced economic
issues similar to those at TMI-1 to remain in
operation. 4 Pennsylvania decided not to implement ZEC
payments, and TMI-1 was closed.
Constellation expects that TMI-1 will be returned to
commercial operation by 2028 with a 20-year operating
license. The TMI-1 restart is a complicated process that
will take several years, as outlined in the schedule of
activities in Figure 2 below. The TMI-1 restart is the
second in the US, with Palisades announcing a restart
in 2022.
1 https://images.saymedia-content.com/.image/t_share/MjEwODY3NzAzNzM5OTE4MTYx/the-three-mile-island-accident-americas-worse-nuclear-crisis.jpg
2 Exelon Generation, the power generation subsidiary of Exelon Corp, was separated from Exelon in February 2022 and renamed Constellation Energy.
Constellation Energy is the current owner of TMI-1.
3 https://nuclear-economics.com/29-a-win-for-dirty-electricity/
4 https://nuclear-economics.com/6-u-s-state-action-on-revenue-certainty/
Vol. 70 (2025)
8
Feature: Energy Policy, Economy and Law
A 20-year PPA supports the TMI-1 restart investment.
Constellation and Microsoft have not disclosed the
financial terms of the PPA. However, the investment
bank Jefferies estimated that Microsoft will be paying
$110 to $115 per megawatt-hour, much higher than
the current market rate for wholesale electricity. 5 An
increase in Constellation’s stock closely followed the
announcement of this deal. 6
It is unclear where the Microsoft data centers that use
TMI-1 power will be located, but they are not located
on the Three Mile Island site. Because the TMI-1 power
will be put onto the grid, Microsoft will also have to pay
for transmission and other grid charges.
Constellation plans to apply for a U.S. DOE Loan
Guarantee, with Constellation providing a corporate
repayment guarantee. 7 Constellation has not and will
not use any money from the plant decommissioning
trust fund to support the plant’s restart. 8
In addition to announcing the TMI-1 restart, Constellation
announced that it would rename the plant as the
Crane Clean Energy Center (CCEC), honoring Chris
Crane, the former CEO of Exelon.
Why restart TMI-1?
The push to restart TMI-1 and other closed nuclear
power plants has two main drivers. First, nuclear
power is a large source of carbon-free electricity at a
time when reducing carbon emissions is important
and urgent. Second, electricity demand is increasing,
creating a need for reliable, always-on electricity to
support grid stability. 9
The TMI-1 unit closed in 2019 because the wholesale
electricity market did not value some important
nuclear power plant attributes. Other nuclear power
plants in the U.S. have also closed due to the failure to
value these attributes. 10
The TMI-1 restart proposal reflects a new recognition
of the value of nuclear power attributes, including
clean electricity, reliable operation, important grid
services, and long-term asset value.
Clean Electricity
Nuclear power does not emit greenhouse gases during
operation, and lifetime greenhouse gas emissions of
nuclear power are similar to levels for solar and wind.
Unlike intermittent renewable generation, nuclear
power offers 24/7 carbon-free electricity generation.
Many companies, including technology companies like
Microsoft, have public commitments to be carbon-free
in a few years. For example, Microsoft aims to be
carbon- negative by 2030, Google aims to have net-zero
emissions by 2030, and Amazon aims to have net-zero
carbon emissions by 2040. Nuclear electricity can help
meet these commitments.
Multiple announcements have been made in recent
weeks for tech companies to use nuclear power for
data centers. 11 The broader topic of how and why tech
companies are looking to nuclear power to meet
data center demand will be covered in a future atw
publication. 12
Reliable Operation
Nuclear power is reliable. In most systems, nuclear
power plants operate as base-load resources that
achieve 90 percent or higher capacity factors. Nuclear
power plants can operate as and when needed, so they
do not need backup power solutions as are needed for
intermittent sun or wind generation.
The base-load operation of nuclear power is well suited
to meet the base-load demand of grid systems and data
centers.
At the same time, even when operating in a baseload
generation role, nuclear power plants can provide
critical value for grid stability, with large ramp capability,
spinning reserve for frequency control, and
rotational inertia.
Scaleable
Nuclear power plants provide a large amount of
electricity from a high-energy-density power plant
requiring minimal land that can be built almost
anywhere in the world.
The capability of nuclear power to provide large
amounts of power will be important to meet growing
U.S. electricity demand linked to data centers,
electric vehicles, electrification of commercial and
industrial loads, and higher peak demand due to hotter
summers. 13
5 https://www.nytimes.com/2024/10/30/business/energy-environment/three-mile-island-nuclear-energy.html
6 https://www.reuters.com/markets/deals/microsoft-may-pay-constellation-premium-three-mile-island-power-agreement-2024-09-23/
7 https://www.washingtonpost.com/business/2024/10/03/nuclear-microsoft-ai-constellation/
8 https://www.eia.gov/todayinenergy/detail.php?id=63304
9 https://thebulletin.org/2024/10/what-it-will-take-to-restart-decommissioned-us-nuclear-plants-a-primer/
10 https://nuclear-economics.com/32-market-failure-the-book/
11 https://venturebeat.com/data-infrastructure/why-ai-is-going-nuclear/
12 https://prospectlaw.co.uk/news/article/big-tech-buy-into-smrs-whats-it-all-about/
13 https://www.cnbc.com/2024/10/23/big-tech-is-driving-a-nuclear-power-revival-energy-guru-dan-yergin-says.html
Ausgabe 1 › Januar
Feature: Energy Policy, Economy and Law
9
Restarting closed nuclear power plants
Because electricity market designs and conditions
did not fully compensate for nuclear power plant
attributes, several U.S. merchant nuclear power plants
like TMI-1 closed early for economic reasons. At
the time, the owners unsuccessfully sought various
approaches to increase revenue (e.g., a long-term PPA).
Without a way to restore profitability, the owners of
these plants had only two realistic options:
⁃ Continue operating at a financial loss for years or
decades in hopes that the value of nuclear electricity
would eventually increase and return the plant to
profitability, or
⁃ Close the plant early to stop financial losses.
Long-term asset value
Nuclear power plant restarts reflect a new recognition
of the long-term asset value of nuclear power, with
nuclear power plants like TMI-1 capable of operating
for decades. The current fleet of operating nuclear
power plants can operate reliably and safely for
decades past their original 40-year operating life.
Nuclear power plants regularly undertake a level and
type of maintenance, repair, and major equipment
refurbishment that allows them to operate reliably and
safely for a long time. Almost all U.S. operating nuclear
reactors, including TMI-1, renewed their original
40-year NRC operating license for an additional 20 years
Background on US electricity reform/restructuring and merchant nuclear power plants
For those outside the U.S. nuclear
power industry, a brief recap of the
last 25 years will help place the TMI-1
situation in context.
Starting in about 2000, the U.S.
embarked on a process of electricity
industry reform that included formal
electricity markets and industry
restructuring.
Before these reforms and restructuring,
the traditional electricity industry
model had power generation owned
by vertically integrated monopoly
utilities with oversight by state economic
public utility regulators. In this
model, the state regulator allowed
the costs of building and operating
power plants to be recovered from
electricity customers.
The resulting electricity markets
cover some, but not all, of the
country, with some regions (i. e., the
Southeast and the West) retaining the
traditional regulated utility model.
The formal electricity markets (e. g.,
PJM, CAISO, MISO, SPP, and ERCOT)
are similar but not identical. The U.S.
Federal Energy Regulatory Commission
oversees these formal electricity
markets. TMI-1 is in the PJM electricity
market.
Each U.S. state has control of the
electricity industry and implemented
industry restructuring. Some states
required all regulated generation
plants to be divested, others allowed
generation plants to remain in an
unregulated affiliate, and others
allowed regulated generation plants
to participate in wholesale electricity
markets. In the U.S. state of Pennsylvania,
regulated generation plants,
including TMI-1 were divested. TMI-1
and other nuclear power plants in
Pennsylvania were sold to unregulated
companies and were transformed
from regulated assets into so-called
merchant plants that relied on
wholesale electricity market revenue.
In the PJM electricity markets, this
includes short-term day-ahead
electricity sales and capacity market
revenue, supplemented as possible,
by power contracts outside the
market (i.e., hedge contracts around
the day- ahead market).
When nuclear power plants were
divested in the early 2000s, the usual
transaction was a sale bundled with a
power contract with the original
owner. These power contracts had a
term that typically expired when the
original 40-year operating license
expired and a price that provided the
selling utility with costs of nuclear
electricity similar to the costs expected
if the plant had not been sold.
The buying companies, typically large
nuclear power plant fleet operators,
saw this as an opportunity to undertake
investments in the newly acquired
nuclear power plants to bring
the plant’s performance and costs in
line with fleet performance levels and
included an application for license
renewal. The additional 20-year
operating period, after the expiration
of the power contracts with the
seller, was expected to provide a
return on investment during profitable
operation.
In the late 2000s, the U.S. natural gas
industry exploited shale gas technology.
This resulted in very low natural
gas prices, and as wholesale electricity
market prices are linked to natural
gas prices, electricity market prices
were very low. Since then, U.S. natural
gas prices have fluctuated but remain
relatively low.
Merchant nuclear projects that were
expected to be profitable in the
period after the end of the original
40-year operating license and any
power contracts were not. In the
early 2010s, multiple merchant
nuclear power plants, including TMI-1,
faced financial losses. Local retail
utilities had no desire to sign power
contracts at prices above prevailing
low wholesale electricity market
prices, so these merchant nuclear
plants relied on sales into the wholesale
electricity markets and, depending
on the market, some additional
compensation from capacity markets.
Some of these merchant nuclear
power plants closed when faced
with current and expected financial
losses. The most vulnerable merchant
nuclear power plants were older,
smaller, single-unit plants with higher
operating costs than newer, larger,
multiple-unit plants. Some U.S. states
implemented Zero Emissions Credits
(e.g., New York, New Jersey, and
Illinois) to provide additional revenue
for the clean electricity generated by
nuclear power plants (i.e., a key
nuclear power attribute that is not
reflected in wholesale electricity
market prices) that would prevent
closures. As mentioned in the main
article, Pennsylvania declined to
implement these Zero Emission
Credits, and TMI-1 was closed.
In 2022, the U.S. Inflation Reduction
Act implemented production tax
credits for new and existing nuclear
power, providing a floor for merchant
nuclear plant revenue. This revenue
floor should preclude additional
merchant nuclear power plant
closures in states without Zero
Emission Credits. However, the
financial basis for the TMI-1 restart
is the above-market-price PPA
with Microsoft
For more information on these
topics, see Mr. Kee’s 2021 Book:
Market Failure – Market-Based
Electricity is Killing Nuclear Power
(http://mybook.to/Market_Failure).
Vol. 70 (2025)
10
Feature: Energy Policy, Economy and Law
(i. e., 60 years of commercial operation). Some U.S.
reactors have already applied for and received NRC
approval to operate for an additional 20 years (i. e.,
a total of 80 years of operation), and most other U.S.
nuclear power plants are expected to apply for such a
Subsequent License Renewal.
Most new nuclear power plants are designed to operate
for 60 to 100 years.
The value of a nuclear power plant after about 20 years
of commercial operation is shown in various Levelized
Cost of Electricity (LCOE) calculations, showing that
continued operation of an existing operational nuclear
power plant is cheaper than most other options. 14
The long-term operation of existing nuclear capacity
will be essential to keep de-carbonization targets within
reach over the next decade. 15
Adding a mothball option
The restart of TMI-1 and Palisades after closure
looks like a third option to place the plant in a “mothball
status” with plans for future restart. The concept of
“mothballing” an operating nuclear power plant might
have been attractive for these now-closed nuclear
power plants, but the cost and requirements were
unknown. The lessons learned during the restart of
TMI-1, Palisades, and other closed U.S. nuclear power
plants may help the NRC and nuclear power plant
owners to develop a viable mothball option.
Canada provides an example of this approach. Bruce
Power in Canada has eight CANDU pressurized heavy
water reactors built between 1970 and 1987 by Ontario
Hydro, an Ontario Crown Corporation. In 1995, Bruce
2 was closed, followed in 1998 by Bruce 1, 3, and 4. In
2001, Bruce Power L.P. leased all eight Bruce units.
Bruce 4 was restarted in 2003, Bruce 3 in 2004, and
Bruce 1 and 2 in 2012. 16
TMI-1 and Palisades, the first U.S. nuclear power plants
being restarted after being permanently closed, will
blaze a path for restarting closed nuclear power plants
that can be used by other closed nuclear power plants
that may be considered for restart. As the detailed
requirements for these restarts become clear, owners
of operating nuclear power plants might see a viable
mothball mode strategy with a planned restart as an
alternative to permanently closing a plant.
What is needed to restart
The work needed to restart a closed nuclear power
plant (i.e., where the operating license is no longer in
place) depends on the plant’s decommissioning
strategy and other factors. Some U.S. nuclear power
plants used the immediate decontamination and
deconstruction mode, while others used the SAFSTOR
mode. In the SAFSTOR mode, a closed nuclear
power plant is maintained and monitored for
decades to allow radioactive decay, after which the
plant is dismantled. Under the SAFSTOR approach, a
closed nuclear power plant remains largely intact
for years, so restarting it may involve less work
compared to a plant that has started decommissioning
activity. 17
A series of routine nuclear power industry technical
and regulatory tasks will be needed to bring a nuclear
power plant back online after permanent closure.
While nuclear power plants are routinely shut down
and restarted as part of their fuel cycle, with inspection
and maintenance before returning to operation, decommissioning
differs from regular refueling and
maintenance outages.
Before a closed reactor can restart operations, the NRC
must formally approve a return to operations. The
NRC will thoroughly inspect the nuclear power plant,
focusing on reactor pressure vessels and cooling
systems as well as operator readiness.
Restarting a closed nuclear power plant will require
refurbishment or replacement of components, especially
if those components had deferred maintenance
near the end of the plant’s operation. If the closed
nuclear power plant has started decommissioning
and dismantlement activities, work will be needed to
reverse these activities.
When a nuclear power plant closes, spent nuclear fuel
in the spent fuel storage pool will be moved to dry cask
storage. A restart will require the spent fuel pool to
be returned to full function for use after commercial
operation resumes.
A restart will require recruiting and training staff
to refurbish and run these plants. Nuclear operators
must be highly trained and certified by the NRC for
their specific plant, which involves extensive training
and simulation exercises. A restart will also require
technicians and trades workers. 18
14 https://www.lazard.com/research-insights/levelized-cost-of-energyplus/
15 NEA LTO report, https://www.oecd-nea.org/jcms/pl_60310/long-term-operation-of-nuclear-power-plants-and-decarbonisation-strategies
16 https://nuclear-economics.com/12-nuclear-flexibility/
17 https://www.utilitydive.com/news/palisades-three-mile-island-duane-arnold-nuclear-reactor-restart-holtec-nextera-constellation-nrc/730393/
18 https://thebulletin.org/2024/10/what-it-will-take-to-restart-decommissioned-us-nuclear-plants-a-primer/
Ausgabe 1 › Januar
Feature: Energy Policy, Economy and Law
11
Issues that need to be resolved include:
⁃ What type and level of inspection will be required
for key nuclear power plant systems;
⁃ What items of equipment must be replaced;
⁃ Will the nuclear power plant be required to update
any procedures, equipment, or other things to
reflect NRC requirements that have changed
between the time that the NRC approved the plant’s
original operating license and the date of a restart;
⁃ When will the (new) operating license expire;
⁃ What will be required for the plant operator,
especially if the owner of the restarted plant (a)
was not the operator before closure or (b) is not a
licensed operator at any other U.S. nuclear power
plant; and
⁃ What level of upkeep, maintenance, and oversight
between closure and restart will be considered
adequate (i.e., what cost does this imply during a
mothball period)?
Other U.S. Nuclear Power Plant restarts
Palisades
The Palisades nuclear power plant began a restart
effort in 2022 before the TMI-1 restart was announced
in September 2024.
Palisades is a single-unit plant located on the eastern
shore of Lake Michigan about 75 miles from Chicago in
the U.S. state of Michigan. The plant has an 805 MWe
Combustion Engineering reactor that started commercial
operation in 1973. Palisades was originally built
and operated by CMS Energy. A CMS 20-year license
renewal application for Palisades (i.e., to 2031) was
approved by the NRC in 2005.
CMS sold Palisades to Entergy in 2006, along with a
16-year PPA to sell power to Consumers Energy, a
CMS subsidiary. This PPA was consistent with other
nuclear power plant divestments for electricity industry
restructuring.
The prices in the Palisades PPA were, by 2018, higher
than the market cost of electricity for Consumers
Energy. State regulators rejected a proposed buy-out of
the out-of-market PPA and Palisades continued to
operate until May 2022, when the PPA expired. Entergy
closed the plant, as planned, when the PPA expired.
Palisades was sold, along with its decommissioning
fund, to Holtec International for decommissioning. 19
In a turn of events, Holtec in 2022 announced plans to
restart Palisades. A $1.52 billion U.S. DOE Loan Guarantee
was approved in October 2024 to help fund Holtec’s
restart effort. The state of Michigan also provided about
$300 million to help fund the restart.
Holtec has announced that the plant has signed power
contracts with two regional public power companies
and that Palisades is on track for restart in October
2025. 20
Holtec has started obtaining approval from the NRC to
restart the plant, with the NRC relying on existing
regulations for their review. A petition requiring the
NRC to establish a new procedure and regulations was
filed and released for public comment in September
2024. 21 The NRC staff will follow existing regulations
when reviewing the Palisades and TMI-1 restart
applications while this petition is being evaluated.
The Palisades inspections have shown that the condition
of Palisades steam generator u-tubes is a concern. Alan
Blind, engineering director at the plant from 2006 to
2013, estimated that repairs to the steam generators
would cost over $500 million and add two to three years
to the restart. Holtec spokesperson Patrick O’Brien said
such issues are under evaluation, but the company
doesn’t expect significant delay or extra costs. 22
Duane Arnold
Iowa’s Duane Arnold nuclear power plant has been
mentioned as another potential restart candidate. 23
Duane Arnold is a 601 MWe GE BWR design that started
operation in February 1975. The plant was originally
owned by several local utilities, with a 70 % share
sold to NextEra Energy (formerly FPL Group) in 2006.
The NRC approved a 20-year license renewal in 2010,
extending the plant‘s operating license to 2034.
Duane Arnold shut down in 2020 because it was not
economically viable, like Palisades and TMI-1. Like
TMI-1, a Duane Arnold restart would likely be linked
to data center demand. 24
NextEra is interested in restarting Duane Arnold and
is conducting engineering assessments and working
with the NRC and local stakeholders to evaluate a
possible restart. However, NextEra would only restart
Duane Arnold if the restart project were risk-free. 25
19 This involved an approach to nuclear power plant decommissioning where the sale and transfer of the nuclear power plant included a transfer of the license
and the decommissioning fund to a specialist decommissioning firm, see https://www.ans.org/news/article-4095/holtec-completes-acquisition-of-michiganspalisades-and-big-rock-point/
20 https://www.utilitydive.com/news/palisades-nuclear-plant-restart-on-track-for-october-2025-despite-nrc-petit/727780/
21 See U.S. Federal Register Vol. 89, No. 182 19 September 2024, Docket No. PRM-50-125, NRC-2024-0135.
22 https://www.reuters.com/business/energy/us-regulator-says-michigan-nuclear-plant-needs-work-before-restart-2024-09-18/
23 https://www.ans.org/news/article-6248/nextera-energy-considering-duane-arnold-plant-restart/
24 https://www.kcrg.com/2024/09/26/owner-duane-arnold-energy-center-palo-considers-bringing-plant-back-online/
25 https://www.cnbc.com/2024/10/23/nextera-sees-strong-data-center-interest-in-restarting-iowa-nuclear-plant-ceo-says.html
Vol. 70 (2025)
12
Feature: Energy Policy, Economy and Law
Other potential restarts
A dozen U.S. nuclear power plants closed early because
they had trouble profiting in wholesale electricity
markets. As the value of nuclear electricity increases,
some of these closed nuclear power plants would be
candidates for restart. 26
Nuclear power plants that closed more recently
may be more suitable for restart than plants that
closed a while ago. Nuclear power plants that elected
to use the SAFSTOR decommissioning approach may
be more suitable for a restart than plants that used
the immediate dismantlement approach. 27 Also, some
closed U.S. nuclear power plants were sold to a
decommissioning specialist company in an arrangement
similar to the Palisades sale to Holtec. Despite
the Holtec efforts at Palisades, nuclear power plants that
remain in the ownership of the pre-closure operator
may be better candidates for restart than plants that
were sold to a decommissioning firm.
In addition to Palisades, TMI-1, and Duane Arnold,
there might be one or two other U.S. nuclear power
plants that are viable restart candidates. 28 This includes
nuclear power plants that were not completed and that
did not reach commercial operation.
Even the abandoned V.C. Summer 2&3 new build units
in South Carolina have been mentioned as potential
candidates for completion, with a restart in construction
similar to the experience at the Watts Bar nuclear
power plant units that were completed and placed into
commercial operation after construction was stopped
for a long time. 29 Before South Carolina Electric &
Gas and Santee Cooper abandoned construction at
the V.C. Summer 2&3 units in 2017, the engineeringprocurement-construction
contractor crews had completed
the foundation and other site infrastructure
work. Despite the large project cost and overruns,
restarting construction should be possible. 30
Other precedents
While Palisades is the first U.S. nuclear power plant to
move toward restart after entering the decommissioning
phase, some earlier restarts after long shutdowns may
provide some precedents.
Browns Ferry
The Browns Ferry nuclear power plant in Alabama had
units that were closed in 1985 and then restarted. These
nuclear power plants were returned to operation after
shutdowns of six years for BF-2, ten years for BF-3,
and 22 years for BF-1. Unlike Palisades and TMI-1, the
Browns Ferry units continued to hold an operating
license during their prolonged shutdowns and
maintained key plant systems in a lay-up condition,
anticipating a return to operation. The cost to maintain
the Browns Ferry plant as an “operating” plant during
its prolonged shutdown was higher than the potential
cost of a mothball option where the plant is no longer
operational.
Watts Bar
The Watts Bar nuclear power plant in Tennessee has
units that suspended construction for a long period,
with construction restarted to complete the units. WB-1
was placed into commercial operation in 1996, 23 years
after the unit started construction in 1973. WB-2 was
placed into commercial operation in 2016, 43 years
after the unit started construction in 1973. The Watts
bar units, unlike Palisades and TMI-1, involved the start
and stop of construction activity before commercial
operation, not the closure of operational nuclear power
plants for decommissioning.
Onagawa (Japan)
On 29 October 2024, the Onagawa-2 nuclear power
plant returned to operation. Onagawa-2 is an 825 MWe
BWR located on the east coast of Japan, about 72 miles
north of the Fukushima Dai-Ichi nuclear power plants.
The Onagawa-2 plant, closed since 2011, was the
nuclear power plant closest to the epicenter of the
Great East Japan magnitude nine earthquake in 2011.
Onagawa has been in a suspended operation state since
2011, and Tohoku Electric, the owner, has spent about
$3.7 billion on safety measures adopted after the 2011
earthquake. 31
A return to operation from a suspended operation
status differs from a restart from a closed status like
Palisades and TMI-1. However, some lessons learned
about maintaining equipment and staff during 13 years
of suspended operation may be useful in returning
closed nuclear power plants to operation in other
countries. Other Japanese nuclear power plants may
provide similar lessons.
26 https://theconversation.com/rising-electricity-demand-could-bring-three-mile-island-and-other-prematurely-shuttered-nuclear-plants-back-to-life-239577
27 https://www.nrc.gov/reading-rm/doc-collections/maps/decommissioning-sites.html
28 https://www.utilitydive.com/news/palisades-three-mile-island-duane-arnold-nuclear-reactor-restart-holtec-nextera-constellation-nrc/730393/
29 https://scdailygazette.com/2024/10/15/7-years-after-sc-nuclear-debacle-advisory-group-suggests-potential-restart-of-failed-project/
30 https://www.utilitydive.com/news/palisades-three-mile-island-duane-arnold-nuclear-reactor-restart-holtec-nextera-constellation-nrc/730393/
31 https://www.reuters.com/world/japan/japans-tohoku-elec-restarts-onagawa-reactor-after-13-year-hiatus-2024-10-29/
Ausgabe 1 › Januar
Feature: Energy Policy, Economy and Law
13
Fig. 2
Constellation Regulatory Path for TMI-1 Restart
Diablo Canyon
Some industry observers have linked recent events at
the California Diablo Canyon nuclear power plant with
the Palisades and TMI-1 restarts.
However, Diablo Canyon units never closed. The Diablo
Canyon units have an original operating license that
was to expire in 2024 and 2025. The owner, Pacific Gas
& Electric (PG&E), originally filed for a license renewal
for both units in 2009. However, PG&E withdrew and
terminated these license renewal applications in 2018
and planned to close the two units when the original
operating licenses expired in 2024 and 2025.
This decision to close Diablo Canyon in 2024 and 2025
resulted from a California Public Utilities Commission
(CPUC) order and a state law. These decisions were
reversed in 2022 due to concerns about California‘s
electricity system reliability. PG&E again applied for a
license renewal for both units in 2023. The U.S. NRC
waived the usual five (5) years timely filing requirement
and allowed the PG&E 2023 license renewal
applications. The two units will be allowed to continue
operating while the license renewal applications are
under review at the NRC.
Some of the highlights of the timeline in Figure 2:
⁃ Nov. 2024:
⁃ Submit Restoration Quality Assurance Plan to NRC
⁃ Request an exemption from restrictions prohibiting
reactor operation and fuel placement into the reactor
vessel.
⁃ Dec. 2024: Submit post-inspection steam generator report
(the steam generators are critical equipment for producing
electricity).
⁃ Feb. 2025: Submit a request to change the name
to Crane Clean Energy Center).
⁃ Mar. 2025: Submit revised decommissioning report
and fuel management plan
⁃ Apr. through Jun. 2025:
⁃ Request that the NRC inspect the simulator
used for training.
⁃ Begin training licensed and non-licensed
nuclear operators.
⁃ Jul. 2025:
⁃ Submit an environmental report.
⁃ Submit operating license and technical speci fications
amendment, along with an estimated Updated Final
Safety Analysis Report.
⁃ Sep. 2025: Submit revised emergency plan.
⁃ Nov. 2025: Submit revised physical security plan.
⁃ Jul. 2027: Submit operational readiness letter.
⁃ Aug. 2027: Expect NRC and FEMA to finish the emergency
plan evaluation.
⁃ Oct. – Dec. 2027: Return to operating reactor license basis. 32
Constellation is confident that this timeline can be achieved.
32 https://stateimpact.npr.org/pennsylvania/2024/10/25/three-mile-island-owner-lays-out-reopening-timeline-in-public-hearing/
Vol. 70 (2025)
14
Feature: Energy Policy, Economy and Law
What is ahead for the TMI-1 restart?
The work to restore TMI-1 has started and will cost
at least $1.6 billion. The NRC must complete an
environmental assessment within a year before a
return to operation, and the plant will require other
environmental permits for air emissions and water
pollutants. 33
Future activities include additional inspections, testing
and restoration work, the plant’s main power transformer
installation, and workforce development.
Constellation has ordered a new main power transformer
costing about $100 million for the TMI-1 restart. 34
The NRC has started a review of the TMI-1 restart
application. During a public meeting with the NRC on
25 October 2024, details were sought about:
⁃ The emergency evacuation plans for the restarted
plant;
⁃ Information about the commercial deal with Microsoft;
and
⁃ How the restart of TMI-1 impact the decommissioning
of TMI-2, owned by EnergySolutions? 35
Constellation laid out the schedule, as shown in
Figure 2, for restarting TMI-1 at the 25 October 2024
NRC Public Hearing. 36
Constellation plans to restart the operation of TMI-1,
with a new name, in three years. Constellation’s plan
expects NRC review and approval of a new operating
license to take about two years. It hopes to get an
operating license by the fourth quarter of 2027 and
start generating power in 2028.
Industry implications of closed nuclear power
plant restarts
The restart of TMI-1 and Palisades strongly indicates
an increasing value for nuclear electricity. Restarting
a closed nuclear power plant is a way to get nuclear
electricity at a lower risk and cost than building a new
one. An even lower-risk and lower-cost way to get more
nuclear electricity would have been to prevent the
early closure of operating nuclear power plants for
economic reasons.
What nuclear power industry developments might
follow these restart projects?
The first development is the emerging link between
data centers and nuclear power. A key driver of the
TMI-1 restart is the PPA with a data center company
that provides higher and more certain revenue than
sales into the electricity markets.
As discussed above, there has been some mention of
restarting construction of the abandoned V.C. Summer
2&3 units in South Carolina.
Another implication of these restarts is that the increased
value of nuclear electricity might lead to action
to build one or more of the multiple nuclear power
plants that applied for and received NRC approval for
COL applications. 37 These nuclear power plants could
start construction quickly using a banked COL license
obtained in the past, avoiding the time, risk, and cost
of getting NRC COL approval for new designs and sites.
Under this logic, this increased value of nuclear
electricity might lead to building a new nuclear power
plant at a site with an approved Early Site Permit using
a reactor design with an approved Design Certification.
Like building a project that has an approved COL, this
should be less risky and lower cost than developing a
new site.
Another viable approach may be to build a certified
reactor design at a new site.
The most challenging new nuclear power plant projects
are those with a new site and a new reactor design
(and without experience in building and operating the
new reactor design). Such cases would have further
complexity if co-located with other industrial activities
and closer to residential areas.
Another implication of these restart projects is that the
increase in electricity demand, including large data
center demand, will support large nuclear power
projects. With this demand growth, building new GWescale
nuclear power plants may be more attractive than
building multiple small reactors for grid-based supply.
Small or advanced reactor projects may provide extra
value 38 in island mode, in providing heat energy, or by
burning spent nuclear fuel.
In summary: nuclear power plant restarts, life extension
of existing nuclear power plants, and development
of new nuclear power plants are viable. But viability
requires market designs and conditions that allow
nuclear power plants to operate profitably. This will
only be possible where and when there is broad
and strong, long-term reliable political, public, and
administrative/regulatory will, at federal and state
levels, to support nuclear power.
33 https://www.insurancejournal.com/news/east/2024/10/28/798778.htm
34 https://www.utilitydive.com/news/palisades-three-mile-island-duane-arnold-nuclear-reactor-restart-holtec-nextera-constellation-nrc/730393/
35 https://www.insurancejournal.com/news/east/2024/10/28/798778.htm
36 https://www.nrc.gov/pmns/mtg?do=details&Code=20241304
37 https://www.nrc.gov/reactors/new-reactors/large-lwr/col.html
38 For further discussion of opportunities and challenges, see our “8 Issues” model at https://nuclear-economics.com/wp-content/uploads/2024/10/2024-08-Navigating-Net-Zero-vgbe-energy-journal.pdf.
Ausgabe 1 › Januar
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Author
Edward Kee
CEO, founder, and Principal Consultant at Nuclear
Economics Consulting Group (NECG) in Washington
DC, USA
edk@nuclear-economics.com
Edward Kee is an expert on nuclear power economics.
Mr. Kee provides strategic and economic advice to
companies and governments on nuclear power and
electricity issues and has testified as an expert witness
in U.S. and international legal and arbitration cases.
As primary author, Edward Kee received helpful
input and peer review from his Nuclear Pathfinders
colleagues Ruediger Koenig and John Warden.
Nuclear Economics
Consulting Group (NECG)
Is a network of independent global
nuclear industry practitioners
Delivers client results with analytical rigor
and real-world experience
Provides unmatched nuclear industry
expertise and leadership experience
Collaborates with consulting and law firms
to provide nuclear expertise
Nuclear Industry
National nuclear programs, electricity
industry reform, market analyses, peer
reviews of industry studies, and nuclear
fuel cycle issues
Nuclear Business/Transactions
Nuclear projects, valuation, business
models, strategies, procurement, and
due diligence
Special Projects
Expert testimony in litigation and
arbitration cases, financial viability/
bankability, PPAs, and other project
contracts
www.nuclear-economics.com
USA – Edward Kee
edk@nuclear-economics.com
Germany – Ruediger Koenig
rk@ruediger-koenig.com
UK – John Warden
jwarden@greensabreconsulting.com
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https://nuclear-economics.com/expertise/
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Decommissioning and Waste Management
Rückbau 4.0 - Die Digitalisierung
des kerntechnischen Rückbaus in
Deutschland
› Dominik Krupp, Andreas Wieser, Johannes Radtke
Durch die Abschaltung der letzten Leistungsreaktoren in Deutschland befinden sich nun
alle noch vorhandenen Kernkraftwerke im Rückbau. Die Gebäudedekontamination
und Freigabe (GeDuF) stellt dabei die Entlassung der Anlage aus dem Geltungsbereich
des Atomgesetzes dar. Angesichts der Notwendigkeit, den Rückbau wirtschaftlicher zu
gestalten und dem steigenden Fachkräftemangel in den kommenden Jahrzehnten zu
kompensieren wird die Digitalisierung des Rückbaus immer wichtiger. Dieser Beitrag
beschreibt den Einsatz der Digitalisierungsplattform SAIF/VEGAS, um den kerntechnischen
Rückbau effizienter zu gestalten. Durch die Abbildung des GeDuF-Prozesses am digitalen
Anlagenzwilling werden Arbeitsabläufe optimiert, Prozesse mit einer größeren Fehlerrobustheit
durchgeführt und das Schnittstellenmanagement zwischen den Prozessbeteiligten
verbessert. Ein Beispiel ist die softwareassistierte In situ Messplanung, die durch den Einsatz
von SAIF/VEGAS erleichtert wird. Die Einbindung von Messtechnik in die Software und die
Verwendung automatisierter Berechnungsalgorithmen tragen weiter zur Effizienzsteigerung
bei. Derzeit wird die SAIF/VEGAS in mehreren Rückbauprojekten in Deutschland erfolgreich
eingesetzt.
Einleitung
Im April 2023 wurden die letzten Leistungsreaktoren
vom deutschen Netz genommen. Somit befinden
sich nun in den nächsten zwei Jahrzehnten rund
20 Leistungs reaktoren in unterschiedlichen Phasen des
kerntechnischen Rückbaus. Dabei stellt das Gewerk der
Gebäudedekontamination und Freigabe (GeDuF) im
gesamten Rückbauprozess die Phase dar, in dem die
Anlagengebäude aus dem Geltungsbereich des Atomgesetzes
entlassen werden. Daher befindet sich dieses
mehrjährige Gewerk, mit Überlappung zu anderen
Gewerken, am Ende der Anlagenrückbaus. Die Vielzahl
an Anlagen, die in den kommenden Jahren teilweise
gleichzeitig in den individuellen GeDuF-Projekten
zurückgebaut werden müssen, stellt einen hohen
logistischen und personellen Aufwand dar. Hinzu
kommt, dass der in Deutschland jetzt schon spürbare
Fachkräftemangel auf verschiedenen Kompetenzstufen
sogar noch zunehmen wird [1] . Anhand der Kennzahlen
aus bereits durchgeführten Rückbauprojekten,
wie z.B. den Kernkraftwerken Würgassen oder dem
Kernkraftwerk Stade konnte wiederrum abgeleitet
werden, dass die GeDuF-Projekte der kommenden
Jahre in diversen Aspekten effizienter gestaltet werden
müssen. Unter Berücksichtigung des demographischen
Fachkräftemangels wird dies nur umso relevanter.
Wie in anderen Industriezweigen dargestellt, lassen
sich standardisierte Prozesse durch Digitalisierungsansätze
effizienter gestalten, wodurch eine Ressourcenschonung
und damit einhergehend Kosteneinsparungen
möglich werden. [2] In Zusammenarbeit mit der
PreussenElektra hat die Safetec daher auf der Basis
eines standardi sierten GeDuF-Prozesses die umfassende
Prozess digitalisierungsplattform SAIF/VEGAS implementiert,
um der deutschlandweiten Aufgabe des
kerntech nischen Rückbaus mit der erforderlichen
Prozess robustheit und Effizienz zu begegnen.
Der digitalisierte GeDuF-Prozess
GeDuF-Standardprozess
Im Rückbauprozess kann ein wirtschaftlicher Vorteil
über die Effizienzsteigerung von Prozessabläufen dargestellt
werden. Daher ist die effiziente Bearbeitung
von Räumen entscheidend für Budgeteinsparung im
GeDuF-Prozess. Der GeDuF-Standardprozess lässt sich
in Teilschritte strukturieren, welche für jeden einzelnen
Raum bzw. Raumbereich immer gleich durchlaufen
werden müssen (siehe Abbildung 1).
Ausgabe 1 › Januar
Decommissioning and Waste Management
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Abb. 1
Unterteilung des GeDuF-Prozesses in vier Hauptschritte, sowie der schematischen Darstellung des nächsten Prozessdetailgrades
Jede Tätigkeit in diesem Standardprozess ist in
unterschiedlichem Detailgrad mit voranlaufenden
Pla nungsdaten, erhobenen Prozessdaten und der
daraus resultierenden Dokumentation verbunden.
Daher werden in jedem dieser Prozessschritte große
Mengen an Daten in unterschiedlichen Formaten
generiert. Die Qualität und Verfügbarkeit dieser Daten
trägt entscheidend zur effizienten Raumbearbeitung
bei. Um diese dem Anwender übersichtlich und zielgerichtet
zur Verfügung stellen zu können, werden alle
GeDuF-Prozessschritte durch SAIF/VEGAS am digitalen
Zwilling der Anlage abgebildet.
Anwendung eines digitalen Zwillings
In konventionell durchgeführten GeDuF-Verfahren
entstanden erhebliche Arbeitsaufwände, sowie potenzielle
Fehlerquellen bei der Datenerfassung und -übertragung.
Dieser Prozess beinhaltete die Erzeugung umfangreicher,
teils handschriftlicher Protokolle, welche
anschließend zeitaufwändig zur weiteren Verar beitung
und Ergebnisanalyse in Excel-Tabellen übertragen
werden mussten. Im Fall von Dokumentationen
und Berichten war es oft ein langwieriger Prozess
Dokumentenrevisionen mit dem Voranschreiten von
Prozessabläufen zu synchronisieren, was teilweise
zusätzliche Iterationen erforderlich machte.
Der digitale Anlagenzwilling im Kontext von BIM (engl.
Building Information Modeling) ist eine virtuelle
Repräsentation der existierenden Anlage. Für eine
Übersichtsdarstellung und die Planung des Rückbauverlaufes
werden typischerweise Detailierungsgrade
auf dem Niveau der Schalungspläne von Anlagenteilen
benötigt. Die Abbildung der freigaberelevanten Prozessschritte
erfordert einen höherer Detailierungsgrad.
Anhand von 3D-Laserscans wird eine präzise digitale
Repräsentation des Raumes erstellt, die alle relevanten
Details und freigaberelevante Merkmale (z.B. Durchführungen,
Fugen oder Sonderstrukturen) des physischen
Raumes aufweist.
Diese virtuelle Raumrepräsentation beinhaltet dabei
unterschiedlichste Daten, neben den geometrischen
Rauminformationen sind diese z.B. Materialangaben
der verbleibenden Raumkomponenten, die Betriebshistorie,
sowie Mess- und Probenahmedaten. Die unterschiedlichen
Informationsquellen sind über digitale
Schnittstellen mit SAIF/VEGAS verbunden, sodass der
digitale Zwilling kontinuierlich mit Echtzeitdaten
aktualisiert wird. Durch die hohe Detailqualität der
Daten und die Aktualität der Informationen lassen sich
so Prozesse genauer planen, Probleme frühzeitiger
erkennen und verfügbare Raumbearbeitungsszenarien
optimieren. Ein weiterer Vorteil liegt in der verbesserten
Kommunikation zwischen verschiedenen
Prozessbeteiligten. Durch individuelle Client-PC Zugänge
zur SAIF/VEAGS-Software wird eine einfache
Übersicht zu den aktuellsten Prozessdaten ermöglicht,
wodurch Planungen und Bewertungen effektiver
getroffen und umgesetzt werden können.
Softwareassistierte Prozessführung am Beispiel
der Messplanung
Durch hinterlegte Berechnungsalgorithmen lassen sich
auch planerische Tätigkeiten, wie z.B. die Messplanung
mit In situ Detektoren, mit deutlich geringerem Aufwand
planen und abwickeln. Im konventio nellen
GeDuF-Prozess waren daher mehrere Raumpläne, Fotodokumentationen
und manuelle Berechnungen erforderlich,
um eine In situ Mess planung durchzuführen.
Durch die Verwendung des digitalen Zwillings liegen
alle relevanten Informationen, wie z.B. anzuwendende
Nuklidvektoren, Hochrechnungsfaktoren oder Tiefenprofile
bereits im Messobjekt vor. Daher kann
die softwareassistiere Messplanung mithilfe eines
Detektor modells im virtuellen Raum erfolgen (siehe
Abbildung 2).
Die Platzierung erfolgt im einfachsten Fall durch Dragand-Drop-Funktion.
SAIF/VEGAS errechnet automatisch
Vol. 70 (2025)
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Decommissioning and Waste Management
Abb. 2
In situ Messplanung im digitalen Raumzwilling. Der geplante Detektor (in grün) ist auf 90° kollimiert.
In Grün ist die resultierende bewertete Raumfläche dargestellt.
Abb. 3
Datenübertragung zwischen SAIF VEGAS (links) und einer kommerziellen Spektrometriesoftware
wie z. B. Genie 2000 – Fa. Mirion (rechts)
und in Echtzeit die durch die Messung abgedeckte
Fläche, den erwarteten Punkt der schlechtesten
Effizienz und die daraus resultierende Messzeit. So
können durch die Verknüpfung der Raumdaten, den
radiologischen Daten und den technischen Spezifikationen
der einzusetzenden Messtechnik Bewertungsprozesse
im Vorfeld bereits geplant und der erwartete
Zeitaufwand bewertet werden. Dies ermöglicht die
Optimierung von Arbeitsabläufen in Abstimmung mit
anderen Gewerken (z.B. dem Gerüstbau), das Identifizieren
potenzieller Engpässe in der Bearbeitung eines
Raumes und die Vorhersage von ungünstigen Messkonfigurationen.
Die hieraus erzeugten Messpläne
stehen im lokalen Cache eines Client-PCs auch ohne
Verbindung zum SAIF/VEGAS-Server zur Verfügung
und können auch in Kontrollbereichsräumen ohne
Zugang zur Kraftwerk-IT-Infrastruktur abgerufen
werden.
Einbindung von Messtechnik in SAIF/VEGAS
Messgeräte, die im Kontext der GeDuF mit SAIF/VEGAS
eingesetzt werden, verfügen generell über digitale
Schnittstellen. Je nach Erfordernis können Messsysteme
auch mit Positionierungssensorik ausgestattet
werden, die die reale Position des Detektors
im digitalen Zwilling abbildet. So können zum Beispiel
Abweichungen zwischen der geplanten und realen
Ausgabe 1 › Januar
Decommissioning and Waste Management
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Position eines In situ Detektors in Echtzeit verfolgt und
angeglichen werden. Als Grundlage für die Messeffizienzberechnung
wird dabei in allen Fällen die reale
Messposition verwendet. Dabei steuert SAIF/VEGAS
lediglich die Prozesse in kommerziellen Spektrometrieprogrammen
an, die anderenfalls vom Anwender repetitiv
durchgeführt werden müssten. Anschließend
werden die ermittelten Spektrometrieergebnisse in die
SAIF/ VEGAS Software importiert und im digitalen Zwilling
des Raumes hinterlegt. Diese Ergebnisse können
so ggf. für weitere Berechnungen herangezogen werden
(siehe Abbildung 3). Dieses Vorgehen führt nicht
nur zu erheblichen Zeitersparnissen, sondern eliminiert
auch potenzielle Übertragungsfehler, die im manuellen
Prozess auftreten können.
Abbildung des GeDuF@PEL-Standardprozesses
in SAIF/VEGAS
Die Umsetzung des GeDuF@PEL-Standardprozesses mit
SAIF/VEGAS findet aktuell im Kernkraftwerk Unterweser
(Niedersachen), sowie in den Kernkraftwerken
Grafenrheinfeld und Isar 1 (Bayern) statt. Die verbleibenden
Anlagen der PreussenElektra (Grohnde,
Brokdorf und Isar 2) werden in den kommenden Jahren
ebenfalls den digitalisierten GeDuF-Prozess beginnen.
Literatur
Andreas Wieser, M.A.
Experte im Safetec Kompetenzzentrum für Gebäudefreigabe
Safetec GmbH
Andreas.Wieser@Safetec-HD.de
Andreas Wieser studierte Anthropologie, Zoologie
und Buchwissenschaft an der Johannes Gutenberg-
Universität Mainz. Hierbei beschäftigte er sich vor
allem mit statistischen Verfahren in mathematischen
Modellierungen von Populationsgenetik und -dynamik.
Seit 2019 arbeitet er bei der Safetec, zunächst als
Projektingenieur und Projektkoordinator an den Kernkraftwerken Stade, Unterweser,
Grafenrheinfeld und Isar. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung
in unterschiedlichen Projekten und kerntechnischen Anlagen, wechselte er als
Fachexperte Anfang 2024 in das Safetec Kompetenzzentrum für Gebäudefreigabe.
Neben der fachlichen Begleitung unterschiedlicher aufsichtlicher Verfahren
ist sein Schwerpunkt die Implementierung von digitalisierten
Freigabeprozessen.
Johannes Radtke, M.Sc.
Produktmanager in der Softwareentwicklung für die
Digitalisierungsplattform SAIF Safetec GmbH
Johannes.Radtke@Safetec-HD.de
Johannes Radtke studierte Physik an der TU Dresden.
Sein Schwerpunkt lag dabei vor allem auf der Kernund
Teilchenphysik. Seit 2017 arbeitet er bei der Safetec,
zunächst als Softwareentwickler für die Materialfreigabe,
anschließend als Projektingenieur im
Bereich der Gebäudefreigabe im Kernkraftwerk Stade.
Seit 2020 war er als Projektleiter und mittlerweile als Produktmanager für
die Softwareentwicklung der Digitalisierungsplattform SAIF tätig. Zusammen
mit seinem Team entwickelt er dabei die Softwareprodukte der Safetec stetig
weiter, um den kerntechnischen Rückbau in Deutschland anhand von Digitalisierungsmaßnahmen
noch sicherer und effizienter zu gestalten.
[1] Koppel, O. Plünnecke, A. “Fachkräftemangel in Deutschland: bildungsökonomische
Analyse, politische Handlungsempfehlungen, Wachstums-und
Fiskaleffekte”. IW-Analysen (2009).
[2] Stock, T. Seliger, G. „Opportunities of sustainable manufacturing in industry
4.0.“ procedia CIRP 40, pp. 536-541 (2016).
Autoren
Dr. Dominik Krupp
Teamleiter GeDuF/SAIF und Leiter des Safetec
Kompetenzzentrums (SKOM) für Gebäudefreigabe,
Safetec GmbH
Dominik.Krupp@Safetec-HD.de
Dominik Krupp studierte angewandte Chemie (B.Sc.)
und Nuclear Applications (M.Sc.) an der FH Aachen
und promovierte anschließend an der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz in Chemie. Während des
Studiums und der Promotion beschäftigte er sich vor
allem mit radiochemischer Analytik und nuklearer Spektrometrie. Seit 2021
arbeitet er bei der Safetec, zunächst als Berater, mittlerweile als Teamleiter in
der kerntechnischen Planung und als Leiter des Kompetenzzentrums für Gebäudefreigabe.
Zusammen mit seinem Team arbeitet er an der erfolgreichen
Umsetzung der Digitalisierung des kerntechnischen Rückbaus in Deutschland,
um diesen noch sicherer und effizienter zu gestalten.
Vol. 70 (2025)
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Decommissioning and Waste Management
Optimierter Rückbau
von Siedewasser reaktoren durch
parallele Vor- und Nachzerlegung
› Fabian Attenberger
Der Rückbau kerntechnischer Anlagen ist der finale Schritt im Lebenszyklus eines
Kernkraftwerks und stellt hohe technische sowie organisatorische Anforderungen.
Gerade in diesem Zusammenhang erfordert die Demontage von Siedewasserreaktoren
(SWR) innovative Strategien, um Effizienz, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit zu
gewährleisten.
Ein vielversprechender Ansatz ist die parallele Vorund
Nachzerlegung, die im Vergleich zu herkömmlichen
sequenziellen Methoden deutliche Vorteile
bietet. Ziel dieser Methode ist es, durch die gleich zeitige
Bearbeitung von Prozessschritten die Projektdauer
signifikant zu verkürzen, ohne dabei die Sicherheit
oder die Prozessstabilität zu beeinträchtigen oder die
Prozesszeiten zu erhöhen.
Dieser Artikel beleuchtet die technischen und organisatorischen
Aspekte der parallelen Vor- und Nachzerlegung,
basierend auf Erfahrungen aus zwei erfolgreichen
Rückbauprojekten in Schweden mit vier Reaktordruckbehältern
als Flotte sowie einem Rückbauprojekt
in Deutschland mit einem Reaktordruck behälter. Die
Analyse erfolgt dabei im Rahmen einer theoretischen
Studie, die auf der Auswertung von Prozessdaten und
bewährten Technologien beruht. Ergänzend werden
Optimierungspotenziale und technische Herausforderungen
detailliert dargestellt, um einen umfassenden
Einblick in die Methodik zu geben.
Vergleich von Rückbauverfahren
Im Kontext des Rückbaus von Siedewasserreaktoren
sind zwei Hauptmethoden relevant: die sequenzielle
und die parallele Bearbeitung.
Bei der sequenziellen Bearbeitung erfolgt die Ab arbeitung
aller Prozessschritte streng nacheinander. So
wird jeder Prozesszyklus individuell für jedes Segment
von Anfang bis Ende abgefahren. Diese Methode bietet
klare Strukturen und hohe Planbarkeit, ist jedoch
durch eine längere Projektdauer gekennzeichnet.
Im Gegensatz dazu erlaubt die parallele Bearbeitung
die gleichzeitige Durchführung von Teilprozessen, wie
etwa die Vorzerlegung der nächsten Komponente,
während die zuvor bearbeitete Komponente bereits
nachzerlegt wird. Dadurch können Stillstandszeiten
reduziert und Ressourcen wie Personal und Maschinen
effizienter genutzt werden.
Die parallele Bearbeitung führt zu einer Reduktion
der Projektdauer, da Wartezeiten minimiert werden
und Teilprozesse zeitgleich stattfinden können.
Während die sequenzielle Methode aufeinanderfolgende
Arbeitsschritte mit wenig Möglichkeit zur
Variation vorsieht, erlaubt die parallele Methodik eine
dynamische Anpassung an unvorhergesehene Herausforderungen.
Vor- und Nachzerlegung
Der Rückbauprozess wird bei der parallelen Bearbeitung
in zwei wesentliche Teilverfahren unterteilt:
Vorzerlegung und Nachzerlegung. Die Vorzerlegung
umfasst die Rückbauarbeiten, die durchgeführt
werden, während sich die Komponenten noch in ihrer
ursprünglichen Einbaulage befinden. Im Gegensatz
dazu beinhaltet die Nachzerlegung sämtliche Schneidprozesse,
bei denen Segmente auf eine Größe reduziert
werden, die für die Lagerung in den vorhergesehenen
Containern geeignet ist. Diese Arbeiten erfolgen in
einem separaten Nachzerlegebereich, wohin die in der
Vorzerlegung erzeugten großen Segmente für die
weitere Bearbeitung transportiert werden. Durch die
Aufteilung in Vor- und Nachzerlegung entstehen im
Vergleich zur sequenziellen Bearbeitung neue Teilaufgaben.
Im Rahmen der Untersuchung zu Vor- und
Nachteilen der beiden Herangehensweisen wurden in
einer Studie Prozesszeiten ermittelt und mit den
Erfahrungen aus den bereits durchgeführten Rückbauprojekten
verifiziert. Die Teilprozesse der sequenziellen
Herangehensweise wurden um die neuen
Teilprozesse durch Einführung einer Nachzerlegung
ergänzt. In der folgenden Auflistung sind diese kursiv
hervorgehoben.
Ausgabe 1 › Januar
Decommissioning and Waste Management
21
Vorzerlegung:
⁃ Entfernen von Störkanten
⁃ Startlochbohrungen
⁃ Brennen der Öffnungen für die Hebetraversen
⁃ Herausschieben der Kerne für Anschlagöffnungen
⁃ Sicherung der Ringsegmente
⁃ Durchführung des horizontalen Trennschnittes
⁃ Transport der Schneidausrüstung
⁃ Abtrennung der Stutzen
Nachzerlegung:
⁃ Transport der Ringsegmente
⁃ Positionierung im Nachzerlegebereich
⁃ Sicherung der Segmente
⁃ Vertikale Trennschnitte zur finalen Anpassung an
die Verpackungsgrößen
⁃ Transport der finalen Segmente
Arbeitsumfang und Basis der Analyse
Ausgangssituation und nicht betrachtete
Komponenten:
Für die Betrachtung der Prozesszeiten wurde eine
definierte Ausgangssituation angenommen, die als
Grundlage für die Analyse der verschiedenen Rückbauprozesse
dient. In dieser Untersuchung sind die
folgenden Bedingungen erfüllt:
Frei von Brennelementen: Der Reaktor ist vollständig
von Brennelementen befreit, wodurch die Strahlenbelastung
reduziert wird und eine sichere Bearbeitung
möglich ist.
Reaktordruckbehälter-Einbauten sind entfernt: Alle
relevanten Einbauten im Reaktordruckbehälter (RDB)
wurden bereits entfernt, sodass der Rückbau ohne
zusätzliche Hindernisse erfolgen kann.
Reaktorbecken ist wasserfrei: Das Reaktorbecken
wurde entleert und ist frei von Wasser, was notwendig
ist, um einen sicheren Zugang und die ordnungsgemäße
Handhabung von Materialien zu gewährleisten.
Angeschlossene Rohre sind vom System abgetrennt
und verschlossen: Alle Rohrleitungen, die mit dem
Reaktorsystem verbunden waren, sind entfernt und die
offenen Enden wurden ordnungsgemäß verschlossen,
um die Verbreitung von Radioaktivität zu verhindern.
Nicht betrachtet wurden in dieser Analyse die folgenden
Komponenten:
⁃ Der Reaktordruckbehälter-Deckel
⁃ Die Bodenkalotte
⁃ Die Isolierung
⁃ Eventuell auftretender Asbest
Der Grund für die Nichtbetrachtung dieser Bauteile
liegt in den unterschiedlichen Anforderungen an die
Zerlegeprozesse, wie beispielsweise der Notwendigkeit
des Einsatzes spezieller Arbeitskörbe oder der höheren
Strahlungswerte, die eine andere Herangehensweise
und zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen erfordern.
Die Bodenkalotte erfordert aufgrund ihrer komplexen
Geometrie und der Schwierigkeit, sie in-situ zu demontieren,
einen separaten und aufwendigeren Rückbauprozess.
Reactor
Pressure Vessel
Insulation
Biological Shield
Bottom Frame
Sphere
Abb. 1
Modell eines Siedewasserreaktors
Vol. 70 (2025)
22
Decommissioning and Waste Management
Einrichtungen im Mock-Up garantiert den nahtlosen
Start des Baustellenbetriebs mit Equipment, bei
dem anfängliche Schwachpunkte bereits behoben und
optimale Prozessparameter ermittelt wurden. So
können die meist eng gesteckten Zeitpläne für die
Rückbauarbeiten mit geringerem Risiko von Verzögerungen
eingehalten und die Gesamtprozesse
optimiert werden.
Schneidtechnologien und Schnittplan
Ein zentraler Erfolgsfaktor war die Auswahl und
Anpassung der geeigneten Schneidtechnologien. Diese
wurden auf Basis der spezifischen Anforderungen und
der vorhandenen Gegebenheiten entwickelt und
implementiert.
Abb. 2
Einsatz eines Schneidroboters im Mock-Up
Arbeitsvorbereitungen und Bedingungen vor Ort
Die Projekte umfassten verschiedene wesentliche
Arbeitsschritte, die an die spezifischen Bedingungen
vor Ort angepasst wurden. Zu Beginn der Arbeiten
wurde der Initialzustand sichergestellt, wobei alle RDB-
Komponenten dekontaminiert und vollständig frei von
Rückständen waren. Dies war eine notwendige Voraussetzung,
um einen sicheren Arbeitsbereich zu gewährleisten
und die Strahlenbelastung zu minimieren.
Zudem wurden die erforderlichen Zugänge geschaffen,
um den Zugang zu den zu demontierenden Teilen des
Reaktors zu ermöglichen. Weiterhin wurden die technischen
Hilfsmittel wie Kräne und Schneidplattformen
bereitgestellt, um die Arbeiten effizient und sicher
durchführen zu können.
Mechanische Verfahren:
Mechanische Trenntechniken wie Seilsägen, Kreissägen
und Säbelsägen kommen insbesondere bei Aufgaben
zum Einsatz, bei denen Präzision und minimale
Partikelbildung erforderlich sind.
Thermische Verfahren:
Für größere Bauteile und schwer zugängliche Stellen
werden thermische Verfahren wie Plasmaschneiden
und autogenes Brennschneiden bevorzugt. Diese
Methoden sind effizient und bieten eine hohe Flexibilität
in der Anwendung.
Der folgende Vergleich der verschiedenen Rückbauverfahren
berücksichtigt die Prozesszeit des autogenen
Der Rückbau erfolgte auf Basis eines strukturierten
Ansatzes, der eng an die vorherrschenden Bedingungen
vor Ort angepasst war. Hierbei wurde besonders
auf den verfügbaren Platz geachtet, um sicherzustellen,
dass alle Arbeiten innerhalb der räumlichen Gegebenheiten
durchgeführt werden konnten. Ebenso spielte
die Traglast der Kräne eine zentrale Rolle, um die Lasten
sicher zu heben und zu transportieren. Ein weiterer
entscheidender Faktor waren die radio logischen Bedingungen,
die je nach Bereich unterschiedlich waren
und entsprechende Schutzmaß nahmen erforderten.
Vor dem eigentlichen Einsatz auf der Baustelle wurden
alle Werkzeuge und Maschinen in speziell eingerichteten
Mock-Up-Anlagen getestet. Da Reparaturen
beim tatsächlichen Rückbau in kerntechnischen
Anlagen risikobehaftet bis unmöglich sein können,
werden alle Arbeitsschritte zuvor wie in einer Generalprobe
getestet. Dabei wird nicht nur die Funktionsweise
erprobt, sondern auch der Prozess optimiert.
Eine Testumgebung, die frei von strahlungsbedingten
Risiken ist, ermöglicht die vereinfachte Umsetzung
dieser Optimierungen. Die ausführliche Erprobung der
Abb. 3
Offene Einhausung der Vorzerlegung während des Einsatzes
einer Bohrvorrichtung
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Decommissioning and Waste Management
23
Brennschneidens. Die vertikale Vorschubgeschwindigkeit
beim Autogenbrennen beträgt 2,4 mm/s,
während die horizontale Geschwindigkeit bei 2,0 mm/s
liegt.
Schnittplan:
Der Schnittplan wurde so gestaltet, dass er sowohl
den Verpackungsgrößen als auch den Störkanten der
Bauteile gerecht wurde und dabei die technische
Machbarkeit berücksichtigte. Dies ermöglichte eine
optimale Anpassung an die nachfolgenden Schritte der
Zerlegung und den Abtransport der Teile. Für die
Untersuchung der Prozesszeiten wurde ein Referenz-
Reaktordruckbehälter mit den folgenden Parametern
definiert:
Höhe: 18,5 m
Innendurchmesser: 5,9 m
Wandstärke: 145 mm
Der Reaktordruckbehälter sollte abschließend in
Segmente mit einer Höhe von 1.000 mm und einer
Spannweite von 1.200 mm zerlegt werden, da diese
Größen ideal für die Verpackung in Konrad-Containern
geeignet sind.
Abb. 4
Schnittplan sequenzielle Bearbeitung
Sequenzielle Bearbeitung: Prozesszeiten in Prozent
Vergleich von Schnittplänen und Prozesszeiten
Im Rahmen der Analyse wurden drei unterschiedliche
Schnittpläne für den Rückbau des Reaktordruckbehälters
untersucht, die sich in der Art und
Weise der Durchführung horizontaler und vertikaler
Trennschnitte sowie in der Aufteilung der Arbeitsschritte
zwischen Vor- und Nachzerlegung unterscheiden.
Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede
in der Prozesszeit und der Gesamtdauer des
Rückbaus.
Durchführung
der Trennschnitte
Transport der
Schneidausrüstung
Entfernen
von Störkanten
Sicherung
der Segmente
Transport
der Segmente
Einrüsten
des Equipments
7
8
13
18
20
26
Sequenzielle
Bearbeitung
Parallele Parallele
Bearbeitung Bearbeitung
Einfache Ringsegmente
in der segmente in der
Doppel- Ring-
Vorzerlegung Vorzer legung
Prozesszeit 27.407 min 35.050 min 27.850 min
Gesamtdauer 27.407 min 24.200 min 18.150 min
Verhältnis Vor- zu
Nach zerlegung
- 65/35 50/35 (+15)
1. Sequenzielle Bearbeitung:
Bei der sequenziellen Bearbeitung werden alle
horizontalen und vertikalen Schnitte vollständig in- situ
ausgeführt. Diese Methode zeichnet sich durch eine
klare Struktur und geringeren Koordinationsaufwand
aus, führt jedoch zu langen Gesamtdauerzeiten. Die
Prozesszeit betrug 27.407 Minuten, was gleichzeitig der
Gesamtdauer des Rückbaus entspricht, da alle Arbeitsschritte
nacheinander erfolgen.
Reinigungs arbeiten
0 5 10 15 20 25 30
2. Parallele Bearbeitung:
Bei der ersten Variante der parallelen Bearbeitung
wurden die horizontalen Schnitte weiterhin in-situ
durchgeführt, während die vertikalen Schnitte in die
Nachzerlegung verlegt wurden. Diese Umstellung
ermöglichte eine zeitliche Entkopplung der Arbeitsschritte,
wodurch die Gesamtdauer des Projekts im
Vergleich zur sequenziellen Bearbeitung um 13 %
reduziert werden konnte – von 27.407 Minuten auf
24.200 Minuten. Die Prozesszeit stieg dabei auf
35.050 Minuten an, da neue Teilprozesse in der
Nachzerlegung eingeführt wurden. Das Verhältnis
zwischen Vor- und Nachzerlegung betrug in dieser
Variante 65 % zu 35 %.
Ein zusätzlicher Vorteil dieser Methode war die Entlastung
des aufwendigsten Teilprozesses: Während
der Transport des Equipments bei der sequenziellen
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Vol. 70 (2025)
24
Decommissioning and Waste Management
Abb. 5
Schnittplan parallele Bearbeitung
Abb. 6
Schnittplan Doppelring-Segmente
Parallele Bearbeitung:
Prozesszeiten in Prozent
Parallele Bearbeitung mit Doppel-Ringsegmenten:
Prozesszeiten in Prozent
Entfernen von
Störkanten
6
Entfernen von
Störkanten
7
Startlochbohrungen
16
Startlochbohrungen
10
Brennen der
Öffnungen für den
Hebetraversen
Herausschieben
der Kerne für
Anschlagöffnungen
1
4
Brennen der
Öffnungen für den
Hebetraversen
Herausschieben
der Kerne für
Anschlagöffnungen
1
3
Sicherung
der Ringsegmente
2
Sicherung
der Ringsegmente
1
Durchführung
der horizontalen
Trennschnitte
9
Durchführung
der horizontalen
Trennschnitte
6
Transport der
Schneidausrüstung
3
Transport der
Schneidausrüstung
2
Abtrennung
der Stutzen
17
Abtrennung
der Stutzen
21
Transport
der Ringsegmente*
9
Transport
der Ringsegmente*
6
Positionierung
im Nachzerlegebereich*
6
Positionierung
im Nachzerlegebereich*
4
Sicherung
der Segmente*
5
Sicherung
der Segmente*
7
*Nachzerlegung
vertikale
Trennschnitte*
Transport der
finalen Segmente*
5
5
Horizontale
und vertikale
Trennschnitte*
Transport der
finalen Segmente*
7
12
0 5 10 15 20 25 0 5 10 15 20 25
Ausgabe 1 › Januar
Decommissioning and Waste Management
25
Bearbeitung noch 26 % der Gesamtprozesszeit beanspruchte,
konnte sein Anteil auf 17 % reduziert werden.
Dies machte den Rückbauprozess insgesamt ausfallsicherer
und flexibler gegenüber unvorhergesehenen
Ereignissen.
Auf der Gegenseite ist zu beachten, dass das Einführen
zusätzlicher Teilprozesse und Betreiben eines
Nachzerlegeplatzes die Komplexität des Vorhabens
zunächst steigern.
Trotz der genannten Fortschritte wurden nicht alle
Ziele vollständig erreicht. Insbesondere zeigte sich,
dass die Verlagerung vertikaler Schnitte allein nicht
ausreichte, um eine maximale Effizienz im Gesamtablauf
zu erzielen.
3. Parallele Bearbeitung
mit Doppel-Ringsegmenten:
Die zweite Variante der parallelen Bearbeitung stellte
eine weitere Optimierung des Rückbauprozesses dar.
In dieser Methode wurden nicht nur die vertikalen,
sondern auch ein Teil der horizontalen Schnitte
in die Nachzerlegung verlagert. Dabei erfolgte in-situ
lediglich das Trennen der Reaktordruckbehälter in
Doppel-Ringsegmente, die anschließend im Nach zerlegeplatz
weiter zerlegt wurden.
Durch diese Anpassung gelang es, die Prozesszeit auf
27.850 Minuten zu senken – eine Einsparung von 21 %
im Vergleich zur parallelen Bearbeitung ohne Doppel-
Ringsegmente. Gleichzeitig wurde die Gesamtdauer
des Projekts auf 18.150 Minuten reduziert, was einer
zusätzlichen Verkürzung um 25 % entspricht.
Die Verteilung der Arbeiten zwischen Vor- und Nachzerlegung
erreichte in dieser Variante nahezu opti male
Werte: Etwa 50 % des Gesamtvorhabens entfielen auf
die Vorzerlegung, während die Nachzerlegung zuzüglich
der prozessübergreifenden Tätigkeiten ebenfalls
50 % ausmachte. Dieses ausgewogene Verhältnis trug
entscheidend zur Effizienzsteigerung und Flexibilität
des gesamten Rückbauprojekts bei.
Optimierung und Erfahrung
Durch die parallele Ausführung der Arbeitsschritte
konnten Stillstandszeiten zwischen den einzelnen
Phasen des Rückbaus deutlich reduziert werden. Dies
und das zeitgleiche Bearbeiten mehrerer Teilprozesse
führte zu einer Reduktion der Projektdauer um 34 %.
Verglichen mit der ursprünglichen Ausgangssituation,
in der alle Teilprozesse sequenziell hintereinander
durchgeführt wurden, blieb der Gesamtarbeitsaufwand
mit einer aufsummierten Prozesszeit von knapp
28.000 Minuten nahezu unverändert. Es kam also zu
keiner wesentlichen Erhöhung der Prozesszeiten, was
die Effizienz des Ansatzes unterstreicht.
Dieser Fortschritt stellt einen bedeutenden Erfolg dar.
Der zeitlich aufwendigste Einzelprozess konnte von
26 % auf 21 % der Gesamtprojektdauer reduziert
werden, wodurch der Rückbauprozess nicht nur
flexibler, sondern auch ausfallsicherer gestaltet wurde.
Mit diesem Ansatz konnten schließlich alle zuvor
definierten Ziele erreicht werden, was die herausragende
Effektivität der Methode bestätigt.
Diese signifikante Verkürzung der Rückbauzeit wurde
nicht nur durch die parallelen Arbeitsabläufe erreicht,
sondern auch durch kontinuierliche Optimierungen
und Anpassungen des Prozesses. Ein wesentlicher
Bestandteil dieser Verbesserungen war die regelmäßige
Durchführung von „Lessons Learned“- Sitzungen.
Hierbei fanden wiederkehrend Austausche
zwischen den Baustellen- und Ingenieurteams statt, um
Erkenntnisse aus der laufenden Arbeit zu sammeln
und in den weiteren Verlauf des Projekts einfließen zu
lassen. Diese proaktive Vorgehensweise ermöglichte
eine kontinuierliche Verfeinerung der eingesetzten
Methoden und trug maßgeblich dazu bei, die Effizienz
des gesamten Rückbaus weiter zu steigern und den
Zeitrahmen weiter zu verkürzen.
Schlussfolgerung
Der Rückbau von Siedewasserreaktoren kann durch
den Einsatz innovativer Methoden wie der parallelen
Vor- und Nachzerlegung erheblich optimiert werden.
Diese Vorgehensweise führt zu einer deutlichen Verkürzung
der Projektdauer und ermöglicht eine effiziente
Nutzung von Ressourcen, ohne dabei Kompromisse
bei der Sicherheit oder Prozessstabilität einzugehen.
Zukünftige Rückbauprojekte können von den
gewonnenen Erkenntnissen profitieren, indem sie
frühzeitig auf parallele Arbeitsabläufe setzen und
bewährte Erfahrungen aus vergangenen Projekten
in die Planung einfließen lassen. Auf diese Weise lässt
sich der Rückbau von SWR-Anlagen nachhaltig und
kontinuierlich verbessern.
Autor
Fabian Attenberger
Project Engineer
NUKEM Technologies Engineering Services GmbH
fabian.attenberger@nukemtechnologies.de
Fabian Attenberger ist Project Engineer bei NUKEM
und auf den Rückbau kerntechnischer Anlagen
spezialisiert. Mit einem starken Hintergrund im allgemeinen
Maschinenbau und Sondermaschinenbau
verfügt er über umfangreiche Erfahrung in Konstruktion
und technischer Projektleitung.
Seit Juli 2020 verantwortet er bei NUKEM die Planung und Umsetzung
komplexer Projekte. Dabei koordiniert er technische Teams und stellt die
termingerechte sowie budgetkonforme Durchführung sicher. Seine Expertise
umfasst das Projektmanagement, die Ent wicklung innovativer technischer
Lösungen für komplexe Anforderungen sowie die Umsetzbarkeit vor Ort.
Fabian Attenberger vereint technisches Know-how mit praktischer Erfahrung
und trägt damit entscheidend zum Erfolg seiner Projekte bei.
Vol. 70 (2025)
26
Spotlight on Nuclear Law
Weitere Streitfragen zur Zwischenlagerung
von Kernbrennstoffen geklärt
Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 07.11.2024 – Az. 10 S 1555/24
› Tobias Leidinger
Rechtliche Streitfragen betreffend die Anforderungen an die Sicherheit und Sicherung
von in Zwischenlagern aufbewahrten Kernbrennstoffen bestimmen die Diskussion seit
längerem. In einem Beschluss zur Einlagerung von Castor-Behältern aus der Wiederaufarbeitungsanlage
in La Hague/Frankreich in das Zwischenlager Philippsburg hat der
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg strittige Punkte geklärt. Weiterer Streit ist damit
zwar nicht ausgeschlossen, dass das bisherige Konzept der Zwischenlagerung in Deutschland
die erforderliche Sicherheit und Sicherung jederzeit gewährleistet, wurde indes erneut
gerichtlich bestätigt.
I. Der Fall: Einlagerung von Castoren
in das Zwischenlager Philippsburg
Die Stadt Philippsburg und mehrere Grundstückseigentümer
in der Nähe des Zwischenlagers Philippsburg
begehrten Rechtsschutz gegen die Einlagerung
von radioaktiven Abfallprodukten aus der Wiederaufbereitung
von Kernbrennstoffen in La Hague/Frankreich
in Form von Glaskokillen in Behältern der Bauart
CASTOR® HAW28M. Zur Rücknahme dieser Behälter
bis Ende 2024 hatte sich die Bundesrepublik Deutschland
gegenüber Frankreich vertraglich verpflichtet.
Die Aufbewahrung dieser Stoffe im Zwischenlager
Philippsburg war vom BASE im Wege der 9. und
10. Änderungsgenehmigung gemäß § 6 AtG genehmigt
worden. Dagegen hatten die Kläger Klage beim VGH
Baden-Württemberg erhoben. Zugleich begehrten sie
aufgrund des ab sehbar geplanten Transports der
Behälter nach Philippsburg vorläufigen Rechtsschutz,
gerichtet auf ein einst weiliges Verbot der Einlagerung.
Dies hat der VGH abgelehnt. Die Castoren dürfen bis
auf Weiteres ein gelagert werden.
II. Maßgebende Streitpunkte:
Sicherheit und Sicherung
Das Gericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes abgelehnt, weil durch die Einlagerung
der Umfang des bereits genehmigten radioaktiven
Inventars nicht erweitert, sondern lediglich die Einlagerung
eines anderen Materials erlaubt wird. Auch
tritt dadurch keine zusätzliche Exposition in Form
von Direktstrahlung oder Ableitungen radioaktiver
Stoffe auf. Alle Grenzwerte werden – wie bisher – eingehalten.
Auch eine Umweltverträglichkeits prüfung
(UVP) war nicht erforderlich.
Die von den Antragstellern behaupteten, angeblichen
Defizite hinsichtlich Sicherheit und Sicherung hat das
Gericht dezidiert geprüft und im Ergebnis verneint.
Neben der angeblich fehlenden Prüfung der Umweltverträglichkeit
(UVP) wurde als Sicherheitsdefizit
u. a. das Reparaturkonzept für die Behälter der Bauart
CASTOR® HAW28M gerügt. Insbesondere sei der im
Fall einer Undichtigkeit erforderliche Fügedeckel u. U.
nicht verfügbar. Im Hinblick auf die Sicherung (SEWD)
wurde behauptet, dass das Lager in Bezug auf kriegsbedingte
Einwirkungen im Zuge einer militärischen
Auseinandersetzung mit Russland nicht geschützt sei.
Auch die Auswirkungen eines gezielten Absturzes eines
großen Verkehrsflugzeugs (z. B. Typ A 380) sowie das
im Genehmigungsverfahren zu prüfende Szenario
eines zufälligen Absturzes einer schnell fliegenden
Militärmaschine auf das Zwischenlager sei nicht ausreichend
untersucht worden.
III. Begründung des Gerichts im Einzelnen
1. Keine UVP erforderlich
Eine UVP war nicht erforderlich, weil die Betreiberin
des Zwischenlagers aufgrund der von ihr durchgeführten
Vorprüfungen nach Maßgabe des UVPG in
rechtsfehlerfreier Weise festgestellt hatte, dass eine
solche UVP-Pflicht nicht besteht. Denn die genehmigten
Änderungen rufen keine zusätzlichen erheblichen
Ausgabe 1 › Januar
Spotlight on Nuclear Law
27
Handhabung CASTOR® bei Ankunft am Standort Philippsburg (Copyright EnBW)
nachteiligen oder andere erhebliche nachteilige
Umweltauswirkungen hervor. Im Übrigen hat das
Gericht die Einschätzungsprärogative der Behörde zu
beachten: Beruht die Feststellung, dass eine UVP-Pflicht
nicht besteht, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls, so
ist die Einschätzung der Behörde gemäß § 5 Abs. 3
Satz 2 UVPG gerichtlich nur darauf hin zu überprüfen,
ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7
UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis
nachvollziehbar ist. Das Ergebnis der behördlichen
Prognose ist durch ein Gericht nicht auf materielle
Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen.
Insoweit gab es nichts zu beanstanden.
2. Reparaturkonzept nicht zu beanstanden
Das Reparaturkonzept für die CASTOR ® HAW28M-
Behälter trägt – entgegen der Behauptung der Antragsteller
– dem Vorsorgeprinzip (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 AtG)
hinreichend Rechnung. Sollte das Behälterüberwachungssystem
anzeigen, dass die Überschreitung
der spezifizierten Leckagerate das Aufschweißen eines
sog. Fügedeckels im Einzelfall erfordert, kann dieser –
anstelle des Sekundärdeckels – die Funktion der
zweiten Barriere übernehmen und das erforderliche
überwachte Doppeldeckel-Dichtsystem wiederherstellen.
Dieses Vorgehen entspricht den aktuellen ESK-
Leit linien für die trockene Zwischenlagerung. Die
Rechtsprechung hat dieses Reparaturkonzept bereits
mehrfach als den Anforderungen der Schadensvorsorge
entsprechend bestätigt (vgl. BayVGH, Urt.
v. 08.04.2024 – 22 A 17.40026 - juris Rn. 198 ff.; OVG
Schleswig-Holstein, Urt. v. 31.01.2007 – 4 KS 2.04 – juris
Rn. 145 ff.; OVG NRW, Urt. v. 30.10.1996 – 21 D 2/89.AK –
Rn. 211 ff.). Rechtlich ist es auch nicht zu bean standen,
dass der Fügedeckel nicht ständig vor Ort bereitgehalten
wird, wenn er – wie hier – kurzfristig antransportiert
werden kann. Nicht relevant ist auch, dass nur
ein Fügedeckel direkt zur Verfügung steht. Denn
ein zweiter Deckel könnte in einer Frist von weniger
als fünf Monaten beschafft werden, ohne dass die
Schadensvorsorge vor Ort dadurch konkret eingeschränkt
wäre.
3. Schutz gegen kriegsbedingte
Einwirkungen ist kein Regelungsgegenstand
des Atomrechts
Entgegen der Behauptung der Antragssteller hat das
Gericht klargestellt, dass unmittelbare Einwirkungen
auf eine kerntechnische Einrichtung im Rahmen eines
bewaffneten Konflikts zwischen Staaten kein Gegenstand
des zu gewährleistenden Schutzes gegen SEWD-
Ereignisse darstellt. Denn solche Einwirkungen können
nicht durch den Betreiber, sondern letztlich nur durch
die Bundeswehr, ggf. mit Unterstützung der Streitkräfte
der Bündnispartner, wirksam abgewehrt
werden. Von Verfassungs wegen haben allein der Staat
und seine Streitkräfte gemäß Art. 87a Abs. 3 Satz 1 GG
die Befugnis, zivile Objekte wie Zwischenlager im
Spannungs- oder Verteidigungsfall zu schützen. Zusätzliche
Sicherungsmaßnahmen des Genehmigungs inhabers
können insoweit nicht gefordert werden.
4. Schutz gegen Absturz eines großen
Verkehrsflugzeugs gegeben
Das Szenario eines gezielt herbeigeführten Absturzes
eines großen Verkehrsflugzeugs ist zwar nicht in
der SEWD-RL Zwischenlager als zu beherrschende
Vol. 70 (2025)
28
Spotlight on Nuclear Law
„ Anforderung“ berücksichtigt, gleichwohl ist ein
solches Ereignis – bei Zwischenlagern mit Kernbrennstoffen
– im Grundsatz nicht dem Restrisiko, sondern
dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen und
daher im Einzelnen zu betrachten. Diese Betrachtung
hat im vorliegenden Fall in Form einer gutachterlichen
Prüfung stattgefunden, mit dem Ergebnis, dass die in
konservativer Weise ermittelte maximale effektive
Dosis an der ungünstigsten Einwirkstelle deutlich
kleiner ausfällt als der maßgebende Richtwert von
100 mSv nach § 44 Abs. 2 Satz 3 AtG. Dabei ist dieses
Ergebnis auch unter Beachtung von abdeckenden
mechanischen Einwirkungen durch herabstürzende
Dachbinder, seitlich anprallende Trümmer und
thermische Einwirkungen (Kerosinbrand) ermittelt
worden.
5. Zufälliger Absturz einer schnell fliegenden
Militärmaschine hinreichend untersucht
Schließlich wurde auch der Einwand zurückgewiesen,
der zufällige Absturz einer schnell fliegenden Militärmaschine
sei nicht hinreichend untersucht worden.
Zunächst ist die Eintrittswahrscheinlichkeit des zufälligen
Absturzes einer schnell fliegenden bewaff neten
Militärmaschine gegenüber einem unbewaff neten
Kampfflugzeug deutlich geringer, da der überwiegende
Teil solcher Flugbewegungen ohne Bewaffnung stattfindet.
Im Übrigen liegt die maximale Sprengstoffmasse
einer solchen Bewaffnung bei etwa 7 kg, die weit geringer
ist als die Sprengkraft von Luft-Boden-Raketen.
Selbst wenn ein solches Absturzszenario aber nicht
dem Restrisiko zugerechnet würde, ist nicht offensichtlich,
dass die denkbaren Auswirkungen jenseits des
maßgebenden Richtwertes von 100 mSv gemäß § 44
Abs. 2 S. 3 AtG lägen (was im Hauptsacheverfahren
weiter geprüft wird).
Die Einlagerung der Castoren aus Le Hague ins
Zwischenlager Philippsburg ist und bleibt – mit sehr
hoher Wahrscheinlichkeit – rechtens.
Autor
Prof. Dr. Tobias Leidinger
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft
tobias.leidinger@luther-lawfirm.com
Prof. Dr. Tobias Leidinger, Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Verwaltungsrecht, ist Partner bei der
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft. Vor dem Hintergrund
seiner langjährigen Beratungstätigkeit in der
Industrie und besonderen Projekt- und Rechtsexpertise
berät er private und öffentliche Unternehmen
im Öffentlichen Wirtschaftsrecht (einschl.
Projektsteuerung), insbes. im Atom- und Strahlenschutzrecht sowie im
Anlagen-, Umwelt-, Bau- und Planungsrecht (Rückbau von Nuklearanlagen,
Errichtung und Genehmigung von nuklearen Lagereinrichtungen, komplexe
Infrastrukturvorhaben, etc.). Er ist zugleich Direktor am Institut für Berg- und
Energierecht der Ruhr-Universität Bochum und als Fachbuchautor ausgewiesen
(u.a. Buch-Veröffentlichungen zum Atomrecht, Energieanlagenrecht,
Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung, etc.).
IV. Fazit
Die Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom
7. November 2024 reiht sich ein in die Linie jüngster
Urteile zum Thema Sicherheit und Sicherung in Bezug
auf die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen in
Zwischen lagern: Bereits der VGH München hatte in
seinem Urteil vom 8. April 2024 dezidiert begründet
festgestellt, dass keine Einwände gegen das in
Deutschland praktizierte Konzept der trockenen
Zwischen lagerung bestehen (vgl. dazu Leidinger, atw
4 2024 S. 25 ff.). Die nun erneut im Verfahren des VGH
behaupteten Gegenargumente zur angeblich fehlenden
Sicherheit und Sicherung der Zwischenlagerung
greifen auch jetzt nicht durch. Soweit es in dem ausstehenden
Hauptsacheverfahren gegen die Änderungsgenehmigungen
in Detailfragen noch weiterer Feststellungen
des VGH bedarf, ist – nach dieser ausführlich
begründeten Entscheidung im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren – nicht zu erwarten, dass
das finale Urteil zu einem anderen Ergebnis gelangt.
Ausgabe 1 › Januar
Decommissioning and Waste Management
29
Enhancing nuclear decommissioning
efficiency through automated measurement
and sorting of building structures
› Christoph Klein, Felix Langer, Marina Sokcic-Kostic
Decommissioning of nuclear facilities and management of radioactive materials are
some of the most complex and costly challenges in the nuclear industry. A key aspect
of this process is the handling of contaminated concrete and building materials. The
FREMES (Free Release Measurement System) by NUKEM Technologies Engineering Services
GmbH (NUKEM) offers an innovative solution by integrating radiological characterization and
sorting into a single automated process. This technology significantly enhances efficiency,
reduces costs, and ensures compliance with regulatory standards, making it a transformative
approach for the decommissioning of nuclear sites.
1 Challenge: Remediation of Building
Structures
Concrete structures within the containment of nuclear
installations can amount to thousands, or even tens of
thousands, of tons requiring decommissioning and
release. This is particularly true for structures in close
proximity to the reactor, such as the bio-shield or the
support structure of the reactor, which might be
significantly contaminated and activated. Furthermore,
all concrete and building structures within
nuclear installations must undergo radiological characterization,
proper removal, sorting and appropriate
release. Given the large volume of material at each site,
optimizing this step can significantly reduce overall
costs, time, and the amount of radioactive waste
generated, for the operator.
The standard approach for remediating such materials
involves multiple in-situ measurements on the standing
structures as pre-measurements. This is followed
by removal, potential crushing, and final release or
characterization measurements.
Depending on specific site conditions, it may be beneficial
to crush the material at the earliest possible stage
to simplify transport and facilitate processing as bulk
material. Conducting characterization and sorting in a
single automated step, such as with NUKEM’s FREMES,
can significantly enhance efficiency. In this scenario,
time-intensive pre-measurements can be minimized
while still ensuring a comprehensive evaluation of the
contamination, including the determination of nuclide
vectors. Comprehensive pre-measurements are not
Fig. 1
Typical structures scheduled for demolition
during the decommissioning of nuclear sites.
Fig. 2
Examples of building materials, such as concrete structures
and bricks, at various stages of processing into bulk material.
Vol. 70 (2025)
30
Decommissioning and Waste Management
required for 100 % of the structures. Instead, the
FREMES processes the demolished and crushed building
materials, delivering results in a single step by:
⁃ Sorting the materials into different activity/waste
categories and deposition into corresponding
storage containers;
⁃ Providing all necessary measurement results and
documentation required for release or disposal as
waste, for regulatory compliance.
2 Characterization and Sorting in a Single Step
with FREMES
The FREMES combines advanced measurement
technology with an automated transport system to
enable continuous and precise characterization of bulk
materials, such as concrete debris. The only requirement
is that the material must be reduced to a sufficiently
small grain size to allow for efficient transport
and accurate measurement as bulk material.
The system is composed of several key components:
⁃ Conveyor Belts: Continuously transporting material
under the detectors.
⁃ HPGe Detectors: High-purity germanium detectors
measure the gamma radiation emitted by the
material.
⁃ Weighing System: An integrated weighing system
records the material‘s weight.
⁃ Software: Manages the entire process, from data
acquisition to evaluation and material sorting.
The core measurement process of the FREMES involves
the following steps:
⁃ Material Preparation: The material is mechanically
processed (e.g. crushing, sieving) and then buffered,
forming a continuous stream with a defined
geo metry suitable for measurement.
⁃ Spectrum Acquisition: The material is virtually
divided into sorting portions, with gamma spectra
captured the detectors and weight recorded for
each portion.
⁃ Data Evaluation: The acquired data is immediately
analyzed to determine the specific nuclide activity
for each separable portion, including uncertainty
values in compliance with ISO 11929.
⁃ Classification: The results are compared against
regulatory limits and classified into different
categories based on customer’s requirements,
typically Free Release (FR), Conditional Release (CR),
Radioactive Waste (RW), and material suspected of
containing hot spots (HS).
⁃ Sorting: Based on the characterization, the material
is directed to its designated storage container via
sorting belts.
⁃ Documentation: The system automatically archives
all measurement and operational data and
generates the corresponding documentation in
format defined by the client.
The FREMES has been successfully implemented in a
number of large-scale nuclear decommissioning projects,
such as the remediation of NUKEM’s own legacy
fuel element fabrication site in Hanau, Germany and
FBFC Inter national’s facility in Dessel, Belgium. Those
consisted of materials suspected of Uranium contamination,
such as those typically found on enrichment
and fuel fabrication plants.
Here, the system successfully determined the total
Uranium content in the contaminated soil using direct
gamma spectrometry to measure the U-235 signature,
combined with known Uranium enrichment factors.
The patented system’s radiological measurement in
these projects delivered:
⁃ Certified direct proof of material release for applications
in Germany,
⁃ One of two redundant and diverse measurements
required for material release in Belgium, as mandated
by the Belgian nuclear authority (the second
component being independent sample measurements).
Fig. 3
Overview of soil characterization and sorting with FREMES: Material is delivered by truck (left), buffered, and transported via conveyors
to the measurement and sorting belts (blue containers), and afterwards sorted into designated piles and containers (right).
Ausgabe 1 › Januar
Decommissioning and Waste Management
31
Fig. 4
Site of FBFC International in Dessel, Belgium: Before and
after the remediation works, with significant contributions
from the FREMES.
Fig. 5
Estimates for achievable detection limits of the system,
depending on material throughput, for the most important
gamma-emitting nuclides in radiological decommissioning.
In this design, the material separation size is approximately
100 kg at a bulk density of 2.0 g/cm³. (Note that this represents
a typical example scenario, and exact parameters need to
be determined from the details of any specific application.)
In the Belgian project, the system processed approximately
45,000 tons of material, enabling the release of
a substantial part of it. Sorting portions of around
100 kg were achieved with throughputs of approximately
10 –15 tons per hour, ensured by continuous
technical supervision and system optimization. The
project was completed within the agreed quality, time
and budget constraints, and the site was officially
cleaned and released from nuclear supervision by
royal decree in 2022.
As disposal costs for higher waste categories increase
exponentially (usually by a factor of 10 per category),
this precise sorting process significantly reduced
overall costs for the customer – bringing the final
expenditure to about 12 % of the estimated cost for
conventional processing methods, a demonstrable
saving.
3 Remediation of Concrete and Building Rubble
with FREMES
The application of FREMES to concrete structures and
buildings follows a similar approach to the projects
presented above. In general, the system is highly
flexible and can be tailored to the customer’s specific
needs:
Material preparation, including tasks such as crushing
and the removal of steel reinforcement, can be carried
out either by NUKEM or the customer. This process
can take place within controlled areas and existing
buildings or be conducted outside of them.
Measurement and sorting containers can be
custo mized to provide the required accuracy and
throughput for specific needs. These containers can
be designed as either containerized or free-standing
systems.
The number of sorting categories and exits can be
adjusted based on specific requirements. While
NUKEM’s standard design involves sorting into three
categories, required sorting and limits can, of course,
be modified to suit the requirements of the client.
Material sorting is carried out by comparing activity
results against legal limits (including safety margins)
for key nuclides detectable by the gamma spectrometry
system. Other nuclides (e.g. those specified by nuclide
vectors provided by the customer) can be incorporated
into the evaluation process. The accuracy of this
determination this determination specifically, the
detection limit for their specific activity is designed to
meet the lowest legally required sorting limits, with an
adequate margin of conser vatism. The detection limits
for the most important key nuclides in the current
standard design are shown in the Figure 5.
The exact values depend on the operational parameters
of the sorting process. There are three main design
parameters that influence the system’s design:
⁃ The detection limits and their target values,
defined by legal sorting limits,
⁃ The maximum material throughput,
⁃ The smallest material separation size.
Not all of these parameters can be optimized
simultaneously without negatively affecting at least
one of the others. Therefore, for each specific application,
an optimal configuration must be selected.
For the NUKEM design used in Dessel, the following
parameters where applied:
⁃ Detection limit: Below 20 Bq/kg U-235, corresponding
to below 0.5 Bq/g U-Total,
⁃ Maximum material throughput: 10 –15 tons per
hour,
⁃ Material separation size: Approx. 100 kg.
Vol. 70 (2025)
32
Decommissioning and Waste Management
Fig. 6
An example from one of the FREMES applications: A containerized characterization
and sorting system (on the left side, under dark roofs) and the building material
processing line, which includes several steps such as sieving and crushing (on the right
side, with material entering a large hopper located at the mid-height of the picture).
Fig. 7
Crushed building materials
on the FREMES conveyor belt.
NUKEM provides the optimal design and solution for
the customer’s specific application, typically in the
form of the following key project steps:
⁃ General feasibility study on legal requirements and
priorities in process parameters,
⁃ Detailed study for on-site implementation and
waste streams.
Additionally, there are several optional enhancements
to the system’s capabilities, which can be integrated
into the FREMES, if required by the client, such as:
Alpha- and Beta counting measurements of the
material surface: These can be used primarily to verify
the presence of nuclides detected through gamma
activity determination and known nuclide vectors.
Since Alpha and Beta radiation are short ranged, the
effectiveness of these measurements depends heavily
on the specific measurement circumstances.
Optical detection methods to detect conventional
contamination or non-mineral components of the
material. NUKEM can integrate additional detection
systems capable of optically identifying materials
such as remaining wall paint, plastic parts, heavy
metal contamination, oil or chemical residues. The
system can simultaneously characterize and sort the
Fig. 8
Building materials, characterized and sorted for free release.
material based on both radioactive content and these
additional contaminant factors in a single measurement
step.
4 Summary
The FREMES developed by NUKEM represents a
significant advancement in the decommissioning of
nuclear facilities. By integrating radiological characterization
and sorting into a single automated process,
FREMES addresses the critical need for efficient handling
of large quantities of potentially contaminated
concrete and building materials.
The system‘s ability to continuously and precisely
measure and sort bulk materials, such as concrete
debris, offers several key benefits:
⁃ Efficiency and cost reduction: The streamlined
process reduces the need for extensive premeasurements
and optimizes the overall decommissioning
workflow.
⁃ Flexibility: FREMES is designed to be highly
adaptable, allowing customization to meet specific
project require ments, including material preparation,
measurement and sorting equipment, and
the number of sorting categories.
⁃ Regulatory compliance: The system ensures compliance
with legal limits for radioactive materials,
providing thorough documentation and facilitating
regulatory approval for the release or disposal of
materials.
⁃ Reduction of waste disposal costs: By accurately
sorting materials into categories such as Free
Release, Conditional Release, and Radioactive
Waste, FREMES minimizes the amount of material
classified as radioactive waste, thereby reducing
disposal costs.
The successful application of FREMES in several
large-scale decommissioning projects, including those
involving uranium contamination, demonstrates its
effectiveness and reliability.
Ausgabe 1 › Januar
Decommissioning and Waste Management
33
Fig. 9
Current test setup of FREMES at NUKEM’s headquarters, ready for demonstration.
FREMES therefore offers a robust solution for the
decommissioning of nuclear facilities, combining
advanced measurement technology with automated
sorting to enhance efficiency, reduce costs, and ensure
regulatory compliance. Its inherent flexibility and
adaptability make it a valuable tool for addressing
the diverse challenges associated with the remediation
of concrete and building materials in nuclear installations.
NUKEM has set up the existing system at its headquarters
near Frankfurt a. M., Germany, for demonstration
and continuous optimization purposes. We are
pleased to welcome interested parties to witness the
system’s capabilities firsthand.
Felix Langer
NUKEM Technologies Engineering Services GmbH
Technology Officer
felix.langer@nukemtechnologies.de
Felix Langer is the Technology Officer at NUKEM,
where he focuses on developing innovative solutions
to expand the company’s product portfolio and
ensure com petitive, high-performance offerings for
the future.
As a certified Senior Project Manager (IPMA Level B),
Mr. Langer has led national and international projects
over the past eight years, managing them from the design phase through
commissioning. These technically complex projects, often conducted under
challenging conditions, primarily involved waste treatment centers and bulk
material remediation projects.
Previously, Mr. Langer applied his expertise in Nuclear Engineering to design
and commission radiation monitoring systems, establishing himself as a Senior
Engineer in this field.
Authors
Dr. Christoph Klein
NUKEM Technologies Engineering Services GmbH
Senior Engineer/Physicist
christoph.klein@nukemtechnologies.de
Dr. Christoph Klein is a Senior Engineer at NUKEM,
specia lizing in Radiation Monitoring Systems. He
holds a doctoral degree in Physics from the University
of Siegen and has over 11 years of experience in nuclear
physics measurement technology, with a focus on
in-situ gamma spectrometry.
Dr. Klein is responsible for designing, commissioning, and supporting radiation
detection systems, as well as developing software for radioactive waste
tracking. He has played a pivotal role in several international projects,
including automated radiological characterization and waste treatment
facilities. His expertise encompasses advanced software development,
radiation measurement applications, and statistical data analysis.
Dr. Klein has extensive experience in international collaborations, having
worked in Belgium, Switzerland, China, and Ukraine. His contributions ensure
compliance with rigorous safety and regulatory standards, significantly
enhancing safety and efficiency in the nuclear industry.
Dr. Marina Sokcic-Kostic
NUKEM Technologies Engineering Services GmbH
Principal Engineer
marina.sokcic-kostic@nukemtechnologies.de
Dr. Marina Sokcic-Kostic studied Technical Physics
at the University of Belgrade, Serbia, from 1977 to
1982, specializing in nucleonics. She subsequently
expanded her academic training with a Master’s
degree in Nuclear Energy (1982–1990).
She earned her doctorate at RWTH Aachen, focusing
on safety assessments for high-temperature reactors,
graduating with distinction. Building on this foundation, she worked as a
scientific assistant at Forschungszentrum Jülich (Institute for Safety Research
and Nuclear Safety) and Karlsruhe (Institute for Nuclear Safety). Her research
covered neutron and gamma monitoring as well as radioactive waste
characterization.
In 2001, Dr. Sokcic-Kostic joined NUKEM, where she currently serves as Group
Leader in Radiation Monitoring Systems. Additionally, she works as a Technical
Project Manager, leading international projects for waste treatment facilities.
Vol. 70 (2025)
34
Research and Innovation
Die Öffnung der Blackbox -
Moderne KI-Ansätze
in der Nuklearindustrie
› Thomas Kopinski, Rafael Kaufmann
Wir befinden uns an einem besonderen Zeitpunkt in der KI-Historie, an dem wir
feststellen, dass immer mehr Meilensteine durch KI in immer kürzerer Zeit erreicht
werden. Diese exponentielle Entwicklung, bezogen auf das Potenzial von
KI- Systemen, geht einher mit einem immer größeren Daten- und Energiehunger, so dass die
Nuklearindustrie hier eine besondere Rolle innehat: Einerseits wird sie als Teillösung für den
Energiebedarf gesehen, auf der anderen Seite fragt sie sich, wie Künstliche Intelligenz einen
Mehrwert im Rahmen der eigenen Prozesse bringen kann. Oftmals hilft ein Blick auf die
vorhandenen Daten, denn diese sind zentral für alle KI-Ansätze, aber nicht immer in
ausreichender Menge und Qualität vorhanden. Daher schaut man interessiert auf zukunftsweisende
KI-Richtungen: Neurosymbolic AI verspricht, bei teils weitaus weniger Datenbedarf,
bessere Ergebnisse zu produzieren und zugleich Licht in die verschlossenen, intransparenten
KI-Modelle zu bringen – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Wo wir sind
Im Bereich der KI-Forschung und -Entwicklung (auch:
Maschinelles Lernen – ML) kommt man, u. a. getrieben
durch Social Media, nicht umhin, sich Gedanken über
die scheinbar unfassbare KI-Welle zu machen: Was ist
Hype und was Realität? Müssen wir das auch einsetzen
oder können wir erst einmal auf klassische Verfahren
setzen? Was ist überhaupt KI – wo fängt sie an und wo
hört sie auf?
Abb. 1
Investitionen in KI-Startups im Vergleich zwischen den USA und in
Europa. Wenngleich die absolute jährliche Investitionssumme
zwischen 2019 und 2024 gestiegen ist, steht Europa gegenüber
den USA weit abgeschlagen da. Um Deeptech im Bereich von KI
aus der Forschung in den Markt zu überführen und weltweit
schnell zu skalieren, sind große Investitionen unabdingbar.
Inmitten der Diskussionen wird ein besonderer Blick
auf die EU geworfen, da – insbesondere auch in Deutschland
– manchmal mehr reguliert als befähigt wird. Das
ist nicht immer falsch, denn betrachtet man die Investitionen
in KI-Startups innerhalb der EU, hängt man
in Deutschland, verglichen mit den Big Playern, wie
Microsoft, Google, Meta oder NVIDIA etc., hinterher.
In 2024 betrugen die Investitionen in KI-Startups in der
EU ca. $10.7 Mrd. – ein Fünftel dessen, was in den USA
investiert wird (vgl. Abbildung 1). Große Investitionen
sind unumgänglich, denn cutting-edge KI-Entwicklung
basiert auf 3 Komponenten: Daten, Rechenleistung und
Top-Talenten. Während wir hierzulande manchmal
noch diskutieren, ob und wie wir unsere Daten nutzen
können, setzt man auf der anderen Seite des Atlantiks
und in China voll auf das KI-Pferd. Aber zwischen den
Influencern und KI-Experten, die, getrieben von der
Suche nach Klicks und Aufmerksamkeit zum Hochranken
durch Social-Media-Algorithmen, nicht immer
das umfassende Bild wiedergeben, sei gesagt: In
Deutschland passiert viel in Sachen KI – z. B. im Bereich
der Robotik. Roboter und KI gehen Hand in Hand, nicht
nur, weil wir KI-Systeme benötigen, die zuverlässig
jene steuern, sondern insbesondere auch, weil sie die
Entwicklung von speziellen ML-Verfahren stark durch
gute Use Cases vorantreiben.
Die Roboterdichte pro 10.000 Beschäftigte beträgt hierzulande
429, knapp hinter China. Deutschland belegt
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
35
Abb. 2
Darstellung der Roboterdichte im Verhältnis zur Beschäftigtenzahl. In Deutschland zählt man 429 installierte Roboter
je 10,000 Beschäftigte und belegt damit den 4. Platz hinter Südkorea, Singapur und China. Robotik ist ein zentrales Feld
für KI-Innovationen und bietet hervorragende Möglichkeiten für innovative FuE in diesem Umfeld.
somit den 4. Platz im weltweiten Ranking – eine
perfekte Ausgangslage, um in Punkto KI F&E zu
machen. Aber wie war die Entwicklung bis dato und
wie wird die Reise nun weitergehen? In die Zukunft zu
schauen ist bekanntlich schwieriger, als die Vergangenheit
Revue passieren zu lassen. Daher versuchen wir,
wie in der KI-Entwicklung, aus den Erfahrungen und
Fakten der Vergangenheit einmal den Blick nach vorn
zu richten und zu extrapolieren.
Wie wir hierhin kamen
Zu einer Künstlichen Intelligenz gelangt man, indem
man mittels Beispieldaten ein Modell trainiert, das
dann hoffentlich in der Lage ist, ähnliche Muster in der
Zukunft zu erkennen – etwa Gesichter von Menschen
aus Kameraaufnahmen. Das Modell ist dann eine
Approximation der (Teil-)Welt (in diesem Beispiel
2D-Gesichter von Menschen) und es gilt oftmals, dass
je mehr Paramater im Modell enthalten sind, desto
komplexer kann der Sachverhalt sein, den das Modell
‚verstehen‘ kann – bis zu einem gewissen Punkt (wir
sehen derzeit, dass durch stetes Daten- und Modellskalieren
die Leistung der KI nicht im gleichen Verhältnis
steigt [1] ).
Der Begriff der Künstlichen Intelligenz ist nicht scharf
definiert, wenn man bedenkt, dass selbst Intelligenz in
verschiedener Form und Gestalt auftreten kann. Erstmalig
festgelegt wurde er tatsächlich in den 1950er
Jahren. Seitdem kamen KI-Entwicklungen und Fortschritte
und flachten wieder ab, immer im Wechsel
sogenannter KI-Winter: Lange Phasen, innerhalb derer
wenig passierte. Aufsehen erregte insbesondere die Entwicklung
künstlicher neuronaler Netze (KNN oder NN),
einer Approximation der Informationsverarbeitung des
menschlichen Gehirns durch mathematische Funktionen.
Bereits 1988 entwickelte einer der Pioniere der
KI, Yann Lecun, bei den Bell Labs Theorien zur effizienten
Informationsaufnahme und Muster erkennung durch
spezialisierte KIs [2] . In dieser Zeit verstand sich das
Gebiet der KI als Problemlösung für spezifische Fragestel
lungen durch Ingenieursleistung bzw. Training
einzelner, dedizierter Systeme. Die Hoffnung, diese
Methodik in Richtung der Entwicklung einer generellen
KI ( Artificial General Intelligence, AGI) zu bringen, war,
aus der Perspektive gesehen, eher gering. Ab 2010
erlebten wir dann eine Dekade, innerhalb der viele
Fronten durch KIs geöffnet und Domänen, die ausschließlich
menschlicher Intelligenz vorbehalten waren,
durch Algorithmen errungen worden sind – befeuert
durch große Datenmengen und Rechenleistung. Forscher
bei Google und OpenAI hatten dann die Idee, alle verfügbaren
Daten (i. e. das gesamte Internet) in ein ein ziges,
riesiges Modell zu laden, um Sprache zu analysieren
(daher der Name Large Language Model – LLM) [3] .
Jede Aufgabe kann jedoch als Text (natürliche Sprache
oder Code) dargestellt werden. Es stellte sich heraus,
dass der Trainingskorpus genügend statistische Regelmäßigkeit
aufwies, so dass diese riesigen Modelle
genug über diese Aufgaben lernen konnten, um sie zu
lösen. Wenngleich die Lösung nicht immer vollumfänglich
und vor allem häufig sehr ineffizient war. Diese
Technologie wurde also zum Schlüssel für das Erstellen
einer AGI auserkoren – einer KI, die menschenähnliche
Vol. 70 (2025)
36
Research and Innovation
Leistung vollbringen kann. Diese Erfolgswelle hält bis
heute an, insbesondere getrieben durch die großen
Player in der KI-Industrie, die mittels gigantischer
Modelle und einer gefühlt unendlich großen Datenmenge
(synthetisch erzeugt oder im Original ‚gesammelt‘)
die Informations verarbeitung in virtuell allen
Lebensbereichen revolutionieren.
Während die Organisationen, die Milliarden in diese
Technologie investiert haben und von einem maximal
langen ‚Over- Hype‘ profitieren, warnen moderate Stimmen
weiterhin vor den Gefahren dieser Technologie:
1. Sie erzeugt Fehlinformationen (Halluzinationen/
Confabulations).
2. Sie verbraucht Unmengen an Strom im Verhältnis
zum Nutzen.
3. Sie ist das Gegenteil einer inhärent suggerierten
Intelligenz.
Die bei ChatGPT, Claude, Gemini oder auch anderen
Chatbots, hinter denen Large Language Models stecken,
auftretenden Halluzinationen sind Phänomene, bei
denen sich die KI einfach Dinge ausdenkt und diese
dann als Fakten darstellt. Es ist ein großer Forschungsgegenstand
derzeit, wie man sicherstellen kann, dass
diese Art von Fehlverhalten ausgeschlossen werden
kann, und oftmals wird nicht kommuniziert, dass es
Stand heute ein nativer Teil des Gesamtalgorithmus ist,
dass diese Halluzinationen auftauchen – Systemfehler
also. Die Unmengen an Daten, die es bedarf, um solche
Modelle zu erstellen, wurden zu Beginn noch durch
Crawling von offen zugänglichen Webseiten und später
durch synthetische Prozesse aggregiert und für das
Training verwendet. Ein solches Trainingsverfahren
benötigt teure Hardware (Grafikkarten) in großen
Datenzentren und verbraucht Unmengen an Strom
(Millionen von €) und Wasser zur Kühlung der Systeme.
Eine der derzeit am schärfsten geführten Debatten ist,
wie lange man einfach immer mehr Daten in immer
größere Modelle kippen kann, mit der Erwartung, dass
diese dadurch präzisere Aussagen produzieren und
generell intelligenter werden. An dieser Stelle wäre
eine Definition von Intelligenz hilfreich, die selbst in
der Wissenschaft nicht scharf geregelt ist und generell
mehr Diskussion bedarf. Hier genügt die Annahme,
dass ein neues LLM als intelligenter zum Vorgänger zu
bezeichnen ist, wenn die neue Version (z. B. durch
mehr Daten) gelernt hat, weniger Fehler zu produzieren
und komplexere Sachverhalte wiederzugeben.
Tatsächlich muss man sich folgende Dinge vor
Augen führen:
1. LLMs verstehen den Text, den sie produzieren,
nicht wie der Mensch dieses tut (wir können
Analogien herstellen, abstrahieren etc.).
2. LLMs reihen Wörter aneinander, weil diese in den
gelernten Texten so vermutlich bereits in ähnlicher
Form vorhanden waren.
3. Es ist nachgewiesen, dass Texte, die von LLMs
produziert werden zum Zwecke eines Trainings
neuer/anderer LMMs, zu einer abfallenden Performanz
führen – dem Kollaps des Modells (model
collapse) [4] .
Abb. 3
Darstellung der Methodik in der neurosymbolischen KI mit dem Ziel, die Eigenschaften neuronaler Netze mit intelligenten Komponenten
z. B. zur Planung weiterzuentwickeln [6] .
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
37
Durch die Art und Weise, wie wir diese Chatbots
nutzen, werden uns Intelligenzen vorgegaukelt, die
dem Menschen ähneln – es findet eine Anthropomorphisierung
statt und wir sind verzaubert von
dieser Technologie. Tatsächlich kann diese aber nichts
Intelligentes (im menschlichen Sinne) vollbringen,
und neue Errungenschaften, die oftmals angepriesen
werden, weil sie ein bis dato relevantes Problem lösen,
sind lediglich nichts anderes als durch Menschen
einprogrammierte Lösungen in ein erneutes Training
eines Modells: Was diese KIs tatsächlich gut können,
ist, sich Dinge zu merken.
Robuste und verlässliche KI-Ansätze
als Alternative
Bereits jetzt ist erkennbar, dass die Modelle plateauisieren
– die Performance von LLMs stagniert trotz
Erhöhung der Modellgröße und Trainingsdaten [5] .
Tatsächlich verstehen LLMs keinen Satz, wie ein
Mensch es tut: Ihnen fehlt die Möglichkeit zur Abstraktion,
Analogien zu ziehen oder auch zu planen. Wenn
man den ‚Over-Hype‘ systematisch entfernt, erhält man
aber einen guten Überblick über die Dinge, die gut
funktionieren und aussichtsreich sind, um komplexe
Probleme in Hochrisikobereichen wie der Nuklearindustrie
anzugehen, zum Beispiel neurosymbolic AI
(neurosymbolische KI). Hinter dem Begriff versteht
man eine Forschungsströmung, die die Vorteile von
neuronalen Netzen (sie können hervorragend Muster
speichern und wiedererkennen) nutzen und um die
genannten wünschenswerten Elemente der Abstraktion,
Analogie und Planung ergänzen will.
Wenn wir von symbolic AI oder symbolischer KI reden,
verstehen wir darunter ‚klassische‘ Ansätze aus der
Informatik, die menschliche Intelligenz in verständlichen
Algorithmen abzubilden versucht. Darunter
fallen z. B. Methoden zur Wissensrepräsentation (durch
Regeln, Fakten, Beziehungen), logisches Schlussfolgern
(logische Inferenz, Suchalgorithmen), algorithmisches
Problemlösen (divide-and-conquer, Such-/heuristiken)
oder das Erstellen von Interpretierbarkeit eines
Prozesses: Ein großes Problem in der KI-Forschung,
da die Entscheidungen von neuronalen Netzen mathematisch
gesehen nicht nachvollziehbar sind und wir
somit von Black-Boxen sprechen – einem opaken, verschlossenen
System. Man verlässt sich aber oftmals
ungern auf ein System, das die eigenen Entscheidungsprozesse
nicht erklären und zudem volatil sein kann,
daher einer gewissen Randomisierung unterliegt.
Neurosymbolic AI versucht genau hier anzusetzen und
die Entwicklung gliedert sich grob in zwei Bereiche
(cf. Abbildung 3), beide mit der Intention, die Mustererkennung
von neuronalen Netzen (NN) auszunutzen:
Symbolische Wissensrepräsentation (Symbolic Knowledge
Representation) versucht, symbolisches Wissen
in neuronale Netze einzubetten, weil man dadurch
strukturiertes Wissen in die Mustererkennungsfähigkeit
der NNs überführen kann. Ein Ansatz wäre
z. B., logische Aussagen in NNs zu integrieren, um
dadurch Letzteren die Möglichkeit zu geben, Logik in
die eigenen Ent scheidungsprozesse zu bringen.
Die zweite Strömung der neurosymoblic AI versucht
durch quasi einen ‚analog umgekehrten Ansatz‘ eine
bessere Intelligenz möglich zu machen: Wie kann ich
das Mustererkennungspotenzial von NNs nutzen, um
meine symbolischen Prozesse – nehmen wir einmal
das logische Schlussfolgern – mit einer Bilderkennungsfähigkeit
auszustatten?
Physik-basierte Strömungen der KI-Forschung, welche
ihren Ursprung teils in Konzepten und Ideen haben,
die auf ähnlichem Verständnis der Funktionalität der
Welt beruhen, bieten vollkommen neue Ansätze, KI
zu verstehen und Lösungen zu entwickeln. Eine der
bekanntesten Strömungen basiert auf dem Freie
Energie Prinzip (Free Energy Principle, FEP) und der
aktiven Inferenz (active inference). Ein Agent (ein
autonomes KI-Modell) erkundet durch Aktionen die
Umwelt und zieht aus diesen Aktivitäten eigene
Schlüsse über die Welt (basierend auf Bayes‘scher
Inferenz) [7] . Die generelle Annahme ist, dass der Agent
die freie Energie minimieren möchte und ihm dies
dann gelingt, wenn er in der Lage ist, Überraschungen
zu minimieren. Eine Überraschung ist groß, wenn die
tatsächliche Welt nicht der eigenen Vorstellung der
Welt (also dem bislang angenommenen Welt-Modell)
entspricht und somit das interne Modell einer KI
von der echten Welt eine hohe Diskrepanz zur Realität
hat. Bei hoher Diskrepanz (also einer Aktion, die viele
neue Erkenntnisse lieferte), wird das interne Modell –
hoffentlich näher an die ideale Welt – angepasst und
sorgt in Zukunft für weniger Überraschung, also einer
Reduktion der freien Energie und somit einem besseren
internen Modell von der echten Welt. Zwei Kernaspekte
des FEP sind die weitaus weniger datenhungrigen
Ansätze, um zu einem Modell zu kommen, und
darüber hinaus die Erstellung von KI-Modellen, die auf
physikalischen Prinzipien (wie funktioniert die Welt?)
beruhen.
Warum sind diese Ansätze sinnvoll? Neben den
genannten Vorteilen, die unzureichenden Qualitäten
gegenwärtiger KI-Entwicklungen auszugleichen, erhalten
wir den Vorteil, dass wir nun auf mehr Transparenz
und Sicherheit zurückgreifen können, wenn wir solche
Systeme entwickeln und einsetzen. Insbesondere in der
Nuklearindustrie und auch im Rückbau sind wir auf
solche Verlässlichkeit angewiesen – eine Anlage oder
einen Roboter von KI-Systemen steuern zu lassen,
deren Entscheidungen nicht nachvollziehbar und
womöglich nicht einmal reproduzierbar sind, ist in
Hochrisikobereichen undenkbar. Ohnehin bieten diese
neuen KI-Methoden noch weitere Qualitäten, die in
jedem ‚herkömmlichen‘ System ebenfalls wünschenswert
sind: Verlässlichkeit (durch Konfidenzen),
Planungs sicherheit, Auditierbarkeit (Prüfung auf
Richtigkeit, Genauigkeit, Ordnungsmäßigkeit) und
Robustheit.
Vol. 70 (2025)
38
Research and Innovation
Zwei Use Cases aus dem Rückbau
Im Rahmen von FORKA – Forschung für den Rückbau
Kerntechnischer Anlagen – sind durch das
BMBF für 2025 zwei dreijährige Forschungspro jekte
rund um das Thema KI und Wissensmanagement
bewilligt worden und werden ab 02/2025 bzw.
03/2025 mit je ca. 2 Mio. € gefördert.
Das Forschungsprojekt KIKO – KI für Kompetenzentwicklung
– fokussiert das Thema Wissensmanage
ment beim On- und Offboarding von Personal
für Organisationen im Rückbau. Im Zentrum steht
die Entwicklung von KI-Modulen, die neues Personal
beim Antrainieren bzw. An lernen von Kompetenzen
begleiten soll. Die vom Projektpartner actimondo eG
entwickelte Plattform erlaubt es Usern, sich durch KI
personalisiert fortbilden zu lassen, indem diese
individualisiertes Feedback und Hilfestellungen gibt.
Somit kann sich jede:r in eigenem Tempo und
zu eigenen Interessens lagen maßgeschneidert im
Bereich Rückbau/Nuklear weiterbilden. Weiterhin
soll erforscht werden, inwiefern Wissen von Experten
in solchen Systemen in virtuellen Zwillingen (Virtual
Twins) so konserviert werden kann, dass dieses auch
nach dem Ausscheiden aus einer Organisation (Beispiel:
Professor geht in Rente) erhalten werden kann.
Somit stünde Personen mit Bedarf immer ein Ansprechpartner
zu Spezialgebieten zur Ver fügung.
Neurosymbolische Ansätze werden hier mit LLMs
kombiniert, um eine gewisse Planbarkeit ins Lernen
bzw. Mentorieren zu bekommen. Machine- Learning
Engineers der FH Südwestfalen werden hier mit
Domänenexperten der TU München eng zu sammenarbeiten,
um solche Virtual Twins zu erstellen. Insgesamt
wird im Rahmen von KIKO über drei Jahre
hinweg eine Aus- und Fortbildungsplattform für den
Rückbau kerntechnischer Anlagen auf- und ausgebaut,
wobei zugleich modernste KI-Verfahren
erforscht und zum Einsatz gebracht werden sollen.
Das Forschungsprojekt Alisa34 – Artificial Licensing
Support Application for B34 – hat das Ziel,
komplexe Regelwerke im Rahmen des Rückbaus
durch eine KI zugänglich zu machen, um u. a.
Antragsprozesse für Genehmigungsverfahren zu
beschleunigen. Die Projektpartnerin Framatome
GmbH steht vor dem Problem, dass die Genehmigungsverfahren
für den Rückbau des eigenen Strahlenschutzbereiches
in Erlangen sehr aufwändig
sind. Gleichzeitig scheidet Personal vor Beendigung
des Rückbauvorhabens aus, welche Regelwerke, die
bis in die 1970er Jahre hinein reichen, umfassend
überblickt (Ruhestand etc.). Nun sind KIs, wie wir
wissen, sehr gut in der Lage, Muster zu speichern,
und neurosymbolische KIs sind noch besser darin,
diese mit Logiken zu verknüpfen – perfekt für Regelwerke
also. Auf Grundlage dieser modernen KI-Ansätze
sollen nun LLMs dazu gebracht werden, diese
Tausenden von Seiten Regelwerke zu verstehen und
Antragstellern eine Hilfe in den Prozessen zu geben,
diese zu beschleunigen oder gar zu teilautomatisieren.
Der Projektpartner FH Südwestfalen erforscht
hier Methoden der KI- Sicherheit, die es ermöglichen
sollen, die Ent scheidungen der Blackbox-LLMs
transparent zu gestalten. Es werden spezialisierte
KI-Methoden entwickelt, mittels derer es möglich
sein wird, dass Antragsteller seitens Framatome in
Dialog mit den Regelwerken treten können (‚Darf ich
diese Tür ausbauen?‘), um Antworten zu erhalten
und Wider sprüche zu erkennen und zu vermeiden.
Insbesondere im Umfeld der KI-Sicherheit sollen
Methoden aufbauend auf dem FEP und der Active
Inference weiterentwickelt und zur Problemlösung
eingesetzt werden. Wenn eine KI verstehen soll, warum
etwas in einem Antragsverfahren erlaubt ist
oder eben nicht, sind wir auf solche KI-Konzepte angewiesen
und reine NN-basierte Verfahren unzureichend.
Letztlich entwickeln wir hier eine Hilfestellung
für alle Stakeholder, denn nicht nur die Framatome
profitiert von einer beschleunigten
Antragserstellung, sondern auch Experten oder Gutachter
würden von einem solchen Tool bei der Verifizierung
unterstützt werden. Hierbei bleibt der
Mensch die zentrale Instanz, die entscheidet, was
mit Aussagen einer Software (was eine KI letztlich
ist) passiert. Alisa34 beschleunigt die Suche nach
Widersprüchen, findet Passagen oder vergleichbare
Fälle und sichert Wissen, wenn ein Experte in einer
Domäne eine Organisation verlässt.
Wohin die Reise geht
Die generellen Entwicklungen deuten allesamt darauf
hin, dass eine Zunahme in der Forschung und im
Einsatz von KI-Modellen zu erwarten ist. Einerseits
werden immer schneller immer bessere KI-Systeme in
vielen Bereichen in die Anwendung gebracht, andererseits
ist zu erwarten, dass diese Systeme mit immer
größerer Autonomie ausgestattet werden. In einem
solchen Szenario rückt der Mensch zunehmend in eine
Überwachungsfunktion, da es aus derzeitiger Sicht in
den meisten Situationen nicht denkbar ist, KI-Systeme
voll autonom laufen zu lassen.
In der Nuklearbranche oder auch deren Rückbauprojekten
ent wickelt man daher gezielt Use Cases,
innerhalb derer man die Kontrolle über solche Systeme
erst einmal weitestgehend behält, um sie dann stückweise
zu öffnen. Im Wissensmanagement, wie zuvor in
den beiden kommenden R&D-Projekten beschrieben,
hat man gute Möglichkeiten, die Handlungsfähigkeit
von KIs einzugrenzen. Im Falle von Alisa34 wird
sogar seitens der Projektpartner explizit dafür gesorgt,
dass mittels der Implementierung eines AI Safety
Sicherheitsschirms Absicherungsparameter gesetzt
werden.
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
39
Betrachtet man andere Szenarien, wie z. B. die Robotik,
müssen solche Ansätze neu gedacht werden. Es ist
durchaus denkbar, autonome Robotersysteme mit
klassischen, insbesondere aber auch mit modernen
neurosymbolischen KIs auszustatten, wenn nicht gar
unabdingbar, da der Einsatz von Blackbox-Systemen
in Hochrisikobereichen ausgeschlossen ist.
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Robotersysteme, die statisch montiert sind (wie
beispielsweise Sortierroboter), verfügen über einen
eingegrenzten räumlichen Handlungsspielraum. KI-
Systeme könnten hier etwa eingesetzt werden, um
die teils sehr individuellen Beschaffenheiten der
zu sortierenden Komponenten zu analysieren, um
dann eine Objekterkennung durch z. B. Computer
Vision Technologie möglich zu machen. KI-Sicherheit
kommt dann ins Spiel, wenn es darum geht, die
Roboter steuerungs modelle auf ihr Verhalten hin
zu analy sieren und das Risiko eines Fehlgriffs oder
einer Fehldetektion (false positive/negative) einzuschätzen.
Die Robotik ist natürlich prädestiniert für Hochrisikobereiche
wie strahlungsintensive Zonen, die für den
Mensch lebensgefährlich sind. Hier könnten Roboter
Aufgaben übernehmen, die für uns undenkbar wären
(ggf. im Rahmen der Endlagerung oder Inspektion),
allerdings müssten diese Konzepte noch weiterentwickelt
werden, insbesondere vor dem Hintergrund,
dass KIs hier eine Rolle spielen sollen.
KI-Forscher des Gaia Lab – einer internationalen
Forschungsorganisation, die sich mit dem Thema AI
Safety und Collective Intelligence befasst – arbeiten an
verschiedenen Methoden, um sichere KI-Methoden zu
entwickeln. In einem Szenario wurden Methoden
entwickelt, um das Risiko von Agenten-KIs einzuschätzen,
welche autonom Fahrzeuge steuern. Die
Annahme ist, dass wir das Verhalten von KIs von
außen einschätzen, also keine Informationen über ihre
Architektur, ihre Erstellung oder die Daten haben, die
für ihr Training verwendet worden sind. Unsere
Beobachtungs-KI fungiert in diesem Szenario wie ein
Fahrlehrer – sie greift ein, wenn das Risiko zu hoch ist,
was einem riskanten Fahrverhalten gleichkommt.
Die KI beobachtet kontinuierlich die Situation und
erstellt erklärbare Vorhersagen für die nahe Zukunft.
Hierfür werden verschiedene Szenarien simuliert.
Steigt das Risiko eines Unfalls zu stark an, übernimmt
die Fahrlehrer-KI und schaltet auf defensives Fahren
um, bis sich das Szenario beruhigt hat. In unseren
simulierten Experimenten trägt das Vorhandensein
einer Fahrlehrer-KI auch nur in einem Bruchteil der
Fahrzeuge zu einer erheblichen Risikominderung bei.
Die Kombination von FEP und Simulation ermöglicht
es, solche Konzepte in Hochrisikogebieten zu testen und
zu prüfen, inwieweit KI-Modelle hier praktikabel sind.
Prädestiniert sind Felder, in denen man genau über das
Risiko eines Systems informiert werden möchte.
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Vol. 70 (2025)
40
Research and Innovation
Wenngleich die Wege im Kontext des Rückbaus zum
(Ab-)Transport von Objekten sehr optimiert und kurz
sind, gibt es dennoch Fälle, im Rahmen derer autonom
gesteuerte Vehikel eine Automatisierung der Prozesse
und somit Entlastung bedeuten.
In einer Welt, in der wir annehmen, dass sie zu nehmend
von autonomen KIs – nicht nur beim Fahren – gesteuert
werden wird, soll mit dem Gaia Lab die Grundlage
für einen globalen Sicherheitsschirm gelegt werden.
Die Vision ist es, dass KIs, basierend auf Konzepten, die
auf physikalischen Prinzipien beruhen, entwickelt
werden und in der Zukunft sich gegenseitig absichern.
Auch wenn die Möglichkeiten von klassischen KIs
äußerst umfangreich sind, weisen neurosymbolische
KI-Entwicklung den Weg in die Zukunft, die über das
Abspeichern und Wiedererkennen von Mustern aus
Unmengen von Daten hinausgehen, hin zu einer Künstlichen
Intelligenz, die auf physikalischen Gesetzen
beruht und diese auch versteht.
Das Gaia Lab wurde im November 2024 als internationale
Forschungseinrichtung von Rafael Kaufmann
und Thomas Kopinski gegründet.
Danksagung
Die hier vorgestellten Arbeiten werden durch das
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
im Rahmen des Forschungsvorhabens KIKO (FKZ
15S9452A/B/C) und Alisa34 (FKZ 15S9452A/B) gefördert
und vom Projektträger GRS im Rahmen der Initiative
FORKA betreut. Die Verantwortung für den Inhalt
dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.
Autoren
Prof. Dr. Thomas Kopinski
Professor für Machine Learning,
Mitgründer des Gaia Lab
FH Südwestfalen, gaia-lab.de
kopinski.thomas@fh-swf.de
Thomas Kopinski beschäftigt sich seit über 20 Jahren
innerhalb von FuE Projekten mit dem Thema maschinelles
Lernen/KI. Er hat bereits zahlreiche
Forschungsprojekte geleitet und entwickelt nun mit
Alisa34 und KIKO die Grundlage für sichere und
intelligente KI-Systeme. Zusammen mit Rafael
Kaufmann gründete er im November 2024 das Gaia
Lab, das sich mit den Schwerpunkten AI Safety und
Collective Intelligence befasst. Das Gaia Lab soll
Ausgangspunkt für eine Entwicklung sein, an deren
Ende ein globales, weltumspannendes Checks &
Balances Netz für KIs stehen soll, die sich gegenseitig
kontrollieren.
Rafael Kaufmann
Scientist, Neurosymbolic & Causal AI
Primordia.ai, gaia-lab.de
rafael.kaufmann@gmail.com
Rafael Kaufmann hat über 20 Jahre Erfahrung in der
Entwicklung von Deeptech Lösungen rund um das
Fachgebiet der KI (u.a. bei Google). Er ist scientific
director bei Primordia.ai mit dem Ziel, sichere
KI-Systeme zu entwickeln, die dem Wohle der Allgemeinheit
dienen sollen. Gemeinsam mit Thomas
Kopinski leitet er das Gaia Lab und entwickelt intelligente
KIs basierend auf neurosymbolischer KI,
kausaler KI und dem Free Energy Principle.
Quellen
[1] https://www.theintrinsicperspective.com/p/ai-progress-has-plateaued-at-gpt
[2] https://yann.lecun.com/exdb/publis/pdf/matan-92.pdf
[3] https://arxiv.org/abs/1706.03762
[4] https://www.nature.com/articles/s41586-024-07566-y
[5] https://getcoai.com/news/ai-models-are-reaching-a-performance-plateau/
[6] https://arxiv.org/pdf/2305.00813
[7] https://www.nature.com/articles/nrn2787
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
41
Digitale und KI-gestützte Lösungen
für einen sicheren und effizienten
Rückbau kerntechnischer Anlagen -
Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
„K.I.S.S.“
› John Ketttler
Der Rückbau kerntechnischer Anlagen stellt eine langfristige und komplexe Aufgabe dar,
an der zahlreiche Stakeholder beteiligt sind, darunter Behörden, Betreiber von
Kernkraftwerken, Sachverständige sowie weitere Akteure aus der Industrie, siehe
Abbildung 1. In Deutschland sind laut dem Bundesamt für Strahlenschutz derzeit etwa
424.000 Personen beruflich strahlenschutzüberwacht, wobei hiervon ca. 68.000 Personen
in Bereichen Forschung und Lehre (17.000), Industrie (34.000) und Kerntechnik (17.000)
beschäftigt sind [1] . Ein erheblicher Teil der Belegschaft wird in den kommenden Jahren in den
Ruhestand gehen [2] .
Dies bringt insbesondere für den Rückbau von
Kernkraftwerken große Herausforderungen für den
Kompetenzerhalt mit sich, da spezialisiertes Wissen
und Expertise hierbei entscheidend sind. Die Ausbildungs-
und Fortbildungsmöglichkeiten in der kerntechnischen
Branche sind zudem rückläufig, was die
Ausbildung und Qualifizierung neuer Fachkräfte zusätzlich
erschwert. In Deutschland gibt es inzwischen
nur noch wenige spezialisierte Einrichtungen, die
gezielte Ausbildungs- und Fortbildungsprogramme im
Bereich der Kerntechnik anbieten [3] [4] [5] [6] . Die
Sicherstellung eines nachhaltigen Fachkräfteaufbaus
ist daher eine wesentliche Voraussetzung, um den
Rückbau effizient und sicher zu gestalten sowie
perspektivisch erfolgreich abzuschließen.
Ein besonders komplexer Bestandteil des Rückbauprozesses
sind die hiermit einhergehenden Genehmigungsverfahren,
die oft durch ineffiziente, papierbasierte
Abläufe und zahlreiche Iterationen erschwert
werden. Aktuell befinden sich in Deutschland 27 Kernkraftwerke
und sechs Forschungsreaktoren in der
Abb. 1
Übersicht der Stakeholder die im Rahmen von Rückbauprojekten relevant sind.
Vol. 70 (2025)
42
Research and Innovation
Stilllegung, von denen viele auf Herausforderungen im
Genehmigungsprozess stoßen [7] . Diese Verfahren
erfordern die Bearbeitung großer Mengen an Dokumenten
und die Abstimmung zwischen verschiedenen
Behörden und Institutionen.
Der Einsatz von innovativen und zunehmend zeitgemäßen
Technologien wie Web-Applikationen für
Echtzeit-Kollaboration, Virtual Reality (VR) und
künstlicher Intelligenz (KI) bietet für kerntechnische
Anwendungen vielversprechende Ansätze, um die
Effizienz und Präzision der Rückbauprozesse sowie
den Erwerb der hierfür erforderlichen Kompetenzen
zu verbessern. Beispielsweise deuten erste wissenschaftliche
Untersuchungen das Potential von VRbasierten
Trainings für den Kernkraftbereich hin [8] [9] .
Weiterhin zeigen aktuelle Studien der IAEA [10] , dass
KI-Technologien zunehmend für die Optimierung von
Entscheidungsprozessen und zur Automatisierung
komplexer Arbeitsabläufe in der Nuklearindustrie
eingesetzt werden, insbesondere im Bereich des
Dokumentenmanagements und der Prozessführung.
KI kann dabei helfen, große Datenmengen effizient zu
analysieren und auf dieser Grundlage eine fundierte
Entscheidungsbasis zu schaffen.
Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „K.I.S.S.“
(Kompetenz, Innovation, Sicherheit, Strahlenschutz)
adressiert die skizzierten Herausforderungen. Seit dem
Start im Mai 2024 arbeiten die sieben Verbundpartner
actimondo eG, Advanced Nuclear Fuels GmbH, Dornier
Hinneburg GmbH, F.I.R. an der RWTH Aachen,
Forschungszentrum Jülich GmbH (Institut IFN-2),
Ge sellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS)
gGmbH und Technische Universität Dresden (Center
for Open Digital Innovation and Participation)
gemeinsam daran, praxisorientierte Lösungen für
das Wissens management sowie das Rückbau- und
Genehmigungsmanagement von kerntechnischen Anlagen
zu entwickeln. Ziel ist es, den Kompetenzaufbau
und -erhalt in der Branche zu stärken und die
Effizienz und Sicherheit in den Projekten durch den
Einsatz modernster digitaler Technologien zu steigern.
Ein zentraler Fokus von K.I.S.S. liegt auf der Ausbildung
der nächsten Generation von Fachkräften. Da viele Neueinsteiger,
insbesondere Quer- und Berufsum steiger,
nicht über die gleiche Berufs- oder Lebens erfahrung
wie langjährige Experten verfügen, ist es umso wichtiger,
ihnen moderne, technologiegestützte Methoden an
die Hand zu geben, die sie bei der Bewältigung der komplexen
Aufgaben unterstützen. Hierzu zählen unter
anderem digitale Lösungen für das Wissens- und Projektmanagement
sowie innovative Trainingsmethoden.
Die Entwicklung solcher Lösungen in Form von webbasierten
Anwendungen soll dazu beitragen, junge
Fachkräfte effizienter zu qualifizieren und ihnen mittels
einer Community-Plattform sowie einer mobile
Trainingsstation zeit- und ortsunabhängig valide und
praxisrelevante Informationen zur Ver fügung stellen.
Auf diese Weise findet der Kompetenzerwerb “direkt
bei den Lernenden” statt und ermöglicht eine standortübergreifende
Zusammenarbeit mit erfahrenen Fachkräften.
Dies fördert nicht nur den Wissenstransfer,
sondern auch den langfristigen Kompetenzerhalt.
Zudem wird eine digitale Plattform entwickelt, die es
den beteiligten Stakeholdern ermöglicht, atomrechtliche
Aufsichts- und Genehmigungsverfahren
transparenter und revisionssicherer zu gestalten.
Durch die Digitalisierung und revisionssichere Archivierung
der Dokumente auf Basis einer innovativen
Blockchain-Technologie wird der Ressourcenbedarf für
Papier deutlich reduziert und die Verfahrensdauer
signifikant verkürzt. Außerdem sollen die Verfahren
hierdurch für alle beteiligten Stakeholder effizienter
und transparenter gestaltet werden.
Ein weiteres Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung
eines KI-gestützten Rückbaumanagementsystems. Dieses
System soll es ermöglichen, ältere Informationen,
beispielsweise aus der Bauphase der Anlagen, zu
analysieren und für den Rückbau nutzbar zu machen.
Dadurch können nicht nur die Anträge für den Rückbau
präziser gestaltet werden, sondern auch eine
bessere Entscheidungsgrundlage für die Planung und
Durchführung geschaffen werden. Dies führt zu einer
Optimierung der Kosten und einem klareren Fokus auf
die wesentlichen Aspekte im Rückbau und der Entsorgung.
Durch ihren mentoriellen Ansatz, wobei die Vernetzung
mit erfahren Fachkräften der Branche ermöglicht
wird, erleichtern die Entwicklungen im Vorhaben
besonders für Neu- und Quereinsteiger die Auseinander
setzung mit den komplexen Herausforderungen
des Rückbaus. Ihre innovativen Ansätze führen dazu,
dass die Qualität und Sicherheit in Rückbauprojekten
weiter gesteigert und gleichzeitig Mitarbeitende entlastet
werden. Damit unterstützt K.I.S.S. nicht nur
den Rückbau kerntechnischer Anlagen, sondern trägt
auch dazu bei, die Position deutscher Institutionen
durch Kompetenzaufbau und -erhalt in der Kerntechnik
international zu stärken.
Die Verbundpartner verfolgen einen integrierten
Ansatz, um das Wissensmanagement, den Rückbau
und das Genehmigungsmanagement von kerntechnischen
Anlagen effizienter und sicherer zu gestalten.
Er wird durch den Einsatz und die sinnvolle Verbindung
modernster Technologien und digitaler
Lösungen erreicht, die auf die spezifischen Herausforderungen
der Branche zugeschnitten sind. Seine
vier zentralen Bestandteile – die Community-Plattform,
die mobile Trainingsstation, die digitale Plattform für
Genehmigungsverfahren und die KI-gestützten Werkzeuge
für das Prozessmanagement – adressieren die
gesetzten Schwerpunkte. Diese Anwendungen werden
synergetisch verbunden, um eine ganzheitliche Lösung
für den Rückbau und die nukleare Entsorgung zu
schaffen. Die wesentlichen Komponenten werden
nachfolgend beschrieben.
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
43
Abb. 2
Mockup der Community-Plattform. Hier ist die Medienbibliothek mit Beispielinhalten zu sehen. Rechts ist die Liste mit den Kontakten.
Community-Plattform
Im ersten Modul des Vorhabens K.I.S.S. steht die Entwicklung
einer Community-Plattform im Vordergrund,
die als Gateway für Neu- und Quereinsteiger sowie als
Hub für alle Fachkräfte der kerntechnischen Branche
fungiert. Das Hauptziel der Plattform ist es, diesen
Nutzern schnell und einfach Orientierung zu bieten,
Zugang zu relevanten Informationen zu verschaffen
und sich gezielt zu vernetzen. Sie dient als zentrale
Anlaufstelle, um Fachpersonal aus Wissenschaft und
Industrie zu vernetzen und ihnen den Zugang zu fundiertem
Wissen und wertvollen Kontakten zu ermöglichen.
Die Plattform ist dabei eine geschlossene Umgebung,
zu der nur qualifizierte Interessenten Zugang
erhalten. Wer sich für die Community-Plattform anmelden
möchte, ist herzlich eingeladen sich kostenlos
unter https://atomondo.com/ zu registrieren.
Die Community-Plattform setzt sich aus den folgenden
drei Teilbereichen zusammen, die technisch und
inhaltlich stark miteinander vernetzt sind:
1. Information Area: Das Kernstück dieses Bereichs,
der den Nutzenden einen sehr guten Überblick über
aktuelle und für sie relevante Inhalte auf der Plattform
bieten soll, bildet ein personalisierter Feed,
wie er von Social-Media-Plattformen bekannt ist. Er
stellt grundlegende Neuigkeiten auf der Plattform
(wie z. B. News-Artikel) ebenso chronologisch dar
wie individuell relevante, neue Beiträge aus den
weiteren Areas der Plattform, wie etwa neue
Lerneinheiten (in der Learning Area) oder neue
Foren-Beiträge (in der News Area). Außerdem soll
perspektivisch ein Bereich zur Organisation von
themenspezifischen Events (z. B. über einen Veranstaltungskalender)
integriert werden.
2. Community Area: Dieser Bereich dient der Kommunikation
und Kollaboration zwischen Nutzern
der Plattform. Er enthält u. a. Verzeichnisse von
Stakeholdern wie Fachkräften, Experten, Behörden
und Unternehmen sowie aktuellen Projekten und
Komponenten für den synchronen und asynchronen
Austausch der Nutzer. Dazu zählen einfache
Kommunikationswerkzeuge wie eine Chat-Funktion
und themenspezifische Foren ebenso wie virtuelle
Arbeitsgruppen für die institutionsübergreifende
Zusammenarbeit an aktuellen Konzepten oder
Projekten.
3. Learning Area: Der dritte Teilbereich ist ein zentraler
Wissenspool zu allen relevanten Themen der
Kerntechnik. Er vernetzt insbesondere verschiedene,
bereits bestehende Wissensspeicher und
Lernplattformen, wie den Competence.Hub von
Framatome, die öffentlich zugänglichen Daten und
Berichte der GRS oder der Internationalen Atomenergiebehörde
(IAEO). Diese externen Ressourcen
werden so eingebunden, dass die Nutzer über die
Plattform einfach und effizient auf relevante Inhalte
zugreifen können. Zudem soll er einen Überblick
über (weitere) aktuelle Aus- und Weiterbildungsangebote
geben.
Des Weiteren soll die Community-Plattform perspektivisch
mit einem KI-Assistenten ausgestattet werden,
der personalisierte Lernpfade unterstützt und damit
den Lernenden eine klare Orientierung und Unterstützung
bietet. Das gesamte System ist insbesondere
auch auf die Bedürfnisse der Generation Z ausgerichtet,
die in einer zunehmend digitalisierten Welt aufwächst
und erwartet, dass Lerninhalte interaktiv, flexibel
und leicht zugänglich sind. In Abbildung 2 ist die
Community- Plattform dargestellt, wobei hier nur einzelne
Elemente wie der Medienbibliothek gezeigt sind.
Mobile Trainingsstation
Neben der Community-Plattform wird im ersten Modul
auch eine mobile Trainingsstation entwickelt. Sie nutzt
eine VR-Anwendung (VR), die es den Teilnehmenden
ermöglicht, unter Anleitung von erfahrenen Trainern
in einer simulierten kerntechnischen Umgebung
Vol. 70 (2025)
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Research and Innovation
Abb. 3
Virtueller Rundgang durch das Kraftwerk (Quelle NUSEC GmbH).
praxisnahe Handlungen zu trainieren. Im virtuellen
Trainingsumfeld, das aus einem fiktiven, aber realitätsgetreuen,
Kernkraftwerk und einem Zwischenlager
besteht, können verschiedene Szenarien geübt werden.
Dazu zählen u. a. Simulationen von Maßnahmen der
Kernmaterialüberwachung (z. B. Nuclear Safeguards),
Strahlenschutzmaßnahmen in kontaminierten Bereichen
und der Umgang mit verloren gegangenen
Strahlenquellen. Diese Trainingsstation soll transportabel
und in der Nutzung kostengünstig sein,
den Lernenden und Trainern die Teilnahme von
ver schiedenen Standorten aus zu ermöglichen. In
Abbildung 3 ist ein Ausschnitt der virtuellen Trainingsumgebung
dargestellt. In dieser realitätsgetreuen
virtuellen Umgebung werden die Lernenden anhand
praxisorientierter Szenarien trainiert.
Die Trainingsmodule werden entlang moderner lernpsychologischer
Ansätze entwickelt, sodass sie sowohl
intuitiv als auch möglichst realistisch gestaltet sind.
Durch die Verbindung von Community-Plattform und
mobiler Trainingsstation entsteht ein umfassendes und
vernetztes Lernumfeld, das sowohl den Wissensaustausch
als auch die praktische Ausbildung fördert.
Die Struktur der Community-Plattform und ihre Verbindung
zur mobilen Trainingsstation sind in Abbildung
4 dargestellt.
Digitale Plattform für Genehmigungsmanagement
Das zweite Modul des Vorhabens befasst sich mit
der Entwicklung einer digitalen Plattform zur Unterstützung
von Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren
für kerntechnische Vorhaben. Diese Verfahren sind
in Deutschland durch klar definierte Ablaufprozesse
gekennzeichnet und beinhalten den Austausch
ge nehmigungsrelevanter Unterlagen zwischen Antragstellern,
Gutachtern, Behörden und weiteren Stakeholdern.
Zu diesen Unterlagen gehören Berichte,
Analysen, Spezifikationen und Nachweise, die oft
mehrfache Iterationsschleifen durchlaufen und strenge
Anforderungen an Revisionssicherheit, Vertraulichkeit
und rechtssichere Verfahrensführung erfüllen müssen.
Aktuell wird der Austausch dieser Dokumente überwiegend
papierbasiert oder durch die Bereitstellung
von digitalen Dateien, wie PDF-Dokumenten, per
E-Mail oder auf Cloud-Systemen organisiert. Diese Vorgehensweisen
sind oft ineffizient und langwierig, erschweren
die Nachverfolgbarkeit und bieten nicht
immer die notwendige Revisionssicherheit. Die bestehenden
Dokumenten-Managementsysteme innerhalb
der Organisationen sind zudem nicht für den
Austausch sensibler Daten zwischen unabhängigen
Institutionen ausgelegt.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, wird im
Rahmen von K.I.S.S. eine digitale Plattform entwickelt,
die auf der Blockchain-Technologie basiert (siehe Abbildung
5). Das typische Merkmal einer Blockchain ist,
dass sie als Buchhaltung von Transaktionen/ Prozessschritten
fungiert. Die in Entwicklung befindliche Plattform
bietet ein geschlossenes und sicheres System,
das speziell für den Austausch von genehmigungsrelevanten
Dokumenten zwischen Antragstellern,
Gutachtern und Behörden ausgelegt ist. Die Einführung
einer solchen Plattform verfolgt mehrere zentrale
Ziele:
1. Sicherheit: Die sichere Übertragung und Verwaltung
sensibler Dokumente sind unerlässlich, um
die hohen Datenschutzanforderungen und regulatorischen
Vorgaben zu erfüllen.
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
45
Abb. 4
Struktur der Community-Plattform mit Verbindung zur mobilen Trainingsstation.
2. Benutzerfreundlichkeit: Eine intuitive Bedienung
der Plattform ist entscheidend, um eine breite
Akzeptanz bei allen Beteiligten sicherzustellen.
3. Integrität der Daten: Die Plattform gewährleistet,
dass alle Dokumente unveränderlich und
revisionssicher gespeichert werden, sodass sie
jederzeit in ihrer ursprünglichen Form abgerufen
werden können.
4. Effizienz: Durch die digitale Handhabung der
Dokumente wird der gesamte Genehmigungsprozess
beschleunigt, und Fehler oder Verzögerungen
werden minimiert.
5. Skalierbarkeit: Die Plattform ist für eine
wachsende Anzahl von Nutzern und Dokumenten
ausgelegt und bietet eine zukunftssichere Lösung
für die Branche.
Die zugrunde liegende Technologie für die Plattform
ist „Hyperledger Fabric“, ein modulares und flexibles
Blockchain-Framework, das bereits erfolgreich von
Großunternehmen wie IBM, SAP, Walmart etc. eingesetzt
wird [11] . Diese Technologie bietet die notwendige
Skalierbarkeit und Sicherheit, um komplexe
Genehmigungsverfahren digital und effizient abzuwickeln.
Hyperledger Fabric ermöglicht private
Channels, um vertrauliche Dokumente sicher auszutauschen,
und sorgt durch Smart Contracts (Chaincode)
für eine automatisierte und zuverlässige Verfahrensführung.
Die Plattform wird eine zentrale oder verbundene
dezentrale Speicherung der Dokumente ermöglichen,
während dedizierte IT-Schnittstellen den Austausch
zwischen den beteiligten Organisationen sicherstellen.
Wichtige Funktionen wie eine automatische Versionskontrolle,
digitale Unterschriften, die Prozessverfolgung
mit Zeitstempel und ein Echtzeit-Logbuch über
den Status der Unterlagen werden in die Plattform
integriert, um die Nachverfolgbarkeit und Transparenz
zu erhöhen. Die bestehenden IT-Systeme (z. B. Dokumentenmanagementsystem)
der Nutzerorganisation
bleiben bestehen, es werden lediglich Schnittstellen für
den Datenaustausch benötigt. So wird sichergestellt,
dass jeder Stakeholder sein qualifiziertes IT-System
behält.
KI-gestützte Prozessführung für den Rückbau
Das dritte Modul des Vorhabens K.I.S.S. widmet sich der
Entwicklung von Werkzeugen für eine KI-gestützte
Prozessführung für den Rückbau von Kernkraftwerken.
Ziel ist es, geeignete Anwendungsfälle (Use
Cases) zu identifizieren und technisch umzusetzen, die
den Rückbau effizienter, sicherer und kosteneffektiver
gestalten. Hierfür erfolgt zunächst eine strukturierte
Ermittlung der Anforderungen und eine präzise
Dokumentation der zu unterstützenden Prozessen:
1. Ermittlung der Stakeholder: Alle relevanten
Akteure, die direkt oder indirekt mit dem Rückbau
Vol. 70 (2025)
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Research and Innovation
Abb. 5
Darstellung der Struktur und Funktionsweise der digitalen Plattform für Genehmigungsmanagement.
und der KI-gestützten Prozessführung in Berührung
kommen, werden identifiziert. Dies schließt Betreiber
von Kernkraftwerken, Behörden, Gutachter
bzw. Sachverständige, Ingenieure und weitere
relevante Gruppen ein. Die Ziele und Erwartungen
dieser Stakeholder werden erfasst, um sicherzustellen,
dass die KI-Lösungen ihren spezifischen
Bedürfnissen gerecht werden.
2. Ermittlung und Auswahl von geeigneten Use Cases
und Rückbauprozesse: Ein zentraler Schritt ist die
Identifizierung und Beschreibung relevanter
Anwendungsfälle im Rückbauprozess. Diese Use
Cases bilden die Grundlage für die Entwicklung
des KI-gestützten Systems und definieren, welche
Prozesse optimiert werden sollen. Die Use Cases
werden in einer Shortlist anhand technolo gischer
und fachlicher Kriterien ausgewählt und priorisiert.
3. Ableitung von User Stories und Anforderungen: Aus
den Use Cases werden User Stories abgeleitet. Diese
beschreiben, welche Funktionen das System bieten
soll, um den Nutzen für die Anwender zu maximieren.
Eine User Story für den Rückbau könnte
beispielsweise lauten: „Als Betreiber eines Kernkraftwerks
möchte ich den Fortschritt der Rückbauarbeiten
Nebengebäude XYZ in Echtzeit verfolgen
können, um fundierte Entscheidungen treffen zu
können.“ Aus den User Stories werden schließlich
spezifische Anforderungen für das KI-gestützte
Rückbaumanagementsystem abgeleitet. Diese
Anforderungen werden kategorisiert (z. B. MUSS-,
SOLL- und KANN-Anforderungen), um eine priorisierte
Umsetzung zu ermöglichen.
Die Anwendung von KI im Rückbau kerntechnischer
Anlagen bietet zahlreiche Potentiale. Ein wichtiges
Beispiel ist die Unterstützung bei der Prozesssteuerung
und Entscheidungsfindung durch die Analyse großer
Datenmengen. Weiterhin ermöglicht sie eine verbesserte
Verwaltung von älteren Dokumentationen, die
aus der Bauphase der Anlagen stammen. Diese oft
komplexen Daten können mithilfe von KI effizient
analysiert und strukturiert werden, um den Rückbau
zu beschleunigen und gleichzeitig die Genauigkeit der
Entscheidungen zu erhöhen. Dies trägt dazu bei, die
Kosten zu reduzieren und die Qualität der Rückbauprozesse
zu steigern.
Die Einführung eines KI-gestützten Rückbaumanagementsystems
bietet folgende Vorteile:
1. Effizienzsteigerung: Die Automatisierung von
Routineaufgaben und die Analyse großer Datenmengen
ermöglichen eine schnellere Abwicklung
von Rückbauprozessen und reduzieren manuelle
Arbeitsaufwände.
2. Erhöhung der Sicherheit: Potenzielle Risiken können
durch KI frühzeitig erkannt werden, wodurch
gezielte Maßnahmen zur Risikominimierung eingeleitet
werden können. Dies verbessert den Schutz
von Mensch und Umwelt während des Rückbaus.
3. Verbesserung der Entscheidungsfindung: KI-gestützte
Systeme liefern fundierte Handlungsempfehlungen,
die auf der Analyse umfangreicher Daten
basieren. Dadurch können Entscheidungen
schneller und präziser getroffen werden.
4. Optimiertes Wissensmanagement: Das System erleichtert
die Erfassung und Verwaltung von Wissen,
indem es vorhandene Informationen nutzt und
neue Erkenntnisse generiert. Dies erleichtert insbesondere
Neueinsteigern den Zugang zu komplexen
Themen des Rückbaus.
Aktueller Arbeitsstand und Ausblick
Während der bisherigen Bearbeitung des Vorhabens
wurden bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
dieses Artikels in allen drei Modulen bereits viel versprechende
Zwischenstände erarbeitet. Im Modul 1
wurden eine Grundstruktur und erste Konzepte für
die technische Entwicklung und mediendidaktische
Gestaltung der Community-Plattform und der mobilen
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Research and Innovation
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Modul zeitliche
Zielsetzung
Inhalt
1 bis 12/24 Entwicklung des ersten Prototyps für das Minimum Viable Products (MVP) der Community-Plattform
1 bis 02/26 Testung und Weiterentwicklung der Prototypen für das MVP der Community-Plattform
1 05/26 Fertigstellung des MVP der Community-Plattform
1 bis 01/25 Entwicklung des ersten Prototyps für das VR-Training
1 bis 05/25 Testung und Weiterentwicklung der Prototypen für das VR-Training
1 08/25 Fertigstellung des VR-Trainings
2 bis 03/25 Entwicklung des ersten Prototyps für die Digitale Genehmigungsplattform
3 12/24 Priorisierung von Use Cases für das KI-gestützte Rückbaumanagementsystem
3 bis 03/25 Entwicklung des ersten Prototyps für das KI-gestützte Rückbaumanagementsystem
3 bis 06/26 Testung und Weiterentwicklung der Prototypen für das KI-gestützte Rückbaumanagementsystem
3 08/26 Fertigstellung des Prototyps für das KI-gestützte Rückbaumanagementsystem
Tab. 1
Ausblick auf weitere Arbeitsschritte und Entwicklungsziele im Vorhaben
Trainingsstation erarbeitet und vielfach iteriert. Daran
anknüpfend wurde sowohl ein Prototyp für die Community-Plattform
als auch für die mobile Trainingsstation
entwickelt und befindet sich zurzeit in Testverfahren
mit ausgesuchten Nutzern. Im Modul 2 wurden
mehrere Workshops durchgeführt, an denen Vertreter
von atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörden
(Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein)
sowie Betreiber und andere Stakeholder teilnahmen.
Dabei wurden bereits erste Genehmigungsverfahren
und atomrechtliche Aufsichtsverfahren exemplarisch
abgebildet sowie eine sogenannte Business Process
Map zur Visualisierung dieser Prozesse erstellt. Zur
Validierung wurden mehrere Interviews mit unterschiedlichen
Stake holdern durchgeführt. Im Modul 3
wurde ein grundlegendes Konzept zur Entwicklung von
KI-gestützten Werkzeugen ausgearbeitet. Darauf aufbauend
wurden zehn Use Cases definiert und dienen
als Grundlage für die Präzisierung von spezifischen Anforderungen
für die KI-gestützte Prozessführung im
Rückbau und die damit einhergehende Priorisierung
und Umsetzung von besonders geeigneten Use Cases.
Im Anschluss an die Entwicklung der ersten technischen
Prototypen für die vier Kernprodukte des Vorhabens
werden mehrstufige Nutzertests durchgeführt.
Teilnehmende der ersten Erprobungsdurchläufe sind
kleinere Gruppen von Experten aus dem Verbundvorhaben
und externen Fachpersonen. Diese Tests
sollen die Grundfunktionalitäten der Prototypen auf
ihre Praxistauglichkeit hin überprüfen und bilden die
Basis für eine iterative Weiterentwicklung. Tabelle 1
gibt einen Überblick über die weiteren Arbeitsschritte
und nächstliegenden Entwicklungsziele des Vorhabens.
Zusammenfassung
Die angestrebten Entwicklungen im Vorhaben K.I.S.S
(Kompetenz, Innovation, Sicherheit, Strahlenschutz)
adressieren das ambitionierte Ziel, den Rückbau
kerntechnischer Anlagen durch den gezielten Einsatz
digitaler Technologien und KI-gestützter Lösungen
maßgeblich zu unterstützen. Mit einem klaren Fokus
auf Effizienzsteigerung, Sicherheit und Nachhaltigkeit
werden die aktuellen und perspektivischen Herausforderungen
des Rückbaus adressiert, indem vier
digitale und innovative Anwendungen entwickelt und
integriert werden. Als erste Komponente entsteht eine
(1) Community--Plattform, die Neueinsteigern und
Fachkräften aus der kerntechnischen Industrie eine
zentrale Anlaufstelle für den Wissensaustausch und die
Vernetzung bieten soll. Ergänzt durch eine (2) mobile
und VR-gestützte Trainingsstation, die praxisnahe
Simulationen in virtuellen Umgebungen ermöglicht,
wird eine flexible und kostengünstige Lösung für die
einschlägige Aus- und Fortbildung geschaffen. Dies
erleichtert es Fachkräften, sich ortsunabhängig und
realitätsnah auf die komplexen Anforderungen im
Strahlenschutz und Rückbau vorzubereiten. Weiterhin
wird (3) eine digitale Plattform entwickelt, die den Austausch
genehmigungsrelevanter Dokumente zwischen
Antragstellern, Gutachtern und Behörden sicherer,
transparenter und effizienter gestaltet. Durch den
Einsatz der Blockchain-Technologie auf Basis von
Hyperledger Fabric wird eine revisionssichere und
datenschutzkonforme Lösung geschaffen, die im Sinne
der Ökonomie und Ökologie zeitliche und materielle
Ressourcen (wie z. B. Papier) einspart und die Nachverfolgbarkeit
von Dokumenten erheblich verbessert.
Der vierte Schwerpunkt liegt auf der (4) KI-gestützten
Unterstützung von Rückbauprozessen, die es ermöglicht,
große Datenmengen zu analysieren und entscheidungsrelevante
Informationen bereitzustellen.
Die Verwendung von KI erleichtert die Verwaltung und
Strukturierung von Informationen aus früheren
Anlagenphasen und hilft, präzisere Entscheidungen im
Rückbauprozess zu treffen. Dies führt nicht nur zu
einer Reduzierung von Kosten, sondern auch zu einer
deutlichen Steigerung der Sicherheit und Qualität der
Rückbauprozesse.
Mit diesen Entwicklungen generiert das Vorhaben
wesentliche Kenntnisse für die erfolgreiche Implementierung
digitaler Lösungen im Rückbau und der
Vol. 70 (2025)
48
Research and Innovation
Genehmigungsführung. Die entwickelten Prototypen,
die im Jahr 2025 getestet werden, bieten eine erste
Grundlage für die zukünftige Anwendung und Validierung
der entwickelten Technologien. Langfristig trägt
das Projekt dazu bei, die Qualifizierung der nächsten
Generation von Fachkräften im Bereich Kernkraft zu
sichern und die kerntechnische Industrie in Deutschland
durch den Einsatz moderner Technologien im
internationalen Wettbewerb zu stärken. Wenn Sie sich
für die Nutzung bzw. den Test dieser innovativen
Lösungen interessieren, melden Sie sich bitte bei
Dr. John Kettler, er ist der Koordinator des Verbundvorhabens.
Danksagung
Die hier vorgestellten Ar beiten werden durch das Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) im
Rahmen des Forschungsvorhabens K.I.S.S. (15S9448A-G)
gefördert und vom Projektträger GRS im Rahmen der
Initiative FORKA betreut. Die Verant wortung für den
Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.
Autor
Dr. John Kettler
Vorstand der actimondo eG und Koordinator des
K.I.S.S. Verbundvorhabens
john.kettler@actimondo.com
Dr. John Kettler hat an TU Dortmund Physik studiert
und an der Synchrotronstrahlenquelle DELTA geforscht.
Seine Promotion führte er im Bereich der
Neutronen- und Strahlungsmesstechnik am Forschungszentrum
Jülich durch und schloss diese 2010
an der RWTH Aachen mit Auszeichnung ab. Für seine
herausragende Doktorarbeit wurde er 2011 sowohl
mit dem Jülicher Exzellenzpreis als auch mit dem
RWE-Zukunftspreis ausgezeichnet.
Nach seiner Promotion arbeitete Dr. Kettler als Postdoc an der RWTH Aachen,
wo er den Lehrstuhl „Nuklearer Brennstroffkreislauf“ mit aufbaute und
mehrere bedeutende Projekte leitete. 2011 gründete er das Unternehmen AiNT,
das heute zur GNS-Gruppe gehört, ein Ingenieurbüro im Bereich der Kernstrahlungsmesstechnik.
Im Jahr 2021 gründete er das Unternehmen actimondo,
das sich auf den Kompetenzerhalt in der Kerntechnik konzentriert, junge
Menschen für die Branche begeistert und Unternehmen bei der Digitalisierung
unterstützt.
Co-Autoren
David Wippler
actimondo eG
Dr. Anton Anthofer, Dr. Bettina Grauel, David Koslowski,
Claudia Göpel, Alexander Nester, Manuela Löwig,
Rawan Hammoud, Pascal Ibeawuchi, Jakob Grahlmann
Dornier Hinneburg GmbH
Quellen
[1] Aktuelle Auswertungen aus dem Strahlenschutzregister; Bundesamt für
Strahlenschutz; https://www.bfs.de/DE/themen/ion/strahlenschutz/beruf/
strahlenschutzregister/strahlenschutzregister-auswertungen.html (am
22.11.24 abgerufen)
[2] Ensuring Competent Workforce a Major Challenge for Nuclear Power
Programmes, IAEA Meeting Highlights; IAEA; https://www.iaea.org/newscenter/news/ensuring-competent-workforce-a-major-challenge-for-nuclear-power-programmes-iaea-meeting-highlights
(am 22.11.24 abgerufen)
[3] Konzept zur Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung für die nukleare
Sicherheithttps://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/
konzept-zur-kompetenz-und-nachwuchsentwicklung-fuer-die-nukleare-sicherheit.pdf?__blob=publicationFile&v=1
(am 22.11.24 abgerufen)
[4] Bedarfsanalyse für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung; BMUV; https://
www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Nukleare_Sicherheit/
bedarfsanalyse_nukleare_entsorgung_bf.pdf (am 22.11.24 abgerufen)
[5] Bedarfsanalyse für die Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen; BMUV;
https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Nukleare_Sicherheit/bedarfsanalyse_kerntechnische_einrichtungen_bf.pdf
(am 22.11.24
abgerufen)
[6] Bedarfsanalyse für den Erhalt und Ausbau von Strahlenschutz-Kompetenz
in Deutschland; BASE; mit dem Anhang 2 „Qualifikationsbedarfe“ https://
www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Nukleare_Sicherheit/
bedarfsanalyse_strahlenschutz_bf.pdf (am 22.11.24 abgerufen)
[7] Stilllegung und Rückbau: Der letzte Lebensabschnitt eines Kernkraftwerks;
GRS; https://www.grs.de/de/aktuelles/wissensdossiers/stilllegung-und-rueckbau-der-letzte-lebensabschnitt-eines-kernkraftwerks
(am 22.11.24
abgerufen)
[8] Satu, P., Jari, L., Hanna, K., Tomi, P., Marja, L., & Tuisku-Tuuli, S. (2024).
Virtual-Reality training solutions for nuclear power plant field operators: A
scoping review. Progress in Nuclear Energy, 169, 105104.
[9] Koskinen, H., Pakarinen, S., Passi, T., Lukander, K., Laarni, J., & Salonen, T. T.
(2024). Participatory Development of Virtual Reality Training for Nuclear
Power Plant Field Operators. Nuclear Technology, 210(12), 2245-2256.
[10] Enhancing Nuclear Power Production with Artificial Intelligence; IAEA;
https://www.iaea.org/bulletin/enhancing-nuclear-power-production-withartificial-intelligence
(am 22.11.24 abgerufen)
[11] Die wichtigsten Hyperledger-Projekte und -Anwendungen; pixelplex https://
pixelplex.ch/blog/die-wichtigsten-hyperledger-projekte-und-anwendungen/
(am 22.11.24 abgerufen)
Dr. Hendrik Wiesel, Anika Rathaus, Felix Möllerke
Advanced Nuclear Fuels GmbH
Dr. Holger Seher, Heike Mönig, Dr. Frank Dierschow,
Dr. Richard Spanier, Matthias Dewald, Susan Britz,
Joachim Herb, Dr. Przemyslaw Imielski, Christian Lambertus,
Markus Mazur
Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH
Dr. Irmgard Niemeyer, Prof. Dr. Giuseppe Modolo,
Katharina Aymanns, Dr. Andreas Wilden, Dr. Thomas Krieger,
Lisa Laumen
Forschungszentrum Jülich GmbH (Institute of Fusion Energy and Nuclear
Waste Management (IFN))
Gerrit Hoerborn, Berkan Güner, Abiraam Kantharajah,
John von Stamm, Maximilian Stark, Sarah Fritzsche,
Max-Ferdinand Stroh, Timon Malirsch
F.I.R. an der RWTH Aachen
Prof. Dr. Thomas Köhler, Jonathan Dyrna, Anna Thomas
Technische Universität Dresden (Center for Open Digital Innovation and
Participation)
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
49
Untersuchungen zur Entwicklung
einer neuartigen Rohrinnentrennvorrichtung
für schwer zugängliche
Rohrleitungen
› Madeleine Bachmann
Am Institut für Technologie und Management im Baubetrieb (TMB) des Karlsruher
Instituts für Technologie (KIT) wird in der Abteilung „Rückbau konventioneller und
kerntechnischer Bauwerke“ zu Themenfeldern im konventionellen Bereich wie dem
recyclinggerechten Rückbau, den maschinellen Abbruchverfahren und die automatisierte
Trennung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen geforscht. Ergänzt wird dieses
Forschungsfeld durch den Rückbau kerntechnischer Anlagen. Der Fokus liegt hier auf Pilotprojekten,
die den Rückbau von Kernkraftanlagen sicherer, effizienter und wirtschaftlicher für
alle am Rückbau Beteiligten Personen gestalten sollen. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung
praxisbezogener neuer Rückbautechnologien (Pilotprojekte) für offene Problemstellungen
samt einer großmaßstäblichen Erprobung.
Nachfolgend wird das abgeschlossene Forschungsprojekt
„Entwicklung eines neuartigen, universellen
Rohrinnentrenners für die Demontage von (kontaminierten)
Rohrleitungen“ (RoTre) zusammen mit den
Untersuchungen der hieraus entstandenen Promotion
vorgestellt.
Hintergrund und Zielsetzung Projekt „RoTre“
Der Rückbau von Kernkraftwerken ist eine komplexe
Aufgabe und bedarf einer Vielzahl an Verfahren und
Techniken. So müssen u. a. zahlreiche Rohrleitungen
getrennt und demontiert werden. Aufgrund von beengten
Platzverhältnissen oder durch die Einbaulage
in Betonstrukturen, die von außen nur schwer zugänglich
sind, ist der Rückbau von Rohrleitungen mit
vielen Herausforderungen und Mehraufwand für das
Personal vor Ort verbunden.
Nach aktuellem Stand der Technik existieren auf dem
Markt vorwiegend Geräte zur Rohraußentrennung,
welche in beengten Platzverhältnissen oder für die
Trennung von in Beton verlegten Rohrleitungen nicht
angewendet werden können. Zudem sind die verfügbaren
Geräte größtenteils auf gewisse Durchmesser
und Materialien beschränkt. Hinzukommt, dass die
Entwicklungen i.d.R. auf konventionelle Anwendungsfälle
ausgelegt sind. Für die Anwendung im kerntechnischen
Umfeld sind zusätzliche Funktionen wie
eine fernhantierte Bedienung oder die Dekontaminierbarkeit
der Maschine von großer Bedeutung.
Ziel des Verbundvorhabens „RoTre“ (BMBF-FKZ:
15S9415 A+B) zwischen Wissenschaft und Industrie
war daher die Entwicklung einer innovativen und
wettbewerbsfähigeren Rohrinnentrennvorrichtung für
den Einsatz im kerntechnischen Umfeld mit großem
Anwendungsspektrum im Hinblick auf Rohrdurchmesser,
Wandstärke und Material. Anfallende Späne
oder andere Reststoffe sollen dabei kontinuierlich
abgesaugt werden. Zum flexiblen Einsatz soll die Bedienung
manuell oder fernhantiert durchführbar sein.
Das Vorhaben „RoTre“ mit Laufzeit von 01.08.2019 -
30.06.2023 wurde von der Siempelkamp NIS Ingenieurgesellschaft
mbH (NIS) im Verbund mit dem KIT-TMB
durchgeführt. Das KIT-TMB war federführend für die
Versuchsdurchführung und Datenauswertung der Betriebsparameter
zur Rohrinnentrennung zuständig, die
Entwicklungsarbeit eines Prototyps oblag NIS. Die RWE
Nuclear GmbH war über die gesamte Projektlaufzeit
beratend tätig. Gefördert wurde das Projekt durch das
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
in der Fördermaßnahme „Forschung für den Rückbau
kerntechnischer Anlagen“ (FORKA). Projektträger war
die Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit
gGmbH (GRS).
Parallel zur Projektarbeit wurde die Dissertation mit
dem Titel „Untersuchungen zur Betriebsparameterwahl
für ein neuartiges Rohrinnentrennsystem“ angefertigt.
Ziel der Arbeit war Empfehlungen zur Wahl
eines Trennwerkzeuges und damit verbunden zur
Vol. 70 (2025)
50
Research and Innovation
Antrieb Werkstück +
Werkstückaufnahme
Werkzeugschlitten mit Trennwerkzeug und
Übersetzung Vorschubgeschwindigkeit
Abb. 1
links: Seitenansicht Versuchsstand zur Rohrinnentrennung; rechts: Detailansicht Werkzeugschlitten mit Trennwerkzeug,
©: KIT-Bachmann
Betriebsparameterwahl für die Entwicklung einer
Rohrinnentrennvorrichtung zu formulieren. Hierzu
wurden am entwickelten Versuchsstand verschiedene
Versuchsreihen an unterschiedlichen Werkstücken
(nahtlos und geschweißte, freiliegend und in Beton verlegt)
durchgeführt und die spanenden Fertigungsverfahren
Sägen, Fräsen und Trennschleifen untersucht.
Versuchsstand zur Rohrinnentrennung
In Abbildung 1 ist der entwickelte Versuchstand zur
Rohrinnentrennung für Werkstücke im Durchmesserbereich
von 100 – 500 mm in der Seitenansicht zu
sehen. Auf der linken Seiten befindet sich die
Werkstück aufnahme inkl. -antrieb, auf der rechten
Seite der Werkzeugschlitten mit Trennwerkzeug
inkl. einem Elektromotor und Kegelradgetriebe zur
Übersetzung der Vorschubgeschwindigkeit. Die Kompo
nenten lassen sich über die Rechteckprofile der
Rahmenkonstruktion bewegen und können gegen ein
Verschieben während der Versuchsdurchführung
gesichert werden.
Die Werkstücke werden zur Fixierung am Rohrende
durch Bolzen an einer Aufnahmeplatte befestigt. Diese
wird über eine Welle durch einen Stirnradgetriebemotor
mit einer maximalen Drehzahl von 0,25 min -1
angetrieben. Am anderen Rohrende werden die Werkstücke
zur Stabilisation auf Bockrollen gelagert.
Letztere sind wiederum an Metallstreben an der
Rahmenkonstruktion befestigt und können durch
Sternschrauben verstellt und angezogen werden.
Auf dem Werkzeugschlitten ist der Antriebsmotor für
das Trennwerkzeug angebracht. Die Ansteuerung
dieses Motors und die des Stirnradgetriebemotors
zum Antrieb des Werkstücks wie auch das Ein- und
Abschalten der Anlage erfolgten über einen Schaltschrank.
Versuchsprogramm
Während der Versuchsdurchführung zur Rohrinnentrennung
wurden die in Tabelle 1 dargestellten Parameter
variiert und die definierten Zielgrößen Volumenabtrag,
Schnittkraft-, Wärme- und Staubentwicklung
sowie der Massenverlust analysiert. Der Abtrag, d. h.
die Schnittgüte des erzielten Rohrinnenschnittes soll
maximiert und die restlichen Zielgrößen minimiert
werden. Die Untersuchungen zur Schnittkraft sind
hinsichtlich der Auslegung der Komponenten einer
Parameter
Trennwerkzeug
⁃ Scheibenfräser
⁃ Kreissägeblatt:
⁃ Schneidstoff (HSS, VHM)
⁃ Beschichtung
⁃ Trennscheiben
⁃ Schleifmittel (Keramik, Korund, Diamant)
Werkstück
⁃ Werkstoff
⁃ Durchmesser
⁃ Nahtlose und geschweißte
Ausführung
⁃ Freiliegende und einbetonierte
Werkstücke
Maschine - Versuchsstand
zur Rohrinnentrennung:
⁃ Vorschubgeschwindigkeit
⁃ Drehzahl
Tab. 1
Steuergrößen nach Parametergruppen
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
51
Rohrinnentrennvorrichtung wie beispielsweise die der
Wellen, Gewindestangen etc., notwendig. Zudem haben
die entstehenden Schnittkräfte, zusammen mit den
Qualitätsmerkmalen Wärmeentwicklung und Massenverlust,
Auswirkungen auf die Standzeit des Trennwerkzeuges.
Die Untersuchung der Staubkonzentration
ist dahingegen für die am Rückbau beteiligten Personen
relevant. Für die genannten Zielgrößen wurde die entsprechende
Messtechnik gewählt und je Zielgröße eine
geeignete Methodik zur Datenanalyse identifiziert.
Ergebnisse
Für die Versuchsreihen zur Rohrinnentrennung mittels
Trennscheiben wurden die drei Schleifmittel Keramik,
Korund und Diamant untersucht. Unter dem Gesichtspunkt
der Verschleißminimierung ist für die Trennung
freiliegender Rohrleitungen das Schleifmittel Keramik
gegenüber Korund zu bevorzugen. In den Versuchsreihen
konnte nachgewiesen werden, dass die Standzeit
von Korund geringer ist und der Volumenabtrag
über die Zeit abnimmt. Durch die Auswertung des
Massen verlustes und der Temperaturentwicklung
konnten hierfür folgende Gründe identifiziert und
anhand der Auswertung der generierten Daten belegt
werden:
⁃ Härte des Schleifmittels
⁃ Selbstschärfungsprozess der Schleifkörner
⁃ Wärmeentwicklung an der Werkzeugschneide
Für die Rohrinnentrennung in kerntechnischen
Anlagen, in welchen vorzugweise Chrom-Nickel-
Edelstähle verwendet werden, sind daher Trennscheiben
mit Schleifmittel Keramik zur Trennung
freiliegender Rohrleitungen zu wählen. Diese erzielen
einen guten Volumenabtrag bei einem geringeren
Massenverlust und einer geringeren Temperaturentwicklung
als Trennscheiben mit Schleifmittel Korund.
Diamantbesetzte Trennscheiben eignen sich vorzugweise
für die Trennung einbetonierter Rohrleitungen.
Im Vergleich zu Keramik erzielt Diamant einen gleichmäßigeren
Schnitt über die gesamte Schnitttiefe
hinweg, zu vergleichen in Abbildung 2. Je nach Wahl
des Schleifmittels können mit Trennscheiben sowohl
freiliegende als auch einbetonierte Leitungen von der
Rohrinnenseite aus getrennt werden.
Erfolgt die Rohrinnentrennung durch Scheibenfräser
oder Kreissägeblätter sind Trennwerkzeuge aus High
Speed Steel (HSS) mit Werkzeugbeschichtung zu
wählen. Durch die Werkzeugbeschichtung erhöhen
sich die Standzeit und die Schnittkräfte des Trennwerkzeuges,
damit verbunden steigt der Volumenabtrag.
Durch die Versuchsdurchführung und Datenauswertung
der Zielgrößen an einem beschichteten Kreissägeblatt
(TilAN) mit Schneidstoff HSS konnte nachgewiesen
werden, dass grundsätzlich eine höhere
Vorschubgeschwindigkeit bei gleichzeitig niedrigerer
Drehzahl zur Rohrinnentrennung zu wählen ist.
Unabhängig von den untersuchten Trennwerkzeugen
(Trennscheiben, Scheibenfräser, Kreissägeblätter) konnte
durch die Datenauswertung der Einfluss einer Längsschweißnaht
auf die Rohrinnentrennung nachgewiesen
werden. Zurückzuführen ist dies auf die Herstellungsart
und damit auf die idealere Rundheit von nahtlosen
Rohren gegenüber Rohrleitungen mit einer Längsschweißnaht.
Relevant ist dies vorwiegend für Rohrleitungen,
die beispielsweise aufgrund einer möglichen
Kontaminationsverschleppung nur auf eine gewisse
Restwanddicke getrennt werden können.
Funktion Prototyp und Validierungsversuche
Basierend auf den in den experimentellen Versuchsreihen
generierten Daten und der anschließenden
Datenanalyse, konnte der in Abbildung 3 dargestellte
Prototyp zur Rohrinnentrennung mit einer Gesamtlänge
von 1,14 m und einem Durchmesser von ca. 0,2 m
durch NIS entwickelt werden. Der Prototyp eignet sich
unter Verwendung eines Scheibenfräsers oder Kreissägeblatts
zur Rohrinnentrennung von Rohrleitungen
aus (Edel-) Stahl mit einem Innendurchmesser von
205 – 360 mm (max. Spannweite Verspanneinheit) und
Schleifmittel Diamant
Schleifmittel Keramik
Abb. 2
links: Einbetoniertes Werkstück (1.0345, nahtlos), rechts: Vergleich Schnittbreite und -tiefe für Schleifmittel Diamant und Keramik,
©: KIT-Bachmann
Vol. 70 (2025)
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Research and Innovation
Werkzeugkopf mit
schwenkbarem
Werkzeugarm
Verspanneinheit
Trägersystem
mit Absaugung
Antriebseinheit
Antriebsmotoren
Abb. 3
Schematische Darstellung des Prototyps zur Rohrinnentrennung;
©: NIS
einem Rohraußendurchmesser von max. 415 mm. Die
maximal zu trennende Wandstärke umfasst 35 mm.
Eine Absaugung der anfallenden Späne während des
Trennprozesses kann durch ein zentrales, durchgehendes
Hohlrohr realisiert werden.
Die Verspannung und Zentrierung des Prototyps im
Rohr wird durch drei, jeweils um 120° versetzte Spannbalken
umgesetzt. Die Verspannung erfolgt manuell
über einen Adapter am Zwischengetriebe. Der Trennvorgang
wird vollautomatisiert, wodurch die Möglichkeit
zur Fernhantierung gegeben ist, durchgeführt.
Die Steuerung des Prototyps wird durch eine hierfür
entwickelte Software umgesetzt. Vor einem Trennvorgang
sind die geometrischen Daten der zur trennenden
Rohrleitung inklusive der einzelnen Parameter wie
Vorschubgeschwindigkeit und Drehzahl des Trennwerkzeuges
durch das Bedienpersonal in das Programm
einzugeben.
Am Werkzeugkopf des Prototyps ist der schwenkbare
Werkzeugarm mit einem innenliegenden
Werkzeugantrieb montiert. Im Inneren des Werkzeugkopfes
befindet sich ein Getriebe für die Umsetzung
des Werkzeugantriebes und der Vorschubbewegung.
Auf der Werkzeugwelle des Werkzeugarmes können
sowohl Scheibenfräser wie auch Kreissägeblätter
angebracht werden. 1
In der Versuchshalle des KIT-TMB wurden mit dem
entwickelten Prototyp Validierungsversuche an verschiedenen
Werkstücken durchgeführt. Die erfolgreiche
Rohrinnentrennung zeigt Abbildung 4.
Durch die Trennung von der Rohrinnenseite entfällt
das aufwendige Freilegen der Rohrleitung bzw. die
Notwendigkeit der Zugänglichkeit von der Rohraußenseite.
Hierin liegt ein entscheidender Vorteil im Vergleich
zu den auf dem Markt verfügbaren Geräten. Eine
Dekontamination des Systems nach dem Einsatz in
einer kerntechnischen Anlage ist möglich. Positiv auf
die Sicherheit für die am Rückbau beteiligten Personen
wirkt sich die Absaugung von Spänen und anderen
Reststoffen während des Trennvorgangs wie auch die
fernhantierte Bedienung aus. Durch die Neuentwicklung
ist demnach die Möglichkeit für eine effiziente
Trennung von Rohrleitungen von der Innenseite
gegeben.
Forschungsausblick Projekt Bero
„Entwicklung eines Beprobungssystems inklusive
qualitäts gesichertem Beprobungsverfahren für
nicht zugängliche Bereiche“
Im Verbundprojekt „Bero“ (BMBF-FKZ: 15S9444 A+B)
wird das Ziel verfolgt, für Rohrleitungen in Einbaulage
ein Demonstratorsystem zu entwickeln, welches
nach einem qualitätsgesichertem Beprobungsverfahren
eine bedarfsgerechte Beprobung durchführen
und das abgetragene Probematerial, soweit möglich,
verlustfrei bereitstellen kann. Die Beprobung soll dabei
Abb. 4
Erfolgreiche Rohrinnentrennung mit Prototyp;
©: KIT-TMB, NIS
1 S. Gentes, M. Bachmann, M. Pfau, C. Krau, C. Wadewitz, B. Manneck, „Teil I + II: Kurzbericht und Eingehende Darstellung zum Verbundvorhaben „Entwicklung
eines neuartigen Rohrinnentrenners für die Demontage (kontaminierter) Rohrleitungen (RoTre)“,“ 11/2023. [Online]. Available: https://www.tib.eu/de/suchen?tx_
tibsearch_search%5Baction%5D=download&tx_tibsearch_search%5Bcontroller%5D=Download&tx_tibsearch_search%5Bdocid%5D=TIB-
KAT%3A1883424372&cHash=e13fef1fc343a862b955f4977f06432f#download-mark. [Zugriff am 11.11.2024]
Ausgabe 1 › Januar
Research and Innovation
53
grundsätzlich an beliebigen Stellen in den Rohrleitungen
durchführbar sein, d. h. über die Länge und
den Umfang. Für diese Probeentnahme soll untersucht
werden, welches Abtragsverfahren sich am besten
eignet (z. B. Fräsen, Drehen, Abstechen etc.) und wie
ein definierter Materialabtrag erreicht werden kann.
Bei der Konzeptfindung sind bauliche Risiken wie
Kunststoffqualität, mögliche Ovalität oder Exzentrizität
zu berücksichtigen. Es muss gewährleistet werden,
dass im Querschnitt dieselbe definierte Probenfläche
bzw. Materialstärke abgenommen und an ovalen
Stellen des Rohrs nicht zu viel Material abgetragen
wird. Ein Kontakt mit der umgebenden Betonstruktur
soll nicht erzeugt werden. Primäres Ziel ist das Belassen
der beprobten Rohrleitungen in Einbaulage, wenn der
Nachweis erbracht werden kann, dass die Freigabekriterien
für die beprobten Rohre eingehalten werden.
Da dieses Vorgehen jedoch nicht pauschal auf alle
Anlagen in Deutschland übertragen werden kann,
werden ergänzend zur Beprobung und Freigabe in Einbaulage
auch Technologien für einen effizienten Ausbau
ohne Entfernung der Betonüberdeckung bewertet
und in das Demonstratorkonzept miteinbezogen, um
anschließend den Freigabeprozess an der Gebäudestruktur
bei entfernter Rohrleitung durchzuführen.
Das Vorhaben mit Laufzeit von 01.10.2023 bis 30.09.2026
wird von der IBASS GmbH & Co. KG im Verbund mit
dem KIT-TMB durchgeführt. Die RWE Nuclear GmbH
und die PreussenElektra GmbH sind kostenneutral
beratend tätig. Das Projekt wird durch die Fördermaßnahme
FORKA des BMBFs gefördert. Projektträger ist
die GRS.
Autorin
Madeleine Bachmann, M.Sc.
Institut für Technologie und Management im Baubetrieb
(TMB), Abteilung Rückbau konventioneller
und kerntechnischer Bauwerke des Karlsruher
Instituts für Technologie (KIT)
madeleine.bachmann@kit.edu
Madeleine Bachmann studierte Bauingenieurwesen
am KIT und ist seit 2019 als wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Karlsruher Institut für Technologie
(KIT) tätig. Hierbei forscht sie am Institut für Technologie
und Management im Baubetrieb (TMB) im
Fach bereich „Rückbau konventioneller und kerntechnischer
Bauwerke“ unter Leitung von Prof.
Dr.-Ing. Sascha Gentes. Die erfolgreiche Disputation
ihrer Promotion mit dem Titel „Untersuchungen zur
Betriebspara meterwahl für ein neuartiges Rohrinnentrenn
vorrichtung“ fand im November 2024
statt.
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Der Weg zu einer gelingenden
globalen Energiewende
„Energie ist der Schlüssel für Wohlstand und Entwicklung," schreiben
Franz Josef Radermacher und Bert Beyers in ihrem Buch „ALL IN!
Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt" (Murmann Verlag).
Diese fundamentale Wahrheit zeigt sich über die gesamte Geschichte
der Menschheit hinweg – von der Beherrschung des Feuers bis zur
Industrialisierung. Heute stehen wir erneut an einem entscheidenden
Punkt: Die Welt benötigt ein zukunftssicheres Energiesystem, das den
Klimawandel aufhält und Milliarden Menschen aus der Armut befreit.
Das Buch beleuchtet die Diskrepanz zwischen den rein nationalen
Energieplänen wohlhabender Länder und den dringenden Bedürfnissen
von Entwicklungs- und Schwellenländern. Denn: Der heutige Klimanationalismus
wird uns nicht weiterbringen. Es hinterfragt den oft und
vor allem in Deutschland favorisierten "All-Electric"-Ansatz. Stattdessen
plädieren die Autoren für eine technologieoffene und pragmatische
Herangehensweise, die alle verfügbaren Energieträger – von erneuerbaren
bis zu fossilen Energien mit CO2-Abscheidung – einschließt.
Die Autoren betonen, dass die reichen Länder massiv in die Entwicklung
der ärmeren Länder investieren müssen, wenn die notwendige weltweite
Transformation jemals gelingen soll.
„Die Vision von ALL IN! umfasst die Entschärfung des Klimaproblems
für ein Leben in Freiheit, mit auskömmlichem Wohlstand, in sozialer
Balance und im Frieden mit der Natur für 10 Milliarden Menschen.“,
so die Autoren.
„ALL IN! Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt“ bietet einen
visionären und zugleich praxisnahen Lösungsansatz für die globalen
Herausforderungen der Energiewende und ist ein wichtiger Beitrag zur
Diskussion über eine gerechte, wohlstandsfördernde Zukunft für alle.
Franz Josef Radermacher
und Bert Beyers
ALL IN!
Energie und Wohlstand für eine wachsende Welt
350 Seiten Hardcover
29,00 Euro (D) / 30,50 Euro (A)
ISBN: 978-3-86774-804-9
Auch als E-Book erhältlich
Erscheint im Murmann Verlag
Die Autoren
© Südwestpresse Ulm
© privat
Franz Josef Radermacher ist Mathematiker, Informatiker und Wirtschaftswissenschaftler.
Er leitet in Ulm das Forschungsinstitut für anwendungsorientierte
Wissensverarbeitung (FAW/n) und ist im Vorstand von Global Energy Solutions.
Radermacher ist Autor von »Welt mit Zukunft« (2011) und »Der Milliarden-Joker«
(2018). Radermacher ist Mitglied des Council of Engineers for the Energy
Transition (CEET), das direkt dem UN-General sekretär zuarbeitet, Mitglied des
»Club of Rome« und ein international gefragter Redner.
Bert Beyers studierte Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte.
Er ist Journalist und war lange Redakteur beim Norddeutschen Rundfunk
in Hamburg. Als Autor hat er unter anderen mit Franz Josef Radermacher
(»Welt mit Zukunft«) und Mathis Wackernagel (»Der Ecological Footprint«)
zusammengearbeitet.
KTG-Fachinfo
61
KTG-Fachinfo 16/2024 vom 15.11.2024:
ESK-Stellungnahme zum Fehlen
endlagerfähiger Gebinde für das
Endlager Konrad – Nutzbarkeit des
Endlagers in Frage gestellt
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der
KTG, am 12. November 2024 hat die Entsorgungskommission
des Bundes (ESK) die Stellungnahme
„ Fehlende endlagerfähige Abfallgebinde für das Endlager
Konrad – Ursachen, Konsequenzen und Empfehlungen“
veröffentlicht. Als wesentliche Ursachen für die Schwierigkeiten,
endlagerfähige Gebinde freizugeben, werden
die Verzögerungen bei der Bauartzulassung von Behältern
und die Gehobene wasserrechtliche Erlaubnis
identifiziert.
Hinsichtlich der Behälterzulassung für das Endlager
Konrad wird festgestellt, dass die Verfahren sehr langwierig
seien und teils mehr als zehn Jahre benötigten.
Neben inhaltlich/technischen Fragestellungen seien
auch formale Aspekte, fehlende Vorgaben und Entscheidungen
der BGE sowie Ressourcenengpässe in der
Bauartprüfung für die Verfahrensdauer ursächlich. Die
ESK empfiehlt, zur Vermeidung inakzeptabler Zeiträume
für die Behälterbereitstellung, die sich im Fall der Beibehaltung
der bisherigen Verfahrensweise ergeben
würden, eine deutliche Beschleunigung der Prozesse.
Dies solle dadurch ermöglicht werden, dass die Bauartzulassung
auf wesentliche sicherheitsrelevante Aspekte
(sichere Einlagerung, Schutzzielorientierung) fokussiert
wird und formale Sachverhalte und Nebenanforderungen
zügig abgearbeitet werden. Darüber hinaus wird auch
eine angemessene Personalausstattung bei BGE und
Sachverständigen sowie eine Digitalisierung von Prozessen
angemahnt.
Der schwerwiegendere Tatbestand hinsichtlich der
Einlagerung von Abfallgebinden ins Endlager Konrad ist
aber die Erfüllung der Anforderungen der Gehobenen
wasserrechtlichen Erlaubnis (GwE), die neben drei
weiteren wasserrechtlichen Erlaubnissen bestehe und
nicht inhaltlicher Teil des Planfeststellungsbeschlusses
für Endlager Konrad sei. Gemäß Nebenbestimmungen
der GwE müssten die endgelagerten Abfälle in ihrer
Zusammensetzung überwacht und die gemäß zweier
Stofflisten genannten begrenzten Stoffe bilanziert
werden. Die Bewertung hinsichtlich der zur Einlagerung
vorgesehenen Massen nicht-radioaktiver Stoffe sei in
Bezug auf eine mögliche Gefährdung des oberflächennahen
Grundwassers verglichen mit der Bewertung
hinsichtlich der Radionuklide in der Langzeitsicherheitsanalyse
in einem sehr vereinfachten, außerordentlich
konservativen Modell erfolgt. Dabei seien zahlreiche
physikalisch und chemische Phänomene, die zu einer
Reduktion der Menge wassergefährdender Stoffe
während des Transports vom Endlager in oberflächennahe
Wässer führen würden, nicht berücksichtigt. Zur
Bewertung des Gefährdungsausschlusses im Rahmen
der GwE seien die Regelwerke zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses
herangezogen worden und
von diesen immer das restriktivste.
Bei Umsetzung der GwE würden die in den Abfällen
enthaltenen Stoffmassen bestimmt, die in einem
Gebinde oder gemittelt über mehrere Gebinde in das
Endlager eingebracht werden dürften. Der maximale
Gehalt eines Stoffes in Massen-% werde als Deklarationsschwellenwert
(DSW) bezeichnet und erstreckt sich als
solcher auf 94 grundwasserrelevante Stoffe, die in der
GwE genannt seien. Nicht-genannte Stoffe dürften nur
mit einem Massenanteil unterhalb des DSW eingelagert
werden. Darüber hinaus seien zusätzlich Massenanteile
festgelegt, oberhalb derer eine Bezeichnung des
jeweiligen Bestandteils mit dem entsprechenden
Massenanteil anzugeben sei. Dieser diene der Beschreibung
der Zusammensetzung der Abfallgebinde
und werde als Beschreibungsschwellenwert bezeichnet
(BSW).
Für die in der GwE genannten Stoffe seien Stoffvektoren
bzw. Behälterlisteneinträge in einer Stoff- bzw. Behälterliste
mit der für die Bestandteile/Komponente charakteristischen
Zusammensetzung aufgeführt. Für die
Umsetzung sei festgelegt worden, welches Regelwerk
in jeweils aktueller Fassung herangezogen werden
müsse, so dass diese der Dynamik eines sich stetig
ändernden Regelwerks unterliege, mit der Folge, dass
bei Änderung von Grenzwerten eine erneute Überprüfung
der Schädlichkeit der betroffenen Stoffe
erforderlich sei, wobei meist die Schwellenwerte
abgesenkt werden müssten. Für Stoffe, die bisher noch
nicht genannt wären, würden neue Grenzwerte festgelegt,
die bei der Beschreibung der Abfälle jeweils
berücksichtigt werden müssten. Bei Änderung der
Grenzwerte würden die davon betroffenen Stoff- und
Behälterlisteneinträge gesperrt und müssten nach
Prüfung und ggf. Anpassung erneut freigegeben werden,
wodurch bis dahin keine Freigabe für Gebinde erteilt
werden könne. Da auch kein Bestandsschutz bestehe,
entfalle ggf. auch eine bereits erteilte Freigabe.
Die ESK folgert daraus, dass die GwE nicht praktikabel
sei und die Einlagerung von Gebinden in Endlager Konrad
verhindern werde. Die häufigen Änderungen der
wasser rechtlichen Regelwerke seien z. T. durch die
Vermeidung der übermäßigen Einbringung eines Schadstoffes
über die Erdoberfläche begründet. Daher muss
aus Sicht der ESK neu bewertet werden, inwieweit
solche neuen Grenzwerte für die Bewertung eines
tiefengeologischen Endlagers herangezogen werden
müssten bzw. ob sie Auswirkungen auf das Schutzziel
für das oberflächennahe Grundwasser hätten. Dies
müsse auch im Lichte des stark vereinfachten sehr
konservativen Modells, das der wasserrechtlichen
Bewertung zu Grunde liege getan werden. Diese
Konservativitäten müssten ihrerseits überprüft und
quantifiziert werden.
Vol. 70 (2025)
62
KTG-Fachinfo
Impressum
Offizielle Mitgliederzeitschrift
der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. (KTG)
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Chefredakteur
Nicolas Wendler
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zi.zero Kommunikation
Berlin
Redakteurin
Nicole Koch
+49 163 7772797
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Andernfalls sieht die ESK die Gefahr, dass die Abfälle
wegen der derzeitigen Vorgaben zur Umsetzung der
GwE für eine unbestimmte Dauer in den Zwischenlagern
verbleiben müssten. Komme es nicht zur
Einlagerung der radioaktiven Abfälle in das Endlager
Konrad, widerspreche das dem Ziel des langfristigen
Sicherheitsgedankens, wie er im Nationalen Entsorgungsprogramm
festgeschrieben sei. Die Endlagerbehälter
sind für derart lange und unbestimmte
Zwischen lagerzeiträume weder ausgelegt noch
qualifiziert worden. Eine Nachqualifizierung wäre mit
großem Aufwand verbunden oder sogar unmöglich, so
dass eine Neuverpackung von Abfällen erforderlich
werden könne.
Fazit
Die Stellungnahme der ESK beschreibt eine unhaltbare
Situation hinsichtlich der künftigen Nutzbarkeit des
Endlagers Konrad mit schweren Konsequenzen für alle
Betroffenen, die schnell ausgeräumt werden muss,
indem man die Auswirkung der häufigen, ganz anders
begründeten Änderungen des Wasserrechts auf die
Erfüllung der Endlagerbedingungen auf schutzzielrelevante
Tatbestände begrenzt und so weitgehend
abschirmt, Bestandsschutz für freigegebene Gebinde
einführt und die gegebenen Überkonservativitäten im
Verfahren angemessen berücksichtigt. Andernfalls hätte
man dann nach „nur“ 55 Jahren endlich ein Endlager für
schwach- und mittelaktive Abfälle, in das man nach
aktuellem Sachstand nichts einlagern kann.
Ihre KTG-Geschäftsstelle
Nicolas Wendler
Druckerei
inpuncto:asmuth
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ISSN 1431-5254 (Print) | eISSN 2940-6668 (Online)
Ausgabe 1 › Januar
KTG Inside
63
Die KTG gratuliert an dieser Stelle unseren besonderen Jubilaren ab und
in ihren „ Neunzigern“. Wir danken für die lange und treue Mitgliedschaft
in der KTG und wünschen noch viele glückliche Lebensjahre.
Inside
Februar 2025
91 Jahre | 1934
9. Dr. Horst Keese
Rodenbach
12. Dipl.-Ing. Horst Krause
Radebeul
März 2025
90 Jahre | 1935
25. Dr. Jürgen Ahlf
Neustadt in Holstein
Herzlichen Glückwunsch!
Die KTG gratuliert ihren Mitgliedern sehr herzlich zum Geburtstag
und wünscht ihnen weiterhin alles Gute!
Februar 2025
60 | 1965
18. Sven Lehmann, Adenbüttel
70 | 1955
1. Wolfgang Filbert, Ilsede
73 | 1952
22. Dr. Paul David Bottomley,
Pfinztal-Kleinsteinbach
75 | 1950
12. Karl-Heinz Durst, Hessdorf
76 | 1949
4. Gerhard Gradel, Forchheim
10. Siegfried-P. Kaufmann, Linnich
77 | 1948
7. Dr. Hans-Hermann Remagen,
Brühl
14. Reinhold Rothenbücher, Erlangen
23. Dr. Rudolf Görtz, Salzgitter
29. Dr. Anton von Gunten,
Oberdiessbach/CH
80 | 1945
1. Prof. Alfred Voß, Aidlingen
28. Dr. Günther Dietrich, Holzwickede
82 | 1943
5. Dr. Joachim Banck, Heusenstamm
20. Ing. Leonhard Irion, Rückersdorf
28. Dr. Klaus Tägder, Sankt Augustin
83 | 1942
22. Dr. Cornelis Broeders, Linkenheim
85 | 1940
9. Dr. Gerhard Preusche, Herzogenaurach
13. Dr. Hans-Ulrich Fabian, Gehrden
86 | 1939
8. Dr. Herbert Spierling, Dietzenbach
22. Dr. Manfred Schwarz, Dresden
88 | 1937
11. Dr.-Ing. Günter Keil, Sankt Augustin
18. Dipl.-Ing. Hans Wölfel, Heidelberg
89 | 1936
6. Dr. Ashu-Tosh Bhattacharyya, Erkelenz
17. Dr. Helfrid Lahr, Wedemark
März 2025
55 | 1970
10. Dr. Stefan Nießen, Erlangen
13. Dipl.-Ìng. (FH) Michael Remshardt,
Leingarten
65 | 1960
23. Peter Reimann, Lingen
70 | 1955
6. Prof. Dr. Peter-Wilhelm Phlippen,
Geilenkirchen
71 | 1954
13. Dr. Helmut Steiner, Dillingen
74 | 1951
3. Dipl.-Ing. Günter Müller, Mühlheim
30. Dipl.-Ing. (FH) Adelbert Geßler,
Zusmarshausen
75 | 1950
23. Hans-Dieter Schmidt, Dortmund
76 | 1949
5. Dipl.-Ing. Hans Gawor, Bad Honnef
27. Walter Defren, Heddesheim
77 | 1948
13. Dipl.-Kfm. Jochen Bläsing, Mörlenbach
78 | 1947
6. Dr. Michael Weis, Rödermark
80 | 1945
4. Dr. Bernd Hofmann,
Eggenstein-Leopoldsh.
11. Dr. Ulrich Krugmann, Erlangen
11. Joachim Lange, Burgdorf
81 | 1944
2. Dr. Peter Schnur, Hannover
10. Prof. Dr. Reinhard Odoj, Hürtgenwald
82 | 1943
16. Dipl.-Ing. Jochen Heinecke, Kürten
20. Dipl.-Ing. Jörg Brauns, Hanau
83 | 1942
10. Dipl.-Phys. Alfons Scholz, Brühl
85 | 1940
1. Dipl.-Ing. Wolfgang Stumpf, Moers
3. Dipl.-Ing. Eberhard Schomer, Erlangen
7. Dr. Volker Klix, Gehrden
18. Dipl.-Ing. Friedhelm Hülsmann, Garbsen
86 | 1939
1. Prof. Dr. Günter Höhlein, Unterhaching
87 | 1938
4. Dr. Rainer Göhring, Nieblum/Föhr
Wenn Sie künftig eine Erwähnung Ihres
Geburtstages in der atw wünschen, teilen
Sie dies bitte der KTG- Geschäftsstelle mit.
KTG Inside
Lektorat: Kerntechnische Gesellschaft e. V. (KTG), Berliner Straße 88A, 13467 Berlin | E-Mail: info@ktg.org | www.ktg.org
Vol. 70 (2025)
64
Report
International Conference
on Nuclear Decommissioning
2024 – Rückblick
Bereits zum 13. Mal lud das Aachen Institute for Nuclear Training GmbH (AiNT) auch in
diesem Jahr zur International Conference on Nuclear Decom missioning (ICOND) im
Eurogress Aachen ein. Der neue AiNT- Geschäftsführer Dr. Luc Schlömer konnte rund
330 Teilnehmende aus 18 Ländern zu Europas größter Fachtagung rund um nuklearen
Rückbau und die Ent sorgung radioaktiver Abfälle begrüßen. Die noch immer wachsende
Bedeutung der ICOND und ihrer Schwerpunktthemen unterstreicht der hohe Anteil
inter nationaler Gäste von etwa 25 %. Zusätzlich zum wie immer hochkarätig besetzten
Vortrags programm über aktuelle politische Entwicklungen und technische Innovationen
präsentierten Unternehmen und Organisationen ihre Kompetenzen, Produkte und
Dienstleistungen in der begleitenden Fachausstellung. Wie jedes Jahr bot die ICOND als
renommierter Branchentreff eine hervorragende Plattform für einen inten siven Austausch
und zur Vertiefung geschäft licher Beziehungen.
Bereits während des Pre-Conference Workshops am
18. November 2024 waren vielfältige Einblicke
und Einstiegsmöglichkeiten unter anderem in den
belgischen Nuklearmarkt, in neuartige Technologien
zur Reinigung und Dekontamination von Oberflächen
oder auch zur Freimessung geboten. Gleich mehrere
verschiedene, bereits in der Praxis bewährte Erfolgsrezepte
wurden den Zuhörenden nähergebracht.
Die Keynotes am 19. November 2024 eröffneten die
Konferenz mit der einheitlichen Fragestellung Herausforderung
Rückbau – Effizientes Zusammenspiel
von Abfallverursachern, Behörden und Sachverständigen?
Den Reigen der Antworten aus den verschiedensten
Perspektiven eröffnete Michael Bongartz
von der PreussenElektra GmbH mit einem Einblick in
die Herausforderungen bei Stilllegung und Rückbau
einer ganzen Kernkraftwerksflotte, gefolgt von Ulrich
Wiedenmann vom Bayerischen Staatsministerium
für Umwelt und Verbraucherschutz, der den Rückbau
des Kernkraftwerks Gundremmingen II genauer
beleuchtete. Silva Smalian vom Niedersächsischen
Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
referierte über den aktuellen Stand kerntechnischer
Verwaltungsverfahren in Niedersachsen. Weitere Vorträge
von Dr. Hans Koopman (TÜV Nord EnSys GmbH
& Co. KG) und Tetiana Kilochytska (Internationale
Atomenergie-Organisation) behandelten die Herausforderungen
beim Rückbau aus nationaler und internationaler
Sicht. Rudy Koenig (Amentum Clean Energy
Ltd.) und Fabian Attenberger (NUKEM Technologies
Engineering GmbH) rundeten den ersten Konferenztag
mit Vorträgen zu internationalen Erfahrungen und
technologischen Benchmarks sowie optimierten Rückbauverfahren
ab.
Ausgabe 1 › Januar
Report
65
Der zweite Konferenztag begann mit dem Schwerpunkt
Rückbautechnologien. Zum Einstieg wurden internationale
Erfahrungen aus China von Zhang Yu (China
Institute of Atomic Energy), aus Schweden von
Dr. Martin Amft (Sydkraft Nuclear Power AB), aus
Spanien von Diego Espejo Hernando (Enresa S.A.) und
aus Frankreich von Hugo Mejia (Cyclife Germany
GmbH) präsentiert. Pedro Moreira (Framatome GmbH)
erläuterte die Vorteile der Primärkreisdekontamination.
Im Themenblock Innovation & Digitalisierung
zeigten Dr. Stefan Hörmann (Aurivus GmbH), Christian
Berthold (RWE Nuclear GmbH) und Prof. Dr. Thomas
Kopinski (FH Südwestfalen), wie künstliche Intelligenz
den Rückbau auf das nächste Level bringen kann.
Philip Borck und Karolin Möhle von der Bundesgesellschaft
für Endlagerung mbH gaben interessante
Einblicke in die Produktkontrolle radioaktiver Abfälle.
Im Themenblock Abfallmanagement, Rückbau &
Charakterisierung berichtete Nick Sykes (UK Atomic
Energy Authority) über die Herausforderungen bei der
Stilllegung und der Abfallentsorgung künftiger Fusionskraftwerke,
Michelle Dickinson (Amentum Clean
Energy Ltd.) teilte ihre Überlegungen zur deutschen
Abfallstrategie, Dr. Christoph Klein (NUKEM Technologies
Engineering Services GmbH) stellte ein Sortiersystem
für konventionell und radiologisch kontaminierte
Böden vor. Uwe Königs‘ (WTI GmbH) Vortrag
hatte die radiologische Charakterisierung von Heißen
Zellen zum Gegenstand. Im Anschluss ließen Patrick
Haass und Lars Grooten (Nuclear Research and
Consultancy Group v.o.f.) die Zuhörenden an ihren
spannenden Laborerfahrungen teilhaben.
Besonders beliebt am zweiten Konferenztag waren
das Meet your company und das Business Speed Networking,
das auch Young Professionals die Möglichkeit
bot, neue Kontakte zu knüpfen.
Am letzten Konferenztag standen Kompetenz und
Weiter bildung sowie Reststoffmanagement und
Freigabe im Fokus. Dr. Daniela Gutberlet (Westfälische
Hochschule) und Dr. Thomas Bücherl (Technische
Universität München) warben für neue akademische
Ausbildungsmöglichkeiten. Dr. José Luis Leganes Nieto
(Enresa S.A.), Dr. Bettina Grauel (Dornier Hinneburg
GmbH) und Fritz Leibundgut (Paul-Scherrer-Institut)
berichteten von praxisrelevanten Erfahrungen und
Sven Böhringer (Bayerisches Landesamt für Umwelt)
von aufsichtlichen. Den Abschluss bildete Dr. Thomas
Lautsch mit seinem Beitrag zur „Herausforderung
Endlagerung – Zwischen Altlasten und Hightech“.
In der anschließenden Feedback-Sammlung zeigten
sich mehr als 85 % mit dem Tagungs-Programm zufrieden
oder sogar sehr zufrieden. Und sogar fast 95 %
möchten auch die nächste ICOND wieder besuchen.
Diese findet im zweijährlichen Turnus im Mai 2026
statt. Weitere Informationen zur ICOND 2024 sind
unter www.icond.de abrufbar.
Vol. 70 (2025)
66
Report
Karriereportal Kerntechnik 2024
Ein Meilenstein für die Nachwuchsförderung
in der Kerntechnik
Das Karriereportal Kerntechnik hat sich auch 2024 erneut als herausragendes Event
für Nachwuchs förderung und Vernetzung in der kerntechnischen Branche bewährt.
Mit den beiden Events am 20. April in Aachen und am 16. November in Bochum konnte
das Team von actimondo eG nicht nur an die Erfolge des Vorjahres anknüpfen, sondern noch
eine Steigerung erzielen. Mehr als 120 Teilnehmende pro Event und über zwei Dutzend
Unternehmen unterstreichen den wachsenden Erfolg und die Bedeutung dieses Formats.
Das Karriereportal bietet jungen Talenten eine einzigartige
Plattform, um sich mit führenden Unternehmen
der Branche zu vernetzen und spannende Einblicke in
die Welt der Kerntechnik zu gewinnen. 18 neue Jobangebote,
12 Masterarbeiten und Bachelorarbeiten
sowie zahlreiche neue Kontakte, die aus den Veranstaltungen
hervorgingen, belegen den konkreten
Mehrwert für die Teilnehmenden. Gleichzeitig profitieren
die Unternehmen, die sich hier als attraktive
Arbeitgeber präsentieren und wertvolle Einblicke in
die Erwartungen und Interessen der jungen Generation
erhalten.
Company Pitches und
ausgezeichnete Präsentationen
Einen besonderen Stellenwert nahmen 2024 erneut die
Company Pitches ein, bei denen Unternehmen sich als
attraktive Arbeitgeber und die Karrieremöglichkeiten
für die jungen Leute vorstellten. Neu in diesem Jahr
war die Auszeichnung für die besten Pitches. In Aachen
überzeugte Torsten Pfalz (TÜV Rheinland Industrie
Service) mit seiner Präsentation, während in Bochum
Dr. Melanie Wallisch (TÜV Nord Clean Energy Solutions)
den ersten Platz belegte. Die Teilnehmenden
konnten die Pitches in Echtzeit bewerten, was sowohl
Ausgabe 1 › Januar
Report
67
den Firmen wertvolles Feedback gibt als auch den
Studierenden das Gefühl aktiver Mitgestaltung vermittelte.
Insider Insights: Expertise aus erster Hand
Das Insider Insights Programm bot den Teilnehmenden
erneut spannende Vorträge und im Anschluss die
Diskussionsmöglichkeit mit führenden Expertinnen
und Experten der Branche. Zu den Highlights zählten:
⁃ Torsten Pfalz (TÜV Rheinland Industrie-Service):
Karrierewege in der Kerntechnik – Einblicke in die
berufliche Entwicklung und Perspektiven.
⁃ Dr. Christian Schönfelder (Schönfelder. Training):
Das ENEN2plus-Programm des European Nuclear
Education Network, das internationale Studien- und
Karrieremöglichkeiten fördert.
⁃ Nicole Koch (Kerntechnische Gesellschaft):
Aktivitäten der Kerntechnischen Gesellschaft zur
Unterstützung der jungen Generation.
⁃ Wilfried Hahn (Copenhagen Atomics): Die
Faszination Kernenergie – Warum wir groß denken
müssen!
⁃ Dr. Helena Möller (Projektträger GRS): Das
FORKA- Programm zur Förderung des wissenschaftlichen
Nachwuchses im Rückbau kerntechnischer
Anlagen.
⁃ Prof. Dr. Christoph Langer (FH Aachen): Studienmöglichkeiten
und -perspektiven im kerntechnischen
Umfeld.
Diese und weitere Vorträge gaben den Teilnehmenden
praxisnahe Einblicke und motivierten sie, eigene Wege
in der Kerntechnik zu finden.
eingestimmt, sodass sie optimal vorbereitet waren.
Diese Gespräche führten nicht nur zu erfolgreichen
Bewerbungen, sondern halfen den jungen Talenten
auch, ihre Netzwerke gezielt auszubauen.
Exkursionen: Theorie und Praxis verbinden
Ein Highlight der Veranstaltung in Aachen war die
Exkursion zu Urenco in Gronau, bei der die Teilnehmenden
exklusive Einblicke in die Urananreicherung
und die Anlagen vor Ort erhielten. Diese praktischen
Erfahrungen ergänzen das theoretische Wissen und
zeigen den Studierenden, wie vielseitig und spannend
die Kerntechnikbranche ist.
Einzigartiges Format und Ausblick auf 2025
Das Karriereportal Kerntechnik wurde auch 2024
wieder als herausragendes Community-Event gefeiert.
Die positive Resonanz von Teilnehmenden und Unternehmen
hat die Veranstalter weiter motiviert das
Format weiterzuentwickeln. Für 2025 stehen bereits
zwei neue Termine fest: Am 29. März 2025 wird das
Karriereportal erstmals an der TU Dresden stattfinden,
gefolgt vom nächsten Event am 15. November 2025 an
der FH Aachen.
Mit einer einzigartigen Kombination aus Networking,
Fachvorträgen, Praxisnähe und individuellen Gesprächen
bietet das Karriereportal Kerntechnik ein
Format, das junge Talente begeistert und Unternehmen
neue Wege öffnet, Fachkräfte zu gewinnen.
Interes sierte können sich unter www.karriereportal.
actimondo.com informieren und an diesem zukunftsweisenden
Programm teilhaben.
1-zu-1-Gespräche: Maßgeschneiderte Vernetzung
Am Nachmittag der Veranstaltungen fanden wieder die
beliebten 1-zu-1-Gespräche statt, die vom actimondo
Team sorgfältig vorbereitet wurden. Im Vorfeld wurden
die Interessen der Studierenden und der Unter nehmensvertreter
analysiert, um passgenaue Matchings
zu gewährleisten. Durch vorbereitende Workshops
wurden die Teilnehmenden zudem auf die Gespräche
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Report
Bericht vom 3. Forum
Endlagersuche des BASE
in Würzburg
Am 22. und 23. November 2024 fand das 3. Forum Endlagersuche des Bundesamts
für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) im Vogel Congress Centrum in
Würzburg statt. Das Forum wurde vom Planungsteam Forum Endlagerung (PFE)
geplant und umgesetzt. Am Vorabend des ersten Tages organisierte das PFE einen Empfang
der Geschäftsführerin der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Iris Graffunder, der
allerdings nicht im Programm des Forums aufschien. Das Programm war geprägt von den
laufenden repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (rvSU) für die drei
Wirtsgesteinstypen Tongestein, Kristallin sowie Salz in flacher und steiler Lagerung und der
exemplarischen Darstellung der dabei bis jetzt erzielten Fortschritte bei der Einengung der
Suchräume von den sehr ausgedehnten Teilgebieten im 2020 veröffentlichten Zwischenbericht
Teilgebiete der BGE hin zu den Vorschlägen für Standortregionen zur übertägigen
Erkundung, die 2027 als Abschluss von Phase I des Standortauswahlverfahrens präsentiert
werden sollen.
Eröffnung und Podiumsdiskussion
Das Forum wurde mit Reden von Christian Kühn,
Präsident des BASE, und Iris Graffunder, Vorsitzende
der Geschäftsführung der BGE, eröffnet. Graffunder
stellte ihre strategischen Überlegungen zur Standortauswahl
vor und teilte mit, dass die BGE die Vorschläge
für übertägig zu erkundende Standorte Ende 2027 vorstellen
werde. Sie stellte die in Deutschland sehr gute
Geologie heraus und gab sich überzeugt, dass ein
Standort gefunden werden könne, an dem die hochradioaktiven
Abfälle mit bestmöglicher Sicherheit endgelagert
werden könnten. Sie wies darauf hin, dass bei
aller Bedeutung eines breiten politischen Konsenses
auch Ängste vor radioaktiven Abfällen abgebaut
werden müssten um die Menschen zu erreichen.
Graffunder dankte den Mitgliedern im PFE, die die
Konferenz vorbereitet hätten.
Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion mit Ursula
Heinen-Esser, ehemalige Co-Vorsitzende der Endlagerkommission,
Karola Voß, Bürgermeisterin von Ahaus
als Vertreterin der Zwischenlagergemeinden und
der Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden
kern tech nischer Anlagen in Deutschland (ASKETA),
Dr. Tim Vietor, Nationale Genossenschaft für die
Lagerung radioaktiver Abfälle (NAGRA/ESK), Gerrit
Niehaus, Abteilungsleiter Nukleare Sicherheit, Strahlenschutz
im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,
nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
(BMUV) sowie Jakob Blankenburg MdB aus dem Wahlkreis
Lüchow-Dannenberg statt. Voß verwies auf neue
Risiken für die Sicherheit der Zwischenlager, die noch
Jahrzehnte genutzt werden sollen und sprach sich
für finanzielle Entschädigungen der betroffenen
Kommunen aus, auch um den Bund zum Handeln zu
moti vieren. Vietor plädierte dafür, eine Beschleunigung
des Verfahrens durch Vereinfachung und die Konzentration
auf die besten Gebiete zu erreichen. Er verwies
in Bezug auf die Erarbeitung eines realistischen
Zeitplans auf die Dirigentenrolle des Bundesamts für
Energie im Schweizer Verfahren. Niehaus erklärte,
dass der Arbeitsstand der BGE zeige, dass mit der
aktuellen Einengungs-Strategie, die Bestandteil der
Beschleunigungsstrategie des BMUV sei, eine Konzentration
auf geeignete Gebiete umgesetzt werden könne.
Das Forum wurde in Präsenz von rund 250 Personen
besucht mit etwa ebenso vielen zusätzlichen Online-
Teilnehmern. Bei den Besuchern vor Ort handelte es
sich überwiegend um Fachbesucher aus Behörden,
Wissenschaft und Verbänden. Interessierte Bürger
waren sehr wenige zugegen und die mediale Aufmerksamkeit
fokussierte sich auf die Möglichkeit, dass
ggf. kristallines Wirtsgestein relativ frühzeitig vom Auswahlverfahren
ausgeschlossen werden könnte, was
weite Gebiete Bayerns ebenfalls aus dem Verfahren
ausschließen würde.
Erste Arbeitsgruppenphase zum Stand
des Verfahrens und der rvSU
In der ersten Arbeitsgruppenphase mit den eigentlichen
Fachthemen aus dem aktuellen Stand des
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Report
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Standortauswahlverfahrens wurde von der BGE die
Einengung der Teilgebiete im Rahmen der repräsentativen
vorläufigen Sicherheitsuntersuchung (rvSU)
durch Anwendung der Prüfkriterien vorgestellt. Dies
geschah unterteilt auf kristallines Wirtsgestein – Kriterien
des Prüfschritts 1 – sowie Tongestein und Salz in
flacher Lagerung – Kriterien der Prüfschritte 1 und 2.
Dabei erfolgt in Prüfschritt 1 die zielgerichtete Prüfung
von Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen,
in Prüfschritt 2 die qualitative Bewertung des sicheren
Einschlusses, in Prüfschritt 3 die quantitative Bewertung
des sicheren Einschlusses sowie in Prüfschritt 4
ein sicherheitsgerichteter Diskurs zur Bewertung der
bisherigen qualitativen und quantitativen Betrachtungen.
Die Kriterienanwendung führte zur Einteilung von
Flächen in die Kategorien A bis D. Dabei ist D ungeeignet,
C gering geeignet oder ungeeignet, B gut geeignet
und A am besten geeignet. Die weiteren Prüf schritte
jenseits des ersten, werden gestuft nur für die besseren
Kategorien durchgeführt.
Aus der AG 1 zu kristallinem Wirtsgestein wurde in der
Kurzzusammenfassung berichtet, dass in den bislang
behandelten Regionen 37 Prozent der Gebiete in die
Kategorie D – ungeeignet – eingestuft worden seien.
Dabei hätte sich tendenziell Gneis wegen der großen
Anisotropie als weniger geeignet im Vergleich zu Granit
oder anderen Plutoniten gezeigt. Die rvSU für Kristallingesteine
solle bis 2027 abgeschlossen sein und ggf.
die Empfehlungen des ESK-Positionspapiers vom
30. Oktober 2024 berücksichtigen, in dem empfohlen
wurde, am Ende der Phase 1 des Standortauswahlverfahrens
eine wirtsgesteinsübergreifende Liste der
zur übertägigen Erkundung vorgesehenen Standortregionen
zu erstellen. Dabei könnte nach Aussage des
ESK-Papiers der Wirtsgesteinstyp Kristallin möglicherweise
entfallen, da dort wegen des erforderlichen
starken Rückgriffs auf geotechnische und technische
Barrieren eine strukturell schlechtere Prognose hinsichtlich
des Langzeitsicherheitsnachweises zu erwarten
ist. Die Frage eines Endlagers in kristallinen
Wirtsgesteinen vom Typ1 oder Typ 2, also einem Endlager
nach dem Konzept einschlusswirksamer Gebirgsbereich
(ewG) oder nach einem Konzept, dessen Langzeitsicherheit
wesentlich auf geotechnischen und
technischen Barrieren beruht, sei in der AG nicht
thematisiert worden.
Aus der AG 2 zu Tongestein wurde berichtet, dass ein
Tongehalt des Gesteins von über 60 Prozent als ausreichend
gering durchlässig betrachtet werde und die
Nagra-Kriterien für Tongestein auch in Norddeutschland
angewendet werden könnten. Nicht angesprochen
worden sei in der AG das Thema Rückholbarkeit/Bergbarkeit
im Hinblick auf den Meeresspiegelanstieg sowie
die Interpolation zwischen Bohrpunkten. Auch das
Thema Behälterkorrosion sei nicht behandelt worden.
In der AG 3 zur rvSU bei Salz in flacher Lagerung wurde
die Einengung vom gesamten Teilgebiet zu den
Kategorien D (ungeeignet), Kategorie B (weiter zu
verfolgen) und Kategorie A (sicherer Einschluss zu
erwarten) anhand des beispielhaften Teilgebiets
Thüringer Becken vorgestellt. Für die rvSU sei insgesamt
eine erhebliche Verbesserung der Daten erforderlich,
die durch die Erstellung neuer 3D-Modelle
seit dem Teilgebietebericht erreicht werden konnte.
Auch das GRS-Forschungsprojekt zu Subrosion im ewG-
Bereich habe dazu beigetragen. Das Thüringer Becken
sei als Versuchsfeld für die Methodenentwicklung ausgewählt
worden, weil dort die Teilgebiete unterschiedlich
beschaffen seien und unterschiedliche andere
Datengrundlagen bestanden hätten. Im Thüringer
Becken seien keine neuen 3D-Modelle erforderlich
gewesen, weil es ausreichend Bohrungen, Mächtigkeitskarten
und Profilschnitte gebe. Im Thüringer
Becken seien nach Prüfschritt 1 noch viele Gebiete
übriggeblieben, die eine hinreichende Mächtigkeit
hätten. Es gebe dort stratiformes Staßfurt- und
Werra-Steinsalz, wobei eine Mächtigkeit von 100 bis
200 Metern als weniger günstig eingestuft worden sei.
Aufgrund der Möglichkeit der Subrosion werde eine
Lagerungsunterkante von weniger als 700 Metern
unter Geländeoberkante als ungünstig bewertet, da
oberhalb von 600 Metern Teufenlage die Subrosion ein
relevantes Risiko sei. Aus diesen 600 Metern und den
100 Metern Mächtigkeit oberhalb des Lagerhorizonts
ergäben sich die 700 Meter.
In der Diskussion im Anschluss werden die Themen
Subrosion, Geodynamik, Datentransparenz, Qualitätssicherung,
Datenverfügbarkeit, Klimawandel und KI-
Nutzung angesprochen. Auf die Frage zur Subrosion,
wie sich die Prozesse in Zukunft gestalten würden,
wird geantwortet, dass sich die Zukunft im Einzelnen
schlecht vorhersagen lasse, aber davon ausgegangen
werde, dass Vergletscherungen künftig im selben Ausmaß
stattfinden könnten wie in der Vergangenheit.
Hinsichtlich der Geodynamik wird klargestellt, dass
diese Berücksichtigung fände und als Beispiel der
Diapirismus, die Hebung von Salzstöcken und deren
Rate genannt. Hinsichtlich Datentransparenz wurde
die Frage nach der Darstellung bislang ausgeschlossener
Gebiete gestellt und damit beantwortet, dass die
aktuelle Bewertung nicht abschließend sei und Kriterien
iterativ erneut auftreten und Resultate verändern
könnten. Die Frage zur Qualitätssicherung erstreckte
sich auch auf die Aufsicht hinsichtlich der Kriterienanwendung
der BGE sowie die, wie es hieß „Erfindung“
von Schwellwerten jenseits der Vorgaben des StandAG.
Daraufhin wird erläutert, dass die BGE die Aufgabe
habe, die Gebiete einzuengen und die Kriterien dafür
anwendbar gemacht werden müssten. Es wird darauf
verwiesen, dass es diesbezüglich interne Beratungen
und wissenschaftliche Bewertungen gebe sowie der
internationale Stand von Wissenschaft und Technik
berücksichtigt werde. Die verwendeten Schwellwerte
müssten wissenschaftlich begründet sein, würden aber
benötigt, da sonst die Aufgabe nicht erfüllt werden
könne. Diese Werte könnten nicht meterscharf sein
und würden teils auch auf Analogiebetrachtungen
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Report
beruhen. Zur Frage hinsichtlich der Datenverfügbarkeit
– ein Dauerbrenner von Partizipationsveranstaltungen
seit es das Standortauswahlverfahren in der
heutigen Form gibt – wird geantwortet, dass es genug
Daten für den Abschluss von Phase I gebe, die Benennung
von übertägig zu erkundenden Standortregionen.
Die Frage zum Klimawandel richtete sich auf die Sinnhaftigkeit
von Detailanalysen von Standortregionen,
von denen zu befürchten sei, dass sie im Meer versinken
würden. In der Antwort wurde erklärt, dass die
Frage einer Überflutung durch das Meer für die Langzeitsicherheit
keine Bedeutung habe, aber für die Betriebssicherheit
relevant sei und dahingehend berücksichtigt
werde. Auf die Frage nach einer Anwendung
von KI-Werk zeugen auf die Massendatenanalyse war
die Antwort, dass KI Thema sei, man aber für eine wirkliche
Nutzung Vertrauen in die Ergebnisse von KI-Analysen
brauche.
Abendgespräch mit Historiker Prof. Uekötter
Am Abend des ersten Veranstaltungstages war ein
Gespräch mit Prof. Dr. Frank Uekötter über sein Buch
„Atomare Demokratie, Eine Geschichte der Kernenergie
in Deutschland“ von 2022 als Abschluss angesetzt.
Für den Historiker war die Debatte über die Kernenergie
in erster Linie ein Lernprozess ohne dass sich
darüber die Grundüberzeugungen der Diskursteilnehmer
änderten und ein Beispiel für Diskussionskultur
und Einhegung von Radikalität auf beiden Seiten.
Aus Sicht des Autors dieser Zeilen ein schönes Beispiel
dafür, wie Geschichte von den Siegern geschrieben
wird. Obgleich Prof. Uekötter um den Eindruck von
Neutralität bemüht war, ist es doch eine sehr einseitige
Betrachtungsweise davon zu sprechen, dass Radikalität
auf beiden Seiten eingehegt wurde. Während auf Seiten
der Kernenergiebefürworter Radikalität etwa in der
Form eines bisweilen über eifrigen Strebens nach
technologischer Weiterent wicklung auch unter Inkaufnahme
von erhöhten Sicher heitsrisiken wie man dies
für Projekte wie den SNR oder die Hochtemperaturreaktorentwicklung
durchaus konstatieren kann, tatsächlich
eingehegt wurde, indem die Projekte letztlich
auf übergeordneter Ebene aufgegeben wurden, also
das gewaltenteilige und diskursive System an dieser
Stelle funktioniert hat, wurde auf der Gegnerseite gar
nichts eingehegt, sondern vielmehr der radikale Atomausstieg
politisch und rechtlich umgesetzt. Das langsame
und nur dem eigenen positionellen Umsetzungserfolg
zu ver dankende Ablassen von gewalttätiger
Eskalation bei der Gegnerschaft gegen die Kernenergie
kann auch nicht glaubwürdig als Beispiel für Diskussionskultur
oder einen Lernprozess dienen.
Zweiter Forumstag und das Thema Aufsicht
Der zweite Tag des Forums Endlagersuche beginnt mit
dem Vortrag „Aufsicht im Standortauswahlverfahren“
von Sebastian Stransky, Abteilungsleiter Aufsicht im
BASE. Stransky erläutert, dass das BASE in der aktuellen
Verfahrensphase nicht als Fachaufsicht fungiere,
sondern die Verfahrensaufsicht innehabe. Eine Fachaufsicht
finde erst nach Vorlage der Vorschläge von
Standortregionen zur übertägigen Erkundung statt. Im
Moment habe das BASE kein Mandat für die Fachaufsicht,
so dass die BGE frei in der Konkretion des
Verfahrens sei. Er kündigte die Veröffentlichung eines
Papiers zur Selbstbeschreibung der aufsichtlichen
Funktion des BASE auf der Internetseite der Informationsplattform
Endlagersuche an.
Stransky führte aus, dass im Standortauswahlgesetz
nicht detailliert geregelt sei, wie die Aufsicht wahrgenommen
werde, so dass das BASE selbst Verfahren
und Methoden entwickeln müsse. Aktuell sei bei der
Verfahrensaufsicht die Priorität, das Risiko eines
Rücksprungs im Verfahren zu minimieren. Dazu müsse
die Verfahrenskonformität sichergestellt, die Nachvollziehbarkeit
des Vorschlags der Standortregionen
gewährleistet und der Stand von Wissenschaft und
Technik beachtet werden. Dies gelte für die Prüfung
des Vorschlags übertägig zu erkundender Standortregionen
am Ende von Phase I, des Vorschlags untertägig
zu erkundender Standorte am Ende von Phase II
sowie des Standortvorschlags oder der Standortvorschläge
für ein Endlager am Ende von Phase III. Das
BASE sei Fachgutachter, das heißt, es erteile keine
Bescheide, sondern gebe Empfehlungen. Darüber hinaus
seien Gesetzesauslegung und Kommentare zum
Standortauswahlgesetz ebenfalls Aufgabe des BASE.
Zurzeit betreibe das BASE ein permanentes Monitoring
der Arbeit der BGE im Sinne einer verfahrensbegleitenden
Aufsicht und prüfe die institutionelle
Öffentlichkeitsbeteiligung. Auch die Durchführung
von Strategischen Umweltprüfungen und Umweltverträglichkeitsprüfungen
liege beim BASE.
Stransky berichtete, dass in der Aufsichtspraxis die
Fachebene und der Fachdialog am wichtigsten sei.
Es gebe auf Ebene der Abteilungsleiter aufsichtliche
Gespräche, deren Protokolle auf der Seite der Informationsplattform
Endlagersuche eingestellt werden
sollen wie auch ein aufsichtliches Statusgespräch auf
Leitungsebene mit öffentlichen Protokollen.
In der anschließenden Fragerunde waren der Umgang
mit konkreten Bestimmungen des StandAG, der
Umgang mit Meinungsverschiedenheiten zwischen
BASE und BGE, die Verfügbarkeit der erforderlichen
Ressourcen und Kompetenzen beim BASE, die Zuständigkeit
für die Genehmigung von Erkundungsbergwerken
sowie der Zeitbedarf für die Aufgaben des
BASE im Verfahren Thema.
Zum Thema der Umsetzung von § 16 (Übertägige
Erkundung und Vorschlag für untertägige Erkundung)
und § 18 (Untertägige Erkundung) des StandAG wurde
nach der Erarbeitung und Anwendung der Prüfkriterien
dahingehend gefragt, ob die Kriterien für
die untertägige Erkundung entwickelt werden sollen,
wenn die untertägige Erkundung abgeschlossen sei
bzw. man diese Problematik auf dem Schirm habe. Die
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Report
71
Frage konnte nicht beantwortet werden, so dass eine
Antwort nachgereicht werden soll. Bezüglich der Frage
zum Umgang mit möglichen Meinungsverschiedenheiten
zwischen BASE und BGE antwortete Stransky,
dass es einen Verfahrensrücksprung bei solchen
Meinungsverschiedenheiten nur geben würde, falls
der Empfehlung der BGE kein Nachweis zugrunde liege
oder der Verfahrensablauf nicht beachtet werden
würde. Das BASE werde am Ende von Phase II, der
Empfehlung von untertägig zu erkundenden Standorten
den ersten Bescheid über die Verfahrenskonformität
aller Beteiligter erteilen. Auf die Frage, ob
BASE alles habe, was es für seine Aufgaben benötige,
also Personal, Daten und Befugnisse sowie ob die
Erkundungsbergwerke nicht vom BASE statt von den
Landesbergämtern genehmigt werden sollten, antwortete
Stransky, dass BASE alle erforderlichen Daten
habe bzw. erhalte und auch über genügend Personal
verfüge. Auf die Frage hinsichtlich der Sorge, dass BASE
möglicherweise zu viel Zeit für seine Aufgaben in
Anspruch nehmen müsse und die damit verbundene
Empfehlung einer Überlappung in Verfahrensschritten
sowie einer direkten Teilnahme des BASE an den
Beteiligungsprozessen im Blick auf deren Fortentwicklung
wird geantwortet, dass die aufsichtliche
Tätigkeit nicht zeitführend sein werde, sondern die
Auswahl der vorgeschlagenen Standorte sowie die
Regionalkonferenzen.
Zweite Arbeitsgruppenphase und der Zeitbedarf
des Verfahrens
Im weiteren Fortgang der Veranstaltung stand die
zweite Arbeitsgruppenphase an, mit der AG 4 Vorstellung
ausgewählter rvSU-Kriterien zu den weiteren
Prüfschritten, der AG 5 mit Erläuterungen für Einsteiger
und Laien, der AG 6 Schneller, sicher, transparent
– geht das? – Zeitprognosen und Optimierungspotentiale
der Standortauswahl sowie der AG 7 Regiona
lkonferenzen und Rat der Regionen: gemeinsamer
Ausblick und Diskussion über künftige Beteiligungsformate.
Aus der AG 4 wurde von der Vorstellung ausgewählter
rvSU-Kriterien für die Prüfschritte 3 – quantitative
Bewertung des sicheren Einschlusses – und 4 – sicherheitsgerichteter
Diskurs zur Bewertung der bisherigen
qualitativen und quantitativen Betrachtungen – in
Tongestein berichtet. In Prüfschritt 3 würde eine
quantitative Bewertung des Rückhaltevermögens des
Wirtsgesteins mittels einer Transportmodellierung, in
Prüfschritt 4 eine qualitative Bewertung zu Grenzwerten
für den Massen- und Stoffmengenaustrag
vorgenommen. Im weiteren Vorgehen würde der
Prüfschritt 4 in die Teilschritte 4a, Verkleinerung der
Gebiete durch Anwendung der Kriterien, und 4b,
Bewertung der Gebiete in Wertungsgruppen der
Kategorien A bis D aufgeteilt. Bezüglich der Verbesserung
der Nachvollziehbarkeit der Arbeitsschritte und
Zwischenergebnisse für Dritte wurde eine bessere,
leichter verständliche Darstellung im Navigator-Tool
für potentielle Wirtsgesteinsformationen unterhalb
anderer Wirtsgesteinsformationen im selben geografischen
Gebiet angekündigt. Zwischenergebnisse
sollen einmal im Jahr präsentiert werden. Aus der AG
5, die sich an Einsteiger in das Thema richtete, wurde
im Plenum nicht berichtet. Aus der AG 7 zu den
Regionalkonferenzen wurde die Feststellung berichtet,
dass mit der Vorbereitung der Regionalkonferenzen
bereits jetzt begonnen werden müsse und nicht erst,
wenn die Vorschläge zu den Standortregionen vorlägen.
Es wurde darauf hingewiesen, dass eine
Konsultation für ein Konzeptionspapier zur Gestaltung
der Regionalkonferenzen noch bis zum 8. Dezember
2024 offen sei.
Die AG 6 beginnt mit einem Vortrag des Abteilungsleiters
Forschung und Internationales des BASE, Jochen
Ahlswede. Er berichtet, dass sich aus einer PESTEL-
Analyse (Analyse politischer (Political), ökonomischer
(Economic), sozialer (Social), technologischer (Technological),
umweltbezogener (Environmental) und rechtlicher
(Legal) Faktoren) zum Zeitbedarf der Verfahrensdauer
der Standortauswahl die Anzahl der untersuchten
Standorte sowie die Schritte und die Tiefe der
Erkundung als wesentlich bestimmende Faktoren
ergeben hätten. Eine grundlegende Verfahrensbeschleunigung
erfordere deshalb ggf. eine Änderung der
Erkundungsschritte und hänge auch von der Anzahl
der vorgeschlagenen Standort(regionen) ab. Es sei
anzuraten, schon heute im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung
solche Maßnahmen vorzubereiten. Bei der
Öffentlichkeitsbeteiligung selbst und bei der Aufsicht
seien nur wenige Jahre einzusparen, auch im Fall einer
Parallelisierung. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit
einer Diskussion zur Evaluierung des Verfahrens.
Professor Klaus-Jürgen Röhlig von der TU Clausthal hält
seinen Vortrag für die Entsorgungskommission des
Bundes (ESK), deren Mitglied er ist. Röhlig erläutert,
dass das ESK-Positionspapier zu Beschleunigungspotentialen
im Standortauswahlverfahren auf eine
Eigenbefassung der ESK zurück gehe. Die Prämisse sei
dabei gewesen, wie sich das Verfahren möglichst
schnell aber ohne Nachteile bei Sicherheit oder Beteiligung
führen lassen. Für die derzeit laufende Phase I
bis zu den Vorschlägen für übertägig zu erkundende
Standortregionen würden im Sinne des Vertrauensschutzes
und der Verfahrensintegrität keine Vor schläge
gemacht. Der Beschluss von Bundestag und Bundesrat
über diese Standortregionen biete aber die Gelegenheit,
eine Evaluierung in das Verfahren einzubringen.
Dabei seien auch prozessuale und politische Fragen
relevant, wobei die ESK ein technisches Gremium sei.
Die ESK habe für eine zeitnahe Vorlage ihres Papiers
das interne Beratungsverfahren beschleunigt. Die
wichtigsten Einflussgrößen für die Verfahrensdauer
seien Zahl und Größe der ausgewählten Gebiete sowie
die Erkundung. Röhlig forderte, dass das Thema der
Zwischenlagerung und ihrer Dauer wegen der Standortgemeinden
endlich vom Bundestag aufgegriffen
werden müsse.
Vol. 70 (2025)
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Report
Sylvia Kotting-Uhl verweist in Ihrem Statement auf die
Konfliktsituation vor dem Standortauswahlgesetz und
erinnert daran, dass das Land Niedersachsen das
Gesetz nur mitgetragen habe, weil alle Wirtsgesteinstypen
gleichbehandelt würden. Sie erklärte, dass die
Diskussion über Kristallingestein so wie sie heute
geführt werde, das Vertrauen in Salz- und Tonstandorte
nicht steigern würde. Man werde dann einer
betroffenen Kommune sagen, dass es nicht der bestmögliche
sondern der am besten zu erkundende
Standort sei.
Eine Vertreterin des BUND beklagt, dass wegen eines
verfehlten Zeitplans (2031 als Datum für die Standortbestimmung
im StandAG) die Probleme der Zwischenlagerung
gegen die Sicherheit der Endlagerung ausgespielt
würden. Es müsse gelten bestmögliche Sicherheit
für die Endlagerung und die Zwischenlager-Standorte.
Sie erklärte, dass dem Verfahren eine systemische Sicht
auf alle sicherheitsrelevanten Themen der Entsorgung
fehle. Prof. Röhlig merkt an, dass das BMUV dafür verantwortlich
sei, dass das Thema Zeitbedarf lange Zeit
nicht thematisiert und dann nicht diskutiert worden
sei.
Lisa Seidl, Bereichsleiterin Standortauswahl bei der
BGE trägt vor, dass die BGE das StandAG nicht so interpretiere,
dass in jedem Wirtsgestein ein Standortvorschlag
gemacht werden solle. Wir wollen für alle
Wirtsgesteinstypen eine rvSU durchführen und von
dort im Verfahren mit den erfolgversprechendsten
fortfahren. Josef Klaus, Vorsitzender der ASKETA und
1. Bürgermeister von Niederaichbach, erklärt, dass
in der Bevölkerung Unsicherheiten bestünden, dass
das Zwischenlager ein Angriffsziel werden könne. Ein
Problem sei, dass bei dem Thema zu viel mit Ängsten
gearbeitet werde, obgleich die Sicherheit am
wichtigsten sei und auf diese Weise keine Zustimmung
entstehen könne.
Es wurde danach gefragt, ob nicht Gebiete über die
wenige Daten vorlägen erst durch Bohrungen erkundet
werden sollten, bevor man sie ausschließe. Die Antwort
der BGE war, dass man sich methodisch mit dem Fall
unzureichender Datenlage befasst habe und das Thema
für die Phase I handhabbar sei. Prof. Röhlig erklärte in
Ergänzung zu den in der AG angesprochenen Sachverhalten,
dass eine Zwischenlagerstrategie erforderlich
sei, die mit Szenarien arbeite. Die Geschäftsführerin
der BGE, Iris Graffunder, weist darauf hin,
dass auch die atomrechtlichen Verfahren beschleunigt
werden müssten, da auch nach der Auswahl eines
Standortes noch sehr viel Zeit benötigt werde, bis ein
Endlager in Betrieb sei.
Zweite Podiumsdiskusion und die Frage
der Finanzierung
Nach der Mittagspause des zweiten Tages war eine
Podiumsdiskussion mit Peter Hart, Unterabteilungsleiter
S III Nukleare Entsorgung im BMUV, Dr. Thomas
Bley, Vorstand des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen
Entsorgung (KENFO), Prof. Dr. Christian
von Hirschhausen, TU Berlin und dem Titel „Reicht das
Geld? Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen
Entsorgung (KENFO)“ angesetzt.
Hart stellte in seinem Impuls zunächst die Situation
dar: Der Staat sorge für die Entsorgung und sei für die
direkte Finanzierung zuständig. Danach erfolge eine
Refinanzierung gemäß der Endlagervorausleistungsverordnung,
der immer noch viele Ablieferungspflichtige
unterlägen sowie den KENFO. In der
Ver gangenheit ergingen dann Bescheide über Endlagervorausleistungen
an die EVU und andere Abfallverursacher.
Es sei dann die Frage aufgekommen, ob
die Betreiber der Kernkraftwerke die Zahlungen für
die Entsorgung bei schrumpfendem Geschäft und
Rückbau noch leisten könnten. Daraus sei dann die
Regelung zur Verantwortungsübertragung bei Übertragung
der Rückstellungen zuzüglich Risikoaufschlag
entwickelt worden. Ob im Sinne der Fragestellung der
Diskussion die Mittel im KENFO auskömmlich seien,
könne man nicht sagen, da es Unwägbarkeiten gebe.
Professor von Hirschhausen vertrat die These, dass die
Mittel nicht ausreichen würden und begründete dies
mit der Verfahrensdauer, den Unwägbarkeiten und der
Neigung von Infrastrukturprojekten zur Verteuerung.
Er erklärte, dass der KENFO eine grundsätzlich gute
Struktur zur Finanzierung biete, aber Unwägbarkeiten
ausgesetzt sei. Seiner Ansicht nach sei ein Nachschießen
notwendig, wofür aktualisierte Kostenschätzungen
benötigt würden. Er schlug darüber hinaus
vor, dass Rückbau und Entsorgung in staatlicher
Verantwortung und bei Übertragung von Mitteln
gepoolt werden könnten und kündigte an, dass sich der
Lehrstuhl weiter mit dem Thema befassen werde.
Dr. Bley stellte den KENFO vor und teilte mit, dass
derzeit 24,8 Milliarden Euro im Fonds vorhanden
seien bei bisherigen Auszahlungen in Höhe von
4,5 Milliarden Euro seit Bestehen. Er erklärt, dass nach
gegenwärtigen Kostenschätzungen die Ausgaben bis
2099 gedeckt seien und im Jahr 2024 rund 805 Millionen
Euro Zahlungen für Entsorgungstätigkeiten geleistet
würden. Er berichtete, dass der KENFO seit Bestehen
eine Rendite von 4,9 Prozent erwirtschaftet habe und
das Investitionsportfolio eine Dekarbonisierungsquote
von 60 Prozent aufweise. Im Portfolio hätten Aktienanlagen
Gewinn erwirtschaftet, Anleihen seien
dagegen im Wert gesunken. Eine auf Nachhaltigkeit
ausgerichtete Investitionsstrategie erbringe die gleiche
Rendite, sei aber mit weniger Risiken behaftet. Der
KENFO habe trotz Nachhaltigkeitsorientierung ein
breites Portfolio und sei Mitglied der UN Net-Zero
Asset-Owner Alliance.
In der Diskussion zählt von Hirschhausen hypothetische
Kostensteigerungsszenarien auf bis hin zur
Übertragung des Rückbaus – für die von ihm kein
Grund angegeben wird – ohne Einsparmöglichkeiten
Ausgabe 1 › Januar
Report
73
in Betracht zu ziehen, die sich etwa aus einer zentralen
Zwischenlagerung ergeben können, die bei Hirschhausen
nur als ein möglicher Faktor von Kostensteigerungen
aufscheint. Hart äußert Vertrauen in den
KENFO und merkt zur Einbeziehung des Rückbaus an,
dass die Betreiber der Kernkraftwerke regelmäßig
über den Rückbau und dessen Finanzierung berichten
müssten und es keinen Grund für die Annahme gebe,
dass der Rückbau in die Finanzverantwortung des
KENFO überginge. Bley betont die Bedeutung der
Anlagerendite und verweist darauf, dass der Fonds
trotz erheblicher Auszahlungen über mehr Mittel verfüge
als zu Beginn. Die Belastung durch Auszahlungen
variiere auch mit der Zeit. Das bedeute, dass viel aus
der Substanz ausgezahlt werden müsse, falls eine
Spitze bei den Auszahlungen kurz nach einem Markttief
auftrete. Später auftretende Auszahlungsspitzen
erlaubten einen besseren Kapitalaufbau, so dass
eine lange Verfahrensdauer nicht pauschal als Verschlechterung
der Finanzen behandelt werden könne.
Bley erklärt, dass der KENFO bei Gestaltung seiner
Tätigkeit engen Kontakt mit dem Schweizerischen
Stenfo und dem schwedischen Pensionsfonds gehalten
habe. Hart weist darauf hin, dass eine Erweiterung des
Aufgabenumfangs es KENFO eine politische Frage sei
und erklärt, dass die Aufnahme von Schulden zur
Aufstockung des KENFO, die ihrerseits wieder aktuell
den Bundeshaushalt belasteten, nicht unbedingt sinnvoll
sei, um eine Generation in 100 Jahren zu entlasten.
Dritte Arbeitsgruppenphase und vorläufige
Endlagerauslegung
In der letzten Arbeitsgruppenphase sind die Arbeitsstände
zur vorläufigen Endlagerauslegung (AG 8), eine
Interaktive Diskussion zur Beteiligung bis zu den
Regionalkonferenzen: Was brauchen Zivilgesellschaft,
Wissenschaft, Kommunen und Bürger? (AG 9), die
Frage Was bedeuten die Arbeitsstände für die genannten
Regionen? (AG 10) und das Thema Herausforderung:
die Datenbasis für die Ermittlung von
Standortregionen (AG 11) behandelt worden.
In der AG 8 stellte Dr. Thomas Loser von der BGE
regulatorische Vorgaben für den Schritt 2 in Phase I des
Verfahrens vor. Er erläuterte, dass für die vorläufige
Auslegung die Beschreibung der Barrieren, die Bestimmung
der maximalen Größe eines Endlagerbauwerks
und der Art der Einlagerung, die Gewährleistung
der Rückholbarkeit und die Darlegung der
Nicht-Schädigung des ewG erfolgen müssten. Vom
Vorgehen her müsse zunächst das Layout eines
Endlager- Bauwerks und dann die gebirgsmechanische
und die thermische Auslegung bestimmt werden,
wodurch man einen Flächenbedarf ermitteln könne.
Für die Erarbeitung des Layouts würden Kenntnisse
über die Art der Einlagerung, ein vereinfachtes
Behälterkonzept, die Grundlagen von Errichtung und
Betrieb, die Bedingungen der Rückholbarkeit, Annahmen
zu Verschluss und Versatz sowie zur Begrenzung
von Schädigungen benötigt. Daraus seien fünf
grundlegende Endlagerkonzepte erarbeitet worden,
drei zu unterschiedlichen Klassen von Tongestein und
je eines für Salz und kristallines Wirtsgestein.
Loser berichtete, dass die Annahmen zu Behältern für
Salz und Ton in Anlehnung an die Pollux-Behälter
getroffen worden seien und für Kristallin habe man
einen Innenbehälter und eine 15 Zentimeter dicke
Umhüllung aus Kupfer angenommen. Als Maßnahmen
zur Begrenzung von Schädigungen würden Hohlraumvermeidung,
-minimierung und -verfüllung vorgesehen.
Darüber hinaus würden gebirgsschonendes
Auffahren sowie Vermeidung zu hoher Temperaturen
und schädigender Chemikalien als erforderlich angesehen.
Bei den Tongesteinsklassen würden Tongesteine
mit geringer, mittlerer und hoher Beanspruchung
unterteilt, wobei Gesteine geringer Beanspruchung ein
hohes Maß an bergmännischem Ausbau benötigten,
Gesteine hoher Beanspruchung ein geringeres Maß an
Ausbau. Auf eine Frage zur Möglichkeit vertikaler
Einlagerung der Gebinde antwortet Loser, dass die
Mächtigkeit von geeigneten Tongesteinen begrenzt sei
und man diese nicht durch vertikale Einlagerung
weiter reduzieren wolle. Darüber hinaus sei vertikale
Einlagerung im Betrieb schwieriger umzusetzen. Auf
die Frage, ob der Platzbedarf nicht zu hoch angesetzt
werde etwa im Vergleich zum Gesamtvolumen der
erwarteten beladenen Castor-Behälter antwortet Loser,
dass diese und ähnliche Behälter als Transport- und
Lagerbehälter auf diese Aufgaben optimiert seien,
nicht auf Endlagerung. Eine zu enge Lagerung der
Behälter würde zu sehr hohen Temperaturen führen
und das Wirtsgestein schädigen. Er wies darauf hin,
dass auch die Brennstab-Hüllrohre auf Zircaloy nur bis
370 °C thermisch belastet werden könnten und sonst
beschädigt würden.
Im zweiten Teil seines Vortrags erklärte Loser, dass aus
der gebirgsmechanischen Auslegung Mindestabstände
(Pfeiler) zwischen den Einlagerungsstrecken resultierten
und der Raumbedarf infolge der thermischen
Auslegung dann noch steigen könne. Als Auslegungstemperatur
für die Grenzfläche zwischen Behälter und
Gestein würde dabei für Ton von 100 °C ausgegangen.
Der Flächenbedarf eines Endlagers in Tongestein
sei wesentlich thermisch bestimmt, besonders bei
Gesteinen mittlerer und hoher Beanspruchung, bei
denen der Ausbau nicht so umfangreich sein müsse.
Er fährt fort zu erläutern, dass die Auslegung für
Kristallin in Anlehnung an das Posiva-Konzept erfolge.
Bei Salz kämen gleiche Konzepte für steile und flache
Lagerung zur Anwendung, ebenfalls mit Streckenlagerung
und einem etwas anderen, flexibleren Layout.
Es bestehe ein etwas höherer Aufwand für die
Erhaltung als in Kristallingestein, weil das Zuwachsen
durch das Kriechen des Salzgesteins korrigiert
werden müsse. Die Auslegungstemperatur bei Salz
läge bei 150 °C, so dass ein etwas kleineres Endlager
möglich sei. Auf eine Frage zur Einschätzung der
maximalen sinnvollen Teufe antwortet Loser, dass
dies vom Wirtsgestein abhänge, insbesondere den
Vol. 70 (2025)
74
Report
gebirgsmechanischen Eigenschaften. Auf die Frage
warum in Ton und Salz horizontal und in Kristallin
vertikal eingelagert werden solle, erläutert Loser, dass
dies internationaler Stand der Technik sei. Die Arbeit
in kristallinem Gestein sei bei vertikaler Lagerung einfacher
wegen der Einbringung des Bentonit-Puffers
und weil dabei weniger Klüfte berührt würden. Auf die
Frage, warum man das Layout für Salz nicht auch bei
Ton und Kristallin verwende, erläutert Loser, dass
dies in Ton einen sehr großen Aufwand erfordern
würde und auch die 400-Meter-Fluchtwegeregelung zu
beachten sei. Eine Frage zu den Auswirkungen der
verschiedenen Layouts auf die obertägigen Anlagen
beantwortet Loser damit, dass es keine grundlegende
Änderung gebe, aber bei einem größeren Endlager
mehr Aushub und Baumaterialien erforderlich seien.
Auf die Frage, ob man das Endlager an der Oberfläche
bemerke, antwortet er, dass es an der Oberfläche keine
Auswirkungen habe.
Hinsichtlich des Flächenbedarfs eines Endlagers für
schwach- und mittelradioaktive Abfälle am gleichen
Standort berichtete Loser, dass das Layout ähnlich dem
Lager für hochradioaktive Abfälle sei, aber die Einlagerungsbereiche
deutlich größer bemessen würden,
weil es um viel Volumen gehe. Gleichwohl sei der
untertägige Flächenbedarf eines Endlagers für wärmeentwickelnde
Abfälle deutlich größer als für die
schwach- und mittelaktiven Abfälle. Es müsse zwei
gänzlich voneinander getrennte Endlagerbauwerke
geben, damit es keine sicherheitsrelevanten Wechselwirkungen
gebe wie dies in der Verordnung über
Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung hochradioaktiver
Abfälle gefordert werde. Aktuell arbeite
man mit einem Abstand von 300 Metern zwischen den
Bergwerken. Dazu gebe es auch Forschungsvorhaben.
Darüber hinaus würde aktuell zu Automatisierung und
Fernhantierung geforscht.
In der Fragerunde werden die Themen Rückholbarkeit,
Inventardaten und Abklingzeit angesprochen. Auf die
Frage zur Rückholbarkeit in Steinsalz mit Bezug auf
das nicht-nukleare tiefengeologische Endlagerprojekt
Stocamine im Elsass antwortet Loser, dass zwischen
Rückholbarkeit und Bergbarkeit unterschieden werden
müsse. Bei der Bergbarkeit, die für 500 Jahre gewährleistet
sein müsse, seien die Abwesenheit von Aerosolfreisetzungen,
die Behälterkennzeichnung und die
Inventarliste die entscheidenden Aspekte. Auf die
Frage, ob die Rückholbarkeit auch für schwach- und
mittelaktive Abfälle gewährleistet werden solle, lautet
die Antwort, dass dies nicht der Fall sei und es
momentan auch nur um die Berechnung des Flächenbedarfs
untertage gehe. Auf die Frage, warum die
Anforderungen an die Endlagerung schwach- und
mittelaktiver Abfälle noch nicht festgelegt seien,
antwortet Loser, dass die Festlegung eine Rückholbarkeit
für solche Abfälle eine politische Vorgabe wäre.
Auf die Frage, ob die beiden Lager in Etagen angelegt
werden könnten erklärt Loser, dass dies für Salz untersucht
worden sei, sich die Ebenen aber thermisch
beeinflussen würden, weswegen mindestens 300 Meter
vertikaler Abstand erforderlich wären. Man könne
zwar die Behälter weniger belasten, benötige dann
aber mehr davon, so dass sich kein großer Vorteil
ergebe. Auf die Frage ob es bei den Inventardaten
vorrangig um die Wärmleistung gehe, teilt Loser mit,
dass momentan die Wärmeleistung interessiere, keine
weitere Charakterisierung. Auf die Frage wie sich
unterschiedliche Zwischenlagerzeiträume auf die
Wärme entwicklung auswirkten, antwortet Loser, dass
es umso weniger Wärmeentwicklung gebe, je später
die Einlagerung stattfände. Derzeit würde mit einer
Abklingzeit von 40 Jahren in den Behältern kalkuliert.
MOX-Brennelemente hätten die höchste Wärmeentwicklung
und würden als letzte eingelagert, wobei
man derzeit in den Analysen von einem Start der
Einlagerung ab 2070 ausgehe.
Bei den Wahlen zum Planungsteam Forum Endlagersuche
(PFE) wurden die bisherigen Mitglieder bestätigt
und für die Gruppe der unter 35-Jährigen Lucas
Fachtan als Nachfolger von Asta Haberbosch gewählt,
die aus dem Gremium ausgeschieden ist.
Fazit zur Veranstaltung
Das 3. Forum Endlagersuche hat gezeigt, dass der
praktische Prozess der Standortauswahl aktuell im
Rahmen des Zeitplans vorankommt und die Methoden
der BGE geeignet erscheinen, am Ende der Phase I mit
den Vorschlägen für die übertägig zu erkundenden
Standortregionen eine erhebliche und für den Verfahrenserfolg
entscheidende Einengung der in Betracht
zu ziehenden Gebiete zu erreichen. Die Methodenentwicklung,
die auf dieser Grundlage verfolgten
repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen
und die generischen Arbeiten zur Endlagerauslegung
bezeugen, dass die Arbeiten zur Standortauswahl
– wenn auch eher außerhalb der Aufmerksamkeit
der Öffentlichkeit – konsequent verfolgt werden.
Besonders erfreulich ist, dass nach einiger Zeit der
partiellen Befassungsunwilligkeit inzwischen bei
den Verfahrensbeteiligten angekommen ist, dass die
absehbar sehr lange Dauer des gesamten Verfahrens
aus Standortauswahl und Endlagerrealisierung eine
erhebliche Hypothek für den Verfahrenserfolg und
die Verfahrenslegitimität darstellt, die tatsächlich
und wirksam adressiert werden muss. Hier ist zu
wünschen, dass sich das Problembewusstsein auch im
neuen Bundestag entwickelt und Schritte zur Verfahrensreform
für die beim Forum einige Möglichkeiten
aufgezeigt wurden, eingeleitet werden. Eine
substanzielle Beschleunigung des Verfahrens erfordert
am Ende gesetzgeberische Eingriffe in das Standortauswahlgesetz
auch bei Maßnahmen, die prinzipiell
einer Umsetzung im Rahmen des Verfahrensvollzugs
zugänglich wären. Über einer bloß exekutiven Verfahrensmodifikation
schwebte sonst immer das
Damoklesschwert einer fehlenden offenen Debatte
und demokratischen Legitimation.
Ausgabe 1 › Januar
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Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig
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Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Stand: 14. Dezember 2024