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atw - International Journal for Nuclear Power | 02.2025

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information.

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ISSN: 1431-5254 (Print) | eISSN: 2940-6668 (Online)

32.50 €

International Journal for Nuclear Power

2025 2

Operationalizing the contribution of

nuclear power to biodiversity conservation

Interview with Tommi Nyman, Steady Energy

Data Centers: a new dawn for nuclear energy?

nucmag.com

Seit 69 Jahren im Dienste der Kerntechnik


KTG Nuclear Conference

21. - 22. April 2026

Liebe Mitglieder und Freunde der Kerntechnischen Gesellschaft,

wir freuen uns, Ihnen das neue Veranstaltungsformat unserer KTG-Tagung ankündigen

zu können: die KTG Nuclear Conference. Bitte merken Sie sich bereits jetzt den

21. – 22. April 2026 vor und reservieren Sie diesen Termin in Ihrem Kalender.

Unsere technisch-wissenschaftliche Konferenz wird sich der Vielfalt der aktuellen

Fragestellungen der friedlichen Nutzung der Kerntechnik, wie neue Reaktor konzepte,

Fusion, Reaktorsicherheit, Brennstoffkreislauf, aber auch Rückbau und Endlagerung,

widmen – ganz im Sinne unserer Satzung. Dabei legen wir besonderen Wert auf den

Austausch zwischen erfahrenen Fachleuten, Nachwuchs wissenschaftlern und allen

Interessierten, denn wir sind überzeugt: der Fortschritt lebt vom Dialog und von frischen

Impulsen!

Seit vielen Jahrzehnten hat die KTG maßgeblich die Inhalte der Jahrestagung Kerntechnik

gestaltet. Aufbauend auf dieser Tradition möchten wir mit der KTG Nuclear Conference

vor dem Hintergrund der aktuellen weltweiten kern technischen Entwicklungen und

der in Deutschland bestehenden Rahmen bedingungen das Tagungskonzept weiterentwickeln.

Freuen Sie sich auf ein modernes Veran staltungsformat mit inspirierenden

Vorträgen, spannenden Diskussionen und vielfältigen Möglichkeiten zur Vernetzung!

Der Vorstand der KTG freut sich, Sie als Teilnehmer, Diskussionspartner oder Impulsgeber

auf unserer Veranstaltung zu begrüßen. Lassen Sie uns gemeinsam die Faszination

Kerntechnik weitertragen!

Damit die KTG Nuclear Conference ein Erfolg für alle wird, laden wir Sie herzlich ein,

sich aktiv an der inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung zu beteiligen. Ihre Ideen,

Vorschläge und Anregungen sind uns wichtig – gemeinsam schaffen wir eine Plattform,

die Wissen vermittelt, Innovationen fördert und die Zukunft der Kern technik gestaltet.

Weitere Informationen folgen in den nächsten Wochen. Bei Fragen oder Anregungen

stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Bitte nutzen Sie dazu die E-Mail-

Adresse: info@ktg.org.

Mit besten Grüßen

Ihr KTG-Vorstand

Frank Apel

Dr. Walter Tromm

Prof. Jörg Starflinger

Dr. Jens Schröder

Prof. Marco K. Koch

Dr. Hans-Georg Willschütz

Florian Krist


Editorial

3

Energiepolitik am Scheideweg:

Konsens oder Wende zur Zweckmäßigkeit

Im Bundestagswahlkampf war es recht still um die Energiepolitik, obwohl noch in der Interimsphase zwischen

der Auflösung des Bundestages und den Neuwahlen zwei energiepolitische Gesetzesvorhaben beschlossen

wurden – das Solarspitzengesetz und das Gesetz für mehr Steuerung und Akzeptanz beim Windenergieausbau

– die beide darauf abzielen, die erst mit Inkrafttreten des so genannten Osterpakets im Juli 2022 von

Bundeswirtschaftsminister Habeck vorgenommene Beschleunigung des Ausbaus der volatilen erneuerbaren

Energien im Sinne von Netzstabilität und Akzeptanz wieder einzufangen.

Bei der Ruhe in der Energiepolitik ist noch nicht klar,

ob es die Ruhe vor dem Sturm oder eine Friedhofsruhe

ist, denn das hängt am Ende von der tatsächlichen

Regierungsbildung oder den künftigen Modalitäten ab,

parlamentarisch Politik zu gestalten. Gleiches gilt für

die Frage, ob die Nutzung von Kernkraft in Deutschland

in absehbarer Zukunft wieder eine Perspektive hat – in

welcher Form auch immer – oder nicht.

Allerdings zeichnet sich immer stärker ab, dass der vor

25 Jahren eingeschlagene Pfad der Energiewende, die

im Lauf der Zeit auf das Ziel von 100 Prozent erneuerbaren

Energien eskaliert wurde, nicht mehr weitergegangen

werden kann. Indizien dafür sind nicht nur

die oben genannten Gesetze, mit denen der Bundeswirtschaftsminister

letztlich Hand an seinen vermeintlich

größten politischen Erfolg legt, sondern auch etwa

die Einschätzung eines Netzbetreibers, der die Kosten

für den Ausbau der Übertragungsnetze in aktuellen

Szenarien mit 320 Milliarden Euro benennt. Kosten

wohlgemerkt, die weitgehend wegen der Verfolgung

des Ziels von 100 Prozent erneuerbaren Energien

anfallen. Ein weiteres Indiz liefert wieder der Bundeswirtschaftsminister,

der im Zusammenhang mit der so

genannten Klimaneutralität durch Elektrifizierung

den künftigen Strombedarf auf 1.200 TWh pro Jahr

beziffert, verglichen mit 510 TWh im Jahr 2024. Hier

geht es nicht nur um die Kosten – immerhin wären

damit auch Effizienzgewinne und damit eine drastische

Reduktion des Bedarfs und auch Imports von Primärenergie

verbunden – sondern auch um die reine

Möglichkeit der Umsetzung. Man muss sich nämlich

vor Augen halten, dass die im vergangenen Jahr mit

Wind- und Sonnenkraft erzeugten 215 TWh – an sich

ein beachtlicher Wert – nur rund 18 Prozent jenes

Bedarfs von 1.200 TWh abdecken, den der Wirtschaftsminister

für erforderlich hält.

lässt, weshalb das beschleunigte Vorabbescheids­

Verfahren außerhalb von Windenergiegebieten wieder

abgeschafft wird und wir durch den Solarausbau auf

knapp 100 GW installierte Peak-Leistung inzwischen

im Sommerhalbjahr vom Netzzusammenbruch durch

solare bzw. allgemeine EE-Überproduktion (Hellbrise)

bedroht sind, dem durch das Solarspitzengesetz

vorgebeugt werden soll, wird erkennbar, dass es so wie

von vielen Parteien – nicht nur den Grünen – erstrebt

und in ihren Wahlprogrammen behauptet wird, nicht

mehr weiter gehen kann. Der Vollständigkeit halber

soll noch das hohe Strompreisniveau genannt sein,

das mittlerweile ganze Branchen zur Produktionsverlagerung

zwingt, die extrem hohe Volatilität des

Strompreises, die auch als solche ein wirtschaftliches

Problem ist, das ungelöste Problem der winterlichen

Dunkelflaute, das ökonomisch unlösbare Problem

einer saisonalen Stromspeicherung und das Ansinnen,

künftig den Stromverbrauch von Industrie, Gewerbe

und auch privaten Haushalten auf die weitgehend

zufällige Produktion von Wind- und Sonnenstrom

abzustimmen.

Dies alles zeigt nicht nur, dass es nicht so weitergehen

kann, sondern dass es auch nicht so weitergehen sollte.

Man kann nur hoffen, dass das Faktische auch in der

deutschen Energiepolitik wieder normative Kraft entfaltet

und muss all jenen, die sich dem politisch stellen

wollen, viel Mut und Kraft wünschen. Es gibt in

Deutschland nicht nur ein Thema, bei dem eine

konsensuelle Lösung nicht möglich ist, aber dennoch

dringend gehandelt werden muss.

Anders ausgedrückt, müsste die Erzeugung von

volatilen Erneuerbaren – der Rest würde von anderen

Erneuerbaren gedeckt, die aber nicht substanziell

ausgebaut werden können/sollen – gegenüber heute

etwa verfünffacht werden. Wenn man sich vor Augen

hält, dass bereits die aktuelle Beschleunigung des

Windkraftausbaus die Akzeptanzfrage akut werden

Nicolas Wendler

– Chefredakteur –

Vol. 70 (2025)


4

Contents

Ausgabe 2

2025

März

Inhalt

Editorial 3

Feature: Energy Policy, Economy & Law

Operationalizing the contribution of nuclear power

to biodiversity conservation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

José Romero, Lukas Aebi, Henrique Schneider

Interview with Tommi Nyman

Additionally, nuclear heat alleviates pressure

on the wider energy system‘s electrification efforts,

as less electricity is needed for heating. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Calendar 15

Operation and New Build

Data Centers: a new dawn for nuclear energy? . . . . . . . . . . . . . . 16

John Warden, Ruediger Koenig

Nuclear Energy for Data Centers - A short risk analysis

with the Nuclear Pathfinders 8 Issues model . . . . . . . . . . . . . . 26

John Warden, Ruediger Koenig

Research and Innovation

iMAGINE – oder warum wir wissen müssen

ob/dass wir kein Endlager brauchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Bruno Merk, Lakshay Jain, Omid Noori-kalkhoran, Elfriede Derrer-Merk,

Dzianis Litskevich

Krebsmedikamente und Klimaschutz statt Atommüll –

wird Deutschland gestalten oder zuschauen? . . . . . . . . . . . . . . 37

Guido Houben, Franz Strohmer

At a Glance

ETC Deutschland: Anreicherungstechnologie aus Deutschland –

Eine Schlüsseltechnologie mit Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Fuel

Recent advancements in fuel qualification and

neutron simulations for the conversion of FRM II to LEU . . . . . . . 52

Christian Reiter, Bruno Baumeister, Daniel Bonete Wiese

Cover: Blick auf ein Kernkraftwerk in schöner Landschaft

Adobe Stock (KI-generiert)

Public Relations

Bausteine für Liebe und Likes:

Die kulturelle Basis und psychologische Anknüpfungspunkte

für die Kernenergie-Akzeptanz in Deutschland . . . . . . . . . . . . . 56

Chris Breuer

KTG-Fachinfo 63

Vor 66 Jahren 65

Report

Untersuchungsausschuss zum Kernenergie-Ausstieg – dramatischer

Schlussakkord oder Zeichen eines Stimmungsumschwungs? . . . . . 71

KTG Inside

Terminvormerkung Mitgliederversammlung 2025 . . . . . . . . . . . 108

Innovation 4 Nuclear Germany . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Online-Vorträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Neuer Fachgruppenleiter der KTG-Fachgruppe

„Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“ . . . . . . . . . . . . . . . 112

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Ausgabe 2 › März


Feature: Energy Policy, Economy & Law

5

Operationalizing the

contribution of nuclear power

to biodiversity conservation

› José Romero, Lukas Aebi, Henrique Schneider

The production of electricity from nuclear energy has advantages for the conservation

of biodiversity. Over the coming decades, a high level of electrification with low

greenhouse gas emissions is needed in many sectors, including mobility and the

heating and cooling of buildings. Nuclear power generation can help achieve this goal and, at

the same time, reduce the causes of biodiversity loss, namely land-use change, climate

change, and pollution. The international cooperation mechanisms established under the

Convention on Biological Diversity (CBD) can contribute to this task in synergy with those of

the United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC). These are the

technology access and transfer mechanism, the financial mechanism, and capacity building.

The current expansion of nuclear energy in many countries, both developed and developing,

and the EU‘s inclusion of nuclear energy in its taxonomy of green investments, will benefit biodiversity

worldwide. A Coalition of the Willing is proposed to contribute to the conservation

of biodiversity through the use of nuclear energy.

Introduction

The excellence of a technology, or its comparative

advantages over other technologies in the same field,

are not enough to make it adopted by society. This is

the case with nuclear energy, whose share of world

electricity production has remained low for decades

and is not as widespread as it should be despite its

efficiency. Nuclear energy is more efficient than other

forms of electricity production, such as the burning

of precious and irreplaceable fossil fuels – coal, oil,

and natural gas – or hydroelectricity, solar, wind, or

biomass, which are dependent on geographical location

and weather conditions and put biodiversity at risk.

Nevertheless, unlike nuclear energy, these latter forms

of electricity production enjoy a reputation as green

energy among the public and political authorities in

charge of energy policy. [1] Fortunately, nuclear energy

is attracting renewed interest worldwide. In Europe,

for example, the 14-member European Nuclear Alliance

was formed in 2023 with the aim of adding 50 GW of

nuclear capacity by 2050, which means a 50 % increase

in installed nuclear capacity in the European Union

(EU) and aiming for nuclear power to be treated equally

with renewables in the EU’s energy and climate policies.

Furthermore, in 2023, the EU included nuclear energy

as a strategic element to achieve climate neutrality.

Political will is therefore the main driver of the deployment

of nuclear energy. [2]

In this article, we recall the role that nuclear energy

will play in the conservation of biodiversity, another

global priority along with the fight against climate

change, which calls for massive electrification of

the mobility and building sectors. While nuclear electricity

production is mainly concentrated in developed

countries, its extension to developing countries will

contribute to intensifying the fight against biodiversity

loss and climate change and will be a factor of equity

between nations in terms of access to modern technologies.

This extension will be facilitated by the syn ergies

between biodiversity conservation, the fight against

climate change, and the development made possible by

the availability of electricity.

We first introduce biodiversity, its importance for

humans, threats to it and its international policy, and

scientific governance. Then, we look at the benefits for

biodiversity conservation of nuclear energy, which

avoids impacts on biodiversity of other technologies

for electricity generation. Subsequently, practical ways

to foster nuclear projects in international cooperation

under the CBD and UNFCCC processes are proposed

under the leadership of a Coalition of the Willing.

Vol. 70 (2025)


6

Feature: Energy Policy, Economy & Law

Importance of conserving biodiversity

The Intergovernmental Science-Policy Platform on

Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) [3] defines

biodiversity as the variability among living organisms

from all sources, including terrestrial, marine, and

other aquatic ecosystems and the ecological complexes

of which they are a part. This includes variation

in genetic, phenotypic, phylogenetic, and functional

attributes, as well as changes in abundance and distribution

over time and space within and among

species, biological communities, and ecosystems. [4] In

other words, biodiversity is the totality of life forms

found on Earth. The contribution of biodiversity and

ecosystems is vital to human existence, as indicated by

IPBES’ first Global Assessment Report in 2019: “Nature

[and its vital contributions to people, which together

embody biodiversity and ecosystem functions and

services] is essential for human existence and good

quality of life. Most of nature’s contributions to people

are not fully replaceable, and some are irreplaceable.

Nature plays a critical role in providing food and feed,

energy, medicines and genetic resources and a variety

of materials fundamental for people’s physical wellbeing

and for maintaining culture”. [5]

More specifically, the World Economic Forum has listed

five reasons why biodiversity is important to our wellbeing:

1) Biodiversity ensures health and food security;

2) Biodiversity helps fight diseases by providing

the drugs used in modern medicine; 3) The economy

benefits from biodiversity with, e.g., more than half of

global GDP (44 trillion dollars) highly or moderately

depending on nature; 4) Biodiversity provides livelihoods:

every year, people derive a value of around

125 trillion dollars from natural ecosystems, and in the

Global South, forests provide a livelihood for over

1.6 billion people; 5) Biodiversity protects us by providing

nature-based solutions that protect us from

natural disasters such as floods and storms, filter our

water, and regenerate our soils. [6]

Yet we have known for decades that biodiversity and

ecosystems are under threat. In 1987, the Brundtland

Report highlighted the growing scientific consensus,

not without controversy, that species were dis appearing

at an unprecedented rate. Human activities were

blamed for the increasing degradation of ecosystems.

The report also highlighted the contribution of biodiversity

to development and, significantly, to human

well­ being. It also highlighted that much of the

threatened biodiversity was in developing countries,

where poverty, overpopulation, and overexploitation

of natural resources were putting enormous pressure

on biodiversity. [7]

Considerable progress has been made in monitoring

biodiversity since the Brundtland Report. Nevertheless,

the recording and monitoring of biodiversity remains

a complex process. Indeed, it requires overcoming

challenges such as the complexity of biodiversity,

the guarantee of long-term data, the development of

standardized methods and indicators, funding and

sufficient human resources for data collection and

analysis, early warning systems for the timely detection

of changes in biodiversity, and the communication

of results to the scientific community, policy-makers,

[8] [9] [10]

interest groups, and society as a whole.

Despite the difficulties of recording and monitoring,

IPBES’ first Global Assessment Report, published in

2019, indicates that biodiversity is declining on a global

scale and that the drivers of biodiversity loss with the

greatest global impact are, in order of importance:

changes in land and sea use; direct exploitation of

organisms; climate change; pollution; and invasion of

alien species. [5]

International policy and scientific governance

for biodiversity conservation

For the policy aspects, we will concentrate on the

CBD and will not deal with other conventions whose

objectives converge with the CBD and which deal

with specific biodiversity issues such as the trade in

endangered species (CITES) or the protection of

wetlands (Ramsar Convention). For the scientific

aspects, we will present the IPBES. These two institutions

are the building blocks of an architecture that will

allow for nuclear activities in the international process

for the conservation of biodiversity and the protection

of climate while providing low-CO₂ electricity.

International policy governance for biodiversity

To conserve biodiversity and promote its sustainable

use and the sharing of its benefits, the international

community mobilized at the end of the 1980s to draw up

an international treaty. The Convention on Biological

Diversity (CBD) entered into force on 29 December

1993. To date, 196 countries are a party to the CBD. The

CBD‘s supreme governing body is the Conference of

the Parties (COP), formed by the member countries.

Observers may attend its sessions, which are generally

held every two years. [11]

The Convention requires each contracting party to

develop national strategies on the conservation and

sustainable use of biological diversity and to report

periodically on their implementation and effectiveness.

In addition, the Convention establishes two mechanisms

with obligations for industrialized countries. The

first (Article 16) is a mechanism to promote access to

and transfer of technology to developing countries for

the sustainable use of biological resources. This access

to and transfer of technology “shall be provided and/

or facilitated under fair and most favourable terms,

including on concessional and preferential terms

where mutually agreed, and, where necessary, in

accordance with the financial mechanism established”

under the Convention. “In the case of technology

subject to patents and other intellectual property

rights, such access and transfer shall be provided on

Ausgabe 2 › März


Feature: Energy Policy, Economy & Law

7

terms which recognize and are consistent with the

adequate and effective protection of intellectual property

rights”. In addition, the CBD process has adopted

measures to strengthen human and institutional capacities

in countries.

The second mechanism established under the CBD

( Article 21) is “for the provision of financial resources

to developing country Parties for purposes of this

Convention on a grant or concessional basis [...]. The

mechanism shall function under the authority and

guidance of, and be accountable to, the Conference of

the Parties”.

In accordance with a CBD decision, the Global Environment

Facility (GEF) serves as the institutional structure

for managing its financial mechanism. The relationship

between the GEF and the Convention is governed by a

Memorandum of Understanding (MoU) between the

Conference of the Parties (COP) to the Convention and

the GEF Council. Under this MoU, the GEF operates

under the authority and guidance of the COP, representing

the Convention.

Science-policy interface for biodiversity

In the field of climate change, governments established

the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)

in 1988, whose task is to assess scientific, economic, and

social knowledge on climate change that will serve as a

basis for policy decisions on climate change mitigation

and adaptation. This knowledge is relevant to policy

but not politically prescriptive. [12]

For biodiversity, in 2012 the international community

established a body similar to the IPCC, the IPBES, as an

“independent intergovernmental body” This body

responds to the need indicated in 1992 by the CBD in its

Preamble: “the general lack of information and

knowledge concerning biological diversity” The functions

of IPBES are to assess knowledge in a policyrelevant

but not policy-prescriptive manner, to build

capacity, to strengthen the knowledge base, and to

support policies. IPBES is the science-policy interface for

biodiversity, enabling governments around the world

to agree with the scientific community on the latest and

most authoritative scientific and socio­ economic

knowledge on biodiversity and ecosystem services. [3]

To date, IPBES has published regional and thematic

reports, methodological reports, and a global assessment

report. The assessments contained in these

reports are relevant for policy development but are not

prescriptive. IPBES is to biodiversity and ecosystem

services what the Intergovernmental Panel on Climate

Change, established in 1988, is to climate change.

Benefits of nuclear power for biodiversity

conservation

The benefits of generating electricity from nuclear

power become evident if we look at three causes of

biodiversity loss that can be minimized by nuclear

electricity: changes in land use, climate change, and

pollution. Furthermore, nuclear power avoids the negative

impacts on biodiversity of renewable alternatives

for producing electricity, as has been identified by

IPBES-IPCC co-sponsored workshop report on biodiversity

and climate change that took place in 2020. [13]

Less land required

Nuclear power is a highly concentrated energy source,

meaning it can produce large amounts of electricity

from a small amount of fuel. This efficiency reduces the

need for extensive mining and changes in land use.

Figure 1

Lifecycle greenhouse gas emission ranges for the assessed technologies. [32]

Vol. 70 (2025)


8

Feature: Energy Policy, Economy & Law

Nuclear power plants require significantly less land,

thus helping to preserve a more natural landscape

and to curb habitat destruction and biodiversity loss.

Habitat degradation remains the main factor in biodiversity

loss. [14] Nuclear power plants produce more

energy with less land – up to 27 times less than solar

power plants and 173 times less than wind farms. Wind

and solar power plants are built where wind and sunlight

are abundant and require vast areas for turbines

and solar panels. Nuclear power plants, on the other

hand, are limited to nuclear power stations. A nuclear

power plant requires a small area of around 3.37

square kilometers for 1,000 megawatts of energy. The

high capacity utilization rate of nuclear power plants

enables them to supply low-CO₂ electricity 24 hours a

day, regard less of weather and seasonal variations. [15]

Nuclear power is the most land-efficient energy source,

needing 50 times less land than coal and 18 to 27 times

less than on-ground solar PV per unit of electricity

produced. [16] Furthermore, the growing demand for

renewable energy technologies and infrastructure is

expected to drive the expansion of mining areas

globally and threaten protected areas and key biodiversity

areas, increasing habitat loss and thereby

expanding the land footprint of renewable energy. [17]

Less CO 2 emissions

Nuclear energy is a low-CO₂ emitter. In doing so, it

contributes to combating climate change, one of the

main drivers of biodiversity loss. Over its entire life

cycle, nuclear energy is one of the lowest emitters

of CO₂, emitting roughly the same amount of CO₂

equivalent per unit of electricity produced as wind

and less than photovoltaics and hydroelectricity. [18]

Less pollution

The energy system is an important source of air

pollution. [19] Pollution of air, water, and soil affects

many ecosystems. [5] Unlike fossil fuels’ combustion,

nuclear power plants do not emit air pollutants during

their operation, such as sulfur dioxide, nitrogen

oxides, or particulate matter. Such pollutants directly

damage plants by attacking their leaves and needles.

This impairs photosynthesis and plant growth. Other

pollution caused by fossil fuels includes soil acidification,

pollutants in water bodies, and excess nitrogen,

which displace plant species and lead to a loss of

biodiversity. [20] Regarding the challenges posed by

nuclear power generation in terms of cooling water

for nuclear power plants, radioactive waste, and

prevention of nuclear accidents, countries strictly

apply demanding regulations on the operation of

power plants under the supervision of the IAEA in

order to minimize pollutant or contaminant dis charges,

and therefore the threat to biodiversity. [21]

Nuclear energy contributes to transformative

change

Indirect drivers of biodiversity loss are human actions

and decisions that affect nature in a diffuse way

by modifying and influencing the direct drivers of

biodiversity loss mentioned above. Indirect drivers

relevant to this article include, in the energy sector,

unsustainable production and consumption patterns,

economics, governance, and technology. Nuclear

energy offers the opportunity to address them for the

benefit of biodiversity through policies that produce

systemic changes in the technological and economic

drivers of energy that benefit biodiversity. This

approach ensures that biodiversity conservation is

integrated into wider policy areas, in particular energy

production and consumption. By addressing these

indirect drivers, policies can create a more sustainable

and resilient environment, ultimately supporting

biodiversity conservation efforts. [22]

Future of electricity production

In the context of a growing global demand for electricity

for decades, in 2019, the total global final electricity

consumption reached 22.848 PWh, with 9.672 PWh

consumed in OECD countries and 13.176 PWh in non-

OECD countries. [23] In 2023, global electricity consumption

reached 27.7 PWh, and projections for 2050 are

47 PWh. [2] [24] As for nuclear generation, it increased by

9 % between 2015 and 2019 and accounted for 10 % of

total generation in 2019 (2.790 PWh), and the scenarios

project a growth rate for the coming decades of the

same order. To meet the Paris Agreement goal of

limiting the increase in “global average temperature to

well below 2 °C above pre-industrial levels,” the power

sector needs to be electrified, with almost all electricity

supplied by low-carbon sources, including nuclear. [25]

Estimates of the levelized cost of nuclear electricity

have been done. [26] Increasing nuclear power generation

will help meet demands in an efficient, economic,

biodiversity- and climate-friendly manner. In 2023,

there were 418 operational reactors in 34 countries,

including 16 in China, India, and Russia, and other

emerging and developing countries. The top three

nuclear power producers in 2023 were the United

States (31 % of global nuclear power generation), China

(16 %), and France (13 %). Nuclear power generation is

expected to strengthen in the coming years, thanks in

particular to the new political momentum, such as the

European Nuclear Alliance, EU’s inclusion of nuclear

power in its green investment taxonomy, and China‘s

recent announcement to build 11 nuclear power plants.

Moreover, the recent IPCC Sixth Assessment Report

considers that nuclear energy contributes, with

synergies and trade-offs, to sustainability and biodiversity

conservation. This dynamic should help overcome

the obstacles to the deployment of nuclear energy,

which include lengthy certification and licensing processes;

the lack of sufficient electricity grids; a shortage

of workers with specific skills; and increasing financing

Ausgabe 2 › März


Feature: Energy Policy, Economy & Law

9

Figure 2

LCOE rage for the maximum and minimum values of capital costs when other input variables are standardized ($/MWh) [26]

costs. Progress in electrification will depend on

reducing costs and improving the availability of capital.

This is particularly important for emerging markets

and developing countries.

The Coalition of the Willing for nuclear energy and

biodiversity conservation

In this section, we examine how to realize the potential

that the CBD, the UNFCCC, and their financial and

technological mechanisms, and capacity building, with

the scientific support of the IPBES and the IPCC, offer

to facilitate the use of nuclear energy for biodiversity

conservation, inspired by a previous work exploring

ways for nuclear energy in the Paris Agreement. [27]

In this context, the useful exploration of synergies

between the Kunming-Montreal Global Biodiversity

Framework and the Paris Agreement [28] , as well as the

possibility of establishing a joint work program for

climate, nature, and people [29] , are also relevant.

Further more, the Canadian approach to small modular

reactors is very interesting, particularly in terms of taking

into account the views of indigenous peoples, who

play an important role in the sustainable management

of land and the conservation of biodiversity. [30] It should

be noted at the beginning that there needs to be a group

of countries that promote nuclear energy and also link

this to biodiversity. In the following, we speak of a ‘Coalition

of the Willing’. At COP 29 in Baku, many countries

joined in support of nuclear energy. However, in terms

of communication, this support was limited to aspects

of climate change. The European Nuclear Alliance,

which numerous European countries have joined, can

also serve as a model here. [31]

⁃ Build a Coalition of the Willing. The Coalition

should preferably be initiated and led by governments

committed to nuclear power and biodiversity

conservation; otherwise, by the private sector and

relevant inter national bodies. Governments should

participate in the Coalition with representatives

from ministries responsible for biodiversity conservation

and nuclear energy. The Coalition‘s goal will

be to work in the CBD process to integrate nuclear

energy into biodiversity conservation by changing

the current nuclear energy paradigm that prevents

it from realizing its full potential. A light, flexible,

and informal coordination mechanism will be set

up by the initiators. Participation in the Coalition

will be on a voluntary basis. The first task of the

Coalition will be to develop a nuclear conceptual

framework –the Coalition Charter– which will set

out the principles and actions to be undertaken to

mobilize governments, relevant intergovernmental

and international bodies, and the scientific community

in favor of the use of nuclear energy for biodiversity

conservation as part of an approach that

integrates other relevant sectors, including climate

change. The Coalition should build on existing processes,

such as the European Nuclear Alliance, and

bring together and mobilize countries, institutions,

and individuals to ensure that the CBD, IPBES,

UNFCCC. and IPCC take full account of nuclear energy

for biodiversity conservation.

⁃ Change the paradigm. The Coalition should be a

proactive player in the CBD process to promote

international policy on nuclear energy from the

point of view of biodiversity conservation. The

Coalition must make a paradigm shift to add the

political dimension of promoting nuclear energy

to the technical, industrial, scientific, and safety

regulatory functions that the IAEA and other

organizations already perform remarkably well.

⁃ Elaborate a conceptual framework for nuclear

energy for biodiversity conservation. The

Coalition should adopt an evolving framework to

promote, in the CBD process, enabling environments

(scientific, societal, political, economic,

institutional, and regulatory) for nuclear energy for

biodiversity conservation. This framework should

Vol. 70 (2025)


10

Feature: Energy Policy, Economy & Law

include 1) principles based on international rules

for the deployment of nuclear energy and biodiversity

conservation; 2) the promotion of scientific

assessment by independent international bodies, in

full transparency, of the relationship between

nuclear energy and biodiversity conservation;

3) the promotion in the CBD process of a proactive

international nuclear policy for biodiversity conservation,

and support for countries; 4) the exploitation

in the CBD process of synergies between nuclear

energy and the protection of biodiversity in the

energy sector, the reduction of CO₂ emissions,

climate change mitigation and adaptation, the

management of natural resources and forests, as

well as mining activities; 5) the promotion of

capa city building at all levels and in all sectors

concerned with biodiversity conservation and

nuclear energy.

⁃ Assess the relationship between nuclear energy

and biodiversity conservation. The science-policy

interface will consist mainly of IPBES and IPCC

working separately or jointly, in full independence

and transparency. They will assess knowledge on

the benefits of nuclear energy for biodiversity

conservation. These bodies will answer questions

from decision-makers in order to provide them

with a basis for decision-making on these issues,

taking into account scientific, technological, socioeconomic,

environmental, and human health

aspects.

The Coalition should be active in the following processes

and institutions:

⁃ The CBD and UNFCCC COPs. It is imperative and a

priority for the Coalition to work within these

conventions, within the CBD, because that is where

the benefits of nuclear energy for biodiversity

conservation can best be presented and defended,

and within the UNFCCC to ensure synergies

with climate change mitigation and adaptation. In

practice, Coalition members and the IAEA should

actively participate in the COPs and subsidiary

bodies and processes that prepare COP decisions in

order to influence the content of those decisions.

The Coalition should exploit the opportunities

offered for nuclear energy and biodiversity conservation

by the financial and technology access and

transfer mechanisms of these conventions and

capacity building. In practice, the Coalition should

call for the creation of an informal working group

on the use of nuclear energy for biodiversity conservation,

managed jointly by the IAEA and the CBD

secretariat. The Coalition will organize events

during the COPs to inform delegations about its

objectives and activities.

⁃ IAEA. The Coalition should request the IAEA to

support it with its expertise and to participate

actively in the CBD and UNFCCC processes, including

the COPs, their subsidiary bodies, financial and

technology access and transfer mechanisms,

capacity building, and other relevant processes.

The Coalition will also ask the IAEA to participate

actively in the science-policy interface, IPBES, and

the IPCC. The IAEA already has an observer role in

the CBD, the UNFCCC. and the IPCC. It should ask to

participate actively in IPBES.

⁃ IPBES and IPCC. The Coalition should ask IPBES and

IPCC to assess, including through joint work, the

scientific, technological, socio-economic, and

environ mental issues related to nuclear energy, biodiversity

conservation, and synergies with climate

change mitigation and adaptation. IPBES can also be

useful for capacity building. The IAEA should participate

as an observer in IPBES and can also provide

experts to IPBES and the IPCC for their work.

⁃ The financial mechanisms of the CBD and

UNFCCC. The Coalition should pay particular

attention to the financial mechanism of the CBD and

UNFCCC conventions, the GEF and their operational

entities, as well as the Green Climate Fund and

other forms of financing of the conventions. These

financial mechanisms implement relevant programs

for biodiversity conservation and nuclear

energy, in synergy with climate change mitigation

and adaptation. They can reinforce their crosscutting

programs and act as leverage for funding.

⁃ The technology transfer mechanisms of the CBD

and UNFCCC. The Coalition should participate

in the various processes set up under the CBD to

promote technology transfer. These processes

should be linked to those of the UNFCCC in order to

find synergies between the use of nuclear energy

for biodiversity conservation and climate change

mitigation and adaptation.

⁃ Capacity building and development. The Coalition

should promote capacity building on the benefits of

using nuclear energy for biodiversity conservation.

This capacity needs to be built both within the international

nuclear energy bodies, notably the IAEA,

and within the CBD process, as part of the long-term

strategic framework for capacity building and

development recently adopted by the COP. It should

also be noted at this point that, in accordance

with Art. 16 CBD, each party has committed itself to

facilitating access to technologies that are relevant

to the conservation and sustainable use of biological

diversity. According to the above, this explicitly

includes nuclear energy technologies. Consideration

of nuclear energy is therefore very important

under the CBD Treaty.

⁃ Bilateral cooperation. The Coalition should also

promote bilateral and regional nuclear energy

projects and their contribution to biodiversity

conservation through bilateral cooperation, inspired

in particular on the provisions of the EU nuclear

energy taxonomy. It should also be mentioned at

this point that the Parties have explicitly committed

themselves to promoting economic and technical

cooperation for the conservation of biodiversity

within the framework of Art. 18 of the CBD.

⁃ Involvement of the private sector. The Coalition

should provide for the full involvement and

Ausgabe 2 › März


Feature: Energy Policy, Economy & Law

11

participation of the private sector in the international

institutional architecture to be put in place

around the biodiversity and climate conventions

for the use of nuclear energy. The private sector

produces, owns, and applies this technology and

therefore has invaluable know-how and experience

from which the international process should

benefit.

Conclusion

Nuclear power generation offers an opportunity for

biodiversity conservation in synergy with climate

change mitigation and adaptation. Indeed, nuclear

energy addresses the main drivers of biodiversity loss,

namely land use change, climate change, and pollution.

The recently renewed global momentum of policydriven

nuclear expansion is unstoppable, hence it

is best to be on the crest of the wave and benefit

from these activities for biodiversity conservation.

Because these activities will increasingly take place

in developing countries, nuclear is a tool for development

by providing stable, abundant, and affordable

electricity to more and more people, in particular in

the so-called megadiverse developing countries, where

biodiversity loss is most damaging. The CBD must open

the discussion on how to use its technology mechanism

and the financial mechanism and capacity building

for these activities. IPBES must also assess nuclear

activities for biodiversity protection (make a proposal

for a thematic report on this topic). It is high time to

harness existing institutions and market capabilities to

enable nuclear generation to deploy its full capacity,

responsibly and safely, to meet demands with lowcarbon

electricity. This article shows how a Coalition

of the Willing can contribute to the conservation of

biodiversity through the use of nuclear energy.

References

[1] Brook, B. W., & Bradshaw, C. J. (2015). Key role for nuclear energy in global

biodiversity conservation. Conservation Biology, 29(3), 702-712.

[2] IEA (2024). Electricity 2024, IEA, Paris

https://www.iea.org/reports/electricity-2024, Licence: CC BY 4.0.

[3] IPBES (2025). Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity

and Ecosystems Services, https://www.ipbes.net.

[4] IPBES (2018). The IPBES regional assessment report on biodiversity and

ecosystem services for Europe and Central Asia. Rounsevell, M., Fischer, M.,

Torre-Marin Rando, A. and Mader, A. (eds.), Secretariat of the Intergovernmental

Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services,

Bonn, Germany. 892 pages, https://zenodo.org/records/3237429/files/

ipbes_assessment_report_eca_EN.pdf?download=1.

[5] IPBES (2019). Global assessment report of the Intergovernmental

Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. Brondízio,

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1144 pages. ISBN: 978-3-947851-20-1.

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economy and your wellbeing, https://www.weforum.org/agenda/2020/05/

5-reasons-why-biodiversity-matters-human-health-economies-businesswellbeing-coronavirus-covid19-animals-nature-ecosystems/.

[7] UN (1987) Report of the World Commission on Environment and Development:

Our Common Future, https://sustainabledevelopment.un.org/content/

documents/5987our-common-future.pdf.

[8] Moersberger, H., Valdez, J., Martin, J. G., Junker, J., Georgieva, I., Bauer, S., ...

& Bonn, A. (2024). Biodiversity monitoring in Europe: User and policy

needs. Conservation Letters, e13038.

[9] Swiss Federal Office for the Environment FOEN (2020). Monitoring und

Wirkungskontrolle Biodiversität, https://www.bafu.admin.ch/bafu/en/home/

topics/biodiversity/publications-studies/publications/monitoring-wirkungskontrolle-biodiversitaet.html.

[10] Koordinationsstelle BDM (2014). Biodiversitätsmonitoring Schweiz BDM.

Beschreibung der Methoden und Indikatoren. Bundesamt für Umwelt,

Bern. Umwelt-Wissen Nr. 1410: 104

[11] CBD (2025): Convention on Biological Diversity, https://www.cbd.int/.

[12] IPCC (2025): Intergovernmental Panel on Climate Change,

https://www.ipcc.ch.

[13] Pörtner, H. O., Scholes, R. J., Agard, J., Leemans, R., Archer, E., Bai, X., ... &

Ngo, H. (2021). IPBES-IPCC co-sponsored workshop report on biodiversity

and climate change, https://zenodo.org/records/5101133, DOI:10.5281/

zenodo.4782538.

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conservation?. Biological Conservation, 270, 109559.

[15] Nuclear Energy Institute 2022, https://www.nei.org/news/2022/

nuclear-brings-more-electricity-with-less-land.

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of Electricity Generation Options, https://unece.org/sites/default/

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energy production will exacerbate mining threats to biodiversity, Nature

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[18] Guidi, G., Violante, A. C., & De Iuliis, S. (2023). Environmental impact of

electricity generation technologies: a comparison between conventional,

nuclear, and renewable technologies. Energies, 16(23), 7847.

[19] IPCC (2023). Climate Change 2023: Synthesis Report, Summary for Policymakers.

Contribution of Working Groups I, II and III to the Sixth Assessment

Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Core

Writing Team, H. Lee and J. Romero (eds.)]. IPCC, Geneva, Switzerland.

[20] Environmental and Energy Study Institute (2024). Issue Brief | The State of

PFAS Forever Chemicals in America (2024), https://www.eesi.org/papers/

view/fact-sheet-climate-environmental-and-health- impacts- offossil-fuels-2021.

[21] IAEA Safety Standards, https://www.iaea.org/resources/safety-standards.

[22] European Commission (2024). Supporting policy with scientific evidence,

https://knowledge4policy.ec.europa.eu

[23] IEA (2021), Electricity Information: Overview, IEA, Paris https://www.iea.

org/reports/electricity-information-overview, Licence: CC BY 4.0

[24] IEA (2022), World Energy Outlook 2022, IEA, Paris https://www.iea.org/

reports/world-energy-outlook-2022, Licence: CC BY 4.0 (report);

CC BY NC SA 4.0 (Annex A)

[25] Pathak, M., Slade, R., Pichs-Madruga, R., Ürge-Vorsatz, D., Shukla, R., & Skea,

J. (2022). Climate Change 2022 Mitigation of Climate Change: Technical

Summary. https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg3/downloads/report/IPCC_AR6_

WGIII_TechnicalSummary.pdf

[26] Timilsina, G. R. (2020). Demystifying the costs of electricity generation

technologies. The World Bank. https://openknowledge.worldbank.org/

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[27] Schneider, H., & Aebi, L. (2022). Paris, technology, and finance.

Is there room for nuclear technology? Atw. Internationale Zeitschrift

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[28] Streck, C. (2023). Synergies between the Kunming-Montreal Global Biodiversity

Framework and the Paris Agreement: the role of policy milestones,

monitoring frameworks and safeguards. Climate Policy, 23(6), 800-811.

[29] Boran, I., & Pettorelli, N. (2024). The Kunming–Montreal Global Biodiversity

Framework and the Paris Agreement need a joint work programme for

climate, nature and people. Journal of Applied Ecology, 61(9), 1991-1999.

[30] Government of Canada (2022). Canada‘s Small Modular Reactor (SMR)

Action Plan, https://natural-resources.canada.ca/our-natural-resources/

energy-sources-distribution/nuclear-energy-uranium/canadas-small-nuclearreactor-action-plan/21183

[31] Declaration of the EU Nuclear Alliance, meeting of March 4th, 2024, https://

presse.economie.gouv.fr/declaration-of-the-eu-nuclear-alliance-meetingof-march-4th-2024/

[32] United Nations Economic Commission for Europe; Carbon Neutrality in

the UNECE Region: Integrated Life-cycle Assessment of Electricity Sources

(2022), p. 8, https://unece.org/sites/default/files/2022-04/

LCA_3_FINAL%20March%202022.pdf

Vol. 70 (2025)


12

Feature: Energy Policy, Economy & Law

Authors

José Romero

Nuclear Consultant

jose_romero026@hotmail.com

Impressum

Offizielle Mitgliederzeitschrift

der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. (KTG)

Verlag

INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft mbH

Berliner Straße 88A, 13467 Berlin

www.nucmag.com

@atw_Journal

@atw-international-journal-for-nuclear-power

Geschäftsführer

Dr. Thomas Behringer

José holds a PhD in physics from the University of

Lausanne, Switzerland. He worked as a senior

scientist at the World Radiation Center in Davos,

Switzerland. José has held various positions at the

Swiss Federal Office for the Environment (FOEN).

Most recently, he served as Chief Scientist Environment

International and as the Swiss Focal Point for

the Intergovernmental Panel on Climate Change

(IPCC) and the Intergovernmental Platform on Biodiversity

and Ecosystem Services (IPBES). In 2022 and

2023, he was the head of the Technical Support Unit

for the Synthesis Report of the IPCC’s Sixth Assessment

Report. ORCID: 0000-0003-4538-1321

Lukas Aebi

Secretary General

Swiss Nuclear Forum

Lukas.Aebi@nuklearforum.ch

Chefredakteur

Nicolas Wendler

+49 172 2379184

nicolas.wendler@nucmag.com

Redakteurin

Nicole Koch

+49 163 7772797

nicole.koch@nucmag.com

Lukas Aebi is the secretary general of the Swiss

Nuclear Forum. He holds a law degree (University of

Zurich) and a masters in politics (University College

London). Lukas sits on numerous expert and working

groups of the European nuclear energy trade association

NuclearEurope. The Swiss Nuclear Forum

accompanies the energy policy debate in Switzerland

and Europe as a scientific-technical expert organization.

It has over five hundred members. Among them

are numerous national politicians, energy companies,

scientific organizations and industrial enterprises.

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Buschstraße 81, 53113 Bonn

Prof. Dr. Henrique Schneider

Secretary General

Swiss People's Party

hschneider@gmx.ch

Henrique Schneider is Secretary General of the

Swiss People‘s Party. Henrique has participated as a

negotiator in several climate summits and served

as an advisory board member of the Climate

Technology Center and Network. He’s also a board

member of the Swiss Nuclear Forum. ORCID:

0000-0002-0428-8967

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ISSN 1431-5254 (Print) | eISSN 2940-6668 (Online)

Ausgabe 2 › März


Interview

13

Additionally, nuclear heat alleviates

pressure on the wider energy

system‘s electrification efforts, as

less electricity is needed for heating.

Interview with Tommi Nyman,

CEO of Steady Energy

Tommi Nyman is a prominent leader in deep technology, with a distinguished

career spanning over two decades in nuclear energy and particle physics. He

currently serves as the CEO of Steady Energy, one of the hottest nuclear tech startups,

where he drives innovation in the industry. Previously, Tommi was the Vice

President of Nuclear Energy Research at VTT Technical Research Centre of Finland,

where he led a research organization that serves the global nuclear industry.

Among his notable achievements, Tommi played a key role in the new-build nuclear

project Olkiluoto 3 at Teollisuuden Voima Oyj in Finland, which is recognized for

having the largest climate impact in the country. He also con tributed to particle physics

experiments at CERN in Geneva that led to a Nobel Prize in Physics, high lighting his

deep scientific expertise and innovative spirit. Tommi’s unique blend of technical

knowledge, strategic leadership, and proven success in high-impact projects makes

him a highly respected voice in the deep tech community.

Steady Energy develops a small reactor module LDR-50

for district heating applica tions. What are the main

characteristics of the design?

The LDR-50 is a simplified light water (PWR) reactor

with a thermal output of 50 MW. The design allows

for multiple units to be housed within a single facility,

which will be constructed underground.

Since the reactor is intended to produce low-temperature

heat (below 150 °C), it operates at very low

temperatures and pres sures. The pressure within the

reactor pressure vessel is under 10 bars, which is about

15 times lower than that of conventional PWRs

designed for electricity production.

The LDR reactor module features two nested pressure

vessels. Cooling is achieved through natural circulation,

eliminating the need for

pumps inside the pressure vessel.

Heated water rises to the heat

exchangers at the top of the reactor

pressure vessel, where it is cooled

and then flows back to the bottom,

thus re starting the cycle.

Cooling is achieved

through natural circula

tion, elimi na ting the

need for pumps inside

the pressure vessel.

The company Steady Energy is very young. Is there

already design work which you can build upon?

The design‘s origins trace back to early 2020, when a

group of re searchers at VTT, the Technical Research

Centre of Finland, first devised it. Currently, around

25 people are employed by Steady Energy, but nearly

200 experts from various organizations, including

VTT, Tractebel, and Sweco, are collaborating on the

plant and reactor design.

The reactor is a small SMR module design. Will the

nuclear heat supply system be factory built and be

easily transport able?

Natural circulation with in the reactor pressure vessel

results in a vessel height of approximately 10 meters,

despite the fuel itself occupying only 1 meter. While

the system, due to height, as a whole is not easily

trans portable, the plant features

very few components, making

on-site assembly a relatively

quick process compared to larger

power plants.

Vol. 70 (2025)


14

Interview

To be efficient, district heating systems mostly are

centered around the heat source in a hub and spoke

manner. This will mean the heating reactor will be in

the middle of population centers. What are the safety

features of the LDR-50?

The facilities will be con structed in air-tight caverns

underground. In the Nordic context, there will be up

to 15 meters of bedrock between the facility‘s ceiling

and the ground above. If

Building a facility

underground

eliminates the

need for air plane

crash-proof

domes and

makes the

facilities difficult

to penetrate.

bedrock is not available, a

“dig-and­ cover” approach will

be used instead.

There are several reasons for

choosing the underground

option, with safety being a

primary concern. Building a

facility underground eliminates

the need for airplane crashproof

domes and makes the

facilities difficult to penetrate.

The LDR-50 is also designed to ensure that, even if the

ultimate heat sink (the district heating network) is

unavailable, the decay heat is passively removed from

the reactor to the pool in which it is situated.

Do you fear there might be reservations about a

close-by nuclear reactor and if, what could be done to

overcome them?

We must be prepared for people‘s reservations, and the

best way to address these concerns is by communicating

any potential project plans openly and trans parently.

This approach ensures that people do not feel that

decisions are being made behind closed doors.

Additionally, the underground solu tion will help

alleviate potential fears. The Finnish safety regulator

(STUK) recently revised the requirements regarding the

proximity of nuclear plants to population centers. If we

can demonstrate that we can achieve the same safety

levels as a larger plant located 20 km away, there will

be no regu latory issues with building within city limits.

The pre ferred option is always to build on existing

industrial sites.

How large is the green house gas mitigation potential

of nuclear district heating in Finland and in other

potential markets in Europe where there are important

district heating systems?

The immediate market potential for Steady Energy’s

district heating reactors is up to 300 units, covering

markets in Finland, Sweden, the Baltics, Poland, and

Czechia. The broader European market could potentially

double this number. Currently, nearly 60 % of district

heat is produced using

The preferred

option is always to

build on existing

industrial sites.

fossil fuels, so the greenhouse

gas (GHG) mitigation

potential is immense,

amounting to

millions of tons of CO₂.

Moreover, it‘s not just about reducing GHG emissions

but also minimizing material impact. The fuel required

by an LDR-50 reactor over its 60-year lifetime would fit

into two parking spaces. To produce the same amount

of energy (20 TWh), you would need about 12 million

barrels of oil or 10 million cubic meters of wood. These

benefits will multiply as we aim to build dozens or even

hundreds of these reactors.

Will nuclear district heating be cost competitive with

current alternatives such as fossil fueled district

heating, fossil fueled boilers, geothermal heating and

electrical heat pumps both for individual buildings and

as large centralized heat pumps?

Our conservative estimate is that heat produced with

an LDR-50 will cost less than €40/MWh, including

both capital and operating costs. At this level, nuclear

heat is cost-competitive with any alternatives. Additionally,

nuclear heat alleviates pressure on the wider

energy system‘s electrification

efforts, as less electricity

is needed for heating.

This provides more flexibility

as industrial sectors

and transportation become

elec tri fied. We view heat

pumps and electric boilers

as comple mentary solutions

for district heating

systems, working alongside

nuclear heat to help decarbonize

them.

Could there be additional appli ca tions for the LDR-50,

such as cooling for large building com plexes, cool

storage facilities or large industrial sites?

The same technology can be applied to process industries

where there is a constant need for large quantities

of low-temperature heat. The LDR-50 could be utilized

in medical, food and beverage, and textile industries.

Additionally, the LDR-50 could be employed in desalination

plants in areas lacking fresh water, replacing fossil

fuel-based systems. Furthermore, the heat energy from

the LDR-50 could be used with absorption chillers

for cooling, supplying chilled water to district cooling

networks.

Author

Nicolas Wendler

Head of Press and Politics

KernD (Kerntechnik Deutschland e. V.)

nicolas.wendler@kernd.de

To produce the

same amount of

energy (20 TWh),

you would need

about 12 million

barrels of oil or

10 million cubic

meters of wood.

Nicolas Wendler has been Head of Press and Politics at

KernD since August 2013 (Nuclear Technology Germany

e. V. / German Atomic Forum e. V.) and started his career

in March 2010 as Policy officer. Previously he was an international

consultant for the international relations of

the Young Union (Junge Union) of Germany among other

topics of energy, climate and economic policy for the organization. Since January

2022 he is also the editor in chief at atw. Wendler studied in Munich and Bordeaux

political science and economics and (North) American cultural history.

Ausgabe 2 › März


Calendar

15

2025

9. – 13.3.2025

WM Symposia 2025.

Phoenix, AZ, USA

https://www.wmsym.org/conferenceinformation/wm2025-conference/

11.3.2025

KTG Online-Vortrag: „Krebsmedikamente

und Klimaschutz statt Atommüll“

Registrierung unter:

... mehr dazu auf Seite 110

18.3.2025

KTG Online-Vortrag: „iMAGINE – Können

wir uns DAS Endlager sparen?“

Registrierung unter:

... mehr dazu auf Seite 111

29.3.2025

Karriereportal Kerntechnik.

Ruhr-Universität Bochum, Germany

https://karriereportal.actimondo.com/

6. – 10.4.2025

The European Research Reactor

Conference/RRFM.

Aix-en-Provence, France

https://www.euronuclear.org/europeanresearch-reactor-conference-2025-rrfm/

7. – 12.4.2025

KI zur Automatisierung von (Kern-)

Kraftwerken, am Beispiel des ‚500%‘

gaufreisicheren HTR.

Braunlage/Harz.

Teilnahme kostenfrei, Details und

Anmeldung bei Tagungsveranstalter

Prof. Helmut Keutner, keu1@gmx.net

27. – 29.4.2025

16 th China International Exhibition on

Nuclear Power Industry.

Beijing, P.R. China

https://www.cienpi-expo.com/

4. – 8.5.2025

Nuclear and Emerging Technologies

for Space (NETS 2025).

Huntsville, AL, USA

https://www.ans.org/meetings/nets2025/

12. – 13.5.2025

SMR & Advanced Reactor 2025.

Nashville, USA

https://events.reutersevents.com/nuclear/

smr-usa?utm_source=eventlisting_conferenceservice_com

20. – 22.5.2025

9. SEDS Workshop

Garching, Germany

https://www.grs.de/de/seds- workshop-

2025

21. – 23.5.2025

NUWCEM 2025

5 th International Symposium dedicated

to cement-based materials for nuclear

waste management.

Avignon, France

https://www.sfen.org/evenement/

nuwcem-2025/

4. - 5.6.2025

Nucleareurope2025.

Brussels, Belgium

https://events.nucleareurope.eu/

nucleareurope2025/

17.6.2025

KTG Mitgliederversammlung 2025.

HYPERION Hotel Leipzig, Germany

... mehr dazu auf Seite 108

23. – 26.6.2025

SOFE 2025 Symposium on Fusion

Engineering.

Cambridge, MA, USA

https://www.psfc.mit.edu/sofe2025

1. – 2.7.2025

NPPES Nuclear Power Plants VII.

Expo & XI. Summit

Istanbul, Turkey

https://www.nuclearpowerplantsexpo.com/

20. – 23.7.2025

Advances in Nuclear Fuel Management

(ANFM 2025).

Clearwater Beach, FL, USA

https://www.ans.org/meetings/

anfm2025/

5. – 9.8.2025

IYCE - International Youth Congress

on Energy.

Budapest, Hungary

https://www.iyce-conf.org/welcome

10. – 15.8.2025

SMiRT28 - Structural Mechanics in

Reactor Technology.

Toronto, Canada

https://smirt28.com/

31.8. – 5.9.2025

NURETH-21 – International Topical

Meeting on Nuclear Reactor Thermal

Hydraulics.

Busan, South Korea

https://www.nureth-21.org/

17. – 19.9.2025

safeND 2025.

Berlin, Germany

https://www.base.bund.de/en/research/

events/research-symposium/_documents/

safend-25.html

17. – 19.9.2025

KONTEC 2025.

Dresden, Germany

https://www.kontec-symposium.com/

22. - 25.9.2025

NPC 2025

23 rd International Conference on Water

Chemistry in Nuclear Reactor System.

Busan, Republic of Korea

https://www.npc2025.org/

5. – 9.10.2025

TopFuel 2025.

Nashville, TN, US

https://www.ans.org/meetings/view-435/

4.- 6.11.2025

World Nuclear Exhibition 2025.

Paris, France

https://www.world-nuclear-exhibition.

com/en-gb.html

25. – 26.11.2025

4. Fachworkshop Zwischenlagerung

EUREF-Campus, Berlin

https://bgz.de/veranstaltungen/

Kalender 2025

Fachtag der KTG-Fachgruppe „Internationale

Entwicklungen innovativer Reaktorsysteme“

Das Heatpipe, der Mikroreaktor

und der Weltraum

20. – 21.3.2025

Stuttgart, Germany

www.ktg.org

Vol. 70 (2025)


16

Operation and New Build

Data Centers: a new dawn

for nuclear energy?

› John Warden, Ruediger Koenig

Nuclear energy is seen as a potential solution to the problem of providing sufficient

reliable energy to decarbonize hard to abate industries such as steel, chemicals, and

shipping, and to support new “hyperloads” such as data centers. Industrial users and

IT companies are actively engaging with the nuclear industry to explore these options - and

the needs and statements of these new actors suggest a change in the relative importance

to the client between cost and deliverability of the energy supplied by nuclear plants.

In the first article in this series [1] , Edward Kee explored

the potential for recommissioning shuttered nuclear

power plants such as Three Mile Island 1 (TMI-1) to

support this new client base.

This paper looks in more detail at reasons for the

interest from these new actors, specifically the case for

data center support, and its challenges and implications

for nuclear industry growth.

For brevity we will generically refer to Small Modular

Reactors (SMRs) where we include both current lightwater

cooled designs and what are often referred to as

‘advanced reactors’ (AR) with other features. However

we will go on to explain that in most development

scenarios data centers will require advanced technology

solutions – but in “small” modular plant designs

– while in some other scenarios large gigawatt scale

(GW) plants will be called for.

The evolving market for nuclear reactors

The civil nuclear power industry developed on the

basis of quite a simple market model. An entity with

very deep pockets – either a government agency,

state-owned enterprise or power utility consortium –

would identify a need or opportunity to supply

regional- or national-scale electricity, usually in a

regulated market, using a nuclear power plant.

The entity would raise the significant up-front capital

to build the plant through a combination of corporate

treasury, bond issue, state debt, and shareholder equity.

The cost would be passed through to ratepayers by

government or regulated utilities. Once built, the

nuclear power plant would provide baseload power for

many decades, the capital cost being amortised through

direct bills from power consumers or long-term power

purchase agreements with large power users.

Market liberalization from the 1980s onwards, mainly

in the US and Europe, and the resulting need to supply

commoditised and fungible grid-scale electricity,

changed the business case for such huge capital intensive

projects. As a commodity, the nuclear plant’s

output became subject to the mercy of electricity

market forces where marginal generating cost is the

driving factor, especially where subsidized renewable

supplies are guaranteed priority dispatch in meritorder

markets.

This new market design became unworkable in the

early 21 st century for some US merchant nuclear

powerplants such as TMI-1, and continues to make the

financing of new nuclear plant development and

operation difficult to justify, despite the development of

a number of schemes – such as Olkiluoto 3's Mankala

model, the Hinkley Point C Contract for Difference

scheme, or the Regulated Asset Base concept intended

for Sizewell C – which attempt to spread risk across such

projects by replicating some features of the ratepayer

recovery [2] .

But another market model seems to be (re-)emerging.

In the latter half of 2024 a number of well-publicised

announcements by tech companies such as Google,

Microsoft, Amazon and others pledged investment and

support in SMRs, advanced reactor technology and

recommissioned plants to help provide nuclear energy

for their growing data center requirements (see Box 1).

In this model, the client is a discrete enterprise which

requires energy to run its operations directly, and

revenue and profit are driven by other factors. This

‘energy as input’ model of energy consumption is not

based on end-user cost-sensitive consumers; instead, as

we explore in this paper, this new client base is attracted

by nuclear energy’s other deliverables – zero-carbon,

reliable and flexible, and scaleable globally. Note that

Ausgabe 2 › März


Operation and New Build

17

similar models have been considered before, such

as by BASF in Germany in the 1960s/70s [3] , but not

implemented for various reasons that could also apply

in the future, as we'll explore in this article.

The ‘energy as input’ model of nuclear energy provision

will mature over the next decade, and its full

implementation partly will depend on the successful

development of a range of advanced nuclear technologies

with the appropriate characteristics. As yet none

of these concepts have been demonstrated commercially,

and some of the proposed use cases, such as for

remote or mul tiple siting and operation, will require

changes to systems of regulation and security. Some

⁃ Google has agreed to purchase up to 500 MW

of electricity from multiple SMR units, which will

be designed, built and operated by the Californiabased

firm Kairos Power [35] .

⁃ Amazon has an even wider plan which includes

investing directly in X-Energy, an SMR developer,

including taking two seats on its board, and

teaming up with two utilities, Energy Northwest

(Washington State) and Dominion (Virginia), to

investigate the deployment of X-Energy’s SMRs [36] .

Amazon Web Services also obtains nuclear energy

from Susquehanna Nuclear Power Plant through

Talen Energy [37] .

⁃ Oracle – Oracle is planning a 1 GWe data center

powered by 3 SMRs. It has not revealed further

details [38] .

⁃ Oklo/Switch – Oklo, a developer of advanced

nuclear technology, and Switch, a premier provider

of AI, cloud and enterprise data centers,

have signed a non-binding agreement to deploy

12 gigawatts of Oklo Aurora powerhouse projects

through 2044 [39] .

⁃ Microsoft – Microsoft has made a number

of investments and announcements around

advanced nuclear over the last two years:

a. In 2024 it agreed a PPA for up to 880 MW from

Crane Clean Energy Centre (previously TMI-1),

at an estimated price of $110/MWh, significantly

above energy market rates [40] .

b. Bill Gates is a founder of TerraPower, an

advanced nuclear technology developer, which

is building a sodium-cooled advanced plant in

Wyoming, with a target date of 2030 [41] .

c. In 2023 Microsoft arranged a PPA with Helion,

a fusion tech developer, with a target date of

2028 [42] .

⁃ Meta – In December 2024 Meta issued a request

for proposals to identify nuclear energy developers

to help meet Meta’s AI innovation and sustainability

objectives — targeting 1-4 GWe of new

nuclear generation capacity in the U.S. [43] Box 1

Tech Company nuclear energy announcements

may include fuel reprocessing as part of their business

model, which would require a significant change in

policy in a number of countries. Much comment and

analysis at the moment is therefore highly speculative.

However the recent publicity and statements by the

tech companies, data center operators and potential

nuclear vendors do give some indication of the possible

direction of travel [4] .

In this paper we will explore this direction of travel,

how nuclear energy supply may help, and the implications

for the nuclear sector – as well as some of the

serious challenges it faces. As this sector is at present

dominated by U.S. actors, our analysis concentrates on

the U.S. but comments on implications for Europe and

elsewhere.

The growing data center industry

Power demand

A ‘data center’ is any facility which stores and shares

applications and data (see Box 2). To do this, it will

contain IT servers, storage systems and computing

infrastructure. This equipment consumes power

directly and also requires power for climate control

(cooling and humidity) and building services, with the

cost of power representing 60-70% of the operating

costs [5] . The largest hyperscale data centers can require

100-500 MWe supply, with combined campuses

now approaching 1-2 GWe. Improving power useage

effectiveness (PUE) is an important development goal

for data center owners but savings in this area will

be outcompensated by increasing demand for data

capacity.

The amount of data being collected by the global data

economy continues to grow, driven by the increasing

adoption of Artificial Intelligence (AI) applications,

with some 95, 120 and 150 zettabytes being produced

annually over the last 3 years [6] . This current and

potential growth is driving huge and growing interest

and investment in more and larger data centers, with

JPMorgan estimating growth in energy demand from

150 TWh in 2023 to 600 TWh by 2030 [7][8] . There is much

uncertainty around the accuracy of these growth

predictions, and potential for rapid disruption as

shown by the stock market quivers in early 2025 driven

by the DeepSeek AI technology [9] , but there is little

doubt that energy requirements for data support,

including AI referencing and training, will continue

to grow significantly – in size, number and global

distribution of data centers [10] .

For 2025 the IEA estimates that the total data center

power requirement is about 1% of global electricity

demand but in some regions is already significantly

more: for example one-fifth of Ireland’s power demand

is from data centers [11] .

Vol. 70 (2025)


18

Operation and New Build

Siting

The USA dominates the data center count by country,

with some 5400, almost twice the total of Europe –

2800 – and ten times that of the next ranked country,

Germany. [12] The structure of the Chinese data center

ecosystem is difficult to compare and will not be reflected

in this article.

Data centers have preferentially been sited in areas

which can support their workforce and power needs,

have easy access to large data-hungry populations and

are close to internet nodes. This combination of factors

has led to clustering in areas such as Northern Virginia,

where the combination of the Washington DC metropolitan

area and many trans-atlantic communication

cables making landfall nearby make a compelling mix.

This growth continues: Dominion Energy, the regional

power utility for Virginia, reports that its contracted

data center capacity rose from 16 to 21 GWe from 2023

to 2024 with another 12.8 GWe requested in the first

9 months of 2024. [13]

With the cost of energy being the largest ongoing

expense for data centers, the efficiency of its climate

control operations to maintain an effective temperature

of 18-22C against its output temperature of 40C+ [14]

is crucial to the overall performance of the data center.

Accordingly, data centers in warmer and more humid

climates such as South Florida are up to 20 % less

energy efficient than their counterparts in northern

parts of the country like New York [15] . Besides siting in

areas with lower average temperatures, hyperscale

data centers, which are reaching power demands of

over 500 MWe, are also increasingly moving to liquid

cooling to drive down PUE.

While the strategic and economic value of data centers

make them attractive to national, state, and local

governments and developers, some jurisdictions are

now limiting the amount of data center growth in an

area: as data center size increases, local noise issues

and water supply for cooling as well as grid load and

stability become greater factors.

Power supply

These rapid growth forecasts are now driving data

center developers and operators to seek power sources

which can match their future needs:

a. To date, power for data centers has been mainly

sourced through grid connection to power utilities

(such as Dominion Energy) with backup from

behind the meter (“BTM”) diesel generators or other

local supply [16] . However the rapid growth in data

center power needs is putting significant pressure

on the ability of regional utilities to guarantee

supply and the capacity of the transmission system

to connect and transmit, and also potentially

impacting on the cost and availability of power to

other consumers. Such concerns have led, for

example, to the recent rejection of Talen Energy’s

This article generalizes “data centers”. A more diligent

market analysis requires to distinguish significant

differences with respect to purposes/applica tions,

networks, technologies, and business models and

their respective needs and characteristics (e.g.

latency, location, distribution, size, staffing, etc.).

⁃ Size and Space: Data centers vary significantly

in size, from small facilities to large hyperscale

centers, which typically exceed 10,000 square

meters.

⁃ Power Uses:

⁃ Power demand: Hyperscale data center power

demand ranges from 100-500 MWe, and

upwards of 80% load, with a trend for further

growth, with planned campuses now reaching

over 2 GWe. At the other end of the range, edge

computing consists of a growing number of

distributed small units (5 MWe).

⁃ PUE (Power Usage Effectiveness): This metric,

which measures energy efficiency, is calculated

as the ratio of total facility energy to IT equipment

energy. For example, if IT equipment uses

1 MW and the PUE is 1.5, total energy use equals

1.5 MW.

⁃ Valid Range of MWh per PUE: Typical data center

PUEs range from 1.2 to 1.5. For example, with

IT equipment consuming 1 MWh, total energy

use would be between 1.2 MWh and 1.5 MWh.

Hyperscale data centers often achieve PUEs

closer to 1.1.

⁃ Future Trends: Improved cooling and renewable

integration are driving PUE values downward.

The global average PUE, around 1.57 in 2024, is

projected to approach 1.2–1.3 by 2030. However,

increasing IT loads from AI and machine learning

could push total energy demands (MWh per PUE)

higher, even as PUE improves.

⁃ Siting: Depending on their role in data networks,

data centers will be located near urban centers

close to data "consumption", or where external

factors (real estate, climate, etc.) are favorable, or

they will closely follow users in highly distributed

modes (edge computing).

⁃ Staffing: Staffing requirements vary by scale, with

large hyperscale data centers employing hundreds

and smaller facilities operating with minimal staff

or even being run remotely.

Box 2

Data Center Overview Facts and Figures (various sources)

request for a 180 MWe upgrade in output from the

Susquehanna nuclear plant to supply an Amazon

data center [17] , and are leading tech companies to

consider BTM power supplies, independent from

the regional grid.

b. Guarantee of data center uptime is becoming ever

more crucial [18] . Highly time-sensitive activities

such as automatic financial trading [19] can lose

significant sums with any loss of service, and there

is increasing need to support safety-critical

Ausgabe 2 › März


Operation and New Build

Anzeige

19

Data Center Tier Levels, which specify the

design features required for a desired system

availability (Source: Uptime Institute).

Tier I

A Tier I data center is the basic capacity level

with infrastructure to support information

technology for an office setting and beyond.

Tier I protects against disruptions from human

error, but not unexpected failure or outage.

Redundant equipment includes chillers, pumps,

UPS modules, and engine generators. The facility

will have to shut down completely for preventive

maintenance and repairs, and failure to do so

increases the risk of unplanned disruptions and

severe consequences from system failure.

Tier II

Tier II facilities cover redundant capacity components

for power and cooling that provide

better maintenance opportunities and safety

against disruptions.

The distribution path of Tier II serves a critical

environment, and the components can be

removed without shutting it down. Like a Tier I

facility, unexpected shutdown of a Tier II data

center will affect the system.

Tier III

A Tier III data center is concurrently maintainable

with redundant components as a key differentiator,

with redundant distribution paths to

serve the critical environment. Unlike Tier I and

Tier II, these facilities require no shutdowns

when equipment needs maintenance or replacement.

The components of Tier III are added to

Tier II components so that any part can be shut

down without impacting IT operation.

Tier IV

A Tier IV data center has several independent

and physically isolated systems that act as

redundant capacity components and distribution

paths. The separation is necessary to prevent an

event from compromising both systems. The

environment will not be affected by a disruption

from planned and unplanned events. However,

if the redundant components or distribution

paths are shut down for maintenance, the

environment may experience a higher risk of

disruption if a failure occurs.

Tier IV facilities add fault tolerance to the Tier III

topology. When a piece of equipment fails, or

there is an interruption in the distribution path,

IT operations will not be affected. All of the IT

equipment must have a fault-tolerant power

design to be compatible. Tier IV data centers

also require con tinuous cooling to make the

environment stable.

Box 3

Data Center Tiers [44]

Nuclear Economics

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Vol. 70 (2025)


20

Operation and New Build

functions such as autonomous driving. As a result,

permanent, reliable and sufficient power is an

essential requirement, with any large data center

requiring at least “Tier 4 reliability” (99.995 % see

Box 3) and increasingly the ‘five nines” or 99.999 %

uptime.

c. While data centers operate at continuous high

loads, they do have some variability and potential

volatility. This will be due to external factors

( seasonal and other weather conditions) as well as

operations modes which can differ depending on

applications being run (e.g. AI training versus

different types of online services). Accordingly

they will require a power source that can load

follow and/or include backup or storage capacity.

Google – Aiming to achieve net-zero emissions and

24/7 carbon-free energy [45]

“At Google, our goal is to achieve net-zero emissions

across all of our operations and value chain by 2030.

We aim to reduce 50% of our combined Scope 1, 2

(market-based), and 3 absolute emissions (compared

to our 2019 base year) by 2030, and plan to invest in

nature-based and technology-based carbon removal

solutions to neutralize our remaining emissions.”

Amazon's Climate Pledge [46]

“We believe we have an obligation to stop climate

change, and reducing carbon emission to zero will

have a big impact. We want to reach net-zero carbon

emissions by 2040, a decade ahead of the Paris

Climate Agreement. In 2019, we set an ambitious

goal to match 100% of the electricity we use with

renewable energy by 2030. We are proud to have

achieved this goal in 2023, seven years early, with

100% of the electricity consumed by Amazon

matched with renewable energy sources.”

“As society’s energy needs are changing, from

electrifying vehicles to streaming a movie, Amazon

continues to plan for this growth while remaining

committed to our Climate Pledge commitment

of reaching net-zero carbon by 2040. To do so,

we’re investing in nuclear energy, a critical energy

source that can be brought online at scale and has

a decades- long record as a reliable source of safe,

carbon-free energy. We’re helping develop nextgen

nuclear technology, investing in existing nuclear

reactors, and supporting research on topics like

nuclear fusion, and more – all to help power our

operations more sustainably, and help everyone

transition toward a carbon-free energy future.”

Microsoft [47]

“By 2030 Microsoft will be carbon negative, and

by 2050 Microsoft will remove from the environment

all the carbon the company has emitted either

directly or by electrical consumption since it was

founded in 1975”.

Esti mates indicate data centers operating in a range

of 80 % to 100 % of power load.

d. Clean energy is becoming an imperative, with

all the large tech companies, which are publicly

traded, having made overt public pledges to reduce

or eliminate their carbon emissions (see Box 4). As

a result, they are seeking ever more aggressive ways

to balance the tension between continued rapid

growth, guaranteed uptime, and carbon reduction.

e. The large tech companies have strong credit ratings

and balance sheets, which could allow them to overcome

the obstacles other nuclear investors have

with regard to financing multi-billion multi-year

merchant nuclear projects. E.g. the Big Four tech

companies between them spent $108bn on investments,

in 2024 alone. [20]

f. There is a cultural alignment between the IT technology

sector and other areas of innovation such as

clean energy technology. The large tech companies

have an interest and the means to support development

of alternative clean energy sources and projects

including somewhat courageous investments

such as by Microsoft and OpenAI in Helion, a fusion

technology developer which has agreed a PPA with

Microsoft for 2028 [21] .

g. The growth of data center campuses – groups of

data centers on the same site – is further increasing

the size of individual sites, with associated demands

on power, land, communications and heat sink.

This rapid growth in data center infrastructure is

occurring at all scales, from hyperscale campuses

of over 1GWe with ‘the size of Manhattan’ [22] to

smaller edge data centers currently up to around

5 MWe. This requires access to a range of collocated

energy sources which can scale to the data center’s

energy requirement and also suit its local area, with

its constraints.

Some sources of energy are difficult to match with

these requirements: natural gas, whilst deployable

quickly and flexible in response, in some locations is

not readily available; and although the new Trump

administration has indicated that new natural gas fired

generation would be welcome in the U.S., it is not well

aligned with long-term sustainability pledges and international

policies. Wind and solar are not reliable

enough on their own and, for the largest power requirements,

firming up such intermittent generation with

battery backup is expensive, difficult, and risky. The

conflation of these factors is pushing the data center

industry to consider nuclear energy for certain situations,

with its unique ability to provide large amounts

of high-density, clean, sustainable, reliable electricity

at very high availability factors. [23]

Box 4

Big Tech Climate Pledges

Ausgabe 2 › März


Operation and New Build

21

Data center The problem

requirement

How nuclear technology can support

Scaleability

of power

Reliability [4

of power

Flexibility

of power

Currently (2025) hyperscale data

centers can require 100-500 MWe

supply. This will increase significantly

with combined campus needs

poten tially several times this.

Meanwhile smaller data centers

require tens of MWe but seek future

scaleability

Need to be Tier 4 – 99.995% or [4

more for AI; needs to be close to

data center and in same national/

regional boundary

Data center power load has inherent

volatility due to a number of factors

such as season, time of day and

tasking.

SMR and AR vendors are offering plant types with outputs from

5 MWe to 470 MWe, and increasingly are targeting data center

requirements in response to this perceived market demand,

with some vendors, such as Deep Atomic [48] , marketing exclusively

to this sector. As power requirements rise, there is also a case

for Gen III+ large plants such as AP1000 or CANDU to support large

1 GWe+ campuses. As seen with TMI-1, using existing or recommissioned

plant is also an option.

Current nuclear technology has a capacity factor of over 90 % [49] .

Plant designs which can be refuelled ‘on the go’ (existing designs

such as CANDU, or most advanced designs) have the potential to

supply power at the highest reliability. Multiple units on site, as

envisaged by some SMR deployment models, can provide multiple

redundancy and backup options. For light-water SMR and GW

plants, the need for refuelling outages would need to be factored

in to any use case, leading to excess capacity on site that can be

shared with other users.

Most SMR/AR designs incorporate controlled ways to vary their

output, such as load following response, heat take-off and energy

storage. TerraPower’s NATRIUM design targets this characteristic

with the ability to ramp from 345 to 500 MWe using stored hot

sodium [50] . Gen III+ large plants such as EPR or AP1000 also have

design load following and load rejection capabilities which could be

appropriate.

Clean power Power sources must be in accordance

with data center operator’s

clean energy pledges and support

their stated decarbonisation goals

– see Box 4

Nuclear energy is clean and aligns with data center operator’s

and customers decarbonisation pledges. Increasingly, nuclear

energy is aligning with investor ESG and green bond criteria [51] .

Cost of

power

Siting

Community

support

Technology

advances

Power is 60-70% of data center

operating costs and so must be

commercially viable for data center

operator

Choice of site needs to:

⁃ minimise latency, environmental

heat;

⁃ maximise appropriate access

to cooling, workforce and to

internet nodes;

⁃ take into account land use and

community support

Tech companies are very keen

to have local support and avoid

reputational damage

The culture of tech companies is

to support innovation, cutting edge

technology and to ‘move fast and

break things’. An alignment with

a power sub-sector which shares

these values is of value.

Data center PUE continues to decrease as data center seek

greater efficiency and move to liquid cooling. Cost will always

be a significant factor but the other factors outlined here have

an equal or stronger importance [52] . Maximum power output

of a nuclear plant may not be as cost elastic as other sources,

making it easier to match with peak load i.e. less dependent on

(a) grid connection and (b) outside climate conditions.

Owing to enhanced safety and operational characteristics,

advanced nuclear technology plants may have smaller emergency

planning zones and less regulatory and practical constraints

to siting, allowing more options for siting close to population

centers [53] , improving latency, especially for edge computing.

In particular, the footprint of a 5 MWe advanced nuclear plant

will be significantly less than that of a solar or wind farm. Some

vendors optimistically propose future uncrewed SMR operation,

allowing a power unit to be co-located with a data center in

remote areas.

Nuclear energy has historically had a fractious relationship with its

stakeholders and wider public. This is improving and a number of

studies show significant and growing support for nuclear energy,

which makes it more attractive for tech firms [54] .

Advanced nuclear technology has a good cultural fit to IT tech

community, for example as demonstrated by the involvement of

Bill Gates/Microsoft in TerraPower and Helion, and Sam Altman in

Oklo and Helion. The tech companies have strong credit ratings

(eg Microsoft AAA; Alphabet AA+ (S&P)) and balance sheets, which

provide the deep pockets needed to engage in nuclear.

Table 1

How nuclear technology can support future data centers

Vol. 70 (2025)


22

Operation and New Build

Nuclear’s role in data center support

Why nuclear can be a compelling case

In light of the critical factors for data center power

supply outlined in the previous section, there is a

clear alignment of some key characteristics of nuclear

energy, such as zero-carbon emissions and high

reliability, with data center needs. This makes it a tempting

choice for future data center development, and is

why the big tech firms are investing in nuclear energy.

Furthermore, advanced reactor technology potentially

offers more responsive power output, less regulatory

constraints over siting, and smaller land footprint,

prompting some tech investment specifically in AR

designs, such as Google and Kairos. Table 1 provides

more detail about how nuclear technology may help to

support data center energy requirements.

There may also be a good cultural fit between the data

center and nuclear industries: They share external

security concerns, both operate in high resilience

modes, and there has even been some discussion

about modelling any future regulation of AI on nuclear

licensing [24] . Interestingly, there is also increasing

work to use AI in support of nuclear deployment,

with a potential for it to make design, permitting and

operations more cost effective [25] . At the same time,

when considering the slow nuclear regulatory progress

from analogue to digital I&C systems historically, it

may be deemed courageous to introduce AI in safety

relevant nuclear processes.

There are a number of ways that SMRs could be

deployed to power a data center campus:

a. “captive” SMR: the plant (or plants) is co-located

BTM with the data center and designed to load

follow the data center requirements, potentially

including suitable power storage capability such as

with TerraPower NATRIUM.

b. “natural hedge” grid solution: the SMR operates in a

normal grid supply mode and the data center draws

its power needs from the grid;

c. “district” solution: the SMR is located close to the

data center and is operated BTM according to its

needs; but the SMR additionally supplies excess

power and possibly direct heat to the local/regional

distribution grid;

d. “cogeneration” solution: the campus includes other

industrial energy users such as ammonia or hydrogen

producers, and the SMR is scaled to supply the

needs of both industrial users and the data centers,

balancing demand variations from both for greatest

efficiency. An example of this is the potential expansion

of the Surry Power nuclear power station

in Virginia, with up to six SMRs of undisclosed type

added to the site of the existing PWR [26] .

These configurations are not mutually exclusive

and the high power density of nuclear plants gives

more flexibility in designing efficient options around

cogeneration and heat offtake.

They do raise questions such as whether co-located

loads require the provision of wholesale transmission

or ancillary services, and related cost allocation issues,

as well as potential resource adequacy, reliability,

affordability, market, and customer impacts. [27]

Why nuclear may not be the ideal choice

Whilst nuclear energy can be an attractive choice for

these emerging data center needs, there are a number

of issues which need to be solved before nuclear can

become a commercially effective and commonplace

source of power for data centers:

a. The upfront capital cost for a nuclear plant, compared

to gas or renewables, will be a significant

considera tion, albeit in the context of the similar

capital sums being spent on the largest data centers

themselves. The through-life cost of the nuclear

plant and $/kWe con siderations would be part of the

overall cost of the data center business enterprise.

With energy being the most significant part of

a data center’s operating costs, there will always be

a drive to reduce this, and the nuclear energy

industry cannot rely on its new ‘energy as input’

model as a free lunch to save it from cost pressures.

This applies throughout the nuclear value chain, so

all nuclear stakeholders must take a clear view of

through-life cost and seek to minimise it. It also

includes regulation, which imposes significant

external cost to any nuclear project.

b. There is as yet no precedent in the civil nuclear

industry to how nuclear licensing and permitting

requirements, necessary owner/operator certifications,

security issues, radioactive protection

and waste management, etc. would be solved in a

manner suitable for mass-deployment of nuclear

reactors to multiple data centers worldwide. Also,

the time needed for project specific planning, licensing/permitting,

and operator training for nuclear

power installations may not match the project

development timelines of data center projects.

c. The speed at which data center energy demand is

growing in the US and globally, plus the need to

rapidly decarbonise to meet company and international

pledges, imply that much of the energy

requirement will have to be put in place in the next

decade, a timescale that the nuclear sector is not

well placed or well versed to meet.

d. Apart from recommissioning shuttered plants it may

not be possible to get nuclear energy supply online

before at least the early to mid 2030s, and perhaps

later. This may mean that the otherwise attractive

option of nuclear energy supply for data centers is

sidelined in favour of natural gas, then renewables

and battery storage, with the distant hope of fusion

as the long term perfect energy supply.

e. For SMRs to stand a chance at significant market

share they will need to develop, sell and deliver

standardized designs suitable for expeditious,

scaled roll-out – including manufacturing, build and

construction, staffing, fuel supply.

Ausgabe 2 › März


Operation and New Build

23

One of the advertised key advantages of a nuclear

plant is its longevity, with most vendors proposing

at least a 60-year plant life, perhaps three times

that of a renewable equivalent. However, it remains to

be seen if this is suitable for data centers with their

rapid growth and technology redevelopment; there is

a risk that data centers could have very different

require ments in 10 or 20 years, making any nuclear

investment now a stranded asset in two or three

decades.

Looking ahead just ten years one cannot simply

extrapolate from current data center technologies

and business models:

⁃ Innovation in the IT sector will lead to different

ways how information technologies will operate

and what infrastructure will be required. As seen in

the past, innovation often leads first to scaling in

size and then to optimization by descaling: from

abacus to mainframe computers to PCs to handheld

devices and fast forward to edge computing; from

Germany's first commercial, 340 MWe PWR in

Obrigheim to 1600 MWe EPR to SMRs.

⁃ AI can be used to make data centers more cost

efficient and profitable, by optimizing their power

use within a global network based on real-time

electricity prices, grid conditions, and regional

renew ables availability in order to monetize

flexibility.

Such optimisation and evolution will impact the

designs of data center energy islands, e.g. calling for

dispatch able SMR/AR scale units.

The implications for nuclear sector growth

Throughout its life, the nuclear industry has been

bedevilled by problems of cost, project execution and

public perception. In the last two decades, particularly

in the West, it has struggled to compete with other

sources of energy, with early closure of plants such

as TMI-1 and significant cost and time overruns of

new build projects such as Vogtle 3&4, Olkiluoto 3,

Flamanville 3, and Hinkley Point C.

The advent of SMR and advanced nuclear technology

is supposed to address these issues, and the developers

of these technologies are not shy to extol the

virtues of their technologies, as we have described

previously. [28] But, despite the imperative of net-zero

targets and much marketing hype and hope, development

and commercialisation of these technologies is

still proving to be a long and risky task, for example as

shown by the 2023 collapse of NuScale’s first project

in Utah. [29] There is significant work still required

by all vendors to reach commercial viability and

scalability, for some more than others. Consequently,

many commentators still doubt the commercial

viability or practical suitability and necessity of SMR

and advanced reactor designs, and even for nuclear

energy in general. [30]

So the emergence of a new data center ‘energy-asinput’

market, driven by a new enthusiastic tech

client base, has led to talk of a ‘new nuclear renaissance’

and significant rises in some reactor vendor

stock prices. As always, much of this remains hype.

The relatively small investments made by the tech

companies so far indicate that they believe in principle

that nuclear technology may have a part to play in their

future energy supplies, both through current plants

and future more exotic nuclear technology. But such

R&D spending, or portfolio hedge investment, is still

a far step removed from IT companies betting the

farm on nuclear, or even committing to full scale pilot

projects. Until the future of both clean energy

and data centre growth becomes clearer, the biggest

impact on nuclear industry growth that these investments

give is credibility and publicity.

For data center operators who seek GW scale power

today, the fastest and lowest risk path to nuclear energy

supply would appear to be a current operational GW

nuclear plant, where the technology and costs are well

known (e.g., the Talen energy on-site data center). Even

allowing for the novelty and unknowns, recommissioning

a nuclear power plant closed for decommissioning

is currently the cheapest, fastest, and lowest risk way

to obtain GW-scale nuclear supply. This thinking

is clearly in play with the restart of plants such as

TMI-1, Palisades and Duane Arnold. [31] There are also

suggestions about completing the half-built AP1000

units at V C Summer, [32] a notion which would have

been ludicrous only a few years ago.

This train of thought naturally leads to the building

of new large plants – nuclear or other – to support

further GW scale campuses, with huge projects such as

Meta’s proposed 2.2 GW Lousiana plant, powered by

natural gas, [33] taking the tech company to significant

future capital outlays including a $65bn CAPEX spend

in 2025. [34] The scale of this proposed spend and

development potentially makes the cost and risk of an

AP1000 or other nuclear plant more digestible in the

context of hyperscale mega-projects.

Looking beyond 2030, if data center energy demand

growth continues, there is a good case for both GW

and SMR nuclear power to be part of the mix, for the

reasons outlined above and in Table 1.

To put this into perspective: going by the above

referenced JPMorgan estimate of 600 TWh power

demand for data centers by 2030 and a benchmark

500 MWe for a hyperload data center operating at an

average 90 % load, this would require a total supply of

75 GWe or 150 data centers. If – for example – one third

of those are to be powered with SMRs, each with five

100 MWe units, this would require production of

250 units. Even in the SMR vendors’ wildest dreams this

is unachievable by 2030, but many have a credible

trajectory to commercial deployment. – What’s needed

is a real, significant demand signal of multiple firm

Vol. 70 (2025)


24

Operation and New Build

orders from a data center operator to prompt the

confidence and investment required to scale up SMR

manufacturing and deployment.

Conclusion

In conclusion, we see a clear potential for nuclear

energy supply to data centers in certain situations.

However there remain many uncertainties and

obstacles in the way of its implementation and scaling.

Nuclear energy offers advantages to data center

operators for the following reasons:

a. Data center revenue has strong future expectations

and is driven by data sales: hence energy provision

to a data center enterprise, is simply one of the

enterprises’ cost inputs (albeit the largest) and may

be driven more by deliverability (clean, reliable,

flexible) than short term market prices.

b. The attributes of nuclear energy, specifically

advanced small modular reactor technologies, are

well suited, and potentially uniquely so, to the

growing data center economy and energy requirements.

As outlined in Table 1, nuclear energy for

data centers can – in theory – deliver at the right

scale and quality.

c. Data center investors have ambition, deep pockets

and strong credit which they are not afraid to

deploy on developing innovative technology – such

as advanced nuclear – on a large scale.

Nevertheless, issues of cost, risk and acceptance

remain, and will take significant time and upfront

effort to overcome. Tech companies wrestling with a

high near-term dynamic growth and their long-term

planning in competitive global markets may not have

the time or patience to accomodate nuclear supplies.

We see the Big Tech companies hedging their bets

with investment and engagement in all potential areas

of energy supply, including nuclear. Their recent

announcements indicate an incipient demand signal

for nuclear power, but they have rapidly emerging and

changing needs. To capitalise on this opportunity,

the nuclear sector needs to focus on this new class of

impatient and adventuristic customers, understand

their needs and requirments, and find credible ways to

respond in time. – Let's see if they can ...

... to see where industry stands, we supplement this

article with a separate short analysis using the ‘ Nuclear

Pathfinders 8 Issues’ model to assess the key gaps

that nuclear industry needs to overcome in order to

capture its opportunity.

References, Sources

[1] ‘Restarting Three Mile Island, a US power plant that closed for decommissioning,

Edward Kee, atw – International Journal for Nuclear Power

vol 70, Jan 2025 https://www.yumpu.com/en/document/read/69539201/

atw-international-journal-for-nuclear-power-012025

[2] Financing the future of clean energy – Green bonds in the nuclear sector,

A Ghori, P Murphy, C Murphy, Oct 2024, https://www.ans.org/news/

article-6441/opinion-financing-the-future-of-clean-energygreen-bonds-inthe-

nuclear-sector/

[3] BASF project planning 1968-1976: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/

unternehmen/basf-plante-vor-50-jahren-eigenes-atomkraftwerk-warumdie-plaene-scheiterten-110212558.html?share=Email&gift&premium=

0x7d9eca1e9d0563ac7eb1764433db02c2f87b8906f567c27d72fa7972ffe22ba2

[4] See for example Paul Murphy’s view for 2025 at http://thegabi.com/wpcontent/uploads/2025/01/Expert-Brief-Nuclear-industry-a-look-into-2025-3.pdf

[5] https://castelazocontent.com/wp-content/uploads/2018/01/PUE-campaignwhitepaper.pdf

accessed 26 Jan 25

[6] https://www.statista.com/statistics/871513/worldwide-data-created/

accessed 26 Jan 25

[7] JPMorgan Guide to the Markets US 1Q. 2025 dated 31 Dec 24 https://

am.jpmorgan.com/us/en/asset-management/adv/insights/market-insights/

guide-to-the-markets/ accessed 25 Jan 25

[8] https://www.visualcapitalist.com/the-rise-of-ai-hyperscaler-spending/

[9] https://www.wsj.com/tech/ai/china-deepseek-ai-nvidiaopenai-02bdbbce?mod=tech_trendingnow_article_pos1

[10] https://www.wsj.com/tech/ai/tech-giants-double-down-on-their-massive-aispending-b3040b33?st=APnvSs

accessed 15 Feb 25

[11] International Energy Agency “The Path to a New Era for Nuclear Energy”

Jan 2025; https://iea.blob.core.windows.net/assets/21947d24-cbe3-4fbe-a5b7-

5c94de5c60f2/ThePathtoaNewEraforNuclearEnergy.pdf accessed 24 Jan 25

[12] https://www.visualcapitalist.com/

ranked-the-top-25-countries-with-the-most-data-centers/

[13] Dominion Energy Q3 2024 Earnings Call https://s2.q4cdn.com/510812146/

files/doc_financials/2024/q3/2024-11-01-DE-IR-3Q-2024-earnings-call-slidesvTC.pdf

accessed 26 Jan 25

[14] https://www.sunbirddcim.com/blog/what-temperature-should-your-datacenter-be/

accessed 26 Jan 25

[15] https://www.researchgate.net/publication/376148073/figure/fig3/AS:1143128

1209192310@1701669746370/PUE-and-WUE-Site-for-hyperscale-DCs-acrosscooling-system-configurations-and-US-climate.png

accessed 25 Jan 25

[16] ‘Real datacentre emissions are a dirty secret’ – The Register 22 Jan 25 –

https://www.theregister.com/2025/01/22/data center_emissions_not_accurate

accessed 25 Jan 25

[17] https://www.pillsburylaw.com/en/news-and-insights/ferc-interconnectionnuclear-data-center.html

accessed 26 Jan 25

[18] Wall Street Journal ‘For AI, a few seconds of power becomes a booming

business’ 6 May 2024 https://www.wsj.com/business/energy-oil/for-ai-a-fewseconds-of-power-becomes-a-booming-business-c16cb626?st=8XGYwV&reflink=article_email_share

accessed 25 Jan 25

[19] https://www.fintechfutures.com/2021/03/

high-frequency-trading-and-the-data-centre/

[20] https://www.visualcapitalist.com/

visualizing-big-tech-company-spending-on-ai-data-centers/

[21] https://www.helionenergy.com/articles/

helion-announces-worlds-first-fusion-ppa-with-microsoft/

[22] https://www.cnbc.com/2025/01/24/zuckerberg-sets-metas-ai-targets-for-theyear-expects-to-spend-60-billion-on-growth.html

accessed 26 Jan 25

[23] https://www.edf.fr/en/the-edf-group/producing-a-climate-friendly-energy/

nuclear-energy/shaping-the-future-of-nuclear/

designing-and-building-the-nuclear-plant-of-tomorrow

[24] https://time.com/6327635/ai-needs-to-be-regulated-like-nuclear-weapons/

[25] https://www.onr.org.uk/our-expertise/innovation/artificial-intelligence/

accessed 30 Jan 25

[26] https://www.datacenterdynamics.com/en/news/nuclear-powered-data-center-campus-in-surry-virginia-gets-rezoning-approval/

accessed 26 Jan 25

[27] https://www.renewableenergyworld.com/news/no-quick-fixes-on-datacenter-generator-co-location-issue/

and https://www.ferc.gov/news-events/

events/commissioner-led-technical-conference- regarding- large-loadsco-located

Ausgabe 2 › März


Operation and New Build

25

[28] ‘From Smart Marketing to Building a New Energy System – Challenges for

SMR Global Adoption’, J Warden & R Koenig, atw – International Journal

for Nuclear Power vol 68, June 2023, https://nuclear-economics.com/ wp-

content/uploads/2023/11/2023-06-01-atw-Challenges-for-SMR-Global-

Adoption-Part-1.pdf

[29] https://www.reuters.com/business/energy/

nuscale-power-uamps-agree-terminate-nuclear-project-2023-11-08/

[30] https://reneweconomy.com.au/small-modular-nuclear-reactors-a-history-offailure/

[31] https://www.reuters.com/business/energy/

nextera-advances-toward-iowa-nuclear-plant-restart-2025-01-24/

[32] https://www.wsj.com/business/energy-oil/

ai-nuclear-power-south-carolina-57b7ad2a

[33] https://www.powermag.com/entergy-louisiana-eyes-2-2-gw-of-new-gas-firedgeneration-to-support-data-center-demand/

[34] https://www.datacenterdynamics.com/en/news/meta-plans-60-65bn-capex-on-aidata-center-boom-will-bring-1gw-of-compute-online-this-year/

[35] https://blog.google/outreach-initiatives/sustainability/

google-kairos-power-nuclear-energy-agreement/

[36] https://www.aboutamazon.com/news/sustainability/

amazon-nuclear-small-modular-reactor-net-carbon-zero

[37] https://www.datacenterdynamics.com/en/news/

aws-acquires-talens-nuclear-data-center-campus-in-pennsylvania/

[38] https://www.datacenterdynamics.com/en/news/

oracle-to-build-nuclear-smr-powered-gigawatt-data-center/

[39] https://oklo.com/newsroom/news-details/2024/Oklo-and-Switch-Form-

Landmark-Strategic-Relationship-to-Deploy-12-Gigawatts-of-Advanced-

Nuclear-Power-One-of-the-Largest-Corporate-Clean-Power-Agreements-

Ever-Signed/default.aspx

[40] https://www.reuters.com/markets/deals/

constellation-inks-power-supply-deal-with-microsoft-2024-09-20/

[41] https://www.npr.org/2024/06/14/nx-s1-5002007/

bill-gates-nuclear-power-artificial-intelligence

[42] https://www.helionenergy.com/articles/

helion-announces-worlds-first-fusion-ppa-with-microsoft/

[43] https://sustainability.atmeta.com/blog/2024/12/03/accelerating-the-nextwave-of-nuclear-to-power-ai-innovation/

accessed 2 Feb 25

[44] https://uptimeinstitute.com/tier-certification

[45] https://sustainability.google/operating-sustainably/net-zero-carbon/

[46] https://www.aboutamazon.com/planet/climate-pledge

[47] https://blogs.microsoft.com/blog/2020/01/16/

microsoft-will-be-carbon-negative-by-2030/

[48] https://deepatomic.com

[49] https://www.statista.com/statistics/191201/

capacity-factor-of-nuclear-power-plants-in-the-us-since-1975/

[50] https://www.terrapower.com/natrium/

[51] Financing the future of clean energy – Green bonds in the nuclear sector,

A Ghori, P Murphy, C Murphy, Oct 2024, https://www.ans.org/news/article-

6441/opinion-financing-the-future-of-clean-energygreen-bonds-in-thenuclear-sector/

[52] Reuters ‘Microsoft may pay Constellation premium in Three Mile Island

power agreement’ 24 Sep 24, https://www.reuters.com/markets/deals/

microsoft-may-pay-constellation-premium-three-mile-island-poweragreement-2024-09-23/

accessed 25 Jan 25

[53] https://prospectlaw.co.uk/news/article/big-tech-buy-into-smrs-whats-it-allabout/

accessed 25 Jan 25

[54] https://www.niauk.org/over-3x-more-support-for-the-use-of-nuclear-energyin-the-uk-than-its-phase-out/

Authors

This article is by John Warden (UK) and Ruediger Koenig (EU), collaborating

via the “Nuclear Pathfinders” platform of international small specialized

consultancies (see https://nuclearpathfinders.com/) and with Nuclear Economics

Consulting Group (NECG).

The authors wish to acknowledge their Nuclear Pathfinder colleagues’ advice

and suggestions for this paper: Ed Kee, Paul Murphy and Jay Brister. The

authors also wish to thank James Warden (Greensabre, Researcher) and David

Herman (Data Technician, Microsoft) for their input.

John Warden

CEO Greensabre Consulting

Email: jwarden@greensabreconsulting.com

John Warden provides expert advice on structuring

and financing nuclear projects, with special interest

in SMR and advanced reactor technologies, as well as

advising on skills and strategic workforce development

in the nuclear and engineering construction

sectors. John is CEO of Greensabre Consulting, a

specialist con sultancy providing advice and support

to investors and asset owners exploring the potential

of advanced nuclear technology as part of clean

energy systems. John’s previous roles include CEO of

the Nuclear Institute, a Royal Navy submariner,

reactor physicist and nuclear engineer.

See https://greensabreconsulting.com/

Ruediger Koenig

Interim Manager and Executive Advisor

Email: rk@ruediger-koenig.com

Rudy Koenig supports market players in the clean

energy industrial value chain, structuring complex

business transactions in large capital projects and

managing lean business operations. He has held

executive responsibilities in the renewables sector,

for suppliers in the nuclear front- and back-end and

has helped a large utility investor develop and

ulti mately sell several nuclear new build projects. He

is engaged in thought leadership about The Transition

Gap, i.e. the holistic challenge that decommissioning

and regeneration constitute in the critical chain of

the energy transition. His projects company QENIQ

Advisory is a member of the European Industrial

Alliance on Small Modular Reactors.

See https://ruediger-koenig.com

Vol. 70 (2025)


26

Operation and New Build

Nuclear Energy for Data Centers - A short risk

analysis with the Nuclear Pathfinders 8 Issues model

› John Warden, Ruediger Koenig

The 8 Issues model

Can SMRs and advanced nuclear technology, including

fusion, deliver “copious and reliable clean energy

for mankind”, or is it yet more “over-hyped, over-cost

unachievable tech which will anyway be rendered

obsolete by the march of renewables”?

For nuclear to succeed, significant effort needs to be

invested and coordinated, across different fields of

action, by many actors, over an extended period of

time. Such early investment must be made far before

success is assured. Interested parties need to navigate

the following questions:

1. Which technology options are best suited to

contributing to decarbonization at scale, under

which assumptions?

2. What is their current status, where do they stand in

relation to where they will need to be, to reach commercial

viability for deployment at scale key issues?

3. How should an investor – Government, Public, or

Private – proceed?

The outcome is shown in Figure 1 where the two score

sets are displayed graphically, with 10 being “commercially

proven and scalable” and 0 “high risk”.

Figure 1 shows that the area enclosed by the curve is

greater for data center support, compared to the 2023

assessment, This implies that overall risk is lower, and

makes the deployment of ARs for data center support

marginally more attractive. We note that the scoring is

a predominantly subjective analysis (see our original

paper for a longer discussion on the methods and

subjectivity) but demonstrates a trend in risk reduction

for this technology. It also still shows large gaps and

identifies the significant challenges that would still

need to be overcome. In particular, the “(risk of)

competition from other Tech” is most prominent for

the particular use case (a strong buyers’ market with

dynamic growth).

To help decision makers and their stakeholders

deal with that dilemma, Nuclear Pathfinders (https://

nuclearpathfinders.com) identified eight critical issues

for nuclear deployment [i] and on that basis developed

an assessment and tracking model.

In 2023 we used that model to review strategic options

for the role of nuclear technologies globally to help

meet Net Zero goals [ii] . Since then, the data center

industry has emerged as a rapidly growing energy

hungry use case and the large tech companies such as

Amazon, Google and Microsoft are actively investigating

the use of nuclear energy to provide long-term

reliable support for the emerging class of large hyperscaler

data centres.

The model’s application to advanced reactor

technology support to data centers

Our concomitant article “Data Centers: a new dawn

for nuclear energy?” explores the reasons why nuclear

energy is of interest to the tech companies, and the

implications for the nuclear industry. Here, we apply

the 8 Issues model to make an informed assessment of

the status and challenges for a potential large growth

scenario.

Table 1 compares the assessment from our 2023

analysis of AR deployment to meet global net-zero

targets (“AR for NZE”) with a revised scoring applicable

to deployment for data centers (“AR for data centers”).

We limited this analysis to advanced reactor technology

(AR) because these include technical innovation

that likely will be important to future data centers

and their business model in a decentralized market

scenario; the case for GW Plants is more straightforward

and aligned with our previous analysis.

We will revisit this analysis in the future to see how the

perceived risk scores develop.

[i]

References, Sources

The 8 Issues

From Smart Marketing to Building a New Energy System – Challenges for

SMR Global Adoption’, J Warden & R Koenig, atw – International Journal

for Nuclear Power vol 68, June 2023, https://nuclear-economics.com/wpcontent/uploads/2023/11/2023-06-01-atw-Challenges-for-SMR-Global-

Adoption-Part-1.pdf

[ii] Navigating Net Zero: Success factors for nuclear energy fission and fusion

technologies, R Koenig & J Warden, with a panel of experts – “Nuclear

Pathfinders”; vgbe energy journal 8:2024; https://nuclear-economics.com/

wp-content/uploads/2024/10/2024-08-Navigating-Net-Zero-vgbe-energyjournal.pdf

Ausgabe 2 › März


Operation and New Build

27

Issue Definition AR for

NZE

Modification to 2023 score

for data center energy support

AR for

data centers

1 Finance Likelihood of the financial system

delivering the scale and profile of

financing for large scale deployment

of this technology

5 The tech industry has deep pockets,

strong credit lines and appropriate risk

appetite, allowing financing. But this is

a tight market.

8

2 Supply

chain

Ability of the global supply chain to

develop the agility and capacity to support

large scale deployment of this technology

5 Significant ramp-up needed but possible

with strong tech industry demand signal.

6

3 Energy

Market

Design

Likelihood and ability of global and

national energy markets to adapt to make

best use of this technology at scale

5 Difficult regulatory decisions needed,

depend on political will.

5

4 Design

risk

Likelihood of this technology reaching a

(commercially and regulatory) deployable

and scaleable design in a timescale suitable

to support data center targets

7 AR designs remain unproven at commercial

scale, and there is increased risk for this

issue as they need to develop quickly.

6

5 Site

licensing

systems

Ability and desire of the local regulatory

system to apply globally aligned regulatory

principles to deploy large scale

deployment of this technology

5 Licensing issues remain; positive signals

and streamlined processes needed from

regulators and governments.

5

6 Multiple

site

access

Ability of this technology to be deployed

reliably and efficiently across multiple

sites in different jurisdictions, requiring

more effective and coordinated

site alloca tion, permissioning and

development.

6 Working with data center implementation

across multiple sites provides resources

and alignment with wider data center

siting strategies.

7

7 Industry

and social

culture

Ability by society and culture to adapt

their risk perceptions, and to support the

deployment at scale of this technology

5 Still uncertain but deployment with data

centers provides a logical reason for

nuclear energy which will be a positive

input to the social debate

6

8 Competition

from other

tech

Ability of this technology to develop and

deploy at a pace to gain and hold market

share against competition from other

energy sources

7 More uncertain owing to need of data

centers to grow more rapidly than

nuclear can match; shorter data center

life compared to nuclear plants

5

Table 1

The 8 Issues (scoring: 0 – unmitigated high risk; 9 – investment grade risk; 10 – commercially proven)

Figure 1

Nuclear Pathfinder

8 issues Assessment

Advanced Reactors

for Data Centers

Vol. 70 (2025)


28

Research and Innovation

iMAGINE – oder warum wir

wissen müssen ob/dass

wir kein Endlager brauchen

› Bruno Merk, Lakshay Jain, Omid Noori-kalkhoran, Elfriede Derrer-Merk, Dzianis Litskevich

Wir hatten immer geglaubt, dass es möglich sein würde, durch intensive Forschung

in Zukunft einen Großteil dieses radioaktiven Problems zu beseitigen. Wir hofften

auch, das in den bestehenden Lösungen verbleibende Uran zurückzugewinnen

und den Großteil der radioaktiven Abfallstoffe zu reduzieren...“ übersetzt aus Now it can be

told, the Story of the Manhattan Project [1] .

Dieses Zitat zeigt, dass die Experten sich schon während

des Manhattan-Projektes Gedanken zum zukünftig

besseren Umgang mit Nuklearmüll und der Weiterverwertung

des Hauptbetriebsstoffes Uran gemacht

haben. Diese Themen würden heute unter den Begriffen

geschlossener Brennstoffkreislauf und Partitionierung

und Transmutation zusammengefasst werden.

In der Reaktorentwicklung hat sich bereits nach dem

Betrieb der ersten Experimentalreaktoren herauskristallisiert,

dass sich die Entwicklung auf Leichtwasser

reaktoren konzentrieren wird. Einerseits, weil

in diesem Bereich durch den Betrieb von U-Bootreaktoren

bereits ein Entwicklungsvorsprung vorhanden

war, andererseits weil Leichtwasserreaktoren

auch ohne komplexen Brennstoffkreislauf betrieben

werden können. Für die Entwickler im Reaktorbereich

war aber immer klar, Leichtwasserreaktoren sind nur

der erste Schritt, da leichter zu verwirklichen. Auf

lange Sicht ist das Ziel aber die Errichtung eines

geschlossenen Brennstoffkreislaufs; ein essenzieller

Schritt für eine massive globale Verbreitung von Kernkraftwerken

und der Nachhaltigkeit der Technologie.

Vielleicht sollte man den Umgang mit Nuklearmüll

ähnlich betrachten. Vielleicht sollten wir die tiefengeologische

Endlagerung als den technisch einfacheren

Schritt betrachten, der zuerst in Betracht gezogen

wurde mit dem langfristigen Ziel, eine bessere Lösung

zu finden, wie schon im Manhatten Projekt angedacht.

Ähnliche Gedanken wurden kürzlich in der NZZ

diskutiert: „Die Technik entwickle sich schnell.

Was man sich vor dreißig Jahren nicht einmal habe

vorstellen können, sei heute Standard. «Schauen

Sie doch nur, wie stark sich die Mobiltelefone in dieser

Zeit verändert haben!», sagt Willi [Wilma Willi,

Kantonsparlamentarierin der Grünen]. Doch bei der

Entsorgung von radioaktiven Abfällen, einer der

größten Aufgaben der heutigen Generation, meine

man, dass die Konzepte aus den 1970ern noch hundert

Jahre später Gültigkeit hätten. «Dabei könnten die

Abfälle ein Rohstoff sein», sagt Willi. «Wir sollten sie

nicht vergraben.»“ [2]

Interessanterweise hat sich für Deutschland bereits bei

diesem ersten Schritt, tiefengeologisches Endlager,

herausgestellt, dass sowohl Standortauswahl als auch

der Bau in Gorleben auf massiven Widerstand der

lokalen Bevölkerung gestoßen ist. Bisher ist aber wenig

über eine bessere Lösung diskutiert worden, sondern

vielmehr ein neuer Start in Form eines besseren Verfahrens

zur Standortauswahl als Strategie verfolgt

worden, siehe Standortauswahlgesetz (StandAG) und

Standortauswahlverfahren (StandAV) [3] . „Es gebe kein

sicheres Endlager für den bisherigen Atommüll, dafür

einen geeigneten Standort zu finden, sei eine „teure

Jahrhundertaufgabe“, schreibt die Grünenpolitikerin

Steffi Lemke in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel

[4] der auch in der Zeit wiedergegeben wird [5] .

Wobei auch dieser erneute Versuch einer Standortauswahl

bereits sehr früh in schwieriges Fahrwasser

geführt hat. „Selbst bei einem idealen Projektablauf

muss damit gerechnet werden, dass das Verfahren erst

im Jahr 2074 abgeschlossen werden kann“, heißt es in

der Untersuchung des Öko-Instituts im Auftrag des

Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung

(BASE). [6]

Die Entwicklung von Technologien zur Abtrennung

und Verbrennung von Nuklearmüll – Partitionierung

und Transmutation – wie sie in den 1990er Jahren insbesondere

von Salvatores [7] und Rubbia [8] mit dem

Thema ‘Verringerung der Radiotoxizität‘ propagiert

wurde, konnte leider die in sie gesetzten Erwartungen,

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

29

ein Langzeitendlager obsolet zu machen, nicht erfüllen.

Zwar wurde die generelle Machbarkeit der Verbrennung

von Plutonium und Americium mit bereits

bestehenden Technologien nachgewiesen (wässrige

Wiederaufbereitung und Verbrennung in Reaktoren

mit festem Brennstoff); damit kann mit der bestehenden

Technologie eine Verringerung des Endlagervolumens

erzielt werden [9] , aber es wird kein ausreichender

Effekt auf die Endlagerherausforderungen

erzielt. Diese Erkenntnis wurde von verschiedenen

Experten vor kurzem in einer Podiumsdiskussion,

beim International Exchange Meeting on Partitioning

& Transmutation, ausdrücklich bestätigt. [10]

Vor diesem Hintergrund, sollte nun die Frage gestellt

werden, wäre es nicht auch für die Kerntechnik

erstrebenswert auf neue Technologien zu setzen,

statt das Konzept einer Großmülldeponie der 1970er

Jahre zu verfolgen? Brauchen wir „Das Bessere Müllkonzept“

[11] wie es im Jahr 1990 in einem Volks begehren

zur Abstimmung vorgelegt wurde auch für Nuklearmüll?

Das Bessere Müllkonzept hat zur inzwischen weit

verbreiteten Etablierung von Wertstoffhöfen (sogar

hier bei uns in Liverpool, South Sefton Recycling Centre

und auch die USA hat die Idee in manchen Bundesstaaten

aufgenommen) und zum Recycling von Wertstoffen

geführt. Mit diesem Schritt wurde in vielen

Teilen der Welt Müll als Ressource definiert in Kontrast

zur, zu dieser Zeit bestehenden, Großmülldeponie und

der aufkommenden unselektierten Müllverbrennung.

Das heißt im Umgang mit Haus- und Industriemüll hat

ein Paradigmenwechsel stattgefunden, welcher auch

in der nuklearen Entsorgung stattfinden sollte.

Es gibt mit iMAGINE bereits eine erforschte und

wissenschaftlich abgesicherte, weitreichende neue

Entwicklung [12, 13, 14] , aber die muss nun technisch entwickelt

und demonstriert werden. Die Bundesgesellschaft

für Endlagerung (BGE) und BASE haben in letzter

Zeit einen neuen Zeitplan für die Standortauswahl

kommuniziert. Dieser reicht von 2046 bis 2068 [15] oder

2074 [16] , alles bei einem idealen Projektablauf. Mit

diesem Zeitplan hat Deutschland Zeit gewonnen, die

jetzt sinnvoll genutzt werden muss, um spätestens zum

Zeitpunkt der Entscheidung über einen Endlagerstandort

Fakten und den Machbarkeitsnachweis auf dem

Tisch zu haben. Damit hat Deutschland jetzt die Zeit

um neue, nachhaltigere Technologien technisch zu

ent wickeln und zu demonstrieren.

Auch für die nukleare Endlagerproblematik gilt, die

Politik kann nur faktenbasierte Entscheidung fällen,

wenn die Wissenschaft die Fakten auch produziert

hat, ansonsten wird der Weg für ideologische Entscheidungen

bereitet! In die Demonstration von

iMAGINE zu investieren heißt aber nicht, dass wir

die Standortauswahl jetzt einstellen sollten, denn eine

derartige Entscheidung würde Klarheit über die

technische Machbarkeit, Ausführung und Kosten der

Alternative erfordern und diese muss erst geschaffen

werden.

Welche Möglichkeiten bietet iMAGINE? Im Folgenden

wird der Forschungsstand zu iMAGINE beleuchtet,

die Basis für die notwendige Investitionsentscheidung

diskutiert und die grundlegenden Schritte für ein

Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm beschrieben.

Grundsätzlich wurde iMAGINE als strategische Antwort

sowohl auf den zukünftigen Bedarf, als auch auf

die Herausforderungen und Limitierungen des derzeitigen

Kernenergiesystems, entwickelt. Hierzu wurden

sowohl fachlich-ingenieurtechnische Bewertungen

als auch Sichtweisen der allgemeinen Bevölkerung

ein bezogen. Auf dieser Basis wurde die folgende

strategische Vision entwickelt. Die strategische Vision

ist hierbei als, eigentlich unerreichbares, Fernziel zu

sehen, das aber eine klare Orientierung bieten muss,

um die Entwicklungsrichtungen vorzugeben, die in der

Mission in einer machbaren Form präzisiert werden

müssen.

Abbildung 1

Dreigeteilte Vision für die Entwicklung eines

innovativen, zukünftigen Kernenergiesystems [17]

Aus der Vision unlimited nuclear energy folgt die

Mission, verglichen mit der derzeit genutzten LWRtechnologie,

einen Faktor 100 mehr Energie aus der

natürlichen Ressource Uran freizusetzen. Ziel ist die

Nutzung von U-238, dem Hauptisotop das mehr als

99 % des natürlichen Urans ausmacht und in großen

Mengen im abgebrannten Brennstoff und den Tailings

aus der Anreicherung vorhanden ist, aber in derzeitigen

Reaktoren kaum genutzt werden kann. Damit

eröffnet iMAGINE Zugang zu massiven Ressourcen, die

bereits im Land lagern (Ressourcensicherheit) und

eliminiert gleichzeitig die Umweltbelastung durch den

Uranbergbau. Alleine die Nutzung des abgebrannten

Brennstoffes könnte Deutschland, beim derzeitigen

Stromverbrauch, für 300 Jahre mit Strom versorgen.

Aus der Vision zero waste nuclear folgt die Mission

der deutlichen Verringerung der Abfallmenge pro

Energieeinheit. Ziel ist die Reduktion der Abfallmenge

pro Energieeinheit auf 1 % verglichen mit heutigen

Vol. 70 (2025)


30

Research and Innovation

Reaktoren. Darüber hinaus wird durch verbesserte

Abtrennmethoden eine Auftrennung von wärmeproduzierenden

und langlebigen Elementen erreicht,

die erlaubt, ein tiefengeologisches Endlager wie

im StandAG geplant durch ein Abklinglager für

300-500 Jahre zu ersetzen.

Aus der Vision accident free nuclear folgen verschiedene

Designmaßnahmen, wie a) die Antriebskräfte

in Störfällen und damit die potenzielle radiologische

Auswirkung auf die Umgebung zu limitieren,

z. B. geringer Systemdruck in Primärsystem; b) potenziell

auslösende Ereignisse/Systeme zu vermeiden, z. B.

die für LWR typische Überschußreaktivität die für

einen Betriebszyklus benötigt wird; c) den radiologischen

Quellterm begrenzen, also die Menge an

hochradioaktiven Elementen im Reaktorkern, z. B.

durch die Abtrennung von Spaltprodukten während

des Betriebs. Darüberhinaus, müssen die Proliferationsrisiken

minimiert werden, also das Risiko, dass Spaltmaterial

aus dem System oder während Transporten

abgezweigt werden kann, um den Missbrauch zu

militärischen und terroristischen Zwecken unattraktiv

zu machen. Damit adressiert dieser Ansatz die Bedenken

und Sorgen der Bevölkerung sowohl bezüglich

Unfällen in Reaktor als auch des Missbrauchs der Technologie

zu militärischen Zwecken und fördert damit

die Akzeptanz der nuklearen Energieproduktion.

Durch diesen neuartigen strategisch entwickelten

Ansatz bietet iMAGINE eine komplett neue Lösung zum

Umgang mit hochradioaktivem Nuklearmüll mit

folgenden Zielen:

⁃ Verringerung der Endlagerherausforderung durch

verbesserte Sortierung – wärmeproduzierende

Abfälle werden von langlebigen Abfällen getrennt

und können, im Gegensatz zu den Reststoffen

der derzeitigen Wieder aufbereitungstechnologie,

separat behandelt oder idealerweise genutzt

werden

⁃ Restlose Nutzung des Energiegehalts des abgebrannten

Brennstoffes, sowohl verbliebene Spaltmaterialien

als auch U-238 – neue Ressource aus

Müll und signifikant weniger Müll pro Energieeinheit

⁃ Vermeidung von konventioneller Wiederauf bereitung

und der damit verbundenen Spalt materialabtrennung

– kleinstmögliches Proliferationsrisiko,

um die Technologie weltweit nutzbar zu machen

und dem Risiko eines Missbrauchs vorzubeugen

⁃ Abtrennung von Spaltprodukten statt Spalt material –

konsequente Vermeidung einer Plutonium wirtschaft

und der damit verbundenen Missbrauchsgefahr

⁃ Innovativer Ansatz zum Umgang mit bereits

verglasten Abfällen aus der bisherigen Wiederaufbereitung

– auch diese bereits angefallenen Abfälle

können im System besser sortiert und behandelt

werden

⁃ Betrieb in einem integrierten System – reduziert

Nukleartransporte und umlaufende Material mengen

⁃ Reduzierung der Nuklearphobie in der Bevölkerung,

ermöglicht durch Vermeiden des Uranbergbaus,

deutlich verringerte Unfallgefahr und

-auswirkungen, Verbreiterung des Ressourcenangebots

und Vermeidung des tiefengeologischen

Endlagers.

Eine Technologie zur Vermeidung eines Endlagers

nach StandAG – Wo steht iMAGINE derzeit?

iMAGINE wurde ursprünglich im Rahmen der IAEA

Green Frontiers initiative (“A University centric

framework for innovative nuclear systems accepted by

society and in full compliance with the sustainable

development goals”) als innovative Antwort auf den

Entwicklungsbedarf bezüglich verbesserter Brennstoffnutzung

und reduziertem Müllanfall in der

Kernenergie ent wickelt. Derzeit wird das iMAGINE

Programm in UK von der Royal Academy of Engineering

(durch den Chair in Emerging Techno logies) und durch

Projektfinan zierung durch UK Research and Innovation

(UKRI) unterstützt. Das breite inter nationale

Interesse an iMAGINE wird sowohl durch zahlreiche

Einladungen zu internationalen Konferenzen (z. B.

IAEA-SNF) und Workshops (z. B. NEA ZPR-TF) als

auch durch internationale Partner (EU-Programme,

KAERI, TU Dresden, Reaktorent wickler) reflektiert.

Der derzeitige Forschungsstand lässt sich folgendermaßen

zusammenfassen:

⁃ Die Nachweise zur langfristigen Betreibbarkeit

eines Reaktors mit abgebranntem Brennstoff sind

erbracht und veröffentlicht (ohne vorherige

Wieder aufbereitung, sogar unter Zuspeisen bereits

verglaster Abfälle) Simulationen zeigen: ausreichende

Brutkapazität, um die notwendige Spaltmaterialbeladung

zu erhalten, Toleranz gegenüber

Vergiftung durch Spaltprodukte und verglaste

Abfälle [18]

⁃ Die Nachweise für eine innovative Lösung der

Endlagerfrage sind erbracht. Nachrechnungen und

Diskussionen zeigen, dass die Auftrennung in kurzlebige

wärmeentwickelnde Spaltprodukte (für ein

Abklinglager) und langlebige Spaltprodukte (können

in Schacht Konrad eingebracht werden) die

Standortauswahl obsolet machen.

⁃ Erste Experimente erfolgreich durchgeführt:

Abtrennung von Spaltprodukten aus dem Brennstoffsalz

und Bestimmung der thermo-physikalischen

Eigenschaften des Brennstoffsalzes. Ergänzt

durch Simulationen, um zu separierende Elemente

zu ermitteln.

⁃ Kollaborationen zur Entwicklung einer experimentellen

Basis in Reaktorphysik: mit der NEA

Zero Power Reactor Task Force; mit der TU

Dresden – erste reaktorphysikalische Experimente

werden in Kürze in Zusammenarbeit mit der

Reaktorphysik-Nachwuchsgruppe NAUTILUS am

AKR-2 Aus bildungsreaktor der TU Dresden stattfinden.

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

31

⁃ Im Rahmen eines UKRI-Projektes wurde bereits

ein Entwurf für ein innovatives Reaktorphysikexperiment

für iMAGINE erarbeitet und publiziert.

Eventuell könnte für ein derartiges Experiment der

Brennstoff des letzten deutschen Reaktorphysikexperiments

genutzt werden, der noch in Karlsruhe

lagert. Derzeit unterstützt RWTÜV eine Doktorarbeit

zur Genehmigungsfähigkeit einer Experimentieranlage.

⁃ Sozialwissenschaftliche Studien begleiten die naturwissenschaftlichen

Arbeiten, um Erfahrungen und

Erwartungen der Bevölkerung besser zu verstehen,

exemplarisch in Dounreay, Schottland [19] . Durch

Befragungen der Anwohner and qualitativer

Analyse der Daten konnten Erkenntnisse gewonnen

werden, welche gegebenenfalls für einen potenziellen

Standort für die Experimentieranlage in

Deutschland übertragbar sind.

⁃ Eine schrittweise Forschungs- und Entwicklungsstrategie

zur Minimierung des Investitionsrisikos ist

für das innovative iMAGINE Programm bereits

entwickelt und wird unten wiedergegeben.

Warum sollte jetzt in Deutschland in iMAGINE investiert

werden?

Deutschland hat vor kurzem entschieden die Standortauswahl

für das Endlager um mindestens 15 Jahre

zu verschieben. Um zu diesem Zeitpunkt eine

fakten basierte Entscheidung zu fällen, müssen die

essentiellen Technologien für iMAGINE jetzt durch

ein staatliches Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm

erprobt werden (Dauer ca. 15 Jahre). Sollte

iMAGINE machbar sein, wird ein Endlager nach

StandAG nicht mehr notwendig sein oder es werden

sich zumindest die Anforderungen an einen Endlagerstandort

und das Endlagersystem deutlich verändern.

Sollte sich iMAGINE wider erwarten als nicht durchführbar

erweisen wird auch dies wichtige Fakten für

eine zukünftige Endlagerentscheidung liefern, somit

liefert das Programm auch im Misserfolgsfall essentielle

Erkenntnisse. Wird die Forschung jetzt nicht durchgeführt,

besteht die Gefahr, dass zum Zeitpunkt der

Standortentscheidung eine Diskussion darüber entsteht,

dass neue Technologien wissenschaftlich nachgewiesen

wurde, die erheblichen Einfluss auf die

Endlagerproblematik haben könnte. Für eine faktenbasierte

Entscheidung müssten diese Technologien

aber erst demonstriert werden, bevor eine endgültige

Entscheidung getroffen werden kann. Dies würde

zwangsläufig zu weiteren Verzögerungen bei der

Realisierung eines Endlagers führen.

Selbstverständlich ist zum Nachweis der Machbarkeit

von iMAGINE ein mehrjähriges, koordiniertes, multidisziplinäres

Entwicklungs – und Demonstrationsprogramm

notwendig. Glücklicherweise besitzt

Deutschland mit dem NUSAFE Programm der

Helmholtz­ Gesellschaft immer noch ein gutes Umfeld

(qualifizierte Wissenschaftler, hochwertige Labore),

Factbox

Die wissenschaftlichen Nachweise sind erbracht, bei

erfolgreicher Nutzung von iMAGINE kann Deutschland

ohne Endlager nach StandAG auskommen und sich damit

auch den politischen und gesellschaftlichen Unfrieden

des StandAV ersparen.

Eine Entscheidung über die Zukunft der nuklearen Reststoffe

steht nach neuesten Daten frühestens im Jahr 2046

an und muss letztendlich in der Politik gefällt werden.

Ziel muss es deshalb sein, Fakten für erkenntnisbasierte,

ideologiefreie politische Entscheidung zu liefern. Dafür

müssen die wissenschaftlichen Aussagen durch einen

Demonstrationsbetrieb bestätigt werden.

Wir brauchen deshalb eine zeitnahe Durchführung eines

Entwicklungs- und Demonstrationsprogramms mit dem

Ziel, in max. 15 Jahren einen Technologiedemonstrator

betriebsbereit zu haben. Der Demonstrationsbetrieb soll

eine fundierte und zeitnahe Entscheidung über den bestmöglichen

Umgang mit den Reststoffe ermöglichen, denn

bis zu einer endgültigen Entscheidung muss das StandAV

weiterhin aufrechterhalten und auch finanziert werden.

Schwerpunkte von iMAGINE sind aber nicht nur die Vermeidung

des Endlagers nach StandAG, sondern auch:

⁃ effiziente Ressourcennutzung zur Verbesserung der

Ressourcensicherheit für Deutschland,

⁃ eine wirtschaftlich effiziente Nutzung der Reststoffe,

⁃ vollständige Nutzung Energieressource Uran unter

Vermeidung einer Plutoniumwirtschaft,

⁃ Verbesserte Nachhaltigkeit der Kerntechnik, kein Uranbergbau,

kein Endlager,

⁃ Letztendlich, auch ein Beitrag zur Stabilisierung des

Energiesystems durch steuerbare Produktionskapazität.

Was ist nun nötig?

Förderung durch ein nationales Entwicklungs- und

Demonstrationsprogramm mit einem staatlichen Investment

von ca. 1,5 Mrd. € über ca. 15 Jahre, das die Integration

von Reaktor, Brennstoffzyklus und Umgang mit Reststoffen

ermöglicht. Nutzung bestehender Anlagen und Ressourcen

der deutschen Forschungslandschaft (Experten und

Labore), internationale Zusammenarbeit, interdisziplinäres

Denken kombiniert mit sozialer Verantwortung. Enge,

konstruktive Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden,

um eine neue Sicherheitsphilosophie zu

entwickeln.

Was bekommt Deutschland dafür?

⁃ Deutschland braucht kein Endlager für hochradioaktive,

wärmeentwickelnde Abfälle geschätzte Kostenersparnis

~50 Mrd. €.

⁃ Deutschland wird sich den sozialen und politischen

Unfrieden des StandAV ersparen

⁃ Deutschland wird eine technologische Führungsrolle

und massive Exportchancen, erschaffen haben (Marktabschätzung,

Investitionspotenzial > 10 Billionen €)

⁃ hat Deutschland für die Zukunft den Zugang zu einer

massive low-carbon Energieressource, die im Land als

Müll lagert, Stromäquivalent ~7,5 Billionen €

Vol. 70 (2025)


32

Research and Innovation

wobei zu bemerken ist, dass die Altersstruktur der

Fachexperten ein derartiges Programm nur noch in

den nächsten Jahren zulassen wird. Das Entwicklungsund

Demonstrationsprogramm zu iMAGINE sollte deshalb

baldmöglichst im Rahmen des NUSAFE Programmes

gestartet und später weiterentwickelt werden;

damit würde Deutschland international eine Führungsposition

im Umgang mit hochradioaktivem Müll

übernehmen. Als positiver Nebeneffekt würde durch

die grundlegenden Nachweise eine stabilere, kostengünstigere

und nachhaltigere, CO₂-arme Energieversorgung

entstehen. Dies wurde in einigen Studien

bereits nachgewiesen [20] . Darüber hinaus adressiert

iMAGINE die soziale Verantwortung der Wissenschaft,

d. h. das Vertrauen der Gesellschaft mit nachhaltigen

Projekten wieder zu gewinnen. Krogsgaard-Larsen

et al., (2011) heben hervor, die soziale Verantwortung

ist eine „Verantwortung von Wissenschaftlern aller

Disziplinen, ihre Forschungsaktivitäten so auszurichten,

dass sie zum Wohl der Gesellschaft und zur

Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit

beitragen können“ [21] .

Ein schrittweises Herangehen

Die Entwicklung und Demonstration eines neuen, hochinnovativen

Kernenergiesystems ist ein hoch komplexes

Problem und bedarf deshalb sorgfältiger, langfristiger

Planung. Kern dieser Planung und des entwickelten

schrittweisen Herangehens ist die Minimierung des

Entwicklungs- aber auch des Investitionsrisikos und die

Sicherstellung einer schnellen und effizienten Erfolgs-/

Misserfolgsrückmeldung bereits in frühen Stadien der

Entwicklung. Mit diesem Ziel wurde ein vierstufiges

Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm

erarbeitet und bereits publiziert [14] , siehe

Abbildung 2, das bereits durch Rosatom [22] in Anwendung

ist. Folgende Schritte sind vorgesehen:

⁃ Grundlegende Studien sowohl zum Nachweis

des Potenzials der Technologie als auch zur Identifizierung

und Abschätzung potenziell entwicklungsgefährdender

Hindernisse (Showstopper) – Machbarkeitsnachweis

zumeist durch theoretische

Studien.

⁃ Einzeleffekt-Nachweisexperimente zum einen zum

Test wichtiger, einzelner Technologieschritte, zum

anderen zur Evaluierung und Verbesserung der

Vorhersagegenauigkeit der Simulationsmodelle und

-rechnungen – Demonstration wichtiger Einzel effekt

und Verbesserung der Vorhersage genauigkeit.

⁃ Kleiner Demonstrator zum Test des Zusammenspiels

und der Beeinflussung der einzelnen Effekte. In dieser

Anlage kommt erstmals der Großteil der Herausforderungen

aus Design, Zulassung und Betrieb zusammen

und muss beherrscht werden. Sicherheitsnachweis

zur Verbesserung des Ver trauens und

der gesellschaftlichen Akzeptanz – Nachweis des

Betriebs eines innovativen Gesamtsystems unter

verschiedenen Betriebsbedingungen.

⁃ Industrieller Demonstrator zum Nachweis, dass

die Anlage auf industriellem Niveau gebaut und

betrieben werden kann – sowohl ausreichende

Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Betriebsstabilität,

als auch akzeptable, planbare Kosten –

Demonstration des betriebswirtschaftlich effizienten

und industriell durchführbaren Betriebs

des Systems und Entwicklung der industriellen

Methoden und Erfolgsgrundlagen.

Auf den Automobilbau übertragen könnte man

folgende Analogie sehen

1. Designstudien, Entwicklung und theoretische Untersuchung

innovativer Komponenten

2. Bau und Test einzelner, entscheidender Komponenten,

z. B. Motor, Fahrwerk

3. Prototyp für erste Fahrten auf Teststrecken in dem

die Herausforderungen gleichzeitig auftreten

4. Kleinserienproduktion für umfangreiche Fahrtests

auf öffentlichen Straßen und verbesserte Abschätzung

der Produktions- und Betriebskosten

5. Industrielle Fertigung

Basis für eine Investitionsentscheidung

zu iMAGINE

Basierend auf dem inzwischen erreichten und publizierten

Forschungsstand zu iMAGINE gilt es jetzt eine

Investitionsentscheidung anzustreben. Die grundlegenden

Studien sind weitestgehend abgeschlossen, veröffentlicht,

auf internationaler Ebene (z. B. bei IAEA

und NEA) zur Diskussion gestellt und auch einige

kleinere Experimente wurden bereits durchgeführt.

Die Arbeiten wurden durch Spezialisten durchweg

sehr positiv aufgenommen. Im nun folgenden Schritt

muss jetzt der Nachweis und die Durchführung

erbracht werden, und die Öffentlichkeit muss über die

Möglichkeiten informiert werden. Wäre iMAGINE ein

Projekt in einem Industriebetrieb, würden auf der nun

vorhandenen Basis Investitionsentscheidungen gefällt

werden.

Abbildung 2

Entwicklungsschritte für eine komplexe, innovative Technologie

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

33

Die drei Kernfragen, die für eine Investitionsentscheidung

beantwortet werden müssen, sind:

a) Ist das Potenzial der Technologie groß genug,

dass es die Investition in den nächsten Schritt

rechtfertigt?

b) Ist das Investitionsrisiko handhabbar?

c) Wo können Synergien erzielt werden?

Zu a)

Wenn iMAGINE erfolgreich durchgeführt wird:

⁃ braucht Deutschland kein Endlager für hochradioaktive,

wärmeentwickelnde Abfälle geschätzte

Kostenersparnis ~50 Mrd. €.

⁃ wird Deutschland sich den sozialen und politischen

Unfrieden ersparen, ein Problem das auf das Land,

beim Standortauswahlverfahren, zukommen wird

(keine Kostenabschätzung möglich).

⁃ wird Deutschland eine technologische Führungsrolle,

inclusive massiver Exportchancen, erschaffen

haben (Marktabschätzung, Investitionspotenzial

> 10 Billionen €).

⁃ wird die Forschung und Entwicklung laut unserer

Umweltministerin eines der größten Probleme der

Menschheit gelöst haben (keine Kostenabschätzung

möglich).

⁃ hat Deutschland für die Zukunft den Zugang zu

einer massive low-carbon Energieressource

erschlossen, die wir bisher nicht nutzen können

( alleine der zur Endlagerung vorgesehene abgebrannte

Brennstoff hat das Potenzial Strom für

300 Jahre bei derzeitigem Verbrauch zu liefern,

Stromaequivalent ~7,5 Billionen €).

Zu b)

Die Kosten für den nächsten Schritt sind überschaubar,

derzeit sind hier etwa 1-2 Mrd. € Staatsinvestition

veranschlagt.

Die Kerntechnik hat bereits Erfahrung und Nachweise

in vielen Bereichen geliefert:

⁃ Der geschlossene Brennstoffkreislauf und das

Brüten von neuem Spaltmaterial wurde bereits

erfolgreich demonstriert.

⁃ Es bestehen umfangreiche Erfahrungen in der

Entwicklung, der Genehmigung und dem Betrieb

von kerntechnischen Anlagen.

⁃ Salzschmelzen werden bereits für moderne Wiederaufbereitungsverfahren

und zu Energieübertragung

und -speicherung erforscht und genutzt

während im Design von iMAGINE bekannte, große

Probleme bisheriger Ansätze (Showstopper) eliminiert

werden.

⁃ Hochkomplexe und kostenintensive Fertigung von

festem Brennstoff und Brennelementen die immer

noch manuell durchgeführt wird.

⁃ Mehrfache Wiederaufbereitung und lange Kühlzeiten

(Multirecycling), die massive Lager und

Transporte von separierten Spaltmaterialien und

abgebrannten Brennstoffen erzwingt.

⁃ die Abtrennung von Spaltmaterialien und das damit

verbundene Proliferations- und Missbrauchsrisiko,

die oft unter der Bezeichnung Plutoniumwirtschaft

zusammengefasst werden.

Die folgenden Synergien sollten genutzt werden.

Zu c)

⁃ Der Brennstoff für das teuerste Experiment

(Reaktor experiment) liegt noch in einem Lager in

Deutschland, dies ermöglicht eine deutliche Kostenund

Zeitersparnis beim Aufbau dieses dringend

benötigten Experiments.

⁃ Es bestehet mit dem Programm NUSAFE eine solide

Grundlage für den Aufbau eines größeren Programmes,

NUSAFE müsste nur neu ausgerichtet und

ausgeweitet werden.

⁃ Die wichtigsten Labore für die essentiellen Arbeiten

in der Nuklearchemie sind bereits vorhanden aber

nur teilweise durch Arbeiten im Kernbereich ausgelastet.

⁃ Deutschland muss aus Fürsorgepflicht das Knowhow

in der Kerntechnik erhalten um auch zukünftig

in Notfällen fachgerecht und sozial verantwortlich

reagieren zu können und um international sprechfähig

zu bleiben.

⁃ Wir brauchen dringend eine Antwort, bevor wir

mit der Endlagerung fortschreiten können, denn

nur auf der Grundlage von nachgewiesenen

Techno logien können die notwendigen, faktenbasierten

Entscheidungen in der Politik gefällt

werden.

⁃ Das bereits gebaute Lager Schacht Konrad kann

für verbleibende, langlebige Reststoffe genutzt

werden, es bedarf lediglich einer Änderungsgenehmigung.

Basierend auf der Diskussion der Grundlagen für

eine Investitionsentscheidung stellt sich natürlich

die Frage: Warum investiert hier nicht einfach ein

Industrie betrieb? Das Projektrisiko ist überschaubar

und der zu erwartende Nutzen sehr hoch (low riskhigh

gain project). Es gilt jedoch zu bedenken,

die Heraus forderungen sind komplex und erfordern

ein inter­ disziplinäres nationales/internationales

Forschungsprogramm und insbesondere Zugang zu

hoch spezialisierten Laboren und Experten. Eine

erfolgreiche Entwicklung erfordert den Umgang mit

offenen Kernbrennstoffen, dieser muss durch einen

Staat abge sichert sein. Dies hat in der Vergangenheit

dazu geführt, dass der Brennstoffzyklus der Bereich

war, der am längsten in der Hand einer staatlichen

Institution war [23] , oder gar immer noch ist wie

im Falle der URENCO. Zusätzlich besteht, für eine

erfolgreiche Projekt abwicklung, Bedarf für eine

enge Zusammenarbeit mit der Genehmigungsbehörde

zur Entwicklung einer innovativen Herangehensweise

zur Sicher stellung eines sicheren

Betriebs der Anlagen.

Vol. 70 (2025)


34

Research and Innovation

Ein Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm

zur Untersuchung von innovativen Optionen zum

Umgang mit radioaktiven Reststoffen

Ziel einer Entwicklung von iMAGINE ist hier weder

Leistungsreaktoren in Deutschland zu bauen, noch ein

massives Forschungsprogramm zu etablieren. Das Ziel

muss vielmehr sein, die technischen Möglichkeiten zur

Vereinfachung des langfristigen und nachhaltigen

Umgangs mit nuklearen Reststoffen zu entwickeln und

zu demonstrieren, um eine potenzielle Alternative zum

klassischen Endlager nachzuweisen. Es gilt, durch

gezielte Forschung, aber vor allem durch Entwicklung

und Demonstration die Fakten- und Erkenntnisbasis

für eine wissensbasierte Endlagerentscheidung in

15 Jahren zu schaffen. Dafür ist es essentiell beurteilen

zu können, ob neue Wege beschritten und die technischen

Voraussetzungen dafür geschaffen werden

können. Dies bedeutet die Machbarkeit von iMAGINE,

als weitreichendsten neuen Ansatz, bis zur Demonstration,

nachzuweisen, um fristgerecht evidenz basierte

Aussagen zu treffen, die für gesicherte Empfehlungen

an die Politik notwendig sind.

Grundlage dafür muss ein fokussiertes Entwicklungsund

Demonstrationsprogramm zur nachhaltigen

Verbrennung nuklearer Reststoffe und der dazu

notwendigen Technologien sein. Die Technologiedemonstration

muss in einem kleinen Demonstrator

(vergleichbar zum AVR in Juelich [24] oder dem FBTR

in Indien [25] ) durchgeführt werden. Für ein derartiges

Programm sind staatliche Investitionen von ca.

100 Mio. € pro Jahr für den genannten Zeitraum von

15 Jahren zu veranschlagen, diese Investition ist

deutlich geringer als 5 % des derzeitig prognostizierten

Endlagerbudgets. Idealerweise könnte das Programm

nach einem erfolgreichen Start in Kollaboration,

mit anderen Ländern, die die Ambitionen teilen,

koordiniert werden. Grundsätzlich hat der Nachweis

das Potenzial die weltweite Endlagersituation massiv

zu entspannen und den Umgang mit radioaktiven

Reststoffen zu revolutionieren (Paradigmenwechsel).

Realistisch erfordert ein derart umfangreiches, interdisziplinäres

Projekt mit langer Laufzeit, mehreren

kerntechnischen Genehmigungsverfahren (kritisches

Experiment und Demonstrator) für neue Technologien

und neuer nuklearer Brennstoffproduktion aus abgebranntem

Brennstoff ein staatliches unterstütztes

Programm. Eine so weitreichende Lösung einer derart

komplexen Herausforderung wird aufgrund der langen

Entwicklungszeit nicht von Investoren getragen und

von der Industrie übernommen werden, sondern

muss im Rahmen der staatlichen Vorsorgeforschung

bearbeitet werden.

Die folgenden Schwerpunkte eines Forschungsprogrammes

sollten in der Reaktorentwicklung gesetzt

werden: Zero power Experiment mit Sicherheits nachweisen

für einen Salzschmelzenreaktor, Reaktordesign

für den kleinen Demonstrator, inclusive Sicherheitssysteme,

Sicherheitskonzept, Genehmigungsfähigkeit

(erst Zero Power Experiment, dann Demonstrator) und

spezielle Probleme von Salzschmelzereaktoren wie

Betriebssysteme und Komponenten, Material schädigung

und Wartung und Reparatur unter hoher

Strahlen belastung.

Im Bereich Brennstoffkreislauf und Nuklearchemie

sollten folgende Schwerpunkte vorgesehen werden:

Brennstoffherstellung inclusive Verbesserung der

Datenbasis für in Betracht kommende Salzbrennstoffkombinationen

(Phasendiagramm, thermo-physikalische

Basisdaten) und Bereitstellung der spezifischen

Ausgangsstoffe (Urananreicherung bis max. 20 %, Cl-37

Anreicherung); chemische und nuklearchemische

Kontrolle des Anlagenbetriebs (Instrumentierung und

Messtechnik, Halogenkontrolle, Pufferung, Korrosionsstudien

& -schutz); Umgang mit Spaltprodukten (Spaltproduktabtrennung,

Abtrennung und Handhabung in

der Abgasreinigung, Konditionierung der abgetrennten

Spaltprodukte).

Die spezialisierte Forschung sollte durch einige weiterführende

Arbeiten und Studien ergänzt werden, wie:

sozialwissenschaftliche Arbeiten zur Risiko-/Wissenschaftskommunikation,

Public Engagement, und

Akzeptanz der Kerntechnik; Entwicklung neuer Ideen

zur Weiternutzung abgetrennter Spaltprodukte; Grundlagenforschung

zur Verkürzung der Halbwertszeit

langlebiger Spaltprodukte; mit Hinblick auf einen

späteren optimierten Einsatz der Anlagen im deutschen

Energiesystem: Arbeiten zu Energiespeicherung,

Loadbalancing und Einbindung in das bestehende

Energiesystem.

Zusätzlich wird das vorgestellte Programm zu iMAGINE

einen neuen Ansatz liefern, der die Nachhaltigkeit

sichert, indem nicht die Einschränkung der Nutzung

von Ressourcen (Grenzen des Wachstums – Club of

Rome), favorisiert wird, sondern die Entwicklung

neuer Technologien um den Ressourcenpool zu

erweitern. Einschränkung der Ressourcennutzung,

kombiniert mit evolutionärer Entwicklung, mündet

beim derzeitig hohen Entwicklungsdruck durch die

Klimakrise fast zwangsläufig in der Reduktion des

Wohlstandes. Die drohende Wohlstandsreduktion birgt

die Gefahr, dass notwendige Klimaschutzmaßnahmen

die erforderliche gesellschaftliche Akzeptanz verlieren.

Deshalb muss der Einschränkungsansatz des Club

of Rome erweitert werden durch „Bereitstellung

technischer Entwicklungen, die bisher nicht nutzbaren

Ressourcen zugänglich machen“, um drohende Wohlstandsverluste

zu minimieren.

Zusammenfassung

Die wissenschaftlichen Nachweise sind erbracht, mit

iMAGINE wurde erstmals eine Technologie entwickelt,

die das Potenzial hat ein Endlager nach StandAV obsolet

zu machen. Um Klarheit über die Machbarkeit zu

erlangen, muss diese Technologie jetzt demonstriert

werden, denn nur durch eine zeitnahe Demonstration

kann die Basis für die erforderliche, faktenbasierte

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

35

politische Entscheidung geschaffen werden. Für diesen

Nachweis braucht Deutschland ein staatlich gefördertes

Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm von

ca. 1,5 Mrd. € verteilt auf etwa 15 Jahre um bis zum

nächsten Schritt der Endlagerentscheidung klare

Aussagen zu technischen Alternativen bereit zu

haben, das bis zum Bau eines kleinen Demonstrators

durchgeführt werden muss. Insbesondere für ein

Generationen projekt wie die nukleare Endlagerproblematik

gilt, die Politik kann nur faktenbasierte Entscheidung

fällen, wenn die Wissenschaft die Fakten

auch produziert hat, ansonsten wird der Weg für

ideologische Entscheidungen bereitet!

Über die Antwort der Vermeidung des Endlagers

hinaus adressiert iMAGINE einige wichtige, derzeit

drängende Herausforderungen: sichere, bezahlbare

und nachhaltige Stromversorgung (SDG7) zur Reduzierung

des Klimawandels und das Vertrauen, dass die

Wissenschaft ihrer Verantwortung nachkommt, ihre

Forschungsaktivitäten so auszurichten, dass sie zum

Wohl der Gesellschaft und zur Bewältigung der Herausforderungen

unserer Zeit beitragen

[vgl. 21]

können.

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Autoren

Prof. Bruno Merk

School of Physical Sciences

University of Liverpool, UK

bruno.merk@liverpool.ac.uk

Prof. Bruno Merk hält derzeit den, von der königlichen

Ingenieursgesellschaft geförderten, Chair in

Emerging Technologies für die Kerntechnik des

21. Jahrhunderts. Sein Kernforschungsgebiet umfasst

die Entwicklung neuer Technologien zum besseren

Umgang mit Nuklearmüll, mit dem Ziel ein Endlager

für hochradioaktive Materialien zu vermeiden. Von

2015 bis 2020 hielt er die NNL/RAEng Forschungsprofessur

für Computermodellierung in der Kerntechnik

und war gleichzeitig Fellow für Reaktorphysik

am National Nuclear Laboratory. Vor seiner Zeit

im Vereinigten Königreich war er im Programm

NUSAFE der Helmholtz-Gesellschaft für die Bereiche

Waste Management und fortschrittliche Reaktoren

zuständig. Er war als wissenschaftlicher Berater an

der Entwicklung der acatech Position zu Partitionierung

und Transmutation nuklearer Abfälle –

Chancen und Risiken in Forschung und Anwendung

engagiert.

Vol. 70 (2025)


36

Research and Innovation

Dr. Lakshay Jain

Research Associate

School of Engineering

University of Liverpool, UK

l.jain@liverpool.ac.uk

Lakshay Jain ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der

University of Liverpool (UoL). Er arbeitet an der

Konzeption und Modellierung einer Null-Leistungs-

Anlage für Salzschmelzereaktoren, entwickelt den

Entwurf für ein Versuchsprogramm und fördert das

öffentliche Bewusstsein für die Vorteile der Kernenergie.

Als leidenschaftlicher Verfechter der Kernenergie

als Mittel zur nachhaltigen, kohlenstoffarmen

Energieversorgung, trat Lakshay der Gruppe für

Reaktorphysik an der UoL bei, nachdem er seinen

Doktor in Ingenieurwissenschaften am Homi Bhabha

National Institute, Indien im Jahr 2022 ablegte. Seine

Forschungsinteressen umfassen fortschrittliche Kernreaktordesigns

und die Anwendung von AI/ML auf

Strahlungstransport und Herausforderungen in der

Kerntechnik.

Dr. Dzianis Litskevich

Lecturer

University of Liverpool

dzianis@liverpool.ac.uk

Dr. Dzianis Litskevich ist Dozent für KI und Kerntechnik

an der University of Liverpool. Von 2018 bis

2021 hatte er ein EPSRC-Postdoktorandenstipendium

mit dem Titel „Innovative LWR Simulation Tool

for the Nuclear Renaissance in the UK“. Vor seinem

Wechsel nach UK war er am HZDR tätig und erlangte

seinen Doktorgard an der RWTH Aachen. Er hat

bei zahlreichen Projekten zur fortgeschrittenen

Modellierung und Simulation von Kernreaktoren

beigetragen, darunter auch zur Salzreaktortechnologie.

Sein derzeitiges Interesse liegt auf der

Anwendung von KI und maschinellem Lernen in der

Kerntechnik.

Dr. Omid Noori-kalkhoran

School of Engineering

University of Liverpool, UK

Nuclear Engineering

Cardiff University, UK

omidnk@Liverpool.ac.uk

Dr. Omid Noori-Kalkhoran ist ein angesehener

Nuklear ingenieur und Pädagoge mit über 15 Jahren

Erfahrung in den Bereichen Reaktorsicherheit,

Neutronik und Thermohydraulik von Kernkraftwerken.

Er arbeitet als Associate und Senior Fellow

mit der Universität of Liverpool und der Cardiff

University in Nuclear Engineering. Zusätzlich lehrt er

auch an der Universität of Derby und Rolls-Royce

Nuclear als Lehrbeauftragter. Seine umfangreichen

Veröffentlichungen und Erfolge bei der Sicherung

wichtiger Forschungsfinanzierung unterstreichen

seine Stellung als international führend in der

Kernforschung.

Elfriede Derrer-Merk

Doktorandin

University of Liverpool, UK

E.Derrer-Merk@liverpool.ac.uk

Elfriede Derrer-Merk ist derzeit Doktorandin an

der University of Liverpool, UK. In ihrer Forschung

untersucht sie die Frage: Welche psychologischen und

gesellschaftlichen Erfahrungen machten ältere

Erwachsene während der COVID-19-Pandemie? Ihre

Doktorarbeit liefert neue Erkenntnisse über die

subjektiven Erlebnisse älterer Menschen während

der Pandemie und deren Auswirkungen auf ihr

psychisches und soziales Wohlbefinden.

Im Rahmen des Zero Power Project (11/2022–10/2024)

erforschte sie die gesellschaftlichen und psychologischen

Auswirkungen des Lebens in Thurso, UK,

insbesondere im Zusammenhang mit der Forschungsanlage

in Dounreay, sowie die Veränderungen im

Laufe der Zeit. Dabei setzte sie qualitative Forschungsmethoden

ein, konstruk tivistische Grounded- Theory-

Methodologie. Weitere Schwerpunkte ihrer Arbeit

liegen in den Bereichen soziale Verantwortung der

Wissenschaft, Risiko wahrnehmung und -kom munikation.

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

37

Krebsmedikamente und

Klimaschutz statt Atommüll -

wird Deutschland gestalten

oder zuschauen?

› Guido Houben, Franz Strohmer

Die USA haben letzten Sommer angekündigt, alle hochradioaktiven Abfälle ihrer

Kernkraftwerke innerhalb der nächsten 30 Jahre entsorgen zu wollen – mittels beschleunigergetriebener

Transmutation 1 . Inzwischen wurde als einzigem europäischen

Unternehmen der Transmutex AG 4 Mio. EUR für den Bau eines ersten Teilchenbeschleunigerabschnitts

am Los Alamos National Laboratory zugesprochen. Auch der Bund hat letzten

Monat zunächst 7 Mio. EUR in diese CERN-Ausgründung investiert, die Anlagen zur elektrochemischen

Partitionierung und beschleunigergetriebenen Transmutation (P&T) von abgebrannten

Brennelementen entwickelt. Verschiedene asiatische Länder sind ebenfalls sehr

interessiert, solche P&T-Anlagen auf Thorium-Basis zu errichten. Es entsteht also gerade ein

globaler Markt für Anlagen, die sowohl den außenpolitischen Interessen Deutschlands

entsprechen als auch denen vieler deutscher und europäischer Industrieunternehmen, die

als Zulieferer beteiligt sein könnten.

Vor diesem Hintergrund befasst sich eine aktuelle

Studie 2 der Bundesagentur für Sprunginnovationen

SPRIND nun mit den Bedingungen und Auswirkungen

einer Demonstrationsanlage am Standort eines ehemaligen

Druckwasserreaktors in Bayern. Dabei wurden

von Experten der TU München, von TÜV NORD

und der Kanzlei Posser Spieth Wolfers der technische

Stand, Sicherheitsaspekte, der genehmigungsrechtliche

Rahmen und die Wirtschaftlichkeit einer Transmutex-

Anlage untersucht sowie ihre Folgen für das geplante

Endlager zur Entsorgung kerntechnischer Abfälle.

Zur Umsetzung wurde inzwischen die Transmutex

Deutschland GmbH gegründet.

Nun geht es darum, ob der neu gewählte Bundestag

und die neue Bundesregierung die gesetzlichen Grundlagen

für solch eine Demonstrationsanlage in Deutschland

schaffen. Wie seinerzeit beim Transrapid könnte

einer Vielzahl hiesiger Unternehmen damit die Gelegenheit

gegeben werden, sich entstehende Märkte zu

erschließen. Die Bundesrepublik könnte so auch dazu

beitragen, dass ihr wichtige Anliegen wie Anlagensicherheit,

Nichtweiterverbreitung, sichere Endlagerung,

Energie- & Rohstoffunabhängigkeit und die

Minimierung von Umweltschäden durch Kreislaufwirtschaft

anstelle von Bergbau international umgesetzt

werden 3 . Auch eine Initiative für das Weimarer

Dreieck, die unsere französischen und polnischen

Nachbarn wohl begrüßen würden.

Dabei geht es vor allem um Planungssicherheit,

weniger um finanzielle Mittel. Denn schon die erste

Demonstrationsanlage bestehend aus elektrochemischer

Abfalltrennung und Recycling, beschleunigergetriebener

Müllverbrennung und abschließender

Restmüllverglasung wäre laut SPRIND-Studie dank der

erwirtschafteten Erlöse allein aus medizinischen

Radioisotopen, Rohstoffen für industrielle Zwecke,

und Prozesswärme hoch rentabel. Der Nettobarwert

beläuft sich bei einer Betriebsdauer von 50 Jahren je

1 https://arpa-e.energy.gov/programs-and-initiatives/view-all-programs/newton

2 Validierungsauftrag SPRIND (2025) „Umsetzungsstudie über eine beschleunigergetriebene Neutronenquelle am Standort eines ehemaligen Kernkraftwerks

zwecks Produktion von Krebsmedikamenten, Fernwärme und geothermischer Energie sowie zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle“. 220 S. www.sprind.org

3 Siehe dazu auch Franklin Servan-Schreiber & Guido Houben (2023): Deutschlands nukleare Zukunft: beschleunigergetriebene Neutronenquellen. atw Vol. 68

Ausgabe 6/2023, S. 35-39

Vol. 70 (2025)


38

Research and Innovation

nach Szenario zwischen 1 und 7 Milliarden Euro. Die

Investitions kosten bei sofortiger Errichtung würden

ca. 1,5 Mrd. EUR betragen (eine Reduktion von 30 % bei

Nachnutzung ehemaliger AKW-Standorte), die jährlichen

Betriebskosten gut 115 Mio. EUR. Es bedarf aus

betriebswirtschaftlicher Sicht in diesem Fall keiner

finanziellen Vergütung für die Entsorgung der hochradioaktiven

Abfälle durch den Staat an den Betreiber

der Anlage. Da die Recyclingeinheit der Anlage bis zu

vier Neutronenquellen versorgen kann, wären bei

weiteren Einrichtungen signifikante Einsparungen zu

erwarten.

Neben der deutlichen Reduktion auch der bereits

verglasten Abfälle bietet die Anlage weitreichende

volkswirtschaftliche Vorteile: Wertvolle Rohstoffe

wie Krypton, Rhodium, Ruthenium und Uran, die

unter anderem für die Luft- und Raumfahrt sowie

die Automobil- und Solarzellenindustrie benötigt

werden, könnten recycelt werden. Zudem ermöglicht

die Anlage die Entwicklung neuer Krebsmedikamente

sowie die Produktion derselben einerseits aus den

hoch radioaktiven Abfällen (Strontium-90, Cäsium-137),

andererseits durch Bestrahlung (Actinium-225, Luthethium-177,

Terbium-161 etc.). Strontium-90 z. B. wird

zur externen Behandlung von Bindehautwucherungen

am Auge (Pterygium-Bestrahlung) sowie zur sub kutanen

Behandlung von Krebstumoren an Schild drüse

und Hoden verwendet. Bei Knochenkrebs werden

derzeit mit Strontium-90-Salz gefüllte Ampullen in das

Knochengewebe in der Nähe des Tumors oder in diesen

selbst eingebracht.

Die nicht wiederverwertbaren Abfälle des untersuchten

KKW ließen sich voraussichtlich innerhalb

der Mindestbetriebsdauer der Anlage von 50 Jahren

transmutieren. Nachfolgende Generationen würden so

durch die Reduktion der Radioaktivität von 1 Million

auf unter 1 Tausend Jahre geschützt. Alle für ein geologisches

Endlager problematischen, wasserlöslichen

Spaltprodukte würden nahezu vollständig in einem

sicheren, umweltschonenden und proliferationsresistenten

Verfahren vernichtet. Das Volumen der

hochradioaktiven Abfälle reduziert sich so um knapp

90 %. Dies ermöglicht weitere Kosteneinsparungen bei

der Zwischen- und Endlagerung.

Für den nicht zu transmutierenden Rest des Nuklidinventars

(„Restmüll“) sollte nach wie vor ein Endlager

gebaut werden, allerdings kann dieses für den nötigen

Zeitraum von 1.000 Jahren deterministisch und daher

nachweisbar sicher und wahrscheinlich oberflächennah

ausgelegt werden. Da heutzutage bereits Behälter

hergestellt werden können, die mit 10.000 Jahren

Beständigkeit etwa zehn Mal so lange sicher sind, wie

die verbleibenden Abfälle mit hoher Aktivität strahlen,

bestünde im Fall einer oberflächennahen Lagerung

sogar die Möglichkeit, die Restwärme von etwa 200 °C

geothermisch z. B. für Wärmepumpen zu nutzen. Die

Anlage leistet also auch einen bedeutenden Beitrag zur

CO₂-Reduktion – sowohl direkt durch Prozesswärme

und Geothermie als auch indirekt durch Kreislaufwirtschaft

statt Bergbau.

Nachdem sich die Endlagersuche für hochaktive

Abfälle und bestrahlte Brennelemente in Deutschland

um Jahrzehnte verzögert, deren Einlagerung sogar bis

ins 21. Jahrhundert, bleibt ausreichend Zeit, P&T­

Maßnahmen zu ergreifen. Denn entweder hält man die

jetzige, für die hochaktiven Abfälle geplante Endlagerform

für wenig problematisch, dann lässt sich die Idee

einer für eine Million Jahre sicheren Endlagerung ohne

Transmutation vertreten. Oder aber man möchte auf

jeden Fall die Kontamination des Tiefenwassers durch

langlebige Spaltprodukte wie Selen-79, Jod-129 und

Technetium-99 ausschließen und die sichere Verwahrung

der restlichen Nuklide bis zum Abklingen

der Radioaktivität auf ein natürliches Maß innerhalb

von 1.000 Jahren garantieren. Dann bleibt nach

heutigem Stand der Technik nur die elektrochemische

Partitionierung und beschleunigergetriebene Transmutation

der (auch bereits verglasten) hochradioaktiven

Abfälle.

Es bietet sich in Deutschland aus genehmigungsrechtlichen,

finanziellen, psychologischen und Sicherheitsgründen

an, die beschleunigergetriebene Neutronenquelle

nicht auf der „grünen Wiese“ zu bauen, sondern

auf dem Gelände eines ehemaligen Kernkraftwerks.

Eine Vielzahl bereits genehmigter Anlagenteile und

Gebäude kann so sinnvoll nachgenutzt anstatt neu

gebaut werden. Die dort dezentral zwischengelagerten

bestrahlten Brennelemente müssen das Gelände

zudem nicht zum Transport verlassen, um in der

Anlage behandelt zu werden. Hinzu kommt, dass dort

weiterhin durch den aktuell stattfindenden Rückbau

qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung stehen und

so einen vergleichbaren Arbeitsplatz erhalten. Die

Bevölkerung in der Umgebung wiederum, die Jahrzehnte

neben den bestrahlten Brennelementen mit

dem Versprechen eines vorübergehenden Zwischenlagers

gelebt hat, wäre für dessen sichere Entsorgung

vermutlich dankbar.

Das Anlagendesign von Transmutex entspricht generell

den deutschen sowie internationalen Sicherheitsanforderungen

und Regelwerken und erreicht grundsätzlich

durch die unterkritische Auslegung und Bleiabschirmung

einen sehr hohen Sicherheitsstandard.

Durch den Bau der Partitionierungsanlage direkt am

Brennelemente-Zwischenlager innerhalb des geschützten

Geländes eines früheren AKW können darüber

hinaus die Risiken hinsichtlich Proliferation, terroristischer

Angriffe oder Flugzeugabstürze minimiert

werden.

Aus genehmigungsrechtlicher Sicht wäre es zwar

eine Herausforderung, die bestehenden Rückbaugenehmigungen

der KKW in Genehmigungen für

P&T-Anlagen an Standorten ehemaliger Kernkraftwerke

zu überführen, aber nicht unmöglich. Die Anlage

fügt sich trotz ihrer Neuartigkeit in die Systematik des

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

39

bestehenden Rechtsrahmens ein. Insbesondere die

für sie wesentliche Beschleunigereinheit könnte ohne

Änderungen der Rechtslage errichtet werden. Die

Verarbeitung hochradioaktiver Abfälle setzt jedoch

Gesetzesänderungen auf Bundesebene voraus.

Anlagenüberblick

Die START (Subcritical Transmuting Accelerated

Regenerative Technology) genannte P&T-Anlage von

Transmutex besteht erstens aus einer Neutronenquelle,

die einen Teilchenbeschleuniger mit einem

Transmutationsreaktor unter Verwendung eines

Spallationsziels koppelt. Die Hauptaufgabe der Neutronenquelle

besteht darin, die problematischen hochradioaktiven

Abfälle aus dem Uranbrennstoffkreislauf

umzuwandeln.

Zweitens ist eine Abfallrecyclinganlage notwendiger

Teil der START-Anlage. Sie besteht aus Abtrennungsund

Fertigungseinheiten sowie Brennstoff- und Abfalllagereinheiten

und einer Verglasungsanlage. In dieser

Anlage werden abgebrannte Brennelemente zu neuen

Thorium-transuranischen (Th-TRU) Brennelementen

für das START-System aufbereitet und in START umgewandelte

Spaltfragmente für die endgültige geologische

Lagerung verglast. Die Kapazität der Recyclinginfrastruktur

reicht für bis zu vier Neutronenquellen.

Abbildung 1 zeigt einen Überblick der Anlage.

Das vorgeschlagene System ist eine unterkritische

Vorrichtung, bei der die Kernspaltungsreaktion nicht

wie bei einem kritischen Kernreaktor selbsterhaltend

ist. Die Spaltneutronen allein können keine Kettenreaktion

aufrechterhalten, da der Kern unterkritisch

ausgelegt ist, d. h. k eff < 1. Stattdessen hängt die Fortführung

der Reaktion immer von einer äußeren

Neu tronenzufuhr ab, die hier durch einen Teilchenbeschleuniger

in Verbindung mit einem Spallationsziel

induziert wird. Die unterkritische Auslegung erhöht

das Sicherheitsprofil der Anlage entscheidend.

Die Effektivität der Transmutation hängt vom Energiespektrum

der Neutronen ab, die mit den radioaktiven

Nukliden interagieren. Schnelle Neutronen sind besonders

wirksam bei der Transmutation aller Aktinide, die

Abbildung 1

Zeichnung des START-Systems.

Vol. 70 (2025)


40

Research and Innovation

mit ca. 1,5 % einen kleinen, aber besonders langlebigen

Bestandteil der hochradioaktiven Abfälle darstellen.

Schnelle Neutronen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit,

eine Spaltung der schweren Isotope zu induzieren.

Dies führt zu einer effizienteren Aufspaltung

dieser langlebigen Isotope in kurzlebige oder stabile

Fragmente. Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum

können auch mehr spaltbares Material

erzeugen, als sie verbrauchen.

Als Kernkühlmittel wurde flüssiges Blei gewählt. Blei

ist für Neutronen durchlässig und ermöglicht daher

die Nutzung eines harten Neutronenspektrums, was

wiederum eine hohe Transmutationsrate der Aktinide

zur Folge hat. Gleichzeitig wird Blei aufgrund seiner

sehr hohen Neutronenausbeute als Spallations material

verwendet. Blei ist daher eine logische Wahl, um zwei

Hauptfunktionen der Anlage zu unterstützen.

Aus sicherheitstechnischer Sicht bietet Blei weitere

Vorteile. Es hat einen hohen Siedepunkt, der den

Betrieb bei hohen Temperaturen und atmosphärischem

Druck ermöglicht. Der atmosphärische Druck

erlaubt eine einfachere und sicherere mechanische

Konstruktion des Primärkühlkreises (im Vergleich zu

einem unter Druck stehenden Primärkühlmittelkreislauf)

und verringert die Folgen einer Freisetzung des

Primärkühlmittels unter unfallartigen Bedingungen,

bei denen die Integrität des Primärkühlkreises gefährdet

ist. Die hohe Betriebstemperatur des Primärkühlmittels

führt zu einer effizienteren Energieübertragung

durch den Dampferzeuger in den Sekundärkreislauf.

Die Tatsache, dass START auch im laufenden Betrieb

immer unterkritisch betrieben wird, und der Umstand,

dass nach Ausbleiben des erregenden Protonenstrahls

beim Abschalten des Beschleunigers die Kernreaktionen

innerhalb von zwei Millisekunden abbrechen,

schließen Kritikalitätsunfälle durch das Design aus.

Blei hat als Kühlmittel einen so hohen Siedepunkt, dass

die komplette Nachzerfallswärme vom Kühlmittel

aufgenommen werden kann. Selbst wenn ein lokales

Sieden unterstellt wird, wird durch einen negativen

Dampfblasenkoeffizienten die Reaktivität abgesenkt.

Zu den weiteren Vorteilen von Blei gehören seine

chemische Trägheit und seine hohe Wärmekapazität,

wodurch ein stabiles Medium mit hoher thermischer

Trägheit entsteht. Das Transmutationsreaktordesign

basiert auf den Erkenntnissen aus dem ALFRED­

Reaktor Design, einem europäischen Forschungsprojekt

für einen kritischen, bleigekühlten Reaktor.

Der Transmutationsreaktorkern hat einen maximalen

k eff -Wert von 0,98, was eine Sicherheitsmarge zur

Kritikalität (k eff = 1) bietet. START umfasst Energieerzeugung,

Transmutation und Brennstofferzeugung

im selben Kern. Um alle Funktionen gleichzeitig zu

ermöglichen, müssen die Brennelemente regelmäßig

aufbereitet und nachgeladen werden. Dazu wird

derzeit eine rotierende Lademaschine im Deckelbereich

des Reaktors konzipiert, mit welcher Brennelemente

versetzt werden können.

Die Neutronenquelle liefert die Neutronenpopulation,

die erforderlich ist, um ein Gesamtneutronenniveau

konstant auf unterkritischem Niveau zu halten. Dies

wird dadurch erreicht, dass der hochenergetische

Protonenstrahl auf das Target trifft und dabei einen

bekannten und festen Neutronenfluss durch einen als

Spallation bekannten Prozess freisetzt. Die Spallationsneutronen

werden somit in Bezug auf Spektrum und

Fluss durch den Protonenstrahl gesteuert, der von

einem externen Beschleuniger bereitgestellt wird.

Wenn kein Protonenstrahl mehr bereitgestellt wird,

hört die Erzeugung von Spallationsneutronen umgehend

auf und die Kernreaktion kommt sofort zum

Erliegen.

Die Energie des auf das Spallationsziel treffenden

Strahls ist der wichtigste Faktor, der bestimmt, wie

viele Neutronen erzeugt werden. Die maximale Neutronenproduktion

liegt bei ca. 1,2 GeV. 800 MeV wurden

als Kompromiss zwischen der Effektivität der Neutronenproduktion

und dem Entwicklungsaufwand/

den Herstellungskosten des Beschleunigers gewählt.

Außerdem steigt die Fähigkeit, Neutronen zu erzeugen,

linear mit dem Strom des Protonenstrahls an. Ein

hoher Strom ist daher vorteilhaft. Tatsächlich haben

europäische, chinesische und japanische Forschungsgruppen

ADS-Forschungsprojekte entwickelt, die

Strahl ströme von 10 mA bis 30 mA berücksichtigen.

Transmutex hat 5 mA Spitzenstrom als angemessenen

Strahlstrom gewählt, der basierend auf dem heutigen

Stand der Technik eine sofort umsetzbare Weiterentwicklung

bestehender Beschleuniger und Spallationsquellen

zulässt.

Der gewählte Beschleuniger ist daher eine 800-MeV-

Maschine mit einem Strahlstrom von 5 mA, was zu

einer Strahlleistung von 4 MW führt. Das Design ist von

der Hochintensitäts-Protonenbeschleuniger-Maschine

(HIPA) des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) inspiriert, die

ein Zyklotron zur Beschleunigung von Protonen auf

590 MeV verwendet. Angesichts der Anforderungen

an den Beschleuniger wird das START-Zyklotron das

Abbildung 2

Ansicht des Beschleuniger- und Reaktorgebäudes.

Maße in mm. Die Abmessungen sind etwa 130 m x 80 m.

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

41

leistungsstärkste der Welt sein. Es wird und muss auch

das zuverlässigste Zyklotron der Welt sein. Ein

Hauptziel bei der Entwicklung des Zyklotrons ist

es, eine hohe Zuverlässigkeit zu erreichen, um die

Betriebsan forderungen des Reaktors zu erfüllen,

die Folgendes vorsehen: maximal eine Strahlunterbrechung

von mehr als 20 Sekunden pro Jahr, eine

von mehr als 3 Sekunden pro Woche, zehn von

mehr als eine Sekunde pro Tag, fünfzig von mehr

als 0,1 Sekunden pro Tag und zehntausend Strahlunterbrechungen

von weniger als 0,1 s pro Tag.

Abbildung 2 zeigt eine Draufsicht auf die Neutronenquelle.

Beim Transmutationsprozess werden 604 MW th

Energie frei, die in brutto 260 MW e Strom umge wandelt

werden könnten, von denen zur Eigenstromver sorgung

ca. 36 MW veranschlagt werden müssen.

Eine Verglasungseinheit wird zur Konditionierung des

verbleibenden hochaktiven Abfalls in eine stabile

verglaste Form verwendet. Das endgültige hochaktive

Abfallprodukt, das aus der START-Anlage stammt, ist

in seiner endgültigen Form für die Lagerung in einem

tiefen geologischen Endlager geeignet und qualifiziert.

Recycling-Ansatz

Transmutex verfolgt ein elektrochemisches Partitionierungsverfahren

in einer Hochtemperatur­

Salzschmelze, das vom Argonne National Laboratory

(ANL) bei Chicago entwickelt und am Brennstoff des

EBR-II-Reaktors im Zeitraum von 1964-1994 getestet

wurde. Bei diesem Recyclingverfahren kann das Uran

in reiner metallischer Form zurückgewonnen werden,

während das Plutonium und alle anderen Transurane

in einer Metalllegierung mit einem geringen Urananteil

an fallen. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass weder

wässrige Lösungen noch Säuren verwendet werden.

Es folgt zudem den strengen Sicherheitsgrundsätzen

der Nicht-Weiterverbreitung und trennt kein reines,

spaltbares Material ab. Die Transurane werden im

Gemisch mit etwas Uran gewonnen; diese Legierungen

können daher nicht als waffenfähiges Material verwendet

werden.

Das Verfahren ermöglicht die Abtrennung zahlreicher

radioaktiver und stabiler Spaltprodukte (wie

Edel metalle), der Transurane mit einem Teil des

Urans sowie des restlichen rezyklierten Urans als

sauberes Produkt aus abgebranntem Brennstoff

(s. Abbildung 3). Das zurückgewonnene saubere

Uran (RepU) besteht größtenteils aus U-238 in Mischung

mit künstlichem U-236, etwas verbleibendem U-235

sowie einigen anderen Uranisotopen und kann als

Ausgangsmaterial für die Herstellung von Brennelementen

(z. B. ERU) verwendet werden, die derzeit

bereits in Kernkraftwerken weltweit im Einsatz sind.

Die Abhängigkeit von auβereuropäischen Uranherstellern

sowie die mit dem Abbau verbundenen

ökologischen Schäden können durch diesen Recyclingprozess

reduziert werden.

Krypton-85 (8g)

Für die Luft- und Raumfahrtindustrie

Caesium-137, Strontium-90

Als Krebsmedikament

̃1,3kg

Abgereichertes Uran

Für neue Brennelemente (Frankreich)

383 kg

Edelmetalle

Zur industriellen Nutzung

0,3kg Rhodium, 2kg Ruthenium u.a.

Abgebranntes Brennelement

666 kg

Se-79, Tc-99, I-129

Gefährliche Spaltprodukte

werden vollständig transmutiert

0,1 kg I-129 und 0,4 kg Tc-99

Hochradioaktive Abfälle (verglast)

strahlen nur noch ca. 800 Jahre

̃13 kg

Aktivierte Metalle

Endlagerung als mittelaktive Abfälle

Hüllrohre und Strukturmaterial, 223 kg

U, Pu, Am, Np, Cm Metallbarren

Gefährliche transuranische Elemente

werden vollständig transmutiert

39 kg

Abbildung 3

Rohstoff- und Restmüllvolumen durch Partitionierung pro Brennelement

Vol. 70 (2025)


42

Research and Innovation

Abbildung 4

Flussdiagramm des abgebrannten Brennstoffs aus oxidischen LWR-Brennelementen durch die Recyclinganlage

Damit unterscheidet sich das elektrochemische Verfahren

entscheidend vom nasschemischen PUREX­

Verfahren (Plutonium-Uran-Reduktions-Extraktion),

mit dem der Begriff Wiederaufbereitung negativ

konnotiert ist, da er nicht zur Verarbeitung der

nuklearen Abfälle, sondern zur Gewinnung von Plutonium

und Uran entwickelt wurde. Es handelt sich bei

PUREX zudem um ein relativ ineffizientes und umweltbelastendes

Verfahren. Die minoren Aktinide und die

verbleibenden Transurane des abgebrannten Uranoxidbrennstoffs

werden zusammen mit den Spaltprodukten

als nutzloser Abfall betrachtet und in

Kokillen verglast, wodurch diese Abfälle auf lange Zeit

hochradioaktiv bleiben. Die langlebigen Spaltprodukte,

die aufgrund ihrer verschiedenen, möglichen Oxidationsstufen

eine hohe Mobilität aufweisen, brauchen

für ein geologisches Tiefenlager eine besondere Sicherheitsbetrachtung

und Vorkehrungen, damit ihr Kontakt

mit dem Tiefengrundwasser auf lange Zeit ausgeschlossen

werden kann.

Im START-System werden die abgetrennten Transurane

daher in einem schnellen Neutronenspektrum verwendet,

das durch einen Spallationsprozess in

flüssigem Blei ausgelöst wird. Dieser Prozess ermöglicht

die vollständige Spaltung/Transmutation der

Transurane in mehreren Kernzyklen. Die ursprüngliche

pyrochemische Aufbereitung von ANL wurde von

Transmutex um die Abtrennung der Spaltprodukte

Cäsium, Strontium, Krypton und Rhodium für medizinische

oder industrielle Zwecke erweitert. Die langlebigen

Spaltprodukte Technetium-99, Jod-129 und

Selen-79 werden zusätzlich abgetrennt, um sie im

Neutronenspektrum von START zu stabilen Produkten

zu transmutieren.

Insgesamt enthält der aus diesem Prozess resul tierende

Abfall fast keine wärmeentwickelnden Transurane

(weniger als 1 % des ursprünglichen Gehalts im abgebrannten

Brennstoff). Er enthält nur noch Spuren von

spaltbarem Material und unterschreitet innerhalb von

weniger als 1.000 Jahren das Aktivitätsniveau einer

äquivalenten Menge natürlichen Uranerzes (die genaue

Zerfallszeit hängt vom Abbrand und der Art des verwendeten

Brennstoffs ab). Aufgrund der fehlenden

langlebigen Aktinide und Spaltprodukte Selen, Jod und

Technetium erfordern diese Rückstände keine probabilistische

Sicherheitsanalyse für das Endlager. Der

Gesamtreduktionsfaktor für das Volumen hochradioaktiver

Abfälle liegt in der Regel im Bereich von

5 bis 10 (d. h. mindestens 80 % Volumenreduktion im

Endlager).

Die wichtigsten Schritte in der Recyclinganlage –

die dem Weg des spaltbaren Materials im Falle von

abgebranntem Oxidbrennstoff folgen – sind die

An nahme und Lagerung der Brennelemente, der

sogenannte Head-End-Prozess (die Entfernung der

Strukturelemente und der Hüllrohre und die Voloxidation),

die elektrolytische Reduktion, die Elektroraffination,

die elektrolytische Gewinnung, die Behandlung

des Kathodenprodukts (CP), die Salzbehandlung,

das Abgassystem, die Abfallbehandlung und die Anreicherungsanpassung

(siehe die Darstellung dieser

grundlegenden Schritte in Abbildung 4).

Behandlung bereits verglaster Abfälle

Etwa ein Drittel der hochradioaktiven Abfälle in

Deutschland liegen in verglaster Form vor, d. h.

in Edelstahlbehältern, in welchen die Rückstände

der PUREX-Wiederaufarbeitung (Spaltprodukte und

minore Aktinide) in Frankreich in Borosilikatglas

eingeschmolzen wurden. Diese Kokillen sind lager- und

transportstabil und stehen genauso wie abgebrannte

Brennelemente für die Transmutation zur Verfügung.

Die Möglichkeit, die radioaktiven Nuklide aus dem Glas

zurückzugewinnen, wurde in Savannah River, Georgia,

USA, bereits untersucht. Dort hat man Mitte der 1990er

Jahre die Möglichkeit untersucht, Lösungen, welche die

Nuklide Americium und Curium im Kilogrammmaßstab

enthielten, aus Sicherheitsgründen zu verglasen,

weil die zur Lagerung verwendeten Tanks alt und die

Lagersysteme unzeitgemäß waren. Die erzeugten

Kokillen aus Borosilikatglas sollten als Zwischenlagerund

Transportform genutzt werden, um die Isotope

Americium und Curium für die Produktion von

Californium-252 später sicher nutzen zu können. Dazu

sollten die Kokillen zunächst gelagert und später in

das Oak Ridge National Laboratory in Tennessee,

USA transportiert werden. Zur Rückgewinnung der

ver glasten Nuklide wurde ein mit 38 % beladenes

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

43

Borosilikatglas in Partikel zwischen 200 und 500 μm

Korngröße gemahlen und bei 110 °C mit 8 molarer

Salpetersäure ausgelaugt. Bereits nach zwei Stunden

konnten 98 % der im Glas ursprünglich enthaltenen

Radioisotope gelöst werden. Bereits 1996 wurde die

Auslaugungsrate von Curium aus Borosilikatglas mit

8 molarer Salpetersäure bei 110 °C bestimmt. Die Versuche

zeigten, dass nach acht Stunden alle Aktinide

und Lanthanide aus dem Glas gelöst sind und vom

ungelösten Silikat abfiltriert werden können. Es

wurden auch experimentell die zu erwartenden

Auslaugungsraten für Americium/Curium-Mischungen

unter Rühren (0,04 g/hcm2) und statisch (0,0082 g/hcm2)

ermittelt.

Das abfiltrierte Silikat kann für die spätere Verglasung

der Spaltstoffe zum Aufbau der Glasmatrix wiederverwendet

werden, sodass aus dieser Aufarbeitung

keine Abfälle verbleiben. Diese Verwendung kann die

zur Verglasung eingesetzte Glasfritte ersetzen und ist

daher für das Abfallvolumen nicht weiter relevant.

Die eingesetzte Salpetersäure wird durch Destillation

gereinigt und wiederverwendet. Hier müssen nur

geringe Nitratverluste durch die Lösungsvorgänge

ersetzt werden.

Für die Verwendung der in Kokillen verglasten minoren

Aktinide stehen derzeit zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

a) Die in der Auslaugung erhaltenen Lösungen

könnten in pyrometallurgische Wiederaufarbeitungsverfahren

integriert werden. Dazu

würde die nitratsaure Lösung aus der Auslaugung

eingedampft, die festen Rückstände dem Voloxidationsprozess

unterworfen und zusammen mit den

Abfällen aus Brennelementen aufgearbeitet. Diese

Methode gilt als technisch erprobt und wurde im

Abschnitt oben beschrieben.

b) Eine direkte Verwendung des mit Spaltstoffen und

Aktiniden beladenen, feingemahlenen Borosilikatglases

in der Reduktionsstufe des pyrometallurgischen

Aufarbeitungsprozess. Da die Reduktionstemperatur

von 1000 – 1200 °C oberhalb des

Schmelzpunktes des beladenen Borosilikatglases

liegt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass

auch die verglasten Aktinide und Lanthanide

reduziert werden und somit in den Wiederaufarbeitungsprozess

integriert werden können. Diese

zweite Möglichkeit bedarf allerdings einer experimentellen

Bestätigung, weil die direkte Aufschmelzung

des Glases im Aufarbeitungsprozess

von Transmutex noch nicht nachgewiesen wurde.

Behandlung von Spaltprodukten

Spaltprodukte, insbesondere Jod-129, Selen-79 und

Technetium-99, stellen eine große Herausforderung für

die sichere Endlagerung dar. Transmutex strebt daher

ihre vollständige Transmutation an. Im folgenden

wird beispielhaft auf die Behandlung von Jod-129

eingegangen.

Bei der oxidativen Vorbehandlung und bereits beim

Zersägen der Brennstäbe in kleine (meist ca. 1 cm

lange) Rohrabschnitte gehen ein Teil des Spaltproduktes

I-129 sowie gasförmige Spaltprodukte, z. B.

Kr-85, He-3, He-4 und Tritium, in die Gasatmosphäre

der Sägezelle über. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn

der Brennstoff unter Verwendung von Sauerstoff

weiter oxidativ behandelt wird, sodass Jod-129 aus der

Zellabluft der Säge- und Voroxidationszellen isoliert

werden kann. Die oxidative Behandlung bis ca. 500 °C

bewirkt, dass sich der Brennstoff aus dem Hüllrohr löst

und die geschnittenen Hüllrohrteile leicht vom Brennstoffmaterial

getrennt werden können. In der Regel

kann der Prozess durch Rütteln der Hüllrohrteile

in einem Metallkorb abgeschlossen werden. Dabei

werden das elementare Jod oder Jodid ausgetrieben.

Die im Brennstoff vorhandenen Jodide werden in

dieser Phase zu elementarem Jod oxidiert und in dieser

Form ebenfalls in die Zellenabluft ausgestoßen. Jod, das

bereits in oxidierter Form (d. h. als Jodat) vorliegt, wird

nicht ausgetrieben und verbleibt vorerst im Brennstoffgemisch.

Da alle abgebrannten Brennelemente zum

Zeitpunkt ihrer Aufbereitung bereits seit mehr als fünf

Jahren aus dem Reaktor entfernt sind, ist das einzige

radioaktive Jodisotop I-129. Stabiles Jod-127 entsteht

bei der thermischen Spaltung von U-235 etwa zu 25 %

im Vergleich zu Jod-129. Alle anderen radioaktiven

Spaltprodukte des Jods sind aufgrund ihrer kurzen

Halbwertszeiten bereits nach fünf Jahren abgeklungen.

Es kann daher davon ausgegangen werden, dass bis

etwa 500 °C das einzige verbleibende radioaktive

Jod-Isotop Jod-129, zusammen mit stabilem Jod-127,

während der Voloxidationsphase weitgehend ausgetrieben

werden kann. Bei Temperaturen unter 500 °C

sind die Spaltedelgase und Tritium (und CO₂, SeO₂) die

einzigen Bestandteile des Brennstoffs, die gleichzeitig

mit Jod flüchtig sind.

Die Abtrennung von Jod aus dem Abgas ist in KWU-

Druckwasseranlagen bereits technisch gelöst. (Abbildung

5)

Im Ringflüssigkeitsbehälter 9 wird die Zellenabluft

abwechselnd mit 5 °C kalter Blei-(II)-Acetatlösung

gewaschen. Radioaktives Jod-129 (und stabiles Jod-127)

bilden mit Blei unlösliches Blei-(II)-Jodid, eine gelbe,

kristalline Verbindung, die filtriert, getrocknet und zu

Salztabletten gepresst werden kann. Unter diesen

Bedingungen wird auch Selen aus dem Gas abgetrennt.

In Form von gepressten Salzpellets kann Bleijodid auch

für die Transmutation verwendet werden. Die Form

und Größe der Pellets kann an die Bedürfnisse des

Bestrahlungssystems angepasst werden.

Da ein Teil des Jod-129 auch als Jodat im Brennstoff

vorhanden sein kann, ist davon auszugehen, dass

dieser Anteil bei der Voloxidation zunächst im Brennstoffgemisch

verbleibt und nicht in die Gasphase

der Prozesszelle übergeht. Mit einem Wechsel der

Oxidationsstufe von Jodat zu Jodid, z. B. während der

Reduktionsphase, wird die Oxidationsstufe Null des

Vol. 70 (2025)


44

Research and Innovation

Abbildung 5

Abgassystem eines KWU-Druckwasserreaktors 4

elementaren Jods überschritten. In dieser Phase ist

ein Transfer von Jod-129 in die Zellluft zu erwarten.

Diesem Umstand wird Rechnung getragen und die

Zellenabluft wird auch während der Reduktionsphase

von Jod gereinigt. 4

Die Frage nach der Auswahl eines geeigneten Targetmaterials

für die Transmutation von Jod-129 war bereits

Gegenstand verschiedener Untersuchungen. Aufgrund

seines niedrigen Schmelzpunktes von 113,5 °C

(extrem flüchtig) und seiner korrosiven Eigenschaft im

Vergleich zu technischen Behältermaterialien erscheint

elementares Jod für diesen Zweck als ungeeignet.

Für den Einsatz in beschleunigergetriebenen Systemen

mit flüssigem Blei als Kühlmittel wird die Verwendung

von Blei(II)-Jodidpulver als Transmutationsmaterial

in Betracht gezogen. Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten:

⁃ In beschleunigergetriebenen Bleireaktoren ist es

möglich, ein thermisches Neutronenfeld vom Reaktor

abzukoppeln, um medizinische Nuklide zu

erzeugen. Dieser Bereich befindet sich in einem

Bleiblock, der die äußere Gefäßoberfläche berührt

und mit Wasser auf Umgebungstemperatur gekühlt

werden kann. Dies ist der ideale Ort für die Transmutation

von Jod-129. In diesem Bereich könnten

auch Instrumente zur Überwachung der bei der

Transmutation entstehenden Xenon-Isotope eingesetzt

werden. Diese Methode hat den Vorteil, dass

das Target in festem Zustand nicht oder kaum mit

dem üblichen Hüllrohrmaterial reagiert und die

Menge des zu erzeugenden Xenongases bei der

Druckauslegung des Stabes leicht berechnet werden

kann. Die Menge an Blei(II)-Jodid wird so festgelegt,

dass die Druckfestigkeit des Stabes auch bei 100 %

Transmutation erhalten bleibt. Durch die Verwendung

von Pulver ist eine vollständige Freisetzung

des Xenons in den Plenumbereich des

Stabes zu erwarten.

⁃ Die Bestrahlung eines Stabes im Reaktorbehälter

erscheint unrealistisch. Die kältesten Bereiche in

beschleunigergetriebenen Bleireaktoren haben eine

Temperatur von 420 °C, was den Schmelzpunkt von

Blei(II)-Jodid von 402 °C übersteigt. Flüssige Jodide

sind sehr korrosiv und die Qualifizierung eines

austenitischen Hüllrohrs für den Einsatz im Reaktor

scheint sehr komplex zu sein. Eine Lösung bietet

eine Auskleidung/Einlage aus Silizium- oder

Aluminium oxid, die das Blei(II)-Jodid absorbieren

kann und so die Korrosion des Hüllrohrs verhindert.

Das bei der Transmutation erzeugte Xenon

lässt sich leicht aus dem geschmolzenen Salz

freisetzen.

Aufgrund der relativ hohen thermischen Stabilität

von Blei(II)-Jodid wird Transmutex dieses Salz für die

Transmutation im externen Bleifenster des Reaktors

verwenden. Dort kann das Target vorübergehend in

einem System bestrahlt werden, das Instrumente zur

Messung der Menge und Isotopenzusammensetzung

des erzeugten Xenongases enthält. Die Transmutationsreaktion

läuft nach den unten dargestellten Reaktionen

ab:

4 W. Oldenkop, Druckwasserreaktoren für Kernkraftwerke, Seite 197, München: Verlag Karl Thiemig, 1979.

Ausgabe 2 › März


Research and Innovation

45

Es muss davon ausgegangen werden, dass auch I-128,

I-131 und I-132 erzeugt werden. Diese Isotope haben

relativ kurze Halbwertszeiten (I-128: 25 min, I-131: 8 d

31 min und I-132: 2 h 18 min) und zerfallen in stabile

Isotope (Xe-128, Te-128, Xe-131 und Xe-132). Aus diesem

Grund ist es wichtig, dass durch die Transmutation von

I-129 erzeugte Gas mithilfe der Massenspektrometrie

zu messen. Das Verhältnis der Isotope Xe-128, Xe-130,

Xe-131 und Xe-132 gibt Aufschluss über den Stand der

Transmutationsreaktion von I-129.

Sicherheitsanalyse

Die Pläne von Transmutex wurden von TÜV NORD

auf ihre grundsätzliche Machbarkeit, das Design und

die Sicherheitsaspekte untersucht, insbesondere im

Hinblick auf die Einhaltung der deutschen Sicherheitsanforderungen

und -prinzipien. Sie stellen ein Sicherheitskonzept

vor, das große Übereinstimmungen mit

den deutschen Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke

aufweist. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen,

dass die verwendeten internationalen Regelwerke

vergleichbare sicherheitstechnische Ansätze

wie das deutsche Regelwerk verfolgen. Trans mutex

beschreibt ein gestaffeltes Sicherheitskonzept, das verschiedene

Sicherheitsebenen, eine Ableitung von

Sicher heitsfunktionen zur Erreichung von Sicherheitsund

Schutzzielen sowie ein Redundanzkonzept umfasst.

Es sollen ferner passive Sicherheitssysteme

bevorzugt werden. Zum Nachweis sind führend

deterministische und ergänzend auch probabilistische

Sicherheitsbewertungen vorgesehen.

Damit ergibt sich, dass das Sicherheitskonzept der

START­ Anlage grundsätzlich mit den deutschen

Sicherheits anforderungen in Übereinstimmung gebracht

werden kann. Wie die exemplarischen Betrachtungen

der Kühlsysteme, der Reaktorkernauslegung

und der Ereignisanalysen zeigen, gibt es keine

Aspekte, die eine Durchführung des Projektes unmöglich

erscheinen lassen. Es bedarf aber noch einigen

Arbeitsaufwands zur vollständigen Erfüllung der regulatorischen

An forderungen.

rentabel und für Europa von strategischer Bedeutung.

Der Bau einer Demonstrationsanlage durch hiesige

Zulieferer hätte eine positive Signalwirkung angesichts

der sich weltweit abzeichnenden Märkte für diese

sichere und effiziente Form von P&T. Die Schaffung

der rechtlichen Rahmenbedingungen für ein solches

Vorhaben sollte daher ein wichtiges Anliegen der Politik

sein.

Autoren

Dr. Guido Houben

Transmutex Deutschland GmbH

guido.h@transmutex.com

Dr. Guido Houben studierte Musik, Russisch und

Politikwissenschaft in Mannheim sowie Public

Administration an der Harvard Kennedy School. Seine

akademische Laufbahn führte ihn zu Forschungs- und

Studienaufenthalten nach Nowosibirsk, Hartford

(Connecticut) und Straßburg. An der Freien Universität

Berlin promovierte er zum Dr. phil.

Beruflich sammelte Dr. Houben vielseitige Erfahrungen,

unter anderem als wissenschaftlicher

Referent zweier Bundestagsabgeordneter (SPD) in

Bonn und Berlin. Anschließend übernahm er leitende

Positionen als Geschäftsführer verschiedener Festivals

und Orchester in Frankreich, den USA und der

Schweiz. Seit 2019 ist er Verwaltungsdirektor der

Transmutex AG in Genf und wurde im Januar 2025

zum Geschäftsführer der Transmutex Deutschland

GmbH berufen.

Dr. Franz Strohmer

Transmutex AG

Leiter Brennstoff & Recycling

Franz@transmutex.com

Dr. Franz Strohmer ist ein ausgewiesener Experte im

Bereich Brennstoff und Recycling und leitet diesen

Bereich bei der Transmutex AG. Er promovierte

in Chemie an der Universität Erlangen-Nürnberg

und blickt auf eine langjährige internationale

Karriere in der Nuklearindustrie zurück. Bei KWU-

Siemens- Areva war er in verschiedenen leitenden

Positionen tätig, zuletzt als Leiter der F&E-Abteilung

Installed Base. Anschließend übernahm er die Leitung

der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe, bevor er

als Projektmanager für Rückbau und Vorsorge bei

Swissnuclear tätig war.

Fazit

Die SPRIND-Studie kommt zum Ergebnis, dass die

Durchführung des geschilderten Programms aus

elektrochemischer Partitionierung und subkritischer

Transmutation zahlreiche Nachteile und Risiken der

aktuellen Endlagerpläne vermeiden und erhebliche

Lasten zuungunsten zukünftiger Generationen beseitigen

würde. Gleichzeitig wären Anlagen an den

Zwischenlagern, d. h. in der Regel an den Standorten

ehe maliger Kernkraftwerke für die Betreiber hoch

Vol. 70 (2025)


46

At a Glance

Anreicherungstechnologie aus Deutschland –

Eine Schlüsseltechnologie mit Zukunft

Nach Jahren der Stagnation erlebt die Nuklearbranche eine bemerkenswerte

Wiederbelebung. Reaktoren werden reaktiviert und neue Projekte zum Ausbau der

Kernenergie stehen in den Startlöchern. Auch die Urananreicherung wird in vielen

Ländern nun wieder hochgefahren und ausgebaut. Bei der Enrichment Technology Company

(ETC) hat die Zukunft bereits begonnen: Ihre energieeffiziente Anreicherungstechnologie,

die ihren Ursprung im deutschen Jülich hat, ist gefragter denn je. Die vollen Auftragsbücher

eröffnen neue Perspektiven für das Unternehmen – und bringen zugleich komplexe

Anforderungen mit sich.

Die Enrichment Technology Company (ETC) ist ein

50/50-Joint-Venture zwischen Urenco und Orano, die

auch die einzigen Kunden der ETC sind. Während

Urenco und Orano das Geschäft mit der Urananreicherung

betreiben, entwickelt, fertigt und liefert ETC die

dafür notwendige Technologie: Gasultrazentrifugen.

Diese Maschinen nutzen die Massendifferenz der

Moleküle im Prozessgas Uranhexafluorid (UF 6 ) um die

schwereren Moleküle des Isotops Uran-238 von den

leichteren Uran-235-Molekülen über Fliehkräfte zu

trennen.

ETC hat Standorte in fünf Ländern: Deutschland, den

Niederlanden, Großbritannien, Frankreich und den

USA. An allen Standorten expandiert das Unternehmen

derzeit enorm, um die stark gestiegene Nachfrage

seiner Kunden erfüllen zu können.

Die rechtliche Grundlage für das Firmenkonstrukt

bildet eine Reihe von Staatsverträgen, die es ETC und

ihren Kunden ermöglichen, das Geschäft mit der

geheimgeschützten Technologie unter der Aufsicht

der beteiligten Regierungen und unter Kontrolle

nationaler Behörden, sowie der IAEA und Euratom in

den ge nannten Ländern durchzuführen. Der letzte

aus der Reihe von Staatsverträgen zwischen den

fünf Regie rungen, der Vertrag von Paris aus dem Jahr

2011, ermöglicht es der französischen Orano, auf

amerikanischem Boden eine Urananreicherungslage

mit ETC-Technologie zu bauen. Nach dem Fukushima-

Ereignis verlor diese Option zunächst ihre Relevanz

und das Projekt lag jahrelang auf Eis. Jüngste Entwicklungen

verschaffen dieser Option jedoch eine

neue Aktualität.

Marktwende durch Klimaziele und geopolitische

Entwicklungen

Die Auftragslage bei ETC wirkt wie ein Frühindikator

für die Nuklearbranche in der „freien Welt“, d. h. in den

marktwirtschaftlichen Demokratien der OECD-Staaten.

Solange die nukleare Stromerzeugung stagniert und

keine Kraftwerke gebaut werden, muss auch keine

neue Kapazität zur Urananreicherung geschaffen

werden. Aufgrund der Langlebigkeit der verwendeten

Maschinen (Gasultrazentrifugen) reicht dann die

vorhandene Kapazität zur Urananreicherung weitgehend

aus, denn das Ersatzgeschäft mit ausgefallenen

Maschinen ist klein. Erwartet die Branche allerdings

neue Reaktor-Projekte, so müssen auch die Anreicherungskapazitäten

entsprechend aufgebaut werden und

ETC erhält Aufträge. Aber auch Sondereffekte, z. B. Verschiebungen

auf dem Anreicherungsmarkt, können die

Nachfrage bei ETC wachsen lassen. Aktuell werden

Ausgabe 2 › März


At a Glance

47

etwa 40 % des Weltmarkts für Urananreicherung durch

Urenco und Orano mit Hilfe von ETC-Technologie

bedient 1 .

Mittlerweile erkennen viele Staaten, dass es zur

Dekarbonisierung der Stromproduktion unerlässlich

ist, auch auf Kernenergie zu setzen, denn Kernenergie

ist die einzige skalierbare grundlastfähige Technologie

zur CO₂-armen Stromerzeugung. Auf der Klimakonferenz

COP28 in Dubai bekannten sich 2023 zweiundzwanzig

Staaten zu dem Ziel, die Kernenergie erzeugung

bis 2050 global zu verdreifachen. Es ist daher keine

Überraschung, dass auch viele europäische Länder auf

Laufzeitverlängerung, neue Reaktor-Projekte oder gar

den Neueinstieg in die Kernenergie setzen.

Neue Technologien erhöhen die Nachfrage nach

CO 2 -armer Energie

Der im April 2023 mit der Veröffentlichung von

ChatGPT einsetzende KI-Boom verschärft noch den

Bedarf an CO₂-armer Stromversorgung für energiehungrige

Datenzentren. Tech-Giganten wie Microsoft,

Google, Meta und Oracle treiben in den USA die Suche

nach nuklearen Energiequellen seitdem immens voran.

Wenn sich dieser Trend so fortsetzt, ist absehbar, dass

Deutschland schon aus Energieversorgungsgründen

auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz technologisch

zurückfällt. Es ist schwer vorstellbar, dass ein

500 MW konsumierendes Datenzentrum mit Wind

oder Sonne versorgt werden kann.

Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: Seit dem

Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist der strategische

Wert der Energieunabhängigkeit in den westlichen

Ländern zu Tage getreten. Während die Abhängigkeit

von russischem Gas durch alternative

Lieferanten schnell reduziert wurde, lieferte Russland

2023 immer noch etwa 30 % des Kernbrennstoffs für

europäische und US-amerikanische Kraftwerke. Die

USA beschränkten ab 2024 den Import von russischem

Kernbrennstoff und fördern mit Milliardensubventionen

gleichzeitig den Ausbau heimischer Brennstoffversorgung,

inklusive der Urananreicherung.

Niederlanden um jeweils 15 % zu erhöhen 3 . Summiert

man allein diesen angekündigten Zubau, so resultiert

daraus bereits ein Bedarf an benötigter Kapazität in

der Größenordnung einer kompletten Urananreicherungsanlage,

wie sie beispielsweise im westfälischen

Gronau steht und von Urenco Deutschland betrieben

wird. Hierbei ist noch nicht berücksichtigt, dass ETC

weitere Anreicherungstechnologie liefern muss, wenn

Orano sich dazu entscheidet, ihre gerade neu in die

Planung genommene Urananreicherungsanlage in den

USA am Standort Oak Ridge, Tennessee, zu bauen.

ETC steht nun in der Pflicht, all diese neue Kapazität

über die nächsten Jahre verteilt zu fertigen und auszuliefern.

Der Plan ist, dass sich die Zahl der ausgelieferten

Zentrifugen im Jahr 2026 gegenüber dem Jahr

2021 mehr als verzehnfachen wird. Hierzu werden an

allen ETC-Standorten neue Stellen und Strukturen

geschaffen. Allein in Jülich wurden im Laufe des Jahres

2024 über hundert neue Stellen geschaffen, womit der

Standort derzeit ca. 600 Mitarbeitende hat. ETC-weit

werden in den nächsten Jahren über tausend neue

Stellen geschaffen. Auf dem Gelände in Jülich wurden

bereits zwei neue Gebäude errichtet und die Investitionen

in Maschinen und Ausrüstung liegen im zweistelligen

Millionenbereich.

Dabei fällt dem Standort Jülich in Deutschland innerhalb

der ETC-Gruppe eine besondere Bedeutung zu.

Hier werden Module für gasführende Systeme, die

sogenannte Kaskadenverrohrung, vorgefertigt, die an

den Anreicherungsstandorten zusammengeschweißt

werden. Jülich ist neben dem Fertigungsschwerpunkt

in Almelo in den Niederlanden auch der zweite große

Fertigungsstandort für Zentrifugenkomponenten. Die

Zentrifugenkomponenten werden als Baugruppen

verschifft und in Endmontagelinien der ETC an den

Anreicherungsstandorten der Kunden zu einsatzfähigen

Zentrifugen zusammengesetzt, und von ETC-

Monteuren in den Kaskaden für die Kunden aufgestellt,

die anschließend zusammen mit den Kunden in Betrieb

genommen werden. Weiterhin ist der Standort Jülich

der Sitz von Forschung und Entwicklung innerhalb der

ETC-Gruppe, dem Herz der Technologieinnovation.

Kapazitätsausbau bei ETC

Beide Kunden der ETC, Urenco und Orano, haben

bekanntgegeben, dass sie an ihren Standorten ihre

Kapazität zur Uran-Anreicherung ausbauen wollen,

zum Teil massiv. So hat beispielsweise Orano angekündigt,

die Kapazität in Frankreich in den nächsten

Jahren um 30 % zu erhöhen 2 , während Urenco u. a.

ankündigte, ihre Kapazität in den USA und den

Technologische Konkurrenz und Marktchancen

Der gerade stattfindende Boom der Nachfrage nach

Anreicherungskapazität wird durch einen aktuellen

hohen SWU-Preis abgebildet. Die internationale

Bezeichnung SWU steht für Separative Work Unit

( Kilogramm Urantrennarbeit), ein Maß für die Wertschöpfung

bei der Urananreicherungsdienstleistung,

abhängig von den gewählten U-235-Konzentrationen

1 https://world-nuclear.org/information-library/nuclear-fuel-cycle/conversion-enrichment-and-fabrication/uranium-enrichment

2 https://www.orano.group/usa/en/our-news/news-releases/2023/orano-announces-30-increase-in-uranium-enrichment-capacity-by-2028

3 https://www.urenco.com/news/global/2023/urenco-announces-major-expansion-in-the-netherlands-to-strengthen-energy-security

Vol. 70 (2025)


48

At a Glance

im an- und abgereicherten Materialstrom. Der Preis auf

dem Spot-Markt für das SWU liegt derzeit auf einem

Rekordniveau von über 180 US-Dollar 4 . Vor fünf Jahren

lag er noch bei nur 40 US-Dollar. Die Überkapazität

am Anreicherungsmarkt durch Abschaltung aller

54 japanischen Kernreaktoren nach dem Fukushima-

Ereignis 2011 führte lange Jahre zu einem Verfall des

SWU-Preises, der Investitionen in neue Anreicherungskapazität

unattraktiv werden ließ. Die Trendumkehr

erfolgte erst 2019.

Lange Zeit spielte auf dem Markt für Urananreicherung

das Gasdiffusionsverfahren eine gewichtige Rolle.

Dessen hoher Strombedarf in der Größenordnung 2500

kWh/SWU war gegenüber dem Zentrifugenverfahren

mit einem etwa 50-fach geringeren Strombedarf aber

nicht mehr konkurrenzfähig. Infolgedessen wurden

Gasdiffusionsanlagen in Portsmouth (USA, 2001) und

Paducah (USA, 2013) und in Pierrelatte (Frankreich,

2012) geschlossen. Parallel wurden durch Urenco und

Orano die Anreicherungskapazitäten mit Zentrifugen

ausgebaut. Seitdem dominiert das Zentrifugenverfahren

den Anreicherungsmarkt. Diese Markttransformation,

das Ersetzen der drei großen Gasdiffusionsanlagen

durch Anreicherung mit dem Zentrifugenverfahren,

hat der Welt einen Energieeinsatz von

etwa 60 TWh pro Jahr erspart. Die damit verbundene

Reduktion des CO₂-Fußabdrucks der Urananreicherung

führte infolgedessen auch dazu, dass der ohnehin

schon niedrige CO₂-Fußabdruck der Kernenergie noch

weiter abgesenkt werden konnte.

Nun führt der aktuell hohe SWU-Preis, gepaart mit

der Perspektive zukünftig wachsenden Energiebedarfs

und dem Drang nach strategischer Energieunabhängigkeit

dazu, dass auch westliche Wettbewerber für

Anreicherungsmethoden nach Wegen für einen Markteintritt

suchen.

So ist es der US-amerikanischen Firma Centrus gelungen,

mit der weltweit größten, aber keineswegs

wirtschaftlichsten Zentrifuge nach jahrzehntelanger

Entwicklungsarbeit Ende 2023 erstmals angereichertes

Material kommerziell anzubieten: 20 kg Uran! Auch

wenn diese Menge zunächst winzig erscheint, ist

damit der Markteintritt dieser Technologie formal

gelungen. Fairerweise muss man konzedieren, dass es

sich bei diesem Material um etwas höher angereichertes

Material handelt, sogenanntes High-Assay Low­ Enriched

Uranium (HALEU) mit einem Anreicherungsgrad bis

20 % U-235. Dieser Brennstoff wird für viele der neuen,

in Entwicklung befindlichen, kleinen modularen

Reaktoren (Small Modular Reactors, SMRs) dringend

gebraucht und von Urenco und Orano heute noch nicht

produziert, wobei Urenco 2024 den Bau einer HALEU-

Anlage im Vereinigten Königreich angekündigt hat.

Ein anderer Player, der sich in den USA auf einen Markteintritt

vorbereitet, ist die Firma Global Laser Enrichment

(GLE) mit dem sogenannten SILEX­ Verfahren,

einem auf UF6-basierenden molekularen Laserverfahren.

An diesem komplexen Verfahren wird schon seit

über 30 Jahren gearbeitet und die Entwickler erheben

den Anspruch, Trennarbeit (SWU) noch energie effi zienter

leisten zu können, als dies mit dem Zentrifugenverfahren

möglich sei. Das muss sich allerdings noch beweisen,

denn der ursprünglich für Ende Oktober 2024

angekündigte Meilenstein zum Nachweis der Entwicklungsstufe

(Technology Readiness Level) auf dem Niveau

einer Prozessdemonstration hat sich verschoben. Und

ob das SWU mit diesem Verfahren auch kostengünstiger

produziert werden kann, hängt auch vom Wartungsaufwand

ab. Dass die bei SILEX verwendeten gepulsten

Hochleistungslaser genauso zuverlässig wie Zentrifugen

über Jahrzehnte im wartungsfreien Dauerbetrieb laufen

können, darf auf jeden Fall bezweifelt werden.

Es sind noch etliche weitere Entwickler am Start, die

mit ihren Versprechungen auf der Suche nach

Investoren sind. Das Zentrifugenverfahren, das ETC

verwendet, ist aber derzeit das einzige, das zuverlässig,

robust und dabei energieeffizient ist und mit dem relativ

schnell auf die veränderten Marktanforderungen

reagiert werden kann.

Eine Branche mit Zukunft

Die aktuelle Marktdynamik zeigt: Die Nuklearbranche

befindet sich im Aufwind. Mit steigender Nachfrage,

geopolitischen Spannungen und dem Fokus auf Klimaschutz

wird die Urananreicherung eine Schlüsselrolle

für die Energieversorgung der Zukunft spielen.

Westliche Staaten vertrauen darauf, dass es Urenco und

Orano gelingen wird, sie aus der Abhängigkeit von russischen

Nuklearbrennstoff zu befreien. Damit fällt ETC

ebenfalls eine enorme Verantwortung zu, die benötigten

Kapazitäten plangemäß zu liefern. Nicht zuletzt ist dies

auch ein Beitrag der deutschen Nuklearindustrie.

International gesehen ist die Nuklearbranche wieder

auf Expansionskurs, und wir sind uns sicher: Der

frische Wind, der durch unsere Branche weht, wird so

schnell nicht abflauen.

ETC Deutschland

info@enritec.com

www.enritec.com

/company/etcglobal/

@enrichmenttechnologycompany

4 Laut UxWeekly Vol.39 Nr.04 liegt der SWU Spot Preis bei 185$ mit Stand 27.Januar 2025

Ausgabe 2 › März


At a Glance

49

doch etwas ausbremst. Intern haben wir auf jeden Fall

die Herausforderung, dass die vielen neuen Kolleginnen

und Kollegen eingelernt werden müssen. Bei uns gelten

besonders hohe Anforderungen, was die Informationssicherheit

und die Arbeitssicherheit betrifft. Diese beiden

Aspekte sind wichtige Pfeiler unserer Unternehmenskultur

und alle ETCler müssen sich an die strengen Vorgaben

halten.

Interview mit Maurice Emunds

Stellvertretender Standortleiter und Chief Sustainability Officer

bei ETC Deutschland

Herr Emunds, es sind spannende Zeiten für ETC. Wie

geht es dem Unternehmen in dieser wichtigen Phase

am deutschen Standort Jülich?

Maurice Emunds: Unserem Unternehmen geht es in Jülich

sehr gut. Wir werden von der Stadt, der lokalen Bevölkerung

und der lokalen Politik unterstützt und wie jedes andere

Unternehmen wahrgenommen, das wächst und zahlreiche

attraktive Arbeitsplätze zu vergeben hat. Wir gelten als sehr

guter Arbeitgeber und das freut uns natürlich. Ende 2024

haben wir eine interne Umfrage durchgeführt, um auch von

unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erfahren,

wie zufrieden Sie mit ETC als Arbeitgeber sind und wie sehr

sie sich mit unserem Unternehmen identifizieren können.

Die Ergebnisse dieser Umfrage haben uns wirklich stolz

gemacht. Sie sind sehr positiv und zeigen, dass wir schon

viel richtigmachen. Das ist für uns jetzt ein Ansporn, dieses

hohe Level zu halten und als Arbeit geber noch besser zu

werden.

Können Sie uns beschreiben, wie sich der Standort derzeit

entwickelt?

Maurice Emunds: In den letzten drei Jahren hat sich die Zahl

unserer Beschäftigten in Jülich verdreifacht – von 200 auf

600. Das bedeutet natürlich auch, dass wir neue Gebäude

bauen mussten, die Flächen in den vor handenen Gebäuden

bestmöglich nutzen und die gesamte Infrastruktur des

Standorts ausbauen müssen. Im letzten Jahr haben wir

zum Beispiel ein großes neues Bürogebäude in Betrieb

genommen, ebenso wie eine neue Kantine. Auch unsere

Produktions flächen konnten wir erweitern, um die stark

gestiegenen Produktionszahlen erfüllen zu können.

Welche Herausforderungen sehen Sie für Ihr Wachstum

in Deutschland? Finden Sie die richtigen Mitar beiterinnen

und Mitarbeiter in ausreichender Zahl?

Maurice Emunds: Der Arbeitsmarkt ist auf jeden Fall eine

Herausforderung. Weniger, weil wir als Unternehmen aus

dem Bereich Kernenergie Imageprobleme haben könnten,

sondern weil es unter den Unternehmen einen großen

Wettbewerb um die qualifizierten Arbeitskräfte gibt. Aber

unsere Personalabteilung hat einige sehr gute und kreative

Ideen zur Personalgewinnung entwickelt und so ist uns

das Wachstum bislang gut gelungen und wir liegen hier voll

im Plan. Natürlich kämpfen wir immer auch mit der Bürokratie,

die uns bei unserem rasanten Wachstum teilweise

ETC wächst an allen Standorten und entwickelt sich

derzeit sehr rasant. Welche großen Veränderungen

werden vorgenommen, um der stark gestiegenen

Kunden nachfrage gerecht zu werden?

Maurice Emunds: Wir managen unser Wachstum standortübergreifend

mit dem Programm onefuture. Innerhalb

dieses Programms haben wir verschiedene Projekte

definiert, die sicherstellen, dass alle Aspekte für nachhaltiges

Wachstum berücksichtigt werden. Insbesondere

wurden Investitionssummen, Produktionszahlen und Mitarbeiterzahlen

festgelegt, die für uns nun als Parameter

dienen, um die Fortschritte messen zu können. Ich kann

sagen, dass unser Wachstum und der Ausbau unserer

Produktionskapazitäten sehr gut läuft und den Planungen

entspricht. Insgesamt hatte ETC ein sehr erfolgreiches Jahr

2024, in dem wir unsere Ziele teilweise sogar deutlich

übertroffen haben.

Nachhaltigkeit spielt auch bei ETC eine wichtige Rolle.

Welche Strategie und Maßnahmen verfolgen Sie diesbezüglich?

Maurice Emunds: Ja, Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig und

uns steht für diesen Bereich eine Investitionssumme im

zweistelligen Millionenbereich für die nächsten Jahre

zur Verfügung. Wir planen nun Maßnahmen an allen Standorten,

um Energie und CO 2 einzusparen, z. B. durch Photovoltaikanlagen

auf den Dächern und Umbauten in den

Lüftungs- und Klimaanlagen. Um die E-Mobilität unserer

Mitarbeitenden zu fördern, stellen wir auf unseren Parkplätzen

Ladesäulen auf. Nachhaltigkeit bezieht sich bei uns

aber auch auf das soziale Miteinander und deswegen haben

wir zum Beispiel auch sogenannte New Work Areas geplant,

in denen die Mitarbeitenden zum Austausch und flexiblen

Arbeiten zusammenkommen können. ETC hat vor kurzem

zum zweiten Mal seinen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht

erstellt, in dem wir unseren CO 2 -Fußabdruck aufschlüsseln.

Unser Ziel ist es, die von ETC erzeugten direkten Emissionen

und die indirekten Emissionen aus eingekauftem Strom bis

2035 auf Netto-Null zu reduzieren.

Wie geht es in diesem Jahr bei ETC weiter? Stehen wichtige

Meilensteine an?

Maurice Emunds: Im Wesentlichen geht es dieses Jahr

so weiter wie im letzten Jahr – wir wachsen weiter und

arbeiten intensiv daran, die neuen Kolleginnen und Kollegen

voll zu integrieren. Dafür haben wir auch diverse Trainingsplattformen

wie unsere TechAcademy oder ein Schulungsprogramm

für Führungskräfte etabliert. Es wird noch

diverse Umzüge innerhalb des Standortes geben und durch

zunehmende Schichtarbeit werden wir die Produktionszahlen

noch weiter steigern. Wir halten also den eingeschlagenen

Kurs in Richtung Erfolg.

Vol. 70 (2025)


50

At a Glance

60 Jahre Zentrifugen -

technologie aus Jülich

Wie Visionen

Wirklichkeit wurden

Das neue Zentralgebäude in Jülich, 1988

Im Jahr 2024 feierte die Enrichment Technology Company (ETC) in Jülich

ein bemerkenswertes Jubiläum: Vor sechs Jahrzehnten wurden hier

die Grundlagen für eine bahn brechende Anreicherungstechnologie

geschaffen. Begleiten Sie uns auf eine Zeitreise durch die Geschichte

dieses innovativen Unternehmens.

GKT – Vom Prototyp zur Marktreife

1964, eine Ära, in der weder das Internet noch Mobiltelefone oder

Computer den Alltag prägten und der Mensch den Mond noch nicht

betreten hatte, begann ein visionäres Projekt in Jülich. In der staatlich

ge führten Gesellschaft für Kernverfahrenstechnik (GKT) wurde der

Grundstein für die Urananreicherungs technologie gelegt – ein Vorhaben,

dessen Erfolg alles andere als gesichert war.

Historische 14er-Versuchskaskade

Die frühen Jahre der GKT waren geprägt von Unsicherheit und

ambitionierten Zielen. Würde es gelingen, die hochkomplexe Technologie

zur Markt reife zu bringen, oder würde sie ein theoretisches

Konzept bleiben? Die Ingenieure und Fachkräfte in Jülich stellten sich

dieser Herausforderung mit unermüdlichem Engagement. Fünf Jahre

später war es soweit: Die Technologie war bereit für den Markt. 1969

wurde die GKT privatisiert und unter dem Namen Uranit neu aufgestellt

– im selben Jahr, in dem der erste Mensch den Mond betrat.

Während Neil Armstrong seine legendären Worte sprach, machte

Uranit die ersten Schritte auf dem internationalen Parkett. Die erste

Anlage mit dieser wegweisenden deutschen Technologie wurde in

Almelo, Niederlande, errichtet. Erst 1985 folgte die Inbetriebnahme

einer Anreicherungsanlage auf deutschem Boden in Gronau.

Uranit – Fortschritt durch internationale Zusammenarbeit

Der Vertrag von Almelo aus dem Jahr 1970 schuf die Basis für eine

enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Großbritannien und

den Niederlanden. Ziel war es, die Zentrifugentechnologie zur

Uran anreicherung für friedliche Zwecke gemeinsam weiterzuentwickeln.

Der Vertrag von Almelo wird unterzeichnet

1979 wurde der Ansiedlungsvertrag in Gronau unterschrieben, anschließend

begann das atomrechtliche Genehmigungsverfahren für

die Anlage, während in Jülich die Forschungs- und Entwicklungsabteilung

mit der Inbetriebnahme eines neuen zentralen Gebäudes

weiter gestärkt wurde.

Ausgabe 2 › März


At a Glance

51

Standort Jülich um 1990 Standort Jülich um 2000 Standort Jülich heute

Urenco – Ein Zentrifugendesign erobert Europa

1993 markierte eine bedeutende Zäsur: Uranit fusionierte mit der

britischen BNFL und der niederländischen Ultra-Centrifuge Nederland

zur Urenco-Gruppe. Dieser Zusammenschluss machte Urenco zu

einem globalen Akteur. Das in Jülich ent wickelte Zentrifugendesign

wurde fortan an allen Standorten der Gruppe eingesetzt und ebnete

den Weg für künftige Innovationen.

Enrichment Technology – Von Jülich in die Welt

2003 folgte die Ausgliederung der Enrichment Technology Company

(ETC) aus Urenco. Drei Jahre später beteiligte sich das französische

Unternehmen Areva (später Orano) mit 50 % an ETC. Damit begann

eine neue Ära: ETC lieferte Technologien für Großprojekte in den USA,

Frankreich sowie an den Standorten Almelo, Gronau und Capenhurst.

Vertrag von Cardiff 2005

Nach dem Vorfall in Fukushima 2011 ging die weltweite Nachfrage

nach Urananreicherungskapazitäten zurück. Doch das Unternehmen

bewies Innovationskraft: Neue Technologien wie Wasserstoffdrucktanks,

Energiespeicher und Komponenten für die Raumfahrt – etwa

für die Ariane-6 – wurden erfolgreich entwickelt.

Mit dem Jahr 2022 erhielt die Geschichte eine neue Dynamik. Der

russische Einmarsch in die Ukraine unterstrich die Bedeutung von

Energieunabhängigkeit und die Rolle der Urananreicherung in der

Welt. ETC konnte daraufhin bedeutende Aufträge für den Ausbau der

Kapazitäten in Europa und den USA gewinnen.

ETC beliefert Projekte in den USA

Blick in die Zukunft

ETC ist wieder voll auf Expansions- und Erfolgskurs. Dank des

Engagements, der Expertise und der Innovationskraft der Mitarbeitenden,

die das Unternehmen seit 60 Jahren prägen, blickt

ETC optimistisch in die Zukunft. Neue tech nologische Durchbrüche

zeichnen sich ab, während die Kernenergie weltweit an Bedeutung

gewinnt.

Vol. 70 (2025)


52

Fuel

Recent advancements in fuel

qualification and neutron simulations

for the conversion of FRM II to LEU

› Christian Reiter, Bruno Baumeister, Daniel Bonete Wiese

The Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) in Garching, Germany,

is one of the most advanced research reactors in the world, known for its exceptional

flux-to-power ratio. FRM II provides neutrons for a wide range of scientific applications,

including materials science, basic research and the production of medical isotopes. FRM II

has a compact core with a single fuel element using a dispersed U 3 Si 2 fuel in AI matrix, with

an uranium enrichment of up to 93 % uranium enrichment, i.e. highly enriched uranium (HEU).

In line with global efforts to reduce the risks of nuclear proliferation, FRM II has always

contributed to global efforts to convert nuclear reactors to lower-enriched fuels. After

extensive technical and scientific studies 1 and with a thorough database, the political decision

was taken in 2023 to convert FRM II to Low Enriched Uranium (LEU) with monolithic Uranium-

Molybdenum (U-Mo) fuel, as such LEU fuel was proven to meet the conversion criteria.

With the path set, TUM is now preparing to submit

initial licensing documents by the end of 2025. This

process will be strongly supported by scientific efforts

to provide the best possible reactor design and to

promote the fuel qualification of monolithic U-Mo.

Conversion to LEU is a complex and multifaceted process

requiring extensive modifications to the reactor

core and operating protocols. The goal of the conversion

is to maintain the high neutron flux required

for FRM II‘s excellent scientific experiments, including

neutron scattering, radiography, and isotope production.

This paper provides an overview of the

ongoing efforts to convert FRM II from HEU to LEU,

examining the technical, scientific, and regulatory

aspects of the process, as well as the expected impact

on the reactor‘s long-term performance and global

scientific contributions.

Efforts to Qualify Monolithic U-Mo Fuel for FRM II

The qualification of monolithic Uranium-Molybdenum

(U-Mo) fuel is a critical step for the conversion from

Highly Enriched Uranium (HEU) to Low Enriched

Uranium (LEU) for FRM II. Until 2023, higher-loaded

versions of U 3 Si 2 and dispersed U-Mo were also considered

for conversion of FRM II (see Figure 1), but due

to the highest achievable Uranium density of more than

15 gU/cm³ and superior irradiation behavior, monolithic

U-Mo was selected as the fuel for conversion. It

should be noted that LEU for FRM II is only possible

with monolithic U-Mo.

The FUTURE-MONO 1 Irradiation Test

The qualification of a new fuel requires irradiation

tests under the expected operating conditions in

dedicated material test reactors, such as the Belgian

BR2 2 . The FUTURE-MONO 1 (FM 1) irradiation test is

an important milestone in the ongoing qualification

of the monolithic U-Mo fuel. This test will be per formed

by the HERACLES consortium 3 in the framework of

the two Euratom-funded projects EU-QUALIFY 4 and

EU-CONVERSION 5 , which also aim to further advance

the demonstration of the viability of U-Mo fuel for a

wide range of research reactors. The HERACLES

consortium continues the work of LEONIDAS (2010-

2014) and ALPS (2008-2013) on Low Enriched Uranium

1 C. Reiter et al. “A Low-Enriched Uranium (LEU) option for the conversion of FRM II.” Annals of Nuclear Energy, volume 183 (2023);

doi.org/10.1016/j.anucene.2022.109599

2 https://www.sckcen.be/en/infrastructure/br2-belgian-reactor-2

3 https://heracles-consortium.eu/index.php

4 https://heracles-consortium.eu/euqualify.php

5 https://www.tum.de/en/news-and-events/all-news/press-releases/details/research-on-conversion-of-frm-ii-can-continue

Ausgabe 2 › März


Fuel

53

Figure 1

Fuel candidates considered for conversion of high-performance research reactors

Figure 2

The HERACLES fuel development and qualification plan for monolithic U-Mo.

(LEU) High Density (HD) fuel research. The consortium

includes High Performance Research Reactor (HPPR)

operators, R&D organizations, and European nuclear

fuel manufacturer Framatome (CERCA).

FM 1 is part ofthe HERACLES fuel development and

qualification plan for monolithic U-Mo (see Figure 2),

a series of irradiation tests to qualify the fuel for the

European research reactors. In FM-1, U-Mo fuel samples

will be irradiated to operational conditions to evaluate

their performance under irradiation and to simulate

the reactor environment to validate their structural

integrity, thermal behavior and irradiation stability.

The FM 1 test involves the irradiation of two full-scale

flat fuel plates with the monolithic U-Mo fuel system,

inside BR2’s FUTURE-5 irradiation device. The targeted

irradiation conditions include a peak power density of

approximately 20 kW/cm³ and a peak burnup of greater

than 70 % U-235. These conditions are designed to

simulate the extreme operating environment that the

U-Mo fuel will experience, also covering the expected

operating conditions for an LEU FRM II fuel element,

pushing the material to its limits and providing

valuable data on its behavior at high power densities

and irradiation.

The fuel plates for FM-1 were fabricated by Framatome

– CERCA division and TUM using the pilot process

shown in Figure 3. Starting from metallic LEU,

bare U-Mo foils are made by subsequent steps of

alloying, casting, rolling and sizing at Framatome. The

Vol. 70 (2025)


54

Fuel

Figure 3

The pilot fabrication process for monolithic U-Mo fuel plates, which was used for FM-1.

necessary Zr diffusion barrier between the U-Mo foil

and the Al cladding is applied by a PVD coating process

at TUM, before the fuel plates are finalized using the

proprietary C2TWP process at Framatome.

The results of the FM-1 test will play a key role in

compiling the generic fuel performance data set for

monolithic U-Mo. In addition, FM-1 will showcase all

European fabrication technologies at a pre-industrial

scale through the production of test plates.

Transporting the neutrons to the detectors –

assessing the performance of the instruments

after conversion

Numerical simulations play a crucial role in optimizing

beam tube designs and neutron flux distributions,

and they become particularly relevant during reactor

conversion. A new LEU fuel element will change

the neutron flux distribution in the heavy water

moderator tank and thus, also impact the performance

of the scientific instruments. In order to assess potential

losses in neutron flux, potential changes in neutron

spectrum, but also to gain valuable data for optimizing

the conversion scenario, coupled calculations for

neutron transport are required. Here, two wellestablished

Monte Carlo simulation codes, Serpent 2

and McStas are used to transport neutrons from

the fuel element to the detectors of the scientific

instruments.

While Serpent 2 excels in reactor physics and neutron

flux simulations, it lacks the ability to simulate neutron

optical components, such as supermirrors. Conversely,

McStas specializes in neutron ray-tracing through

optical components but cannot handle the reactor

physics needed for complete simulations. Thus,

coupling these two codes can provide a more accurate

and comprehensive tool for beam tube and shielding

design.

Methodology

The coupling process involves a two-way exchange of

data between Serpent 2 and McStas, facilitated through

the MCPL format (Monte Carlo Particle Lists). Initially,

Serpent 2 simulates neutron transport from the reactor

core to the neutron guide‘s entrance, outputting particle

data. This data is then transferred to McStas, which

performs ray-tracing through the optical components,

and the results are fed back into Serpent 2 to refine the

neutron flux distribution.

In 2024, we demonstrated the principal processes 6 ,

where the coupling process starts with a simplified

reactor beam tube geometry, using a monoenergetic

source of cold neutrons (see Figure 4). The results are

compared with pure McStas simulations to validate the

approach.

Results and Validation

The proof-of-concept simulations confirm that the

two-way coupling allows for accurate neutron flux

predictions without loss of information (see Table 1).

Specifically, the following quantities were compared:

⁃ I P1 is the integral flux obtained with Serpent 2 right

before the neutron guide, where the first MCPL file

is written (at P1 in Fig. 1), with a detector fitting the

guide inner cross section (1 cm x 11 cm) and 0.5 cm

of thickness.

⁃ I’ P1 is the integral flux obtained with a McStas

simulation at that same position.

⁃ I’ P2 is the integral flux obtained with McStas at

P2, behind the neutron guide, inside a 3 cm wide

x 12 cm high rectangle 1 cm behind the exit of the

curved guide.

⁃ I P2 is the integral flux obtained with Serpent at P2,

yielded by a surface inward current detector of the

same dimensions as the McStas detector, and 0.1 cm

thickness 7 .

6 D. Bonete Wiese, C. Hauf, C. Reiter. “Initial Steps in a Serpent-McStas Two-Way Coupling and Its Potential

Applications at FRM II”, PYSOR (2024); doi.org/10.13182/PHYSOR24-43533

7 Monitors in McStas do not have a thickness; the closest equivalent of Serpent, however, are surface current detector which require a closed 3D surface

Ausgabe 2 › März


Fuel

55

Figure 4

Simplified reactor beam tube geometry used for the development of the Serpent 2 – McStas coupling.

The coupled approach successfully reproduced the

neutron flux distribution, including detailed reflections

and scattering behavior in the curved neutron guide.

Integral Neutron Flux

n/s

I P1 (9.97841 ± 0.00004) · 10 11

I’ P1 (9.581 ± 0.0016) · 10 11

I’ P2 (8.646 ± 0.0014) · 10 11

I P2 (9.195837 ± 0.00001) · 10 11

Table 1

Integral fluxes at different positions of interest

for different models.

Table 1 illustrates that the proposed scheme can

enhance McStas‘s source definition capabilities with

Serpent 2 without losing information. The minor

difference in the source rate between Serpent 2 and

the monitor in McStas is due to minimal scattering in

Helium, as confirmed by simulations where Helium

was replaced with a void. The coupling also enables

a more precise estimation of the neutron flux at

various positions along the guide, which is essential for

designing shielding and optimizing experimental

setups.

Future goal is to develop a fully automated tool that

takes existing McStas models of FRM II instruments and

neutron optics and assesses the influence of conversion

to scientific performance.

Summary

The conversion of FRM II to an LEU fuel element is

on track and well embedded in international efforts,

but it will remain a challenge for the next years.

With TUM's experience in nuclear technologies and

engineering, we are confident that we are ideally

equipped to meet these challenges. The conversion

of FRM II was, is, and will be a successful program

to preserve nuclear knowledge and train young

professionals in Germany.

Acknowledgments

TUM‘s work was supported through the combined

grants FRM2023 and FRM2427 from the Bundesministerium

für Bildung und Forschung (BMBF) and the

Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und

Kunst (StMWK).

The work of HERACLES was funded by the European

Union in project 945009 (EU-QUALIFY) and 101163752

(EU-CONVERSION)

Authors

Dr. rer. nat. Christian Reiter

Head of Nuclear Science, Theory Division

Adjunct Professor McMaster University, Kanada

Christian.Reiter@frm2.tu-muenchen.de

Dr. Christian Reiter studied general physics at the

Technical University of Munich (TUM), where he also

completed his doctoral studies with a focus on simulations

of research reactors. From 2019 to 2022, he

served as Head of Reactor Physics at FRM II. Since

2022, he has been leading the Nuclear Science, Theory

division, focusing on the development of core designs for the FRM II conversion

and coordinating internal and external projects, including calculations for

the McMaster Nuclear Reactor. Additionally, he is responsible for research in

the thermal-hydraulics laboratory and super vises students.

Dr. Bruno Baumeister

Project Lead FRM II LEU-conversation

bruno.baumeister@frm2.tum.de

Dr. Bruno Baumeister is a physicist specializing in

nuclear process engineering. He earned his PhD from

the Technical University of Munich (TUM) and has

been leading the project to convert the FRM II

research reactor to LEU fuel since 2023. His expertise

lies in nuclear fuel development and manufacturing,

as well as coordinating internal and external projects.

Additionally, he serves as the team leader for the

operation of TUM’s nuclear fuel laboratory at FRM II.

Daniel Bonete Wiese

PhD candidate

daniel.bonete-wiese@frm2.tum.de

Daniel Bonete Wiese was born in Salamanca, Spain in

1996, where he grew up and completed his Bachelor in

Physics. He decided to move to Munich and completed

his Master's Degree in Applied and Engineering Physics

at Technical University of Munich. He wrote his Master

Thesis in 2020 at the group then named HEU-MEU at

FRM II, where he was introduced into the topic of

Monte Carlo simulations for neutron transport. Later,

he continued researching in this area for his PhD,

which he is currently working on at the same group.

Vol. 70 (2025)


56

Public Relations

Bausteine für Liebe und Likes:

Die kulturelle Basis und psychologische

Anknüpfungspunkte für die Kernenergie-

Akzeptanz in Deutschland

Wie kulturelle Werte, gesellschaftliche Debatten, politische Rahmenbedingungen

und die eigene Stimme und proaktive Kommunikationspolitik

die öffentliche Wahrnehmung der Kernenergie verändern

› Chris Breuer

Ergibt Öffentlichkeitsarbeit immer Sinn? Was für große Brands wie Apple, Amazon oder Audi

(um nur beim Buchstaben „A“ zu bleiben) selbstverständlich ist, scheint von kerntechnischen

Unternehmen zumindest seit dem deutschen Atomausstieg oftmals bezweifelt zu

werden. Interner Kostendruck und die Resignation vor der vermeintlichen Unbeliebtheit in der

Gesellschaft hängen oftmals als Damoklesschwert über der Arbeit der Kommunikationsteams in

den Unternehmen. Andererseits: „Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen, kann ebenso seine

Uhr anhalten, um Zeit zu sparen“, wird Henry Ford als Zitat zugeschrieben.

Dieser Artikel zeigt auf, warum es notwendig ist, Teil

der Debatte zu sein und sich als Unternehmen zu

zeigen. Er zeigt auf, dass die deutsche Kultur und die

Gesellschaft der Kernenergie nicht generell ablehnend

gegenüberstehen. Zudem wird über eine Analyse

verschiedener Social-Media-Kanäle auf Reichweite,

Netzwerke und Best-Practice Beispiele eingegangen

und die Nutzung von Hashtags und Likes zwischen

verschiedenen Unternehmen in der Branche verglichen.

Als zweiter Pfeiler – neben der Kommunikation

über Facebook, X, Instagram & Co – wird auf die

Öffentlichkeitsarbeit vor Ort eingegangen. Die beiden

Pfeiler sind direkt miteinander verbunden und verstärken

sich gegenseitig.

Neben direkter Sichtbarkeit über Sponsoring und

Employer Branding (worauf an dieser Stelle nicht

weiter eingegangen wird) haben Besucherführungen

mit direktem Austausch zum Kollegium aus der

Branche eine signifikante Verbesserung des Bildes des

Unternehmens und der Kernenergie bewirkt. Davon

profitieren demnach nicht nur die Unternehmen

vor Ort, sondern auch die Branche an sich. Was

wir schlussfolgernd als Unternehmen tun können

und ob es sich lohnt auch über den jeweils eigenen

Tellerrand hinaus aktiv zu werden, wird in diesem

Paper beleuchtet.

Gesellschaftliche & Politische Debatte

Die Kernenergie hat sich in vielen Ländern sehr

unterschiedlich entwickelt, startete jedoch mit einer

ähnlichen Euphorie und gemeinsamen Erwartungen,

die anhand der Aussage des Leiters der US-Atomenergie­

Kommission, Admiral Lews L. Strauss, „too cheap to

meter“ beschrieben werden können. Mitte der 1950er

Jahre wurde die Kernenergie zur Energieerzeugung

eingeführt, in den 1960er Jahren wurden auch in

Deutschland die ersten Kernkraftwerke ans Netz

gebracht. Um einer kontroversen Debatte entgegenzutreten,

startete der damalige Bundesforschungsminister

Hans Matthöfer 1975 den „Bürgerdialog Kernenergie“.

Dieser Dialog sollte ein erster bundesweiter,

öffentlicher Diskussionsprozess zu allen mit der

Nutzung der Kernkraft zusammenhängenden energie-,

forschungs-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen

Fragen sein. Schon Ende der 1970er Jahren ent wickelte

sich die Kernenergie dann jedoch zu einer der am

kontroversesten diskutierten Gegenwartstechnologien

(Gallega Carrera & Hampel, 2013).

Nach durchaus heftigen Auseinandersetzungen in den

1970er- und 1980er-Jahren schien sich die Kernenergie

zu einem eher ungeliebten, aber notwendigen Übel zu

entwickeln, das vorübergehend – was immer man sich

auch unter vorübergehend vorstellen mag – in Kauf

genommen wird, bevor alternative Energiequellen

sie ersetzen können. In diesem Sinne hat auch die

Ausgabe 2 › März


Public Relations

57

deutsche Bundesregierung im Jahr 2002 unter einer

aus SPD und Grünen gebildeten Regierungskoalition

den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen (Novellierung

des deutschen Atomgesetzes vom 22. April

2002). Nach einem erneuten Regierungswechsel mit

einer anderen Regierungskoalition beschloss der

Deutsche Bundestag am 28. Oktober 2010 den „Ausstieg

aus dem Ausstieg“ und erlaubte die Verlängerung

der Restlaufzeiten der bestehenden Kernkraftwerke.

Obgleich Transporte von radioaktiven Abfällen durch

Deutschland regelmäßig zehntausende Demonstranten

mobilisierten, so wurde die Kernenergie in den 1990erund

2000er-Jahren doch von anderen Themen, wie

etwa der Gentechnik, als Gegenstand öffentlicher

Aufmerksamkeit abgelöst. Auch in den Sozialwissenschaften

konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf

andere Themen, die Kernenergie geriet auch hier in

den Schatten. Somit führte die Kernenergie gewissermaßen

eine Existenz im Hintergrund. Allerdings geriet

sie schlagartig in den Fokus der Weltöffentlichkeit, als

es in Fukushima infolge eines Tsunami zu mehreren

Kernschmelzen in den Reaktorblöcken von Daiichi

kam. In der Folge kam es zu politischen Reaktionen,

die die Zukunft der Kernenergie grundlegend in

Frage stellten. In Deutschland folgte eine umgehende

Reaktion mit Moratorium der Hälfte der Kernkraftwerke

und einem graduellen Auslaufen – nach kleinen

Laufzeitverlängerungen – bis April 2023. In anderen

Ländern folgten Reaktionen, die jedoch anders ausfielen

und teilweise in den Jahren – auch nach Ausbruch

des Ukrainekriegs – wieder kassiert wurden.

Die Umwelt und der Klimawandel waren die Hauptsorge

der Europäer auf EU-Ebene im Winter 2021-2022,

gefolgt von steigenden Preisen, Inflation und Lebenshaltungskosten,

die auf nationaler Ebene die größte

Sorge darstellten (Standard Eurobaromter 96, Winter

2021-2022). Im Eurobaromter 101 (Frühjahr 2024)

ergibt sich bereits ein ganz anderes Bild. Die Verteidigungs-

und Sicherheitspolitik (von 77 % wird eine

gemeinsame EU-Politik unterstützt), wirtschaftliche

Interessen (69 % schreiben der EU ausreichend Macht

und Mittel zu, um die wirtschaftlichen Interessen in

der globalen Wirtschaft zu verteidigen) und Stabilität

(67 % sehen die EU als einen Ort der Stabilität in einer

unruhigen Welt) sind bei der Momentaufnahme

die größten Anliegen und spiegeln die Verschiebung

der Prioritäten von den unmittelbaren Umwelt- und

wirtschaftlichen Sorgen hin zu langfristigen strategischen

und sicherheitspolitischen Anliegen wider.

Klima- und Energiepolitik sind geopolitisch von

zentraler Bedeutung. Gleichzeitig ist die bezahlbare

und zuverlässige Energie von zentraler Bedeutung für

die europäische Volkswirtschaft und das Wohlergehen

der europäischen Bürger und Bürgerinnen. Vor dem

Hinter grund dieser Anforderungen geben die befragten

Deutschen und Europäerinnen und Europäer

der Europäischen Politik eine klare Botschaft mit auf

den Weg: 84 % der Deutschen und 75 % der Europäerinnen

und Europäer plädieren für eine gemeinsame

europäische Energiepolitik der Mitgliedstaaten.

(Standard Eurobaromter 96, Winter 2021-2022, S. 18).

Eingeleitet mit dem European Green Deal (2019)

als zentraler Bestandteil der Klimapolitik der Europäischen

Union, setzt die Europäische Kommission hier

Akzente. Im Mai 2022 folgt der REPowerEU-Plan, mit

dem auf die Störungen der globalen Energiemärkte

durch den Russischen Überfall auf die Ukraine reagiert

werden soll und der Green Deal Industrial Plan (2023),

der ebenfalls den Net-Zero Industry Act (2024) umfasst,

mit dem gezielte Förderungen von sauberen Industrien

und Technologien in der EU ermöglicht werden sollen.

Konkret fördert das Gesetz neben Erneuerbaren

Energien und alternativen Kraftstoffen auch Entwicklungen

im Bereich der Kernenergie.

In der öffentlichen Wahrnehmung hat die Kernenergie

in jüngster Zeit einen Aufschwung erfahren. Nach dem

Unfall von Fukushima war die deutsche Meinung zur

Kernenergie überwiegend ablehnend. Bereits im Mai

2020 sagten jedoch 57 % der Zuschauer bei Galileo, dass

Vol. 70 (2025)


58

Public Relations

Kernenergie eine Rolle in der Zukunft spielen solle 1 .

Deutlich zugenommen hat die Akzeptanz der Kernenergie

mit den steigenden Preisen der Energiekrise in

2021. Daraus wurde durch Putins Invasion der Ukraine

dann eine deutliche Mehrheit pro Kernenergie ab 2022.

Eine Übersicht repräsentativer Umfragen mit den

Wende punkten 2 ist der Grafik oben zu entnehmen.

Einhergehend mit der allgemeinen derzeit positiven

Haltung zur Kernenergie wird in Deutschland der

Ausstieg aus der Kernenergie sehr kritisch beäugt.

Mehrere Umfragen am Jahrestag der Abschaltung der

letzten drei Kern kraftwerke zeigen eine deutliche

Mehrheit gegen den deutschen Atomausstieg 3 .

Jüngste Umfragen der Europäischen Kommission

zeigen, dass die Entwicklung der Kernenergie in den

meisten europäischen Staaten mittlerweile mehr

Befürwortung als Ablehnung erfährt. In 24 der 27 EU-

Mitgliedsstaaten ist die Mehrheit der Befragten der

Meinung, dass die Entwicklungen in der Kernenergie

positive Auswirkungen haben wird. In Tschechien ist

die Akzeptanz mit 77 % am höchsten, Dänemark verzeichnet

mit einem Plus von 22 Prozentpunkten auf

66 % den größten Anstieg und Deutschland zeigt ein

fast ausgeglichenes Bild (44 % positiv, 45 % negativ). 4

Kulturdimensionen und Psychologie

Geert Hofstede (*1928) hat erstmals in den 1970er

Jahren eine große Vergleichsstudie zwischen Kulturdimensionen

(„national influences“) durchgeführt.

Es geht um Zusammenhänge zwischen nationalen

Kulturen, die er anhand vergleichbarer Umfragen

unter Arbeitnehmern eines global tätigen Unternehmens

(IBM) in verschiedenen Ländern durchgeführt

hat. Die Resultate wurden seitdem in zahlreichen unabhängigen

Wiederholungsstudien bestätigt. Hofstede

hat gezeigt, dass man „Kulturgruppen“ auf der Welt

findet und dass diese einen wesentlichen Einfluss

auf das Verhalten von Unternehmen, deren Organisation

und Führung haben. Inwieweit die Politik,

bzw. Regierungen als Unternehmen gesehen werden

( können), wird hier nicht weiter ausgearbeitet.

Die sechs Kulturdimensionen 5 :

⁃ Machtdistanz (PDI)

Der PDI gibt an, inwieweit weniger mächtige

Individuen eine ungleiche Verteilung von Macht

akzeptieren und erwarten. Hohe Machtdistanz steht

dafür, dass Macht ungleich verteilt ist.

Deutschland hat eine niedrige Machtdistanz. Das

bedeutet, dass Hierarchien in der deutschen Gesellschaft

und am Arbeitsplatz weniger ausgeprägt sind

und Gleichheit sowie Mitbestimmung geschätzt

werden.

⁃ Individualismus und Kollektivismus (IDV)

In Gesellschaften mit einem hohen IDV-Index

werden besonders die Rechte des Individuums

geschützt: Selbstbestimmung, ich-Erfahrung und

Eigenverantwortung sind wichtiger als die Integration

in jeder Art von Netzwerken und das charakteristische

„Wir-Gefühl“ (kollektivistisch).

Deutschland ist eine stark individualistische Kultur.

Individuelle Rechte und die Selbstverwirklichung

des Einzelnen stehen im Vordergrund. Menschen

neigen dazu, ihre eigenen Interessen über die der

Gruppe zu stellen.

1 Pro7, Galileo, Staffel 2020, Episode 140 vom 26. Mai 2020, abrufbar https://www.prosieben.de/tv/galileo/videos/2020140-dienstag-koennte-atomkraft-doch- diezukunft-sein-ganze-folge?auth=login&r=fab74187-a812-49e8-acbd-0c0d3e3c8f2b

2 Abgerufen auf https://www.tech-for-future.de/atomkraft-umfrage/, 27. November 2024

3 Civey 2024 (im Auftrag von Business Insider): Inwiefern stimmen Sie der Aussage zu: „Kernkraftwerke sollten nicht abgeschaltet werden, damit Kohlekraftwerke

früher vom Netz genommen werden können“? 70 % pro, 23 % kontra; Civey 2024 im Auftrag von Nukleariay „Sollte weiterhin Atomkraft zur Stromerzeugung

eingesetzt werden, um die Klimaschutzziele der EU zu erreichen?“ 68 % pro, 26 % kontra; Civey 2024: „Sollte Deutschland zum Gelingen der Energiewende

wieder verstärkt auf Atomkraft setzen?“ 69 % pro, 27 % kontra; Mehrheit der Deutschen hält Atomausstieg für einen Fehler (Verivox, 2024)

4 Europäische Union (2025), Eurobarometer Spezial 557, Befragungen September/Oktober 2024

5 Siehe https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/499318#Unsicherheitsvermeidung_.28Uncertainty_Avoidance_Index_-_UAI.29

Ausgabe 2 › März


Public Relations

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⁃ Maskulinität versus Femininität (MAS)

Ausprägung der vorherrschenden Werte, die bei beiden

Geschlechtern etabliert sind. Zu den femininen

Werten zählt Hofstede Fürsorglichkeit, Kooperation

und Bescheidenheit. Maskuline Werte seien hingegen

Konkurrenzbereitschaft und Selbstbewusstsein. In

„maskulinen“ Gesellschaften sind die Unterschiede

ausgeprägter. Die Dimension sagt demnach auch viel

über Distanz, das Ausmaß der „Lücke“ zwischen

Männern und Frauen und deren Werten aus.

Deutschland hat eine maskuline Kultur, was bedeutet,

dass Werte wie Erfolg, Wettbewerb und

Leistung hoch geschätzt werden. Es gibt eine klare

Trennung zwischen den Geschlechterrollen.

⁃ Unsicherheitsvermeidung (UAI)

Wie hoch ist die Abneigung gegenüber unvorhergesehenen

Situationen? Ein hoher UAI zeichnet sich

durch viele festgeschriebene Gesetze, Sicherheitsmaßnahmen

usw. aus. Kulturen, die Unsicherheit

akzeptieren, sind tolerant, haben weniger Regeln,

die im Zweifelsfall auch veränderbar sind, und

neigen zu Relativismus.

Deutschland hat eine hohe Unsicherheitsvermeidung.

Das bedeutet, dass die Menschen in

Deutschland dazu neigen, Risiken zu vermeiden

und klare Regeln und Strukturen bevorzugen, um

Unsicherheiten zu minimieren.

⁃ Lang- oder kurzfristige Ausrichtung (LTO)

Wie groß ist der Planungshorizont in einer Gesellschaft?

Bei einer langfristigen Ausrichtung zählen

Werte wie Sparsamkeit, Beharrlichkeit. Bei kurzfristiger

Ausrichtung eher Flexibilität oder Egoismus.

Deutschland hat eine langfristige Orientierung.

Dies zeigt sich in der Bereitschaft, lang fristige

Investitionen zu tätigen und Beharrlichkeit sowie

Sparsamkeit zu schätzen.

⁃ Nachgiebigkeit vs. Beherrschung (IVR)

Während Indulgence die Bedürfnisse und das Spaßhaben

in den Vordergrund stellt, stehen in Gesellschaften,

bei denen Restraint wichtig ist, vor allem

Werte, die Zurückhaltung von ihren Mitgliedern

fordern im Zentrum.

Deutschland liegt im mittleren Bereich dieser

Dimension. Es gibt eine Balance zwischen dem

Nachgeben von Wünschen und der Kontrolle über

Impulse.

Deutschlands‘ Werte laut Literatur: PDI: 35, IDV: 67,

MAS: 66, UAI: 65, LTO: 83, IVR: 40. 6

In einem Satz: Die deutsche Kultur ist geprägt durch

eine relativ niedrige Machtdistanz (und viel Mitspracherecht),

Selbstbestimmung und direkter Kommunikation,

eine recht maskuline Leistungsgesellschaft

mit starker Konkurrenzbereitschaft und mittelgroß

ausgeprägter Unsicherheitsvermeidungskultur, auf

lange Ausrichtung ausgelegt und Werte der Zurückhaltung

fordernd.

Auf die Kernenergie übertragen ergibt sich durch

die Kulturdimensionen ein komplexes Bild, das auch

historische Faktoren mit einbezieht. Die niedrige

Machtdistanz in Deutschland bedeutet, dass Bürger

und lokale Gemeinschaften eine starke Stimme in

politischen Entscheidungen haben. Dies kann zu einer

kritischen Haltung gegenüber zentralisierten und

potenziell gefährlichen Technologien wie der Kernenergie

führen. Der hohe Individualismus in

Deutschland kann dazu führen, dass persönliche

Meinungen und individuelle Sicherheitsbedenken

stark ge wichtet werden. Das kann die Skepsis gegenüber

Kern energie verstärken, da viele Menschen

persönliche Risiken und Umweltauswirkungen in

den Vordergrund stellen. Bei beiden Dimensionen

(Machtdistanz und Individua lismus) gibt es jedoch

auch Anknüpfungspunkte, da es Raum und Akzeptanz

für lokale Gemeinschaften und Akteure gibt, proaktiv

als positive Stimme der Kernenergie wahrgenommen

werden zu können.

Die maskuline Kultur Deutschlands, die Leistung und

Erfolg betont, könnte einerseits die Unterstützung

für technologisch fortschrittliche und leistungsstarke

Energiequellen wie Kernenergie fördern. Andererseits

könnte die Betonung auf Wettbewerb und Erfolg auch

zu einer stärkeren Förderung erneuerbarer Energien

führen, die als zukunftsweisender und nachhaltiger

angesehen werden.

Die hohe Unsicherheitsvermeidung in Deutschland

bedeutet, dass die Bevölkerung Risiken minimieren

möchte. Dies führt oft zu einer ablehnenden Haltung

gegenüber Kernenergie, die als risikoreich und

unsicher wahrgenommen wird, insbesondere nach

Ereignissen wie Tschernobyl und Fukushima.

Die langfristige Orientierung der deutschen Kultur

könnte die Unterstützung für nachhaltige und

zukunftssichere Energiequellen wie erneuerbare

Energien stärken. Kernenergie wird durchaus als

nachhaltig wahrgenommen (ebenfalls durch EU­

Entwicklungen des Green Deals usw.) und vor allem in

den vergangenen Jahren als Teil der Lösung zur

Energiesicherheit beitragen. Gleichzeitig wird die

Attraktivität geschmälert, da die langfristigen Risiken

und die Entsorgung von Atommüll als politische

bewusst ungelöste Frage als generationenübergreifend

moralisch problematisch wahrgenommen wird.

Die Balance zwischen Nachgiebigkeit und Beherrschung

in Deutschland könnte zu einer differenzierten

Sichtweise auf Kernenergie führen. Während einige

die Vorteile der Kernenergie für die Energieversorgung

sehen, könnten andere die Kontrolle und Einschränkungen

betonen, die mit dieser Technologie

verbunden sind.

6 Ländervergleiche über https://geerthofstede.com/country-comparison-graphs/ möglich

Vol. 70 (2025)


60

Public Relations

Wohin bringen uns diese Kulturdimensionen mit

konkretem Fokus auf unsere Kultur? Mein Fazit:

Deutschland ist nicht von vorneherein ein unge eigneter

Nährboden für die Kernenergie. Die kulturellen Werte

in Deutschland können eine wichtige Rolle bei der

Akzeptanz oder Ablehnung der Kern energie spielen.

Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Akzeptanz der Kernenergie

in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen

ist, insbesondere aufgrund der Energiekrise und geopolitischer

Entwicklungen. Die politische Vergangenheit

mit dem Zeitfenster von Bundesminister für Atomfragen

Strauß bis zur in den vergangenen Jahren aufkommenden

Frage nach einer Laufzeit verlängerung

und neuerdings zu Diskussionen in politischen Parteien

zur Haltung gegenüber der Kernenergie im Allgemeinen

unterstreicht das Argument, dass die Akzeptanz der

Kernenergie in Deutschland sich in Wellenbewegungen

entwickelt hat, es jedoch grundsätzlich möglich ist, die

Kernenergie mehrheitlich zu mögen. Bedingt durch

globale Ent wicklungen gibt es das sogenannte „Momentum

for Nuclear“. Aufwind für die Branche generell.

Gleichzeitig zeigt eine Analyse der Kulturdimensionen,

dass es auch in Deutschland Spielraum gibt, um das Bild

der Kern energie positiv zu beeinflussen. Zur Frage wie

das geschehen kann, ist ein kleiner psychologischer

Exkurs hilfreich:

Daniel Kahneman („Thinking, Fast and Slow“, dt.

Schnelles Denken, langsames Denken, 2012) beschreibt,

wie das Gehirn zu voreiligen Schlussfolgerungen aufgrund

unvollständiger und falscher Informationen

kommt. Es fällt uns schwer, statistisch richtig zu

denken, vor allem bei schwierigen Sachverhalten. Es

wird eine sehr hohe negative Korrelation zwischen

Vorteilen und Risiken von Technologien beschrieben.

Einfach ausgedrückt: Wenn eine Technologie positiv

eingeschätzt wird, hat sie viele Vorteile und kaum

Risiken. Hat eine Technologie ein negatives Image,

überwiegen die Risiken die Vorteile (assoziativer

Zusammenhang). In der dazu verwendeten Studie

wurden anschließend Texte zu den Vorteilen und

Risiken verteilt. Das Ergebnis ist, dass durch das Lesen

von Vorteilen die Risiken gedanklich verkleinert

werden. Die emotionale Anziehungskraft der Technologien

kann demnach positiv beeinflusst werden, wenn

Informationen den Empfänger erreichen.

Zurückkommend auf die Kernenergie ist es demnach

möglich, das Image der Technologie zu beeinflussen,

indem die Wechselwirkung mit den Risiken und Vorteilen

aktiv angegangen wird. Gefühlte Risiken müssen

in der richtigen Perspektive beleuchtet werden um das

Image zu verbessern. Hierdurch werden die Risiken

automatisch verkleinert und nehmen die Vorteile

gedanklich mehr Raum ein, wodurch letztendlich

die emotionale Anziehungskraft der Kernenergie

gefördert wird.

In der Kommunikation muss das Narrativ den globalen

Entwicklungen angepasst sein. Der Zukunftsforscher

Yuval Noah Harari hat in seinen Werken, insbesondere

in „Sapiens“ (2011) und „Homo Deus“ (2017), verschiedene

Perspektiven auf die Herausforderungen

und Chancen der modernen Welt dargelegt. In Nexus

(2024) legt er den Fokus auf KI und wie Informationsnetzwerke

über die Zeit den Informationsfluss unserer

Welt erschaffen und immer wieder verändert haben.

Aus seinen Werken lassen sich in Verbindung mit den

Kulturdimensionen verschiedene Leitsätze ableiten:

⁃ Die duale Natur technologischer Fortschritte.

Während Technologien wie Kernenergie enorme

Vorteile bieten können, bergen sie auch erhebliche

Risiken. Diese Ambivalenz spiegelt sich in der

deutschen Kultur wider, die eine hohe Unsicherheitsvermeidung

aufweist und daher gegenüber

potenziell gefährlichen Technologien wie der

Kernenergie skeptisch ist.

⁃ Langfristige Perspektiven, um globale Herausforderungen

wie den Klimawandel zu bewältigen.

Dies passt zur langfristigen Orientierung der

deutschen Kultur, die nachhaltige und zukunftssichere

Lösungen bevorzugt. Der Green Deal und

die EU-Taxonomie sind Beispiele für solche langfristigen

Strategien.

⁃ Die Notwendigkeit globaler Zusammenarbeit, um

existenzielle Bedrohungen wie den Klimawandel

und nukleare Risiken zu bewältigen. Die Unterstützung

der Europäer für eine gemeinsame Verteidigungs-

und Sicherheitspolitik der EU zeigt, dass

es ein Bewusstsein für die Notwendigkeit kollektiver

Maßnahmen gibt. Versorgungssicherheit ist

hier ein Schlagwort, dass der Kernenergie übergeordnet

eher hilft.

⁃ Die Macht von Mythen und Narrativen, die Gesellschaften

formen. In Deutschland gibt es starke

Narrative über die Gefahren der Kernenergie, die

durch historische Ereignisse wie Tschernobyl und

Fukushima verstärkt wurden. Diese Narrative

beeinflussen die öffentliche Meinung und die

politische Entscheidungsfindung. Das Heft des

Handelns in diesem Bereich hat die Branche lange

nicht in der Hand gehabt, auch durch eine sehr

aktive Anti-AKW-Bewegung und der politischen

DNA der Grünen.

⁃ Menschliche Kontrolle über Technologie: Harari

warnt vor der unkontrollierten Entwicklung von

Technologien, einschließlich der Kernenergie. Er

betont, dass die Menschheit sicherstellen muss,

dass technologische Entwicklungen im Einklang mit

ethischen und sozialen Werten stehen. Dies passt

zur deutschen Kultur der Unsicherheitsvermeidung

und der Präferenz für klare Regeln und Strukturen.

Hier kann für Akteure im Rahmen der Kernenergie

der Schulterschluss mit internationalen Akteuren

im Rahmen der Nicht-Verbreitung hilfreich sein.

Bisher wurde verdeutlicht, dass die deutsche Kultur

durchaus Anknüpfungspunkte für eine Verbesserung

des Images der Kernenergie bietet. Zudem wurden

ein paar psychologische Hintergrundinformationen

zur Wahrnehmung von Vorteilen und Risiken geschildert,

wurden aktuelle globale Trends im Rahmen

Ausgabe 2 › März


Public Relations

61

techno logischer Entwicklungen angedeutet und welche

Anknüpfungspunkte ein mögliches „Pro-Kernenergie-

Narrativ“ hier haben kann.

Wie erreicht man nun die Leute bzw. bringt

seine Kommunikationsinhalte an? Die verschiedenen

Unternehmen können das vor allem lokal/regional

abdecken. Übergeordnet haben Fachverbände und

Lobby organisationen eine Plattform. KernD ist auf

nationaler Ebene durch seine Ausrichtung eher als

Fachverband für seine Mitgliedsunternehmen und

weniger als öffentliche Stimme für die Kernenergie in

Erscheinung getreten. Eine lobenswerte Ausnahme

war der offene Brief zur Laufzeitverlängerung im Zuge

des Ukraine-Krieges, der medial durchaus Beachtung

fand. Ver bände oder Vereine wie die Kerntechnische

Gesellschaft oder der Fachverband für Strahlenschutz

haben öffentliche Profile in den Sozialen Medien.

Reichweite ist demnach durchaus möglich. In anderen

Ländern sind die Kernenergieverbände durchaus

auch als Stimme in der öffentlichen Debatte hörbar.

Auf europäischer Ebene ist NuclearEurope 7 (ehemals

Foratom) ein gutes Beispiel für die Bündelung der

Kräfte, um für die Belange der Kernenergie und ihrer

Unter nehmen nicht nur reaktiv einzustehen, sondern

zudem proaktiv tätig zu sein. Daneben gibt es jedoch

auch eine Reihe NGOs und Interessensgruppen.

Exemplarisch sind hier nur Nuklearia, Tech for Future,

wePlanet oder weCare genannt. Vielleicht können

wir aus dem Ausland lernen, wie hier im Sinne der

Ankerung und Verfügbarkeit (Kahnemann) in Deutschland

kom muniziert werden kann. Ein aktuelles Beispiel

ist der Report der Radiant Energy Group (Dezember

2024) zur Wiederinbetriebnahme deutscher Kernkraftwerke:

Machbarkeit und Zeitplan. Es wird geankert,

dass die technischen Hürden überwindbar sind, welche

Vorteile es bringt und dass eine Mehrheit der Bevölkerung

es unterstützt.

Soziale Medien – Nutzung bei Urenco

Urenco nutzt Soziale Medien, sowohl auf Gruppenebene

als auch an den unterschiedlichen Standorten.

In einer externen Studie für Urenco wurden die

Social-Media-Kanäle und die Follower/ Kontakte bewertet.

Reichweite und das Maß der Interaktion

( Engagement) gelten als wichtige Indikatoren. Für

verschiedene Social­ Media­ Kanäle wurden Analysen

erstellt. Exemplarisch in der Abbildung oben ein

Beispiel für X (damals noch Twitter). Ohne konkret auf

das Beispiel X einzugehen, hier die Empfehlungen der

Studie:

> Verlinke Themen direkt mit Unternehmensaktivitäten

> Kommuniziere Firmennachrichten, Aktionstage

und Branchenentwicklungen

> Urenco kann bei Nachhaltigkeit eine Führungsrolle

einnehmen

> Nutze Hashtags um Zielgruppen zu erreichen

Diese Empfehlungen wurden intern umgesetzt.

Wichtig ist es dabei, technische Inhalte mit aktuellen

oder populären Themen wie CSR (Corporate Social

Responsibility)/Sustainability zu verlinken. Zudem ist

es hilfreich, proaktiver beim „Geschichten erzählen“

zu sein und die Geschichten „persönlicher“ zu machen.

Beispielsweise nicht übergeordnet, was die Kernenergie

bewirken kann, sondern welchen Beitrag man

als Unternehmen konkret leistet. Persönliche Stories

machen zudem an den Standortgrenzen keinen Halt.

Die Nutzung von Hashtags ist eine gute Möglichkeit,

auf sich aufmerksam zu machen. Top Hashtags

der Follower/Urenco sind #NetZero, #Sustainability,

#EnergySecurity. Bei Urenco wurde ein Redaktionsausschuss

mit Vertretern von allen Sites geschaffen,

um übergeordnete Projekte gemeinsam anzugehen

und sich wöchentlich auszutauschen und im Vorfeld

auf kommende Social-Media-Inhalte hinzuweisen.

7 https://www.nucleareurope.eu/

Vol. 70 (2025)


62

Public Relations

Eine Analyse der Follower zeigt die unterschiedlichen

Ausrichtungen der Social-Media-Kanäle. Zudem sind

die diversen Social-Media-Kanäle in den verschiedenen

„Urenco-Ländern“ gesellschaftlich unterschiedlich

etabliert. Während beispielsweise LinkedIn in den USA

eine gesellschaftliche Abdeckung von etwa 60 % hat

(Statista, 2024), ist es in Deutschland lediglich ca. 30 %

(Statista, 2024, immerhin eine Verdopplung seit 2021).

Die Rolle der Belegschaft und jeder einzelnen Kollegin

und jedes Kollegen ist dabei wichtig und kreiert

Reichweite. Einerseits als Follower, doch zunehmend

auch als Ambassadeure für die Firma. Magnus

Enzensberger schrieb 1957: „Die Wahrheit wird nicht

von der Realität abgekupfert, sondern von Menschen

gemacht“. Enzensberger meinte mit Menschen damals

Journalisten und unterstrich damit die Bedeutung

der schreibenden Zunft. Heutzutage ist jedes aktive

Mitglied der Gesellschaft – oftmals über Soziale

Medien – selber als neuzeitliche Journalistin oder

Journalist tätig. Mit und über Kollegen entstehen die

meisten Interaktionen in den Sozialen Medien.

PR-Besuche (Auswertung Urenco Deutschland,

2015 - 2022)

Im Zeitraum von 2015 bis 2022 wurden PR-Besuche

mit Einblick in die Trennhallen durchgeführt und

anschließend mittels Besucherfeedback bewertet.

Bewusst wurden hier für eine Auswertung die Fragebögen

vor dem Ukraine-Konflikt gewählt. 160 Feedbackformulare

sind in die Bewertung eingeflossen.

Die Bewertung gestaltete sich dabei in Form von Schulnoten.

Kontakt (1,4), Film & Vortrag (2,2), Anlagenrundgang

(1,7) und Besuch insgesamt (1,6) sind Hinweise

auf das gute Feedback. Bedeutender ist unserer

Meinung nach jedoch, dass der Besuch die Einstellung

der Besucher zur Urenco im Schnitt um 1,9 auf einer

Skala von -5 bis +5 erhöht hat. Eine negative Einstellungsveränderung

gab es in all den Jahren nicht.

Lediglich eine Person würde den Besuch nicht aktiv

weiterempfehlen. Radioaktivität, Lagerung, Trans porte

und Sicherheit wurden überproportional als Interessensprioritäten

genannt.

Die positive Änderung der Einstellung bleibt nicht

auf die Urenco begrenzt, sondern bezieht sich auch

auf die Branche. Freitextkommentare wie „Ungewissheit

ist besiegt“, „habe Verständnis für die Vorgänge

erworben“, „sachkundige Informationen“, „es erfolgte

eine hervorragende Aufklärung, was man in den

Medien hört, entspricht nicht der Wahrheit“ oder „sehr

gute Aufklärung und Informationen, entgegen den

vielen negativen Medienberichten wurde eine ganz

hervorragende Darstellung gegeben“ runden das

positive Feedback für Unternehmen und der Kernenergiebranche

ab.

Fazit

Die Wahrheit wird von Menschen gemacht, nicht von der

Realität abgekupfert. Was Enzensberger 1957 bereits

beschrieb, ist heute aktueller denn jeh. Über die

Sozialen Medien beeinflusst jeder sein Umfeld. Unternehmen

machen das bewusst über ihre Kommunikationspolitik,

doch auch die Belegschaft, andere Unternehmen,

Verbände, Interessensgruppen usw. spielen

hier eine Rolle. Die deutsche Kultur wurde anhand

von Kulturdimensionen (Hofstede) als durchaus

kompatibel zu technisch anspruchsvollen und langfristigen

Prozessen wie der Kernenergie beschrieben.

Flankierend zeigen Umfragen, dass die Zustimmung

zur Kernenergie ein Allzeithoch erreicht hat.

Es geht nun darum, in der Gesellschaft die Argumente

für unsere Unternehmen und damit der Kernenergiebranche

anzubringen. Ein transparentes Teilen von

Vorteilen und positiven und persönlichen Geschichten

lässt die Vorteile der Kernenergie gedanklich wachsen

und erhöht die emotionale Anziehungskraft. Konkrete

Öffent lichkeitsarbeit vor Ort zeigt die Einstellungsänderung,

die damit bewirkt wird. Synergieeffekte

können erzielt werden, wenn gute Inhalte zwischen

den Unternehmen geteilt werden, es eine übergeordnete

Stimme der Branche gibt und wir den Blick

nach außen öffnen. Ein Großteil der Nachbarländer

Deutschlands steht der Kernenergie positiv gegenüber

und möchte die Kernenergie ausbauen. Wir können

aus dem internationalen Umfeld lernen, positive

Geschichten und Argumente für die eigene Kommunikationspolitik

ableiten und im zweiten Schritt die

deutsche Stimme international einbringen. Die derzeitigen

politischen und gesellschaft lichen Entwicklungen

bieten Möglichkeiten zur Imageveränderung der Kernenergie

in Deutschland. Dafür scheint vor allem eine

proaktivere – und wenn möglich besser abgestimmte

– Kommunikationsstrategie der Unternehmen und der

Kernenergie zugeneigten Per sonen und eine hörbare

Stimme nach außen ein sinn voller Weg. Die deutsche

Kultur lässt es zu. Psychologisch sollten wir die Kernenergie

verankern, Vorteile aufzeigen und präsent sein.

Inhaltlich ist ein Mix aus automatisch verdaubaren

und inhaltlich anspruchs volleren Inhalten der Weg

zum Ziel. Abschließen möchte ich mit dem Appell,

Teil der Debatte zu sein und sich als Unternehmen zu

zeigen und zu beteiligen. Nicht nur für sich, sondern

für die Branche insgesamt.

Autor

Dr. Chris Breuer

Urenco Deutschland GmbH

Communications & PR Manager

chris.breuer@urenco.com

Dr. Chris Breuer hat in den Niederlanden, Lettland

und in Deutschland European Studies und Politikwissenschaften

studiert. Promoviert hat er zur Europäischen

Regionalpolitik. Seit 2011 ist er Leiter

Kommunikation und PR bei der Urenco. Zu diversen

Ehrenämtern gehört ebenfalls der Vorsitz des

Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit bei KernD.

Ausgabe 2 › März


KTG-Fachinfo

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KTG-Fachinfo 01/2025 vom 31.01.2025:

Kernenergie im Wahlprogramm

von Bündnis90/Die Grünen

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der

KTG, im Wahlprogramm von Bündnis90/Die Grünen

zur Bundestagswahl 2025 wird auch kurz Position zur

Kernenergie bezogen. Interessant ist dabei nicht nur das

beschlossene Programm, von dem eine vorläufige, noch

zu einem Gesamtprogramm zusammenzuführende und

zu redigierende Fassung nun vorliegt, sondern auch die

Änderungen im Vergleich zum Wahlprogrammentwurf

des Bundesvorstandes für die Bundesdelegiertenkonferenz

am 26. Januar.

Position Kernenergie Wahlprogrammentwurf

Bundesvorstand:

„Fossile Energieerzeugung ist ein Auslaufmodell. Gerade

damit die Kohleregionen Planungssicherheit haben

und der Strukturwandel geordnet unterstützt werden

kann, halten wir daran fest, alle verbliebenen Kohlekraftwerke

ab 2030 nicht mehr zu befeuern. Wir stehen

für eine endgültige Absage an die Gasförderung in

ganz Deutschland – an Land wie auf dem Meer. Eine

Rückkehr zur Atomkraft ist weder für das Erreichen

der Klimaziele noch für die Versorgungssicherheit

notwendig – zudem scheiden neue Atomkraftwerke

wegen der extrem langen Planungs- und Bauzeiten,

der hohen finanziellen Risiken und der Ewigkeitskosten

als realistische Option ohnehin aus. Der lange geplante

und parteiübergreifend beschlossene Atomausstieg

hat unser Land sicherer gemacht. Die Suche eines

verlässlichen Endlagers bleibt eine Herausforderung,

der sich das ganze Land stellen muss.“

Position Kernenergie Wahlprogramm nach

Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz:

„Eine Rückkehr zur Hochrisikotechnologie Atomkraft

ist weder für das Erreichen der Klimaziele noch für

die Versorgungssicherheit notwendig und für uns

aufgrund der ungeklärten Endlagerfrage, der Kosten

und der Gefahr der Verbreitung von atomwaffenfähigen

Material keine Option. Der lange geplante und

parteiübergreifend beschlossene Atomausstieg hat

unser Land sicherer gemacht. Um ihn zu vollenden,

müssen auch Brenn elementefertigung und Urananreicherung

in Deutschland beendet werden. Die von

der russischen Firma Rosatom geplante Beteiligung

in Lingen bedeutet ein zusätzliches Sicherheitsrisiko.

Wir haben uns immer für eine Ausweitung der europäischen

Sanktionen eingesetzt, auch um das

Spionage- und Sabotage-Risiko zu verringern. Die

Standortsuche für ein Endlager mit bestmöglicher

Sicherheit, so zügig wie möglich und in einem partizipativen

Verfahren bleibt eine Herausforderung, der

sich das ganze Land stellen muss. Auf dem langen Weg

dorthin müssen die Zwischenlager sicher betrieben

werden können.“

NEU BEI DER KTG:

Unsere WhatsApp-Community

für Mitglieder!

Liebe Mitglieder

der Kerntechnischen Gesellschaft e.V.,

wir haben spannende Neuigkeiten! Ab sofort

gibt es eine WhatsApp-Community für uns.

Mit diesem neuen Format möchten wir

die Ver netzung, den Austausch und die

Kommunikation unter unseren Mitgliedern

einfacher und effektiver gestalten.

Was erwartet euch?

j Eine zentrale Plattform für alle Neuigkeiten,

Veranstaltungen und Infos rund um die KTG.

j Fachgruppen-Chats, in denen ihr euch

direkt mit Gleichgesinnten zu spezifischen

Themen austauschen könnt.

j Einfache Kommunikation: Schneller,

direkter und immer am Puls der Zeit – alles

bequem über WhatsApp.

j Netzwerken leicht gemacht: Lernt andere

Mitglieder kennen, teilt euer Wissen und

profitiert vom Austausch in unserer Community.

Warum WhatsApp Communities?

, Übersichtlich und flexibel: Alle Gruppen

an einem Ort, perfekt organisiert.

, Direkt und interaktiv: Bleibt auf dem

Laufenden und diskutiert spannende Themen

in Echtzeit.

, Praktisch: WhatsApp ist ein Tool, das

die meisten von uns ohnehin täglich nutzen –

warum also nicht auch für die KTG?

SO SEID IHR DABEI:

Vol. 70 (2025)

ktg.org


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KTG-Fachinfo

Auch die Absage an fossile Energieträger ist

deutlich verlängert und verschärft worden.

Interessant ist, dass die Bundesdelegiertenkonferenz

einen kurzen, eher positiven Abschnitt zur Kernfusion

in das Wahlprogramm eingebracht hat. Diese war im

Programmentwurf des Bundesvorstandes nicht erwähnt.

Position Kernfusion Wahlprogramm nach

Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz:

„Chancen und Potenziale neuer Energietechnologien

wie die Kernfusion und ihren Beitrag zur künftigen

Energie versorgung wollen wir unter Berücksichtigung

von Sicherheitsfragen weiter erforschen, auch wenn

sie bis 2045 voraussichtlich noch keinen Beitrag zur

Erfüllung der Klimaziele leisten können.“

Der Absatz findet sich in einem Abschnitt zur klimaneutralen

Modernisierung der Industrie, in dem es

um verschiedene von den Grünen befürwortete Technologien

geht.

Im Fazit lässt sich feststellen, dass im Vergleich zum

Wording des Bundesvorstands „die Basis“ in alte

Positionen aus Zeiten der Grabenkämpfe zurückfällt.

Parolen wie „Hochrisikotechnologie“ mögen da noch

erträglich sein, doch die erneute Forderung nach

Beendigung von Brennelementfertigung und Anreicherung

zeigen, dass Die Grünen nicht bereit sind,

auch nur ein Jota von ihren alten Forderungen abzurücken,

obwohl ihr Hauptziel der finalen Abschaltung

aller deutscher Kernkraftwerke bereits erreicht wurde.

Da den Grünen hinlänglich bekannt ist, dass

die hiesige Brennelementfertigung und die Urananreicherung

mittlerweile nur noch dem Ausland dienen,

wird somit auch klar, dass Die Grünen auch der

Kernenergienutzung in der EU und in Übersee feindlich

gegenüberstehen. Von Toleranz gegenüber dem

Energie mix anderer Länder also keine Spur.

Ihre KTG-Geschäftstelle

Nicolas Wendler und Thomas Behringer

KTG-Fachinfo 17/2024 vom 17.12.2024:

Kernenergie im Wahlprogramm

von CDU/CSU

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der

KTG, im CDU/CSU-Wahlprogramm, „Politikwechsel für

Deutschland“, das heute veröffentlicht wurde, kommt

die Kernenergie in folgenden Passagen vor:

Kurzfassung des Programms (Abschnitt Energie):

„Wir halten an der Option Kernenergie fest. Dabei setzen

wir auf die Forschung zu Kernenergie der vierten

und fünften Generation, Small Modular Reactors und

Fusionskraftwerken. Die Wiederaufnahme des

Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke

prüfen wir.“

Komplettfassung (Kapitel Energie):

„Option Kernenergie. Gerade auch mit Blick auf die

Klimaziele und die Versorgungssicherheit hat diese eine

bedeutende Rolle. Dabei setzen wir auf die Forschung

zu Kernenergie der vierten und fünften Generation,

Small Modular Reactors und Fusionskraftwerken.

Gleich zeitig streben wir schnellstmöglich eine fachliche

Bestandsaufnahme an, ob angesichts des jeweiligen

Rückbaustadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs

der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter

vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand

noch möglich ist.“

Sowie (Abschnitt Energieinnovation):

„Technologieoffen und zukunftsfähig. Das bedeutet für

uns, breit zu forschen für die beste Form der Energieerzeugung:

Brennstoffzelle, Kraftwerke mit klimaneutralen

Gasen, Geothermie, Kernenergie der vierten

und fünften Generation, Small Modular Reactors und

Fusionskraftwerke. Gleiches gilt für die Forschung zu

Transport und Speicherung.“

Sowie (Kapitel Umwelt):

„Endlagersuche vorantreiben. Den Prozess der Endlagersuche

beschleunigen wir durch Anpassungen und

schließen geologisch ungeeignete Regionen schneller

aus.“

Das ist natürlich ein riesiger Fortschritt im Vergleich

zu 2021, da die Kernenergie wieder als Energie- und

Innovationsthema betrachtet wird. Es lassen sich damit

im Prinzip die Anliegen der KTG bei Kompetenz erhaltung,

Ausbildung und Forschung gut vereinbaren, sogar

innovationsgerichtete Forschung mit Bundesmitteln

könnte wieder möglich werden. Auch bei der Endlagerung

kann man die Position als Unterstützung

für die Position der ESK zum Standortauswahlverfahren

im Sinne einer tatsächlichen und stringenten Umsetzung

des Auftrags sehen. An dieser Stelle ist das SPD-

Programm durchaus kompatibel.

An den von CDU und CSU selbst geschürten Er wartungen

gemessen, ist es aber kein großer Wurf. Insbesondere

fällt auf, dass der Prüfung auf Wiederinbetriebnahmemöglichkeiten

in der Langfassung nichts folgt.

Also nicht etwa „wir wollen KKW wieder in Betrieb

nehmen, wenn die Prüfung ergibt …“, sondern nur

Prüfung ins Nichts, also offensichtlich mit dem Erwartungswert,

dass es wohl keine Wiederinbetriebnahmemöglichkeit

mit vertretbarem Aufwand gibt.

Erkennbar ist, dass die CSU sich hier nicht durchgesetzt

hat oder durchsetzen wollte, die Formulierungen

kommen von der CDU-Seite.

Ihre KTG-Geschäftsstelle

Nicolas Wendler

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Untersuchungsausschuss zum

Kernenergie-Ausstieg – dramatischer

Schlussakkord oder Zeichen eines

Stimmungsumschwungs?

Bericht über den 2. Untersuchungsausschuss

des Deutschen Bundestages in der 20. Wahlperiode

Vor rund drei Jahren wurde Deutschland, wurde besonders auch die kerntechnische Branche in

Deutschland Zeuge eines Entscheidungsprozesses über eine krisen bedingte, begrenzte Weiternutzung

noch laufender und vor kurzem abgeschalteter Kernkraftwerke, der kaum anders denn als

qualvoll beschrieben werden kann. Wie allgemein bekannt, hat gleichsam in der Mitte der finalen Phase des

Ausstiegs aus der Kernenergie nutzung Russland die Ukraine angegriffen und damit die Perspektive einer

schweren Energiekrise für Deutschland und ganz Europa heraufbeschworen. Die routiniert abgearbeitete

und weder in der Gesellschaft noch im politischen Raum ernsthaft hinterfragbare Beendigung der Kernenergie,

an der auch einige im Sande verlaufene Vorstöße einzelner Akteure nichts ändern konnten, war

plötzlich in Frage gestellt. Insbesondere der Bundeswirtschaftsminister Habeck tat dies sogar proaktiv am

27. Februar 2022, drei Tage nach Kriegsbeginn, mit seiner Ankündigung einer ergebnisoffenen Prüfung eines

Weiterbetriebs von Kernkraftwerken als eine Reaktion auf die drohende Energiekrise. Dies wurde bei einem

Bundesminister der Grünen, der gerade dabei war, die letzten und offenbar lästigen Zuständigkeiten seines

Hauses im Bereich der Kernenergie loszuwerden, als überraschend aber durchaus positiv wahrgenommen

und dies nicht nur im Bereich der Kerntechnik selbst.

In der weiteren Handhabung der Frage und besonders

in Form eines vom Bundesministerium für Wirtschaft

und Klima (BMWK) und dem Bundesministerium für

Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

(BMUV) veröffentlichten gemeinsamen

so genannten Prüfvermerks am 8. März setzten sich

aber offenkundig die parteipolitischen Grundüberzeugungen

und bestehenden Befindlichkeiten und

Empfindlichkeiten auch gegen die krisenhaften Umstände

durch und das Thema sollte politisch begraben

werden. Dieses Vorhaben war aber angesichts der

durchaus vorhersehbaren Dynamik der energiewirtschaftlichen

Situation im Jahr 2022, der allerdings

offensichtlich monatelang nicht Rechnung getragen

werden sollte, nicht erreichbar. Vielmehr entspann

sich die oben genannte qualvolle Diskussion als Folge

immer neuer Krisenimpulse hinsichtlich der Gasversorgung,

der Preisentwicklung und verschiedener

Unwägbarkeiten, die in normalen, entspannten Zeiten

keine große Aufmerksamkeit erhalten, aber im Jahr

2022 nicht zuletzt auch wegen des Umgangs mit der

Kernenergie immer neue Reaktionen und Analysen

erforderten sowie politische Diskussionen auslösten.

Als letzter Akt und Nachklapp zu den damaligen

Entscheidungen wurde nach Enthüllungen diverser

Ungereimtheiten durch die politische Monatszeitschrift

Cicero, von Die Welt und Bild am 4. Juli 2024 ein Untersuchungsausschuss

des Deutschen Bundestages eingesetzt,

der die damaligen Entscheidungsfindung, ihre

Grundlagen und ihr Prozedere aufklären sollte.

Der offizielle Auftrag dieses 2. Untersuchungsausschusses

– der erste befasst sich mit dem Rückzug der

Bundeswehr aus Afghanistan – lautet, sich ein Bild von

den Entscheidungsprozessen sowie deren Kommunikation

an den Bundestag und an die Öffentlichkeit zu

machen, insbesondere hinsichtlich eines möglichen

Weiterbetriebs der Kernkraftwerke. Dabei soll untersucht

werden, auf welcher Informationsgrundlage die

Entscheidungen getroffen wurden, welche nationalen

und internationalen Stellen einbezogen wurden und

ob eine Einbeziehung weiterer Informationen oder

Stellen zweckmäßig gewesen wäre.

Die Vorarbeiten zum Prüfvermerk

auf Arbeitsebene

Nach fünf nicht-öffentlichen Sitzungen zu Fragen des

Untersuchungsumfangs, des Arbeitsablaufes und der

Beweiserhebung war die sechste Sitzung des Gremiums

am 10. Oktober 2024 die erste öffentliche Sitzung mit

einer Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung, in

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Report

diesem Fall von beteiligten Mitarbeitern des BMUV.

In der Vernehmung ging es wie bei vielen weiteren

Befragungen um die zu einem Weiterbetrieb beauftragten

und erarbeiteten Vermerke der beteiligten

Ministerialbeamten. Der erste Zeuge berichtete von der

überraschenden mündlichen Beauftragung eines

Vermerks zur Frage der Kernkraftwerke, die er mit

einer Zusammenstellung bekannter Argumente gegen

einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke beantwortet

habe, die bereits früher für Ministerin Lemke zusammengestellt

worden seien. Die Argumente seien später

nicht vertieft geprüft worden. Zu diesen Argumenten

hätten die von den Betreibern geschlossenen Verträge

für den Rückbau und die erforderliche Periodische

Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) zur ganzheitlichen

Betrachtung und Bewertung der Anlagensicherheit

gehört, die alle 10 Jahre erfolgen müssten. Letztere

wären erforderlich, da die 2019 fälligen Prüfungen auf

Grundlage einer Ausnahmenbestimmung des Atomgesetzes

mit Blick auf die Abschaltung der Anlagen ausgesetzt

worden seien. Der Zeuge wies allerdings darauf

hin, dass das begleitende Aufsichtsverfahren die

Sicherheit sehr engmaschig prüfe und die PSÜ eine

Ergänzung sei. Die Frage ob ein Weiterbetrieb ohne

PSÜ möglich wäre, wurde nicht beantwortet.

Der nächste Zeuge berichtete von dem von ihm abgefassten

Vermerk vom 1. März, in dem drei mögliche

Szenarien für einen Weiterbetrieb beschrieben worden

seien. Szenario A sei die Abschaltung der Anlagen zum

Jahresende gewesen, Szenario B ein begrenzter Weiterbetrieb

und Szenario C ein längerer Weiterbetrieb.

Inhaltlich sei es um Fragen gegangen, die für einen

Weiterbetrieb geklärt werden müssten, ohne abschließende

Bewertung. Der Zeuge erklärte, dass er

nicht gewusst habe, dass sein Vermerk später geändert

worden sei und dass er nicht an der Erarbeitung des

Prüfvermerks vom 7. März beteiligt gewesen sei. Ein

Vermerk aus dem BMUV nachdem ein Weiterbetrieb

aus Sicherheitsgründen abgelehnt worden sei, sei erst

nach Veröffentlichung des Prüfvermerks zu seiner

Kenntnis gelangt. Der Zeuge teilte seine Einschätzung

mit, dass ein kurzer Weiterbetrieb besser als die

später diskutierte Einsatzreserve gewesen sei und er

diesen kurzen Weiterbetrieb wie er erfolgte, unter

Sicherheitsaspekten für die beste Wahl hielt.

Die Zeugin Dr. Mareike Rüffer, Leiterin der Abteilung

Nukleare Sicherheit im Bundesamt für die Sicherheit

der nuklearen Entsorgung (BASE) berichtete, dass die

Behörde mit der Frage eines längeren Betriebs der

Kernkraftwerke befasst gewesen und dabei ein FAQ

erarbeitet worden sei. Es habe drei Faktoren gegeben,

die bei den Überlegungen dazu im BASE eine Rolle

gespielt hätten. Zum einen die PSÜ, die für die in Rede

stehenden Anlagen nicht durchgeführt worden seien.

Die Zeugin beklagte, dass deren Bedeutung in der

öffentlichen Diskussion teils heruntergespielt worden

sei. Weitere Gesichtspunkte seien die im Ukrainekrieg

dokumentierte Gefährdung von Kernkraftwerken

im Kriegsfall und die Auswirkungen eines längeren

Paul-Löbe-Haus (Detail)

Oben der Europasaal in dem Teile der

Zeugenbefragungen stattfanden

Betriebs von Kernkraftwerken auf die Entsorgung, die

aus ihrer Sicht in der Diskussion nicht genügend

thematisiert worden seien. Die Zeugin selbst ist nicht

in die Entscheidungen zur Kernenergie involviert

gewesen und das BASE hat auch keine Entscheidungskompetenz

in der nuklearen Sicherheit von Kernkraftwerken.

Befragung der unbeteiligten BfS und UBA sowie

von Beamten auf Ministerlinie

Erwartbar wenig ertragreich im Sinne des Untersuchungsauftrags

waren die Befragungen von Dr. Inge

Paulini, Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz

(BfS), und Prof. Dr. Dirk Messmer, Präsident

des Umweltbundesamtes (UBA) am 17. Oktober. Frau

Paulini hat ausgesagt, zwar an den üblichen Abteilungsleiterbesprechungen

im BMUV teilgenommen zu

haben, die aber allgemeine Themen behandelt hätten.

Sie könne sich auch nicht erinnern, ob das Thema

Weiterbetrieb von Kernkraftwerken dort behandelt

worden sei und habe die Dokumente des BASE zum

Thema zuvor nicht gesehen. Sie habe auch keine eigene

Position eingebracht und sei dienstlich nicht mit

der Frage befasst gewesen. Auf Nachfrage zur Aussage

auf der BfS-Homepage, die Kernenergie sei nicht

beherrschbar hat sie auf die Unfälle von Tschernobyl

und Fukushima verwiesen und bezüglich einer

Äußerung, die Kernenergie könne nicht wirtschaftlich

betrieben werden, verwies sie auf die ungelöste Endlagerfrage.

Messmer teilte mit, dass das UBA nicht in die Entscheidungen

der Bundesregierung im Zusammenhang

mit dem Atomausstieg eingebunden gewesen sei. Dies

sei nicht überraschend, da die Fragen der nuklearen

Ausgabe 2 › März


Report

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Marie-Elisabeth-Lüders-Haus

Ebenfalls Tagungsort des Untersuchungsuasschusses

Adobe Stock/Achim Wagner

Sicherheit, die dabei eine Rolle spielten, nicht Aufgabe

des UBA seien. Es habe zwar eine Befassung mit

Kernenergie gegeben, aber mit Bezug auf deren Klimawirkung.

Er erklärte, er habe in den Energiediskussionen

2022 befürchtet, dass es eine Renaissance der

fossilen Energieträger geben könne und brachte seine

Skepsis über die Rolle der Kernenergie zur Erreichung

der Klimaneutralität zum Ausdruck, da in dieser internationalen

Diskussion die CO2-Einsparung zu stark

bewertet und zu wenig über Sicherheitsfragen gesprochen

werde.

Als weitere Zeugen wurden Referenten des BMUV

vernommen. Es wurde u. a. berichtet, dass kurz nach

Beginn des Ukraine-Krieges im Ministerium erste

Diskussionen über einen Weiterbetrieb der noch

laufenden Kernkraftwerke begonnen hätten. Dabei

habe der Zeuge nicht den Eindruck gehabt, es habe

Denkverbote gegeben oder fachliche Argumente seien

nicht gehört worden. Die Kraftwerksbetreiber selbst

hätten einen Weiterbetrieb skeptisch gesehen. Nach

der Entscheidung des Kanzlers für einen Weiterbetrieb

habe es wegen der fehlenden PSÜ Kontakte mit der EU

gegeben, die einer Verlängerung des Reaktorbetriebs

um dreieinhalb Monate zugestimmt, aber gegen eine

darüber hinaus gehende Verlängerung Bedenken

erhoben habe.

vertretbar gewesen sei, als fehlerhaft und politisch

motiviert. Der Vermerk sei an verschiedenen Stellen

falsch. So sei geschrieben worden, dass die Betriebsgenehmigungen

der noch laufenden Kernkraftwerke

zum gesetzlichen Abschaltdatum Ende 2022 erlöschen

und für einen Weiterbetrieb neue Betriebsgenehmigungen

erforderlich würden. Tatsächlich aber

würde nur die Erlaubnis erlöschen, Strom zu erzeugen.

Auch die Einschätzung, dass ein Streck betrieb der

Kraftwerke keinen Nettoertrag an Energie bringe, sei

falsch gewesen. Die Bewertung, dass eine PSÜ, die an

den letzten drei Kernkraftwerken aufgrund einer gesetzlichen

Ausnahme mit Blick auf die bevorstehenden

Abschaltungen längere Zeit nicht mehr durchgeführt

worden sei, zu umfangreichen Nach rüstungen führen

würde, sei nicht nachvollziehbar. Auch sei die PSÜ

keine Genehmigungsvoraussetzung.

Stoll äußerte zu dem gemeinsamen Prüfvermerk seine

Einschätzung, dass damit eine politische Entscheidung

mit Sicherheitsgründen bemäntelt werden sollte, um

die Diskussion des Themas möglichst rasch zu beenden.

Konfrontiert mit einer Mail, in der er als „absoluter

Atommann“ bezeichnet worden sei, erklärte er, damit

kein Problem zu haben. Stoll erklärte, er habe im BMUV

seine Unterstützung angeboten, da absehbar gewesen

sei, dass es eine Diskussion um die Sicherheit der

Energie versorgung und um die Laufzeit der Kernkraftwerke

geben werde. Ihm sei aber mitgeteilt worden,

dass dies ein politisches Minenfeld sei und sich die GRS

besser nicht beteiligen sollte. Stoll wies darauf hin, dass

die deutschen Kernkraftwerke bis zum 31. Dezember

2022 als sicher eingestuft gewesen seien. Es sei daher

nicht verständlich, warum sie am 1. Januar 2023 nicht

mehr sicher sein sollten. Sollten sie unsicher gewesen

sein, hätte dies die gesamte Aufsicht in Deutschland in

Frage gestellt.

Allgemein äußerte Stoll zur Sicherheit von Kernkraftwerken,

dass jede Form der Energieerzeugung

Risiken habe und die Kernkraft eine mit Risiken

behaftete Technologie wie jede andere sei, keine

Hochrisikotechnologie. Er wies darauf hin, dass in

den Niederlanden und der Schweiz aus Deutschland

Ein Vertreter der Fach-Community wird deutlich

und ein Energiekonzern wiegelt ab

Am 7. November wurden Uwe Stoll, damals wissenschaftlich-technischer

Geschäftsführer der Gesellschaft

für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) und Mitglied

der Reaktor-Sicherheitskommission sowie der Referatsleiter

Bundesaufsicht bei Betrieb und Stilllegung von

Atomkraftwerken und Forschungsreaktoren sowie der

ehemalige Unterabteilungsleiter Strahlenschutz im

BMUV befragt.

Stoll bezeichnete die Beurteilung im gemeinsamen

Prüfvermerk von BMWK und BMUV vom 7. März

2022, dass ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke

aus Gründen der nuklearen Sicherheit nicht mehr

Bundesministerium für Wirtschaft und Klima

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Report

gelieferte Kernkraftwerke heute noch laufen würden

und in den Niederlanden eine Betriebsverlängerung

auf 80 Jahre geprüft werde.

Ein Mitarbeiter des BMUV bekundete, davon irritiert

gewesen zu sein, dass ein Energiekonzern große

Bedenken gegen einen Weiterbetrieb geäußert und

erhebliche Nachrüstungen der Anlagen für erforderlich

gehalten habe. Er habe auch Prüfbedarf gesehen,

aber ein erheblicher Nachrüstbedarf wäre nicht so

pauschal angenommen worden zumal die Prüfungen

noch gar nicht stattgefunden hätten. Sicherheitsüberprüfungen

wären nicht entbehrlich gewesen, aber man

habe die Anlagen nicht als unsicher eingeschätzt. Auf

den Hinweis, dass Minister Habeck und Staatssekretär

Graichen sich in der weiteren Debatte besonders auf

diese Unternehmensstellungnahme bezogen hätten,

erklärte der Zeuge, dass er diese nicht für abschließend

überzeugend gehalten habe. Er habe mit zwei Kollegen

am 1. März einen Vermerk erarbeitet, in dem drei

Szenarien eines Weiterbetriebs skizziert worden seien,

die mit der nuklearen Sicherheit vereinbar gewesen

seien.

Am 14. November war Richard Lothar Donderer, der

Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission und

Gründer des Physikerbüro Bremen der Hauptzeuge,

bei dem es um seine Einbeziehung in die Entscheidungsprozesse

und darüber hinaus um die Einbeziehung

von externem Fachwissen ganz generell

ging, was ja etwa bei der GRS nicht der Fall gewesen

ist. Weitere Zeugen an diesem Tag waren der Leiter des

Referats Recht der nuklearen Sicherheit und Sicherung

sowie der Leiter der Unterabteilung Nukleare Entsorgung,

beide BMUV.

Ein RSK-Vorsitzender tut sich keinen Gefallen

Donderer stellte fest, dass prinzipiell aus sicherheitstechnischer

Sicht ein Nicht-Weiterbetrieb sicherer sei

als ein Weiterbetrieb. Die RSK habe aber keine Veranlassung

gehabt, das Thema proaktiv zu adressieren,

da die Energiepolitik anderswo gemacht werde. Allerdings

habe es seitens einiger Mitglieder den Wunsch

gegeben, einen längeren Betrieb zu betrachten und sich

dazu auszusprechen. Hinsichtlich des Streckbetriebs

habe es aber später den Auftrag des BMUV gegeben,

diesen sicherheitstechnisch zu begleiten. Einige

Mitglieder hätten auch in diesem Zusammenhang

empfohlen, eine Betrachtung zu einem längeren

Weiterbetrieb vorzubereiten.

Donderer erläuterte auf Nachfrage zum Tagesordnungspunkt

Sonstiges im Protokoll vom 6. April, dass

es um die Situation in anderen Ländern gegangen sei

und auch über den Prüfvermerk diskutiert worden sei,

der einige Mitglieder der Kommission verwundert

habe und den sie kritisiert hätten. Auf eine Vorhaltung,

dass einige RSK-Mitglieder wegen Nicht-Befassung mit

dem Thema Weiterbetrieb den Sinn ihrer Tätigkeit in

der Kommission angezweifelt hätten, erklärt Donderer,

dass es die angebotene Aussprache mit dem BMUV in

Form eines Online-Meetings gegeben habe und alle

Mitglieder in der RSK geblieben seien. Donderer

ergänzte, die Kommission sei öfter nicht angefragt

worden und nannte als Beispiel die Laufzeitverlängerung

im Jahr 2010, bei der nur einzelne Mitglieder

eingebunden gewesen seien. Nach dem Unfall von

Fukushima wiederum sei von der RSK sehr intensiv an

der Robustheitsprüfung der Kernkraftwerke gearbeitet

worden, die dann nicht die Entscheidungsgrundlage

bildete. Zur Frage nach Treffen mit der Ministerin oder

der Leitungsebene des BASE antwortet Donderer, dass

es mit Ausnahme eines Abendessens nur Kontakte auf

Arbeitsebene gegeben habe.

Zum Komplex Streckbetrieb der Kernkraftwerke –

wie er später realisiert wurde – und Einsatzreserve –

wie von Minister Habeck vorgeschlagen – berichtete

Donderer, dass es eine Videokonferenz zum Streckbetrieb

mit Beteiligung eines Staatssekretärs aus dem

BMWK gegeben habe und die RSK-Mitglieder darüber

beraten hätten und recht schnell übereingekommen

seien, dass eine Einsatzreserve sicherheitstechnisch

nicht optimal sei. Auf die Vorhaltung, dass der Prüfvermerk

in Entwurfsfassung an einzelne Mitglieder der

RSK weitergegeben worden sei, erklärt Donderer dass

er einen solchen Entwurf erhalten habe. Er vermute

dies sei geschehen, damit er und die anderen den Text

fachlich prüfen, was in Form von Kommentierungen

auch geschehen sei. Auf die Frage nach seiner Bewertung

äußert Donderer, dass ihm die Formulierungen

zur sicherheitstechnischen Bewertung zu weit gegangen

seien. Da diese Kommentierung dem Ausschuss

nicht vorliegt, trägt Donderer einige Punkte vor. So hat

er angemerkt, dass ihm die Aussagen zu Investitionen

der Betreiber voreilig erschienen, da diese zwar nicht

ausgeschlossen aber auch nicht absehbar gewesen

seien. Auch die An nahme, dass es Probleme bei der

Beladungsplanung geben würde, da relativ viele frische

Brennelemente hätten eingesetzt werden müssen

erschien nicht gut begründet. Die Kommentierung sei

an den Abteilungsleiter Reaktorsicherheit im BMUV,

Gerrit Niehaus, gegangen, aber er wisse nicht, was

dann ggf. geändert worden sei.

Deutscher Bundestag - Reichstagsgebäude

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Report

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Donderer erklärte, dass die RSK bis zur Bewertung des

Streckbetriebs nicht als ganze eingebunden gewesen

sei, aber über die Beratungsstände informiert worden

sei. Er habe dafür plädiert, keine voreiligen Schlüsse

zu ziehen. Auf die Frage, ob signalisiert worden sei, sich

mit dem Thema nicht zu befassen, erklärte Donderer,

dass sie sich damit hätten befassen können und er sich

nicht an die Leine gelegt gefühlt habe. Auf die Frage,

ob der Auftrag zur Stellungnahme zum Reservebetrieb

durch BMUV an GRS und Physikerbüro Bremen üblich

oder ungewöhnlich ist, antwortet Donderer, dass dies

eher ungewöhnlich sei, aber über die GRS gelaufen sei

mit der wir (Anm.: die RSK) einen Vertrag hätten und

die der RSK zuarbeite. Hinsichtlich der Bewertung habe

es keine Meinungsverschiedenheiten gegeben.

Auf die Frage, ob er die Ankündigung einer ergebnisoffenen

Prüfung eines Weiterbetriebs von Kernkraftwerken

durch Minister Habeck am 27. Februar so

aufgefasst habe, dass es auch eine Prüfung auf Sicherheit

geben müsse, antwortet Donderer, dass aus

heutiger Sicht erst energiewirtschaftliche Fragestellungen

hätten beantwortet werden müssen, verneint aber,

dass ohne sicherheitstechnische Prüfung ein Weiterbetrieb

hätte veranlasst werden können. Auf die Frage,

warum Entwurfsfassungen des Vermerks nur an ihn,

Pistner und Brettner übermittelt worden seien, erklärt

er, dass die Befassung mit dem Vermerk durch Niehaus

erfolgt sei und sie eng zusammenarbeiteten und als

kompetent eingeschätzt würden. Auf die Frage warum

er seine Kommunikation zum Vermerk mit dem

BMUV nicht den anderen Kollegen mitgeteilt habe

und ob dies nicht zu Unzufriedenheit hätte führen

können, ant wortet Donderer, dass er dazu keine Veranlassung

gesehen habe und gefragt worden wäre,

warum nur die drei kontaktiert worden seien. Darüber

hinaus seien die Fragestellungen zum Vermerk eher

keine RSK-Themen gewesen. Zur nochmaligen Frage,

warum er beteiligt worden sei, die anderen nicht,

erklärt Donderer, dass er den entsprechenden Background

habe und seine Beiträge von Niehaus geschätzt

würden. Er wäre auch als Nicht-Vorsitzender eingebunden

gewesen, der Vorsitzende repräsentiere die

RSK nicht.

Zum Thema einer Videokonferenz u. a. mit Graichen

und dem Staatssekretär im BMUV Tidow bei der er

vertraulich hinzugezogen worden sei, erklärt Donderer,

Ziel sei es gewesen, einzuschätzen, ob Reservebetrieb

eine sinnvolle Einsatzweise sei. Dabei hätten wir die

Auffassung vertreten, dass dies nicht der Fall wäre und

es erläutert.

Ein Fragesteller erläutert, dass sich der ehemalige

GRS-Geschäftsführer Stoll vergangene Woche sehr

deutlich geäußert habe und Niehaus meinte, dass sich

Donderer anders als Stoll bewusst nicht geäußert habe

und schließt daran die Frage an, ob es eine Sprachregelung

mit Niehaus gegeben habe. Donderer verneint

dies und teilt mit, dass Niehaus wisse, dass er vor sichtig

sei. Nach seiner Einschätzung von Stoll gefragt, äußert

er, dass er Stoll für sehr kompetent halte, dieser aber

seine Kompetenzen manchmal überschreite.

Auf die Frage, ob es Bestrebungen innerhalb der RSK

gegeben habe, eine Befassung mit dem Weiterbetrieb

herbeizuführen, erklärt Donderer, dass die RSK­

Beratungen hinsichtlich des zu prüfenden Sachverhalts

feste Rahmenbedingungen bräuchten. An anderer

Stelle erklärte er, dass es in dieser Zeit auch schwierige

Sitzungen und andere Auffassungen zur Positionierung

gegeben habe. Auf eine Frage zum Inhalt einer PSÜ

erläutert Donderer, dass in der Regel keine Sachverhalte

zu Schwachstellen gefunden würden, weil

solche zuvor identifiziert und beseitigt würden. Es

würden ggf. Verbesserungen bei der Sicherheit vorgenommen

bzw. vorgeschlagen. Die Hauptarbeit bei

der Aufsicht sei die regelmäßige Begleitung durch die

Landesaufsicht. Ein Plädoyer für einen Entfall der PSÜ,

die man immer für sinnvoll erachtet habe, wäre nicht

auf Zustimmung in der Kommission gestoßen. Eine

Priorisierung bei der Durchführung der PSÜ, die

betriebsbegleitend sei, aber wohl schon. Auf eine Frage

ob eine Nachrüstung auf einen EPR-Standard wie im

Prüfvermerk angegeben eine Voraussetzung für einen

Weiterbetrieb sei, antwortet der Zeuge, dass dies nicht

seine Auffassung sei.

Die hohe Kunst Verantwortlichkeit zu zerstreuen

Der nächste Zeuge, Leiter des Referats Recht der

nuklearen Sicherheit und Sicherung im BMUV, erklärte

zu Beginn seiner Befragung, dass der Gesetzgeber

gemäß des so genannten Kalkar-Urteils des Bundesverfassungsgerichts

über einen weitreichenden Entscheidungsspielraum

hinsichtlich der Nutzung der

Kernenergie verfüge. Diese könne aber nur genutzt

werden, solange sie mit Grundrechten zu vereinbaren

sei. Er führt in seiner Äußerung auch die Bewertung

der Ethikkommission von 2011 als Rechtsquelle an

und stellt die Frage in den Raum, ob der Angriffskrieg

Russlands auf die Ukraine die Bewertung ändere. Er

erklärt, dass die Frage des Weiterbetriebs vor allem

energiewirtschaftlich zu beantworten gewesen sei und

er nicht an der Abfassung des Vermerks, wohl aber an

einem Gespräch mit den Energieversorgungsunternehmen

beteiligt gewesen sei. Die Unternehmen hätten

dabei im Fall einer mehrjährigen Verlängerung des

Betriebs eine Risikotragung durch den Staat gefordert.

Zu einer Frage nach seiner Beteiligung an einer Videokonferenz

am 5. März mit den Energieversorgungsunternehmen

erklärt der Zeuge nicht dabei gewesen

zu sein, aber das Protokoll erhalten zu haben. Auf

Nachfrage ob er nicht verwundert gewesen sei, das

Protokoll erst am 1. April zu erhalten, da die Arbeitsebene

nicht früher informiert worden sei sowie zu

inhaltlichen Änderungen erklärt er, dass die Dauer

wegen der Abstimmung nicht überraschend sei, ebenso

wie die Änderungen, da auch Auffassungen der Unternehmen

eingebracht worden seien. Wesentlicher

Unterschied sei gewesen, dass die Unternehmen nicht

Vol. 70 (2025)


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Report

in eigener Verantwortung hätten handeln wollen,

sondern diese an den Staat abgeben wollten. Auf

die Frage hinsichtlich der Nicht-Einbindung in die

Abfassung des Prüfvermerks erklärt der Zeuge, dass

der Prüfvermerk auf rechtlicher Seite von Abteilungsleiter

Niehaus verfasst worden sei, der über umfangreiche

juristische Expertise verfüge.

Auf eine Frage, wann er von der Stellungnahme von

KernD zum Prüfvermerk erfahren habe, die sich auch

damit befasst hätten und wie diese Stellungnahme

aufgefasst worden wäre, äußert der Zeuge, dass der

KernD-Vermerk am eigentlichen Problem der Laufzeitverlängerung

bezüglich der Risikotragung durch die

EVU vorbei gegangen sei. Auf die Frage, warum er hinsichtlich

eines Auftrags für eine Gegenstellungnahme

zu KernD davor gewarnt habe, dass man sich bei der

Argumentation auf dünnes Eis begebe, antwortete der

Zeuge, dass er die Befürchtung gehabt habe, man

würde sich in einzelnen Fragestellungen verzetteln, die

vom Grundproblem der Positionierung der Energieversorger

ablenken würde. Auf die Anmerkung, dass

eine rechtliche Verteidigung der eher politischen

Stellungnahme im Prüfvermerk gefordert worden sei

und dass Niehaus bei Rechtsfragen sein Fachreferat

nicht einbezogen habe, erklärt der Zeuge, dass seine

Befürchtung gewesen sei, dass man die Hauptfrage

der Aussagen der Unternehmen vernachlässige und

erläuterte, dass Niehaus auch auf einzelne Punkte des

Vermerks von KernD habe eingehen wollen.

Im Zusammenhang mit einem Vermerk vom

28. Februar, der nach der Stellungnahme eines Energieversorgers

abgefasst wurde, wird gefragt, was der

Zeuge von dieser Stellungnahme von RWE halte. Er

antwortet, dass dies die Auffassungen eines Unternehmens

waren, das noch ein Kernkraftwerk betrieben

habe. Auf Vorhalt eines Vermerks, der die RWE­

Bewertung als noch pessimistischer einschätzte als die

BMUV-Bewertung, was teilweise nicht habe nachvollzogen

werden können, antwortete der Zeuge, dass

diese negative Einschätzung die Grundlage für weitere

Erörterungen zum Thema gebildet habe, er aber keine

Einschätzung zu technischen Bewertungen geben

könne. Auf die Frage nach einer damaligen Stellungnahme

zu den rechtlichen Risiken, die im RWE-Papier

formuliert worden seien, erklärt der Zeuge, dass

dort Tatsachenfeststellungen getroffen und eine sehr

abstrakte rechtliche Einschätzung gegeben worden

seien.

Ein Fragesteller verweist auf die Feststellung des

Zeugen, KernD ignoriere die Festlegung des Gesetzgebers

auf Grundlage der Formulierung der Ethikkommission

und fragt nach dem von ihm seinerzeit

angesprochenen Thema einer Umweltverträglichkeitsprüfung

im Zusammenhang mit einer Laufzeitverlängerung.

Der Zeuge antwortet, dass hier ein Unterschied

zwischen den Dauern einer Laufzeitverlängerung

bestehe. Der EuGH habe zu einer 10-jährigen

Laufzeitverlängerung geurteilt und dabei festgestellt,

dass in einer energiewirtschaftlichen Notlage eine

begleitende UVP gestattet sei. Dies erfordere jedoch

einen hohen Begründungsaufwand. Ein längerer

Weiter betrieb hätte rechtliche Fragen aufgeworfen, die

aber nicht geprüft worden seien, da die Unternehmen

nicht zur Risikotragung bereit gewesen seien und das

BMWK keine energiewirtschaftliche Notlage erkannt

habe, die gerechtfertigt hätte, eine Risikotragung durch

den Staat zu übernehmen. Auf die Frage, ob das Kernkraftwerk

Gundremmingen C hätte in Betrieb gehen

können, da es eine PSÜ gegeben habe, antwortete

der Zeuge, dass die Anlage die formale Anforderung

der PSÜ erfüllt habe, er aber nichts zur technischen

Bewertung antworten könne.

Zum Thema Streckbetrieb – kleiner Weiterbetrieb

ohne neuen Brennstoff – vs. Reservebetrieb – bis

zum Ende der Zeugenbefragungen in seinem Charakter

nicht abschließend geklärter fakultativer alternativer

Betrieb – äußert der Zeuge, dass er in den beauftragten

rechtlichen Vorabüberlegungen eher einen Streckbetrieb

befürwortet habe, da dieser weniger rechtliche

Risiken verursacht hätte und eine zusätzliche Regelung

im Energiewirtschaftsgesetz durch das BMWK erspart

hätte. Auf die Frage, warum eine gemeinsame Verlängerung

für alle drei Anlagen europarechtlich einfacher

zu handhaben gewesen wäre, antwortet der

Zeuge, dass es in energiewirtschaftlicher Hinsicht eines

Sachgrundes bedurft hätte, den Betrieb von nur

zwei Anlagen zu verlängern. Auf die Frage nach einer

Dankesmail von Staatssekretär Tidow zur Umsetzung

des Atomausstiegs nach deren Üblichkeit sowie

zu seiner persönlichen Perspektive zum Ausstieg

befragt, erklärt der Zeuge, dass die Beendigung der

Kern energienutzung durchaus ein wahrnehmbares

Datum gewesen sei und für ihn mit Umstellung von

unbe fristeten Betriebserlaubnissen der Betreiber

auf begrenzte Strommengenkontingente nach Verhandlungen

die Ansprüche aller Seiten zu einem

Ausgleich geführt worden seien.

Auf eine Frage nach der Einschätzung der TÜV­

Stellungnahme zu KKI 2 und KRB II C erklärt der Zeuge,

dass das Gutachten von Dr. Christian Raetzke Sachverhaltsdarstellungen

in Hinblick auf einen Energienotstand

mache, den das BMWK nicht festgestellt habe.

Das Gutachten gehe von Sachverhalten aus, die nicht

bestanden hätten. Daran änderten auch die Ergebnisse

des zweiten Stresstests nichts, da diese nur auf

die Erforderlichkeit eines kurzen Weiterbetriebs hindeuteten.

Auf eine Frage zur Feststellung im Prüfvermerk, dass

eine PSÜ Voraussetzung für einen Weiterbetrieb sei

und nicht betriebsbegleitend nachgeholt werden könne

antwortet der Zeuge, dass die PSÜ ursprünglich auf

einem freiwilligen Verfahren der Betreiber aus den

neunziger Jahren beruhe und 2015 ins Europarecht

hineinverhandelt worden sei. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen

sei eine Ausnahme mit Blick auf die

Abschaltung der Anlagen geschaffen worden, aber die

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Report

77

rechtliche Notwendigkeit einer PSÜ sei europarechtlich

unzweifelhaft und eine nachgeholte PSÜ sei nicht

möglich. Die Kommission habe dem weiteren Verzicht

auf eine PSÜ nur in Bezug auf einen kurzen Weiterbetrieb

zugestimmt.

Der letzte befragte Zeuge, Leiter der Unterabteilung

Nukleare Entsorgung, konnte aufgrund seiner Zuständigkeiten

keine wesentlichen Beiträge hinsichtlich

des Untersuchungsauftrages leisten. Die Ausnahme

bildeten die Bestätigung seiner Kenntnis nach, dass

niemand seitens der Bundesregierung bei Westinghouse

oder andernorts zu den Möglichkeiten und

erforderlichen Zeiten für die Lieferung frischer Brennelemente

für einen Weiterbetrieb angefragt habe und

die Aussage, dass im Falle eines Weiterbetriebswunsches

der Betreiber bezüglich des KENFO die

Büchse der Pandora geöffnet worden wäre.

Bei der Zeugenvernehmung am 28. November wurde

zunächst ein Mitarbeiter des TÜV Süd Industrie Service

GmbH, der eine der Position der Bundesregierung

widersprechende Stellungnahme zu den in Bayern

befindlichen Kernkraftwerken KKI 2 und KRB II C im

Auftrag der Bayerischen Staatsregierung abgegeben

hatte befragt. Danach fand eine Sachverständigenanhörung

statt und zum Abschluss die Zeugenbefragung

der Vertreter der Energieversorungsunternehmen

bzw. eines Betreibers. Als Sachverständige

waren geladen Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge vom EWI

an der Universität zu Köln, Prof. Dr. Veronika Grimm

von der FAU Erlangen-Nürnberg und Mitglied des

Sachverständigenrats der Bundesregierung, Prof. Dr.

Claudia Kemfert vom DIW Berlin, Dr. Felix Christian

Matthes vom Öko-Institut, Prof. Wolfgang Renneberg

vom Institut für Bodenkultur im Ruhestand der

Universität Wien, Ulrich Waas, ehemaliges Mitglied

der Reaktorsicherheitskommission und Dr. Anna

Veronika Wendland, Forschungskoordinatorin des

Herder­ Institut für historische Ostmitteleuropaforschung.

Für die Energieversorger waren geladen

Markus Krebber, Vorstandsvorsitzender der RWE AG,

Dr. Guido Knott, Vorsitzender der Geschäftsführung

der PreussenElektra GmbH und Frank Mastiaux,

ehemaliger Vorstandsvorsitzender der EnBW AG.

Die Sicht eines unabhängigen Gutachters

Der Zeuge des TÜV ist für sein Unternehmen als

Projektleiter für das Kernkraftwerk Gundremmingen

und als Leiter der Abteilung Kerntechnik des TÜV Süd

tätig und ist Mitglied der Kommission Kerntechnik des

TÜV-Verbandes sowie eines RSK-Ausschusses.

Der Zeuge berichtet, dass ein Auftrag zur Prüfung des

Weiterbetriebs bzw. der Wiederinbetriebnahme des

KKI 2 bzw. KRB II C durch das Bayerische Staatsministerium

für Umwelt und Verbraucherschutz erteilt

worden sei und danach seitens TÜV Süd keine

öffentlichen Äußerungen mehr erfolgten, weil dies

Sache des Auftraggebers gewesen sei. Es bestehe ein

Kernkraftwerk Gundremmingen

Quelle: Adobe Stock/Traveldia

Rahmenvertrag zwischen TÜV Süd und dem Bayerischem

Umweltministerium als Aufsichtsbehörde für

ver schiedene Aufgaben bei der Überwachung der

Kernkraftwerke wobei bei allen Anlagen die gleichen

Maßstäbe angelegt würden. Die Prüfung der Anlage

hinsichtlich des Weiterbetriebs sei mit der Routinearbeit

nach einer Revision vergleichbar, bei der geprüft

werde, ob die Voraussetzungen zum Anfahren vorlägen.

Bei der Anlagenüberwachung würden auch

anlagenübergreifende Betrachtungen etwa zur Übertragbarkeit

von meldepflichtigen Ereignissen einbezogen.

Auf eine Frage zur Zusammenarbeit mit den

Betreibern erläutert der Zeuge, dass es keine Zusammenarbeit

im eigentlichen Sinne gebe, da die

Behörde den Gutachter beauftrage. Es gebe aber fachlichen

Austausch. Im Fall Gundremmingen habe bereits

eine Rückbaugenehmigung vorgelegen und es sei von

der Behörde abgefragt worden, was schon geschehen

sei und welches Inventar an Brennelementen vorhanden

wäre. Zum Prüfvermerk äußerte der Zeuge,

dass dieser die PSÜ zu sehr in den Vordergrund gestellt

und die Beschaffung neuer Brennelemente zu negativ

dargestellt habe. Er berichtet, man habe klargestellt,

dass die PSÜ das Aufsichtsverfahren ergänze und eine

laufende, permanente Überprüfung während des

Betriebs bestehe und somit ein permanent aktualisierter

Sachstand über die Anlage vorhanden sei. Eine

fehlende PSÜ wäre kein Hinderungsgrund für einen

Weiterbetrieb gewesen, weil nicht plausibel gewesen

sei, dass größere sicherheitstechnische Defizite bestünden,

die ohne PSÜ unentdeckt wären.

Der Zeuge erklärte, die Forderung nach einem EPR-

Standard sei nicht nachvollziehbar gewesen, weil es

ein aktualisiertes Regelwerk gebe, dem die Anlagen

entsprechen müssten, aber keinen EPR-Standard. Auch

sei im Prüfvermerk eine falsche Interpretation des

Streckbetriebs enthalten gewesen. Der Zeuge teilt

weiter mit, dass man festgestellt habe, dass die Anlagen

weiter betrieben werden könnten, im Fall KRB II C

nach Wiederherstellung kleinerer erfolgter Rückbaumaßnahmen

im zeitlichen Umfang von rund sechs

Monaten. Rechtlich gesehen, hätten die neuen Prüfanweisungen

zur Begleitung der Rückbausituation

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Report

ausgesetzt und die alten Anweisungen aus der Betriebszeit

wieder in Kraft gesetzt werden müssen.

In der weiteren Befragung führte der Zeuge u. a. aus,

dass eine PSÜ rund drei Jahre benötige, aber betriebsbegleitend

und v. a. als Papierarbeit stattfinde. Es sei

bei vergangenen PSÜs kein maßgeblicher Änderungsbedarf

mehr identifiziert worden. Es gehe darum, die

Sicherheit ggf. noch weiter zu verbessern. In der Vergangenheit

sei nie eine Anlage aufgrund der PSÜ

abgefahren worden, nur aus dem Aufsichtsverfahren

heraus. Nachrüstungen seien üblicherweise im

Rahmen einer Revision möglich. Der Zeuge führte aus,

dass die Sicherheit einer Anlage nicht gewährleistet

wäre, wenn das Aufsichtsverfahren nicht durchgeführt

würde. Die Sicherheit werde nicht durch die Sicherheitsüberprüfung

gewährleistet.

Auf eine Frage, ob es bei Beauftragung der Stellungnahme

eine Ergebnisweisung gegeben habe, antwortete

der Zeuge, dass man sich dagegen als unabhängiger

Gutachter verwahrt hätte. Zur Kritik von

Greenpeace, dass die Zeit zur Erstellung einer Stellungnahme

unzureichend gewesen sei, äußert der Zeuge,

dass man den Sachstand vorliegend gehabt habe und

nur wenig zusätzlich hätte einholen müssen, gleichwohl

mehrere hundert Stunden Arbeit für die Stellungnahme

aufgewendet worden seien. Im Zuge der Frage-

Antwort-Dialoge dieser Zeugenbefragung ist auch

offenbar geworden, dass Minister Habeck beabsichtigt

hatte, die Gewinne, die nach Verfügung des Einsatzes

im Rahmen des Einsatzreserve-Konzepts angefallen

wären, gesondert zu besteuern. Dies habe sich aber als

rechtlich unmöglich herausgestellt.

Der kontroverse Pluralismus der Experten

Bei der Sachverständigenbefragung sind keine wesentlichen

Erkenntnisse zum Untersuchungsgegenstand

gewonnen worden. Die Expertenstellungnahmen sowie

die Fragen und Antworten richteten sich wesentlich

auf Ex-Post-Betrachtungen zu Versorgungssicherheit

und anderen energiewirtschaftlichen Sachverhalten,

die aber für die Entscheidungssituation im Jahr 2022

nicht relevant, da logischerweise nicht verfügbar

waren. So war der milde Winter nicht vorhersehbar

und die Schwierigkeit klare Preiseffekte zu identifizieren

ist nicht nur wegen des kleinen Erzeugungsbeitrags

der „Restkernkraft“ schwierig, sondern auch, weil im

Frühjahr, bzw. wegen der milden Witterung bereits im

Winter, eine Normalisierung des überzogenen Krisenpreisniveaus

des Jahres 2022 eingesetzt hat, die den

Effekt der reduzierten Kernenergieproduktion überlagert

hat. Auch liefen nun einmal die Kernkraftwerke

während der Zeit der höchsten Nachfrage im Winter

noch und haben so gleichsam selbst darauf hingewirkt

die energiewirtschaftliche Lage zu beruhigen und

ihren Einsatz als nicht so maßgeblich erscheinen zu

lassen. Kontroversen im Rahmen von Fragen und Antworten

resultierten vor allem aus den Ausführungen

des Sachverständigen Waas zum Thema PSÜ und den

rechtlichen Einschätzungen der Bundesregierung

sowie den Aussagen des Sachverständigen Renneberg,

die aus Sicht des Autors von einer sachlich ungerechtfertigten

Überbetonung von Risiken und schwer

zu rechtfertigenden Rechtsinterpretationen geprägt

waren. Einige Sachverständigenaussagen, die in der

unten folgenden Befragung relevant gewesen sind,

finden sich dort referiert. Die beim Untersuchungsausschuss

eingereichten Stellungnahmen der Sachverständigen

sind auf die Seite des Untersuchungsausschusses

des Deutschen Bundestages im einführenden

Absatz zur Sitzung vom 14. November verlinkt (Online-

Ausgabe) bzw. die Links in einer Fußnote ausgeschrieben

(gedruckte Ausgabe).

Das Highlight der Befragung vom 28. November stellt

aus Sicht der kerntechnischen Branche die Befragung

der Zeugen Krebber, Knott und Mastiaux dar.

Der Geschmeidige

Der Auftritt von Krebber war betont gelassen, in

dem Bestreben, in möglichst konsensueller Weise

eventuelle Fallstricke zu umgehen. Krebber war

bemüht, den im Ausschuss aufgrund der Aktenlage

entstandenen Eindruck zu zerstreuen, RWE sei gegenüber

einem Weiterbetrieb betont negativ eingestellt

gewesen. Hinsichtlich der Positionierung der drei Betreiber

in einem gemeinsamen Papier am 26. Februar,

dass auf ein lange vorbereitetes Treffen Krebbers

mit Habeck am 24. Februar zurückgeht, wurde festgehalten,

dass es keine Einigung mit den anderen

Betreibern gegeben habe. Das entsprechende Dokument

ist deswegen am 26. Februar als RWE-Vermerk

an das BMWK gegangen. Gegenstand des Gesprächs

vom 24. Februar seien verschiedene energiepolitische

Themen gewesen, die vom Ausbruch des Ukraine­

Krieges am selben Tag überlagert worden seien.

Das Papier vom 26. sei als Nachreichung zu diesem

Gespräch zu verstehen.

Knott und Mastiaux haben in ihren Aussagen bestätigt,

dass es keine Einigung über das Papier gegeben hat, da

eine grundsätzliche Feststellung hinsichtlich der

Möglichkeit eines Weiterbetriebs – bei allen Herausforderungen

– und zur Bereitschaft zu einem Weiterbetrieb

auf Bitten der Bundesregierung aus ihrer Sicht

nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck kam.

Krebber wollte das Papier dennoch nicht als generelle

Absage an einen möglichen Weiterbetrieb verstanden

wissen und betonte, dass RWE auch hier, wie in den

anderen Sektoren der Energiewirtschaft bereit war,

alles Erforderliche zu unternehmen, um eine krisenhafte

Zuspitzung in der Energieversorgung zu vermeiden.

Dieses Primat der Krisenbewältigung vor

Gewinnerwartungen wurde auch von den anderen

beiden Zeugen für ihre Unternehmen hervorgehoben.

Im Licht der Aussage von Krebber wird klarer erkennbar,

dass seitens der Ministerien bzw. deren Leitungsebene

das RWE-Papier im Laufe des weiteren Vorgehens

offenbar überreizt wurde.

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Report

79

Eine wichtige Klarstellung in der Befragung ist die Aussage

Krebbers, dass es beim Wunsch nach staatlicher

Risikoübernahme nicht um eine generelle Risikoabschirmung

für den Kernkraftwerksbetrieb ging,

sondern dass man vor politisch induzierten Risiken

abgeschirmt werden wollte, insbesondere im Fall eines

längeren, drei bis fünf Jahre dauernden Weiterbetriebs,

der auch relevante Investitionen erfordert hätte. Diese

Auffassung wurde auch von Knott bestätigt. Mastiaux

bestätigte dies einerseits, ließ aber erkennen, dass

seitens EnBW die Idee einer Quasi-Betreiberrolle des

Staates unterstützt worden ist, die sich die beiden

anderen Zeugen nicht zu eigen machen wollten. In der

Befragung wurde auch bekannt, dass sich der Bundeskanzler

im Verlaufe der Diskussion im September

oder Oktober intern im Bundeskanzleramt danach

erkundigt hat, ob und wie man zusätzliche Gewinne

der Betreiber aus einem Weiterbetrieb (gesondert)

besteuern könnte. Krebber diente dies als Anschauungsmaterial

für die politisch induzierten Risiken, die

von den Betreibern gefürchtet wurden. Ebenfalls

bekannt wurde in der Befragung, dass Krebber intern

prüfen ließ, ob man sich in Weiterbetrieb hineinklagen

kann, nachdem für einen Weiterbetrieb zunächst

nur EnBW und E.ON angesprochen wurden, wenn auch

nur für die Variante Reservebetrieb. Krebber stellt

klar, dass das Kernkraftwerk Gundremmingen C, das

2022 noch Gegenstand einer Prüfung auf Weiterbetriebsmöglichkeit

durch den TÜV Süd im Auftrag

der Bayerischen Staatsregierung gewesen sei, aus

technischen Gründen – die allerdings nicht spezifiziert

wurden – definitiv nicht mehr wieder in Betrieb

genommen werden könne.

Der Kämpfer für die Sache

Guido Knott gab bei seiner Befragung deutlich zu

erkennen, dass er die Nutzung der Kernenergie

befürworte und den Ausstieg aus der Technologie

bedauere, ebenso wie den Verzicht auf einen umfangreicheren

Weiterbetrieb. Er betonte auch den großen

Enthusiasmus, mit dem die Belegschaft am Standort

Isar die Möglichkeit eines Weiterbetriebs unterstützt

habe. Der Aspekt der Auswirkung der Weiterbetriebsdiskussion

war auch Gegenstand einer kurzen Auseinandersetzung

zwischen einer anwesenden Vertreterin

des BMUV – Dr. Klein – und der Sachverständigen

Dr. Wendland. Knott bedauerte, seitens der Regierung

als Betreiber – im Gegensatz zum Konzernvorstand –

nicht in die Gespräche mit der Bundesregierung eingebunden

gewesen zu sein und identifizierte dies

als eine Ursache mancher Missverständnisse in der

Diskussion. Knott stellte in diesem Zusammenhang

auch klar, dass die Kernkraft-Betriebsgesellschaften im

rechtlichen und tatsächlichen Sinne die Betreiber der

Kernkraftwerke seien und nicht die Konzerngesellschaften.

Dies spielte aber offenbar weder für die

involvierten Behörden im Jahr 2022 eine Rolle, noch

hat sich diese Aussage in irgendeiner Weise in der

weiteren Arbeit des Untersuchungsausschusses und

seinem Umgang mit dem Thema bzw. den oftmals und

geradezu gebetsmühlenartig vorgebrachten Verweisen

auf die Position „der Betreiber“ und der Energieversorger

niedergeschlagen. Die Aussagen von Knott

in diesem Zusammenhang erboste erkennbar die

Bundestagsabgeordnete Lisa Badum von der Fraktion

Bündnis90/Die Grünen, die daraufhin gegenüber

Knott Konsequenzen im Fall von Falschaussagen

androhte. Ähnliches geschah zuvor seitens derselben

Fraktion gegenüber den Sachverständigen Waas und

Dr. Wendland. Im Zusammenhang mit der Betreiberdiskussion

über das Papier vom 26. Februar machte

Knott darauf aufmerksam, dass PreussenElektra/E.ON

am 28. Februar mit dem Angebot der Bereitschaft des

Unternehmens für einen Weiterbetrieb auf Bitten der

Bundesregierung an die Öffentlichkeit getreten sei.

Dieser Aspekt, Weiterbetrieb auf Bitten der Bundesregierung

im Krisenzusammenhang wurde von allen

drei Unternehmensvertretern hervorgehoben.

Die weiteren Prozesse hinsichtlich Weiterbetrieb

spielten sich dann nach Aussage der drei Zeugen bis

zum Gespräch vom 5. März fast ausschließlich innerhalb

der Ministerien ab und es wurde wie in der

Sachverständigenanhörung von Herrn Waas und Frau

Dr. Wendland bedauert, dass weitere externe Exper tise

auch jenseits der Konzernvorstände der Betreiber

nicht eingeholt worden sei. Dies war bereits bei vergangenen

Zeugenbefragungen von Mitarbeitern der

beiden Ministerien Gegenstand der Befragungen. Eine

wichtige Rolle in der Befragung von Knott spielte das

Gespräch der drei Konzernvorstände mit Minister

Habeck sowie Staatssekretär Graichen und Staatssekretär

Tidow am 5. März sowie die folgende Protokollabstimmung.

Knott bezweifelte angesichts einiger dort

festgehaltener Aussagen von Herrn Birnbaum, dass das

Protokoll tatsächlich auch durch diesen freigegeben

wurde. Hintergrund für die längere Diskussion über

diese Sachverhalte bzw. die intensive Fragestellung

dazu ist die Stellungnahme des Sachverständigen

Waas, der in seiner schriftlichen Äußerung die Behauptung

aufgestellt hat, diese Besprechung sei sehr kurzfristig

anberaumt worden und dort sei mit bestimmten

Behauptungen über möglichen großen Nachrüstungsaufwand

und große Prüfaufwände auf die Konzernvorstände,

die nukleare Laien seien, Druck ausgeübt

worden dahingehend, dass Sie sich so äußern, dass ein

Weiterbetrieb schwierig bzw. sogar unmöglich sein

soll. Diese Aussage von Waas fand allerdings keine

Bestätigung bei den Befragten der Energieversorgungsunternehmen.

In diesem Zusammenhang wurde dann

spekuliert, ob es sich dabei um Kommunikationsprobleme

innerhalb des E.ON-Konzerns handelt,

oder ob hinsichtlich der Abzeichnung des Protokolls

sich eine Ungenauigkeit in das Verfahren eingeschlichen

hat. Verantwortlich für die Sammlung von

Anmerkungen zu dem Protokollentwurf war Herr

Mastiaux, der seinerseits seine Zustimmung nach

Berücksichtigung einiger Anmerkungen bestätigt hat,

genauso wie Krebber. Aus einer Protokollnotiz von

Herrn Birnbaum selbst ergibt sich, dass er die Option

Weiterbetrieb im Streckbetrieb also ohne erneute

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Report

Brennstoffbeladung als nicht möglich bezeichnet

hat. Einigkeit bei den Zeugen bestand darüber, dass

kein Sachgrund für die Eile bei Anberaumung des

Gesprächs und bei der Protokollierung/Protokollfreigabe

bestanden habe. Jedoch habe die Regierung

den Vermerk zum Weiterbetrieb am 7. März fertiggestellt

und am 8. März veröffentlicht.

Es war in dieser Sitzung auffällig, dass seitens der

Fragesteller der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die

Grünen mehrfach und zwar im Fall mutmaßlich missliebiger

Sachverständiger und Zeugen, namentlich

Herr Waas, Frau Dr. Wendland und Herr Dr. Knott

offen sichtliche Einschüchterungsversuche unter nommen

wurden durch Erinnerung an die möglichen

Konsequenzen von Falschaussagen vor dem Ausschuss.

Diese erfolgte seitens der anderen Fraktionen nicht

und auch seitens der Grünen nicht gegenüber anderen

Sachverständigen oder Zeugen.

Neben diesem Thema wurde aus der Sachverständigenanhörung

heraus auch das Thema PSÜ in die Befragung

der Zeugen hineingetragen. Hier gab es in der Sachverständigenanhörung

eine gravierende Differenz

zwischen den Sachverständigen Waas und Renneberg,

der die Auffassung vertrat, dass die PSÜ vergleichbar

einer Genehmigungserneuerung zu betrachten sei und

ihr Abschluss vor einem Weiterbetrieb auch aus

europa rechtlichen Gründen in strengem Sinne Voraussetzung

für die Erlaubnis dieses Betriebes sei. Allerdings

müsste die Position von Renneberg in der vorgetragenen

Strenge dazu führen, die Bundesregierung

und insbesondere den Bundeskanzler, der ja per Richtlinienentscheidung

einen Weiterbetrieb im Streckbetrieb

durchgesetzt hat, wegen eines Verstoßes gegen

das AtG bzw. das Grundgesetz zu belangen. Eine solche

Folgerung wurde im Untersuchungsausschuss allerdings

von niemandem gezogen, auch nicht von

Renneberg. Waas hat die Gegenposition einer PSÜ als

Ergänzung und Erweiterung des Sicherheitskonzepts

der Anlagen vertreten, die wie in der Vergangenheit

auch weitgehend betriebsbegleitend durchgeführt

werden kann. Darüber hinaus hat er Beschleunigungsmöglichkeiten

aufgezeigt, mit der wesentliche Elemente

einer nachzuholenden PSÜ zügig bereitgestellt werden

können. Was zusätzlich noch erforderlich gewesen

wäre, sei eine rechtliche Absicherung der Vorgehensweise

der nachgeholten PSÜ, eine Position die wohl

auch von EnBW geteilt worden ist und in den Informationsaustausch

mit der Bundesregierung eingebracht

wurde.

Knott hat auch eine Frage hinsichtlich des Angebots

von Industriestrom beantwortet. Dieses Angebot ist

offenkundig insbesondere in Wirtschaftskreisen von

ihm unterbreitet worden, dort aber wohl ignoriert

worden. PreussenElektra hat die Bemühungen, die

Anlage noch für den Betrieb fit zu halten, im Oktober

2023, also rund 6 Monate nach der Abschaltung der

Anlage, aufgegeben und ist in den tatsächlichen Rückbau

bzw. die Rückbauvorbereitung eingetreten. Knott

erklärte, man sei dabei zwischenzeitlich gut vorangekommen

und er hat wie zuvor schon in dem öffentlichen

Gespräch am Standort Isar berichtet, dass es mit

dem Ausbau der Hauptkühlmittelpumpen, dem Ausbau

der Frischdampfleitungen und auch dem Ausbau

von Primärkreisleitungen nicht unmöglich aber eben

langwierig und ziemlich teuer sei, die Anlage wieder

in Betrieb zu nehmen.

Einigkeit herrschte zwischen Knott und Mastiaux bei

ihren jeweiligen Befragungen damals und in der

rückblickenden Betrachtung in der Bewertung des Vorschlags

eines Reservebetriebs der Kernkraftwerke.

Dieser wurde von beiden Unternehmen an die das

herangetragen worden ist, zurückgewiesen. Sowohl

PreussenElektra als auch EnBW rieten, ein solches

Konzept nicht weiter zu verfolgen, was allerdings

offensichtlich nicht auf fruchtbaren Boden getroffen

ist und dann am 5. September so von Bundeswirtschaftsminister

Habeck als Vorgehensweise verkündet

wurde. In der Folge ist dann insbesondere Preussen­

Elektra auch in der Öffentlichkeit dagegen aufgetreten,

da eine solche Betriebsweise, wie Knott erläuterte, für

Anlagen die sich im Streckbetrieb befinden und keine

Reaktivitätsreserven mehr im Kern haben, letzten

Endes nicht durchführbar bzw. mit großen Unsicherheiten

dahingehend behaftet sei, ob die Anlage aus

einem solchen Zustand tatsächlich noch einmal erfolgreich

hochgefahren werden kann. Knott ergänzte, dass

für das Hochfahren ein relativ hoher Energieeinsatz

erforderlich sei, der in einer möglichen Strommangellage

für die man ja diesen Reservebetrieb vorgesehen

habe, eine zusätzliche Belastung für die Stromversorgung

dargestellt hätte. Deswegen sei für den Streckbetrieb

als dauerhafter Betrieb plädiert worden, was

dann letzten Endes nicht seitens des Wirtschafts- oder

Umweltministeriums sondern infolge der Richtlinienentscheidung

des Bundeskanzlers umgesetzt wurde.

Der diskrete Integrator

In der Befragung legte Mastiaux besonderen Wert

darauf, dass das Thema Weiterbetrieb von EnBW nicht

breit in die Öffentlichkeit getragen worden sei, da es

noch einer dynamischen Entwicklung unterfallen sei,

insbesondere hinsichtlich der Frage der Lieferfrist von

Brennelementen, bei der sich im Laufe der Diskussion

neue Erkenntnisse ergeben hätten. In den ersten Tagen

sei man noch von den etablierten Verfahren ausgegangen,

wie es bisher mit den Lieferanten praktiziert

worden sei, was zur Abschätzung einer 18-monatigen

Lieferfrist geführt habe, die sich dann im Zuge weiterer

Debatten und auch durch Gespräche mit den Herstellern

und deren Suche nach Möglichkeiten einer

Beschleunigung auf 12 Monate oder zum Teil sogar

darunter bis auf acht Monate verkürzt habe. Ein

anderer dynamischer Aspekt sei die Frage der tatsächlichen

möglichen Dauer eines zusätzlichen Streckbetriebs

gewesen. War man zunächst davon ausgegangen,

dass die Anlage nur wenige Wochen weiter

betrieben werden könne, hat man dann nach

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Report

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gründlicher Prüfung identifiziert, dass man mit einem

neu arrangierten Kern unter Nutzung von Elementen

aus dem Becken auch noch einige Monate Weiterbetrieb

herausholen könne. Bei dieser Frage war allerdings

die Sachlage bei PreussenElektra eine andere, da

der Bestandskern so ausgelegt war, dass er bis Jahresende

die volle Leistung liefern konnte, und ein nennenswerter

Streckbetrieb ohne weiteres möglich war. Auch

Bestand die Möglichkeit eines weiteren Streckbetriebs

mit neu konfiguriertem Kern, was von dem Unternehmen

auch schon frühzeitig kommuniziert wurde.

Mastiaux erläuterte, dass er die Position vertreten

habe, dass man sich in einer ernsten Krise besser

möglichst gut absichern solle und nicht Möglichkeiten

außer Acht lassen, die einem gegebenenfalls in einem

Versorgungsengpass helfen könnten. Aus der Sachverständigenanhörung

rührte der Vorhalt von Fragestellern

her, dass der Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke

letztlich nur einen geringfügigen Beitrag zur

Versorgungssicherheit, zur Preisdämpfung und zur

CO2-Ersparnis geleistet und sich als nicht erforderlich

herausgestellt habe. So jedenfalls die Ex-Post-Analyse

von Prof. Bettzüge vom EWI und abgeschwächt von

Prof. Grimm von der TU Nürnberg. Frau Prof. Kemfert

zeigte sich in ihrer diesbezüglichen Einschätzung von

2022 bestätigt. Herr Dr. Matthes vom Öko-Institut

bescheinigte mindestens eine nennenswerte Senkung

von CO2-Emissionen, da in der damaligen spezifischen

Situation 90 Prozent der durch den Weiterbetrieb

eingesparten CO2-Zertifikate stillgelegt worden seien,

was aber nicht auf alle Marktumstände bzw. andere

Weiterbetriebsoptionen übertragbar wäre. Mastiaux

erklärte in diesem Zusammenhang, dass die Bedeutung

von geringfügig, unbedeutend oder kleiner Beitrag

relativ ist, je nachdem wie die Umstände seien. Wenn

man den kleinen Beitrag dringend brauche, dann sei

er eben nicht mehr so klein, aber wenn sich herausstelle,

dass man das nicht brauche, erscheine es

natürlich so, als wäre er vernachlässigbar. Mastiaux

erinnerte daran, dass der Winter mild gewesen sei und

die Lieferungen russischen Pipeline-Gases an andere

europäische Länder trotz der politischen Situation

nicht unterbrochen worden seien. Auch machte er darauf

aufmerksam, dass andere Risiken wie z. B. Wasserstände

von Flüssen, die den Transport von Steinkohle

erschweren oder mögliche Probleme im niederländischen

Erdgasfeld ebenfalls zur Ver schärfung der Krise

hätten beitragen können.

In der Sachverständigenanhörung war auch von

einigen Sachverständigen und Abgeordneten bemängelt

worden, dass sich die Ex-Post-Betrachtungen

nur auf den Streckbetrieb erstrecken und mögliche

längere Einsatzzeiträume für die Kernkraftwerke oder

eben auch für mehr Kernkraftwerke, was ja im Laufe

des Jahres 2022 durchaus noch eine Option gewesen

ist, nicht berücksichtigt worden sind.

Mastiaux betonte, dass seitens EnBW stets aktuelle

Informationen an die Regierung weitergegeben

worden seien hinsichtlich sich ändernder Sachver halte

wie z. B. verkürzter Lieferfristen für Brennelemente

oder der Möglichkeit eines längeren Weiterbetriebs

auch im Streckbetrieb sowie hinsichtlich der Frage

eines Reservebetriebs zu dem es schon frühzeitig, also

vor Präsentation des Konzepts durch Minister Habeck

Anmerkungen gegeben habe.

Waren bereits die Zeugenbefragungen am 14. und

28. November von einem gesteigerten Tempo wegen

der am 6. November angekündigten Vertrauensfrage

durch Bundeskanzler Scholz geprägt von einer

größeren Zahl von Zeugen pro Sitzung und einer

längeren Sitzungsdauer, so verschärfte sich das Tempo

– auch wegen Streichung einer Sitzungswoche, in der

der Untersuchungsausschuss gleichwohl tagte – im

Dezember und im Januar noch einmal. Es wurden

deshalb zwei Befragungssitzungen pro Sitzungswoche

anberaumt die jeweils bis kurz vor oder bis Mitternacht

dauerten. Die erste dieser Sitzungen fand am

4. Dezember statt. Geladen waren Tim Meyerjürgens,

Mitglied des Vorstands und Chief Operating Officer

von TenneT TSO, Dr. Jörg Harren, Geschäftsführer der

Urenco Deutschland GmbH, Dr. Christoph Pistner

Leiter des Bereichs „Nukleartechnik & Anlagensicherheit“

des Öko-Instituts e. V. und stellvertretender

Vorsitzender der Reaktorsicherheitskommission,

Dr. Martin Pache, Geschäftsführer der Westinghouse

Electric Germany GmbH sowie eine Mitarbeiterin der

Bundesnetzagentur aus dem Referat Versorgungssicherheit

Strom.

Die Perspektive eines

Übertragungsnetzbetreibers

Meyerjürgens erklärte in der Befragung keinen Kontakt

zur Bayerischen Staatregierung gehabt zu haben

und führte aus, dass die Übertragungsnetz betreiber

bei der Bewertung von Versorgungssicherheit und

Netzstabilität mit Szenarien arbeiteten. Bei bestimmten

ungünstigen Szenarien hätten die Kernkraftwerke

Beiträge zur Leistungsbilanz und zum Engpassmanagement

geleistet. Nach der Beteiligung am 1. Stresstest

vom Juli (Veröffentlichung) befragt, bejaht der Zeuge

und erklärt, dass es dabei um den Gasbedarf für

die Stromerzeugung und die Rückholung von Kohlekraftwerken

gegangen sei. Der Zeuge erklärt, dass er

sich verschiedene Male mit Graichen, einmal mit

Habeck getroffen habe und keinen Kontakt zum BMUV

hatte.

Meyerjürgens erläutert im Zusammenhang mit

dem Redispatch-Einsatz im Ausland kontrahierter

Kraft werke, dass der Standort eines Kraftwerks hinsichtlich

der Leistungsbilanz keine Rolle spiele, für das

Netz management (Engpassmanagement) aber schon.

Unsicherheiten bei der Bewertung der Versorgungssicherheit

seien die Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke,

die Flusswasserstände im Blick auf den

Transport von Kohle zu süddeutschen Kohlekraftwerken

sowie die Verfügbarkeit von Kohle- und

Gaskraftwerken gewesen. Auf Nachfrage erklärt

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Report

er, dass er Graichen als sehr interessiert der Gewährleistung

der Versorgungssicherheit wahrgenommen

habe. Im Zusammenhang mit einer Weisung Graichens

an die Fachebene vom 22. Juni, dass der Minister

darum bitte, künftig eine schlechte Verfügbarkeit von

Kohlekraftwerken und das Ausbleiben von Gaslieferungen

aus Russland ab November bei gefüllten

Gasspeichern bei den Analysen zu berücksichtigen und

der Frage, ob die Vorschläge Habecks ein Worst-Case­

Szenario dar stellten, erklärt der Zeuge, dass alle

Szenarien, die mit dem 2. Stresstest untersucht worden

seien, Worst­ Case-Szenarien gewesen seien. Nach den

Problemen beim Reserveeinsatz und möglichen besser

geeigneten Kraftwerkstypen befragt, erklärt Meyerjürgens,

dass Kernkraftwerke längere Zeit zum An- und

Abfahren bräuchten und deshalb als Reservekraftwerke

nicht ideal seien. Es sei aber um die Leistungsbilanz

ge gangen und die Kernkraftwerke seien unter

bestimmten Lastannahmen erforderlich gewesen. Auf

eine Frage nach dem Ziel des Stresstests und einer

Veränderung der Rahmenbedingungen antwortet der

Zeuge, dass die Gewährleistung der Versorgungssicherheit

das Ziel gewesen sei und zusätzliche Annahmen

aus der Beobachtung von Stressfaktoren eingegangen

seien. Der Auftrag sei im Anschluss an den ersten

Stresstest gegeben worden und es sei ein zusätzliches

Szenario Streckbetrieb der Kernkraftwerke eingeführt

worden, das ursprünglich für den 2. Stresstest nicht

vorgesehen gewesen sei. Auf die Frage nach Zeitdruck

bei Erar beitung des 2. Stresstests erklärt Meyerjürgens,

dass es eine hohe Arbeitsbelastung gegeben habe und

Fehler entstehen könnten, man aber mit vier Übertragungsnetzbetreibern

(ÜNB) arbeite, woraus sich

eine gute Qualitätssicherung ergebe.

Danach gefragt, ob er die Einschätzung teile, dass die

Folgerung des Streckbetriebs aus dem Stresstest sinnvoll

gewesen sei, erklärt Meyerjürgens, dass der Beitrag

nicht groß, aber durchaus relevant gewesen sei. Der

KKW-Streckbetrieb sei sinnvoll, aber nicht hinreichend

gewesen. Zu negativen Reaktionen der ÜNB auf den

Stresstest und der Realitätsnähe der Szenarien befragt

erläutert der Zeuge, dass sich auch neue Sachverhalte

Kernkraftwerk Emsland

Quelle: Adobe Stock/Aufwind-Luftbilder

ergeben und beobachtete Sachverhalte verschärft

hätten und es das Wesen eines Stresstests sei, echte

Worts-Case-Szenarien zu untersuchen wie dies die ÜNB

gewollt hätten. Es habe im ersten Stresstest auch einen

Fehler in Bezug auf die Stromlieferung von Frankreich

nach Italien wegen falscher internationaler Daten

gegeben. Der Zeuge bestätigt, dass es hinsichtlich des

2. Stresstests durchaus Meinungsverschiedenheiten

mit Graichen gegeben habe.

Meyerjürgens gab als Beispiel für Detailfragen bei der

Analyse zur Versorgungssicherheit das Beispiel von

Unsicherheiten bei der Verfügbarkeit von Redispatch-

Kraftwerken. Nur in Österreich seien entsprechende

Kapazitäten bis zum kommenden Sommer unter

Vertrag gewesen und der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke

habe in der Analyse den Bedarf an Redispatch-

Kapazität im Ausland um 0,9 Gigawatt (Anm.: zusätzlich

0,5 GW Inland) verringert. Mit Bezug auf die Übermittlung

des Wunsches von Minister Habeck durch die

BnetzA an die ÜNB, auch eine Rechnung mit einem

Weiterbetrieb von Kernkraftwerken auszuführen wird

gefragt, warum dies nach Einschätzung des Zeugen so

spät gekommen sei. Meyerjürgens antwortet, dass der

Basisfall die Rechtslage mit Abschaltung der Kernkraftwerke

gewesen sei und dann die Aufforderung seitens

BMWK erfolgt sei. Die ÜNB hätten diese Möglichkeit

aber schon zuvor in den Raum gestellt. Auf die Frage

welche Parameter für den 2. Stresstest umstritten

gewesen sein, antwortet Meyerjürgens, dass eigentlich

alle Parameter umstritten gewesen seien, weil teils

keine Erfahrungswerte bestanden hätten und es auch

veränderte Datenlagen gegeben habe. Es habe intensiven

Austausch und Diskussionen gegeben. Auf die

Frage nach der Einschätzung darüber, dass Minister

Habeck Anfang September einen Vorschlag ohne

Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Emsland präsentierte,

obwohl kein derartiges Szenario bei den Versorgungssicherheitsanalysen

betrachtet worden sei,

antwortet Meyerjürgens dass Habeck die politische

Entscheidung getroffen habe, dass der Beitrag von Emsland

zur Leistungsbilanz zu gering sei, aber der Beitrag

der Kernkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 beim

Redispatch relevant seien. Daraus habe sich dann der

Vorschlag eines Reservebetriebs für KKI 2 und GKN 2

ohne KKE ergeben. Auf eine nicht wirklich zum

Untersuchungsauftrag des Ausschusses passende aber

gleichwohl interessante Frage zu den Kosten des für

die Energie wende notwendigen Ausbaus der Übertragungsnetze

antwortet Meyerjürgens, dass ein

aktuelles Szenario diese Kosten auf 320 Milliarden Euro

beziffere.

Auf die Frage, ob die Formulierung zur Empfehlung

eines Weiterbetriebs der Kernkraftwerke Konsens

zwischen den vier ÜNB gewesen seien, antworte

Meyerjürgens, dass dies der Fall gewesen sei, da alles

an zusätzlicher Kapazität nützlich gewesen sei. Nach

einem Schreiben einer Mitarbeiterin des BMWK vom

2. September befragt, die angegeben habe, dass die

Betrachtungen der ÜNB interpretierbar seien, sich an

Ausgabe 2 › März


Report

83

Gronau könne rund 30 Kernkraftwerke pro Jahr

versorgen, also Brennstoff für rund drei Kerne pro

Monat liefern. Allerdings sei die Anreicherung für

die Brennstoffbelieferung nicht zeitführend, andere

Schritte benötigten länger. Er ergänzte, dass bei der

Urenco GmbH eine Reserve von sechs Monaten Anreicherungskapazität

vorhanden sei und die Aufträge

innerhalb der Urenco-Gruppe zentral an die einzelnen

Standorte vergeben würden.

Kernkraftwerk Neckarwestheim

Quelle: Adobe Stock/Henry Schmitt

der Grenze der Panikmache bewegten und eine

politische Bewertung erforderlich sei, antwortet

Meyerjürgens, dass die Ergebnisse eindeutig gewesen

seien, man vor einem herausfordernden Winter

mit vielen Unsicherheiten gestanden habe und eine

politische Bewertung zur allgemeinen Versorgungsfrage

erforderlich gewesen sei.

Es wird auch die Frage angesprochen, ob die anderen

Staaten in Europa den Weg der Energiewende so gehen

könnten wie Deutschland. Meyerjürgens erläutert, dass

sich bei der Integration der erneuerbaren Energie viel

getan habe und andere Länder sich anders ent schieden.

Das gemeinsame Netz müsse betrieben werden können.

Meyerjürgens konnte die Frage, seit wann TenneT

Mitglied bei Agora Energiewende sei nicht beantworten,

erklärte aber, Graichen nicht zu kennen und

die Information nachzureichen. Gefragt, ob es normal

sei, dass ein Netzbetreiber Mitglied bei einer Lobbyorganisation

sei, teilte er mit, dass TenneT eine beratende

Funktion in Bezug auf Netze habe und auch

andere Netzbetreiber Mitglied seien.

Die Sicht eines unbeteiligten Betroffenen

der kerntechnischen Industrie

Der zweite Zeuge des Tages ist der Geschäftsführer

der Urenco Deutschland GmbH, Dr. Jörg Harren, der

auch Stellvertretender Vorsitzender von Kerntechnik

Deutschland e. V. ist. Harren erklärte zu Beginn, dass

er kein Statement vorbereitet habe, da im Untersuchungszeitraum

– 24. Februar 2022 bis 4. Juli 2024

(Einsetzung des 2. Untersuchungsausschuss) – keine

Anfrage im Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag

an die Urenco gerichtet worden sei.

In der Fragerunde erläutert Harren den grund legenden

Geschäftsprozess des Unternehmens, bei dem Betreiber

von Kernkraftwerken Uran liefern (beistellen),

die Urenco dieses in ihren Gasultrazentrifugen bestellungsgemäß

anreichert und das angereicherte Uran

an Brennelement-Hersteller liefert. Er erklärt, dass die

operative Dauer des Prozesses nicht genau bestimmt

werden könne. Die Anlagenleistung am Standort

Die Frage ob es Beschleunigungsmöglichkeiten gebe,

bejaht Harren und erklärt, dass eine geringere Abreicherung

der Tails eingestellt werden könne, so dass

der Anreicherungsprozess schneller werde. Dies werde

in der aktuellen Marktlage so gehandhabt. Auf eine

Frage nach Einschätzung der Angabe des BMWK, dass

unter optimalen Bedingungen 12 bis 15 Monate für eine

Belieferung mit frischem Brennstoff erforderlich seien,

antwortet Harren, dass sich dies auf den gesamten Prozess

beziehe, bei dem die Herstellung der Brennelemente

der komplexeste Teil sei, der am längsten dauere. Er

ergänzte, dass Urenco in der Sache nie angesprochen

worden sei und es vermutlich Beschleunigungs möglichkeiten

gebe. Es wird bei einer Frage darauf hingewiesen,

dass das BMUV die Lieferfähigkeit von Urenco

als Unsicherheit angegeben habe und nachgefragt, ob

man sich seitens des Ministeriums danach erkundigt

habe. Harren verneint dies und ergänzt, dass man vom

Betriebsende der deutschen KKW wie geplant ausgegangen

sei und abgewartet habe.

Auf seine Rolle als Stellvertretender Vorsitzender von

KernD Bezug nehmend, wird gefragt, ob KernD diesbezüglich

angefragt worden sei. Harren teilt mit, dass

KernD die Interessenvertretung der kerntechnischen

Branche sei und er keine Kenntnis über Anfragen von

Ministerien zur Lieferfähigkeit von Brennelementen

habe. Es habe aber Presseanfragen gegeben. Danach

gefragt woher die Kommentierung des Prüfvermerks

komme, worauf sie sich gründe, antwortet Harren, dass

er den Ursprung nicht kenne, dass aber die Informationen

hinsichtlich des Betriebs von Kernkraftwerken

im Prüfvermerk der Ministerien nicht von KernD

stammten. Der Prüfvermerk sei im Verband als unzureichend

eingestuft worden.

Auf die Frage nach seiner Kenntnis über die Liefermöglichkeiten

beim Ausgangsmaterial, antwortet

Harren, dass Russland bei der Anreicherung 40 Prozent

Weltmarktanteil habe und über die ganze Zeit auch

erhöhte Bestellvolumina erfüllt habe. Insgesamt sei die

Marktlage beherrschbar gewesen und perspektivisch

könnten Urenco und Orano die westlichen Märkte

beliefern. Zum Anteil russischen Urans am Kernbrennstoff

deutscher Kernkraftwerke konnte Harren

keine Auskunft geben. Auf die Frage, ob sich die

Betreiber der deutschen Kernkraftwerke mit einer

Frage zur Lieferfähigkeit von Uran bei Urenco gemeldet

haben, antwortet Harren mit der Frage, warum

sie dies hätten tun sollen und der Bemerkung, dass

diese Klärung beim Staat gelegen hätte.

Vol. 70 (2025)


84

Report

Das Öko-Institut im steten Ringen zwischen

Gesinnung und Seriosität

Der Zeuge Dr. Christoph Pistner beginnt seine Ausführungen

mit dem Thema Sicherheit von Kernkraftwerken

und stellt heraus, dass katastrophale Unfälle

möglich seien mit Schäden im Bereich von 100 bis

1.000 Milliarden Euro in Europa. Er fährt mit dem

Thema radioaktive Abfälle fort, bei denen es für die

Hochaktiven kein in Betrieb befindliches Endlager

gebe, wofür in Deutschland noch viele Jahrzehnte

benötigt würden. Er teilt mit, dass die kerntechnische

Sicherheit kontinuierlich weiterentwickelt werde, die

Kernkraftwerke nicht gegen militärische Ein wirkungen

geschützt seien und durch die geopolitische Situation

eine neue Gefahrenlage entstanden sei. Pistner erklärt

zum Thema eines Weiterbetriebs, dass die RSK beauftragt

worden sei, eine Sicherheitsbewertung und eine

Bewertung des Reservebetriebs zu erstellen durch GRS,

Öko-Institut und Physikerbüro Bremen. Pistner führt

aus, dass die Statusanalyse der Anlagen und die

probabilistische Sicherheitsanalyse im Rahmen des

Aufsichtsverfahrens nicht betrachtet würden und als

Bestandteile der PSÜ im Rahmen einer PSÜ hätten

durchgeführt werden müssen. Dies hätte betriebsbegleitend

mehr als ein Jahr gedauert und sei bei

wenigen Monaten Weiterbetrieb nicht relevant. Es

sei die Personalverfügbarkeit bei Betreibern und

Behörden geprüft worden, die bei einem längeren

Weiterbetrieb hätte neu bewertet werden müssen.

Pistner, der auch Mitglied der RSK ist, wird gefragt

inwieweit eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken

der RSK unterfalle. Er antwortet, dass dies eine

politische Entscheidung sei, eine Beauftragung aber zu

sicherheitstechnischen Fragen erfolgen würde. Auf

eine Frage zur Beteiligung der RSK am Prüfvermerk

der Ministerien erklärt Pistner, dass er in Kenntnis

gesetzt, die RSK als ganzes aber nicht eingebunden

gewesen sei. Eine Einbindung sei seiner Meinung nach

aber nicht erforderlich gewesen, da die Ministerien

über genügend eigene Kompetenz verfügt hätten, um

sich eine Meinung zu bilden. Auf die Frage nach seiner

Einschätzung des Prüfvermerks teilt er mit, dass er die

enthaltene sicherheitstechnische Bewertung als sinnvoll

und korrekt eingeschätzt habe. Er fügt an, dass er

den Vermerk erst später gelesen habe, als er in der RSK

diskutiert worden sei.

Auf die Frage, warum er zusammen mit Donderer und

Brettner eine Vorabversion des Vermerks erhalten

habe, bejaht er, diese erhalten zu haben, erklärt aber,

nicht zu wissen, warum nur diese drei den Text

erhalten hätten. Er habe aber den Text nicht kommentiert

und die Anmerkungen von Donderer weder

erhalten noch zuvor besprochen. Zu einem Treffen am

1. September im Zusammenhang mit den Themen

Streckbetrieb und Reservebetrieb befragt, teilt Pistner

als Schlussfolgerung daraus mit, dass ein Reservebetrieb

bei Kernkraftwerken nicht sinnvoll sei und

einige Fragestelllungen auch sicherheitsrelevant

gewesen seien.

Befragt nach einer RSK-Sitzung, in der große Unzufriedenheit

mit BMUV wegen Nicht-Einbindung

der RSK und mit der Position der Bundesregierung

artikuliert worden sei, erklärt Pistner, er könne sich

daran erinnern, habe aber diese Auffassung nicht

geteilt. Auf die Frage welche Punkte kritisiert worden

seien, nennt Pistner das Thema PSÜ und Begrifflichkeiten

wie „Hochrisikotechnologie“. Es habe aber auch

Verständnis für die Bundesregierung gegeben.

Auf eine Frage zum Mehrwert einer PSÜ antwortet

Pistner, dass bei der Sicherheitsüberprüfung eine ganzheitliche

Bewertung der Anlage auf aktuellem Stand

und hinsichtlich neuer Erkenntnisse in der Sicherheitstechnik

stattfinde. Zu Aussagen Dritter befragt, dass aus

der PSÜ keine großen Veränderungen hervorgehen

würden, erklärt er, dass man nicht vorab auf das

Ergebnis der PSÜ schließen könne. Auch würden

im Laufe der Zeit Sicherheitsthemen dringlicher. Zur

Stellungnahme hinsichtlich Streckbetrieb/Reservebetrieb

erklärt er, dass er damit einverstanden gewesen

sei mit Ausnahme der Empfehlung auch einen

längeren Weiterbetrieb zu prüfen. Dies gehöre seiner

Auffassung nach nicht in eine RSK-Stellungnahme.

Auf eine Frage zum Thema des im Prüfvermerk

genannten EPR-Standards, der jedoch nach Aussage des

Fragestellers nirgends im deutschen Regelwerk angewendet

wird, antwortet Pistner, dass die Sicherheitsrichtlinie

von Euratom die Verhinderung von früher,

großer Freisetzung und Begrenzung von Aus wirkungen

möglichst auf das Anlagengelände fordere und sich die

Formulierung im Prüfvermerk eher darauf beziehe als

auf den EPR.

Die Perspektive eines Brennelementherstellers

Als nächster Zeuge wird Dr. Martin Pache, Geschäftsführer

der Westinghouse Deutschland GmbH befragt.

Zur Frage nach der Verkürzung der Angabe zur

Beschaffungsdauer von frischen Brennelementen von

18 bis 24 Monate auf 12 bis 15 Monate berichtet Pache,

dass ein zuständiger Mitarbeiter für die Belieferung

KKI Standort Abendstimmung

Quelle: PreussenElektra

Ausgabe 2 › März


Report

85

von Druckwasserreaktor-Brennelementen von einem

Betreiber am 2. März den Hinweis bekommen habe,

dass sich in Deutschland hinsichtlich der Kernkraftwerke

möglicherweise etwas tue und eine entsprechende

Anfrage kommen könnte. Am 8. März sei dann von

den Zuständigen im Unternehmen mitgeteilt worden,

dass es rund zwei Wochen dauern würde, belastbare

Angaben zu erhalten. Am selben Tag hieß es nach

Veröffentlichung des Prüfvermerks, dass es keine

Perspektive gebe. Im August habe sich dann erneut die

gleiche Frage gestellt. Bei den Überlegungen hinsichtlich

der Dauer sei die Herstellung der Rohstoffe für

Zirkoniumbleche diskutiert worden sowie andere

Themen. Daraus habe sich dann ergeben, dass es

kürzestenfalls sechs bis sieben Monate dauern würde.

Die Fertigung selbst dauere sechs Monate.

Auf eine Frage zur Berichterstattung von Mediapioneer,

dass Westinghouse im April geäußert habe,

dass eine Belieferung bei sofortiger Bestellung bis zum

Jahresende erfolgen könne und die Bundesregierung

dort angefragt habe, erklärte Pache, dass er von

niemandem aus dem Unternehmen gehört habe, dass

die Bundesregierung Kontakt aufgenommen habe.

Pache beschreibt die Meilensteine bei einer Belieferung

mit Brennelementen im normalen Verfahren:

24 Monate vor Lieferung werde der Vertrag geschlossen,

18 Monate davor gebe es einen vorläufigen

Termin, 12 Monate davor einen endgültigen Termin

und die letzte Möglichkeit für Modifikationen, sechs

Monate davor beginne die Fertigung von Teilen und

drei Monate davor die Fertigung der Brennstoffpellets.

Auf die Frage, ob sich zu dieser Zeit Anfragen verstärkt

hätten, antwortet Pache, dass dies der Fall gewesen sei.

Zuerst sei dies für die VVER 440 Anlagen in der Ukraine

geschehen, danach seitens VVER-Betreibern im Westen.

Dies sei allerdings später als die in Rede stehenden

Lieferungen für Deutschland gewesen. Nach einer

Einschätzung zur Aussage des Geschäftsführers

von PreussenElektra befragt, der unter Bezugnahme

auf Framatome und im Zusammenhang mit einer

ver schobenen Lieferung nach Frankreich von der

Möglichkeit einer Belieferung innerhalb von vier

Monaten sprach, äußert Pache, dass dies sehr ambitioniert,

aber vielleicht möglich wäre. Gefragt, was er

selbst der Regierung mitgeteilt hätte, erklärt er, dass es

bei Erfüllung der Voraussetzungen in der Lieferkette

deutlich schneller gehen könne als bislang unterstellt.

Danach gefragt, wie man eine Beschleunigung umgesetzt

hätte, äußert Pache, dass Beschleunigung Parallelisierung

bedeute. Es wären also bestimmte Komponenten

gefertigt worden, während andere Lieferanten

qualifiziert hätten. Damit wären auch gewisse Risiken

einher gegangen, denn wenn dann etwas nicht passe,

hätte man Ausschuss produziert.

Nach seiner Wahrnehmung bezüglich einer Abhängigkeit

von Russland befragt, teilt Pache mit, dass die

deutschen Betreiber mindestens zwei, besser drei

Lieferanten haben wollten. Aktuell trage das

Unternehmen durch Lieferung von VVER-Brennelementen

dazu bei, die Abhängigkeit dieser Betreiber

von Russland aufzubrechen. Auf die Frage, ob man

noch im Sommer 2022 Brennelemente hätte beauftragen

können, antwortet Pache, dass dies der Fall

gewesen sei und man im unternehmensinternen Worst

Case auf eine Lieferung im Sommer 2023 gezielt habe.

Die Lieferkette für die Konvoi-Anlagen habe noch

bestanden. Pache bestätigte die Auffassung, dass die

Aussage einer frühestmöglichen Belieferung bis Herbst

2023 bei Bestellung im März 2022 falsch gewesen sei,

da es deutlich schneller gegangen wäre. Im weiteren

Verlauf der Befragung erläutert Pache, dass Westinghouse

für die Belieferung von KKI 2 und KKE lizenziert

gewesen sei, nicht für GKN 2. Dort hätte es einer

aufwendigen Lizenzierung mit Lead Test Assembly

bedurft. GKN 2 hätte von Framatome beliefert werden

können, die lizenziert seien.

In der Zeugenbefragung vom 5. Dezember waren der

Leiter der Abteilung Energieregulierung der BNetzA

sowie vier Mitarbeiter des BMWK geladen aus den

Referaten Strommarkt und Stromversorgungssicherheit,

Versorgungssicherheit und Stromgroßhandel,

Systemsicherheit sowie Kraftwerke.

Eine Behörde zwischen politischen Erwartungen

und den Herausforderungen der Wirklichkeit

Befragt, warum die Arbeitsebene der BNetzA die Parameter

für den 1. Stresstest nicht erhalten habe, antwortet

der für die BNetzA geladene Zeuge, dass der

Kreis der Eingeweihten so klein wie möglich gehalten

werden sollte, da man Leaks befürchtet habe. Nur die

unmittelbaren Bearbeiter hätten die Informationen

erhalten. Später danach befragt, warum der Kreis der

Eingeweihten habe klein gehalten werden sollen,

antwortet der Zeuge dass es für eine vertrauensvolle

Zusammenarbeit schwierig sei, wenn das Risiko

bestünde, dass Zwischenergebnisse weiter gegeben

würden. Das betreffe etwa auch inkorrekte Zwischenstände,

die nicht von Interessenträgern instrumentalisiert

werden sollten. Zu der Zeit nach dem 24. Februar

erklärte er, dass eine große Unsicherheit geherrscht

habe hinsichtlich Gasverbrauch und Gasverfügbarkeit,

der Abhängigkeit von russischer Kohle und generell

von russischen Brennstoffen. Die Parameter für die

Analyse hätten sich geändert, etwa durch die Rückkehr

von Kohlekraftwerken.

Befragt, wie seine Aussage zu verstehen sei, dass ihm

das Bauchgefühl sage, eine Laufzeitverlängerung der

Kernkraftwerke könne erforderlich werden, falls es

kein Gas und keine Kohle mehr aus Russland gebe,

antwortet der Zeuge, dass es um eine Klarstellung

gegenüber BNetzA-Präsident Müller zur Bedeutung

der Probleme gegangen sei. Allerdings sei die Diversifizierung

der Kohleimporte einfacher möglich. Müller

habe geantwortet, dass Habeck eine Antwort bis

Mittwoch benötige. Die Frage einer Laufzeitverlängerung

und wann diese nötig würde sei eine politische

Vol. 70 (2025)


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Report

Frage. Ihm sei es um die Ermittlung gegangen, ob eine

Laufzeitverlängerung unvermeidlich wäre.

Zum ersten Stresstest erklärt der Zeuge, dass dieser auf

einer Analyse der ÜNB von 2021 beruhe, die auf neue

Umstände adaptiert worden sei. Dabei sei man in der

Parametrierung frei gewesen. Das Ziel sei die Ermittlung

gewesen, wie sich der Gasbedarf im Stromsystem

senken ließe. Ein Fragesteller weißt auf eine Meinungsverschiedenheit

zwischen BNetzA und BMWK bezüglich

der Veröffentlichung des Stresstests hin. BNetzA

habe eine Veröffentlichung gewollt, BMWK nicht unter

Verweis auf angreifbare Sachverhalte. Der Fragesteller

erkundigt sich, welche diese gewesen sein. Der

Zeuge antwortet, dass es sich um einen Bericht der ÜNB

gehandelt habe, nicht der BNetzA, die aber die

Parametrierung angeregt habe, die sich wiederum

verändert habe, etwa der Durchfluss von Gas durch

Nord Stream. Gefragt, ob die Betrachtung im 1. Stresstest

eher eine übliche oder eher ein Stresstest gewesen

sei, antwortet der Zeuge, da man es als Mittelding

bezeichnen könne.

Gefragt nach einer Einschätzung zur damals erhobenen

Forderung, russische Gaslieferungen sofort zu beenden,

obgleich die Speicher schlecht gefüllt gewesen seien

und die Abhängigkeit bei über 50 Prozent gelegen

hätte, antwortet der Zeuge, dass dies eine Horrorvorstellung

mit Gasmangellage und einer Rolle der BNetzA

als planwirtschaftlicher Lastverteiler gewesen sei. Im

weiteren Verlauf der Fragrunde wird die Genese

des 2. Stresstests thematisiert. Befragt nach einem

Schreiben in dem darauf hingewiesen wurde, dass

die Vorgaben für den zweiten Stresstest politischen

Wünschen entsprächen und nicht geändert werden

sollten, antwortet der Zeuge, dass man die Vorgaben

nicht im Zuge der Rechts- und Fachaufsicht erhalten

habe und diese insoweit nicht verbindlich gewesen

seien. Es habe dazu eine Vorgeschichte gegeben:

Habeck sei mit der bisherigen Analyse unzufrieden

gewesen und habe eine weitere Analyse mit zusätzlichen

Risikofaktoren und verschiedenen Annahmen

gewollt. Motivation sei gewesen, dass er sich nicht habe

Kernkraftwerk Brokdorf

Quelle: Adobe Stock/Kara

vorwerfen lassen wollen, die Frage der Versorgungssicherheit

nicht ernst genug zu nehmen.

Auf die Frage, warum die Zeit für eine Interpretation

der Ergebnisse des Stresstest knapp gewesen sei und

er diese schon vor Abschluss des Stresstests habe

bewerten wollen, verweist der Zeuge auf die Versorgungssicherheitsrunden

im Bundeskanzleramt an

denen Kollegen teilgenommen hätten und u. a. über die

Auswirkungen der Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken

beraten hätten. Im europäischen Strommarkt

hätte das dazu geführt, das andere Staaten eher

Strom importieren würden und nicht Gaskraftwerke

in Deutschland, sondern Kohlekraftwerke in anderen

Ländern substituiert worden wären. Die Gaseinsparung

in Deutschland sei daher zweifelhaft gewesen,

was man bei der Betrachtung, ob eine Laufzeitverlängerung

wirklich notwendig gewesen sei, hätte

berücksichtigen müssen.

Auf den Vorhalt eines Hinweises darauf, dass die Vorgaben

vom Minister gekommen seien und für den

Ablauf als feststehend betrachtet worden seien, erklärt

der Zeuge, dass es unüblich wäre, dass sich ein Minister

so tief in die Materie einbringe. Dies sei für die Kollegen

auf Arbeitsebene ein Dilemma gewesen, denn es habe

sich die Frage gestellt, ob man sage, dass eine Annahme

zu pessimistisch oder nicht rechenbar sei, oder ob man

dies hinnehme und weiter mache.

In einer Fragestellung zum Schreiben der ÜNB vom

31. August wird herausgestellt, dass es hinsichtlich

der Bewertung des Stresstests zwei Stoßrichtungen

gegeben habe: einerseits die Aussage, dass ein KKW­

Streckbetrieb ein wichtiger Baustein für eine Beherrschung

kritischer Situationen hätte sein können,

andererseits die Auffassung, dass die Ergebnisse auch

ganz anders interpretiert werden könnten. Es wird

gefragt, wie das zu verstehen sei. Der Zeuge erläutert,

dass sich die Aussage darauf beziehe, dass man für

beide Richtungen Argumente finden könne. Die ÜNB

hätten ein Szenario entwickelt, dass sehr risikoorientiert

gewesen sei, geradezu alarmistisch. Sie

hätten sich an Hochrisikoszenarien orientiert, was

nicht nur politische Auswirkungen gehabt habe,

sondern auch Auswirkungen auf das Marktgeschehen

hätte haben können in Form angstgesteuerter Preisbildung,

die Energie noch mehr verteuert hätte. Auf

die Frage, ob der Stresstest eine Basis für politische

Entscheidungen gegeben habe, erklärt der Zeuge, dass

der Stresstest nicht für die Revision einer energiepolitischen

Grundsatzentscheidung reichen würde,

aber durchaus für die Zielsetzung die größtmögliche

Vorkehrung treffen zu wollen.

Zu seiner Einschätzung des Konzepts der Einsatzreserve

befragt, erläutert der Zeuge, dass er zahlreiche

Argumente verstanden habe, aber die politische Logik

dahinter nicht habe nachvollziehen können. Denn man

habe mit diesem Konzept das Thema nicht beerdigt,

sondern es wäre im Dezember wieder gekommen. Er

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Report

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habe die Entscheidung des Bundeskanzlers für richtig

gehalten.

In der Befragung wird die Situation des Kernkraftwerks

Gundremmingen II C aufgegriffen, dass in einer

Exklave des Amprion-Netzgebietes liege, aus dem

TransnetBW-Gebiet, der Schweiz und Österreich ggf.

mitversorgt werde und ggf. nach Frankreich exportiere.

Es wird die Frage gestellt, ob die Abschaltung des

Kernkraftwerks dazu geführt habe, dass das Stromnetz

im Südwesten Bayerns instabiler geworden sei. Der

Zeuge antwortet, dass er nicht von Instabilität sprechen

würde, aber sich der Redispatch-Bedarf erhöht habe,

insbesondere im Fall hoher Einspeisung erneuerbarer

Energien. Dieser sei durch kontrahierte Kapazitäten in

der Schweiz gedeckt. Auf die Nachfrage, was passieren

würde, wenn die Schweiz nicht liefern könne, antwortet

er, dass es dann keinen Netzengpass geben würde, da

dieser sich durch Ost-West-Stromflüsse ergeben würde

bei Export nach Frankreich und Redispatch-Leistung

aus Bayern und Österreich.

Der Zeuge wird im weiteren Verlauf befragt, warum

der 2. Stresstest kein Wunschpapier gewesen sei und

antwortet, dass er eine andere Zielsetzung gehabt habe,

nämlich die Gewährleistung der Versorgungssicherheit

im Winter und nicht die Verhinderung einer längeren

Nutzung der Kernkraftwerke. In der Befragung

wird auch ein energiepolitisches Fachgespräch im

Bayerischen Landtag im Mai 2022 erwähnt, zu dem ein

Mitarbeiter der BNetzA als Teilnehmer entsendet

wurde, der seine Aufgabe darin gesehen hat, den

„ Zombie“ Laufzeitverlängerung endgültig zu beerdigen

bzw. das Grab noch tiefer zu schaufeln. Es wird gefragt,

wie man einerseits ergebnisoffen prüfen könne, wenn

man an anderer Stelle von der Beerdigung des Prüfgegenstandes

spreche. Der Zeuge erklärt dazu, dass im

Mai die Einschätzung der Lage wieder optimistischer

gewesen sei durch Diversifizierung beim Kohlebezug,

die fortgesetzte Belieferung mit russischem Gas und

der Erkenntnis, dass ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke

nicht viel Gas einsparen würde.

Nach den möglichen Folgen einer längeren Laufzeitverlängerung

für den Ausbau erneuerbare Energien

und den Netzausbau befragt, äußert der Zeuge, dass

sich an der Nutzung erneuerbarer Energien durch

Weiterbetrieb nicht viel ändern würde, da die Kernkraftwerke

vor allem konventionelle Kraftwerke

ersetzen würden. Auch die Botschaft „Kernkraftwerke

verstopfen die Netze“ sei so nicht richtig. Im weiteren

Verlauf der Befragung äußert der Zeuge, dass sich

Unzufriedenheit der ÜNB auf die zusätzliche Arbeitsbelastung

bezogen habe und nicht auf die Aufgabenstellung,

da die Vorgaben von Habeck kein Risiko für

die Versorgungssicherheit dargestellt hätten. Er erklärt,

dass sein Hinweis zur Akzeptabilität nur eines Weiterbetriebs

von KKI 2 keine Weisung an die Mitarbeiter

dargestellt habe, dass der Streckbetrieb nicht gesondert

untersucht worden sei und dass seines Wissen

nach niemand aus der Behörde den Minister zum

Sachverhalt Reservebetrieb beraten habe. Seitens des

Autors sei hier angemerkt, dass der Zeuge wie so viele

andere selbst heute den Streckbetrieb von Kernkraftwerken

nicht verstanden hat.

Der Zeuge erklärte, dass Habeck die Annahmen zum

2. Stresstest verschärft habe und er selbst einige

Annahmen für unrealistisch gehalten habe, die dann

zu den Szenarien „+“, „++“ und „+++“ geführt hätten,

u. a. einen Gaspreis von 400 Euro pro MWh. Der Zeuge

erklärt auf die Frage nach einer Priorisierung von

Erzeugungsarten, dass er es vorgezogen hätte, wenn

man auf Energien zurückgegriffen hätte, die man über

einen längeren Zeitraum zu nutzen gewillt gewesen

wäre.

Ein Ministerium fremdelt diskret mit seiner neuen

Hausleitung

Als nächster Zeuge sagte der erste der geladenen Mitarbeiter

des BMWK vom Referat Strommarkt, Stromversorgungssicherheit

aus. Der Zeuge sagte im Rahmen

der Befragung u. a., dass hinsichtlich der Verfügbarkeit

einer Einschätzung zur Kernenergie im Zeitraum Ende

Februar, Anfang März große Eile geherrscht habe und

deshalb bei der energiewirtschaftlichen Bewertung

Zeitdruck bestanden habe unter der Annahme, dass ein

längerer Betrieb der Kernkraftwerke im Winter einen

verringerten oder pausierten Betrieb im Sommer

erfordern würde. Der entsprechende Sachverhalt sei

nicht durchgerechnet worden. Zum Thema der Einsatzreserve

äußerte der Zeuge, dass seine Einschätzung

gewesen sei, dass Kernkraftwerke wegen des langen

Vorlaufes für eine Einsatzreserve nicht geeignet seien

und ein Streckbetrieb im Markt einen höheren Nutzen

hätte. Darüber hinaus habe es die Einschätzung

gegeben, dass eine Einsatzreserve die teuerste Option

gewesen wäre.

Der Zeuge erläuterte, dass die Annahmen für den

ersten Stresstest im März festgelegt worden seien.

Es seien daher weder die schlechte Verfügbarkeit

französischer Kernkraftwerke, noch das Ende der

Gasbelieferung durch Russland, noch die niedrigen

Flusswasserstände berücksichtigt gewesen, weshalb es

später einen 2. Stresstest gegeben habe für die Minister

Habeck dann einige Input-parameter geliefert habe.

Der Zeuge sagte im Zusammenhang mit der Vorbereitung

des Prüfvermerks, in die er ab dem 3. März

eingebunden gewesen sei, dass die Sicherheits- und

Rechtsaspekte durch die Energieversorgungsunternehmen

zugeliefert worden seien und dass seiner

Einschätzung nach Berechnungen eine bessere energiewirtschaftliche

Entscheidungsgrundlage geboten hätten,

die es aber nicht gegeben habe.

Der Zeuge teilte zum Thema der Prüfung der verschiedenen

Optionen eines Weiterbetriebs mit, dass nur die

Optionen eins und zwei vertieft geprüft worden seien,

nicht aber ein längerer Weiterbetrieb mit frischen

Brennelementen. Er habe diesbezüglich auf positive

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Report

Markteffekte hingewiesen. Der Zeuge bestätigt, dass

er auf eine mögliche eingeschränkte Verfügbarkeit

reaktivierter Kohlekraftwerke aufmerksam machte, da

einige der Anlagen auf Verschleiß gefahren worden

seien oder nicht ohne weiteres hätten anfahren

können. Später sei dann mit der BNetzA und den ÜNB

über das Thema Verfügbarkeit diskutiert worden. Der

Zeuge erläuterte, dass man sich bei der Einschätzung

des KKW-Streckbetriebs auf die Aussagen im RWE­

Vermerk verlassen habe und nicht gewusst habe, dass

ein additiver Streckbetrieb möglich gewesen sei. Zum

Thema Einsatzreserve erklärte der Zeuge, dass diese

die schlechteste Lösung gewesen wäre, weil sie Kosten

aber kaum Nutzen gebracht hätte. Die KKW hätten

im Stresstest insgesamt keinen sehr großen Beitrag

erbracht.

Der nächste Zeuge aus dem Referat Versorgungssicherheit,

Stromgroßhandel des BMWK erläutert, dass

man Strommärkte, die verfügbare Leistung, Rückkopplungen

mit europäischen Nachbarn und deren

Märkten sowie Grenzkuppelstellen analysiert habe.

Dabei sei auch der Ausstieg aus der Kernenergie

berücksichtigt worden. In der Fragerunde auf eine

Telefonkonferenz angesprochen bekundet der Zeuge

Unsicherheit hinsichtlich der Inhalte, da es in dieser

Zeit sehr viele Runden und Themen gegeben habe,

glaubt aber sich erinnern zu können, dass Graichen

habe wissen wollen, ob sich an der Einschätzung

bezüglich der Kernkraftwerke durch die Krise etwas

geändert habe, nachdem man zuvor immer davon ausgegangen

sei, dass der Atomausstieg ohne Risiko für

die Versorgungssicherheit möglich sei. Eine erste Aufforderung

zu einer solchen Bewertung sei eine Woche

nach Beginn des Krieges gekommen ohne inhaltliche

Vorgaben für den Auftrag. Der Zeuge bestätigt, dass

auch eine politische Bewertung angefragt gewesen sei.

Das Referat habe aber darauf hingewiesen, dass es nur

eine fachliche Bewertung vornehmen könne.

Der Zeuge erklärte im weiteren Verlauf der Befragung,

dass das Referat im Vermerk vom 3. März eine Prüfung

einer Laufzeitverlängerung bis mindestens 31. März

2023 empfohlen habe, weil diese einen Beitrag bei

Engpässen in den besonders kritischen Winter monaten

hätte leisten können. Es sei nicht darum gegangen zu

sagen, was wir gerne hätten, sondern ob es eine ernsthafte

Gefährdung der Versorgungssicherheit gebe.

Befragt nach dem Auffassungsunterschied zwischen

dem Referatsvermerk vom 3. und dem Prüfvermerk

vom 7. März, der einen Weiterbetrieb aus energiewirtschaftlichen

Gründen als nicht empfehlenswert

bewertet, antwortet der Zeuge, dass das Referat keine

andere Auffassung gehabt habe, da in der kurzen Zeit

keine abschließende Bewertung möglich gewesen sei.

Der nächste Zeuge Tages aus dem BMWK im Referat

Systemsicherheit erläuterte zum Einstieg die Aufgabenbereiche

an denen er mitarbeitete, Systemanalyse,

Stresstest, Netzanschluss der Ukraine an den europäischen

Stromverbund und Systemstabilitätsfragen.

In der Befragung erklärt der Zeuge, dass bei einem

Stresstest die Vorgehensweise methodisch einer

System analyse ähnele, wie sie mit den ÜNB erstellt

würden. Mit diesen seien die Annahmen alle 14 Tage

oder wöchentlich, in der Krise auch häufiger abgestimmt

worden. Der Zeuge erklärt, dass er an einem

Gespräch von Graichen mit den Geschäftsführern der

ÜNB nicht beteiligt gewesen sei. In der Frage war auch

festgestellt worden, dass die BNetzA nicht beteiligt

gewesen sei. In der weiteren Befragung wird deutlich,

dass der Vermerk aus dem BMWK vom 3. März anders

als der Vermerk des BMUV und der Vermerk von RWE

nicht an Minister Habeck weitergegeben worden seien.

Zur Frage, ob der 2. Stresstest ein echter Stresstest

gewesen sei, berichtet der Zeuge, dass die Annahmen

teils nachgeschärft worden seien und neuralgische

Punkte für den Netzbetrieb identifiziert werden sollten.

Bei französischen Kernkraftwerken war angenommen

worden, dass die Revisionsanlagen im Winter nicht

wieder in Betrieb gingen. Er teilt mit, dass Graichen

darauf bestanden habe, dass die Annahmen in der

Öffentlichkeit akzeptiert würden. Zum Thema Redispatch

befragt, erläutert der Zeuge, dass sich wegen

hoher Exporte nach Frankreich die Redispatch­

Situation verändert habe mit hohen Nord-Süd- sowie

Ost-West-Flüssen. Ein europäischer Ansatz sei deshalb

sinnvoll gewesen. Auf die Frage, was bei einer Lastunterdeckung

passiert wäre, antwortet der Zeuge, dass

man zwischen methodischer und echter Lastunterdeckung

unterscheiden müsse. Die Methode nehme an,

dass der europäische Stromhandel gewährleistet sei.

Das würde man in einer Stresssituation aussetzen,

dann die Netze höher auslasten und schließlich zu

gezielten Lastabwürfen kommen.

Nach der Kritik der ÜNB am 2. Stresstest und deren

Aussage befragt, nicht dahinter zu stehen, berichtet der

Zeuge, dass die ÜNB nicht alle Marktrückkehrer als

verfügbar haben einstufen wollen. Zum Gespräch von

BMWK und BMUV mit PEL und EnBW erklärt der

Zeuge, dass dies der erste Termin mit dem Staatssekretär

gewesen sei, nachdem es zuvor (im August)

nur schriftlichen Austausch gegeben habe. Es habe

damals die Auffassung gegeben, dass mit Reserve ein

Hoch- und Abfahren nach Anforderung der ÜNB

gemeint sei. Es sei aber darum gegangen, dass die

Anlagen im kalten Zustand hätten verbleiben und bei

Bedarf genutzt hätten werden sollen. Es hätte eine

Entscheidung geben sollen, wenn die Situation hinsichtlich

Versorgungssicherheit klarer gewesen wäre.

Zum Thema eines öffentlich-rechtlichen Vertrags wie

er im Szenario Einsatzreserve erforderlich gewesen

wäre sei es in den Gesprächen mit den Unternehmen

um die Kosten nicht abgerufener Reserve und einen

Ausgleich für einen möglichen unrentablen Betrieb im

Fall des Abrufs gegangen.

Der letzte Zeuge seitens BMWK aus dem Referat

Kraftwerke wird zum Zeitpunkt seiner Kenntnis des

Konzepts Einsatzreserve befragt, die erstmals in einer

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Report

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Kernkraftwerk Grohnde

Quelle: Adobe Stock/vlad074

Videokonferenz am 17. August befasst worden sei

sowie in einem Mailaustausch am 23. August angesprochen

und dort als in die Kategorie „verrückteste

Ideen“ einzuordnen qualifiziert wird. Der Zeuge gibt

an, erstmals Ende August von der Einsatzreserve

gehört zu haben als Parallele zum Reserveeinsatz von

Kohlekraftwerken. Er führt aus, sich nicht sofort eine

Meinung gebildet zu haben, weil er mit Kernkraftwerken

bis dahin nicht befasst gewesen sei und aus

Richtung der Rechtsgrundlagen der Kraftwerksreserve

Braunkohlebereitschaft zum Thema gekommen sei.

Der Zeuge wird befragt, ob Einsatzreserve letztlich Kaltreserve

sei und wie es dazu gekommen sei, die Idee

weiterzuverfolgen, obgleich viele Experten dies zurückwiesen.

Der Zeuge erklärt dazu, dass es viele Missverständnisse

zur Natur der Einsatzreserve gegeben habe.

Es habe die Idee eines kalten Wartezustands gegeben.

Hier sei aber das Problem gewesen, dass man KKI 2 ggf.

nicht hätte hochfahren können. Bei GKN 2 habe es diese

Möglichkeit nach Neukonfiguration des Kerns gegeben.

Er teilte weiter mit, dass es ursprünglich keine Kenntnis

über die Situation der einzelnen Anlagen gegeben habe,

weshalb man den Austausch mit den Betreibern gesucht

habe. Es sei immer klar gewesen, dass Maßnahmen, die

sicherheitstechnisch problematisch seien, nicht umgesetzt

würden. Daraus habe sich dann ergeben, dass die

Kaltreserve für KKI 2 vom Tisch gewesen sei.

In der darauffolgenden und letzten Sitzungswoche des

Jahres 2024 fanden dann die beiden nächsten öffentlichen

Sitzungen mit Befragung von Zeugen statt. Bei

der Sitzung am 18. Dezember waren Klaus Müller,

Präsident der Bundesnetzagentur, Gerrit Niehaus

Leiter der Abteilung Nukleare Sicherheit, Strahlenschutz

im BMUV sowie Dr. Volker Oschmann, Leiter der

Abteilung Strom im BMWK als Zeugen geladen.

Ins kalte Wasser geworfen – ein neuer Behördenleiter

vor ungekannten Herausforderungen

Müller erklärte nach einem Abriss der relevanten Entwicklungen

des Jahres 2022 u. a. dass die Vorbereitung

der BNetzA auf die Rolle des Bundeslastverteilers

kurz nach seinem Amtsantritt am 1. März 2022 eine

unerwartete und wichtige Aufgabe gewesen sei. Hinsichtlich

der Kernkraftwerke habe Minister Habeck am

4. März einen Prüfauftrag erteilt und die Antwort

erhalten, dass eine Änderung der vorgesehenen Laufzeiten

nicht zwingend erforderlich sei. Am 29. März

habe dann der Bericht zum Reservekraftwerksbedarf

für den kommenden Winter vorgelegen, der Herausforderungen

gezeigt habe. Im Juli habe es eine Anfrage

von Habeck zur Versorgungssicherheit gegeben mit

verschiedenen Herausforderungen, die betrachtet

werden sollten. Es habe sich gezeigt, dass die Kernkraftwerke

eher Kohlekraftwerke im Ausland als Gaskraftwerke

im Inland ersetzt hätten. Kurz nach Vorlage des

1. Stresstests im Juli sei der 2. Stresstest aufgesetzt

worden, wegen sich verändernder Herausforderungen.

Müller erklärt in der Befragung, dass es Habeck um ein

umfassendes Bild der Versorgungssicherheit gegangen

sei unter verschiedenen Parametern und Perspektiven

zu denen auch ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke

gehört habe. Hinsichtlich der Informationsweitergabe

an das BMWK teilte Müller mit, ihm sei wichtig gewesen,

dass die Entscheidungsträger die fachliche Einschätzung

erhielten, ungekürzt an die Staatssekretäre

mit Bitte um Weitergabe. Zur Aussagekraft einer

Schnellanalyse der ÜNB teilt er mit, dass die Beauftragung

noch vor seiner Amtszeit stattgefunden habe

und er sie damals nicht hätte bewerten können. Zum

Thema der Auswirkungen der Abschaltung des KRB II C

auf das Netzmanagement (Redispatch) wo TransnetBW

Probleme angezeigt habe und auf die Frage, ob KKI 2

aus netztechnischen Gründen weiterbetrieben worden

sei verneint Müller und verweist bei Nachfrage zu

erhöhtem Redispatch-Bedarf darauf, dass er vor allem

im ersten Halbjahr mit Gasthemen befasst gewesen sei.

Auf eine Frage, ob man nicht auch über den Winter

2022/23 hätte hinausblicken und Preis- sowie CO2­

Effekte hätte mitbetrachten müssen, antwortet Müller,

dass man auch über den Winter hinausgeblickt habe,

aber der Fokus auf der Versorgungssicherheit gelegen

habe. Preiseffekte habe man nur im Hinblick auf die

Gasmangellage betrachtet etwa bei LNG-Terminals und

bei Regelungen, die von Gazprom geführten Speicher

wieder mit Gas zu befüllen. Die CO2-Bilanz habe in

dieser Zeit keine Rolle gespielt. Danach gefragt, wie

man angesichts der Merit Order im Strommarkt

annehmen könne, dass Kernkraftwerke keinen Beitrag

zur Gaseinsparung leisten könnten, antwortet Müller,

er habe sich auf die Fachabteilung verlassen und dass

dieser Aspekt später berücksichtigt worden sei.

In der Befragung berichtet Müller unter anderem, dass

Graichen mit der Empfehlung der Prüfung eines

Weiter betriebs im Stresstest unzufrieden gewesen sei

und er Handlungsoptionen jenseits des Streckbetriebs

habe genannt bekommen wollen. Die Einschätzung zur

Rolle der KKW sei ernüchternd gewesen, diese hätten

nur einen sehr überschaubaren Beitrag leisten können.

Er berichtetet auch, dass Habeck im Sommer wegen

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Report

der Versorgungssicherheitsthemen in Bezug auf Nord

Stream und andere Sachverhalte sehr angespannt

gewesen sei, woraus sich vertiefte, strengere Prüfungen

ergeben hätten. Aus der Befragung ergab sich auch,

dass Habeck die Ergebnisse des 1. Stresstest nicht

kannte. Der Zeuge konnte keine Aussage dazu machen,

warum das so gewesen ist und wann Habeck davon

Kenntnis erlangte.

Zum Vorhalt, dass das Bundeskanzleramt den Prüfvermerk

angezweifelt habe und zur Frage, ob eine

Nachfrage seitens des Kanzleramtes, das befürchtet

habe, kommunikativ in die Defensive zu geraten, den

2. Stresstest getriggert habe, konnte der Zeuge keine

Auskunft geben. Auf die Frage, ob der 1. Stresstest nicht

eher eine Durchschnittsbetrachtung als ein Worts Case

Szenario gewesen sei, antwortet Müller, dass der 2. Test

ein ultimativ starker Stresstest gewesen sei, der erste

dagegen weniger streng, auch wenn er nicht von

Durchschnittsbetrachtung sprechen würde. Der Zeuge

teilte mit, dass die BNetzA die auf KRB II C bezogenen

Redispatchfragen nicht betrachtet habe und konnte

nichts dazu aussagen, was passieren würde, wenn

nicht genügend Leistung für Redispatch zur Verfügung

stünde bzw. welche Kapazitäten alternativ noch zur

Verfügung stünden.

Angesprochen auf seine Aussage, dass eine seriöse

Analyse mit Berechnungen einen Zeitbedarf von

Monaten habe, und die Diskrepanz die insoweit zum

Prüfvermerk bestehe, der in wenigen Tagen erarbeitet

worden sei, äußert Müller, dass er den Prüfvermerk

nicht bewerten wolle, dieser nicht aus der BNetzA

gekommen sei und das Haus viel zu seinen Fragen

gearbeitet habe. Nach dem Wunsch des persönlichen

Referenten von Graichen befragt, dass die Anfragen des

BMWK an die BNetzA nicht den üblichen Weg in der

Hierarchie des Hauses gehen, antwortet Müller, dass

es teils sehr restriktive Annahmen gegeben und die

Befürchtung bestanden habe, dass die Märkte im Fall

des öffentlich Werdens in Panik geraten würden. Er

habe diesen Ansatz nicht geteilt und dafür gesorgt, dass

alle relevanten Ebenen der BNetzA einbezogen worden

seien. Zur Einschätzung der Aussage von Habeck noch

am 17. Juli befragt, es gebe ein Gasproblem, kein Stromproblem

antwortet Müller, dass er die Aussage und ihre

Motivation nicht bewerten könne, aber dass im Laufe

des Jahres alle schlauer geworden seien.

Zum Thema der Verfügbarkeit von Kohlekraftwerken

und der Kenntnis darüber, dass 30 Prozent der Kohlekraftwerke

auf Verschleiß gefahren worden sein,

erklärt Müller, dass das Problem bekannt gewesen sei,

dass der Betrieb der Kohlekraftwerke nicht ohne

weiteres gewährleistet wäre. Man habe sich damit

befasst und die Einsatzfähigkeit der Kohlekraftwerke

eingefordert. Auf die Frage, ob die deutschen Kernkraftwerke

nicht auch 2023 und 2024 zur Entspannung

hätten beitragen können, antwortet Müller, dass es um

die entfallende Notwendigkeit gegangen sei, mit

deutschen Kraftwerken stützend bereit zu stehen.

Die persönliche Atomrechtslehre des Herrn N.

Der zweite Zeuge des Tages ist Gerrit Niehaus, Leiter

der Abteilung Nukleare Sicherheit, Strahlenschutz im

BMUV und vormals Leiter der Atomaufsicht in Baden-

Württemberg. Aus den vorangegangenen Zeugenbefragungen

und den den Abgeordneten vorliegenden

Dokumenten ist deutlich geworden, dass er eine

Schlüssel rolle bei der Erarbeitung des Prüfvermerks

hinsichtlich der rechtlichen Bewertungen und der

zahlreichen dort anzutreffenden, gegen einen Weiterbetrieb

in Stellung gebrachten rechtlich-sicherheitstechnischen

Unterstellungen hatte.

Niehaus erklärte zu Beginn, dass er sich nicht nur als

Jurist sehe und trat der Auffassung entgegen, dass nur

Fachleute für kerntechnische Sicherheit die Sicherheitsfragen

behandeln könnten. Es seien auch viele

andere Disziplinen gefordert wie Arbeitswissenschaft

oder Materialwissenschaft. Er erklärt, im BMUV gehe

es grundsätzlich um die Vorbereitung von Gesetzgebungsprojekten

und im Fall des Weiterbetriebs von

Kernkraftwerken um die Frage, ob rechtliche und

sicherheitstechnische Fragen einem Weiterbetrieb

entgegenstünden oder ob ein Weiterbetrieb erforderlich

sei. Er verweist dabei auch auf die Ethikkommission

von 2011 und ihre Schlussfolgerungen nach der

damaligen RSK-Sicherheitsüberprüfung sowie auf die

politische Entscheidung zum Ausstieg aufgrund eines

nicht hinnehmbaren Risikos. Er verwahrte sich gegen

das Argument, dass die Anlage am Tag nach der

Abschaltung auch sicher wäre, da dieses Argument

einer sicherheitsgerichteten behördlichen Abwägung

und einer Überprüfung die Grundlage entziehe.

Niehaus fährt mit der Erklärung fort, dass die Entwicklung

von Wissenschaft und Technik nicht vollumfänglich

in bestehenden Anlagen verwirklicht sein

könne. Die Behörde habe dabei keinen Spielraum und

müsse den Stand von Wissenschaft und Technik einfordern,

was Bestandsanlagen nicht erfüllen könnten.

Er teilt mit, dass der Gesetzgeber zwar großen Spielraum

habe, sich aber an Verfassung und Europarecht

halten müsse. Daraus folge, dass die Anlagen den Stand

von Wissenschaft und Technik erfüllen müssten, was

die Bestandsanlagen nicht könnten.

Niehaus führte weiter aus, dass die Bürger sich

auf das Verbot der Kernenergie verlassen können

müssten und dass bei einer Prüfung der Abwägungsent

scheidung auch die veränderte geopolitische Sicherheitslage

berücksichtigt werden müsse. Er wies darauf

hin, dass das neue kerntechnische Regelwerk wegen

der bayerischen Position nur mit der Maßgabe habe

beschlossen werden können, dass das neue Regelwerk

nicht zu einer neuen Sicherheitsüber prüfung führe. Er

erklärte, man könne diesbezüglich weder annehmen,

dass es maßgebliche Defizite gebe, noch dass es keine

maßgeblichen Konsequenzen geben werde.

Niehaus erläutert, dass die PSÜ auch den Soll­

Zustand der Anlage in Frage stellen solle, nicht nur

Ausgabe 2 › März


Report

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Abweichungen davon. Er erklärt, dass die PSÜ technisch

gesehen betriebsbegleitend möglich sei, weil die

Grunddaten der Anlage bekannt seien. Das Problem sei

aber, dass die Prüfung erst beginnen würde, wenn die

verlängerte Frist abgelaufen wäre. Seine Auffassung

sei, dass ohne PSÜ die Betriebserlaubnis automatisch

und unwiederbringlich verloren sei. Er teilt mit, dass

das verfassungsgemäße Ende der Kernenergienutzung

die gültige Sicherheitsentscheidung zur Kernenergie

verwirkliche und weist darauf hin, dass die RSK auch

bei der Entscheidung zur Laufzeitverlängerung 2010

nicht eingebunden gewesen sei.

Er erklärt, dass die Betreiber der Kernkraftwerke

richtig damit gelegen haben, die Laufzeitverlängerung

wegen der Planungssicherheit und der erforderlichen

Umdispositionen abzulehnen. Die von den Betreibern

geforderte Verantwortungsübertragung – der Staat in

der Betreiberrolle – wäre für die Aufsicht fatal. Niehaus

berichtet zum Thema Streckbetrieb ohne reduzierten

Leistungsbetrieb zuvor, dass die Betreiber Informationen

nachgeliefert hätten und erklärt, dass die

Informationen der Betreiber für das BMUV maßgeblich

sein müssten. Er wies die Idee, dass die Vertreter der

Energieversorgungsunternehmen unvorbereitet in die

Diskussion am 5. März gegangen und vom Protokoll

überrumpelt worden seien, als weltfremd zurück.

Niehaus weist darauf hin, dass der Reservebetrieb

keine neue Idee gewesen sei, sondern 2011 in das AtG

eingefügt worden sei, dergestalt, dass ein KKW bis 2012

in betriebsbereitem Zustand belassen worden sei. Auch

dies sei regional differenziert worden. Von Seiten des

BMUV sei nur eine Erlaubnis für den Reservebetrieb

angestrebt worden, keine staatliche Aufforderung.

Auf eine Frage nach inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben

für die Zulieferung zum Prüfvermerk antwortet

Niehaus, dass die Aufgabe dringlich gewesen sei, ohne

festes Datum zwar, aber rasch abzuarbeiten. Zum

Auftragsumfang erklärt er, dass klar gewesen sei, dass

die Verwirklichungsmöglichkeit eines Weiterbetriebs

in rechtlicher und sicherheitstechnischer Hinsicht

geprüft werden solle. Der Text sei als Ergänzung zu

einem Papier aus dem BMWK vorgesehen gewesen. Auf

die Frage, warum es so dringend gewesen sei, dass es

nur einen Tag Bearbeitungsmöglichkeit gegeben habe,

antwortet Niehaus, dass dies deswegen der Fall

gewesen sei, weil man im Falle des Weiterbetriebs

dringend hätte darüber informieren müssen bzw. die

Aufforderung an die Betreiber richten.

Zum Thema einer Einbeziehung der RSK erklärt

Niehaus, dass dies am Anfang für ihn noch eine Option

gewesen wäre, später aber nicht mehr, da man sehr

engen Kontakt zur Landesaufsicht gehabt habe. In der

Befragung äußerte er, die Rolle der Aufsicht und des

BMUV sei es, Fragen zu stellen, die Betreiber müssten

Sicherheitsfragen beantworten. Grundsatz dabei sei

im Zweifel für die Sicherheit. Die Fragen der Kollegen

hätten nicht schnell beantwortet werden können,

vielleicht nie. Ein Weiterbetrieb wäre sicherheitstechnisch

nicht vertretbar gewesen. Daraufhin befragt,

ob die Entscheidung des Bundeskanzlers sicherheitstechnisch

nicht zu vertreten gewesen sei, da die

Anlagen ja weiter betrieben worden seien, antwortet

Niehaus, dass die Frage mit einer Abwägungsentscheidung

hinsichtlich Versorgungssicherheit/Stromausfall

verbunden gewesen sei, nicht mit Preisen oder

Klimaschutz. Es sei keine absolute Entscheidung

gewesen. Die Frist zur Notifizierung dagegen schon. Die

EU habe die Verlängerung um dreieinhalb Monate

möglich gemacht.

Auf den Vorhalt, dass die Feststellung sicherheitstechnisch

nicht vertretbar eigentlich keiner Abwägung

zugänglich sei, erklärt Niehaus, dass der Vermerk des

BMUV Teil einer umfangreicheren Abwägungsentscheidung

gewesen sei. Die Entscheidung des Bundeskanzlers

bezeichnet er als sinnvoll und stellt heraus,

dass sie am Ausstieg festgehalten habe. Auf die Frage,

warum nur drei Mitglieder der RSK kontaktiert worden

seien, antwortet er, dass diese entsprechende Verträge

hätten. Zur von ihm gewählten Formulierung „juristisch

grob falsch“ hinsichtlich eines zusammenfassenden

Papiers von Graichen erklärt Niehaus, er habe

verhindern wollen, dass Zwischenstände an ihm vorbei

veröffentlicht würden. Das Problem sei das Verhältnis

Behörde-Gesetzgeber und deren Spielräume gewesen.

Auf den Vorhalt, dass Staatsekretär Tidow wollte, dass

ruhig über die Sachverhalte befunden werde und es

genug Zeit gäbe sowie die Frage warum er die Fachabteilung

nicht weiter eingebunden habe, erklärt er,

dass es keine Punkte gegeben habe die man fachlich

hätte hinterfragen müssen.

Nach den öffentlichen Stellungnahmen des GRS­

Geschäftsführers Uwe Stoll befragt, teilt Niehaus mit,

dass er es bedenklich gefunden habe, dass sich Stoll in

die Phalanx der Befürworter eines Weiterbetriebs

eingereiht habe, offenbar auf Anregung des TÜV. Auf

die Frage, wie es zu der Aussage gekommen sei, dass es

12 bis 18 Monate dauere, bis frische Brennelemente

geliefert werden könnten, antwortete er, dass dies

Aussage der Betreiber gewesen sei, und anfangs sogar

15 bis 24 Monate genannt worden seien. Es sei nicht

auf den Monat angekommen, weil ein unterbrechungsfreier

Betrieb ab Juni nicht mehr möglich gewesen

wäre. Es sei für die Abteilung kein Thema gewesen. Auf

den Vorhalt, dass in der Zeit zwischen zwei Vermerken

vom 1. und vom 3. März wohl kaum eine ergebnisoffene

Prüfung habe durchgeführt werden können,

antwortet Niehaus, dass die Tatsache, dass die Fragen

nicht so schnell haben beantwortet werden können ein

Hindernis für eine Laufzeitverlängerung darstelle. Im

weiteren Verlauf der Befragung werden Diskrepanzen

zwischen Juristen und Technikern in der Abteilung,

Dissonanzen zwischen den Mitarbeitern und dem

Leiter, interne Kritik von Niehaus an der Arbeit

der Abteilung aus der „nichts Brauchbares“ kommt,

das eher zurückhaltende Engagement von Ministerin

Lemke in der Angelegenheit des Weiterbetriebs und

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die Frage, wann das Angebot von Westinghouse einer

Belieferung von Brennelementen innerhalb von

neun Monaten bei der Bundesregierung angekommen

ist, thematisiert, ohne dass daraus weiterführende

Erkenntnisse resultieren.

Auf eine Frage zur vertieften Sicherheitsprüfung von

GKN II und deren Verhältnis zu einer PSÜ antwortet

Niehaus, dass diese Prüfung die Anforderungen des

neuen kerntechnischen Regelwerks berücksichtigt

habe, aber keine PSÜ gewesen sei. GKN sei auf neue

Störfallszenarien geprüft worden, aber es habe im

Vergleich zu einer PSÜ etwa die Probabilistik gefehlt.

Auch seien die Ergebnisse nicht zwingend übertragbar.

Die Linientreue als Lebensinhalt

Der folgende Zeuge, Dr. Volker Oschmann, Leiter der

Abteilung Strom im BMWK, stellt in seinem Statement

die Bewältigungsstrategie in der Krise vor und betont

deren Erfolg. Er erläutert, dass die klassischen Dienstwege

wegen zu langer Verfahrensdauer in der Krise

ungeeignet gewesen seien, weswegen Stabsstellen

eingerichtet worden seien, wobei seine Abteilung vor

allem Fragen beantwortet und Themen des Ausbaus

erneuerbarer Energie bearbeitet habe.

In der Fragerunde wird danach gefragt, ob es bereits

vor der Ankündigung der ergebnisoffenen Prüfung

durch Minister Habeck eine Prüfung des Sachverhalts

gegeben habe wie es eine Mail nahelege. Oschmann

antwortet, dass die Abteilung mit Kenntnissen zur

Kernenergie aus dem BMWK ausgegliedert worden sei

und Fragen technischer Art zur Kernenergie nicht in

der Zuständigkeit seiner Abteilung gelegen hätten.

Darauf angesprochen, dass es einen Arbeitsauftrag

gegeben habe, zu zeigen, dass Versorgungssicherheit

auch ohne Weiterbetrieb gewährleistet werden könne,

antwortet Oschmann, dass der Arbeitsauftrag als sachliche

Prüfung angelegt gewesen sei und eine politische

Bewertung an anderer Stelle habe erfolgen müssen.

Nach der Interpretation des Streckbetriebes als Nullsummenspiel

hinsichtlich der Stromerzeugung befragt,

wie sie dem Prüfvermerk zugrunde liege, erklärt

Oschmann, dass die Abteilung keine Kompetenz hinsichtlich

Kernenergie im technischen Sinne gehabt

habe, diese Frage nicht habe bewerten können und

er auch nicht wisse, ob die Hypothese, die der Frage

zugrunde liege, stimme.

Danach gefragt, ob es angesichts der unterschiedlichen

Einschätzung im RWE-Vermerk und der wesentlich

positiveren Aussagen zum Weiterbetrieb in einem

Schreiben von EnBW seiner Meinung nach Differenzen

zwischen den Betreibern gegeben habe, antwortet

Oschmann, dass er den Eindruck gehabt habe, es gebe

große Differenzen.

Oschmann wird zu seiner Formulierung in einer

Mail zum 1. Stresstest befragt, in der er empfiehlt, die

Ergebnisse nicht zu veröffentlichen, weil diese „zu

angreifbar“ seien. Er erklärt darauf, dass sich dies nicht

auf eine Einschätzung des 1. Stresstests als ungeeignet

bezogen habe, sondern auf die zwischenzeitlich, d. h.

bis Mitte Juli eingetretenen Veränderungen mit Einfluss

auf die Bewertung der Versorgungssicherheit.

Daraus habe die Empfehlung an die BNetzA resultiert,

einen neuen Stresstest zu veranlassen. Zum FAQ

zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken vom 8. März

befragt, warum er nicht angemerkt habe, dass die

energie wirtschaftliche Einschätzung (z. B. Redispatch)

aus Sicht der Fachabteilung nicht angemessen sei,

antwortet Oschmann, dass die Versorgungssicherheit

weiter beobachtet worden sei und die Einschätzung

sich entwickelt habe. Auf die Vorhaltung, dass es für

die Finalisierung des Prüfvermerks nur wenige

Stunden gegeben habe, für die FAQ aber drei Tage und

dass die Presseabteilung den RWE-Vermerk erhalten

habe sowie die Frage, ob hier nicht ein Ungleichgewicht

bestehe, antwortet der Zeuge, dass das FAQ Öffentlichkeitsarbeit

sei und es bei einem Vermerk von der

Dringlichkeit abhänge. In der Befragung kommt auch

zur Sprache, dass bei einer sehr großen Runde am

7. März die energiewirtschaftliche Fachabteilung nicht

vertreten gewesen ist, worauf der Zeuge ausweichend

antwortet.

Auf die Frage, welche Folgen es gehabt habe, dass die

Verfügbarkeit von Kohlekraftwerken mit 100 Prozent

angesetzt worden und ob dies nicht Wunschdenken

gewesen sei, antwortet Oschmann, dass es kein

Wunschdenken gewesen sei und dass man die Kraftwerke

mit Versorgung aus heimischen Brennstoffen

auf jeden Fall verfügbar gemacht hätte. Man habe alles

in die Waagschale geworfen. Hierzu lässt sich seitens

des Autors anmerken, alles außer den Kernkraftwerken.

Denn während diese am 15. April 2023 endgültig

abgeschaltet wurden, haben die in den Markt

oder wieder in Betrieb genommenen Kohlekraftwerke,

die zunächst bis zum 30. Juni 2023 laufen durften, für

den folgenden Winter wieder eine Ausnahmeerlaubnis

bis zum 31. März 2024 erhalten. Weiter zum Thema

befragt und damit konfrontiert, dass es eine Einschätzung

aus dem BMWK gegeben habe, die diese

Annahme für riskant hielt, weil bis zu einem Drittel der

betroffenen Kohlekraftwerke ggf. nicht in den Markt

zurückkehren könnten, äußert Oschmann, dass ihm

diese Erkenntnis vom Juli nicht vorgelegen sei und mit

Kohle möglichst viel Gas eingespart werden sollte.

Auf die Nachfrage, warum dann nicht auch der

mögliche Beitrag der Kernkraftwerke geprüft worden

sei, antwortet Oschmann mit Verweis auf die Rechtslage

nach AtG, die man beachtet habe. Auf die Frage,

was er aus der Krise gelernt habe, erklärt Oschmann,

dass eine Lehre sei, dass das Ministerium nicht gut und

zu umständlich für eine Krise aufgestellt sei und es

immer gut sei, Reserven zu haben. Auch müssten

unwahrscheinliche Ereignisse und Konstellationen

durch Reserven berücksichtigt werden. Im weiteren

Verlauf der Befragung sagt der Zeuge aus, dass für ihn

keine großen Differenzen zwischen den Betreibern

Ausgabe 2 › März


Report

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erkennbar gewesen seien und dass aus seiner Sicht mit

der angesprochenen „Betreiberrolle“ des Staates der

Umgang mit technischen, kommerziellen und rechtlichen

Regeln gemeint gewesen sei.

Am letzten Tag der Zeugenbefragungen vor der

Weihnachtspause am 19. Dezember wurden Stefan

Tidow, Staatssekretär im BMUV, Dr. Patrick Graichen,

Staatssekretär a. D. im BMWK sowie Dr. Wolf Heinrich

Reuter, Staatssekretär a. D. im Bundesministerium

der Finanzen (BMF) befragt und damit Angehörige der

Leitungsebene der drei Häuser.

Ein Staatssekretär mit einer alten Mission

Staatsekretär Tidow begann mit der Mitteilung, dass es

bereits am 24. Februar eine Medienanfrage zum Thema

Weiterbetrieb gegeben habe. Er führte dies darauf

zurück, dass Politiker der Union im Wahlkampf den

parteiübergreifenden Konsens in Frage gestellt hätten,

wodurch das Thema bereits zum „Grundrauschen“ der

politischen Diskussion gehört habe und Lemke bereits

Anfang Februar eine Befassung mit dem Thema beauftragte.

In der Befragung erklärte er, nicht zu wissen,

wann das Thema das BMUV offiziell erreicht habe und

dass Graichen und er als Scharnier zwischen den

Häusern fungierten. Er berichtete weiter, dass die

schnelle Lieferung der Vermerke nicht nur dem Druck

geschuldet gewesen sei, der in der Energiediskussion

geherrscht habe, sondern auch auf die Vorarbeiten

im BMUV und die Stellungnahmen der Betreiber

RWE, EnBW und E.ON zurückzuführen sei, die er zum

damaligen Zeitpunkt allerdings nicht gekannt habe.

Auf einen Widerspruch zwischen Vermerken der Abteilung

nukleare Sicherheit und deren Abteilungsleiter

angesprochen, teilte er mit, dass das technische Referat

die Sicherheitsthemen geliefert habe, die zu berücksichtigen

gewesen seien und der Abteilungsleiter die

Informationen gesammelt und zugespitzt habe wie

etwa „sicherheitstechnisch nicht vertretbar“ und „im

Zweifel für die Sicherheit“. Es sei dann eine Entscheidung

gegen die Erhöhung des Risikos durch einen

Weiterbetrieb gefallen. Diese Entscheidung habe durch

eine Abwägung in Frage gestellt werden können, die

Bezug auf den energiewirtschaftlichen Nutzen nähme.

Er teilt mit, dass die Überarbeitung durch die Abteilungsleitung

wichtig gewesen sei.

Tidow beklagte in der Befragung den „wirkungsmächtigen

Spin“ durch die beiden Medien Cicero und

Welt, denen wesentliche Unterlagen bereits im August

2022 vorgelegen hätten. Zur Telefonschalte mit den

Energieversorgungsunternehmen am 5. März mit

Minister Habeck berichtete er, dass er die Sicherheitsaspekte

seitens BMUV vorgetragen habe. Die Betreiber

hätten zu verstehen gegeben, dass ein Weiterbetrieb

nur bei Abstrichen an der Sicherheit und der aufsichtlichen

Begleitung möglich sei. Sie hätten auch eine

„ Betreiberrolle“ des Staates eingefordert und ausgeführt,

dass eine Wiederinbetriebnahme von Ende 2021

abgeschalteten Anlagen eine Neugenehmigung erfordere.

Er teilte seine Schlussfolgerung aus dem Gespräch

mit, dass die Regierungsseite im Wesentlichen bestätigt

worden sei und es keinen Bedarf einer grundlegenden

Änderung der Einschätzung gegeben habe. Er erklärt,

das Betreibergespräch markiere den Übergang von

eher offener Vorarbeit zu Schussfolgerungen, weshalb

von den Ministerien entschieden worden sei, auf

diesem argumentativen Pfad zu verbleiben. Es sei aber

aus technischen Gründen weder eine lange, noch eine

kurze Laufzeitverlängerung ausgeschlossen worden.

Tidow erklärte weiter, dass die Grundsatzfrage der

Kern energie nicht Gegenstand der Abwägungen gewesen

sei, ebenso wenig wie Stromkosten und Klimaschutz.

Es sei nur eine Empfehlung ausgesprochen worden,

die Entscheidung habe beim Gesetzgeber gelegen.

Tidow beklagte, dass auch von Lobbyorganisationen

wie KernD viel öffentlich diskutiert worden sei, auf der

Linie, dass ein Weiterbetrieb technisch möglich sei und

ohne Berücksichtigung der Abwägung. Es habe eine

Entgrenzung der Diskussion gegeben, allerdings auch

wegen real veränderter Umstände. Eine wichtige Rolle

habe die Stellungnahme des TÜV Süd gespielt, der die

Argumentation zu Gunsten einer Laufzeitverlängerung

zu unterfüttern schien. Daraus hätten sie erfahren,

dass in KKI 2 noch mehr Brennstoff enthalten sei als

bisher bekannt und es sei aus Bayern die Sorge übermittelt

worden, dass die Abschaltung von KKI 2 im Fall

einer Gasmangellage einen Blackout wahrscheinlicher

mache. Daher sei die Frage der Versorgungssicherheit

Gegenstand neuer Untersuchungen im Auftrag des

BMWK und mit neuen Annahmen gewesen.

Tidow beklagt, dass die Diskussion von Atombefürwortern

durchgezogen worden und auf große Resonanz

gestoßen sei. Es habe auch die Unterstellung gegeben,

dass Habeck mit dem Stresstest eine Laufzeitverlängerung

habe durchsetzen wollen und die Befürchtung,

dass ein Streckbetrieb von Befürwortern genutzt

werde, um den Ausstieg rückgängig zu machen. Er

erklärt, dass er persönlich einen Weiterbetrieb für

politisch undurchsetzbar gehalten habe.

Er erläutert, dass ein Leistungsbetrieb nach dem 1. Januar

2023 eine staatliche Anordnung gewesen wäre,

die auch hinsichtlich der staatlichen Aufsicht Fragen

aufgeworfen hätte wegen des europäischen Trennungsgebots

zwischen Betrieb und Aufsicht. Er teilte

mit, dass es gelungen sei, einen Weiterbetrieb im

Streckbetrieb so zu fassen, dass es für BMUV hinsichtlich

der Sicherheit akzeptabel gewesen sei. Es sei auch

klar gewesen, dass es keine Rauf-runter-Reserve geben

würde, sondern eine einmalige Entscheidung, wobei

unklar gewesen sei, wer für die Entscheidung verantwortlich

wäre, Regierung oder Parlament. Diese Frage

sei für die Fraktionen wichtig gewesen.

Tidow führte aus, dass Habeck am 5. September die

Einsatzreserve vorgestellt habe. Daraufhin hätte sich

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Report

der PEL-Geschäftsführer Knott brieflich an Graichen

gewendet, dass eine Einsatzreserve technisch nicht

möglich sei. Tidow bewertete es als dreist, dass Knott

die vielen Arbeiten und Probleme angesprochen habe,

nachdem er zuvor den Eindruck erweckt habe, dass

der Streckbetrieb problemlos möglich wäre. Das Thema

sei dabei die Justierung eines Druckhalterventils

gewesen, die zügig umgesetzt werden müsse, da die

Reaktivitätsreserve des Kerns sonst ggf. zu gering sei,

um wieder hochzufahren. Die Unterschlagung eines

kleinen Details, dass in der Sache nicht so gravierend

gewesen sei, bezeichnete Tidow als unredlich. Die

weiteren Gespräche mit den Betreibern seien sehr

sachlich und konstruktiv gewesen.

Auf den Vorhalt, dass ein Vermerk vom 27. Februar

sehr offen bzgl. einer Laufzeitverlängerung gehalten

und an Niehaus gegangen sei, der in am 1. März überarbeitet

weitergeleitet und dann noch einmal zum Vermerk

vom 3. März überarbeitet habe, antwortet Tidow,

dass der Vermerk vom 1. März sich nicht zur Weitergabe

als Beitrag zum Prüfvermerk geeignet habe, da er

sich auf organisatorische, logistische und sicherheitstechnische

Fragen bezogen habe, aber noch nicht die

juristischen Themen behandelt habe. Nach seiner fachlichen

Einschätzung des RWE-Vermerks gefragt, der

große Ähnlichkeit mit dem späteren Prüfvermerk

habe, antwortet der Zeuge, dass sie überrascht gewesen

seien, dass RWE gegenüber einem Weiterbetrieb fast

noch pessimistischer gewesen sei als sie selbst. Danach

gefragt, ob das von RWE-Juristen erarbeitete RWE­

Papier, dessen Argumentation stark aufgegriffen

worden sei, die Grundlage seines Vermerks bildete,

antwortet Tidow, dass möglicherweise Graichen darauf

rekurrierte, sie aber eigene Vermerke verwendet

hätten. Er erklärte, dass der Sachverhalt Neuerteilung

der Genehmigung (Anm: insbesondere 2021 abgeschalteter

Anlagen) unserer Auffassung entspreche. Es sei

daher keine Überraschung gewesen, dass sich dies im

Prüfvermerk finde.

Tidow wird darauf angesprochen, dass er einst Büroleiter

von Jürgen Trittin gewesen sei und danach

gefragt, was im Zusammenhang mit einer Anfrage des

Bundestagsbüros von Trittin am 24. Februar besprochen

worden sei. Tidow antwortet, er vermute,

dass er sich empört habe, dass am Tag des Überfalls die

Opposition sofort mit Kohle- und Atomkraftwerken

komme. Auf den Vorhalt, dass in einer Kommunikation

mit dem Büro Trittin stehe „könnt Ihr da mal schauen“

erklärt Tidow, dass er sich an ein Gespräch mit Trittin

im August erinnere, in dem dieser gegen den Streckbetrieb

plädiert habe, weswegen er sich mit ihm

gestritten habe.

Tidow verneint in einem Austausch mit einem Fragesteller,

dass es hinsichtlich der Einschätzung zum

Restrisiko, das der Grund für die kernenergiepolitische

Grundentscheidung gewesen sei, einen Widerspruch

zwischen seiner Position und der Fachabteilung

gebe. Er erklärte, dass die Anlagen im Rahmen der

gesetzlichen Anforderungen sicher seien, es aber

dennoch ein Restrisiko gebe. Ihm war vom Fragesteller

vorgeworfen worden, sich mit seiner Positionierung

in der Diskussion zum Weiterbetrieb in Bezug auf

die Sicherheit gegen die Fachabteilung, Gutachter und

Fachleute im Bereich Kernkraft, kerntechnische Sicherheit

zu stellen.

Zur Position der Betreiber zum Weiterbetrieb befragt,

erklärt Tidow, dass die Betreiber auf staatliche

Anforderung zum Weiterbetrieb bereit gewesen wären

und deutlich gemacht hätten, dass es Zugeständnisse

hinsichtlich der Sicherheitsüberprüfung geben müsse.

Er teilt mit, dass seiner Auffassung nach, die Positionen

der Unternehmen in dem Gespräch abgestimmt

gewesen seien. Danach befragt, ob er das Thema PSÜ

im Widerspruch zu jedweder Laufzeitverlängerung

gesehen habe, antwortet Tidow, dass sich die Frage

nach einem Streckbetrieb nach dem Kenntnisstand

Anfang März nicht gestellt habe, weswegen sich Aussagen

zur PSÜ auf eine längere Laufzeitverlängerung

bezogen hätten, für die die PSÜ ein Hindernis gebildet

habe. Auf den Vorhalt, dass das BMUV eine PSÜ für alle

Formen der Laufzeitverlängerung, auch den Streckbetrieb

angemahnt habe und die Frage was denn nun

stimme, antwortet der Zeuge, es habe eine Phase

gegeben, in der wir eine kurze Laufzeitverlängerung

befürwortet hätten und es hätte uneinheitliche Interpretationen

des Begriffs Streckbetrieb gegeben.

Bezüglich der Inhalte und/oder Hintergründe verschiedener

Sachverhalte gefragt – Gespräch mit Vertretern

der Bayerischen Staatsregierung, Gespräch

Habeck-Krebber, Hintergrundpapier zu Möglichkeiten

Laufzeitverlängerung, Telefonanruf Büro Trittin – antwortet

Tidow, dass er keine Erinnerung an den Inhalt

des Gesprächs mit Trittin habe, keine Kenntnisse von

einem Gespräch mit Bayern und dass ggf. eine frühe

Befassung der zuständigen Abteilung mit dem Thema

Laufzeitverlängerung den Hintergrund für ein Non-

Paper dazu bilde.

Zu einem von Niehaus am 25. März versendeten

Hinter grundpapier gefragt, dass keine Sicherheitsgründe

benennt, die gegen eine Laufzeitverlängerung

sprächen, erklärt Tidow, dass das Papier technische

und logistische Sachverhalte zusammenfasse ohne

Betrachtung rechtlicher Fragen. Im darauffolgenden

Frage-Antwort-Geplänkel, in dem auch darauf hingewiesen

wird, dass einer Wiederinbetriebnahme der

2021 abgeschalteten Anlagen nichts im Wege gestanden

habe, macht der Zeuge keine Aussagen mehr, die zu

einer Sachverhaltsklärung beitragen könnten.

Noch einmal wird das Thema der Reaktion von PEL auf

die Vorstellung des Einsatzreserve-Konzeptes angesprochen

und von Seiten der Bundestagsfraktion der

Grünen gefragt, warum er den Brief von PEL als dreist

bezeichnet habe. Tidow bestreitet, dies gesagt zu haben

und erklärt, nur seiner Empörung Ausdruck verliehen

zu haben. Er fährt fort, dass das BMUV unter großem

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Report

95

Druck gestanden habe und PEL immer etwas doppelzüngig

gewesen sei. PEL habe Habeck missverstanden,

obwohl wir dies (Anm.: ein Reservebetrieb mit An- und

Abfahren) längst hinter uns gelassen hätten. Auf die

Frage, was das Motiv von PEL gewesen sein könnte,

erklärt Tidow, dass es auch um viel Geld gegangen

sei, dass man habe verdienen können. Der Streckbetrieb

habe insgesamt 1,4 Milliarden Euro zusätzliche

Gewinne gebracht. (Anm.: ein Wert der auch bei der

damaligen Marktlage, dem Vermarktungsweg und

selbst als Umsatz unplausibel hoch erscheint) Im Hinblick

auf verschiedene kursierende Interpretationen

der Einsatzreserve befragt, welche er verwendet habe,

antwortet Tidow, dass sie die Optionen kraftwerksspezifisch

entwickelt hätten, mit einer Entscheidung

hinsichtlich KKI 2 im Dezember und hinsichtlich GKN

2 im Januar. Er erklärte, klassischer Streckbetrieb sei

eine Reduzierung der Leistung um dann länger fahren

zu können.

Zu den Vorwürfen an PEL darüber befragt, ob der

Unter schied zwischen der Einsatzreserve in erster und

in zweiter Fassung an PEL kommuniziert worden seie,

antwortet Tidow, dass dies nicht von ihm und nicht

vom BMVU getan worden sei, aber Habeck das bei

seiner Vorstellung der Einsatzreserve klar kommuniziert

habe. Auf die Nachfrage, ob die Idee der Einsatzreserve

von Habeck gekommen sei, erklärt Tidow, dass

er sie zum ersten Mal von Habeck gehört habe, nachdem

ein unkonditionierter Streckbetrieb politisch

schwierig würde. Auf die Frage, ob die Webseite des

BMUV falsche Informationen bezüglich PSÜ und Laufzeitverlängerung

enthalte, erklärt Tidow, dass das

Laufzeitende nicht nur durch die gesetzliche Laufzeitbegrenzung,

sondern auch durch PSÜ-Verzicht

begründet werde. Auf den Vorhalt, dass die Anlagen

gleichwohl weiter betrieben worden seien, antwortet

Tidow, dass dies nur kurz der Fall gewesen sei und das

Gesetz an dieser Stelle auch geändert worden sei.

Gefragt, ob das Thema Brennstoffversorgung weiterverfolgt

bzw. geprüft worden sei, nachdem in dem

Hintergrundpapier gestanden habe, dass die ANF

Kapazität habe und bei Urenco nachgefragt werden

müsse, ob angereichertes Uran zur Verfügung stehe,

antwortet der Zeuge, dass sich die Frage ebenso wie

die der Ersatzteilversorgung gar nicht mehr gestellt

habe, weil der energiewirtschaftliche Nutzen zu klein

gewesen sei.

Auf die Frage, ob er das Schreiben von EnBW vom

26. Februar erhalten und ihn der Inhalt angesichts des

RWE-Papiers gewundert habe, teilt Tidow mit, dass er

sich über die neuen Informationen gefreut habe, da die

Aussagen weitere Prüfkriterien für den Prüfvermerk

geliefert hätten. Das Papier von EnBW habe uns in der

Frage der Genehmigung unterstützt und forderte die

Klärung von Fragen wie der Lastenverteilung.

Vom Nageln des Puddings oder ich habe immer

irgendwie recht

Der nächste Zeuge ist der ehemalige Staatssekretär im

BMWK, Patrick Graichen, vormals Exekutivdirektor

des Energiewende Think Tanks Agora Energiewende

und federführend für viele Projekte des BMWK bis

zu seiner Entlassung. Befragt nach einem Schreiben

des CEO von E.ON Leo Birnbaum und seiner Zusammenfassung

des RWE-Papiers dahingehend, dass

„die Betreiber“ das – eine Laufzeitverlängerung – nicht

wollten und man so etwas auch von der Aufsicht

brauche, erklärt Graichen, dass ein ähnliches Dokument

von E.ON vorgelegen habe, das zu einem Gespräch

über die Themen Gasversorgung und Laufzeitverlängerung

nachgereicht worden sei, aus dem hervorgegangen

sei, dass E.ON keine Laufzeitverlängerung

haben wolle. Auf den Vorhalt, ein Papier weitergeleitet

zu haben, dass bei Tidow den Eindruck erweckt habe,

dass es zwischen den Betreibern abgestimmt sei, antwortet

der Zeuge, dass er vielleicht ungenau formuliert

habe. Auf die Nachfrage wie es im Hinblick auf die vom

Minister angekündigte ergebnisoffene Prüfung zu verstehen

sei, dass man so etwas auch von der Aufsicht

brauche, erklärt Graichen dass er es so verstehe, dass

man auch die Betrachtung des Sachverhalts von Seiten

der Atomaufsicht brauche.

Auf den Vorhalt, er habe von den Betreibern gesprochen,

obwohl er erst später die Stellungnahme von

EnBW erhalten habe, erwidert Graichen, dass er nicht

wisse, wann er welches Papier hatte und dass man mit

allen drei Betreibern sprechen wollte. Es sei aber die

Frage gewesen, ob es einen Nutzen gebe, der es

rechtfertige die vielen Probleme zu adressieren. Auf

die Frage, warum die Bewertung einer Rolle der

Kernenergie in der Energiekrise so schnell habe

erfolgen müssen, antwortet der Zeuge, dass wir nicht

gewollt hätten, dass im ganzen März von dem Thema

Kernenergie, das nicht so bedeutend gewesen sei, die

Aufmerksamkeit von anderen Themen abgelenkt

werde. Befragt nach einem Vermerk zur energiewirtschaftlichen

Bewertung, der eine Laufzeitverlängerung

zur Verringerung des Gasbedarfs empfohlen

habe, womit aber der Zeuge nicht habe überzeugt

werden können, antwortet Graichen, dass er der

Bewertung partiell nicht habe zustimmen können, da

sie nicht berücksichtigt habe, dass Gaskraftwerke zu

den geschützten Verbrauchern gehörten und auch

nicht den Umfang der Reaktivierung von Kohlekraftwerken

(10 GW) beachtet habe. Seine und

Oschmanns Einschätzungen hätten sich dann bestätigt.

In der weiteren Befragung wird deutlich, dass Graichen

offenbar im Hinblick auf den Prüfvermerk vieles

alleine und mit wenig internem und externem Austausch

gemacht hat. Auf die Frage, warum er den

Vorvermerk (zum Prüfvermerk) an Habeck gegeben

habe, ohne auf das Feedback des BMUV zu warten,

obwohl Tidow noch einmal über den Text habe gehen

wollen, antwortet Graichen, dass es später keine

gravierenden Änderungen gegeben habe, nur juristisch

saubere Formulierungen.

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96

Report

Zum Thema eines Papiers für Habeck mit verschiedenen

möglichen Gegenforderungen der Grünen in

Verhandlungen mit den Koalitionspartnern über einen

Streckbetrieb befragt, äußert Graichen, dass der

Kontext gewesen sei, dass die FDP sich gegen die

Einsatzreserve positioniert habe. Danach gefragt, ob er

zu diesem Zeitpunkt schon gewusst habe, dass es einen

Streckbetrieb geben würde, erklärte der Zeuge, dass

er sich zu diesem Zeitpunkt (September) in Verhandlungen

mit den Betreibern über einen öffentlichrechtlichen

Vertrag im Kontext der Einsatzreserve

befunden habe, was sehr viele Ressourcen gebunden

und ihn zu der Empfehlung veranlasst habe, eher auf

einen Streckbetrieb zu zielen.

Auf die Frage, wie seine Einstellung zur Kernenergie

sei, antwortet Graichen, dass die Kernenergie Chancen

und Risken habe. Ein großer Unfall sei nie auszuschließen

gewesen, weshalb es das Ziel gewesen sei, die

Kernkraft abzuschaffen.

In einer längeren Befragung zum 2. Stresstest erklärt

Graichen, dass die erweiterten Szenarien unwahrscheinlich

gewesen seien, weshalb die Idee der Einsatzreserve

aufgekommen sei. In der weiteren Befragung

zur Einsatzreserve ließ sich nicht klären wann genau

und von wem der Vorschlag gekommen ist. Der Zeuge

bestritt, dass die Einsatzreserve wegen der von der

Führung der Grünen aufgestellten hohen Hürden

für einen Streckbetrieb ein Zugeständnis an die grüne

Bundestagsfraktion gewesen ist. Graichen erklärte, dass

man in Gesprächen mit den Betreibern die Bedingungen

für die Einsatzreserve in Abhängigkeit von der Situation

der einzelnen Anlagen angepasst habe.

Mit Bezugnahme auf einen Brief von PEL mit der Aussage,

dass eine Bestellung neuer Brennelemente einen

unterbrechungsfreien Betrieb (von KKI 2) in 2023 und

2024 sowie darüber hinaus ermöglichen würde, wird

Graichen gefragt, ob für ihn die Frage eines Weiterbetriebs

ab dem 8. März abgehakt gewesen sei. Er

antwortet, dass die Aussage im Brief im Einklang mit

der Information vom 5. März stehe und merkt an, dass

zwei Jahre Betrieb zu wenig seien (Anm.: vermutlich

im Hinblick auf Abbrand).

Auf die Frage ob ihm bekannt gewesen sei, dass viele

reaktivierte Kohlekraftwerke nicht verfügbar sein

könnten, anders als in einem Papier zur Gaspreisentwicklung

unterstellt, antwortet Graichen, dass die

Kohlekraftwerke leichter wieder verfügbar zu machen

gewesen seien. Auf die Frage, warum es im BMWK

keine Zuständigkeit mehr für Kernenergie gegeben

habe und niemand mehr Kenntnisse hatte, antwortet

er, dies sei wegen des Atomausstiegs der Fall. Auf seine

Kenntnis über noch ausstehende Entschädigungszahlungen

an RWE für nicht verstrombare Reststrommengen

angesprochen, verneint er eine Kenntnis. Auf

die Frage, warum er von Seiten E.ON Zurückhaltung

erwartet habe, antwortet Graichen, dass Birnbaum

Zurückhaltung angekündigt habe.

Auf die Frage, was dagegengesprochen habe, dass BMF

in die Gespräche mit den Betreibern einzubinden, da es

sich ja um einen haushaltsrelevanten Tatbestand

gehandelt habe, antwortet Graichen, dass BMF im

Rahmen der Ressortabstimmung eingebunden worden

sei.

Die Gegenrealität im Finanzministerium – eine

Radiographie der Ampelregierung

Als letzter Zeuge vor der Weihnachtspause wurde der

ehemalige Staatssekretär im BMF, Dr. Heinrich Reuter

befragt, der im Jahr 2022 noch Abteilungsleiter gewesen

ist. Reuter erklärte, dass man im BMF relativ früh im

Jahr zu der Schlussfolgerung gelangt sei, dass alle

Möglichkeiten genutzt werden müssten, um die

Energie sicherheit zu gewährleisten. Das BMF müsse

sich bei seiner Arbeit auf die sorgfältige Fachtätigkeit

der Ressorts verlassen. Dabei begleiteten sie die

Prozesse mit Fragen und Anregungen.

Reuter berichtet weiter, dass sie bezüglich der Energieversorgung

möglichst viel Potential haben nutzen

wollen, einschließlich der Kernenergie um Gas einzusparen,

weil dadurch Gaskraftwerke im Markt verdrängt

werden könnten, um Preise zu stabilisieren

über den Merit-Order-Effekt und wegen des fiskalischen

Effekts um Steuern zu sparen, da ein niedrigerer

Gaspreis eine kostengünstigere Füllung der Ex­

Gazprom-Speicher ermögliche.

Daraus sei gefolgert worden, dass die damals laufenden

drei KKW weiterbetrieben werden und zwei der drei

in 2021 abgeschalteten Anlagen reaktiviert werden

sollten. Reuter teilt mit, dass deshalb am 28. Februar

ein Vermerk für Minister Lindner erstellt worden sei,

in dem empfohlen worden sei, die KKW länger zu

nutzen, damit das Energieangebot auszuweiten und die

Strompreise günstiger zu halten bzw. zu machen.

Die Anlagen hätte mindestens bis 31.12.2024 weiter

betrieben werden können.

Auf die Frage, warum nur bis Ende 2024 ins Auge

gefasst worden sei, obwohl man bei neuen Brennelementen

einen längeren Betrieb erwartet hätte, antwortet

Reuter, dass für die Brennelemente drei Jahre

Nutzung genannt worden seien, man sie aber ggf. auch

weniger hätte laufen lassen können. Zum Grund für

einen an BMWK übermittelten Fragenkatalog befragt,

antwortet Reuter, dass die Fragen eine vertiefte Analyse

haben anregen sollen sowie die Einbeziehung externer

Expertise. Danach befragt, warum dem BMWK und

dem BMUV die detaillierten Informationen zu Brennelementen

nicht vorgelegen hätten, antwortet der

Zeuge, dies nicht zu wissen und verweist darauf, dass

entsprechende Informationen vom BMF in die Dreierrunde

der Staatssekretäre eingebracht worden seien.

In der Fragerunde erläutert Reuter, dass eine Ausweitung

des Energieangebotes in Deutschland auch für

die Nachbarn vorteilhaft gewesen wäre. Dies habe bei

der Diskussion um Emsland eine Rolle gespielt. Er

Ausgabe 2 › März


Report

97

berichtete, dass das BMF vom Konzept der Einsatzreserve

erst offiziell erfahren habe, als es sich in

der Gesetzentwurfsphase und in späterer Fassung

befunden habe. Dabei hätten vor allem die finanziellen

Auswirkungen interessiert.

Auf die Frage warum sich das BMF so auf die Kernenergie

fokussiert habe, antwortet Reuter, dass sie

auch die anderen Aspekte behandelt hätten, um

möglichst viel Energie zu mobilisieren, etwa die

Rückholung von Kohlekraftwerken und Einsparungen.

Ein Gaslieferstopp hätte sehr signifikante volkswirtschaftliche

Auswirkungen gehabt. Auf die Frage

wie das BMF die Entstehung zusätzlichen Atommülls

berücksichtigt habe und wie dies abgebildet worden

sei, antwortet Reuter, dass sie zu Atommüll keine

Berechnungen für eine Laufzeitverlängerung vorgenommen

hätten. Sie hätten fiskalisch relevante

Aspekte mit eigenen Berechnungen hinterlegt wie die

Strom-/Gaspreisbremse oder die Füllung der Gasspeicher.

Auf die Frage, warum Habeck keinen zeitnahen Kontakt

mit dem BMF haben wollte, sondern dieses nur später

informiert werden sollte, teilt der Zeuge mit, dass es

später eine Runde aus Bundeskanzleramt, BMF und

BMWK gegeben habe. Danach gefragt, ob die im Bericht

zu Treffen (mit Energieversorgungsunternehmen)

erwähnten konkreten Zusagen an die Betreiber

ein normaler Weg der Handhabung solcher Fragen

gewesen sei, antwortet Reuter, dass dies kein normaler

Weg gewesen sei, zumal es ja noch die Ressortabstimmung

gegeben habe. Er ergänzt, dass eine frühzeitige

Einbindung des BMF besser gewesen wäre.

Nach einer hausinternen Einschätzung des BMF über

negative Auswirkungen einer Einsatzreserve auf den

Bundeshaushalt befragt, antwortet Reuter, dass er dies

ergänzt habe. Gang des Arguments sei es gewesen, dass

es keiner weiteren Prüfung der Einsatzreserve bedürfe,

wenn aus dem Stresstest bekannt sei, dass man einen

Weiterbetrieb der KKW benötige.

Auf die Frage, wie er den Wunsch von Minister Habeck

nach einer Sonderbesteuerung von Gewinnen aus

einem Weiterbetreib einschätze, teilt Reuter mit, dass

diese Überlegung nicht an sie herangetragen worden

sei.

Zur ersten Zeugenbefragung des Jahres 2025 am

15. Januar waren Bundesumweltministerin Steffi

Lemke, Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner

und der Bundesminister für besondere Aufgaben/

Chef des Bundeskanzleramtes, Dr. Wolfgang Schmidt

geladen.

Eine Ministerin bleibt auf Distanz

Lemke wies der vorangegangenen Bundesregierung

die Schuld zu, dass überhaupt neue Abwägungsentscheidungen

im Hinblick auf die Kernkraft erforderlich

geworden seien und nannte den Verkauf von

Gasspeichern an Gazprom als Beispiel. Sie reklamierte

Transparenz für die Entscheidung, da keine Entscheidung

der Bundesregierung so intensiv diskutiert

worden sei. Auf die selbst gestellte rhetorische Frage,

ob es jemals politische Einflussnahme auf Entscheidungen

zur Reaktorsicherheit gegeben habe,

antwortet sie, dies sei 2010 der Fall gewesen. Hierzu

ist anzu merken, dass 2010 mit Einführung der weiteren

Vorsorge gegen Risiken das im Urteil des Bundesverfassungsgerichts

begründete Prinzip einer Schadensvorsorge

nach dem Stand von Wissenschaft und

Technik erstmals auch in das Atomgesetz übernommen

wurde. Lemke streicht das erfolgreiche Energiekrisenmanagement

der Bundesregierung heraus, zu dem

auch der Streckbetrieb gehört habe, reklamiert den

gesellschaftlichen Konsens für die Bestimmung des

Koalitionsvertrages am Atomausstieg festzuhalten und

erklärt es für fragwürdig, dass die Union die Beibehaltung

des gesellschaftlichen Konsenses untersuche.

In der Befragung bestätigt Lemke die Beauftragung

eines Vermerks zu Fragen der Kernkraft vor dem

Kriegsbeginn, der in die Entscheidungsfindung eingegangen

sei. Entscheidend seien jedoch die Informationen

der Betreiber gewesen. Zum Thema Einsatzreserve

sagte sie, dass diese vom BMWK an das

BMUV herangetragen und Änderungen vorgenommen

worden seien. Schließlich sei eine Formulierungshilfe

für die Abgeordneten erstellt worden. Zu den Motiven

für das Konzept Einsatzreserve erklärte Lemke, dass

dieses 2011 in das Atomgesetz eingeführt worden sei

und sie die Motive der Bundestagsfraktionen nicht

kenne. Auf Protokolle angesprochen, dass das BMUV

lieber bewährte Verfahren anwende, zu denen die

Einsatzreserve nicht gehöre und befragt, warum daran

festgehalten worden sei, obwohl es dagegen Sicherheitsbedenken

gegeben habe, antwortet Lemke,

dass der ursprüngliche Vorschlag zu Schwierigkeiten

bezüglich der Sicherheit geführt hätte und es daher

Änderungen gegeben habe, die die Einsatzreserve

an den Streck betrieb angeglichen hätten. Sie erklärte,

dass es im März die Information gegeben habe,

dass kein Streckbetrieb mit Nettoerzeugung möglich

wäre, dass es später in Bayern Befürchtungen gegeben

habe, dass es zu einem regionalen Black-out kommen

könne. Es habe eines politisch und rechtlich sicheren

Szenarios bedurft, dass die Reaktorsicherheit gewährleiste.

Hinsichtlich einer Prüfung der Relevanz, Mengen und

Kosten zusätzlicher Abfälle bei einer Laufzeitverlängerung

befragt, erklärt Lemke, dass sie wegen der

diskutierten Randbedingungen einer längeren Laufzeitverlängerung

solche Szenarien in Bezug auf die

Auswirkung auf Abfallmengen, das Entsorgungsübergangsgesetz

und den Fonds zur Finanzierung der

kerntechnischen Entsorgung (KENFO) geprüft hätten.

Der Fragesteller sieht seine Frage hier nicht beantwortet

und interpretiert die Aussage dahingehend,

dass Argumente mit Mengen und Kosten zusätzlicher

abgebrannter Brennelemente nicht relevant seien.

Vol. 70 (2025)


98

Report

Auf die Frage nach der Motivation für die Beauftragung

eines Vermerks zur Kernenergie vor dem Krieg in der

Ukraine, erklärte Lemke, dass es eine Diskussion des

Themas längerer Betrieb der Atomkraftwerke bereits

vor dem Krieg gegeben habe, besonders aus der CDU/

CSU. Sie habe auf entsprechende Gespräche vorbereitet

sein wollen. Sie fuhr fort, dass die Fachebene von

dieser Anforderung am 9. Februar überrascht gewesen

sei, und der Vermerk dann nach dem 24. Februar

bereits vorlag. Das Thema selbst sei nach dem 7. März

wegen der Bedingungen der Energieversorgungsunternehmen

nicht weiterverfolgt worden, erst nachdem

es weitere Versorgungsrisiken geben habe. In der

weiteren Befragung bekundet Lemke u. a., dass die

Fachebene nie formuliert habe, dass ein Weiterbetrieb

(Anm.: aus Gründen der Sicherheit) unmöglich wäre,

sondern habe Voraussetzungen formuliert. Der Fragesteller

bekundet darauf, diese Aussage nicht nachvollziehen

zu können, da Niehaus in seinem Vermerk einen

Weiterbetrieb für nicht vertretbar erklärte, nachdem

er wie er aussagte aus Zeitgründen im Zweifel für die

Sicherheit entschieden habe, da keine Zeit für eine

vertiefte Prüfung zur Verfügung gestanden habe. Auf

die Frage, ob sie den Vermerk abgenommen habe, antwortet

Lemke, dass sie den Vermerk gekannt habe, es

aber keine formelle Billigung gegeben habe, da sie zu

dieser Zeit bei der Umweltministerkonferenz in Nairobi

gewesen sei und die Reise dann wegen des Beschusses

des Kernkraftwerks Saporischschja abgebrochen habe.

Niehaus habe den Vermerk nicht abgeändert, sondern

nur die Risikobetrachtung des AtG 2011 ergänzt, gemäß

der die Nutzung der Kernenergie nur noch für einen

kurzen Zeitraum möglich sei.

Auf den Vorhalt eines Schreibens aus der Bundestagsfraktion

von Bündnis90/Die Grünen, in dem der Vorwurf

erhoben worden sei, dass der Umgang des BMUV

mit der Einsatzreserve ein „Kaputtprüfen“ wäre und

gefragt, ob ihr der Konflikt zwischen Tidow und der

Fraktion bekannt gewesen sei, antwortet Lemke, es sei

gut, dass BMUV gründlich prüfe. Die Einsatzreserve sei

unerprobt gewesen und der Streckbetrieb einfacher zu

handhaben. Ein Abgeordneter der CDU erklärt, dass die

CDU vor dem Ukraine-Krieg eine Laufzeitverlängerung

nicht thematisiert habe und es 2011 einen Konsens

gegeben habe, es aber auch den Krieg und eine breite

Zustimmung zu einer längeren Nutzung der Kernenergie

gegeben habe. Er fragt, ob es nicht geboten

gewesen wäre, in einer neuen Situation eine neue

Bewertung insgesamt vorzunehmen. Lemke erklärt, sie

erinnere sich an Vorstöße oder die Ankündigung von

Vorstößen zu einer Laufzeitverlängerung aus der

Union und ergänzt, das eine längere Laufzeit betrachtet

worden sei. Eine Neubewertung der Frage hätte es

erfordert, zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber

2011 eine Risikobewertung vorgenommen habe, die

den Betrieb und sein Risiko begrenzen wollte.

Nach Kontakten mit den Betreibern beim Sachverhalt

Einsatzreserve befragt, erklärt Lemke, dass die Vorbehalte

aus dem Haus gekommen seien und die

Argumente der Betreibereinschätzung ähnelten. Unter

Vorhalt der Aussage von Tidow, dass es keine Rückkopplung

des BMUV zu den Betreibern gegeben habe,

gefragt, ob es nicht Kontakte zu Betreibern hätte geben

müssen, antwortet die Zeugin, dass sich die Aussage

von Tidow auf PEL bezogen habe, das schnelle Heraufund

Herunterfahren vom BMUV als bedenklich bewertet

worden sei und dass es Kontakte auf Arbeitsebene

gegeben habe. Sie erklärt auch, dass bezüglich Einsatzreserve

die Fachabteilung und die Energieversorgungsunternehmen

in die gleiche Richtung gearbeitet hätten.

Gefragt, ob nach dem Niehaus-Vermerk überhaupt

noch eine Abwägung mit anderen Aspekten habe vorgenommen

werden können und ob sie einen Bruch der

deutschen Sicherheitsphilosophie, wie es im Prüfvermerk

mit Bezug auf einen Weiterbetrieb heiße, in Kauf

genommen habe, antwortet Lemke, das eine Abwägung

möglich gewesen sei und es keinen Bruch der Sicherheitsphilosophie

gegeben habe, weil sich die Passage

auf einen mehrjährigen Weiterbetrieb bezöge. Auf den

Vorhalt, dass in Aussagen aus dem BMUV die fehlende

PSÜ als Ablehnungsgrund auch für einen Streckbetrieb

angegeben worden sei, und gefragt, wie es sein könne,

dass eine fehlende PSÜ einen Weiterbetrieb unmöglich

mache, ein Streckbetrieb aber dann doch gehe, antwortet

Lemke, dass an vielen Stellen nicht auf Streckbetrieb

oder längere Laufzeitverlängerung hingewiesen

worden sei; sie verweist zudem auf den

diesbezüglichen Hinweis der EU-Kommission bei der

Notifizierung.

Auf den Vorhalt, dass es am 24. Februar ein Hintergrundpapier

zu technischen Fragestellungen gegeben

habe, in dem keine Hinderungsgründe oder Ausschlusskriterien

genannt worden seien, sondern nur

einige Bedingungen für den Weiterbetrieb sowie zu

klärenden Fragen und auf die Frage, ob sie durch den

Prüfvermerk die Öffentlichkeit hinsichtlich der Sicherheitsfragen

bewusst getäuscht habe, antwortet Lemke

mit dem Hinweis auf das AtG 2011 und dass die Anlagen

aus Sicherheitsgründen nur begrenzt weiter betrieben

werden können. Auf den Hinweis hinsichtlich einer

Interviewäußerung, in der sie einen Weiterbetrieb als

nicht verantwortbar bezeichnet habe, obwohl die

Prüfung im BMUV noch gelaufen sei und die Frage, ob

ihr Haus seine Position zwischen dem 1. und dem

7. März an ihre Aussagen angepasst habe, antwortet

die Ministerin ausweichend. Sie erklärt auf die Frage,

warum die Landesaufsicht, die RSK und andere Externe

nicht eingebunden worden seien, dass sie den (Anm.:

laufenden) Anlagenbetrieb für sicher gehalten habe

und deshalb keine Einbeziehung erforderlich gewesen

sei. Sie teilt weiter mit, dass wenn Weiterbetrieb/

Laufzeitverlängerung weiterverfolgt worden wären, es

auch eine Einbeziehung gegeben hätte, wie es später

auch geschehen sei.

Nach der wiederholten Aussage – hier im Zusammenhang

mit der Nicht-Weitergabe von aktualisierten

Informationen zur Beschaffungsmöglichkeit von

Brennelementen vom BMWK an das BMUV – dass nicht

Ausgabe 2 › März


Report

99

die Frage der Brennstoffbeschaffung, sondern die

Bedingungen der Betreiber für die Entscheidung

ausschlaggebend gewesen seien gefragt, warum das

Schreiben von Knott, in dem er sich gegen die Interpretation

verwahrt habe, dass die Betreiber gegenüber

allen Risiken vom Staat abgeschirmt werden wollten,

nicht an das BMUV weitergegeben worden sei, antwortet

Lemke dass sie kein Schreiben von Knott

erhalten hätten, was wegen der Sicherheitsthemen

sinnvoll gewesen wäre. In einem Frage-Antwort-Dialog

zum Parteitag von Bündnis90/Die Grünen Mitte

Oktober 2022, der ein Einsatzreserve-Konzept beschlossen

hat, teilt die Ministerin mit, dass es eine

Variante der Einsatzreserve gebe, die keine Probleme

aufwerfe. Nach einer genauen Bestimmung der Einsatzreserve

gefragt, erklärt Lemke, dass ein Heraufund

Herunterfahren nicht Gegenstand der Formulierungshilfe

der Bundesregierung für die Regierungsfraktionen

gewesen sei und dass einmal entschieden

worden wäre, ob die Anlagen bis 15. April 2023 weiterlaufen

könnten.

Auf die Frage, warum sie eine Argumentation gegen

eine Laufzeitverlängerung benötigte (Anm.: hier der

vorab des Krieges beauftragte Vermerk), antwortet

Lemke, dass sie keine Argumentation gegen eine

Laufzeitverlängerung gewollt habe, sondern das beauftragt

worden sei, darzulegen wie die Fachabteilung auf

eine Forderung nach Laufzeitverlängerung reagieren

würde. Auf die Frage wie sie die Reaktion von Mitarbeitern

des BMUV auf Aussagen von Herrn Stoll einschätze,

antwortet Lemke, dass der Ton nicht ihrer sei

und es auch innerhalb des Hauses unterschiedliche

Kulturen gebe. Sie erklärt weiter, es gehe hier um Mutmaßungen

von Stoll, die er auch so kenntlich gemacht

hätte. Es entspreche nicht ihren Gepflogenheiten einen

Fachmann herauszuwerfen, weil es einen inhaltlichen

Dissens gebe. Danach gefragt, wie sie auf die Aussage

in einem Namensartikel im Tagesspiegel komme, dass

die Kernenergie nicht klimafreundlich sei, antwortet

Lemke, dass es unterschiedliche Berechnungen gebe

und das Thema umstritten sei.

Vertrauensverlust auf höchster Ebene

Als nächster Zeuge wird Ex-Finanzminister Lindner

befragt. Lindner erklärt zu Beginn, dass im Jahr 2022

wirtschaftliche Schäden wegen hoher Strom- und

Gaspreise begonnen hätten einzutreten und erläutert

Aufgaben des BMF, zu denen auch die Gewährleistung

der Versorgungssicherheit, die Bezahlbarkeit und

Unabhängigkeit der Energieversorgung und die

Minimierung von Haushaltsrisiken gehöre. Lindner

erklärt, dass alle Kraftwerke hätten betrieben werden

müssen, die günstiger als Gaskraftwerke produziert

hätten, einschließlich der Kernkraftwerke. Er teilte

weiter mit, dass anders als sonst in der Ressortzusammenarbeit

üblich, die Beteiligung bei KKW­

Entscheidungen hätte eingefordert werden müssen.

Er erklärt, dass sie Anlass gehabt hätten, die Darstellungen

des BMWK in Frage zu stellen, beispielsweise

hinsichtlich der Aussagen der Betreiber oder zu

technischen Möglichkeiten. Es sei daher erforderlich

geworden, direkt Kontakt zu den Betreibern aufzunehmen.

Lindner fährt fort, dass sich dann herausgestellt habe,

dass ein Weiterbetrieb möglich wäre, dass Brennelemente

günstig und ohne Bezug zu Russland zu

beschaffen gewesen seien, dass das Kernkraftwerk Isar

2 bis zum 1. September 2023 hätte laufen können, dass

ggf. auch abgeschaltete Anlagen hätten reaktiviert

werden können. Er teilte mit, dass die Entscheidung

über den Streckbetrieb am Sonntagnachmittag nach

dem grünen Parteitag hätte getroffen werden sollen

und dass für einen Streckbetrieb einschließlich Kernkraftwerk

Emsland politische Zugeständnisse zu

machen gewesen seien, etwa eine Änderung bei der

10-H-Regelung bei Windkraftanlagen und die Verabschiedung

des Energieeffizienzgesetzes. Er berichtet,

dass sachfremde Erwägungen eine große Rolle gespielt

hätten und die Ressortabstimmung nicht verlässlich

gewesen sei. Es wäre deutlich mehr möglich gewesen,

als beschlossen worden sei.

Auf die Frage warum er einen Weiterbetrieb aus

wirtschaftlichen Gründen für erforderlich gehalten

habe, antwortet Lindner, dass es zahlreiche Aussagen

dazu gegeben habe, dass ein Weiterbetrieb durch

Angebotsausweitung niedrigere Strompreise bewirkt

hätte. Es hätte auch die Option für einen günstigen

Industriestrompreis gegeben. Auf die Frage, warum

Bundeskanzleramt und BMF nicht in Beratungen zur

Einsatzreserve eingebunden worden seien und wie er

die umfangreiche Kritik an der Einsatzreserve eingeschätzt

habe, antwortet Lindner, dass er nicht wisse,

warum es keine Einbindung gegeben und dass er sich

für einen vollen Weiterbetrieb eingesetzt habe, wie

dies auch Gespräche mit Energieversorgungsunternehmen

nahegelegt hätten. Zur Frage, wie er die

Ergebnisoffenheit des Prüfverfahrens bewerte, antwortet

Lindner, dass in Führung und auf Fachebenen

Zweifel an der Ergebnisoffenheit gewachsen seien. Die

Frage, warum das BMF erst so spät in das Verfahren

eingetreten sei, beantwortet Lindner mit dem Ressortprinzip

und dass er davon ausgegangen sei, dass die

Ressortzusammenarbeit vertrauensvoll erfolge. Auf die

Frage, wie er zu geäußerten Zweifeln an der Ergebnisoffenheit

stehe, erklärt Lindner, dass er bereits sagte,

dass die Beteiligung des BMF habe eingefordert werden

müssen und Zweifel gewachsen seien. Es habe unplausible

Aussagen und zweifelhafte Einschätzungen

gegeben, woraus man gefolgert habe, dass es eigene

Kontakte zu den Energieversorgungsunternehmen

benötige. Auf die Frage, ob er die Kernenergie auch als

Freiheitsenergie bezeichnen würde, erklärt er, dass er

dies im Lichte aktueller Kenntnis tun würde.

In Bezug auf die Aussage von Knott, dass er auf das

Angebot eines Industriestrompreises keine Antwort

erhalten habe, wird Lindner gefragt, warum er sich

nicht veranlasst gesehen habe, eine Studie zu

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Report

Preiseffekten und Industriestrompreis zu beauftragen.

Er antwortet, dass ihm nicht bekannt sei, dass es in der

Studienlage eine Lücke gebe, die eine eigene Studie

erforderlich mache. Danach gefragt, dass der Ausschuss

die Vorbereitungen für Kabinettssitzungen

nicht erhalten habe und ob Scholz sich dabei eingebracht

oder die Dinge hat laufen gelassen, antwortet

Lindner, dass Scholz aktiv gewesen sei und viele

Energie themen besprochen worden seien, dass aber

viele Sachverhalte als Verschlusssache eingestuft seien.

Auf die Frage, wie er die Einstellung von Scholz einschätze,

antwortet Lindner, dass er dies nicht sagen

könne und dass Scholz v. a. einen Konflikt innerhalb

der Koalition habe lösen wollen, der bei einer Partei

stark mit der Identität verknüpft gewesen sei.

Auf seine Aussage angesprochen, dass man Kernenergie

im Markt nicht versichern könne und man

daher eine Staatshaftung benötige, womit sie schon

deshalb ordnungspolitisch nicht vertretbar sei, antwortet

Lindner, dass dies immer noch seine Auffassung

sei und sich neue Kernkraftwerke nicht finanzieren

ließen. Davon sei aber die Frage zu trennen, was man

in einer Krise gebrauchen könne. Auf eine Frage zum

Debriefing zum Gespräch mit E.ON, dass ein Hochfahren

nach (Anm.: spätem) Abfahren nicht möglich

sei, aber neue Brennelemente für eine Laufzeitverlängerung

durchaus beschaffbar wären und ob er

einen längeren Weiterbetrieb für sinnvoll gehalten

habe, antwortet Linder, dass dies der Fall gewesen sei,

mindestens für den Winter 2023/24.

Auf den Vorhalt der Aussage im Debriefing, dass eine

Laufzeitverlängerung für 15 Jahre durchaus möglich

sei, erklärt Lindner, dass dies die Sicht eines Betreibers

gewesen sei, nicht des BMF und dass 15 Jahre außerhalb

des Lösungsraumes der parteipolitischen Konstellation

gelegen hätten. Sie hätten für drei oder fünf Anlagen

bis Frühjahr 2024 plädiert. In der weiteren Befragung

erklärt Lindner, dass eine Interviewäußerung vom

Dezember 2022 als eine parteipolitische ohne Koalitions

erwägungen zu verstehen sei und dass die

Kanzlerentscheidung keine Überraschung gewesen sei.

Er habe gegen Änderungen bei der 10-H-Regelung

plädiert und beim Energieeffizienzgesetz habe es sich

um die Umsetzung einer EU-Richtlinie gehandelt, die

äußerst schonend für die Wirtschaft umgesetzt worden

sei. Nach der Reaktion von Scholz auf die Konferenzschaltung

mit ihm, Habeck und Vertretern der Energieversorgungsunternehmen

befragt, antwortet Lindner,

dieser habe geäußert, es sei interessant, was man hier

erfahre.

Zum Thema Kernenergie als Identitätsthema der

Grünen nach dem Verhältnis von Parteiidentität und

Ergebnisoffenheit in der Bewertung der Sachthemen

befragt, antwortet Lindner, er wolle keine planvolle

Irreführung unterstellen, dass es aber im Laufe der Zeit

Zweifel an Fakten und Interpretationen des BMWK gegeben

habe. Auf eine Frage zur Kenntnis des Schreibens

von Knott, in dem er sich gegenüber der Behauptung

von Forderungen nach einer allgemeinen Kosten- und

Haftungsübernahme durch den Staat verwahrt, erklärt

Lindner, dass er das Schreiben nicht kenne, aber es

plausible mache, warum gegenüber ihm die Energieversorger

solche Forderungen nicht erhoben hätten.

Die Skepsis von Lindner gegenüber Habeck wird

im Kanzleramt geteilt

Als letzter Zeuge des Tages wird Kanzleramtsminister

Schmidt befragt. Dieser erklärte, dass er in viele

Gespräche zum Thema eingebunden gewesen sei und

überlegt worden sei, was passiere, wenn Russland das

Gas abdrehe. Es habe schon im Herbst 2021 eine

knappe Gasspeicherlage gegeben und die sukzessive

Reduktion der Durchleitung durch Nord Stream habe

es angeraten lassen, mit Worst-Case-Szenarien zu

planen. Dies habe seine und die Haltung des Bundeskanzlers

geprägt. Sie hätten eine Versorgungskrise und

negative Folgen für die Wirtschaft vermeiden wollen.

Schmidt benennt verschiedene Maßnahmen, die

ergriffen worden seien und erklärt, dass die Frage

der Kernkraftwerke zunächst ein Versorgungsthema

gewesen sei, bei dem aus Sicht des Kanzleramtes die

ergebnisoffene, pragmatische Prüfung aller Aspekte im

Vordergrund gestanden habe. Zunächst seien die

Ressorts gefragt gewesen, dann habe es den Prüfvermerk

gegeben. Die Referate im Bundeskanzleramt

hätten bestätigt, dass eine Laufzeitverlängerung nur

ratsam sei, wenn die Versorgungslage sich weiter

zuspitze und dies mit Stein- und Braunkohle nicht

kompensiert werden könne. Es habe dann viele

politische Wortmeldungen (Großmann, Aurubis),

Diskussionen und Impulse von außen gegeben, die

dazu führten, dass am 7. Juli eine erneute Prüfung der

Einschätzung beauftragt worden sei.

Schmidt fährt fort zu rekapitulieren, dass dann die

Ergebnisse des 1. Stresstests (14. Juli) sowie weitere

Themen wie Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke

und Flusswasserstände aufgetaucht seien und

ein 2. Stresstest beauftragt worden sei, aus dem sich

die Empfehlung ergeben habe, die Kapazität der Kernkraftwerke

zu nutzen. Es sei dann die Vorstellung des

Konzepts Einsatzreserve erfolgt und Bundeskanzleramt

und Bundesfinanzministerium hätten darum

gebeten, in weitere Überlegungen eingebunden zu

werden. Über die Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf

vom 30. September habe wegen unterschiedlicher

Positionen keine Einigung erzielt werden

können. Schmidt teilt mit, dass es eine Videokonferenz

mit den Energieversorgungsunternehmen, Scholz,

Habeck, Lindner und ihm selbst als konsolidierte Sachstandsermittlung

gegeben habe sowie am 14. Oktober

ein Gespräch mit Amprion im Hinblick auf das Kernkraftwerk

Emsland. Der Beschluss des Parteitags der

Grünen sei sehr restriktiv gewesen.

In der Fragerunde darauf angesprochen, ob die Kritik

am Prüfvermerk, der im Kanzleramt intern als

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Positionspapier gewertet worden sei, aufgegriffen

worden sei, die von KernD, der Bayerischen Staatsregierung,

dem TÜV Süd geäußert worden sei, antwortet

Schmidt, dass er dies für die genannten Kritiken

nicht sagen könne, und es zahlreiche Kritik gab, die

auch betrachtet worden sei. Es habe damals die Versorgungssicherheit

im Mittelpunkt gestanden, die aus

damaliger Sicht nicht gefährdet erschienen sei. Nach

seiner Mail vom 20. Juni im Hinblick auf eine kritische

Hinterfragung des Prüfvermerks gefragt, äußert

Schmidt, sich nicht mehr an den Grund erinnern zu

können. Die Antwort der Ressorts habe ergeben, dass

es für einen Weiterbetrieb keine unüberwindbaren

Hindernisse gebe, aber dass es vor allem auf die

fehlende energiewirtschaftliche Notwendigkeit ankomme,

da die Versorgung auch von reaktivierten

Kohlekraftwerken gesichert werden könne. Schmidt

bestätigt in der Befragung, dass die Lektüre eines

Artikels in der Zeit vom 30. Juni einen Impuls dazu

gegeben habe, dass der Bundeskanzler den Prüfvermerk

hinterfragt habe und dass die neue Einschätzung,

der Streckbetrieb könne einen positiven Nettoeffekt

erbringen und sei kein Nullsummenspiel, eine Rolle

gespielt habe.

Auf eine Frage zur Forderung, dass das Bundeskanzleramt

auf einer klaren Faktengrundlage entscheiden

können müsse und dass vom BMWK klare Aussagen

mit Datengrundlagen kommen müssten, antwortet

Schmidt, dass eine gewisse Skepsis über die Grundlagen

der Entscheidung der Ressorts entstanden sei

und deshalb klare Grundlagen gefordert worden seien.

Befragt bezüglich der Forderung nach Betrachtung

weiterer Szenarien und ob der 2. Stresstest die Idee des

Bundeskanzlers gewesen sei, antwortet Schmidt, dass

er das nicht erinnern könne, aber dass es aufgrund

weiterer Entwicklungen (auch Aiwanger-Brief) nahe

gelegen habe, andere Szenarien auch bezüglich des

Auslands zu berücksichtigen. Auf die Frage, ob er von

den Entwicklungen und den Positionen überrascht

gewesen sei, antwortet Schmidt, dass viele Themen

behandelt worden seien, die dann eine Rolle gespielt

hätten und dass Habeck zunächst recht pragmatisch

eingestellt gewesen sei, was sich später etwas verändert

habe. Gefragt, ob Habeck einem Weiterbetrieb

gegenüber offener gewesen sei als Scholz, der gegen

Kernkraft demonstriert habe und sich über den Ausstiegsbeschluss

2000 gefreut habe, erklärt Schmidt,

Scholz habe dafür gestanden, dass getan wird, was

getan werden muss.

In der weiteren Befragung erklärt Schmidt u. a., dass

die Landtagswahl in Niedersachsen für den Entscheidungstermin

trotz der Position der Landes-SPD

keine Rolle gespielt hätte und dass alle Parteien Überzeugungen

hätten, aber die Bundesdelegiertenkonferenz

der Grünen besondere Herausforderungen mit

Blick auf möglicherweise noch härtere Entscheidungen

gestellt habe. Schmidt teilte mit, dass dies für Habeck

sehr wichtig gewesen sei und die Positionen der Koalitionspartner

sehr stark divergiert hätten. Zu seinen

Gesprächen mit EU-Kommissar Breton befragt und zu

dessen Forderung, dass Deutschland seine Kernkraftwerke

weiterlaufen lassen solle, kann Schmidt keine

klaren Aussagen machen, erklärt aber, dass die Position

von Breton dazu beigetragen haben mag, die Skepsis

an der Einschätzung des BMWK zu nähren.

Damit konfrontiert, dass Habeck am Tag nach der

Nachfrage des Bundeskanzleramtes wegen einer

Fakten grundlage den zweiten Stresstest beauftragt

habe und gefragt, ob dieser Auftrag vom Kanzleramt

ausgelöst worden sei, antwortet Schmidt, das Bundeskanzleramt

wolle auch immer die Ressorts gut aussehen

lassen und es gebe auch immer Nachfragen und

ggf. Impulse.

Auf die Frage, ob es ihn überrascht habe, dass Habeck

die Einsatzreserve vorgeschlagen habe, obwohl die

ÜNB einen Streckbetrieb empfohlen hätten, antwortet

Schmidt, dass ihn dies angesichts der politischen

Schwierigkeiten mit dem Thema bei den Grünen nicht

überrascht habe. Gefragt, ob es bei der Einsatzreserve

darum gegangen sei eine Entscheidung über einen

Weiterbetrieb zu verschieben, erklärt Schmidt, dass die

Entscheidung politisch schwierig gewesen sei und dass

es in solchen Fällen vorkomme, dass man versuche,

die Entscheidung auf einen späteren Zeitpunkt zu

verschieben, in der Hoffnung, dass sie vielleicht gar

nicht erforderlich werde. Befragt, ob er mit Scholz über

die Forderung von Jürgen Großmann, die Aversion

gegen die Kernenergie abzubauen und eine Kommission

zur Beratung über Kernenergie in unvoreingenommener

Form einzusetzen, gesprochen habe,

antwortet Schmidt, dass er sich nicht erinnern könne,

es aber damals nicht um die Grundsatzfrage der Kernenergie

gegangen sei, sondern um Krisenbewältigung.

Am letzten Tag der Zeugenbefragungen sind Bundeswirtschaftsminister

Dr. Robert Habeck und Bundeskanzler

Olaf Scholz als Zeugen geladen. Zur Dynamik

der Befragung ist anzumerken, dass über die Zeugenbefragung

des Vortages auch ein vorläufiges stenographisches

Protokoll noch nicht vorlag und den

Zeugen daher die Aussagen von Lemke, Lindner und

Schmidt in der Befragung nicht vorgehalten werden

konnten.

Ein Minister unter Druck

Als erster der beiden Zeugen des Tages sagte Bundeswirtschaftsminister

Habeck aus. Insgesamt war der

Auftritt teils recht offensiv, man könnte fast sagen

krawallig und der Zeuge hat Nerven gezeigt. Fragesteller

und Zeuge haben sich bisweilen erkennbar

gegenseitig wahlkampfmäßig aufgeschaukelt. Zu Beginn

zählt Habeck die Abhängigkeitstatbestände gegenüber

Russland einschließlich der an eine Gazpromtochter

verkauften Gasspeicher auf. Er berichtet, dass

noch am Tag vor dem Amtsantritt der aktuellen

Bundes regierung von der vorigen Bundesregierung

unter Kanzlerin Merkel bestätigt worden sei, das das

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Report

Projekt Nord Stream 2 die Resilienz der europäischen

Energieversorgung verbessere. Die Neuaufstellung der

Energiepolitik habe bereits direkt nach Amtsantritt

begonnen.

Habeck teilt weiter mit, dass er und die Bundesregierung

die nach dem russischen Angriff erhobene

Forderung des Oppositionsführers Friedrich Merz nach

einem Gasembargo wegen dessen drohender Folgen –

Einbruch des BIP um 6 Prozent, hohe Inflation – abgelehnt

hätten. Habeck erklärt, es habe in der Bewältigung

der entstandenen Energiekrise keine Denkver bote

und ideologische Festlegungen gegeben. Es habe geprüft

werden sollen, ob eine Laufzeitverlängerung aus

Gründen der Versorgungssicherheit notwendig sei

und angesichts fortgeschrittener Rückbauplanungen

realisierbar. Er erklärte, dass die Voraussetzungen für

eine Laufzeitverlängerung zügig hätten geschaffen

werden müssen, so dass Eilbedürftigkeit bestanden

habe. Es habe deshalb ein Gespräch mit den Energieversorgungsunternehmen

gegeben, wobei drei Varianten

im Raum gestanden hätten: Beibehaltung des gesetzlichen

Ausstiegsfahrplans (A), kurzer Weiterbetrieb mit

in den Anlagen vorhandenem Brennstoff (B), längerer

Weiterbetrieb mit Beschaffung von frischem Brennstoff

(C). Die Diskussionen hätten sich v. a. um die Varianten

B und C gedreht. Bei Variante C sei vor allem die Dauer

der Beschaffung frischer Brennelemente im Mittelpunkt

gestanden, bei Variante B die Frage, ob es einen

Nettoeffekt hinsichtlich der erzeugten Strommenge

gebe, da es unter der Annahme, dass die Anlagen im

Sommer hätten heruntergefahren müssen, um im

Winter zu produzieren, fast nichts bringe.

Habeck teilt mit, die Betreiber hätten eine Quasi­

Betreiber Rolle des Staates gefordert, der Betrieb hätte

im Staatsauftrag erfolgen sollen. Auf Grundlage der

damals verfügbaren Informationen habe man sich

entschieden, darauf zu verzichten. Zum Prüfvermerk

äußerte er, er habe dies beauftragt und klare Vorgaben

gemacht, die nur als ergebnisoffen interpretierbar

seien. Die Lage habe sich dann verschlechtert, als die

Gaslieferungen gedrosselt und schließlich eingestellt

worden seien, es neue Informationen über die Verfügbarkeit

französischer Kernkraftwerke gegeben habe,

die niedrigen Flusswasserstände die Verfügbarkeit der

Wasserkraft beeinträchtigten und die Möglichkeit des

Kohletransports nach Süddeutschland einschränkten.

Zugleich habe es neue Informationen zu den Möglichkeiten

der deutschen Kernkraftwerke gegeben. Auch

sei der Strommarkt, nach langem Fokus auf die Gasversorgung

in den Blick gerückt. Wegen der Lage im

Ausland habe man sich dann für einen 2. Stresstest

entschieden, der u. a. auch die Verstaatlichung von

Uniper und den Boom bei Heizlüftern berücksichtigen

sollte. Es hätten dabei auch Extremszenarien untersucht

werden sollen, weswegen die Annahmen verschärft

worden seien.

Habeck berichtete, dass die Überlegungen zu einem

Einsatzreserve-Konzept im August begonnen hätten. Ein

solches Konzept sei 2011 ins Atomgesetz aufge nommen

worden. Es habe auch eine Prüfung der Annahmen zur

Gaseinsparung gegeben, deren Ergebnis Einsparungen

von nur 0,1 Prozent gewesen seien. Die Entscheidung

für das Konzept Einsatzreserve sei mit Blick auf die Einsparung

von 0,5 GW Redispatch-Bedarf im Ausland im

Rahmen des Stresstest-Szenarios ++ getroffen worden.

Zum Thema der erforderlichen Ventilwartung im Kernkraftwerk

Isar 2 erklärt Habeck, dass er diesen Sachverhalt

„in seiner Tragweite“ gerne vorher gewusst hätte.

Habeck äußert weiter, die FDP habe eine pragmatische

Lösung aus ideologischen Gründen blockiert.

Auf die Frage nach seiner Zusammenarbeit mit

Graichen und ob er diesem vertraut habe, antwortet

Habeck, es habe sehr viel Entscheidungsbedarf gegeben

und er habe viele Entscheidungen getroffen, Graichen

habe Informationen beschafft und Entscheidungen im

Haus umgesetzt, sie hätten sich täglich gesehen. Habeck

bejaht, dass er Graichen vertraut und sich von diesem

umfassend und richtig informiert gefühlt habe. Auf die

Frage, woher er die Aussage hatte, dass es erhebliche

Sicherheitsbedenken gegen einen Weiterbetrieb gebe,

antwortet Habeck, dies stamme vom BMUV.

Dem Zeugen wird vorgehalten, dass Graichen den Brief

von RWE als Papier „der Betreiber“ weitergegeben

habe, verbunden mit dem Hinweis, dass sie eine Laufzeitverlängerung

nicht gewollt hätten und man so

etwas (Anm.: wie die negative Einschätzung von RWE)

auch von der Aufsicht brauche. Habeck antwortet, es

habe die Aussage der Betreiber gegeben, dass Kernkraftwerke

keinen Beitrag in Bezug auf eine Gasmangellage

hätten leisten können. Auf Nachfrage, ob er den

Vorgang gekannt habe, antwortet Habeck zunächst

nein, korrigiert sich dann, dass er es nicht wisse. Eine

Frage nach der Weitergabe der RWE-Stellungnahme als

Papier der Betreiber bewertet Habeck als Spitzfindigkeit,

da die Betreiber letztlich gleiche Aussagen gemacht

hätten. Auf den Vorhalt, es habe zwischen den Betreibern

unterschiedliche Auffassungen gegeben, erwidert

Habeck, dass dies damals nicht der Fall gewesen sei, erst

später habe es eine Diskrepanz zwischen Birnbaum und

Knott gegeben, als Knott den Angebotsbrief übersendete.

Eine Mail von Birnbaum trage die Probleme

(Anm.: mit einem Weiterbetrieb) vor und zeige klar,

dass das Thema durch gewesen sei. Es sei angemerkt,

dass Habeck in der Befragung nicht wusste, worauf sich

das Kürzel PEL bezieht. Auf die Frage, woraus sich

ergebe, dass E.ON Sicherheitsbedenken artikuliert habe,

entgegnet Habeck, dass dies nicht seine Argumentation

gewesen sei und es ihm um den Ersatz von Erdgas und

den Beitrag der Kernkraftwerke dazu gegangen sei.

Im Zusammenhang mit einer Mail der Presseabteilung

mit der Aussage, die FAQ des BMWK nicht an die

Betreiber zu senden, weil sie Teil der Kommunikation

des BMWK seien, gefragt, warum dies nicht habe geschehen

sollen, antwortet Habeck, es sei klar gewesen,

dass das Protokoll zum Gespräch mit den Betreibern

nicht veröffentlicht werde. Befragt nach dem gesamten

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Vorgang, dass ein RWE-Text die Grundlage für den

Prüfvermerk bilde und FAQs nicht mit den Betreibern

abgestimmt werden sollten, antwortet Habeck, dass es

eine Übereinstimmung in der Einschätzung zwischen

den Betreibern und ihm bzw. dem BMWK in Bezug auf

die Krise gegeben habe. Dies sei der entscheidende

Sachverhalt.

Danach befragt, wie er es sich erkläre, dass der Bundeskanzler

den Weg einer schriftlichen Anweisung als

Richtlinienentscheidung gewählt habe, was bis dahin

noch nie vorgekommen sei, erklärt Habeck, dass am

Sonntag davor Lindner erklärt habe, dass er dazu

gezwungen werden müsse. Auf die Nachfrage, ob es in

seiner Partei Gründe für ein solches Vorgehen gegeben

habe, verneint er. Darauf angesprochen, dass dem

Untersuchungsausschuss nur Informationen zur Kernenergie

vorlägen, obwohl es im Untersuchungszeitraum

viele energiepolitische Themen gegeben habe, erläutert

Habeck, dass die Ministerien den Auftrag der Beweiserhebung

als auf Kernenergieentscheidungen bezogen

aufgefasst hätten. In der weiteren Fragerunde bezeichnet

Habeck den Vorgang der Entscheidung zur Kernenergie

und den Prüfvermerk als entscheidungsreif und

wird darauf gefragt, worin die Entscheidungsreife

bestehe bzw. ob es darum gegangen sei, die Debatte zu

beenden, wofür ein Zitat aus einer Mail im Zusammenhang

mit dem Versand des Prüfvermerks an die Energieminister

der Länder angeführt wird. Habeck antwortet,

es sei nicht um ein künstliches Ende der Debatte

gegangen und es habe auch noch andere Themen gegeben,

für die Freiraum habe geschaffen werden sollen.

Zum Thema eines fehlenden Nettoeffekts eines Weiterbetriebs

mit vorhandenen Brennelementen wurde

Habeck damit konfrontiert, dass dies eine falsche Vorstellung

sei, der schon früh entgegengetreten worden

sei und dass eine entsprechende Passage in der Abstimmung

des Protokolls zum Betreibergespräch gestrichen

worden sei. Es habe darüber hinaus ein Schreiben von

Knott im August gegeben und insgesamt seien 7 TWh

Strom zusätzlich erzeugt worden. Habeck antwortet,

dass der Brief vom August dem Stand der Informationen

der Betreiber entspreche, die Streichung im Protokoll

sei dafür nicht relevant. Habeck äußerte, dass die

Betreiber im Sommer ihre Kraftwerke besser kennen

gelernt hätten. Auf die Frage, ob ihm aus dem Haus

auch andere Informationen zum Streckbetrieb übermittelt

worden seien als im Gespräch mit den Energieversorgern

genannt, antwortet Habeck, dass man verschiedene

Möglichkeiten erörtert habe und bestätigt,

dass es wahrscheinlich auch andere Auffassungen

gegeben habe. Nach Vorhalt einer entsprechenden Aussage

in einem Vermerk, der von Graichen angefordert

und auch gehört worden sei, antwortet Habeck auf die

Frage, ob ihn Graichen nicht darüber hätte informieren

müssen, dass Minister in der Regel nicht alle Stellungnahmen

aller Referenten erhielten und er das auch

nicht erwarte. Er hält noch einmal fest, dass seitens der

Betreiber damals einvernehmlich festgestellt worden

sei, dass es keinen Nettoeffekt gebe. Auf die Nachfrage,

dass es doch auch eine eigene Position des Ministeriums

geben müsse und er ausgesagt habe, Graichen zu vertrauen,

obwohl ihm dieser Informationen vorenthalten

habe, antwortet Habeck, dass Graichen ihm nichts vorenthalten

habe und man immer wieder alles diskutiert

habe. Er erklärte, dass ergebnisoffen nicht ergebnislos

heiße und es Gründe gegeben habe, die Diskussion

nicht monatelang fortzuschleppen.

Auf die Frage, ob er gegen Kernkraftwerke demonstriert

habe und wie das Verhältnis der Grünen zur Kernenergie

sei, antwortet er, dass die Anti-AKW-Bewegung

eine der Wurzeln der Partei sei, aber er auch gegen

Kohle kraftwerke demonstriert habe und dennoch in

2022 Kohlekraftwerke zurückgeholt habe. Auf den Vorhalt,

dass es neben dem Streckbetrieb auch Fehl einschätzungen

zur PSÜ gegeben habe, die erst spät korrigiert

worden seien und auf die Frage, ob dies nicht die

Entscheidungsgrundlagen geändert hätte, antwortet der

Zeuge, dass dies nicht der Fall gewesen wäre, denn die

PSÜ sei nicht entscheidungsleitend gewesen. Mögliche

Revisionen bei der Beurteilung der Beschaffung neuer

Brennelemente wären relevanter gewesen. Habeck

äußerte in der weiteren Befragung u. a., dass eine Laufzeitverlängerung

(Anm.: Weiterbetrieb mit neu beschafften

Brennelementen) ein Ausstieg vom Ausstieg gewesen

wäre, der Streckbetrieb dagegen kein großes Ding.

Auf den Vorhalt, dass im Bundeskanzleramt Zweifel an

den Aussagen des BMWK gewachsen seien und gefragt,

inwieweit seine erneute Befassung mit Bedarfen und

Annahmen zur Versorgungssicherheit mit Nachfragen

des Kanzleramts zu Szenarien und Datengrundlagen

zusammengehangen habe, erklärt Habeck, dass es im

Sommer aus verschiedenen Gründen eine veränderte

Lage gegeben habe. Er erläuterte in der weiteren

Befragung zur Veranlassung des 2. Stresstests, dass er

sich mit den Ausgangsannahmen intensiv befasst habe,

um realistische Stressszenarien zu erhalten.

Die Frage, ob das Szenario mit neuem Brennstoff für die

noch laufenden Anlagen von ihm in die Diskussion eingeführt

worden sei, bejaht Habeck und erläutert, dass

daneben auch zusätzlich die Wiederinbetrieb nahme

der Ende 2021 abgeschalteten Anlagen und ein Streckbetreib

ohne neuen Brennstoff diskutiert worden seien.

Er erklärte, die Betreiber hätten ausgeführt, dass eine

neue Beladung mit Brennstoff es wegen des Mindestabbrands

erfordert hätte, die Anlagen mehrere Jahre

weiter zu betreiben. Habeck berichtete, dass Birnbaum

in diesem Zusammenhang die Haltung von E.ON als

progressiv bezeichnet habe und ergänzt, dass das Anhäufen

von Atommüll ohne Endlager nicht pro gressiv

sei. Er erläuterte, dass seine Gesprächsebene diejenige

der CEOs sei, es nicht Aufgabe des BMWK sei, den

Betrieb der Kernkraftwerke zu organisieren und diese

über neue Sachverhalte hätten informieren müssen.

Auf den Vorhalt, dass es Schreiben von EnBW und PEL

an Graichen mit Angeboten für Laufzeiteverlängerungen

gegeben habe, erklärt Habeck, er wisse nicht, ob er

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Report

diese gekannt habe und ergänzt, dass sein Eindruck

gewesen sei, dass die Krisensituation nur genutzt

worden sei, um eine Revision der Energiepolitik zu

erreichen, wozu auch die Statements aus Bayern gehörten.

Auf die Frage, ob er die CO2-Effekte bedacht

habe, antwortet er, dass man dies mitbetrachtet habe,

es aber keine Priorität gewesen sei. Er erklärte, dass er

keine Kapazitäten auf Kosten der Versorgungssicherheit

abschalten würde, dass aber die Antwort auf die

Herausforderung der Senkung der CO2-Emissionen der

Ausbau der erneuerbaren Energien sei.

Auf die Frage, warum er als Wirtschaftsminister nicht

die längerfristige Situation der Wirtschaft in den Blick

genommen habe, zumal es nach Aussagen von Lindner

das Angebot der Energieversorger für einen günstigen

Industriestrompreis gegeben habe, antwortet Habeck,

dass diese Frage seinen Eindruck bestätige, dass man

etwas anderes als nur Nothilfe gewollt habe, nämlich

eine Revision der Atompolitik. Zwar hätte es durch einen

umfangreicheren Weiterbetrieb einen Preis effekt gegeben,

aber keinen großen, keine veränderte Lage. Er

erklärte, dass verschiedenste Argument zu einer Entscheidung

gegen die Kernenergie führen würden.

Danach gefragt, warum er keine Schritte für günstigen

Strom gesetzt habe, nachdem er in der Energiepolitik

sehr stark die Elektrifizierung angeschoben habe, erklärt

Habeck, dass die Dekarbonisierung in der Tat zu einem

höheren Strombedarf in der Größenordnung von

1.200 TWh pro Jahr führe, dass es anders kaum möglich

wäre. Er erklärte zu der Möglichkeit einer Wiederinbetriebnahme

der Ende 2021 abgeschalteten Anlagen, dass

auch dies angesprochen worden sei, die Energieversorger

es aber als nicht zielführend betrachtet hätten,

da die Anlagen sich bereits im Rückbau befunden hätten.

Auf die Äußerung eines Fragestellers, der erklärte, er

glaube nicht an eine ergebnisoffene Prüfung, der auf

die Mail eines Mitarbeiters der BNetzA abstellt, in der

festgehalten worden sei, dass man für eine profunde

Beantwortung der Kernenergiefrage Monate benötigte

und die anschließende Frage wie ein Prüfergebnis

schon nach weniger als zwei Wochen habe vorliegen

können, antwortet Habeck, dass Sie (Anm.: die Fragesteller

bestimmter Fraktionen) unsere Arbeit nie positiv

bewerten würden. Er ergänzte, dass man keine Prüfung

von sechs Monaten hätte machen können, da man die

Maßnahme dann deswegen hätte ablehnen müssen. In

der weiteren Befragung äußert Habeck, dass für ihn nie

in Zweifel gestanden habe, dass die Anlagen sicher

seien und ein Weiterbetrieb technisch möglich wäre,

aber dass die Herausforderung nicht die Sicherheit der

Anlagen, sondern die Gasmangellage gewesen sei.

Auf die Frage, ob es nicht kurzsichtig sei, nur auf den

Winter 2022/23 Bezug zu nehmen und Fragen der Wirtschaftlichkeit

und der Klimapolitik außen vor zu lassen,

erklärt Habeck, dass er sich nicht in erster Linie gefragt

habe, ob es dem Klima helfe, sondern ob es Deutschland

helfe. Kernkraftwerke seien CO2-ärmer als Kohlekraftwerke,

aber sie benötigten staatliche Hilfe und passten

nicht zu den erneuerbaren Energien, da wir Phasen

haben würden, in denen es zu wenig und Phasen, in

denen es zu viel Strom geben würde, wofür Kernkraftwerke

ungeeignet seien. In der weiteren Befragung u. a.

zum Thema Landtagswahl in Niedersachsen und

Parteitag der Grünen erklärt Habeck, dass seitens der

FDP eine Abstimmung des Gesetzentwurfes aus parteipolitischen

Gründen abgesagt worden sei und dass er

auf dem Parteitag der Grünen gerne für eine Entscheidung

eingestanden wäre, aber es keine Entscheidung

gegeben habe, die hätte beraten werden können. Es

habe (Anm.: durch die Forderungen der FDP) eine Situation

bestanden, in der man ggf. im Austausch für eine

pragmatische Weiternutzung der Kernkraftwerke hätte

akzeptieren müssen, die Atompolitik zu revidieren.

Auf die Frage, wer mit Informationen zum Streck betrieb

hinsichtlich einer Position des BMWK und nicht der

Betreiber befasst gewesen sei, antwortet Habeck, dass

er dies nicht genau wisse, da man zu dieser Zeit das Haus

umgebaut habe. Er hoffe, dass in den Referaten eigenständig

Meinungen vertreten und diskutiert würden. In

der weiteren Befragung sind viele Fragen in Kenntnisund

besonders Erinnerungslücken Habecks versandet.

Bezugnehmend auf Habecks Aussage, dass der Bericht

des TÜV Süd eine politische Meinung sei und unter Vorhalt

der Zeugenaussage seitens TÜV Süd wird Habeck

gefragt, ob er wirklich gemeint habe, dass der TÜV Süd

eine politische Meinung vertreten habe und erklärt

darauf, der TÜV Süd sei dafür verantwortlich, dass wir

nicht früher von dem Ventil in Isar 2 gewusst hätten,

ein Problem großer Tragweite. Habeck unterstellt

dann, dass man absichtlich in eine Lage habe kommen

wollen, in der ein langjähriger Weiterbetrieb sinnvoll

erscheinen müsste, da es eigentlich darum gegangen

sei, die energiepolitischen Entscheidungen zu revidieren.

Auf nochmalige Nachfrage, ob er dabeibleibe,

die Bewertung des TÜV Süd als politische Position

zu bewerten, spricht Habeck von einer politischen

Akteurs eigenschaft des TÜV Süd.

Darauf angesprochen, dass er noch am 16. Juli geäußert

habe, dass man ein Gas- und kein Stromproblem habe,

äußert Habeck, dass es hätte heißen müssen, Frankreich

habe ein Stromproblem, dass uns infiziert habe.

Im weiteren Fortgang erklärt Habeck, dass er eine Laufzeitverlängerung

über mehrere Jahre, auf die der FDP-

Vorschlag hinausgelaufen wäre, weder durchbekommen

noch gewollt hätte. Auf die Frage, ob es Teil

der internationalen Politik Deutschlands sei, anderen

Ländern die Kernenergie ausreden zu wollen, erklärt

Habeck, dass sie die Position anderer Länder akzeptierten,

es jedoch keine Zweckentfremdung von Fördermitteln

etwa für H2 geben solle. Auch sollten die

Franzosen nicht ihre in der Regel defizitären Kraftwerke

subventionieren. EDF suche danach, irgendwelche

Fördermittel für erneuerbare Energien oder H2

abzuräubern, um seine 80 Milliarden Euro Schulden zu

bezahlen. Im Anschluss verstieg sich Habeck dazu, zu

äußern, dass wenn der Ausschuss das geheime Ziel

Ausgabe 2 › März


Report

105

verfolge, eine neue Atomdiskussion zu treiben, dann

sollten sie dies sagen und nicht ihn dazu missbrauchen,

eine versteckte Agenda zu puschen.

Auf die Frage, warum er nicht Maßnahmen für 2023/24

habe erwägen wollen, antwortet Habeck dass eine Herleitung

von Maßnahmen für diesen Zeitraum mit

einem Gasmangel durch die Erkenntnisse, die man zu

diesem Zeitpunkt hatte, nicht gedeckt gewesen wäre.

Er fuhr fort, dass auch hier die Motivation erkennbar

sei, die Atompolitik zu revidieren, dies würde auch die

Ausschussarbeit prägen.

Der Kanzler, der andere und sich gut aussehen

lassen will

Als letzter Zeuge in der gesamten Ausschussarbeit wird

schließlich Bundeskanzler Olaf Scholz befragt, dessen

Kanzleramtsminister am Vortag seine Aussagen machte.

Scholz beginnt mit der Feststellung, dass es hinsichtlich

der Gasversorgung keinen Plan B im Falle des Ausfalls

Russlands als Lieferant gegeben habe. Er schildert wie

bereits andere Zeugen die Gemengelage und Genese der

Energiekrisensituation, erklärt aber zusätzlich proaktiv,

dass der Ausstieg aus der Kernenergie richtig sei

und Tschernobyl wie Fukushima die Risiken gezeigt

hätten. Dazu trete die ungelöste Endlagerfrage weshalb

die Entscheidung im Ganzen richtig sei. Heute seien

Kernkraftwerke auch nicht wirtschaftlich wegen Kosten(-überschreitungen)

und eskalierenden Bauzeiten.

Scholz erklärt weiter, dass es 2022 darum gegangen sei,

zu prüfen, ob die Kernkraftwerke für die Versorgungssicherheit

benötigt würden. Scholz rekapitulierte den

Pfad, der letztlich zur Einschätzung führte, dass ein

Streckbetrieb – im Gegensatz zur Einsatzreserve – die

zweckmäßigste Lösung darstelle, über die leider keine

politische Einigung habe herbeigeführt werden können,

so dass am Ende die Ankündigung der Nutzung

der Richtlinienkompetenz gegenüber den Ministern

Habeck, Lemke und Lindner gestanden habe.

Gefragt, ob er mit Krebber über die Einsatzreserve

gesprochen habe, erklärt Scholz, dass sie über verschiedene

Themen einschließlich dieses gesprochen

hätten und es schließlich ein gemeinsames Gespräch

der drei CEOs der Energieversorger mit ihm, Habeck

und Lindner gegeben habe. Auf Nachfrage teilt er mit,

dass vermutlich Lindner die Idee zu dem Gespräch

gehabt habe. Er erklärt weiter, dass dabei verschiedene

Fragen diskutiert worden seien. Die Ende 2021 abgeschalteten

Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen habe

sich als schwierig durchführbar erwiesen und sei deshalb

als erledigt betrachtet worden. Die Variante mit

Beschaffung neuer Brennelemente für die noch laufenden

Anlagen hätte – so habe er das mitgenommen – zu

einem Betrieb für mehrere, fünf bis sieben Jahre geführt.

Scholz erklärt, dass damit auch relevante Kosten

verbunden gewesen wären. Sein Eindruck sei gewesen,

dass die Unternehmen nicht sonderlich begeistert

gewesen seien. Es fiel schließlich die Entscheidung

für einen Streckbetrieb und ein Gesetzentwurf sei

vorbereitet worden.

Auf die Frage, wo sich die Positionen in der Koalition

unterschieden hätten, welches Problem bestanden

habe, dass nur durch Rückgriff auf die Richtlinienkompetenz

habe gelöst werden können, antwortet Scholz,

dass aus seiner Sicht eine Entscheidung für einen längeren

Weiterbetrieb für mehr als ein Jahr nach dem

Gespräch vom 13. Oktober erledigt gewesen sei, aber

dass es trotz dieser Einigung auf einen Streckbetrieb

für drei Kernkraftwerke noch Differenzen gegeben

habe und die Minister sich nicht hätten einigen können.

Nach der Aussage von Lindner gefragt, gezwungen

werden zu müssen, erklärt Scholz, sich daran konkret

nicht erinnern zu können, berichtet aber, dass es für

beide (Anm.: Habeck und Lindner) nicht möglich

gewesen sei, sich zu einigen, wofür er dann die Verantwortung

übernommen habe.

Auf die Einschätzung im Bundeskanzleramt angesprochen,

die den Prüfvermerk als Positionspapier

wertete, das plausibel sei unter der Bedingung, dass

sich keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit eines

Weiterbetriebs ergebe, erklärt Scholz, dass es ihm

plausibel erschienen, aber noch nicht das Ende sei, da

man die Lage hätte beobachten müssen. Gefragt, ob er

Kritik am Prüfvermerk wahrgenommen habe, antwortet

Scholz, dass er Kritik und Diskussionen wahrgenommen

habe und es um komplizierte Sachverhalte

gegangen sei. Allerdings habe der Prüfvermerk einen

Weiterbetrieb nicht völlig ausgeschlossen.

Nach dem Zeitpunkt des Auftrags des Kanzleramtsministers

befragt, den Prüfvermerk noch einmal

kritisch zu überprüfen, besonders die genehmigungsrechtlichen

Aspekte, erklärt Scholz, dass sich die Lage

immer weiter verschlechtert habe und daher habe

geklärt werden sollen, was letztendlich möglich wäre.

Auf die Frage zu seiner Einschätzung darüber, dass die

Ressorts nicht auf technische bzw. sicherheitstechnische

Sachverhalte abgestellt hätten, sondern auf energiewirtschaftliche

Notwendigkeit, erklärt Scholz, dass

der Prüfvermerk nichts ausgeschlossen habe, wenn

man mit juristischem Verstand darauf blicke. Er sei daher

immer entspannt gewesen, weil er davon ausgegangen

sei, dass man es schaffen würde, wenn man es benötigte.

Darauf angesprochen, dass das Kanzleramt eine

Grundlage für die Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung

eingefordert habe sowie eine Datengrundlage,

äußert Scholz, dass er davon ausgehen habe

müssen, dass die Aussagen aus dem BMWK faktenbasiert

seien. Auf die Frage, ob es einen Unterschied

zwischen Streckbetrieb und Einsatzreserve gebe, bejaht

Scholz und erläutert, dass ein Streckbetrieb fortlaufenden

Betrieb bedeute, wogegen bei der Einsatzreserve

das Kraftwerk abgefahren und bereitgehalten werde.

Im weiteren Verlauf der Befragung tritt eine interessante

Differenz zwischen der Auffassung über die Behördenführung

zwischen einem Fragesteller von Bündnis90/

Vol. 70 (2025)


106

Report

Die Grünen und Bundeskanzler Scholz zu tage. In einer

ansonsten unergiebigen Fragerunde unter Vorhalt

einer internen Stellungnahme des Bundes kanzleramtes

wird mit einer gewissen Ungläubigkeit gefragt, ob denn

die Stellungnahmen im Bundeskanzler amt nicht die

Meinung des Bundeskanzler widerspiegelten, worauf

Scholz mit großer Selbstverständlichkeit antwortet,

dass diese Stellungnahmen der Beratung und Information

dienten und es nicht machbar wäre, in einem

solchen Arbeitsprozess vorab die inhaltliche Richtung

an alle Bearbeiter der Vermerke vorzugeben. Scholz

fuhr fort mitzuteilen, dass der in Rede stehende Vermerk

zur Kenntnisnahme bestimmt gewesen sei und

er dann in einem solchen Fall zur Kenntnis nehme, sich

aber das weitere Vorgehen und die Bestimmung der

politischen Richtung vorbehalte.

Auf Lindners Aussage angesprochen, dass er im Blick

auf das Gespräch mit den Energieversorgern geäußert

habe, dass es interessant sei, was man hier alles erfahre,

erklärt Scholz, dass er nicht wisse, was Lindner

gesagt habe, dass aber das Gespräch auch für ihn die

Entscheidungsgrundlage zum Thema gebildet habe. Er

ergänzte, dass es viele unterschiedliche Meinungen zu

den Sachverhalten gegeben habe auch in Gesprächen

mit den Ministern. Aus dem EVU-Gespräch habe sich

zum Beispiel ergeben, dass eine Wiederinbetrieb nahme

bereits abgeschalteter Anlagen kaum möglich gewesen

wäre. Zu seinem Gespräch mit Krebber gefragt, ob es

dort auch um das Kernkraftwerk Emsland gegangen

sei, antwortet Scholz, dass dies möglich sei und ergänzt,

dass er jedenfalls erfahren habe, dass die Anlage in bestimmten

Situationen auch südlich der netztechnischen

Systemgrenze Nord-Süd liegen könne. Nach dem Prüfauftrag

befragt, eine Sonderbesteuerung einer Laufzeitverlängerung

vorzusehen, erklärt Scholz dies beauftragt

zu haben. Da es jedoch nicht möglich gewesen sei,

wäre die Sache schnell erledigt gewesen.

Mit einer Aussage in einem Zeitungsartikel konfrontiert,

dass die sechs letzten Kernkraftwerke knapp die Hälfte

des Stromverbrauchs der energieintensiven Industrie

in Deutschland bereit stellen könnten ant wortet Scholz,

dass die abgeschalteten Anlagen nicht zu den Grenzkosten

der laufenden hätten produzieren können, da

sie quasi ein Neubau gewesen wären und es wirtschaftlich

nicht darstellbar gewesen wäre. Darüber hinaus sei

es auch zu gefährlich und die Endlagerung würde vielleicht

viel teurer. Auf den aktuell hohen Gewinn Frankreichs

aus dem Stromhandel angesprochen, antwortet

Scholz, dass gegen die Energiewende auch rechtliche

Hürden gegen das EEG errichtet worden seien und der

Strompreis im europäischen Strommarkt nicht subventioniert

werden solle, was Probleme für Frankreich

bedeute. Auch hier müssten alte Zöpfe abgeschnitten

werden bei EEG-Subventionen, die zu hohen Preisen für

lange Zeit gewährleistet worden seien.

Auf die Frage, ob man es auch in der SPD nicht opportun

befunden habe, vor der Wahl in Niedersachsen

die Entscheidung zu einem Weiterbetrieb zu treffen,

antwortet Scholz, dass dies für ihn nicht gegolten habe

und er sich jederzeit auf eine Entscheidung im August

oder September hätte einigen können. Gefragt, zu

welchem Zeitpunkt ihm bewusst geworden sei, dass

Nord Stream 2 ein Fehler gewesen sei, antwortet Scholz,

dass er immer für LNG-Terminals plädiert habe und

die Grünen dagegen gewesen seien. Er habe nicht nur

von einem abhängig sein wollen. Er ergänzt, dass er

Nord Stream 2 ab Februar 2022 nicht mehr hätte haben

wollen und weist darauf hin, dass Nord Stream 1 auch

von den Grünen nicht in Frage gestellt worden sei.

Konfrontiert mit einem Schreiben von einem geschwärzten

Absender, der als möglicherweise Knott

oder Birnbaum identifiziert wird und das besagte, dass

Aussagen, dass der Einsatz neuer Brennelemente einen

Betrieb für viele Jahre erfordere, falsch seien und

gefragt, ob es wohl nicht eher zwei bis drei Jahre als

fünf bis sieben Jahre seien, antwortet Scholz, dass er

auch einen Weiterbetrieb für drei Jahre nicht akzeptiert

hätte. Er teilt dem Fragesteller mit, dass dieser

vielleicht auch falsch liege, da man neue Brennelemente

nicht beliebig wieder außer Betrieb nehmen

könne, sondern ein Mindestabbrand erforderlich sei.

Er ergänzt, dass er mehrere Jahre nicht gewollt habe.

Auf die Frage, ob er die Richtlinienentscheidung auch

getroffen habe, um Druck von Habeck von Seiten der

grünen Bundestagsfraktion zu nehmen, da dieser

erklärte, er habe Energiesicherheit gewollt, wogegen in

der Fraktion viele nicht einmal eine Einsatzreserve

akzeptiert hätten, antwortet Scholz, dies sei nicht der

Fall gewesen, er habe es für Deutschland getan. Gefragt,

ob er gewusst habe, dass es im BMF Zweifel an den Aussagen

des BMWK hinsichtlich der Gespräche mit den

Energieversorgern gegeben habe, erklärt Scholz, dass

alle mit den Betreibern gesprochen hätten, weswegen

die drei plus drei Videokonferenz anberaumt worden

sei, um einen konsolidierten Stand zu erreichen.

Persönliches Fazit

Am Anfang des Kernthemas des Untersuchungsausschusses,

dem Umgang mit dem planmäßigen Ende der

Kernenergienutzung in einer Situation äußerster geopolitischer

und energiewirtschaftlicher Zuspitzung

nach dem kaum anders denn als neoimperialistisch zu

bezeichnenden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine,

stand die proaktive und letztlich unerwartete Ankündigung

einer ergebnisoffenen Prüfung und das heißt

Infragestellung des bisherigen Politikpfades in Sachen

Kernenergie im Zusammenhang mit und zur Prävention

oder Abmilderung der absehbaren und unmittelbar

bevor stehenden Energiekrise durch Bundeswirtschaftsminister

Habeck wenige Tage nach Kriegsbeginn.

Für diese staatsmännische Haltung erfuhr

Habeck seinerzeit viel Anerkennung und Respekt auch

seitens der Opposition.

Bereits am 7. März aber war es mit dem staatsmännischen

Zauber dahin und die Haltung entpuppte sich

Ausgabe 2 › März


Report

107

als bloße Pose nachdem einer weiteren Debatte des für

Partei und Fraktion der Grünen offenkundig unerträglichen

Themas Kernenergie mit einen schnell, schludrig

und durch und durch voreingenommen abgefassten so

genannten Prüfvermerk ein Riegel vorgeschoben wurde

mit einem ganzen Trommelfeuer falscher oder verzerrter

und verzerrender Aussagen und Annahmen. Der

Untersuchungsausschuss wollte – ausgelöst durch die

Rechercheresultate von hartnäckigen und gegen ein

abblockendes Wirtschaftsministerium klagebereiter

Journalisten – Licht in das Dunkel dieses schnellen Absturzes

vom mutigen Sprung über den eigenen Schatten

in die Abgründe des grünen Group Think bringen.

Dies ist nur teilweise gelungen, denn die Anlehnung

der Arbeit eines Untersuchungsausschusses an den

Strafprozess erweckt die falsche Vorstellung justiziabler

Sachverhalte und Gesetzesverstöße obgleich ein parlamentarischer

Untersuchungsausschuss ein politisches

Instrument zur Kontrolle politischer Regierungstätigkeit

ist. In diesem Rahmen allerdings wurden durchaus

interessante Erkenntnisse gewonnen. Zum Beispiel,

dass mit geeigneter Personalauswahl – in diesem Fall

im Sinne der Anti-Atom-Mission – eine strukturelle

Voreingenommenheit ganzer Institutionen bewirkt

werden kann, die weder von der Arbeitsebene – sofern

nicht ohnehin bereits von der gleichen Denkweise

geprägt – noch externem Sachverstand überwunden

werden kann. Insbesondere sind bei einer strukturell

voreingenommenen Institution weitgehend auch gar

keine konkreten Weisungen im Sinne des gewünschten

Ergebnisses erforderlich, da der Apparat gleichsam

bereits auf Autopiloten geschaltet die „richtigen“

Ergebnisse liefert.

Ein anderes Ergebnis ist, dass mit strategisch eingesetztem

Zeitdruck wie es beim Prüfvermerk der Fall

gewesen ist, vielen Einwänden von der Fachebene und

externen Fachleuten bereits vorgebeugt werden kann

und denjenigen, die von fachlich sehr versierten Mitarbeitern

auch in ganz kurzer Zeit vorgebracht werden

können, schnell und reibungslos ein Riegel vorgeschoben

werden kann, denn es müsse ja jetzt ein

Ergebnis vorliegen und es könne nicht endlos geprüft

werden. Das das Vorgehen innerhalb des BMWK und

des BMUV von dieser Methode geprägt war, wird durch

die erstaunlich fadenscheinige Begründung mehrerer

Zeugen der Leitungsebenen für den Zeitdruck beim

Prüfvermerk bestätigt, die ausgesagt haben, die

Energie versorgungsunternehmen hätten dringend

informiert werden müssen. Angesichts der Tatsache,

dass Minister Habeck ab August, also rund sechs

Monate nach Kriegsbeginn und nachdem sich abzeichnete,

dass die energiewirtschaftliche Notwendigkeit für

einen Weiterbetrieb, die man ein halbes Jahr lang

bestritten hat, unabweisbar würde, alles daran setzte,

gegen alle Einwände und Widerstände eine sachlich

untaugliche Lösung – die Einsatzreserve – durchzudrücken,

erscheint die genannte Begründung des Zeitdrucks

beim Prüfvermerk wie eine Irreführung der

Öffentlichkeit. Denn mit dem Mittel der Einsatzreserve

wäre ja die tatsächliche Information an die Betreiber,

ob die Anlagen nun gebraucht werden oder nicht, bis

auf den Dezember im Fall KKI 2 und gar bis zum Januar

im Fall GKN 2 verschoben worden.

Am Ende tritt insbesondere bei den Zeugen aus dem

BMUV deutlich hervor, dass das Festhalten an der

einmal getroffenen und im Sinne der grünen Befindlichkeit

richtigen Entscheidung des Atomausstiegs die

oberste Maxime im Umgang mit der Kernenergie auch

in der größten Energiekrise in der Geschichte der

Bundes republik Deutschland gewesen ist. Dies ist

wenig überraschend und hätte keine so große

Empörung ausgelöst, hätte man sich seitens der grünen

Spitzenpolitiker und der Partei klar dazu bekannt.

Offenkundig bemerkte man aber, dass sich die Stimmung

in der Öffentlichkeit gewandelt hatte und das

klare Bekenntnis zum Ausstieg um des Ausstiegs willen,

zu öffentlichem Gegenwind führen würde. Stattdessen

wurde versucht, alles so aussehen zu lassen, als stünde

hinter der negativen Entscheidung bezüglich der Kernenergie

gar kein politischer Wille, sondern als vollstreckte

man nur sachliche Notwendigkeiten und

scheinbar zwingende Schlussfolgerungen.

Nebenbei bot die Zeugenbefragung im Untersuchungsausschuss

auch eine interessante Milieustudie. Denn

die Argumentationsweise von Vertretern der Grünen,

aus ihrem Vorfeld bzw. ihrem Milieu lässt erkennen,

dass eine Argumentation in diesem grünen Milieu

offensichtlich erst dann als vollendet, gewissermaßen

als runde Sache zu gelten scheint, wenn sie in einem

Zirkelschluss kulminiert.

Es bleibt die bemerkenswerte Tatsache, dass im Atom-

Ausstiegsland par excellence tatsächlich ein Untersuchungsausschuss

wegen des Vollzugs genau dieses

Ausstiegs eingesetzt wurde. Bedeutet dies nun eine

Trendwende für die Kernenergie in Deutschland? Das

ist denkbar, aber alles andere als gewiss. Anders als

von Minister Habeck in teils geradezu verschwörungstheoretischen

Tiraden bei seiner Befragung unterstellt,

diente die Diskussion im Krisenjahr 2022 nämlich tatsächlich

der Krisenbewältigung und nicht der Revision

der Kernenergiepolitik. Der Appetit kommt aber

bekanntlich beim Essen und so wie die Diskussion im

Jahr 2022 mit dem Prüfvermerk anders als beabsichtigt

nicht beendet werden konnte, hat sich die Diskurslandschaft

bei der Kernenergie in Deutschland inzwischen

deutlich verändert und das „tote Pferd“ wiehert schon

wieder. Ob es noch einmal galoppieren wird, werden

die kommenden Jahre zeigen.

Quellen

Berichte Deutscher Bundestag (Sitzungen am 10. und 17. Oktober,

07. November 2024); eigene Aufzeichnungen (14. und 28. November,

4., 5., 18. und 19. Dezember, 15. und 16. Januar 2025)

Vol. 70 (2025)


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KTG Inside

Terminvormerkung

Inside

KTG-Mitgliederversammlung 2025

17. Juni 2025

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrte Mitglieder der Kerntechnischen Gesellschaft,

bitte merken Sie sich den Termin

für unsere diesjährige Mitgliederversammlung vor:

KTG-Mitgliederversammlung 2025

Zeit: Dienstag, 17. Juni, von 17:00 – 18:30 Uhr

Ort: HYPERION Hotel Leipzig, Schongauerstraße 39, 04329 Leipzig

› Ihre Übernachtung buchen Sie bitte als Selbstzahler

direkt im HYPERION Hotel unter +49 3412540 oder

per E-Mail an leipzig@h-hotels.com.

› Der Zutritt zur KTG-Mitgliederversammlung ist nur KTG-Mitgliedern

gestattet und ist für diese – einschließlich des anschließenden

abendlichen traditionellen Get Together mit Vertretern des Branchenverbandes

KernD e.V. – wie immer kostenfrei.

› Die konkrete Einladung gemäß Satzung inkl. Tagesordnung und

Sitzungsunterlagen versenden wir zu einem späteren Zeitpunkt

fristgemäß persönlich an jedes Mitglied.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre KTG-Geschäftsstelle

Ausgabe 2 › März


KTG Inside

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Innovation 4 Nuclear

Germany

What it is all about?

Do you have an innovative idea for nuclear technologies

or radiochemistry? Do you want to gain valuable

experience in transferring your science into the industry

or start-up space? Do you want to compete against

like-minded spirits on an international stage?

Then the „Innovation 4 Nuclear - Germany“ (I4N-

Germany) is the right place for you. Make an invention

with economic potential out of your current research,

or just design the product you always dreamed about.

Present this with a team (min 2 people) at the I4N-

Germany in form of an 8min pitch presentation. Win and

become the representative of Germany at the European

finals in Zagreb. If you win there, you will represent

europe at the next IYNC in france.

When will it happen

The date of the German competition in late April will

be announced in the following months.

Experiences so far

In 2025 DUCAT was the first German team to ever

participate in the European I4N. They won with the

project about depleted uranium chemistry and got the

chance to participate at the IYNC in Abu Dhabi, where

they again succeeded.

Who can participate?

Any team of min. 2 people (younger than 35) is eligible

for taking part in this competition.

What do I have to do?

Present an innovative idea about nuclear technology

or radiochemistry in an 8-min pitch presentation. Your

creativity is your only limit!

› The I4N-Germany of 2025 is jointly

organized by the „Young Generation

of the German nuclear association“ (JG-KTG)

and the JuRadChem.

Where can I apply

Application is possible until the 07.04.2025. Just fill out

the application form and be prepared. Fame and glory

awaits you at the other side.

Vol. 70 (2025)


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KTG Inside

Online-Vorträge

Online-Vortrag zum Thema

„Krebsmedikamente und Klimaschutz statt Atommüll –

Anlagen zur elektrochemischen Partitionierung

und beschleunigergetriebenen Transmutation“

am 11. März 2025 | 11:00 - 12:30 Uhr

Die Entwicklung von Anlagen zur elektrochemischen Partitionierung und beschleunigergetriebenen

Transmutation (P&T) erlebt derzeit eine Blüte: der Bund hat vor Kurzem

mehrere Millionen Euro in die Transmutex AG investiert, einer CERN-Ausgründung, die

sich dem Thema widmet. Die amerikanische Regierung hat mit NEWTON ebenfalls ein

gewichtiges Programm für beschleunigergetriebene Transmutation aufgelegt. Eine aktuelle

Studie der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND befasst sich nun sogar mit den

Bedingungen und Aus wirkungen einer Anlage am Standort eines ehemaligen deutschen

Druckwasserreaktors.

Könnten diese Anlagen in Deutschland sicher betrieben werden? Rentabel? Effizient?

Ökologisch? Was leisten sie überhaupt? Welche Arbeitsmöglichkeiten gibt es in diesem

Bereich?

Erfahren Sie in unserem Online-Vortrag, welche weitreichenden volkswirtschaftlichen

Vorteile diese Form von P&T neben der deutlichen Reduktion auch der bereits verglasten

hochradio aktiven Abfälle aus Kernkraftwerken bietet: wertvolle Rohstoffe wie Krypton,

Rhodium, Ruthenium und Uran, die unter anderem für die Luft- und Raumfahrt sowie

die Automobil- und Solarzellenindustrie benötigt werden, könnten gewonnen werden.

Zudem ermöglicht die Anlage die Entwicklung neuer Krebsmedikamente sowohl durch

Bestrahlung als auch durch Recycling von Atommüll und leistet einen bedeutenden

Beitrag zur CO 2 -Reduktion – sowohl direkt durch Prozesswärme und Geothermie als

auch indirekt durch Kreislaufwirtschaft statt Bergbau.

Wir freuen uns auf viele Fragen und eine lebhafte Diskussion!

Jetzt registrieren unter: Microsoft Virtual Events Powered by Teams

Ausgabe 2 › März


KTG Inside

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Online-Vorträge 2025

Online-Vortrag zum Thema

„iMAGINE –

Können wir uns DAS Endlager sparen?“

am 18. März 2025 | 11:00 - 13:00 Uhr

Deutschland steht an einem Scheideweg, einerseits bezüglich einer

möglichen Zukunft der Kernenergie, andererseits bezüglich der

Endl agerung der Reststoffe und dem damit verbundenen Standortauswahlverfahren.

Die vor einiger Zeit kommunizierte massive Verschiebung

der Standardfestlegung, frühstens 2046, eröffnet neue

Chancen Technologien zu testen, die eventuell das Endlager und damit

das gesamte Standortauswahlver fahren obsolet machen können.

Die University of Liverpool, gefördert von der königlichen Ingenieursgesellschaft,

hat mit iMAGINE die derzeit weit reichendste Entwicklung

vorgelegt und deren wissenschaftliche Machbarkeit nachgewiesen.

Der Vortrag beleuchtet den strategischen Entwicklungsplan von

iMAGINE und die daraus entstehenden Chancen für Deutschland.

Die Besonderheiten des neuartigen Ansatzes werden herausgearbeitet

und Chancen und Risiken der Technologie diskutiert. Zum Abschluss

wird ein Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm zur Diskussion

gestellt das zum Ziel hat, Fakten für eine zukünftige erkenntnisbasierte,

ideologiefreie politische Entscheidung zu liefern. Dafür müssen die

wissenschaftlichen Aussagen durch einen Demonstrationsbetrieb

bestätigt werden.

Wir freuen uns auf viele Fragen und eine lebhafte Diskussion!

Jetzt registrieren unter: Microsoft Virtual Events Powered by Teams

Vol. 70 (2025)


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KTG Inside

Neuer Fachgruppenleiter der KTG-Fachgruppe

„Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“

Liebe Mitglieder der Fachgruppe

„Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“,

mein Name ist Pablo Barreiro, und ich freue mich sehr,

mich Ihnen heute als neuer Fachgruppenleiter vorstellen

zu dürfen. Die Themen Stilllegung, Entsorgung und

Strahlenschutz spielen eine zentrale Rolle in der kerntechnischen

Gemeinschaft und stellen uns noch sehr

lange Zeit vor spannende Herausforderungen.

Daher ist es mir ein großes Anliegen, diese Fachgruppe

aktiv mitzugestalten und gemeinsam mit Ihnen Impulse

für die zukünftige Entwicklung zu setzen.

Um einen guten Einstieg zu finden und Ihre Erwartungen

sowie Ideen kennenzulernen, lade ich Sie herzlich zu

einem ersten gemeinsamen Online-Austausch ein:

Datum: 27. März 2025

Uhrzeit: 11:00 – 12:00 Uhr

Ort: Online

In diesem Termin möchte ich gerne Ihre Anregungen

und Wünsche aufnehmen, um gemeinsame Pläne für

die Fachgruppe zu definieren:

› Wie können wir das Vereinsleben in unserer

Fachgruppe lebendig gestalten?

› Welche Themen sind Ihnen besonders wichtig?

› Welche Formate wünschen Sie sich für den

fachlichen Austausch?

Ich freue mich auf Ihre Teilnahme und einen offenen,

produktiven Dialog! Bei Rückfragen oder weiteren Anregungen

stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit

zur Verfügung.

Mit besten Grüßen

Dr. Pablo Barreiro

Fachgruppenleiter „Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“

Kerntechnische Gesellschaft e.V.

Dr. Pablo Barreiro

Dr. Pablo Barreiro übernimmt die Leitung der Fachgruppe

„Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“

der Kerntechnischen Gesellschaft e.V. Mit langjähriger

Erfahrung in der kerntechnischen Planung und Werkstofftechnik

bringt er umfassendes Know-how in den

Bereichen Stilllegung, Materialintegrität und Sicherheitsanalysen

mit.

Nach seiner Promotion am Institut für Werkstoffkunde

der Universität Karlsruhe (TH) war Dr. Barreiro als

wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig, bevor er 2007 zur

EnBW wechselte. Dort arbeitete er als Senior Ingenieur

für Werkstoff- und Schweißtechnik am Kernkraftwerk

Philippsburg und war unter anderem für Alterungsmanagement

und Schadensanalysen verantwortlich.

Im Anschluss übernahm er leitende Positionen im

Bereich Werkstofftechnik und additive Fertigung bei

SEW-Eurodrive sowie als Leiter eines Werkstofflabors

im argentinischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft

und Technologie, wo er unter anderem mit der Leitung

und dem Abschluss des Projekts zur Laufzeitverlängerung

des Kernkraftwerkes Atucha vertraut war.

Mit seiner Expertise und Führungserfahrung wird

Dr. Barreiro die Fachgruppe mit neuen Impulsen

bereichern und die Weiterentwicklung innovativer

Lösungen im Bereich Stilllegung, Entsorgung und

Strahlenschutz aktiv mitgestalten.

Die Kerntechnische Gesellschaft freut sich

auf die Zusammenarbeit!

Ausgabe 2 › März


KTG Inside

113

Inside

Die KTG gratuliert an dieser Stelle unseren besonderen Jubilaren ab und

in ihren „ Neunzigern“. Wir danken für die lange und treue Mitgliedschaft

in der KTG und wünschen noch viele glückliche Lebensjahre.

Herzlichen Glückwunsch!

Die KTG gratuliert ihren Mitgliedern sehr herzlich zum Geburtstag

und wünscht ihnen weiterhin alles Gute!

April 2025 Mai 2025

94 Jahre | 1931

9. Dr. Klaus Penndorf,

Geesthacht

91 Jahre | 1934

11. Dr. Eckhart Leischner,

Rodenbach

90 Jahre | 1935

8. Dipl.-Ing. Klaus Wegner,

Hanau

28. Dipl.-Ing. Anton Zimmermann,

Hamburg

29. Dipl.-Ing. Karlheinz Orth,

Marloffstein

April 2025

50 Jahre | 1975

24. Dr. Ralf Obenland, Otterstadt

60 Jahre | 1965

28. Dr. Aliki van Heek, Wien/AT

70 Jahre | 1955

2. Helmut Gradic, Stadland

24. Klaus-Dieter Brandt, Nuthetal

72 Jahre | 1953

10. Dipl.-Phys. Harold Rebohm, Berlin

75 Jahre | 1950

6. Dr. Bernhard Kienzler, Stutensee

28. Dr. Wolfgang Wiesenack, Halden/NO

77 Jahre | 1948

6. Dr. Wolfgang Tietsch, Mannheim

9. Dipl.-Ing. Herbert Moryson, Essen

22. Dr. Heinz-Dietmar Maertens, Arnum

26. Dr. Rainer Heibel, Neston/GB

82 Jahre | 1943

15. Dr. Werner Dander, Heppenheim

83 Jahre | 1942

27. Dr. Dieter Sommer, Mosbach

9. Prof. Dr. Hans-Christoph Mehner,

Dresden

85 Jahre | 1940

18. Dipl.-Ing. Norbert Granner,

Bergisch Gladbach

87 Jahre | 1938

4. Prof. Dr.-Ing. Klaus Kühn,

Clausthal-Zellerfeld

5. Dr. Hans Fuchs, Gelterkinden /CH

9. Dr. Carl Alexander Duckwitz,

Alzenau-Kälberau

28. Prof. Dr. Georg-Friedrich Schultheiss,

Lüneburg

88 Jahre | 1937

13. Dr. Martin Peehs, Bubenreuth

89 Jahre | 1936

6. Dipl.-Ing. Hans Pirk, Rottach-Egern

Mai 2025

40 Jahre | 1985

4. Nicole Koch, Mannheim

50 Jahre | 1975

21. Siewert Joswig, Beidentleth

60 Jahre | 1965

31. Dipl.-Ing. Andreas Zühlke, Tützpatz

74 Jahre | 1951

15. Dr. Wolf Timm, Hausen

79 Jahre | 1946

23. Dr.-Ing. Heinz Geiser, Titz-Rödingen

80 Jahre | 1945

30. Dr. Klaus Kasper, Essen

11. Dipl.-Ing. Dieter Kreckel, Mainz

81 Jahre | 1944

12. Peter Faber, Rödermark

82 Jahre | 1943

3. Dipl.-Ing. Hans Lettau, Effeltrich

24. Dipl.-Ing. Rudolf Weh, Stephanskirchen

22. Dr. Wolfgang Schütz, Bruchsal

83 Jahre | 1942

5. Hans-Bernd Maier, Aschaffenburg

11. Dr. Erwin Lindauer, Köln

17. Dr. Heinz-Peter Holley, Forchheim

28. Dr. Wolf-Dieter Krebs, Erlangen

85 Jahre | 1940

15. Dipl.-Phys. Ludwig Aumüller,

Freigericht

87 Jahre | 1938

13. Dipl.-Ing. Otto A. Besch, Geesthacht

13. Dr. Heinrich Werle, Karlsdorf-Neuthard

21. Dr. Hans Spenke, Bergisch Gladbach

88 Jahre | 1937

6. Dr. Peter Strohbach, Mainaschaff

26. Dipl.-Ing. Rüdiger Müller, Heidelberg

27. Dr. Johannes Wolters, Düren

Wenn Sie künftig eine Erwähnung Ihres

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KTG Inside

Lektorat: Kerntechnische Gesellschaft e. V. (KTG), Berliner Straße 88A, 13467 Berlin | E-Mail: info@ktg.org | www.ktg.org

Vol. 70 (2025)


114

KTG Inside

† Nachruf

Prof. Dr. Hans-Henning Hennies

* 05.04.1935

† 16.01.2025

Mit großer Trauer nehmen wir Abschied von unserem Ehrenmitglied Herrn Prof. Dr. Hans-

Henning Hennies, der in der internationalen Fachgemeinschaft der Kerntechnik über

Jahrzehnte hinweg herausragende Beiträge geleistet hat. Sein Wirken hat die wissenschaftliche

Landschaft der Kernforschung und Reaktortechnik maßgeblich geprägt.

Prof. Dr. Hennies studierte in Göttingen und Tübingen Physik und wurde an der

Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen promoviert.

Bereits in seiner Dissertation aus dem Jahr 1960 mit dem Titel „Kern-Isomerie bei 77Ir 192 und

77Ir 194 und das Gammaspektrum des 66 Dy 165m “ zeigte sich seine tiefgehende Leidenschaft für

die Kernphysik, die ihn sein gesamtes berufliches Leben begleitete.

Ab 1961 war er Mitarbeiter der Firma INTERATOM. Es folgten mehrere berufliche Aufenthalte

in den USA. Professor Dr. Hennies war seit 1975 Mitglied des Vorstandes des Forschungszentrums

Karlsruhe und leitete zunächst die Bereiche Reaktorentwicklung und Sicherheitsforschung.

Dazu gehörten der Betrieb aller Forschungsreaktoren des Zentrums, die Entwicklung

des Schnellen Brüters, die Sicherheit von Leichtwasser reaktoren und die Fusionstechnologie.

Nach der Umstrukturierung des Forschungszentrums 1995 war er neben der

gesamten Energieforschung auch für den neuge gründeten Geschäftsbereich „Stilllegung

nuklearer Anlagen“ zuständig. Zeit seines Lebens war Professor Dr. Hennies auch inter national

engagiert; er war besonders den Ländern Frankreich, Belgien, Niederlande, Japan und den

USA verbunden und dort als Wissenschaftler und Manager in der anwendungsorientierten

Großforschung bestens bekannt. Beispielhaft sei hierzu genannt, dass er 1983 in den Lenkungsausschuss

des Fusionstechnologie- Programms der Europäischen Gemeinschaft berufen und

ab 1987 dessen Vorsitzender wurde.

Seit 1990 war Professor Dr. Hennies Honorarprofessor der Fakultät für Maschinenbau der

Universität Karlsruhe. Von 1981 bis 1985 war er Vorstandsvorsitzender der KTG, in den Jahren

1988 und 1989 auch Präsident der European Nuclear Society. Am 1. Juli 1999 wurde er nach fast

25 Jahren im Vorstand des Forschungszentrums Karlsruhe in den wohlverdienten Ruhestand

verabschiedet.

Im Jahr 1987 wurde Professor Dr. Hennies vom Bundespräsidenten das Verdienstkreuz 1. Klasse

des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht.

Nach seiner Verabschiedung in den Ruhestand zeigte Prof. Dr. Hennies erneut unter nehmerische

Initiative. Er war Mitgründer der EEB – Euro Energy Broker GmbH, mit der er erfolgreich als

Strommakler im liberalisierten Strommarkt tätig war.

Mit seinem tiefgehenden Fachwissen, seiner außergewöhnlichen Weitsicht und seinem

unermüdlichen Einsatz hinterlässt Prof. Dr. Hennies ein bedeutendes wissenschaftliches und

technisches Erbe. Seine Beiträge zur Kernforschung und sein Engagement für die Energiepolitik

werden auch in Zukunft nachwirken.

Die Kerntechnische Gesellschaft verneigt sich in Hochachtung und Dankbarkeit vor einem

herausragenden Wissenschaftler und Kollegen. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und allen,

die ihm nahestanden.

Sein Wissen, seine Leidenschaft und seine Persönlichkeit werden uns fehlen.

Ausgabe 2 › März


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TERMIN 13. März 2025 PREIS 1.049,— €

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Exportkontrolle kerntechnischer Produkte und Dienstleistungen – Was ist zu beachten?

TERMIN 5. Mai 2025 PREIS 548,— €

Referent Kay Höft Rechtsanwalt, M. A. (BWL), Rechtsanwalt der Kanzlei für Außenwirtschaftsrecht, Hamburg

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Grundzüge des Strahlenschutzrechts

TERMIN 8. Mai 2025 PREIS 1.049,— €

Referent Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig

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Grundlagenschulung Kerntechnik

TERMIN 13.–14. Mai 2025 PREIS 1.498,— € Präsenzseminar

Referent Dr.-Ing. Thomas Behringer Geschäftsführer Kerntechnik Deutschland e.V. ORT: ALC Sprachenzentrum Potsdam

Öffentliche Anhörungen erfolgreich meistern

TERMIN nach Vereinbarung PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar

Referent Dr. Nikolai A. Behr DIKT Deutsches Institut für Kommunikations- und MedienTraining, München

„Stilllegung und Rückbau in Recht und Praxis“

TERMIN nach Vereinbarung PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar

Referenten Dr. Matthias Bauerfeind TÜV SÜD Energietechnik, Filderstadt

Dr. Christian Raetzke Rechtsanwalt, Leipzig

Das Strahlenschutzrecht und seine praktische Umsetzung

TERMIN nach Vereinbarung PREIS auf Anfrage ORT Inhouse-Seminar

Referenten Dr. Maria Poetsch TÜV SÜD Energietechnik, Filderstadt

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Alle Preise zzgl. gesetzl. USt.

Für weitere Informationen besuchen Sie unsere Website

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Anfragen und Anmeldungen: seminare@kernd.de

Unsere Fortbildungen sind zum

größten Teil auch als Inhouse-

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Preise und Termine auf Anfrage.

Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Stand: 19. Februar 2025


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at Nuclear Power Plants

Kazatomprom and

the Nuclear Fuel Cycle

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Perspectives of a Fusion Power Plant

Research and Education for

Nuclear Communications

Beyond Energy

Decommissioning

CIGÉO – The French Geological

Repository Project

2016

47

512 ı Operation and New Build

Passive Autocatalytic Recombiner System

as a Hydrogen Mitigation System

520 ı Research and Innovation

Numerical Investigation

for the Upper Plenum of PWR

558 ı Nuclear Today

Africa’s Developing Nuclear Landscape

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