atw - International Journal for Nuclear Power | 02.2025
Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information.
Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information.
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ISSN: 1431-5254 (Print) | eISSN: 2940-6668 (Online)
32.50 €
International Journal for Nuclear Power
2025 2
Operationalizing the contribution of
nuclear power to biodiversity conservation
Interview with Tommi Nyman, Steady Energy
Data Centers: a new dawn for nuclear energy?
nucmag.com
Seit 69 Jahren im Dienste der Kerntechnik
KTG Nuclear Conference
21. - 22. April 2026
Liebe Mitglieder und Freunde der Kerntechnischen Gesellschaft,
wir freuen uns, Ihnen das neue Veranstaltungsformat unserer KTG-Tagung ankündigen
zu können: die KTG Nuclear Conference. Bitte merken Sie sich bereits jetzt den
21. – 22. April 2026 vor und reservieren Sie diesen Termin in Ihrem Kalender.
Unsere technisch-wissenschaftliche Konferenz wird sich der Vielfalt der aktuellen
Fragestellungen der friedlichen Nutzung der Kerntechnik, wie neue Reaktor konzepte,
Fusion, Reaktorsicherheit, Brennstoffkreislauf, aber auch Rückbau und Endlagerung,
widmen – ganz im Sinne unserer Satzung. Dabei legen wir besonderen Wert auf den
Austausch zwischen erfahrenen Fachleuten, Nachwuchs wissenschaftlern und allen
Interessierten, denn wir sind überzeugt: der Fortschritt lebt vom Dialog und von frischen
Impulsen!
Seit vielen Jahrzehnten hat die KTG maßgeblich die Inhalte der Jahrestagung Kerntechnik
gestaltet. Aufbauend auf dieser Tradition möchten wir mit der KTG Nuclear Conference
vor dem Hintergrund der aktuellen weltweiten kern technischen Entwicklungen und
der in Deutschland bestehenden Rahmen bedingungen das Tagungskonzept weiterentwickeln.
Freuen Sie sich auf ein modernes Veran staltungsformat mit inspirierenden
Vorträgen, spannenden Diskussionen und vielfältigen Möglichkeiten zur Vernetzung!
Der Vorstand der KTG freut sich, Sie als Teilnehmer, Diskussionspartner oder Impulsgeber
auf unserer Veranstaltung zu begrüßen. Lassen Sie uns gemeinsam die Faszination
Kerntechnik weitertragen!
Damit die KTG Nuclear Conference ein Erfolg für alle wird, laden wir Sie herzlich ein,
sich aktiv an der inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung zu beteiligen. Ihre Ideen,
Vorschläge und Anregungen sind uns wichtig – gemeinsam schaffen wir eine Plattform,
die Wissen vermittelt, Innovationen fördert und die Zukunft der Kern technik gestaltet.
Weitere Informationen folgen in den nächsten Wochen. Bei Fragen oder Anregungen
stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Bitte nutzen Sie dazu die E-Mail-
Adresse: info@ktg.org.
Mit besten Grüßen
Ihr KTG-Vorstand
Frank Apel
Dr. Walter Tromm
Prof. Jörg Starflinger
Dr. Jens Schröder
Prof. Marco K. Koch
Dr. Hans-Georg Willschütz
Florian Krist
Editorial
3
Energiepolitik am Scheideweg:
Konsens oder Wende zur Zweckmäßigkeit
Im Bundestagswahlkampf war es recht still um die Energiepolitik, obwohl noch in der Interimsphase zwischen
der Auflösung des Bundestages und den Neuwahlen zwei energiepolitische Gesetzesvorhaben beschlossen
wurden – das Solarspitzengesetz und das Gesetz für mehr Steuerung und Akzeptanz beim Windenergieausbau
– die beide darauf abzielen, die erst mit Inkrafttreten des so genannten Osterpakets im Juli 2022 von
Bundeswirtschaftsminister Habeck vorgenommene Beschleunigung des Ausbaus der volatilen erneuerbaren
Energien im Sinne von Netzstabilität und Akzeptanz wieder einzufangen.
Bei der Ruhe in der Energiepolitik ist noch nicht klar,
ob es die Ruhe vor dem Sturm oder eine Friedhofsruhe
ist, denn das hängt am Ende von der tatsächlichen
Regierungsbildung oder den künftigen Modalitäten ab,
parlamentarisch Politik zu gestalten. Gleiches gilt für
die Frage, ob die Nutzung von Kernkraft in Deutschland
in absehbarer Zukunft wieder eine Perspektive hat – in
welcher Form auch immer – oder nicht.
Allerdings zeichnet sich immer stärker ab, dass der vor
25 Jahren eingeschlagene Pfad der Energiewende, die
im Lauf der Zeit auf das Ziel von 100 Prozent erneuerbaren
Energien eskaliert wurde, nicht mehr weitergegangen
werden kann. Indizien dafür sind nicht nur
die oben genannten Gesetze, mit denen der Bundeswirtschaftsminister
letztlich Hand an seinen vermeintlich
größten politischen Erfolg legt, sondern auch etwa
die Einschätzung eines Netzbetreibers, der die Kosten
für den Ausbau der Übertragungsnetze in aktuellen
Szenarien mit 320 Milliarden Euro benennt. Kosten
wohlgemerkt, die weitgehend wegen der Verfolgung
des Ziels von 100 Prozent erneuerbaren Energien
anfallen. Ein weiteres Indiz liefert wieder der Bundeswirtschaftsminister,
der im Zusammenhang mit der so
genannten Klimaneutralität durch Elektrifizierung
den künftigen Strombedarf auf 1.200 TWh pro Jahr
beziffert, verglichen mit 510 TWh im Jahr 2024. Hier
geht es nicht nur um die Kosten – immerhin wären
damit auch Effizienzgewinne und damit eine drastische
Reduktion des Bedarfs und auch Imports von Primärenergie
verbunden – sondern auch um die reine
Möglichkeit der Umsetzung. Man muss sich nämlich
vor Augen halten, dass die im vergangenen Jahr mit
Wind- und Sonnenkraft erzeugten 215 TWh – an sich
ein beachtlicher Wert – nur rund 18 Prozent jenes
Bedarfs von 1.200 TWh abdecken, den der Wirtschaftsminister
für erforderlich hält.
lässt, weshalb das beschleunigte Vorabbescheids
Verfahren außerhalb von Windenergiegebieten wieder
abgeschafft wird und wir durch den Solarausbau auf
knapp 100 GW installierte Peak-Leistung inzwischen
im Sommerhalbjahr vom Netzzusammenbruch durch
solare bzw. allgemeine EE-Überproduktion (Hellbrise)
bedroht sind, dem durch das Solarspitzengesetz
vorgebeugt werden soll, wird erkennbar, dass es so wie
von vielen Parteien – nicht nur den Grünen – erstrebt
und in ihren Wahlprogrammen behauptet wird, nicht
mehr weiter gehen kann. Der Vollständigkeit halber
soll noch das hohe Strompreisniveau genannt sein,
das mittlerweile ganze Branchen zur Produktionsverlagerung
zwingt, die extrem hohe Volatilität des
Strompreises, die auch als solche ein wirtschaftliches
Problem ist, das ungelöste Problem der winterlichen
Dunkelflaute, das ökonomisch unlösbare Problem
einer saisonalen Stromspeicherung und das Ansinnen,
künftig den Stromverbrauch von Industrie, Gewerbe
und auch privaten Haushalten auf die weitgehend
zufällige Produktion von Wind- und Sonnenstrom
abzustimmen.
Dies alles zeigt nicht nur, dass es nicht so weitergehen
kann, sondern dass es auch nicht so weitergehen sollte.
Man kann nur hoffen, dass das Faktische auch in der
deutschen Energiepolitik wieder normative Kraft entfaltet
und muss all jenen, die sich dem politisch stellen
wollen, viel Mut und Kraft wünschen. Es gibt in
Deutschland nicht nur ein Thema, bei dem eine
konsensuelle Lösung nicht möglich ist, aber dennoch
dringend gehandelt werden muss.
Anders ausgedrückt, müsste die Erzeugung von
volatilen Erneuerbaren – der Rest würde von anderen
Erneuerbaren gedeckt, die aber nicht substanziell
ausgebaut werden können/sollen – gegenüber heute
etwa verfünffacht werden. Wenn man sich vor Augen
hält, dass bereits die aktuelle Beschleunigung des
Windkraftausbaus die Akzeptanzfrage akut werden
Nicolas Wendler
– Chefredakteur –
Vol. 70 (2025)
4
Contents
Ausgabe 2
2025
März
Inhalt
Editorial 3
Feature: Energy Policy, Economy & Law
Operationalizing the contribution of nuclear power
to biodiversity conservation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
José Romero, Lukas Aebi, Henrique Schneider
Interview with Tommi Nyman
Additionally, nuclear heat alleviates pressure
on the wider energy system‘s electrification efforts,
as less electricity is needed for heating. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Calendar 15
Operation and New Build
Data Centers: a new dawn for nuclear energy? . . . . . . . . . . . . . . 16
John Warden, Ruediger Koenig
Nuclear Energy for Data Centers - A short risk analysis
with the Nuclear Pathfinders 8 Issues model . . . . . . . . . . . . . . 26
John Warden, Ruediger Koenig
Research and Innovation
iMAGINE – oder warum wir wissen müssen
ob/dass wir kein Endlager brauchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Bruno Merk, Lakshay Jain, Omid Noori-kalkhoran, Elfriede Derrer-Merk,
Dzianis Litskevich
Krebsmedikamente und Klimaschutz statt Atommüll –
wird Deutschland gestalten oder zuschauen? . . . . . . . . . . . . . . 37
Guido Houben, Franz Strohmer
At a Glance
ETC Deutschland: Anreicherungstechnologie aus Deutschland –
Eine Schlüsseltechnologie mit Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Fuel
Recent advancements in fuel qualification and
neutron simulations for the conversion of FRM II to LEU . . . . . . . 52
Christian Reiter, Bruno Baumeister, Daniel Bonete Wiese
Cover: Blick auf ein Kernkraftwerk in schöner Landschaft
Adobe Stock (KI-generiert)
Public Relations
Bausteine für Liebe und Likes:
Die kulturelle Basis und psychologische Anknüpfungspunkte
für die Kernenergie-Akzeptanz in Deutschland . . . . . . . . . . . . . 56
Chris Breuer
KTG-Fachinfo 63
Vor 66 Jahren 65
Report
Untersuchungsausschuss zum Kernenergie-Ausstieg – dramatischer
Schlussakkord oder Zeichen eines Stimmungsumschwungs? . . . . . 71
KTG Inside
Terminvormerkung Mitgliederversammlung 2025 . . . . . . . . . . . 108
Innovation 4 Nuclear Germany . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
Online-Vorträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
Neuer Fachgruppenleiter der KTG-Fachgruppe
„Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“ . . . . . . . . . . . . . . . 112
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Ausgabe 2 › März
Feature: Energy Policy, Economy & Law
5
Operationalizing the
contribution of nuclear power
to biodiversity conservation
› José Romero, Lukas Aebi, Henrique Schneider
The production of electricity from nuclear energy has advantages for the conservation
of biodiversity. Over the coming decades, a high level of electrification with low
greenhouse gas emissions is needed in many sectors, including mobility and the
heating and cooling of buildings. Nuclear power generation can help achieve this goal and, at
the same time, reduce the causes of biodiversity loss, namely land-use change, climate
change, and pollution. The international cooperation mechanisms established under the
Convention on Biological Diversity (CBD) can contribute to this task in synergy with those of
the United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC). These are the
technology access and transfer mechanism, the financial mechanism, and capacity building.
The current expansion of nuclear energy in many countries, both developed and developing,
and the EU‘s inclusion of nuclear energy in its taxonomy of green investments, will benefit biodiversity
worldwide. A Coalition of the Willing is proposed to contribute to the conservation
of biodiversity through the use of nuclear energy.
Introduction
The excellence of a technology, or its comparative
advantages over other technologies in the same field,
are not enough to make it adopted by society. This is
the case with nuclear energy, whose share of world
electricity production has remained low for decades
and is not as widespread as it should be despite its
efficiency. Nuclear energy is more efficient than other
forms of electricity production, such as the burning
of precious and irreplaceable fossil fuels – coal, oil,
and natural gas – or hydroelectricity, solar, wind, or
biomass, which are dependent on geographical location
and weather conditions and put biodiversity at risk.
Nevertheless, unlike nuclear energy, these latter forms
of electricity production enjoy a reputation as green
energy among the public and political authorities in
charge of energy policy. [1] Fortunately, nuclear energy
is attracting renewed interest worldwide. In Europe,
for example, the 14-member European Nuclear Alliance
was formed in 2023 with the aim of adding 50 GW of
nuclear capacity by 2050, which means a 50 % increase
in installed nuclear capacity in the European Union
(EU) and aiming for nuclear power to be treated equally
with renewables in the EU’s energy and climate policies.
Furthermore, in 2023, the EU included nuclear energy
as a strategic element to achieve climate neutrality.
Political will is therefore the main driver of the deployment
of nuclear energy. [2]
In this article, we recall the role that nuclear energy
will play in the conservation of biodiversity, another
global priority along with the fight against climate
change, which calls for massive electrification of
the mobility and building sectors. While nuclear electricity
production is mainly concentrated in developed
countries, its extension to developing countries will
contribute to intensifying the fight against biodiversity
loss and climate change and will be a factor of equity
between nations in terms of access to modern technologies.
This extension will be facilitated by the syn ergies
between biodiversity conservation, the fight against
climate change, and the development made possible by
the availability of electricity.
We first introduce biodiversity, its importance for
humans, threats to it and its international policy, and
scientific governance. Then, we look at the benefits for
biodiversity conservation of nuclear energy, which
avoids impacts on biodiversity of other technologies
for electricity generation. Subsequently, practical ways
to foster nuclear projects in international cooperation
under the CBD and UNFCCC processes are proposed
under the leadership of a Coalition of the Willing.
Vol. 70 (2025)
6
Feature: Energy Policy, Economy & Law
Importance of conserving biodiversity
The Intergovernmental Science-Policy Platform on
Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) [3] defines
biodiversity as the variability among living organisms
from all sources, including terrestrial, marine, and
other aquatic ecosystems and the ecological complexes
of which they are a part. This includes variation
in genetic, phenotypic, phylogenetic, and functional
attributes, as well as changes in abundance and distribution
over time and space within and among
species, biological communities, and ecosystems. [4] In
other words, biodiversity is the totality of life forms
found on Earth. The contribution of biodiversity and
ecosystems is vital to human existence, as indicated by
IPBES’ first Global Assessment Report in 2019: “Nature
[and its vital contributions to people, which together
embody biodiversity and ecosystem functions and
services] is essential for human existence and good
quality of life. Most of nature’s contributions to people
are not fully replaceable, and some are irreplaceable.
Nature plays a critical role in providing food and feed,
energy, medicines and genetic resources and a variety
of materials fundamental for people’s physical wellbeing
and for maintaining culture”. [5]
More specifically, the World Economic Forum has listed
five reasons why biodiversity is important to our wellbeing:
1) Biodiversity ensures health and food security;
2) Biodiversity helps fight diseases by providing
the drugs used in modern medicine; 3) The economy
benefits from biodiversity with, e.g., more than half of
global GDP (44 trillion dollars) highly or moderately
depending on nature; 4) Biodiversity provides livelihoods:
every year, people derive a value of around
125 trillion dollars from natural ecosystems, and in the
Global South, forests provide a livelihood for over
1.6 billion people; 5) Biodiversity protects us by providing
nature-based solutions that protect us from
natural disasters such as floods and storms, filter our
water, and regenerate our soils. [6]
Yet we have known for decades that biodiversity and
ecosystems are under threat. In 1987, the Brundtland
Report highlighted the growing scientific consensus,
not without controversy, that species were dis appearing
at an unprecedented rate. Human activities were
blamed for the increasing degradation of ecosystems.
The report also highlighted the contribution of biodiversity
to development and, significantly, to human
well being. It also highlighted that much of the
threatened biodiversity was in developing countries,
where poverty, overpopulation, and overexploitation
of natural resources were putting enormous pressure
on biodiversity. [7]
Considerable progress has been made in monitoring
biodiversity since the Brundtland Report. Nevertheless,
the recording and monitoring of biodiversity remains
a complex process. Indeed, it requires overcoming
challenges such as the complexity of biodiversity,
the guarantee of long-term data, the development of
standardized methods and indicators, funding and
sufficient human resources for data collection and
analysis, early warning systems for the timely detection
of changes in biodiversity, and the communication
of results to the scientific community, policy-makers,
[8] [9] [10]
interest groups, and society as a whole.
Despite the difficulties of recording and monitoring,
IPBES’ first Global Assessment Report, published in
2019, indicates that biodiversity is declining on a global
scale and that the drivers of biodiversity loss with the
greatest global impact are, in order of importance:
changes in land and sea use; direct exploitation of
organisms; climate change; pollution; and invasion of
alien species. [5]
International policy and scientific governance
for biodiversity conservation
For the policy aspects, we will concentrate on the
CBD and will not deal with other conventions whose
objectives converge with the CBD and which deal
with specific biodiversity issues such as the trade in
endangered species (CITES) or the protection of
wetlands (Ramsar Convention). For the scientific
aspects, we will present the IPBES. These two institutions
are the building blocks of an architecture that will
allow for nuclear activities in the international process
for the conservation of biodiversity and the protection
of climate while providing low-CO₂ electricity.
International policy governance for biodiversity
To conserve biodiversity and promote its sustainable
use and the sharing of its benefits, the international
community mobilized at the end of the 1980s to draw up
an international treaty. The Convention on Biological
Diversity (CBD) entered into force on 29 December
1993. To date, 196 countries are a party to the CBD. The
CBD‘s supreme governing body is the Conference of
the Parties (COP), formed by the member countries.
Observers may attend its sessions, which are generally
held every two years. [11]
The Convention requires each contracting party to
develop national strategies on the conservation and
sustainable use of biological diversity and to report
periodically on their implementation and effectiveness.
In addition, the Convention establishes two mechanisms
with obligations for industrialized countries. The
first (Article 16) is a mechanism to promote access to
and transfer of technology to developing countries for
the sustainable use of biological resources. This access
to and transfer of technology “shall be provided and/
or facilitated under fair and most favourable terms,
including on concessional and preferential terms
where mutually agreed, and, where necessary, in
accordance with the financial mechanism established”
under the Convention. “In the case of technology
subject to patents and other intellectual property
rights, such access and transfer shall be provided on
Ausgabe 2 › März
Feature: Energy Policy, Economy & Law
7
terms which recognize and are consistent with the
adequate and effective protection of intellectual property
rights”. In addition, the CBD process has adopted
measures to strengthen human and institutional capacities
in countries.
The second mechanism established under the CBD
( Article 21) is “for the provision of financial resources
to developing country Parties for purposes of this
Convention on a grant or concessional basis [...]. The
mechanism shall function under the authority and
guidance of, and be accountable to, the Conference of
the Parties”.
In accordance with a CBD decision, the Global Environment
Facility (GEF) serves as the institutional structure
for managing its financial mechanism. The relationship
between the GEF and the Convention is governed by a
Memorandum of Understanding (MoU) between the
Conference of the Parties (COP) to the Convention and
the GEF Council. Under this MoU, the GEF operates
under the authority and guidance of the COP, representing
the Convention.
Science-policy interface for biodiversity
In the field of climate change, governments established
the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)
in 1988, whose task is to assess scientific, economic, and
social knowledge on climate change that will serve as a
basis for policy decisions on climate change mitigation
and adaptation. This knowledge is relevant to policy
but not politically prescriptive. [12]
For biodiversity, in 2012 the international community
established a body similar to the IPCC, the IPBES, as an
“independent intergovernmental body” This body
responds to the need indicated in 1992 by the CBD in its
Preamble: “the general lack of information and
knowledge concerning biological diversity” The functions
of IPBES are to assess knowledge in a policyrelevant
but not policy-prescriptive manner, to build
capacity, to strengthen the knowledge base, and to
support policies. IPBES is the science-policy interface for
biodiversity, enabling governments around the world
to agree with the scientific community on the latest and
most authoritative scientific and socio economic
knowledge on biodiversity and ecosystem services. [3]
To date, IPBES has published regional and thematic
reports, methodological reports, and a global assessment
report. The assessments contained in these
reports are relevant for policy development but are not
prescriptive. IPBES is to biodiversity and ecosystem
services what the Intergovernmental Panel on Climate
Change, established in 1988, is to climate change.
Benefits of nuclear power for biodiversity
conservation
The benefits of generating electricity from nuclear
power become evident if we look at three causes of
biodiversity loss that can be minimized by nuclear
electricity: changes in land use, climate change, and
pollution. Furthermore, nuclear power avoids the negative
impacts on biodiversity of renewable alternatives
for producing electricity, as has been identified by
IPBES-IPCC co-sponsored workshop report on biodiversity
and climate change that took place in 2020. [13]
Less land required
Nuclear power is a highly concentrated energy source,
meaning it can produce large amounts of electricity
from a small amount of fuel. This efficiency reduces the
need for extensive mining and changes in land use.
Figure 1
Lifecycle greenhouse gas emission ranges for the assessed technologies. [32]
Vol. 70 (2025)
8
Feature: Energy Policy, Economy & Law
Nuclear power plants require significantly less land,
thus helping to preserve a more natural landscape
and to curb habitat destruction and biodiversity loss.
Habitat degradation remains the main factor in biodiversity
loss. [14] Nuclear power plants produce more
energy with less land – up to 27 times less than solar
power plants and 173 times less than wind farms. Wind
and solar power plants are built where wind and sunlight
are abundant and require vast areas for turbines
and solar panels. Nuclear power plants, on the other
hand, are limited to nuclear power stations. A nuclear
power plant requires a small area of around 3.37
square kilometers for 1,000 megawatts of energy. The
high capacity utilization rate of nuclear power plants
enables them to supply low-CO₂ electricity 24 hours a
day, regard less of weather and seasonal variations. [15]
Nuclear power is the most land-efficient energy source,
needing 50 times less land than coal and 18 to 27 times
less than on-ground solar PV per unit of electricity
produced. [16] Furthermore, the growing demand for
renewable energy technologies and infrastructure is
expected to drive the expansion of mining areas
globally and threaten protected areas and key biodiversity
areas, increasing habitat loss and thereby
expanding the land footprint of renewable energy. [17]
Less CO 2 emissions
Nuclear energy is a low-CO₂ emitter. In doing so, it
contributes to combating climate change, one of the
main drivers of biodiversity loss. Over its entire life
cycle, nuclear energy is one of the lowest emitters
of CO₂, emitting roughly the same amount of CO₂
equivalent per unit of electricity produced as wind
and less than photovoltaics and hydroelectricity. [18]
Less pollution
The energy system is an important source of air
pollution. [19] Pollution of air, water, and soil affects
many ecosystems. [5] Unlike fossil fuels’ combustion,
nuclear power plants do not emit air pollutants during
their operation, such as sulfur dioxide, nitrogen
oxides, or particulate matter. Such pollutants directly
damage plants by attacking their leaves and needles.
This impairs photosynthesis and plant growth. Other
pollution caused by fossil fuels includes soil acidification,
pollutants in water bodies, and excess nitrogen,
which displace plant species and lead to a loss of
biodiversity. [20] Regarding the challenges posed by
nuclear power generation in terms of cooling water
for nuclear power plants, radioactive waste, and
prevention of nuclear accidents, countries strictly
apply demanding regulations on the operation of
power plants under the supervision of the IAEA in
order to minimize pollutant or contaminant dis charges,
and therefore the threat to biodiversity. [21]
Nuclear energy contributes to transformative
change
Indirect drivers of biodiversity loss are human actions
and decisions that affect nature in a diffuse way
by modifying and influencing the direct drivers of
biodiversity loss mentioned above. Indirect drivers
relevant to this article include, in the energy sector,
unsustainable production and consumption patterns,
economics, governance, and technology. Nuclear
energy offers the opportunity to address them for the
benefit of biodiversity through policies that produce
systemic changes in the technological and economic
drivers of energy that benefit biodiversity. This
approach ensures that biodiversity conservation is
integrated into wider policy areas, in particular energy
production and consumption. By addressing these
indirect drivers, policies can create a more sustainable
and resilient environment, ultimately supporting
biodiversity conservation efforts. [22]
Future of electricity production
In the context of a growing global demand for electricity
for decades, in 2019, the total global final electricity
consumption reached 22.848 PWh, with 9.672 PWh
consumed in OECD countries and 13.176 PWh in non-
OECD countries. [23] In 2023, global electricity consumption
reached 27.7 PWh, and projections for 2050 are
47 PWh. [2] [24] As for nuclear generation, it increased by
9 % between 2015 and 2019 and accounted for 10 % of
total generation in 2019 (2.790 PWh), and the scenarios
project a growth rate for the coming decades of the
same order. To meet the Paris Agreement goal of
limiting the increase in “global average temperature to
well below 2 °C above pre-industrial levels,” the power
sector needs to be electrified, with almost all electricity
supplied by low-carbon sources, including nuclear. [25]
Estimates of the levelized cost of nuclear electricity
have been done. [26] Increasing nuclear power generation
will help meet demands in an efficient, economic,
biodiversity- and climate-friendly manner. In 2023,
there were 418 operational reactors in 34 countries,
including 16 in China, India, and Russia, and other
emerging and developing countries. The top three
nuclear power producers in 2023 were the United
States (31 % of global nuclear power generation), China
(16 %), and France (13 %). Nuclear power generation is
expected to strengthen in the coming years, thanks in
particular to the new political momentum, such as the
European Nuclear Alliance, EU’s inclusion of nuclear
power in its green investment taxonomy, and China‘s
recent announcement to build 11 nuclear power plants.
Moreover, the recent IPCC Sixth Assessment Report
considers that nuclear energy contributes, with
synergies and trade-offs, to sustainability and biodiversity
conservation. This dynamic should help overcome
the obstacles to the deployment of nuclear energy,
which include lengthy certification and licensing processes;
the lack of sufficient electricity grids; a shortage
of workers with specific skills; and increasing financing
Ausgabe 2 › März
Feature: Energy Policy, Economy & Law
9
Figure 2
LCOE rage for the maximum and minimum values of capital costs when other input variables are standardized ($/MWh) [26]
costs. Progress in electrification will depend on
reducing costs and improving the availability of capital.
This is particularly important for emerging markets
and developing countries.
The Coalition of the Willing for nuclear energy and
biodiversity conservation
In this section, we examine how to realize the potential
that the CBD, the UNFCCC, and their financial and
technological mechanisms, and capacity building, with
the scientific support of the IPBES and the IPCC, offer
to facilitate the use of nuclear energy for biodiversity
conservation, inspired by a previous work exploring
ways for nuclear energy in the Paris Agreement. [27]
In this context, the useful exploration of synergies
between the Kunming-Montreal Global Biodiversity
Framework and the Paris Agreement [28] , as well as the
possibility of establishing a joint work program for
climate, nature, and people [29] , are also relevant.
Further more, the Canadian approach to small modular
reactors is very interesting, particularly in terms of taking
into account the views of indigenous peoples, who
play an important role in the sustainable management
of land and the conservation of biodiversity. [30] It should
be noted at the beginning that there needs to be a group
of countries that promote nuclear energy and also link
this to biodiversity. In the following, we speak of a ‘Coalition
of the Willing’. At COP 29 in Baku, many countries
joined in support of nuclear energy. However, in terms
of communication, this support was limited to aspects
of climate change. The European Nuclear Alliance,
which numerous European countries have joined, can
also serve as a model here. [31]
⁃ Build a Coalition of the Willing. The Coalition
should preferably be initiated and led by governments
committed to nuclear power and biodiversity
conservation; otherwise, by the private sector and
relevant inter national bodies. Governments should
participate in the Coalition with representatives
from ministries responsible for biodiversity conservation
and nuclear energy. The Coalition‘s goal will
be to work in the CBD process to integrate nuclear
energy into biodiversity conservation by changing
the current nuclear energy paradigm that prevents
it from realizing its full potential. A light, flexible,
and informal coordination mechanism will be set
up by the initiators. Participation in the Coalition
will be on a voluntary basis. The first task of the
Coalition will be to develop a nuclear conceptual
framework –the Coalition Charter– which will set
out the principles and actions to be undertaken to
mobilize governments, relevant intergovernmental
and international bodies, and the scientific community
in favor of the use of nuclear energy for biodiversity
conservation as part of an approach that
integrates other relevant sectors, including climate
change. The Coalition should build on existing processes,
such as the European Nuclear Alliance, and
bring together and mobilize countries, institutions,
and individuals to ensure that the CBD, IPBES,
UNFCCC. and IPCC take full account of nuclear energy
for biodiversity conservation.
⁃ Change the paradigm. The Coalition should be a
proactive player in the CBD process to promote
international policy on nuclear energy from the
point of view of biodiversity conservation. The
Coalition must make a paradigm shift to add the
political dimension of promoting nuclear energy
to the technical, industrial, scientific, and safety
regulatory functions that the IAEA and other
organizations already perform remarkably well.
⁃ Elaborate a conceptual framework for nuclear
energy for biodiversity conservation. The
Coalition should adopt an evolving framework to
promote, in the CBD process, enabling environments
(scientific, societal, political, economic,
institutional, and regulatory) for nuclear energy for
biodiversity conservation. This framework should
Vol. 70 (2025)
10
Feature: Energy Policy, Economy & Law
include 1) principles based on international rules
for the deployment of nuclear energy and biodiversity
conservation; 2) the promotion of scientific
assessment by independent international bodies, in
full transparency, of the relationship between
nuclear energy and biodiversity conservation;
3) the promotion in the CBD process of a proactive
international nuclear policy for biodiversity conservation,
and support for countries; 4) the exploitation
in the CBD process of synergies between nuclear
energy and the protection of biodiversity in the
energy sector, the reduction of CO₂ emissions,
climate change mitigation and adaptation, the
management of natural resources and forests, as
well as mining activities; 5) the promotion of
capa city building at all levels and in all sectors
concerned with biodiversity conservation and
nuclear energy.
⁃ Assess the relationship between nuclear energy
and biodiversity conservation. The science-policy
interface will consist mainly of IPBES and IPCC
working separately or jointly, in full independence
and transparency. They will assess knowledge on
the benefits of nuclear energy for biodiversity
conservation. These bodies will answer questions
from decision-makers in order to provide them
with a basis for decision-making on these issues,
taking into account scientific, technological, socioeconomic,
environmental, and human health
aspects.
The Coalition should be active in the following processes
and institutions:
⁃ The CBD and UNFCCC COPs. It is imperative and a
priority for the Coalition to work within these
conventions, within the CBD, because that is where
the benefits of nuclear energy for biodiversity
conservation can best be presented and defended,
and within the UNFCCC to ensure synergies
with climate change mitigation and adaptation. In
practice, Coalition members and the IAEA should
actively participate in the COPs and subsidiary
bodies and processes that prepare COP decisions in
order to influence the content of those decisions.
The Coalition should exploit the opportunities
offered for nuclear energy and biodiversity conservation
by the financial and technology access and
transfer mechanisms of these conventions and
capacity building. In practice, the Coalition should
call for the creation of an informal working group
on the use of nuclear energy for biodiversity conservation,
managed jointly by the IAEA and the CBD
secretariat. The Coalition will organize events
during the COPs to inform delegations about its
objectives and activities.
⁃ IAEA. The Coalition should request the IAEA to
support it with its expertise and to participate
actively in the CBD and UNFCCC processes, including
the COPs, their subsidiary bodies, financial and
technology access and transfer mechanisms,
capacity building, and other relevant processes.
The Coalition will also ask the IAEA to participate
actively in the science-policy interface, IPBES, and
the IPCC. The IAEA already has an observer role in
the CBD, the UNFCCC. and the IPCC. It should ask to
participate actively in IPBES.
⁃ IPBES and IPCC. The Coalition should ask IPBES and
IPCC to assess, including through joint work, the
scientific, technological, socio-economic, and
environ mental issues related to nuclear energy, biodiversity
conservation, and synergies with climate
change mitigation and adaptation. IPBES can also be
useful for capacity building. The IAEA should participate
as an observer in IPBES and can also provide
experts to IPBES and the IPCC for their work.
⁃ The financial mechanisms of the CBD and
UNFCCC. The Coalition should pay particular
attention to the financial mechanism of the CBD and
UNFCCC conventions, the GEF and their operational
entities, as well as the Green Climate Fund and
other forms of financing of the conventions. These
financial mechanisms implement relevant programs
for biodiversity conservation and nuclear
energy, in synergy with climate change mitigation
and adaptation. They can reinforce their crosscutting
programs and act as leverage for funding.
⁃ The technology transfer mechanisms of the CBD
and UNFCCC. The Coalition should participate
in the various processes set up under the CBD to
promote technology transfer. These processes
should be linked to those of the UNFCCC in order to
find synergies between the use of nuclear energy
for biodiversity conservation and climate change
mitigation and adaptation.
⁃ Capacity building and development. The Coalition
should promote capacity building on the benefits of
using nuclear energy for biodiversity conservation.
This capacity needs to be built both within the international
nuclear energy bodies, notably the IAEA,
and within the CBD process, as part of the long-term
strategic framework for capacity building and
development recently adopted by the COP. It should
also be noted at this point that, in accordance
with Art. 16 CBD, each party has committed itself to
facilitating access to technologies that are relevant
to the conservation and sustainable use of biological
diversity. According to the above, this explicitly
includes nuclear energy technologies. Consideration
of nuclear energy is therefore very important
under the CBD Treaty.
⁃ Bilateral cooperation. The Coalition should also
promote bilateral and regional nuclear energy
projects and their contribution to biodiversity
conservation through bilateral cooperation, inspired
in particular on the provisions of the EU nuclear
energy taxonomy. It should also be mentioned at
this point that the Parties have explicitly committed
themselves to promoting economic and technical
cooperation for the conservation of biodiversity
within the framework of Art. 18 of the CBD.
⁃ Involvement of the private sector. The Coalition
should provide for the full involvement and
Ausgabe 2 › März
Feature: Energy Policy, Economy & Law
11
participation of the private sector in the international
institutional architecture to be put in place
around the biodiversity and climate conventions
for the use of nuclear energy. The private sector
produces, owns, and applies this technology and
therefore has invaluable know-how and experience
from which the international process should
benefit.
Conclusion
Nuclear power generation offers an opportunity for
biodiversity conservation in synergy with climate
change mitigation and adaptation. Indeed, nuclear
energy addresses the main drivers of biodiversity loss,
namely land use change, climate change, and pollution.
The recently renewed global momentum of policydriven
nuclear expansion is unstoppable, hence it
is best to be on the crest of the wave and benefit
from these activities for biodiversity conservation.
Because these activities will increasingly take place
in developing countries, nuclear is a tool for development
by providing stable, abundant, and affordable
electricity to more and more people, in particular in
the so-called megadiverse developing countries, where
biodiversity loss is most damaging. The CBD must open
the discussion on how to use its technology mechanism
and the financial mechanism and capacity building
for these activities. IPBES must also assess nuclear
activities for biodiversity protection (make a proposal
for a thematic report on this topic). It is high time to
harness existing institutions and market capabilities to
enable nuclear generation to deploy its full capacity,
responsibly and safely, to meet demands with lowcarbon
electricity. This article shows how a Coalition
of the Willing can contribute to the conservation of
biodiversity through the use of nuclear energy.
References
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biodiversity conservation. Conservation Biology, 29(3), 702-712.
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https://www.iea.org/reports/electricity-2024, Licence: CC BY 4.0.
[3] IPBES (2025). Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity
and Ecosystems Services, https://www.ipbes.net.
[4] IPBES (2018). The IPBES regional assessment report on biodiversity and
ecosystem services for Europe and Central Asia. Rounsevell, M., Fischer, M.,
Torre-Marin Rando, A. and Mader, A. (eds.), Secretariat of the Intergovernmental
Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services,
Bonn, Germany. 892 pages, https://zenodo.org/records/3237429/files/
ipbes_assessment_report_eca_EN.pdf?download=1.
[5] IPBES (2019). Global assessment report of the Intergovernmental
Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. Brondízio,
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1144 pages. ISBN: 978-3-947851-20-1.
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economy and your wellbeing, https://www.weforum.org/agenda/2020/05/
5-reasons-why-biodiversity-matters-human-health-economies-businesswellbeing-coronavirus-covid19-animals-nature-ecosystems/.
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Our Common Future, https://sustainabledevelopment.un.org/content/
documents/5987our-common-future.pdf.
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needs. Conservation Letters, e13038.
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topics/biodiversity/publications-studies/publications/monitoring-wirkungskontrolle-biodiversitaet.html.
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Beschreibung der Methoden und Indikatoren. Bundesamt für Umwelt,
Bern. Umwelt-Wissen Nr. 1410: 104
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PFAS Forever Chemicals in America (2024), https://www.eesi.org/papers/
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https://knowledge4policy.ec.europa.eu
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reports/world-energy-outlook-2022, Licence: CC BY 4.0 (report);
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[25] Pathak, M., Slade, R., Pichs-Madruga, R., Ürge-Vorsatz, D., Shukla, R., & Skea,
J. (2022). Climate Change 2022 Mitigation of Climate Change: Technical
Summary. https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg3/downloads/report/IPCC_AR6_
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Is there room for nuclear technology? Atw. Internationale Zeitschrift
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Framework and the Paris Agreement: the role of policy milestones,
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Framework and the Paris Agreement need a joint work programme for
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presse.economie.gouv.fr/declaration-of-the-eu-nuclear-alliance-meetingof-march-4th-2024/
[32] United Nations Economic Commission for Europe; Carbon Neutrality in
the UNECE Region: Integrated Life-cycle Assessment of Electricity Sources
(2022), p. 8, https://unece.org/sites/default/files/2022-04/
LCA_3_FINAL%20March%202022.pdf
Vol. 70 (2025)
12
Feature: Energy Policy, Economy & Law
Authors
José Romero
Nuclear Consultant
jose_romero026@hotmail.com
Impressum
Offizielle Mitgliederzeitschrift
der Kerntechnischen Gesellschaft e. V. (KTG)
Verlag
INFORUM Verlags- und Verwaltungsgesellschaft mbH
Berliner Straße 88A, 13467 Berlin
www.nucmag.com
@atw_Journal
@atw-international-journal-for-nuclear-power
Geschäftsführer
Dr. Thomas Behringer
José holds a PhD in physics from the University of
Lausanne, Switzerland. He worked as a senior
scientist at the World Radiation Center in Davos,
Switzerland. José has held various positions at the
Swiss Federal Office for the Environment (FOEN).
Most recently, he served as Chief Scientist Environment
International and as the Swiss Focal Point for
the Intergovernmental Panel on Climate Change
(IPCC) and the Intergovernmental Platform on Biodiversity
and Ecosystem Services (IPBES). In 2022 and
2023, he was the head of the Technical Support Unit
for the Synthesis Report of the IPCC’s Sixth Assessment
Report. ORCID: 0000-0003-4538-1321
Lukas Aebi
Secretary General
Swiss Nuclear Forum
Lukas.Aebi@nuklearforum.ch
Chefredakteur
Nicolas Wendler
+49 172 2379184
nicolas.wendler@nucmag.com
Redakteurin
Nicole Koch
+49 163 7772797
nicole.koch@nucmag.com
Lukas Aebi is the secretary general of the Swiss
Nuclear Forum. He holds a law degree (University of
Zurich) and a masters in politics (University College
London). Lukas sits on numerous expert and working
groups of the European nuclear energy trade association
NuclearEurope. The Swiss Nuclear Forum
accompanies the energy policy debate in Switzerland
and Europe as a scientific-technical expert organization.
It has over five hundred members. Among them
are numerous national politicians, energy companies,
scientific organizations and industrial enterprises.
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inpuncto:asmuth
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Prof. Dr. Henrique Schneider
Secretary General
Swiss People's Party
hschneider@gmx.ch
Henrique Schneider is Secretary General of the
Swiss People‘s Party. Henrique has participated as a
negotiator in several climate summits and served
as an advisory board member of the Climate
Technology Center and Network. He’s also a board
member of the Swiss Nuclear Forum. ORCID:
0000-0002-0428-8967
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Jahresabonnement (inkl. USt, exkl. Versand) 183.50 €
EU-Mitgliedsstaaten mit USt-IdNr. und alle weiteren Länder:
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Jahresabonnement (ohne USt., exkl. Versand) 171.50 €
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and not to individual persons of the association‘s staff. We do not assume
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ISSN 1431-5254 (Print) | eISSN 2940-6668 (Online)
Ausgabe 2 › März
Interview
13
Additionally, nuclear heat alleviates
pressure on the wider energy
system‘s electrification efforts, as
less electricity is needed for heating.
Interview with Tommi Nyman,
CEO of Steady Energy
Tommi Nyman is a prominent leader in deep technology, with a distinguished
career spanning over two decades in nuclear energy and particle physics. He
currently serves as the CEO of Steady Energy, one of the hottest nuclear tech startups,
where he drives innovation in the industry. Previously, Tommi was the Vice
President of Nuclear Energy Research at VTT Technical Research Centre of Finland,
where he led a research organization that serves the global nuclear industry.
Among his notable achievements, Tommi played a key role in the new-build nuclear
project Olkiluoto 3 at Teollisuuden Voima Oyj in Finland, which is recognized for
having the largest climate impact in the country. He also con tributed to particle physics
experiments at CERN in Geneva that led to a Nobel Prize in Physics, high lighting his
deep scientific expertise and innovative spirit. Tommi’s unique blend of technical
knowledge, strategic leadership, and proven success in high-impact projects makes
him a highly respected voice in the deep tech community.
Steady Energy develops a small reactor module LDR-50
for district heating applica tions. What are the main
characteristics of the design?
The LDR-50 is a simplified light water (PWR) reactor
with a thermal output of 50 MW. The design allows
for multiple units to be housed within a single facility,
which will be constructed underground.
Since the reactor is intended to produce low-temperature
heat (below 150 °C), it operates at very low
temperatures and pres sures. The pressure within the
reactor pressure vessel is under 10 bars, which is about
15 times lower than that of conventional PWRs
designed for electricity production.
The LDR reactor module features two nested pressure
vessels. Cooling is achieved through natural circulation,
eliminating the need for
pumps inside the pressure vessel.
Heated water rises to the heat
exchangers at the top of the reactor
pressure vessel, where it is cooled
and then flows back to the bottom,
thus re starting the cycle.
Cooling is achieved
through natural circula
tion, elimi na ting the
need for pumps inside
the pressure vessel.
The company Steady Energy is very young. Is there
already design work which you can build upon?
The design‘s origins trace back to early 2020, when a
group of re searchers at VTT, the Technical Research
Centre of Finland, first devised it. Currently, around
25 people are employed by Steady Energy, but nearly
200 experts from various organizations, including
VTT, Tractebel, and Sweco, are collaborating on the
plant and reactor design.
The reactor is a small SMR module design. Will the
nuclear heat supply system be factory built and be
easily transport able?
Natural circulation with in the reactor pressure vessel
results in a vessel height of approximately 10 meters,
despite the fuel itself occupying only 1 meter. While
the system, due to height, as a whole is not easily
trans portable, the plant features
very few components, making
on-site assembly a relatively
quick process compared to larger
power plants.
Vol. 70 (2025)
14
Interview
To be efficient, district heating systems mostly are
centered around the heat source in a hub and spoke
manner. This will mean the heating reactor will be in
the middle of population centers. What are the safety
features of the LDR-50?
The facilities will be con structed in air-tight caverns
underground. In the Nordic context, there will be up
to 15 meters of bedrock between the facility‘s ceiling
and the ground above. If
Building a facility
underground
eliminates the
need for air plane
crash-proof
domes and
makes the
facilities difficult
to penetrate.
bedrock is not available, a
“dig-and cover” approach will
be used instead.
There are several reasons for
choosing the underground
option, with safety being a
primary concern. Building a
facility underground eliminates
the need for airplane crashproof
domes and makes the
facilities difficult to penetrate.
The LDR-50 is also designed to ensure that, even if the
ultimate heat sink (the district heating network) is
unavailable, the decay heat is passively removed from
the reactor to the pool in which it is situated.
Do you fear there might be reservations about a
close-by nuclear reactor and if, what could be done to
overcome them?
We must be prepared for people‘s reservations, and the
best way to address these concerns is by communicating
any potential project plans openly and trans parently.
This approach ensures that people do not feel that
decisions are being made behind closed doors.
Additionally, the underground solu tion will help
alleviate potential fears. The Finnish safety regulator
(STUK) recently revised the requirements regarding the
proximity of nuclear plants to population centers. If we
can demonstrate that we can achieve the same safety
levels as a larger plant located 20 km away, there will
be no regu latory issues with building within city limits.
The pre ferred option is always to build on existing
industrial sites.
How large is the green house gas mitigation potential
of nuclear district heating in Finland and in other
potential markets in Europe where there are important
district heating systems?
The immediate market potential for Steady Energy’s
district heating reactors is up to 300 units, covering
markets in Finland, Sweden, the Baltics, Poland, and
Czechia. The broader European market could potentially
double this number. Currently, nearly 60 % of district
heat is produced using
The preferred
option is always to
build on existing
industrial sites.
fossil fuels, so the greenhouse
gas (GHG) mitigation
potential is immense,
amounting to
millions of tons of CO₂.
Moreover, it‘s not just about reducing GHG emissions
but also minimizing material impact. The fuel required
by an LDR-50 reactor over its 60-year lifetime would fit
into two parking spaces. To produce the same amount
of energy (20 TWh), you would need about 12 million
barrels of oil or 10 million cubic meters of wood. These
benefits will multiply as we aim to build dozens or even
hundreds of these reactors.
Will nuclear district heating be cost competitive with
current alternatives such as fossil fueled district
heating, fossil fueled boilers, geothermal heating and
electrical heat pumps both for individual buildings and
as large centralized heat pumps?
Our conservative estimate is that heat produced with
an LDR-50 will cost less than €40/MWh, including
both capital and operating costs. At this level, nuclear
heat is cost-competitive with any alternatives. Additionally,
nuclear heat alleviates pressure on the wider
energy system‘s electrification
efforts, as less electricity
is needed for heating.
This provides more flexibility
as industrial sectors
and transportation become
elec tri fied. We view heat
pumps and electric boilers
as comple mentary solutions
for district heating
systems, working alongside
nuclear heat to help decarbonize
them.
Could there be additional appli ca tions for the LDR-50,
such as cooling for large building com plexes, cool
storage facilities or large industrial sites?
The same technology can be applied to process industries
where there is a constant need for large quantities
of low-temperature heat. The LDR-50 could be utilized
in medical, food and beverage, and textile industries.
Additionally, the LDR-50 could be employed in desalination
plants in areas lacking fresh water, replacing fossil
fuel-based systems. Furthermore, the heat energy from
the LDR-50 could be used with absorption chillers
for cooling, supplying chilled water to district cooling
networks.
Author
Nicolas Wendler
Head of Press and Politics
KernD (Kerntechnik Deutschland e. V.)
nicolas.wendler@kernd.de
To produce the
same amount of
energy (20 TWh),
you would need
about 12 million
barrels of oil or
10 million cubic
meters of wood.
Nicolas Wendler has been Head of Press and Politics at
KernD since August 2013 (Nuclear Technology Germany
e. V. / German Atomic Forum e. V.) and started his career
in March 2010 as Policy officer. Previously he was an international
consultant for the international relations of
the Young Union (Junge Union) of Germany among other
topics of energy, climate and economic policy for the organization. Since January
2022 he is also the editor in chief at atw. Wendler studied in Munich and Bordeaux
political science and economics and (North) American cultural history.
Ausgabe 2 › März
Calendar
15
2025
9. – 13.3.2025
WM Symposia 2025.
Phoenix, AZ, USA
https://www.wmsym.org/conferenceinformation/wm2025-conference/
11.3.2025
KTG Online-Vortrag: „Krebsmedikamente
und Klimaschutz statt Atommüll“
Registrierung unter:
... mehr dazu auf Seite 110
18.3.2025
KTG Online-Vortrag: „iMAGINE – Können
wir uns DAS Endlager sparen?“
Registrierung unter:
... mehr dazu auf Seite 111
29.3.2025
Karriereportal Kerntechnik.
Ruhr-Universität Bochum, Germany
https://karriereportal.actimondo.com/
6. – 10.4.2025
The European Research Reactor
Conference/RRFM.
Aix-en-Provence, France
https://www.euronuclear.org/europeanresearch-reactor-conference-2025-rrfm/
7. – 12.4.2025
KI zur Automatisierung von (Kern-)
Kraftwerken, am Beispiel des ‚500%‘
gaufreisicheren HTR.
Braunlage/Harz.
Teilnahme kostenfrei, Details und
Anmeldung bei Tagungsveranstalter
Prof. Helmut Keutner, keu1@gmx.net
27. – 29.4.2025
16 th China International Exhibition on
Nuclear Power Industry.
Beijing, P.R. China
https://www.cienpi-expo.com/
4. – 8.5.2025
Nuclear and Emerging Technologies
for Space (NETS 2025).
Huntsville, AL, USA
https://www.ans.org/meetings/nets2025/
12. – 13.5.2025
SMR & Advanced Reactor 2025.
Nashville, USA
https://events.reutersevents.com/nuclear/
smr-usa?utm_source=eventlisting_conferenceservice_com
20. – 22.5.2025
9. SEDS Workshop
Garching, Germany
https://www.grs.de/de/seds- workshop-
2025
21. – 23.5.2025
NUWCEM 2025
5 th International Symposium dedicated
to cement-based materials for nuclear
waste management.
Avignon, France
https://www.sfen.org/evenement/
nuwcem-2025/
4. - 5.6.2025
Nucleareurope2025.
Brussels, Belgium
https://events.nucleareurope.eu/
nucleareurope2025/
17.6.2025
KTG Mitgliederversammlung 2025.
HYPERION Hotel Leipzig, Germany
... mehr dazu auf Seite 108
23. – 26.6.2025
SOFE 2025 Symposium on Fusion
Engineering.
Cambridge, MA, USA
https://www.psfc.mit.edu/sofe2025
1. – 2.7.2025
NPPES Nuclear Power Plants VII.
Expo & XI. Summit
Istanbul, Turkey
https://www.nuclearpowerplantsexpo.com/
20. – 23.7.2025
Advances in Nuclear Fuel Management
(ANFM 2025).
Clearwater Beach, FL, USA
https://www.ans.org/meetings/
anfm2025/
5. – 9.8.2025
IYCE - International Youth Congress
on Energy.
Budapest, Hungary
https://www.iyce-conf.org/welcome
10. – 15.8.2025
SMiRT28 - Structural Mechanics in
Reactor Technology.
Toronto, Canada
https://smirt28.com/
31.8. – 5.9.2025
NURETH-21 – International Topical
Meeting on Nuclear Reactor Thermal
Hydraulics.
Busan, South Korea
https://www.nureth-21.org/
17. – 19.9.2025
safeND 2025.
Berlin, Germany
https://www.base.bund.de/en/research/
events/research-symposium/_documents/
safend-25.html
17. – 19.9.2025
KONTEC 2025.
Dresden, Germany
https://www.kontec-symposium.com/
22. - 25.9.2025
NPC 2025
23 rd International Conference on Water
Chemistry in Nuclear Reactor System.
Busan, Republic of Korea
https://www.npc2025.org/
5. – 9.10.2025
TopFuel 2025.
Nashville, TN, US
https://www.ans.org/meetings/view-435/
4.- 6.11.2025
World Nuclear Exhibition 2025.
Paris, France
https://www.world-nuclear-exhibition.
com/en-gb.html
25. – 26.11.2025
4. Fachworkshop Zwischenlagerung
EUREF-Campus, Berlin
https://bgz.de/veranstaltungen/
Kalender 2025
Fachtag der KTG-Fachgruppe „Internationale
Entwicklungen innovativer Reaktorsysteme“
Das Heatpipe, der Mikroreaktor
und der Weltraum
20. – 21.3.2025
Stuttgart, Germany
www.ktg.org
Vol. 70 (2025)
16
Operation and New Build
Data Centers: a new dawn
for nuclear energy?
› John Warden, Ruediger Koenig
Nuclear energy is seen as a potential solution to the problem of providing sufficient
reliable energy to decarbonize hard to abate industries such as steel, chemicals, and
shipping, and to support new “hyperloads” such as data centers. Industrial users and
IT companies are actively engaging with the nuclear industry to explore these options - and
the needs and statements of these new actors suggest a change in the relative importance
to the client between cost and deliverability of the energy supplied by nuclear plants.
In the first article in this series [1] , Edward Kee explored
the potential for recommissioning shuttered nuclear
power plants such as Three Mile Island 1 (TMI-1) to
support this new client base.
This paper looks in more detail at reasons for the
interest from these new actors, specifically the case for
data center support, and its challenges and implications
for nuclear industry growth.
For brevity we will generically refer to Small Modular
Reactors (SMRs) where we include both current lightwater
cooled designs and what are often referred to as
‘advanced reactors’ (AR) with other features. However
we will go on to explain that in most development
scenarios data centers will require advanced technology
solutions – but in “small” modular plant designs
– while in some other scenarios large gigawatt scale
(GW) plants will be called for.
The evolving market for nuclear reactors
The civil nuclear power industry developed on the
basis of quite a simple market model. An entity with
very deep pockets – either a government agency,
state-owned enterprise or power utility consortium –
would identify a need or opportunity to supply
regional- or national-scale electricity, usually in a
regulated market, using a nuclear power plant.
The entity would raise the significant up-front capital
to build the plant through a combination of corporate
treasury, bond issue, state debt, and shareholder equity.
The cost would be passed through to ratepayers by
government or regulated utilities. Once built, the
nuclear power plant would provide baseload power for
many decades, the capital cost being amortised through
direct bills from power consumers or long-term power
purchase agreements with large power users.
Market liberalization from the 1980s onwards, mainly
in the US and Europe, and the resulting need to supply
commoditised and fungible grid-scale electricity,
changed the business case for such huge capital intensive
projects. As a commodity, the nuclear plant’s
output became subject to the mercy of electricity
market forces where marginal generating cost is the
driving factor, especially where subsidized renewable
supplies are guaranteed priority dispatch in meritorder
markets.
This new market design became unworkable in the
early 21 st century for some US merchant nuclear
powerplants such as TMI-1, and continues to make the
financing of new nuclear plant development and
operation difficult to justify, despite the development of
a number of schemes – such as Olkiluoto 3's Mankala
model, the Hinkley Point C Contract for Difference
scheme, or the Regulated Asset Base concept intended
for Sizewell C – which attempt to spread risk across such
projects by replicating some features of the ratepayer
recovery [2] .
But another market model seems to be (re-)emerging.
In the latter half of 2024 a number of well-publicised
announcements by tech companies such as Google,
Microsoft, Amazon and others pledged investment and
support in SMRs, advanced reactor technology and
recommissioned plants to help provide nuclear energy
for their growing data center requirements (see Box 1).
In this model, the client is a discrete enterprise which
requires energy to run its operations directly, and
revenue and profit are driven by other factors. This
‘energy as input’ model of energy consumption is not
based on end-user cost-sensitive consumers; instead, as
we explore in this paper, this new client base is attracted
by nuclear energy’s other deliverables – zero-carbon,
reliable and flexible, and scaleable globally. Note that
Ausgabe 2 › März
Operation and New Build
17
similar models have been considered before, such
as by BASF in Germany in the 1960s/70s [3] , but not
implemented for various reasons that could also apply
in the future, as we'll explore in this article.
The ‘energy as input’ model of nuclear energy provision
will mature over the next decade, and its full
implementation partly will depend on the successful
development of a range of advanced nuclear technologies
with the appropriate characteristics. As yet none
of these concepts have been demonstrated commercially,
and some of the proposed use cases, such as for
remote or mul tiple siting and operation, will require
changes to systems of regulation and security. Some
⁃ Google has agreed to purchase up to 500 MW
of electricity from multiple SMR units, which will
be designed, built and operated by the Californiabased
firm Kairos Power [35] .
⁃ Amazon has an even wider plan which includes
investing directly in X-Energy, an SMR developer,
including taking two seats on its board, and
teaming up with two utilities, Energy Northwest
(Washington State) and Dominion (Virginia), to
investigate the deployment of X-Energy’s SMRs [36] .
Amazon Web Services also obtains nuclear energy
from Susquehanna Nuclear Power Plant through
Talen Energy [37] .
⁃ Oracle – Oracle is planning a 1 GWe data center
powered by 3 SMRs. It has not revealed further
details [38] .
⁃ Oklo/Switch – Oklo, a developer of advanced
nuclear technology, and Switch, a premier provider
of AI, cloud and enterprise data centers,
have signed a non-binding agreement to deploy
12 gigawatts of Oklo Aurora powerhouse projects
through 2044 [39] .
⁃ Microsoft – Microsoft has made a number
of investments and announcements around
advanced nuclear over the last two years:
a. In 2024 it agreed a PPA for up to 880 MW from
Crane Clean Energy Centre (previously TMI-1),
at an estimated price of $110/MWh, significantly
above energy market rates [40] .
b. Bill Gates is a founder of TerraPower, an
advanced nuclear technology developer, which
is building a sodium-cooled advanced plant in
Wyoming, with a target date of 2030 [41] .
c. In 2023 Microsoft arranged a PPA with Helion,
a fusion tech developer, with a target date of
2028 [42] .
⁃ Meta – In December 2024 Meta issued a request
for proposals to identify nuclear energy developers
to help meet Meta’s AI innovation and sustainability
objectives — targeting 1-4 GWe of new
nuclear generation capacity in the U.S. [43] Box 1
Tech Company nuclear energy announcements
may include fuel reprocessing as part of their business
model, which would require a significant change in
policy in a number of countries. Much comment and
analysis at the moment is therefore highly speculative.
However the recent publicity and statements by the
tech companies, data center operators and potential
nuclear vendors do give some indication of the possible
direction of travel [4] .
In this paper we will explore this direction of travel,
how nuclear energy supply may help, and the implications
for the nuclear sector – as well as some of the
serious challenges it faces. As this sector is at present
dominated by U.S. actors, our analysis concentrates on
the U.S. but comments on implications for Europe and
elsewhere.
The growing data center industry
Power demand
A ‘data center’ is any facility which stores and shares
applications and data (see Box 2). To do this, it will
contain IT servers, storage systems and computing
infrastructure. This equipment consumes power
directly and also requires power for climate control
(cooling and humidity) and building services, with the
cost of power representing 60-70% of the operating
costs [5] . The largest hyperscale data centers can require
100-500 MWe supply, with combined campuses
now approaching 1-2 GWe. Improving power useage
effectiveness (PUE) is an important development goal
for data center owners but savings in this area will
be outcompensated by increasing demand for data
capacity.
The amount of data being collected by the global data
economy continues to grow, driven by the increasing
adoption of Artificial Intelligence (AI) applications,
with some 95, 120 and 150 zettabytes being produced
annually over the last 3 years [6] . This current and
potential growth is driving huge and growing interest
and investment in more and larger data centers, with
JPMorgan estimating growth in energy demand from
150 TWh in 2023 to 600 TWh by 2030 [7][8] . There is much
uncertainty around the accuracy of these growth
predictions, and potential for rapid disruption as
shown by the stock market quivers in early 2025 driven
by the DeepSeek AI technology [9] , but there is little
doubt that energy requirements for data support,
including AI referencing and training, will continue
to grow significantly – in size, number and global
distribution of data centers [10] .
For 2025 the IEA estimates that the total data center
power requirement is about 1% of global electricity
demand but in some regions is already significantly
more: for example one-fifth of Ireland’s power demand
is from data centers [11] .
Vol. 70 (2025)
18
Operation and New Build
Siting
The USA dominates the data center count by country,
with some 5400, almost twice the total of Europe –
2800 – and ten times that of the next ranked country,
Germany. [12] The structure of the Chinese data center
ecosystem is difficult to compare and will not be reflected
in this article.
Data centers have preferentially been sited in areas
which can support their workforce and power needs,
have easy access to large data-hungry populations and
are close to internet nodes. This combination of factors
has led to clustering in areas such as Northern Virginia,
where the combination of the Washington DC metropolitan
area and many trans-atlantic communication
cables making landfall nearby make a compelling mix.
This growth continues: Dominion Energy, the regional
power utility for Virginia, reports that its contracted
data center capacity rose from 16 to 21 GWe from 2023
to 2024 with another 12.8 GWe requested in the first
9 months of 2024. [13]
With the cost of energy being the largest ongoing
expense for data centers, the efficiency of its climate
control operations to maintain an effective temperature
of 18-22C against its output temperature of 40C+ [14]
is crucial to the overall performance of the data center.
Accordingly, data centers in warmer and more humid
climates such as South Florida are up to 20 % less
energy efficient than their counterparts in northern
parts of the country like New York [15] . Besides siting in
areas with lower average temperatures, hyperscale
data centers, which are reaching power demands of
over 500 MWe, are also increasingly moving to liquid
cooling to drive down PUE.
While the strategic and economic value of data centers
make them attractive to national, state, and local
governments and developers, some jurisdictions are
now limiting the amount of data center growth in an
area: as data center size increases, local noise issues
and water supply for cooling as well as grid load and
stability become greater factors.
Power supply
These rapid growth forecasts are now driving data
center developers and operators to seek power sources
which can match their future needs:
a. To date, power for data centers has been mainly
sourced through grid connection to power utilities
(such as Dominion Energy) with backup from
behind the meter (“BTM”) diesel generators or other
local supply [16] . However the rapid growth in data
center power needs is putting significant pressure
on the ability of regional utilities to guarantee
supply and the capacity of the transmission system
to connect and transmit, and also potentially
impacting on the cost and availability of power to
other consumers. Such concerns have led, for
example, to the recent rejection of Talen Energy’s
This article generalizes “data centers”. A more diligent
market analysis requires to distinguish significant
differences with respect to purposes/applica tions,
networks, technologies, and business models and
their respective needs and characteristics (e.g.
latency, location, distribution, size, staffing, etc.).
⁃ Size and Space: Data centers vary significantly
in size, from small facilities to large hyperscale
centers, which typically exceed 10,000 square
meters.
⁃ Power Uses:
⁃ Power demand: Hyperscale data center power
demand ranges from 100-500 MWe, and
upwards of 80% load, with a trend for further
growth, with planned campuses now reaching
over 2 GWe. At the other end of the range, edge
computing consists of a growing number of
distributed small units (5 MWe).
⁃ PUE (Power Usage Effectiveness): This metric,
which measures energy efficiency, is calculated
as the ratio of total facility energy to IT equipment
energy. For example, if IT equipment uses
1 MW and the PUE is 1.5, total energy use equals
1.5 MW.
⁃ Valid Range of MWh per PUE: Typical data center
PUEs range from 1.2 to 1.5. For example, with
IT equipment consuming 1 MWh, total energy
use would be between 1.2 MWh and 1.5 MWh.
Hyperscale data centers often achieve PUEs
closer to 1.1.
⁃ Future Trends: Improved cooling and renewable
integration are driving PUE values downward.
The global average PUE, around 1.57 in 2024, is
projected to approach 1.2–1.3 by 2030. However,
increasing IT loads from AI and machine learning
could push total energy demands (MWh per PUE)
higher, even as PUE improves.
⁃ Siting: Depending on their role in data networks,
data centers will be located near urban centers
close to data "consumption", or where external
factors (real estate, climate, etc.) are favorable, or
they will closely follow users in highly distributed
modes (edge computing).
⁃ Staffing: Staffing requirements vary by scale, with
large hyperscale data centers employing hundreds
and smaller facilities operating with minimal staff
or even being run remotely.
Box 2
Data Center Overview Facts and Figures (various sources)
request for a 180 MWe upgrade in output from the
Susquehanna nuclear plant to supply an Amazon
data center [17] , and are leading tech companies to
consider BTM power supplies, independent from
the regional grid.
b. Guarantee of data center uptime is becoming ever
more crucial [18] . Highly time-sensitive activities
such as automatic financial trading [19] can lose
significant sums with any loss of service, and there
is increasing need to support safety-critical
Ausgabe 2 › März
Operation and New Build
Anzeige
19
Data Center Tier Levels, which specify the
design features required for a desired system
availability (Source: Uptime Institute).
Tier I
A Tier I data center is the basic capacity level
with infrastructure to support information
technology for an office setting and beyond.
Tier I protects against disruptions from human
error, but not unexpected failure or outage.
Redundant equipment includes chillers, pumps,
UPS modules, and engine generators. The facility
will have to shut down completely for preventive
maintenance and repairs, and failure to do so
increases the risk of unplanned disruptions and
severe consequences from system failure.
Tier II
Tier II facilities cover redundant capacity components
for power and cooling that provide
better maintenance opportunities and safety
against disruptions.
The distribution path of Tier II serves a critical
environment, and the components can be
removed without shutting it down. Like a Tier I
facility, unexpected shutdown of a Tier II data
center will affect the system.
Tier III
A Tier III data center is concurrently maintainable
with redundant components as a key differentiator,
with redundant distribution paths to
serve the critical environment. Unlike Tier I and
Tier II, these facilities require no shutdowns
when equipment needs maintenance or replacement.
The components of Tier III are added to
Tier II components so that any part can be shut
down without impacting IT operation.
Tier IV
A Tier IV data center has several independent
and physically isolated systems that act as
redundant capacity components and distribution
paths. The separation is necessary to prevent an
event from compromising both systems. The
environment will not be affected by a disruption
from planned and unplanned events. However,
if the redundant components or distribution
paths are shut down for maintenance, the
environment may experience a higher risk of
disruption if a failure occurs.
Tier IV facilities add fault tolerance to the Tier III
topology. When a piece of equipment fails, or
there is an interruption in the distribution path,
IT operations will not be affected. All of the IT
equipment must have a fault-tolerant power
design to be compatible. Tier IV data centers
also require con tinuous cooling to make the
environment stable.
Box 3
Data Center Tiers [44]
Nuclear Economics
Consulting Group (NECG)
Is a network of independent global
nuclear industry practitioners
Delivers client results with analytical rigor
and real-world experience
Provides unmatched nuclear industry
expertise and leadership experience
Collaborates with consulting and law firms
to provide nuclear expertise
Nuclear Industry
National nuclear programs, electricity
industry reform, market analyses, peer
reviews of industry studies, and nuclear
fuel cycle issues
Nuclear Business/Transactions
Nuclear projects, valuation, business
models, strategies, procurement, and
due diligence
Special Projects
Expert testimony in litigation and
arbitration cases, financial viability/
bankability, PPAs, and other project
contracts
www.nuclear-economics.com
USA – Edward Kee
edk@nuclear-economics.com
Germany – Ruediger Koenig
rk@ruediger-koenig.com
UK – John Warden
jwarden@greensabreconsulting.com
Other NECG Affiliates in multiple countries, see
https://nuclear-economics.com/expertise/
Vol. 70 (2025)
20
Operation and New Build
functions such as autonomous driving. As a result,
permanent, reliable and sufficient power is an
essential requirement, with any large data center
requiring at least “Tier 4 reliability” (99.995 % see
Box 3) and increasingly the ‘five nines” or 99.999 %
uptime.
c. While data centers operate at continuous high
loads, they do have some variability and potential
volatility. This will be due to external factors
( seasonal and other weather conditions) as well as
operations modes which can differ depending on
applications being run (e.g. AI training versus
different types of online services). Accordingly
they will require a power source that can load
follow and/or include backup or storage capacity.
Google – Aiming to achieve net-zero emissions and
24/7 carbon-free energy [45]
“At Google, our goal is to achieve net-zero emissions
across all of our operations and value chain by 2030.
We aim to reduce 50% of our combined Scope 1, 2
(market-based), and 3 absolute emissions (compared
to our 2019 base year) by 2030, and plan to invest in
nature-based and technology-based carbon removal
solutions to neutralize our remaining emissions.”
Amazon's Climate Pledge [46]
“We believe we have an obligation to stop climate
change, and reducing carbon emission to zero will
have a big impact. We want to reach net-zero carbon
emissions by 2040, a decade ahead of the Paris
Climate Agreement. In 2019, we set an ambitious
goal to match 100% of the electricity we use with
renewable energy by 2030. We are proud to have
achieved this goal in 2023, seven years early, with
100% of the electricity consumed by Amazon
matched with renewable energy sources.”
“As society’s energy needs are changing, from
electrifying vehicles to streaming a movie, Amazon
continues to plan for this growth while remaining
committed to our Climate Pledge commitment
of reaching net-zero carbon by 2040. To do so,
we’re investing in nuclear energy, a critical energy
source that can be brought online at scale and has
a decades- long record as a reliable source of safe,
carbon-free energy. We’re helping develop nextgen
nuclear technology, investing in existing nuclear
reactors, and supporting research on topics like
nuclear fusion, and more – all to help power our
operations more sustainably, and help everyone
transition toward a carbon-free energy future.”
Microsoft [47]
“By 2030 Microsoft will be carbon negative, and
by 2050 Microsoft will remove from the environment
all the carbon the company has emitted either
directly or by electrical consumption since it was
founded in 1975”.
Esti mates indicate data centers operating in a range
of 80 % to 100 % of power load.
d. Clean energy is becoming an imperative, with
all the large tech companies, which are publicly
traded, having made overt public pledges to reduce
or eliminate their carbon emissions (see Box 4). As
a result, they are seeking ever more aggressive ways
to balance the tension between continued rapid
growth, guaranteed uptime, and carbon reduction.
e. The large tech companies have strong credit ratings
and balance sheets, which could allow them to overcome
the obstacles other nuclear investors have
with regard to financing multi-billion multi-year
merchant nuclear projects. E.g. the Big Four tech
companies between them spent $108bn on investments,
in 2024 alone. [20]
f. There is a cultural alignment between the IT technology
sector and other areas of innovation such as
clean energy technology. The large tech companies
have an interest and the means to support development
of alternative clean energy sources and projects
including somewhat courageous investments
such as by Microsoft and OpenAI in Helion, a fusion
technology developer which has agreed a PPA with
Microsoft for 2028 [21] .
g. The growth of data center campuses – groups of
data centers on the same site – is further increasing
the size of individual sites, with associated demands
on power, land, communications and heat sink.
This rapid growth in data center infrastructure is
occurring at all scales, from hyperscale campuses
of over 1GWe with ‘the size of Manhattan’ [22] to
smaller edge data centers currently up to around
5 MWe. This requires access to a range of collocated
energy sources which can scale to the data center’s
energy requirement and also suit its local area, with
its constraints.
Some sources of energy are difficult to match with
these requirements: natural gas, whilst deployable
quickly and flexible in response, in some locations is
not readily available; and although the new Trump
administration has indicated that new natural gas fired
generation would be welcome in the U.S., it is not well
aligned with long-term sustainability pledges and international
policies. Wind and solar are not reliable
enough on their own and, for the largest power requirements,
firming up such intermittent generation with
battery backup is expensive, difficult, and risky. The
conflation of these factors is pushing the data center
industry to consider nuclear energy for certain situations,
with its unique ability to provide large amounts
of high-density, clean, sustainable, reliable electricity
at very high availability factors. [23]
Box 4
Big Tech Climate Pledges
Ausgabe 2 › März
Operation and New Build
21
Data center The problem
requirement
How nuclear technology can support
Scaleability
of power
Reliability [4
of power
Flexibility
of power
Currently (2025) hyperscale data
centers can require 100-500 MWe
supply. This will increase significantly
with combined campus needs
poten tially several times this.
Meanwhile smaller data centers
require tens of MWe but seek future
scaleability
Need to be Tier 4 – 99.995% or [4
more for AI; needs to be close to
data center and in same national/
regional boundary
Data center power load has inherent
volatility due to a number of factors
such as season, time of day and
tasking.
SMR and AR vendors are offering plant types with outputs from
5 MWe to 470 MWe, and increasingly are targeting data center
requirements in response to this perceived market demand,
with some vendors, such as Deep Atomic [48] , marketing exclusively
to this sector. As power requirements rise, there is also a case
for Gen III+ large plants such as AP1000 or CANDU to support large
1 GWe+ campuses. As seen with TMI-1, using existing or recommissioned
plant is also an option.
Current nuclear technology has a capacity factor of over 90 % [49] .
Plant designs which can be refuelled ‘on the go’ (existing designs
such as CANDU, or most advanced designs) have the potential to
supply power at the highest reliability. Multiple units on site, as
envisaged by some SMR deployment models, can provide multiple
redundancy and backup options. For light-water SMR and GW
plants, the need for refuelling outages would need to be factored
in to any use case, leading to excess capacity on site that can be
shared with other users.
Most SMR/AR designs incorporate controlled ways to vary their
output, such as load following response, heat take-off and energy
storage. TerraPower’s NATRIUM design targets this characteristic
with the ability to ramp from 345 to 500 MWe using stored hot
sodium [50] . Gen III+ large plants such as EPR or AP1000 also have
design load following and load rejection capabilities which could be
appropriate.
Clean power Power sources must be in accordance
with data center operator’s
clean energy pledges and support
their stated decarbonisation goals
– see Box 4
Nuclear energy is clean and aligns with data center operator’s
and customers decarbonisation pledges. Increasingly, nuclear
energy is aligning with investor ESG and green bond criteria [51] .
Cost of
power
Siting
Community
support
Technology
advances
Power is 60-70% of data center
operating costs and so must be
commercially viable for data center
operator
Choice of site needs to:
⁃ minimise latency, environmental
heat;
⁃ maximise appropriate access
to cooling, workforce and to
internet nodes;
⁃ take into account land use and
community support
Tech companies are very keen
to have local support and avoid
reputational damage
The culture of tech companies is
to support innovation, cutting edge
technology and to ‘move fast and
break things’. An alignment with
a power sub-sector which shares
these values is of value.
Data center PUE continues to decrease as data center seek
greater efficiency and move to liquid cooling. Cost will always
be a significant factor but the other factors outlined here have
an equal or stronger importance [52] . Maximum power output
of a nuclear plant may not be as cost elastic as other sources,
making it easier to match with peak load i.e. less dependent on
(a) grid connection and (b) outside climate conditions.
Owing to enhanced safety and operational characteristics,
advanced nuclear technology plants may have smaller emergency
planning zones and less regulatory and practical constraints
to siting, allowing more options for siting close to population
centers [53] , improving latency, especially for edge computing.
In particular, the footprint of a 5 MWe advanced nuclear plant
will be significantly less than that of a solar or wind farm. Some
vendors optimistically propose future uncrewed SMR operation,
allowing a power unit to be co-located with a data center in
remote areas.
Nuclear energy has historically had a fractious relationship with its
stakeholders and wider public. This is improving and a number of
studies show significant and growing support for nuclear energy,
which makes it more attractive for tech firms [54] .
Advanced nuclear technology has a good cultural fit to IT tech
community, for example as demonstrated by the involvement of
Bill Gates/Microsoft in TerraPower and Helion, and Sam Altman in
Oklo and Helion. The tech companies have strong credit ratings
(eg Microsoft AAA; Alphabet AA+ (S&P)) and balance sheets, which
provide the deep pockets needed to engage in nuclear.
Table 1
How nuclear technology can support future data centers
Vol. 70 (2025)
22
Operation and New Build
Nuclear’s role in data center support
Why nuclear can be a compelling case
In light of the critical factors for data center power
supply outlined in the previous section, there is a
clear alignment of some key characteristics of nuclear
energy, such as zero-carbon emissions and high
reliability, with data center needs. This makes it a tempting
choice for future data center development, and is
why the big tech firms are investing in nuclear energy.
Furthermore, advanced reactor technology potentially
offers more responsive power output, less regulatory
constraints over siting, and smaller land footprint,
prompting some tech investment specifically in AR
designs, such as Google and Kairos. Table 1 provides
more detail about how nuclear technology may help to
support data center energy requirements.
There may also be a good cultural fit between the data
center and nuclear industries: They share external
security concerns, both operate in high resilience
modes, and there has even been some discussion
about modelling any future regulation of AI on nuclear
licensing [24] . Interestingly, there is also increasing
work to use AI in support of nuclear deployment,
with a potential for it to make design, permitting and
operations more cost effective [25] . At the same time,
when considering the slow nuclear regulatory progress
from analogue to digital I&C systems historically, it
may be deemed courageous to introduce AI in safety
relevant nuclear processes.
There are a number of ways that SMRs could be
deployed to power a data center campus:
a. “captive” SMR: the plant (or plants) is co-located
BTM with the data center and designed to load
follow the data center requirements, potentially
including suitable power storage capability such as
with TerraPower NATRIUM.
b. “natural hedge” grid solution: the SMR operates in a
normal grid supply mode and the data center draws
its power needs from the grid;
c. “district” solution: the SMR is located close to the
data center and is operated BTM according to its
needs; but the SMR additionally supplies excess
power and possibly direct heat to the local/regional
distribution grid;
d. “cogeneration” solution: the campus includes other
industrial energy users such as ammonia or hydrogen
producers, and the SMR is scaled to supply the
needs of both industrial users and the data centers,
balancing demand variations from both for greatest
efficiency. An example of this is the potential expansion
of the Surry Power nuclear power station
in Virginia, with up to six SMRs of undisclosed type
added to the site of the existing PWR [26] .
These configurations are not mutually exclusive
and the high power density of nuclear plants gives
more flexibility in designing efficient options around
cogeneration and heat offtake.
They do raise questions such as whether co-located
loads require the provision of wholesale transmission
or ancillary services, and related cost allocation issues,
as well as potential resource adequacy, reliability,
affordability, market, and customer impacts. [27]
Why nuclear may not be the ideal choice
Whilst nuclear energy can be an attractive choice for
these emerging data center needs, there are a number
of issues which need to be solved before nuclear can
become a commercially effective and commonplace
source of power for data centers:
a. The upfront capital cost for a nuclear plant, compared
to gas or renewables, will be a significant
considera tion, albeit in the context of the similar
capital sums being spent on the largest data centers
themselves. The through-life cost of the nuclear
plant and $/kWe con siderations would be part of the
overall cost of the data center business enterprise.
With energy being the most significant part of
a data center’s operating costs, there will always be
a drive to reduce this, and the nuclear energy
industry cannot rely on its new ‘energy as input’
model as a free lunch to save it from cost pressures.
This applies throughout the nuclear value chain, so
all nuclear stakeholders must take a clear view of
through-life cost and seek to minimise it. It also
includes regulation, which imposes significant
external cost to any nuclear project.
b. There is as yet no precedent in the civil nuclear
industry to how nuclear licensing and permitting
requirements, necessary owner/operator certifications,
security issues, radioactive protection
and waste management, etc. would be solved in a
manner suitable for mass-deployment of nuclear
reactors to multiple data centers worldwide. Also,
the time needed for project specific planning, licensing/permitting,
and operator training for nuclear
power installations may not match the project
development timelines of data center projects.
c. The speed at which data center energy demand is
growing in the US and globally, plus the need to
rapidly decarbonise to meet company and international
pledges, imply that much of the energy
requirement will have to be put in place in the next
decade, a timescale that the nuclear sector is not
well placed or well versed to meet.
d. Apart from recommissioning shuttered plants it may
not be possible to get nuclear energy supply online
before at least the early to mid 2030s, and perhaps
later. This may mean that the otherwise attractive
option of nuclear energy supply for data centers is
sidelined in favour of natural gas, then renewables
and battery storage, with the distant hope of fusion
as the long term perfect energy supply.
e. For SMRs to stand a chance at significant market
share they will need to develop, sell and deliver
standardized designs suitable for expeditious,
scaled roll-out – including manufacturing, build and
construction, staffing, fuel supply.
Ausgabe 2 › März
Operation and New Build
23
One of the advertised key advantages of a nuclear
plant is its longevity, with most vendors proposing
at least a 60-year plant life, perhaps three times
that of a renewable equivalent. However, it remains to
be seen if this is suitable for data centers with their
rapid growth and technology redevelopment; there is
a risk that data centers could have very different
require ments in 10 or 20 years, making any nuclear
investment now a stranded asset in two or three
decades.
Looking ahead just ten years one cannot simply
extrapolate from current data center technologies
and business models:
⁃ Innovation in the IT sector will lead to different
ways how information technologies will operate
and what infrastructure will be required. As seen in
the past, innovation often leads first to scaling in
size and then to optimization by descaling: from
abacus to mainframe computers to PCs to handheld
devices and fast forward to edge computing; from
Germany's first commercial, 340 MWe PWR in
Obrigheim to 1600 MWe EPR to SMRs.
⁃ AI can be used to make data centers more cost
efficient and profitable, by optimizing their power
use within a global network based on real-time
electricity prices, grid conditions, and regional
renew ables availability in order to monetize
flexibility.
Such optimisation and evolution will impact the
designs of data center energy islands, e.g. calling for
dispatch able SMR/AR scale units.
The implications for nuclear sector growth
Throughout its life, the nuclear industry has been
bedevilled by problems of cost, project execution and
public perception. In the last two decades, particularly
in the West, it has struggled to compete with other
sources of energy, with early closure of plants such
as TMI-1 and significant cost and time overruns of
new build projects such as Vogtle 3&4, Olkiluoto 3,
Flamanville 3, and Hinkley Point C.
The advent of SMR and advanced nuclear technology
is supposed to address these issues, and the developers
of these technologies are not shy to extol the
virtues of their technologies, as we have described
previously. [28] But, despite the imperative of net-zero
targets and much marketing hype and hope, development
and commercialisation of these technologies is
still proving to be a long and risky task, for example as
shown by the 2023 collapse of NuScale’s first project
in Utah. [29] There is significant work still required
by all vendors to reach commercial viability and
scalability, for some more than others. Consequently,
many commentators still doubt the commercial
viability or practical suitability and necessity of SMR
and advanced reactor designs, and even for nuclear
energy in general. [30]
So the emergence of a new data center ‘energy-asinput’
market, driven by a new enthusiastic tech
client base, has led to talk of a ‘new nuclear renaissance’
and significant rises in some reactor vendor
stock prices. As always, much of this remains hype.
The relatively small investments made by the tech
companies so far indicate that they believe in principle
that nuclear technology may have a part to play in their
future energy supplies, both through current plants
and future more exotic nuclear technology. But such
R&D spending, or portfolio hedge investment, is still
a far step removed from IT companies betting the
farm on nuclear, or even committing to full scale pilot
projects. Until the future of both clean energy
and data centre growth becomes clearer, the biggest
impact on nuclear industry growth that these investments
give is credibility and publicity.
For data center operators who seek GW scale power
today, the fastest and lowest risk path to nuclear energy
supply would appear to be a current operational GW
nuclear plant, where the technology and costs are well
known (e.g., the Talen energy on-site data center). Even
allowing for the novelty and unknowns, recommissioning
a nuclear power plant closed for decommissioning
is currently the cheapest, fastest, and lowest risk way
to obtain GW-scale nuclear supply. This thinking
is clearly in play with the restart of plants such as
TMI-1, Palisades and Duane Arnold. [31] There are also
suggestions about completing the half-built AP1000
units at V C Summer, [32] a notion which would have
been ludicrous only a few years ago.
This train of thought naturally leads to the building
of new large plants – nuclear or other – to support
further GW scale campuses, with huge projects such as
Meta’s proposed 2.2 GW Lousiana plant, powered by
natural gas, [33] taking the tech company to significant
future capital outlays including a $65bn CAPEX spend
in 2025. [34] The scale of this proposed spend and
development potentially makes the cost and risk of an
AP1000 or other nuclear plant more digestible in the
context of hyperscale mega-projects.
Looking beyond 2030, if data center energy demand
growth continues, there is a good case for both GW
and SMR nuclear power to be part of the mix, for the
reasons outlined above and in Table 1.
To put this into perspective: going by the above
referenced JPMorgan estimate of 600 TWh power
demand for data centers by 2030 and a benchmark
500 MWe for a hyperload data center operating at an
average 90 % load, this would require a total supply of
75 GWe or 150 data centers. If – for example – one third
of those are to be powered with SMRs, each with five
100 MWe units, this would require production of
250 units. Even in the SMR vendors’ wildest dreams this
is unachievable by 2030, but many have a credible
trajectory to commercial deployment. – What’s needed
is a real, significant demand signal of multiple firm
Vol. 70 (2025)
24
Operation and New Build
orders from a data center operator to prompt the
confidence and investment required to scale up SMR
manufacturing and deployment.
Conclusion
In conclusion, we see a clear potential for nuclear
energy supply to data centers in certain situations.
However there remain many uncertainties and
obstacles in the way of its implementation and scaling.
Nuclear energy offers advantages to data center
operators for the following reasons:
a. Data center revenue has strong future expectations
and is driven by data sales: hence energy provision
to a data center enterprise, is simply one of the
enterprises’ cost inputs (albeit the largest) and may
be driven more by deliverability (clean, reliable,
flexible) than short term market prices.
b. The attributes of nuclear energy, specifically
advanced small modular reactor technologies, are
well suited, and potentially uniquely so, to the
growing data center economy and energy requirements.
As outlined in Table 1, nuclear energy for
data centers can – in theory – deliver at the right
scale and quality.
c. Data center investors have ambition, deep pockets
and strong credit which they are not afraid to
deploy on developing innovative technology – such
as advanced nuclear – on a large scale.
Nevertheless, issues of cost, risk and acceptance
remain, and will take significant time and upfront
effort to overcome. Tech companies wrestling with a
high near-term dynamic growth and their long-term
planning in competitive global markets may not have
the time or patience to accomodate nuclear supplies.
We see the Big Tech companies hedging their bets
with investment and engagement in all potential areas
of energy supply, including nuclear. Their recent
announcements indicate an incipient demand signal
for nuclear power, but they have rapidly emerging and
changing needs. To capitalise on this opportunity,
the nuclear sector needs to focus on this new class of
impatient and adventuristic customers, understand
their needs and requirments, and find credible ways to
respond in time. – Let's see if they can ...
... to see where industry stands, we supplement this
article with a separate short analysis using the ‘ Nuclear
Pathfinders 8 Issues’ model to assess the key gaps
that nuclear industry needs to overcome in order to
capture its opportunity.
References, Sources
[1] ‘Restarting Three Mile Island, a US power plant that closed for decommissioning,
Edward Kee, atw – International Journal for Nuclear Power
vol 70, Jan 2025 https://www.yumpu.com/en/document/read/69539201/
atw-international-journal-for-nuclear-power-012025
[2] Financing the future of clean energy – Green bonds in the nuclear sector,
A Ghori, P Murphy, C Murphy, Oct 2024, https://www.ans.org/news/
article-6441/opinion-financing-the-future-of-clean-energygreen-bonds-inthe-
nuclear-sector/
[3] BASF project planning 1968-1976: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/
unternehmen/basf-plante-vor-50-jahren-eigenes-atomkraftwerk-warumdie-plaene-scheiterten-110212558.html?share=Email&gift&premium=
0x7d9eca1e9d0563ac7eb1764433db02c2f87b8906f567c27d72fa7972ffe22ba2
[4] See for example Paul Murphy’s view for 2025 at http://thegabi.com/wpcontent/uploads/2025/01/Expert-Brief-Nuclear-industry-a-look-into-2025-3.pdf
[5] https://castelazocontent.com/wp-content/uploads/2018/01/PUE-campaignwhitepaper.pdf
accessed 26 Jan 25
[6] https://www.statista.com/statistics/871513/worldwide-data-created/
accessed 26 Jan 25
[7] JPMorgan Guide to the Markets US 1Q. 2025 dated 31 Dec 24 https://
am.jpmorgan.com/us/en/asset-management/adv/insights/market-insights/
guide-to-the-markets/ accessed 25 Jan 25
[8] https://www.visualcapitalist.com/the-rise-of-ai-hyperscaler-spending/
[9] https://www.wsj.com/tech/ai/china-deepseek-ai-nvidiaopenai-02bdbbce?mod=tech_trendingnow_article_pos1
[10] https://www.wsj.com/tech/ai/tech-giants-double-down-on-their-massive-aispending-b3040b33?st=APnvSs
accessed 15 Feb 25
[11] International Energy Agency “The Path to a New Era for Nuclear Energy”
Jan 2025; https://iea.blob.core.windows.net/assets/21947d24-cbe3-4fbe-a5b7-
5c94de5c60f2/ThePathtoaNewEraforNuclearEnergy.pdf accessed 24 Jan 25
[12] https://www.visualcapitalist.com/
ranked-the-top-25-countries-with-the-most-data-centers/
[13] Dominion Energy Q3 2024 Earnings Call https://s2.q4cdn.com/510812146/
files/doc_financials/2024/q3/2024-11-01-DE-IR-3Q-2024-earnings-call-slidesvTC.pdf
accessed 26 Jan 25
[14] https://www.sunbirddcim.com/blog/what-temperature-should-your-datacenter-be/
accessed 26 Jan 25
[15] https://www.researchgate.net/publication/376148073/figure/fig3/AS:1143128
1209192310@1701669746370/PUE-and-WUE-Site-for-hyperscale-DCs-acrosscooling-system-configurations-and-US-climate.png
accessed 25 Jan 25
[16] ‘Real datacentre emissions are a dirty secret’ – The Register 22 Jan 25 –
https://www.theregister.com/2025/01/22/data center_emissions_not_accurate
accessed 25 Jan 25
[17] https://www.pillsburylaw.com/en/news-and-insights/ferc-interconnectionnuclear-data-center.html
accessed 26 Jan 25
[18] Wall Street Journal ‘For AI, a few seconds of power becomes a booming
business’ 6 May 2024 https://www.wsj.com/business/energy-oil/for-ai-a-fewseconds-of-power-becomes-a-booming-business-c16cb626?st=8XGYwV&reflink=article_email_share
accessed 25 Jan 25
[19] https://www.fintechfutures.com/2021/03/
high-frequency-trading-and-the-data-centre/
[20] https://www.visualcapitalist.com/
visualizing-big-tech-company-spending-on-ai-data-centers/
[21] https://www.helionenergy.com/articles/
helion-announces-worlds-first-fusion-ppa-with-microsoft/
[22] https://www.cnbc.com/2025/01/24/zuckerberg-sets-metas-ai-targets-for-theyear-expects-to-spend-60-billion-on-growth.html
accessed 26 Jan 25
[23] https://www.edf.fr/en/the-edf-group/producing-a-climate-friendly-energy/
nuclear-energy/shaping-the-future-of-nuclear/
designing-and-building-the-nuclear-plant-of-tomorrow
[24] https://time.com/6327635/ai-needs-to-be-regulated-like-nuclear-weapons/
[25] https://www.onr.org.uk/our-expertise/innovation/artificial-intelligence/
accessed 30 Jan 25
[26] https://www.datacenterdynamics.com/en/news/nuclear-powered-data-center-campus-in-surry-virginia-gets-rezoning-approval/
accessed 26 Jan 25
[27] https://www.renewableenergyworld.com/news/no-quick-fixes-on-datacenter-generator-co-location-issue/
and https://www.ferc.gov/news-events/
events/commissioner-led-technical-conference- regarding- large-loadsco-located
Ausgabe 2 › März
Operation and New Build
25
[28] ‘From Smart Marketing to Building a New Energy System – Challenges for
SMR Global Adoption’, J Warden & R Koenig, atw – International Journal
for Nuclear Power vol 68, June 2023, https://nuclear-economics.com/ wp-
content/uploads/2023/11/2023-06-01-atw-Challenges-for-SMR-Global-
Adoption-Part-1.pdf
[29] https://www.reuters.com/business/energy/
nuscale-power-uamps-agree-terminate-nuclear-project-2023-11-08/
[30] https://reneweconomy.com.au/small-modular-nuclear-reactors-a-history-offailure/
[31] https://www.reuters.com/business/energy/
nextera-advances-toward-iowa-nuclear-plant-restart-2025-01-24/
[32] https://www.wsj.com/business/energy-oil/
ai-nuclear-power-south-carolina-57b7ad2a
[33] https://www.powermag.com/entergy-louisiana-eyes-2-2-gw-of-new-gas-firedgeneration-to-support-data-center-demand/
[34] https://www.datacenterdynamics.com/en/news/meta-plans-60-65bn-capex-on-aidata-center-boom-will-bring-1gw-of-compute-online-this-year/
[35] https://blog.google/outreach-initiatives/sustainability/
google-kairos-power-nuclear-energy-agreement/
[36] https://www.aboutamazon.com/news/sustainability/
amazon-nuclear-small-modular-reactor-net-carbon-zero
[37] https://www.datacenterdynamics.com/en/news/
aws-acquires-talens-nuclear-data-center-campus-in-pennsylvania/
[38] https://www.datacenterdynamics.com/en/news/
oracle-to-build-nuclear-smr-powered-gigawatt-data-center/
[39] https://oklo.com/newsroom/news-details/2024/Oklo-and-Switch-Form-
Landmark-Strategic-Relationship-to-Deploy-12-Gigawatts-of-Advanced-
Nuclear-Power-One-of-the-Largest-Corporate-Clean-Power-Agreements-
Ever-Signed/default.aspx
[40] https://www.reuters.com/markets/deals/
constellation-inks-power-supply-deal-with-microsoft-2024-09-20/
[41] https://www.npr.org/2024/06/14/nx-s1-5002007/
bill-gates-nuclear-power-artificial-intelligence
[42] https://www.helionenergy.com/articles/
helion-announces-worlds-first-fusion-ppa-with-microsoft/
[43] https://sustainability.atmeta.com/blog/2024/12/03/accelerating-the-nextwave-of-nuclear-to-power-ai-innovation/
accessed 2 Feb 25
[44] https://uptimeinstitute.com/tier-certification
[45] https://sustainability.google/operating-sustainably/net-zero-carbon/
[46] https://www.aboutamazon.com/planet/climate-pledge
[47] https://blogs.microsoft.com/blog/2020/01/16/
microsoft-will-be-carbon-negative-by-2030/
[48] https://deepatomic.com
[49] https://www.statista.com/statistics/191201/
capacity-factor-of-nuclear-power-plants-in-the-us-since-1975/
[50] https://www.terrapower.com/natrium/
[51] Financing the future of clean energy – Green bonds in the nuclear sector,
A Ghori, P Murphy, C Murphy, Oct 2024, https://www.ans.org/news/article-
6441/opinion-financing-the-future-of-clean-energygreen-bonds-in-thenuclear-sector/
[52] Reuters ‘Microsoft may pay Constellation premium in Three Mile Island
power agreement’ 24 Sep 24, https://www.reuters.com/markets/deals/
microsoft-may-pay-constellation-premium-three-mile-island-poweragreement-2024-09-23/
accessed 25 Jan 25
[53] https://prospectlaw.co.uk/news/article/big-tech-buy-into-smrs-whats-it-allabout/
accessed 25 Jan 25
[54] https://www.niauk.org/over-3x-more-support-for-the-use-of-nuclear-energyin-the-uk-than-its-phase-out/
Authors
This article is by John Warden (UK) and Ruediger Koenig (EU), collaborating
via the “Nuclear Pathfinders” platform of international small specialized
consultancies (see https://nuclearpathfinders.com/) and with Nuclear Economics
Consulting Group (NECG).
The authors wish to acknowledge their Nuclear Pathfinder colleagues’ advice
and suggestions for this paper: Ed Kee, Paul Murphy and Jay Brister. The
authors also wish to thank James Warden (Greensabre, Researcher) and David
Herman (Data Technician, Microsoft) for their input.
John Warden
CEO Greensabre Consulting
Email: jwarden@greensabreconsulting.com
John Warden provides expert advice on structuring
and financing nuclear projects, with special interest
in SMR and advanced reactor technologies, as well as
advising on skills and strategic workforce development
in the nuclear and engineering construction
sectors. John is CEO of Greensabre Consulting, a
specialist con sultancy providing advice and support
to investors and asset owners exploring the potential
of advanced nuclear technology as part of clean
energy systems. John’s previous roles include CEO of
the Nuclear Institute, a Royal Navy submariner,
reactor physicist and nuclear engineer.
See https://greensabreconsulting.com/
Ruediger Koenig
Interim Manager and Executive Advisor
Email: rk@ruediger-koenig.com
Rudy Koenig supports market players in the clean
energy industrial value chain, structuring complex
business transactions in large capital projects and
managing lean business operations. He has held
executive responsibilities in the renewables sector,
for suppliers in the nuclear front- and back-end and
has helped a large utility investor develop and
ulti mately sell several nuclear new build projects. He
is engaged in thought leadership about The Transition
Gap, i.e. the holistic challenge that decommissioning
and regeneration constitute in the critical chain of
the energy transition. His projects company QENIQ
Advisory is a member of the European Industrial
Alliance on Small Modular Reactors.
See https://ruediger-koenig.com
Vol. 70 (2025)
26
Operation and New Build
Nuclear Energy for Data Centers - A short risk
analysis with the Nuclear Pathfinders 8 Issues model
› John Warden, Ruediger Koenig
The 8 Issues model
Can SMRs and advanced nuclear technology, including
fusion, deliver “copious and reliable clean energy
for mankind”, or is it yet more “over-hyped, over-cost
unachievable tech which will anyway be rendered
obsolete by the march of renewables”?
For nuclear to succeed, significant effort needs to be
invested and coordinated, across different fields of
action, by many actors, over an extended period of
time. Such early investment must be made far before
success is assured. Interested parties need to navigate
the following questions:
1. Which technology options are best suited to
contributing to decarbonization at scale, under
which assumptions?
2. What is their current status, where do they stand in
relation to where they will need to be, to reach commercial
viability for deployment at scale key issues?
3. How should an investor – Government, Public, or
Private – proceed?
The outcome is shown in Figure 1 where the two score
sets are displayed graphically, with 10 being “commercially
proven and scalable” and 0 “high risk”.
Figure 1 shows that the area enclosed by the curve is
greater for data center support, compared to the 2023
assessment, This implies that overall risk is lower, and
makes the deployment of ARs for data center support
marginally more attractive. We note that the scoring is
a predominantly subjective analysis (see our original
paper for a longer discussion on the methods and
subjectivity) but demonstrates a trend in risk reduction
for this technology. It also still shows large gaps and
identifies the significant challenges that would still
need to be overcome. In particular, the “(risk of)
competition from other Tech” is most prominent for
the particular use case (a strong buyers’ market with
dynamic growth).
To help decision makers and their stakeholders
deal with that dilemma, Nuclear Pathfinders (https://
nuclearpathfinders.com) identified eight critical issues
for nuclear deployment [i] and on that basis developed
an assessment and tracking model.
In 2023 we used that model to review strategic options
for the role of nuclear technologies globally to help
meet Net Zero goals [ii] . Since then, the data center
industry has emerged as a rapidly growing energy
hungry use case and the large tech companies such as
Amazon, Google and Microsoft are actively investigating
the use of nuclear energy to provide long-term
reliable support for the emerging class of large hyperscaler
data centres.
The model’s application to advanced reactor
technology support to data centers
Our concomitant article “Data Centers: a new dawn
for nuclear energy?” explores the reasons why nuclear
energy is of interest to the tech companies, and the
implications for the nuclear industry. Here, we apply
the 8 Issues model to make an informed assessment of
the status and challenges for a potential large growth
scenario.
Table 1 compares the assessment from our 2023
analysis of AR deployment to meet global net-zero
targets (“AR for NZE”) with a revised scoring applicable
to deployment for data centers (“AR for data centers”).
We limited this analysis to advanced reactor technology
(AR) because these include technical innovation
that likely will be important to future data centers
and their business model in a decentralized market
scenario; the case for GW Plants is more straightforward
and aligned with our previous analysis.
We will revisit this analysis in the future to see how the
perceived risk scores develop.
[i]
References, Sources
The 8 Issues
From Smart Marketing to Building a New Energy System – Challenges for
SMR Global Adoption’, J Warden & R Koenig, atw – International Journal
for Nuclear Power vol 68, June 2023, https://nuclear-economics.com/wpcontent/uploads/2023/11/2023-06-01-atw-Challenges-for-SMR-Global-
Adoption-Part-1.pdf
[ii] Navigating Net Zero: Success factors for nuclear energy fission and fusion
technologies, R Koenig & J Warden, with a panel of experts – “Nuclear
Pathfinders”; vgbe energy journal 8:2024; https://nuclear-economics.com/
wp-content/uploads/2024/10/2024-08-Navigating-Net-Zero-vgbe-energyjournal.pdf
Ausgabe 2 › März
Operation and New Build
27
Issue Definition AR for
NZE
Modification to 2023 score
for data center energy support
AR for
data centers
1 Finance Likelihood of the financial system
delivering the scale and profile of
financing for large scale deployment
of this technology
5 The tech industry has deep pockets,
strong credit lines and appropriate risk
appetite, allowing financing. But this is
a tight market.
8
2 Supply
chain
Ability of the global supply chain to
develop the agility and capacity to support
large scale deployment of this technology
5 Significant ramp-up needed but possible
with strong tech industry demand signal.
6
3 Energy
Market
Design
Likelihood and ability of global and
national energy markets to adapt to make
best use of this technology at scale
5 Difficult regulatory decisions needed,
depend on political will.
5
4 Design
risk
Likelihood of this technology reaching a
(commercially and regulatory) deployable
and scaleable design in a timescale suitable
to support data center targets
7 AR designs remain unproven at commercial
scale, and there is increased risk for this
issue as they need to develop quickly.
6
5 Site
licensing
systems
Ability and desire of the local regulatory
system to apply globally aligned regulatory
principles to deploy large scale
deployment of this technology
5 Licensing issues remain; positive signals
and streamlined processes needed from
regulators and governments.
5
6 Multiple
site
access
Ability of this technology to be deployed
reliably and efficiently across multiple
sites in different jurisdictions, requiring
more effective and coordinated
site alloca tion, permissioning and
development.
6 Working with data center implementation
across multiple sites provides resources
and alignment with wider data center
siting strategies.
7
7 Industry
and social
culture
Ability by society and culture to adapt
their risk perceptions, and to support the
deployment at scale of this technology
5 Still uncertain but deployment with data
centers provides a logical reason for
nuclear energy which will be a positive
input to the social debate
6
8 Competition
from other
tech
Ability of this technology to develop and
deploy at a pace to gain and hold market
share against competition from other
energy sources
7 More uncertain owing to need of data
centers to grow more rapidly than
nuclear can match; shorter data center
life compared to nuclear plants
5
Table 1
The 8 Issues (scoring: 0 – unmitigated high risk; 9 – investment grade risk; 10 – commercially proven)
Figure 1
Nuclear Pathfinder
8 issues Assessment
Advanced Reactors
for Data Centers
Vol. 70 (2025)
28
Research and Innovation
iMAGINE – oder warum wir
wissen müssen ob/dass
wir kein Endlager brauchen
› Bruno Merk, Lakshay Jain, Omid Noori-kalkhoran, Elfriede Derrer-Merk, Dzianis Litskevich
Wir hatten immer geglaubt, dass es möglich sein würde, durch intensive Forschung
in Zukunft einen Großteil dieses radioaktiven Problems zu beseitigen. Wir hofften
auch, das in den bestehenden Lösungen verbleibende Uran zurückzugewinnen
und den Großteil der radioaktiven Abfallstoffe zu reduzieren...“ übersetzt aus Now it can be
told, the Story of the Manhattan Project [1] .
Dieses Zitat zeigt, dass die Experten sich schon während
des Manhattan-Projektes Gedanken zum zukünftig
besseren Umgang mit Nuklearmüll und der Weiterverwertung
des Hauptbetriebsstoffes Uran gemacht
haben. Diese Themen würden heute unter den Begriffen
geschlossener Brennstoffkreislauf und Partitionierung
und Transmutation zusammengefasst werden.
In der Reaktorentwicklung hat sich bereits nach dem
Betrieb der ersten Experimentalreaktoren herauskristallisiert,
dass sich die Entwicklung auf Leichtwasser
reaktoren konzentrieren wird. Einerseits, weil
in diesem Bereich durch den Betrieb von U-Bootreaktoren
bereits ein Entwicklungsvorsprung vorhanden
war, andererseits weil Leichtwasserreaktoren
auch ohne komplexen Brennstoffkreislauf betrieben
werden können. Für die Entwickler im Reaktorbereich
war aber immer klar, Leichtwasserreaktoren sind nur
der erste Schritt, da leichter zu verwirklichen. Auf
lange Sicht ist das Ziel aber die Errichtung eines
geschlossenen Brennstoffkreislaufs; ein essenzieller
Schritt für eine massive globale Verbreitung von Kernkraftwerken
und der Nachhaltigkeit der Technologie.
Vielleicht sollte man den Umgang mit Nuklearmüll
ähnlich betrachten. Vielleicht sollten wir die tiefengeologische
Endlagerung als den technisch einfacheren
Schritt betrachten, der zuerst in Betracht gezogen
wurde mit dem langfristigen Ziel, eine bessere Lösung
zu finden, wie schon im Manhatten Projekt angedacht.
Ähnliche Gedanken wurden kürzlich in der NZZ
diskutiert: „Die Technik entwickle sich schnell.
Was man sich vor dreißig Jahren nicht einmal habe
vorstellen können, sei heute Standard. «Schauen
Sie doch nur, wie stark sich die Mobiltelefone in dieser
Zeit verändert haben!», sagt Willi [Wilma Willi,
Kantonsparlamentarierin der Grünen]. Doch bei der
Entsorgung von radioaktiven Abfällen, einer der
größten Aufgaben der heutigen Generation, meine
man, dass die Konzepte aus den 1970ern noch hundert
Jahre später Gültigkeit hätten. «Dabei könnten die
Abfälle ein Rohstoff sein», sagt Willi. «Wir sollten sie
nicht vergraben.»“ [2]
Interessanterweise hat sich für Deutschland bereits bei
diesem ersten Schritt, tiefengeologisches Endlager,
herausgestellt, dass sowohl Standortauswahl als auch
der Bau in Gorleben auf massiven Widerstand der
lokalen Bevölkerung gestoßen ist. Bisher ist aber wenig
über eine bessere Lösung diskutiert worden, sondern
vielmehr ein neuer Start in Form eines besseren Verfahrens
zur Standortauswahl als Strategie verfolgt
worden, siehe Standortauswahlgesetz (StandAG) und
Standortauswahlverfahren (StandAV) [3] . „Es gebe kein
sicheres Endlager für den bisherigen Atommüll, dafür
einen geeigneten Standort zu finden, sei eine „teure
Jahrhundertaufgabe“, schreibt die Grünenpolitikerin
Steffi Lemke in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel
[4] der auch in der Zeit wiedergegeben wird [5] .
Wobei auch dieser erneute Versuch einer Standortauswahl
bereits sehr früh in schwieriges Fahrwasser
geführt hat. „Selbst bei einem idealen Projektablauf
muss damit gerechnet werden, dass das Verfahren erst
im Jahr 2074 abgeschlossen werden kann“, heißt es in
der Untersuchung des Öko-Instituts im Auftrag des
Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung
(BASE). [6]
Die Entwicklung von Technologien zur Abtrennung
und Verbrennung von Nuklearmüll – Partitionierung
und Transmutation – wie sie in den 1990er Jahren insbesondere
von Salvatores [7] und Rubbia [8] mit dem
Thema ‘Verringerung der Radiotoxizität‘ propagiert
wurde, konnte leider die in sie gesetzten Erwartungen,
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
29
ein Langzeitendlager obsolet zu machen, nicht erfüllen.
Zwar wurde die generelle Machbarkeit der Verbrennung
von Plutonium und Americium mit bereits
bestehenden Technologien nachgewiesen (wässrige
Wiederaufbereitung und Verbrennung in Reaktoren
mit festem Brennstoff); damit kann mit der bestehenden
Technologie eine Verringerung des Endlagervolumens
erzielt werden [9] , aber es wird kein ausreichender
Effekt auf die Endlagerherausforderungen
erzielt. Diese Erkenntnis wurde von verschiedenen
Experten vor kurzem in einer Podiumsdiskussion,
beim International Exchange Meeting on Partitioning
& Transmutation, ausdrücklich bestätigt. [10]
Vor diesem Hintergrund, sollte nun die Frage gestellt
werden, wäre es nicht auch für die Kerntechnik
erstrebenswert auf neue Technologien zu setzen,
statt das Konzept einer Großmülldeponie der 1970er
Jahre zu verfolgen? Brauchen wir „Das Bessere Müllkonzept“
[11] wie es im Jahr 1990 in einem Volks begehren
zur Abstimmung vorgelegt wurde auch für Nuklearmüll?
Das Bessere Müllkonzept hat zur inzwischen weit
verbreiteten Etablierung von Wertstoffhöfen (sogar
hier bei uns in Liverpool, South Sefton Recycling Centre
und auch die USA hat die Idee in manchen Bundesstaaten
aufgenommen) und zum Recycling von Wertstoffen
geführt. Mit diesem Schritt wurde in vielen
Teilen der Welt Müll als Ressource definiert in Kontrast
zur, zu dieser Zeit bestehenden, Großmülldeponie und
der aufkommenden unselektierten Müllverbrennung.
Das heißt im Umgang mit Haus- und Industriemüll hat
ein Paradigmenwechsel stattgefunden, welcher auch
in der nuklearen Entsorgung stattfinden sollte.
Es gibt mit iMAGINE bereits eine erforschte und
wissenschaftlich abgesicherte, weitreichende neue
Entwicklung [12, 13, 14] , aber die muss nun technisch entwickelt
und demonstriert werden. Die Bundesgesellschaft
für Endlagerung (BGE) und BASE haben in letzter
Zeit einen neuen Zeitplan für die Standortauswahl
kommuniziert. Dieser reicht von 2046 bis 2068 [15] oder
2074 [16] , alles bei einem idealen Projektablauf. Mit
diesem Zeitplan hat Deutschland Zeit gewonnen, die
jetzt sinnvoll genutzt werden muss, um spätestens zum
Zeitpunkt der Entscheidung über einen Endlagerstandort
Fakten und den Machbarkeitsnachweis auf dem
Tisch zu haben. Damit hat Deutschland jetzt die Zeit
um neue, nachhaltigere Technologien technisch zu
ent wickeln und zu demonstrieren.
Auch für die nukleare Endlagerproblematik gilt, die
Politik kann nur faktenbasierte Entscheidung fällen,
wenn die Wissenschaft die Fakten auch produziert
hat, ansonsten wird der Weg für ideologische Entscheidungen
bereitet! In die Demonstration von
iMAGINE zu investieren heißt aber nicht, dass wir
die Standortauswahl jetzt einstellen sollten, denn eine
derartige Entscheidung würde Klarheit über die
technische Machbarkeit, Ausführung und Kosten der
Alternative erfordern und diese muss erst geschaffen
werden.
Welche Möglichkeiten bietet iMAGINE? Im Folgenden
wird der Forschungsstand zu iMAGINE beleuchtet,
die Basis für die notwendige Investitionsentscheidung
diskutiert und die grundlegenden Schritte für ein
Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm beschrieben.
Grundsätzlich wurde iMAGINE als strategische Antwort
sowohl auf den zukünftigen Bedarf, als auch auf
die Herausforderungen und Limitierungen des derzeitigen
Kernenergiesystems, entwickelt. Hierzu wurden
sowohl fachlich-ingenieurtechnische Bewertungen
als auch Sichtweisen der allgemeinen Bevölkerung
ein bezogen. Auf dieser Basis wurde die folgende
strategische Vision entwickelt. Die strategische Vision
ist hierbei als, eigentlich unerreichbares, Fernziel zu
sehen, das aber eine klare Orientierung bieten muss,
um die Entwicklungsrichtungen vorzugeben, die in der
Mission in einer machbaren Form präzisiert werden
müssen.
Abbildung 1
Dreigeteilte Vision für die Entwicklung eines
innovativen, zukünftigen Kernenergiesystems [17]
Aus der Vision unlimited nuclear energy folgt die
Mission, verglichen mit der derzeit genutzten LWRtechnologie,
einen Faktor 100 mehr Energie aus der
natürlichen Ressource Uran freizusetzen. Ziel ist die
Nutzung von U-238, dem Hauptisotop das mehr als
99 % des natürlichen Urans ausmacht und in großen
Mengen im abgebrannten Brennstoff und den Tailings
aus der Anreicherung vorhanden ist, aber in derzeitigen
Reaktoren kaum genutzt werden kann. Damit
eröffnet iMAGINE Zugang zu massiven Ressourcen, die
bereits im Land lagern (Ressourcensicherheit) und
eliminiert gleichzeitig die Umweltbelastung durch den
Uranbergbau. Alleine die Nutzung des abgebrannten
Brennstoffes könnte Deutschland, beim derzeitigen
Stromverbrauch, für 300 Jahre mit Strom versorgen.
Aus der Vision zero waste nuclear folgt die Mission
der deutlichen Verringerung der Abfallmenge pro
Energieeinheit. Ziel ist die Reduktion der Abfallmenge
pro Energieeinheit auf 1 % verglichen mit heutigen
Vol. 70 (2025)
30
Research and Innovation
Reaktoren. Darüber hinaus wird durch verbesserte
Abtrennmethoden eine Auftrennung von wärmeproduzierenden
und langlebigen Elementen erreicht,
die erlaubt, ein tiefengeologisches Endlager wie
im StandAG geplant durch ein Abklinglager für
300-500 Jahre zu ersetzen.
Aus der Vision accident free nuclear folgen verschiedene
Designmaßnahmen, wie a) die Antriebskräfte
in Störfällen und damit die potenzielle radiologische
Auswirkung auf die Umgebung zu limitieren,
z. B. geringer Systemdruck in Primärsystem; b) potenziell
auslösende Ereignisse/Systeme zu vermeiden, z. B.
die für LWR typische Überschußreaktivität die für
einen Betriebszyklus benötigt wird; c) den radiologischen
Quellterm begrenzen, also die Menge an
hochradioaktiven Elementen im Reaktorkern, z. B.
durch die Abtrennung von Spaltprodukten während
des Betriebs. Darüberhinaus, müssen die Proliferationsrisiken
minimiert werden, also das Risiko, dass Spaltmaterial
aus dem System oder während Transporten
abgezweigt werden kann, um den Missbrauch zu
militärischen und terroristischen Zwecken unattraktiv
zu machen. Damit adressiert dieser Ansatz die Bedenken
und Sorgen der Bevölkerung sowohl bezüglich
Unfällen in Reaktor als auch des Missbrauchs der Technologie
zu militärischen Zwecken und fördert damit
die Akzeptanz der nuklearen Energieproduktion.
Durch diesen neuartigen strategisch entwickelten
Ansatz bietet iMAGINE eine komplett neue Lösung zum
Umgang mit hochradioaktivem Nuklearmüll mit
folgenden Zielen:
⁃ Verringerung der Endlagerherausforderung durch
verbesserte Sortierung – wärmeproduzierende
Abfälle werden von langlebigen Abfällen getrennt
und können, im Gegensatz zu den Reststoffen
der derzeitigen Wieder aufbereitungstechnologie,
separat behandelt oder idealerweise genutzt
werden
⁃ Restlose Nutzung des Energiegehalts des abgebrannten
Brennstoffes, sowohl verbliebene Spaltmaterialien
als auch U-238 – neue Ressource aus
Müll und signifikant weniger Müll pro Energieeinheit
⁃ Vermeidung von konventioneller Wiederauf bereitung
und der damit verbundenen Spalt materialabtrennung
– kleinstmögliches Proliferationsrisiko,
um die Technologie weltweit nutzbar zu machen
und dem Risiko eines Missbrauchs vorzubeugen
⁃ Abtrennung von Spaltprodukten statt Spalt material –
konsequente Vermeidung einer Plutonium wirtschaft
und der damit verbundenen Missbrauchsgefahr
⁃ Innovativer Ansatz zum Umgang mit bereits
verglasten Abfällen aus der bisherigen Wiederaufbereitung
– auch diese bereits angefallenen Abfälle
können im System besser sortiert und behandelt
werden
⁃ Betrieb in einem integrierten System – reduziert
Nukleartransporte und umlaufende Material mengen
⁃ Reduzierung der Nuklearphobie in der Bevölkerung,
ermöglicht durch Vermeiden des Uranbergbaus,
deutlich verringerte Unfallgefahr und
-auswirkungen, Verbreiterung des Ressourcenangebots
und Vermeidung des tiefengeologischen
Endlagers.
Eine Technologie zur Vermeidung eines Endlagers
nach StandAG – Wo steht iMAGINE derzeit?
iMAGINE wurde ursprünglich im Rahmen der IAEA
Green Frontiers initiative (“A University centric
framework for innovative nuclear systems accepted by
society and in full compliance with the sustainable
development goals”) als innovative Antwort auf den
Entwicklungsbedarf bezüglich verbesserter Brennstoffnutzung
und reduziertem Müllanfall in der
Kernenergie ent wickelt. Derzeit wird das iMAGINE
Programm in UK von der Royal Academy of Engineering
(durch den Chair in Emerging Techno logies) und durch
Projektfinan zierung durch UK Research and Innovation
(UKRI) unterstützt. Das breite inter nationale
Interesse an iMAGINE wird sowohl durch zahlreiche
Einladungen zu internationalen Konferenzen (z. B.
IAEA-SNF) und Workshops (z. B. NEA ZPR-TF) als
auch durch internationale Partner (EU-Programme,
KAERI, TU Dresden, Reaktorent wickler) reflektiert.
Der derzeitige Forschungsstand lässt sich folgendermaßen
zusammenfassen:
⁃ Die Nachweise zur langfristigen Betreibbarkeit
eines Reaktors mit abgebranntem Brennstoff sind
erbracht und veröffentlicht (ohne vorherige
Wieder aufbereitung, sogar unter Zuspeisen bereits
verglaster Abfälle) Simulationen zeigen: ausreichende
Brutkapazität, um die notwendige Spaltmaterialbeladung
zu erhalten, Toleranz gegenüber
Vergiftung durch Spaltprodukte und verglaste
Abfälle [18]
⁃ Die Nachweise für eine innovative Lösung der
Endlagerfrage sind erbracht. Nachrechnungen und
Diskussionen zeigen, dass die Auftrennung in kurzlebige
wärmeentwickelnde Spaltprodukte (für ein
Abklinglager) und langlebige Spaltprodukte (können
in Schacht Konrad eingebracht werden) die
Standortauswahl obsolet machen.
⁃ Erste Experimente erfolgreich durchgeführt:
Abtrennung von Spaltprodukten aus dem Brennstoffsalz
und Bestimmung der thermo-physikalischen
Eigenschaften des Brennstoffsalzes. Ergänzt
durch Simulationen, um zu separierende Elemente
zu ermitteln.
⁃ Kollaborationen zur Entwicklung einer experimentellen
Basis in Reaktorphysik: mit der NEA
Zero Power Reactor Task Force; mit der TU
Dresden – erste reaktorphysikalische Experimente
werden in Kürze in Zusammenarbeit mit der
Reaktorphysik-Nachwuchsgruppe NAUTILUS am
AKR-2 Aus bildungsreaktor der TU Dresden stattfinden.
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
31
⁃ Im Rahmen eines UKRI-Projektes wurde bereits
ein Entwurf für ein innovatives Reaktorphysikexperiment
für iMAGINE erarbeitet und publiziert.
Eventuell könnte für ein derartiges Experiment der
Brennstoff des letzten deutschen Reaktorphysikexperiments
genutzt werden, der noch in Karlsruhe
lagert. Derzeit unterstützt RWTÜV eine Doktorarbeit
zur Genehmigungsfähigkeit einer Experimentieranlage.
⁃ Sozialwissenschaftliche Studien begleiten die naturwissenschaftlichen
Arbeiten, um Erfahrungen und
Erwartungen der Bevölkerung besser zu verstehen,
exemplarisch in Dounreay, Schottland [19] . Durch
Befragungen der Anwohner and qualitativer
Analyse der Daten konnten Erkenntnisse gewonnen
werden, welche gegebenenfalls für einen potenziellen
Standort für die Experimentieranlage in
Deutschland übertragbar sind.
⁃ Eine schrittweise Forschungs- und Entwicklungsstrategie
zur Minimierung des Investitionsrisikos ist
für das innovative iMAGINE Programm bereits
entwickelt und wird unten wiedergegeben.
Warum sollte jetzt in Deutschland in iMAGINE investiert
werden?
Deutschland hat vor kurzem entschieden die Standortauswahl
für das Endlager um mindestens 15 Jahre
zu verschieben. Um zu diesem Zeitpunkt eine
fakten basierte Entscheidung zu fällen, müssen die
essentiellen Technologien für iMAGINE jetzt durch
ein staatliches Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm
erprobt werden (Dauer ca. 15 Jahre). Sollte
iMAGINE machbar sein, wird ein Endlager nach
StandAG nicht mehr notwendig sein oder es werden
sich zumindest die Anforderungen an einen Endlagerstandort
und das Endlagersystem deutlich verändern.
Sollte sich iMAGINE wider erwarten als nicht durchführbar
erweisen wird auch dies wichtige Fakten für
eine zukünftige Endlagerentscheidung liefern, somit
liefert das Programm auch im Misserfolgsfall essentielle
Erkenntnisse. Wird die Forschung jetzt nicht durchgeführt,
besteht die Gefahr, dass zum Zeitpunkt der
Standortentscheidung eine Diskussion darüber entsteht,
dass neue Technologien wissenschaftlich nachgewiesen
wurde, die erheblichen Einfluss auf die
Endlagerproblematik haben könnte. Für eine faktenbasierte
Entscheidung müssten diese Technologien
aber erst demonstriert werden, bevor eine endgültige
Entscheidung getroffen werden kann. Dies würde
zwangsläufig zu weiteren Verzögerungen bei der
Realisierung eines Endlagers führen.
Selbstverständlich ist zum Nachweis der Machbarkeit
von iMAGINE ein mehrjähriges, koordiniertes, multidisziplinäres
Entwicklungs – und Demonstrationsprogramm
notwendig. Glücklicherweise besitzt
Deutschland mit dem NUSAFE Programm der
Helmholtz Gesellschaft immer noch ein gutes Umfeld
(qualifizierte Wissenschaftler, hochwertige Labore),
Factbox
Die wissenschaftlichen Nachweise sind erbracht, bei
erfolgreicher Nutzung von iMAGINE kann Deutschland
ohne Endlager nach StandAG auskommen und sich damit
auch den politischen und gesellschaftlichen Unfrieden
des StandAV ersparen.
Eine Entscheidung über die Zukunft der nuklearen Reststoffe
steht nach neuesten Daten frühestens im Jahr 2046
an und muss letztendlich in der Politik gefällt werden.
Ziel muss es deshalb sein, Fakten für erkenntnisbasierte,
ideologiefreie politische Entscheidung zu liefern. Dafür
müssen die wissenschaftlichen Aussagen durch einen
Demonstrationsbetrieb bestätigt werden.
Wir brauchen deshalb eine zeitnahe Durchführung eines
Entwicklungs- und Demonstrationsprogramms mit dem
Ziel, in max. 15 Jahren einen Technologiedemonstrator
betriebsbereit zu haben. Der Demonstrationsbetrieb soll
eine fundierte und zeitnahe Entscheidung über den bestmöglichen
Umgang mit den Reststoffe ermöglichen, denn
bis zu einer endgültigen Entscheidung muss das StandAV
weiterhin aufrechterhalten und auch finanziert werden.
Schwerpunkte von iMAGINE sind aber nicht nur die Vermeidung
des Endlagers nach StandAG, sondern auch:
⁃ effiziente Ressourcennutzung zur Verbesserung der
Ressourcensicherheit für Deutschland,
⁃ eine wirtschaftlich effiziente Nutzung der Reststoffe,
⁃ vollständige Nutzung Energieressource Uran unter
Vermeidung einer Plutoniumwirtschaft,
⁃ Verbesserte Nachhaltigkeit der Kerntechnik, kein Uranbergbau,
kein Endlager,
⁃ Letztendlich, auch ein Beitrag zur Stabilisierung des
Energiesystems durch steuerbare Produktionskapazität.
Was ist nun nötig?
Förderung durch ein nationales Entwicklungs- und
Demonstrationsprogramm mit einem staatlichen Investment
von ca. 1,5 Mrd. € über ca. 15 Jahre, das die Integration
von Reaktor, Brennstoffzyklus und Umgang mit Reststoffen
ermöglicht. Nutzung bestehender Anlagen und Ressourcen
der deutschen Forschungslandschaft (Experten und
Labore), internationale Zusammenarbeit, interdisziplinäres
Denken kombiniert mit sozialer Verantwortung. Enge,
konstruktive Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden,
um eine neue Sicherheitsphilosophie zu
entwickeln.
Was bekommt Deutschland dafür?
⁃ Deutschland braucht kein Endlager für hochradioaktive,
wärmeentwickelnde Abfälle geschätzte Kostenersparnis
~50 Mrd. €.
⁃ Deutschland wird sich den sozialen und politischen
Unfrieden des StandAV ersparen
⁃ Deutschland wird eine technologische Führungsrolle
und massive Exportchancen, erschaffen haben (Marktabschätzung,
Investitionspotenzial > 10 Billionen €)
⁃ hat Deutschland für die Zukunft den Zugang zu einer
massive low-carbon Energieressource, die im Land als
Müll lagert, Stromäquivalent ~7,5 Billionen €
Vol. 70 (2025)
32
Research and Innovation
wobei zu bemerken ist, dass die Altersstruktur der
Fachexperten ein derartiges Programm nur noch in
den nächsten Jahren zulassen wird. Das Entwicklungsund
Demonstrationsprogramm zu iMAGINE sollte deshalb
baldmöglichst im Rahmen des NUSAFE Programmes
gestartet und später weiterentwickelt werden;
damit würde Deutschland international eine Führungsposition
im Umgang mit hochradioaktivem Müll
übernehmen. Als positiver Nebeneffekt würde durch
die grundlegenden Nachweise eine stabilere, kostengünstigere
und nachhaltigere, CO₂-arme Energieversorgung
entstehen. Dies wurde in einigen Studien
bereits nachgewiesen [20] . Darüber hinaus adressiert
iMAGINE die soziale Verantwortung der Wissenschaft,
d. h. das Vertrauen der Gesellschaft mit nachhaltigen
Projekten wieder zu gewinnen. Krogsgaard-Larsen
et al., (2011) heben hervor, die soziale Verantwortung
ist eine „Verantwortung von Wissenschaftlern aller
Disziplinen, ihre Forschungsaktivitäten so auszurichten,
dass sie zum Wohl der Gesellschaft und zur
Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit
beitragen können“ [21] .
Ein schrittweises Herangehen
Die Entwicklung und Demonstration eines neuen, hochinnovativen
Kernenergiesystems ist ein hoch komplexes
Problem und bedarf deshalb sorgfältiger, langfristiger
Planung. Kern dieser Planung und des entwickelten
schrittweisen Herangehens ist die Minimierung des
Entwicklungs- aber auch des Investitionsrisikos und die
Sicherstellung einer schnellen und effizienten Erfolgs-/
Misserfolgsrückmeldung bereits in frühen Stadien der
Entwicklung. Mit diesem Ziel wurde ein vierstufiges
Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm
erarbeitet und bereits publiziert [14] , siehe
Abbildung 2, das bereits durch Rosatom [22] in Anwendung
ist. Folgende Schritte sind vorgesehen:
⁃ Grundlegende Studien sowohl zum Nachweis
des Potenzials der Technologie als auch zur Identifizierung
und Abschätzung potenziell entwicklungsgefährdender
Hindernisse (Showstopper) – Machbarkeitsnachweis
zumeist durch theoretische
Studien.
⁃ Einzeleffekt-Nachweisexperimente zum einen zum
Test wichtiger, einzelner Technologieschritte, zum
anderen zur Evaluierung und Verbesserung der
Vorhersagegenauigkeit der Simulationsmodelle und
-rechnungen – Demonstration wichtiger Einzel effekt
und Verbesserung der Vorhersage genauigkeit.
⁃ Kleiner Demonstrator zum Test des Zusammenspiels
und der Beeinflussung der einzelnen Effekte. In dieser
Anlage kommt erstmals der Großteil der Herausforderungen
aus Design, Zulassung und Betrieb zusammen
und muss beherrscht werden. Sicherheitsnachweis
zur Verbesserung des Ver trauens und
der gesellschaftlichen Akzeptanz – Nachweis des
Betriebs eines innovativen Gesamtsystems unter
verschiedenen Betriebsbedingungen.
⁃ Industrieller Demonstrator zum Nachweis, dass
die Anlage auf industriellem Niveau gebaut und
betrieben werden kann – sowohl ausreichende
Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Betriebsstabilität,
als auch akzeptable, planbare Kosten –
Demonstration des betriebswirtschaftlich effizienten
und industriell durchführbaren Betriebs
des Systems und Entwicklung der industriellen
Methoden und Erfolgsgrundlagen.
Auf den Automobilbau übertragen könnte man
folgende Analogie sehen
1. Designstudien, Entwicklung und theoretische Untersuchung
innovativer Komponenten
2. Bau und Test einzelner, entscheidender Komponenten,
z. B. Motor, Fahrwerk
3. Prototyp für erste Fahrten auf Teststrecken in dem
die Herausforderungen gleichzeitig auftreten
4. Kleinserienproduktion für umfangreiche Fahrtests
auf öffentlichen Straßen und verbesserte Abschätzung
der Produktions- und Betriebskosten
5. Industrielle Fertigung
Basis für eine Investitionsentscheidung
zu iMAGINE
Basierend auf dem inzwischen erreichten und publizierten
Forschungsstand zu iMAGINE gilt es jetzt eine
Investitionsentscheidung anzustreben. Die grundlegenden
Studien sind weitestgehend abgeschlossen, veröffentlicht,
auf internationaler Ebene (z. B. bei IAEA
und NEA) zur Diskussion gestellt und auch einige
kleinere Experimente wurden bereits durchgeführt.
Die Arbeiten wurden durch Spezialisten durchweg
sehr positiv aufgenommen. Im nun folgenden Schritt
muss jetzt der Nachweis und die Durchführung
erbracht werden, und die Öffentlichkeit muss über die
Möglichkeiten informiert werden. Wäre iMAGINE ein
Projekt in einem Industriebetrieb, würden auf der nun
vorhandenen Basis Investitionsentscheidungen gefällt
werden.
Abbildung 2
Entwicklungsschritte für eine komplexe, innovative Technologie
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
33
Die drei Kernfragen, die für eine Investitionsentscheidung
beantwortet werden müssen, sind:
a) Ist das Potenzial der Technologie groß genug,
dass es die Investition in den nächsten Schritt
rechtfertigt?
b) Ist das Investitionsrisiko handhabbar?
c) Wo können Synergien erzielt werden?
Zu a)
Wenn iMAGINE erfolgreich durchgeführt wird:
⁃ braucht Deutschland kein Endlager für hochradioaktive,
wärmeentwickelnde Abfälle geschätzte
Kostenersparnis ~50 Mrd. €.
⁃ wird Deutschland sich den sozialen und politischen
Unfrieden ersparen, ein Problem das auf das Land,
beim Standortauswahlverfahren, zukommen wird
(keine Kostenabschätzung möglich).
⁃ wird Deutschland eine technologische Führungsrolle,
inclusive massiver Exportchancen, erschaffen
haben (Marktabschätzung, Investitionspotenzial
> 10 Billionen €).
⁃ wird die Forschung und Entwicklung laut unserer
Umweltministerin eines der größten Probleme der
Menschheit gelöst haben (keine Kostenabschätzung
möglich).
⁃ hat Deutschland für die Zukunft den Zugang zu
einer massive low-carbon Energieressource
erschlossen, die wir bisher nicht nutzen können
( alleine der zur Endlagerung vorgesehene abgebrannte
Brennstoff hat das Potenzial Strom für
300 Jahre bei derzeitigem Verbrauch zu liefern,
Stromaequivalent ~7,5 Billionen €).
Zu b)
Die Kosten für den nächsten Schritt sind überschaubar,
derzeit sind hier etwa 1-2 Mrd. € Staatsinvestition
veranschlagt.
Die Kerntechnik hat bereits Erfahrung und Nachweise
in vielen Bereichen geliefert:
⁃ Der geschlossene Brennstoffkreislauf und das
Brüten von neuem Spaltmaterial wurde bereits
erfolgreich demonstriert.
⁃ Es bestehen umfangreiche Erfahrungen in der
Entwicklung, der Genehmigung und dem Betrieb
von kerntechnischen Anlagen.
⁃ Salzschmelzen werden bereits für moderne Wiederaufbereitungsverfahren
und zu Energieübertragung
und -speicherung erforscht und genutzt
während im Design von iMAGINE bekannte, große
Probleme bisheriger Ansätze (Showstopper) eliminiert
werden.
⁃ Hochkomplexe und kostenintensive Fertigung von
festem Brennstoff und Brennelementen die immer
noch manuell durchgeführt wird.
⁃ Mehrfache Wiederaufbereitung und lange Kühlzeiten
(Multirecycling), die massive Lager und
Transporte von separierten Spaltmaterialien und
abgebrannten Brennstoffen erzwingt.
⁃ die Abtrennung von Spaltmaterialien und das damit
verbundene Proliferations- und Missbrauchsrisiko,
die oft unter der Bezeichnung Plutoniumwirtschaft
zusammengefasst werden.
Die folgenden Synergien sollten genutzt werden.
Zu c)
⁃ Der Brennstoff für das teuerste Experiment
(Reaktor experiment) liegt noch in einem Lager in
Deutschland, dies ermöglicht eine deutliche Kostenund
Zeitersparnis beim Aufbau dieses dringend
benötigten Experiments.
⁃ Es bestehet mit dem Programm NUSAFE eine solide
Grundlage für den Aufbau eines größeren Programmes,
NUSAFE müsste nur neu ausgerichtet und
ausgeweitet werden.
⁃ Die wichtigsten Labore für die essentiellen Arbeiten
in der Nuklearchemie sind bereits vorhanden aber
nur teilweise durch Arbeiten im Kernbereich ausgelastet.
⁃ Deutschland muss aus Fürsorgepflicht das Knowhow
in der Kerntechnik erhalten um auch zukünftig
in Notfällen fachgerecht und sozial verantwortlich
reagieren zu können und um international sprechfähig
zu bleiben.
⁃ Wir brauchen dringend eine Antwort, bevor wir
mit der Endlagerung fortschreiten können, denn
nur auf der Grundlage von nachgewiesenen
Techno logien können die notwendigen, faktenbasierten
Entscheidungen in der Politik gefällt
werden.
⁃ Das bereits gebaute Lager Schacht Konrad kann
für verbleibende, langlebige Reststoffe genutzt
werden, es bedarf lediglich einer Änderungsgenehmigung.
Basierend auf der Diskussion der Grundlagen für
eine Investitionsentscheidung stellt sich natürlich
die Frage: Warum investiert hier nicht einfach ein
Industrie betrieb? Das Projektrisiko ist überschaubar
und der zu erwartende Nutzen sehr hoch (low riskhigh
gain project). Es gilt jedoch zu bedenken,
die Heraus forderungen sind komplex und erfordern
ein inter disziplinäres nationales/internationales
Forschungsprogramm und insbesondere Zugang zu
hoch spezialisierten Laboren und Experten. Eine
erfolgreiche Entwicklung erfordert den Umgang mit
offenen Kernbrennstoffen, dieser muss durch einen
Staat abge sichert sein. Dies hat in der Vergangenheit
dazu geführt, dass der Brennstoffzyklus der Bereich
war, der am längsten in der Hand einer staatlichen
Institution war [23] , oder gar immer noch ist wie
im Falle der URENCO. Zusätzlich besteht, für eine
erfolgreiche Projekt abwicklung, Bedarf für eine
enge Zusammenarbeit mit der Genehmigungsbehörde
zur Entwicklung einer innovativen Herangehensweise
zur Sicher stellung eines sicheren
Betriebs der Anlagen.
Vol. 70 (2025)
34
Research and Innovation
Ein Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm
zur Untersuchung von innovativen Optionen zum
Umgang mit radioaktiven Reststoffen
Ziel einer Entwicklung von iMAGINE ist hier weder
Leistungsreaktoren in Deutschland zu bauen, noch ein
massives Forschungsprogramm zu etablieren. Das Ziel
muss vielmehr sein, die technischen Möglichkeiten zur
Vereinfachung des langfristigen und nachhaltigen
Umgangs mit nuklearen Reststoffen zu entwickeln und
zu demonstrieren, um eine potenzielle Alternative zum
klassischen Endlager nachzuweisen. Es gilt, durch
gezielte Forschung, aber vor allem durch Entwicklung
und Demonstration die Fakten- und Erkenntnisbasis
für eine wissensbasierte Endlagerentscheidung in
15 Jahren zu schaffen. Dafür ist es essentiell beurteilen
zu können, ob neue Wege beschritten und die technischen
Voraussetzungen dafür geschaffen werden
können. Dies bedeutet die Machbarkeit von iMAGINE,
als weitreichendsten neuen Ansatz, bis zur Demonstration,
nachzuweisen, um fristgerecht evidenz basierte
Aussagen zu treffen, die für gesicherte Empfehlungen
an die Politik notwendig sind.
Grundlage dafür muss ein fokussiertes Entwicklungsund
Demonstrationsprogramm zur nachhaltigen
Verbrennung nuklearer Reststoffe und der dazu
notwendigen Technologien sein. Die Technologiedemonstration
muss in einem kleinen Demonstrator
(vergleichbar zum AVR in Juelich [24] oder dem FBTR
in Indien [25] ) durchgeführt werden. Für ein derartiges
Programm sind staatliche Investitionen von ca.
100 Mio. € pro Jahr für den genannten Zeitraum von
15 Jahren zu veranschlagen, diese Investition ist
deutlich geringer als 5 % des derzeitig prognostizierten
Endlagerbudgets. Idealerweise könnte das Programm
nach einem erfolgreichen Start in Kollaboration,
mit anderen Ländern, die die Ambitionen teilen,
koordiniert werden. Grundsätzlich hat der Nachweis
das Potenzial die weltweite Endlagersituation massiv
zu entspannen und den Umgang mit radioaktiven
Reststoffen zu revolutionieren (Paradigmenwechsel).
Realistisch erfordert ein derart umfangreiches, interdisziplinäres
Projekt mit langer Laufzeit, mehreren
kerntechnischen Genehmigungsverfahren (kritisches
Experiment und Demonstrator) für neue Technologien
und neuer nuklearer Brennstoffproduktion aus abgebranntem
Brennstoff ein staatliches unterstütztes
Programm. Eine so weitreichende Lösung einer derart
komplexen Herausforderung wird aufgrund der langen
Entwicklungszeit nicht von Investoren getragen und
von der Industrie übernommen werden, sondern
muss im Rahmen der staatlichen Vorsorgeforschung
bearbeitet werden.
Die folgenden Schwerpunkte eines Forschungsprogrammes
sollten in der Reaktorentwicklung gesetzt
werden: Zero power Experiment mit Sicherheits nachweisen
für einen Salzschmelzenreaktor, Reaktordesign
für den kleinen Demonstrator, inclusive Sicherheitssysteme,
Sicherheitskonzept, Genehmigungsfähigkeit
(erst Zero Power Experiment, dann Demonstrator) und
spezielle Probleme von Salzschmelzereaktoren wie
Betriebssysteme und Komponenten, Material schädigung
und Wartung und Reparatur unter hoher
Strahlen belastung.
Im Bereich Brennstoffkreislauf und Nuklearchemie
sollten folgende Schwerpunkte vorgesehen werden:
Brennstoffherstellung inclusive Verbesserung der
Datenbasis für in Betracht kommende Salzbrennstoffkombinationen
(Phasendiagramm, thermo-physikalische
Basisdaten) und Bereitstellung der spezifischen
Ausgangsstoffe (Urananreicherung bis max. 20 %, Cl-37
Anreicherung); chemische und nuklearchemische
Kontrolle des Anlagenbetriebs (Instrumentierung und
Messtechnik, Halogenkontrolle, Pufferung, Korrosionsstudien
& -schutz); Umgang mit Spaltprodukten (Spaltproduktabtrennung,
Abtrennung und Handhabung in
der Abgasreinigung, Konditionierung der abgetrennten
Spaltprodukte).
Die spezialisierte Forschung sollte durch einige weiterführende
Arbeiten und Studien ergänzt werden, wie:
sozialwissenschaftliche Arbeiten zur Risiko-/Wissenschaftskommunikation,
Public Engagement, und
Akzeptanz der Kerntechnik; Entwicklung neuer Ideen
zur Weiternutzung abgetrennter Spaltprodukte; Grundlagenforschung
zur Verkürzung der Halbwertszeit
langlebiger Spaltprodukte; mit Hinblick auf einen
späteren optimierten Einsatz der Anlagen im deutschen
Energiesystem: Arbeiten zu Energiespeicherung,
Loadbalancing und Einbindung in das bestehende
Energiesystem.
Zusätzlich wird das vorgestellte Programm zu iMAGINE
einen neuen Ansatz liefern, der die Nachhaltigkeit
sichert, indem nicht die Einschränkung der Nutzung
von Ressourcen (Grenzen des Wachstums – Club of
Rome), favorisiert wird, sondern die Entwicklung
neuer Technologien um den Ressourcenpool zu
erweitern. Einschränkung der Ressourcennutzung,
kombiniert mit evolutionärer Entwicklung, mündet
beim derzeitig hohen Entwicklungsdruck durch die
Klimakrise fast zwangsläufig in der Reduktion des
Wohlstandes. Die drohende Wohlstandsreduktion birgt
die Gefahr, dass notwendige Klimaschutzmaßnahmen
die erforderliche gesellschaftliche Akzeptanz verlieren.
Deshalb muss der Einschränkungsansatz des Club
of Rome erweitert werden durch „Bereitstellung
technischer Entwicklungen, die bisher nicht nutzbaren
Ressourcen zugänglich machen“, um drohende Wohlstandsverluste
zu minimieren.
Zusammenfassung
Die wissenschaftlichen Nachweise sind erbracht, mit
iMAGINE wurde erstmals eine Technologie entwickelt,
die das Potenzial hat ein Endlager nach StandAV obsolet
zu machen. Um Klarheit über die Machbarkeit zu
erlangen, muss diese Technologie jetzt demonstriert
werden, denn nur durch eine zeitnahe Demonstration
kann die Basis für die erforderliche, faktenbasierte
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
35
politische Entscheidung geschaffen werden. Für diesen
Nachweis braucht Deutschland ein staatlich gefördertes
Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm von
ca. 1,5 Mrd. € verteilt auf etwa 15 Jahre um bis zum
nächsten Schritt der Endlagerentscheidung klare
Aussagen zu technischen Alternativen bereit zu
haben, das bis zum Bau eines kleinen Demonstrators
durchgeführt werden muss. Insbesondere für ein
Generationen projekt wie die nukleare Endlagerproblematik
gilt, die Politik kann nur faktenbasierte Entscheidung
fällen, wenn die Wissenschaft die Fakten
auch produziert hat, ansonsten wird der Weg für
ideologische Entscheidungen bereitet!
Über die Antwort der Vermeidung des Endlagers
hinaus adressiert iMAGINE einige wichtige, derzeit
drängende Herausforderungen: sichere, bezahlbare
und nachhaltige Stromversorgung (SDG7) zur Reduzierung
des Klimawandels und das Vertrauen, dass die
Wissenschaft ihrer Verantwortung nachkommt, ihre
Forschungsaktivitäten so auszurichten, dass sie zum
Wohl der Gesellschaft und zur Bewältigung der Herausforderungen
unserer Zeit beitragen
[vgl. 21]
können.
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Progress in Nuclear Energy, Volume 122, 2020
Autoren
Prof. Bruno Merk
School of Physical Sciences
University of Liverpool, UK
bruno.merk@liverpool.ac.uk
Prof. Bruno Merk hält derzeit den, von der königlichen
Ingenieursgesellschaft geförderten, Chair in
Emerging Technologies für die Kerntechnik des
21. Jahrhunderts. Sein Kernforschungsgebiet umfasst
die Entwicklung neuer Technologien zum besseren
Umgang mit Nuklearmüll, mit dem Ziel ein Endlager
für hochradioaktive Materialien zu vermeiden. Von
2015 bis 2020 hielt er die NNL/RAEng Forschungsprofessur
für Computermodellierung in der Kerntechnik
und war gleichzeitig Fellow für Reaktorphysik
am National Nuclear Laboratory. Vor seiner Zeit
im Vereinigten Königreich war er im Programm
NUSAFE der Helmholtz-Gesellschaft für die Bereiche
Waste Management und fortschrittliche Reaktoren
zuständig. Er war als wissenschaftlicher Berater an
der Entwicklung der acatech Position zu Partitionierung
und Transmutation nuklearer Abfälle –
Chancen und Risiken in Forschung und Anwendung
engagiert.
Vol. 70 (2025)
36
Research and Innovation
Dr. Lakshay Jain
Research Associate
School of Engineering
University of Liverpool, UK
l.jain@liverpool.ac.uk
Lakshay Jain ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der
University of Liverpool (UoL). Er arbeitet an der
Konzeption und Modellierung einer Null-Leistungs-
Anlage für Salzschmelzereaktoren, entwickelt den
Entwurf für ein Versuchsprogramm und fördert das
öffentliche Bewusstsein für die Vorteile der Kernenergie.
Als leidenschaftlicher Verfechter der Kernenergie
als Mittel zur nachhaltigen, kohlenstoffarmen
Energieversorgung, trat Lakshay der Gruppe für
Reaktorphysik an der UoL bei, nachdem er seinen
Doktor in Ingenieurwissenschaften am Homi Bhabha
National Institute, Indien im Jahr 2022 ablegte. Seine
Forschungsinteressen umfassen fortschrittliche Kernreaktordesigns
und die Anwendung von AI/ML auf
Strahlungstransport und Herausforderungen in der
Kerntechnik.
Dr. Dzianis Litskevich
Lecturer
University of Liverpool
dzianis@liverpool.ac.uk
Dr. Dzianis Litskevich ist Dozent für KI und Kerntechnik
an der University of Liverpool. Von 2018 bis
2021 hatte er ein EPSRC-Postdoktorandenstipendium
mit dem Titel „Innovative LWR Simulation Tool
for the Nuclear Renaissance in the UK“. Vor seinem
Wechsel nach UK war er am HZDR tätig und erlangte
seinen Doktorgard an der RWTH Aachen. Er hat
bei zahlreichen Projekten zur fortgeschrittenen
Modellierung und Simulation von Kernreaktoren
beigetragen, darunter auch zur Salzreaktortechnologie.
Sein derzeitiges Interesse liegt auf der
Anwendung von KI und maschinellem Lernen in der
Kerntechnik.
Dr. Omid Noori-kalkhoran
School of Engineering
University of Liverpool, UK
Nuclear Engineering
Cardiff University, UK
omidnk@Liverpool.ac.uk
Dr. Omid Noori-Kalkhoran ist ein angesehener
Nuklear ingenieur und Pädagoge mit über 15 Jahren
Erfahrung in den Bereichen Reaktorsicherheit,
Neutronik und Thermohydraulik von Kernkraftwerken.
Er arbeitet als Associate und Senior Fellow
mit der Universität of Liverpool und der Cardiff
University in Nuclear Engineering. Zusätzlich lehrt er
auch an der Universität of Derby und Rolls-Royce
Nuclear als Lehrbeauftragter. Seine umfangreichen
Veröffentlichungen und Erfolge bei der Sicherung
wichtiger Forschungsfinanzierung unterstreichen
seine Stellung als international führend in der
Kernforschung.
Elfriede Derrer-Merk
Doktorandin
University of Liverpool, UK
E.Derrer-Merk@liverpool.ac.uk
Elfriede Derrer-Merk ist derzeit Doktorandin an
der University of Liverpool, UK. In ihrer Forschung
untersucht sie die Frage: Welche psychologischen und
gesellschaftlichen Erfahrungen machten ältere
Erwachsene während der COVID-19-Pandemie? Ihre
Doktorarbeit liefert neue Erkenntnisse über die
subjektiven Erlebnisse älterer Menschen während
der Pandemie und deren Auswirkungen auf ihr
psychisches und soziales Wohlbefinden.
Im Rahmen des Zero Power Project (11/2022–10/2024)
erforschte sie die gesellschaftlichen und psychologischen
Auswirkungen des Lebens in Thurso, UK,
insbesondere im Zusammenhang mit der Forschungsanlage
in Dounreay, sowie die Veränderungen im
Laufe der Zeit. Dabei setzte sie qualitative Forschungsmethoden
ein, konstruk tivistische Grounded- Theory-
Methodologie. Weitere Schwerpunkte ihrer Arbeit
liegen in den Bereichen soziale Verantwortung der
Wissenschaft, Risiko wahrnehmung und -kom munikation.
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
37
Krebsmedikamente und
Klimaschutz statt Atommüll -
wird Deutschland gestalten
oder zuschauen?
› Guido Houben, Franz Strohmer
Die USA haben letzten Sommer angekündigt, alle hochradioaktiven Abfälle ihrer
Kernkraftwerke innerhalb der nächsten 30 Jahre entsorgen zu wollen – mittels beschleunigergetriebener
Transmutation 1 . Inzwischen wurde als einzigem europäischen
Unternehmen der Transmutex AG 4 Mio. EUR für den Bau eines ersten Teilchenbeschleunigerabschnitts
am Los Alamos National Laboratory zugesprochen. Auch der Bund hat letzten
Monat zunächst 7 Mio. EUR in diese CERN-Ausgründung investiert, die Anlagen zur elektrochemischen
Partitionierung und beschleunigergetriebenen Transmutation (P&T) von abgebrannten
Brennelementen entwickelt. Verschiedene asiatische Länder sind ebenfalls sehr
interessiert, solche P&T-Anlagen auf Thorium-Basis zu errichten. Es entsteht also gerade ein
globaler Markt für Anlagen, die sowohl den außenpolitischen Interessen Deutschlands
entsprechen als auch denen vieler deutscher und europäischer Industrieunternehmen, die
als Zulieferer beteiligt sein könnten.
Vor diesem Hintergrund befasst sich eine aktuelle
Studie 2 der Bundesagentur für Sprunginnovationen
SPRIND nun mit den Bedingungen und Auswirkungen
einer Demonstrationsanlage am Standort eines ehemaligen
Druckwasserreaktors in Bayern. Dabei wurden
von Experten der TU München, von TÜV NORD
und der Kanzlei Posser Spieth Wolfers der technische
Stand, Sicherheitsaspekte, der genehmigungsrechtliche
Rahmen und die Wirtschaftlichkeit einer Transmutex-
Anlage untersucht sowie ihre Folgen für das geplante
Endlager zur Entsorgung kerntechnischer Abfälle.
Zur Umsetzung wurde inzwischen die Transmutex
Deutschland GmbH gegründet.
Nun geht es darum, ob der neu gewählte Bundestag
und die neue Bundesregierung die gesetzlichen Grundlagen
für solch eine Demonstrationsanlage in Deutschland
schaffen. Wie seinerzeit beim Transrapid könnte
einer Vielzahl hiesiger Unternehmen damit die Gelegenheit
gegeben werden, sich entstehende Märkte zu
erschließen. Die Bundesrepublik könnte so auch dazu
beitragen, dass ihr wichtige Anliegen wie Anlagensicherheit,
Nichtweiterverbreitung, sichere Endlagerung,
Energie- & Rohstoffunabhängigkeit und die
Minimierung von Umweltschäden durch Kreislaufwirtschaft
anstelle von Bergbau international umgesetzt
werden 3 . Auch eine Initiative für das Weimarer
Dreieck, die unsere französischen und polnischen
Nachbarn wohl begrüßen würden.
Dabei geht es vor allem um Planungssicherheit,
weniger um finanzielle Mittel. Denn schon die erste
Demonstrationsanlage bestehend aus elektrochemischer
Abfalltrennung und Recycling, beschleunigergetriebener
Müllverbrennung und abschließender
Restmüllverglasung wäre laut SPRIND-Studie dank der
erwirtschafteten Erlöse allein aus medizinischen
Radioisotopen, Rohstoffen für industrielle Zwecke,
und Prozesswärme hoch rentabel. Der Nettobarwert
beläuft sich bei einer Betriebsdauer von 50 Jahren je
1 https://arpa-e.energy.gov/programs-and-initiatives/view-all-programs/newton
2 Validierungsauftrag SPRIND (2025) „Umsetzungsstudie über eine beschleunigergetriebene Neutronenquelle am Standort eines ehemaligen Kernkraftwerks
zwecks Produktion von Krebsmedikamenten, Fernwärme und geothermischer Energie sowie zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle“. 220 S. www.sprind.org
3 Siehe dazu auch Franklin Servan-Schreiber & Guido Houben (2023): Deutschlands nukleare Zukunft: beschleunigergetriebene Neutronenquellen. atw Vol. 68
Ausgabe 6/2023, S. 35-39
Vol. 70 (2025)
38
Research and Innovation
nach Szenario zwischen 1 und 7 Milliarden Euro. Die
Investitions kosten bei sofortiger Errichtung würden
ca. 1,5 Mrd. EUR betragen (eine Reduktion von 30 % bei
Nachnutzung ehemaliger AKW-Standorte), die jährlichen
Betriebskosten gut 115 Mio. EUR. Es bedarf aus
betriebswirtschaftlicher Sicht in diesem Fall keiner
finanziellen Vergütung für die Entsorgung der hochradioaktiven
Abfälle durch den Staat an den Betreiber
der Anlage. Da die Recyclingeinheit der Anlage bis zu
vier Neutronenquellen versorgen kann, wären bei
weiteren Einrichtungen signifikante Einsparungen zu
erwarten.
Neben der deutlichen Reduktion auch der bereits
verglasten Abfälle bietet die Anlage weitreichende
volkswirtschaftliche Vorteile: Wertvolle Rohstoffe
wie Krypton, Rhodium, Ruthenium und Uran, die
unter anderem für die Luft- und Raumfahrt sowie
die Automobil- und Solarzellenindustrie benötigt
werden, könnten recycelt werden. Zudem ermöglicht
die Anlage die Entwicklung neuer Krebsmedikamente
sowie die Produktion derselben einerseits aus den
hoch radioaktiven Abfällen (Strontium-90, Cäsium-137),
andererseits durch Bestrahlung (Actinium-225, Luthethium-177,
Terbium-161 etc.). Strontium-90 z. B. wird
zur externen Behandlung von Bindehautwucherungen
am Auge (Pterygium-Bestrahlung) sowie zur sub kutanen
Behandlung von Krebstumoren an Schild drüse
und Hoden verwendet. Bei Knochenkrebs werden
derzeit mit Strontium-90-Salz gefüllte Ampullen in das
Knochengewebe in der Nähe des Tumors oder in diesen
selbst eingebracht.
Die nicht wiederverwertbaren Abfälle des untersuchten
KKW ließen sich voraussichtlich innerhalb
der Mindestbetriebsdauer der Anlage von 50 Jahren
transmutieren. Nachfolgende Generationen würden so
durch die Reduktion der Radioaktivität von 1 Million
auf unter 1 Tausend Jahre geschützt. Alle für ein geologisches
Endlager problematischen, wasserlöslichen
Spaltprodukte würden nahezu vollständig in einem
sicheren, umweltschonenden und proliferationsresistenten
Verfahren vernichtet. Das Volumen der
hochradioaktiven Abfälle reduziert sich so um knapp
90 %. Dies ermöglicht weitere Kosteneinsparungen bei
der Zwischen- und Endlagerung.
Für den nicht zu transmutierenden Rest des Nuklidinventars
(„Restmüll“) sollte nach wie vor ein Endlager
gebaut werden, allerdings kann dieses für den nötigen
Zeitraum von 1.000 Jahren deterministisch und daher
nachweisbar sicher und wahrscheinlich oberflächennah
ausgelegt werden. Da heutzutage bereits Behälter
hergestellt werden können, die mit 10.000 Jahren
Beständigkeit etwa zehn Mal so lange sicher sind, wie
die verbleibenden Abfälle mit hoher Aktivität strahlen,
bestünde im Fall einer oberflächennahen Lagerung
sogar die Möglichkeit, die Restwärme von etwa 200 °C
geothermisch z. B. für Wärmepumpen zu nutzen. Die
Anlage leistet also auch einen bedeutenden Beitrag zur
CO₂-Reduktion – sowohl direkt durch Prozesswärme
und Geothermie als auch indirekt durch Kreislaufwirtschaft
statt Bergbau.
Nachdem sich die Endlagersuche für hochaktive
Abfälle und bestrahlte Brennelemente in Deutschland
um Jahrzehnte verzögert, deren Einlagerung sogar bis
ins 21. Jahrhundert, bleibt ausreichend Zeit, P&T
Maßnahmen zu ergreifen. Denn entweder hält man die
jetzige, für die hochaktiven Abfälle geplante Endlagerform
für wenig problematisch, dann lässt sich die Idee
einer für eine Million Jahre sicheren Endlagerung ohne
Transmutation vertreten. Oder aber man möchte auf
jeden Fall die Kontamination des Tiefenwassers durch
langlebige Spaltprodukte wie Selen-79, Jod-129 und
Technetium-99 ausschließen und die sichere Verwahrung
der restlichen Nuklide bis zum Abklingen
der Radioaktivität auf ein natürliches Maß innerhalb
von 1.000 Jahren garantieren. Dann bleibt nach
heutigem Stand der Technik nur die elektrochemische
Partitionierung und beschleunigergetriebene Transmutation
der (auch bereits verglasten) hochradioaktiven
Abfälle.
Es bietet sich in Deutschland aus genehmigungsrechtlichen,
finanziellen, psychologischen und Sicherheitsgründen
an, die beschleunigergetriebene Neutronenquelle
nicht auf der „grünen Wiese“ zu bauen, sondern
auf dem Gelände eines ehemaligen Kernkraftwerks.
Eine Vielzahl bereits genehmigter Anlagenteile und
Gebäude kann so sinnvoll nachgenutzt anstatt neu
gebaut werden. Die dort dezentral zwischengelagerten
bestrahlten Brennelemente müssen das Gelände
zudem nicht zum Transport verlassen, um in der
Anlage behandelt zu werden. Hinzu kommt, dass dort
weiterhin durch den aktuell stattfindenden Rückbau
qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung stehen und
so einen vergleichbaren Arbeitsplatz erhalten. Die
Bevölkerung in der Umgebung wiederum, die Jahrzehnte
neben den bestrahlten Brennelementen mit
dem Versprechen eines vorübergehenden Zwischenlagers
gelebt hat, wäre für dessen sichere Entsorgung
vermutlich dankbar.
Das Anlagendesign von Transmutex entspricht generell
den deutschen sowie internationalen Sicherheitsanforderungen
und Regelwerken und erreicht grundsätzlich
durch die unterkritische Auslegung und Bleiabschirmung
einen sehr hohen Sicherheitsstandard.
Durch den Bau der Partitionierungsanlage direkt am
Brennelemente-Zwischenlager innerhalb des geschützten
Geländes eines früheren AKW können darüber
hinaus die Risiken hinsichtlich Proliferation, terroristischer
Angriffe oder Flugzeugabstürze minimiert
werden.
Aus genehmigungsrechtlicher Sicht wäre es zwar
eine Herausforderung, die bestehenden Rückbaugenehmigungen
der KKW in Genehmigungen für
P&T-Anlagen an Standorten ehemaliger Kernkraftwerke
zu überführen, aber nicht unmöglich. Die Anlage
fügt sich trotz ihrer Neuartigkeit in die Systematik des
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
39
bestehenden Rechtsrahmens ein. Insbesondere die
für sie wesentliche Beschleunigereinheit könnte ohne
Änderungen der Rechtslage errichtet werden. Die
Verarbeitung hochradioaktiver Abfälle setzt jedoch
Gesetzesänderungen auf Bundesebene voraus.
Anlagenüberblick
Die START (Subcritical Transmuting Accelerated
Regenerative Technology) genannte P&T-Anlage von
Transmutex besteht erstens aus einer Neutronenquelle,
die einen Teilchenbeschleuniger mit einem
Transmutationsreaktor unter Verwendung eines
Spallationsziels koppelt. Die Hauptaufgabe der Neutronenquelle
besteht darin, die problematischen hochradioaktiven
Abfälle aus dem Uranbrennstoffkreislauf
umzuwandeln.
Zweitens ist eine Abfallrecyclinganlage notwendiger
Teil der START-Anlage. Sie besteht aus Abtrennungsund
Fertigungseinheiten sowie Brennstoff- und Abfalllagereinheiten
und einer Verglasungsanlage. In dieser
Anlage werden abgebrannte Brennelemente zu neuen
Thorium-transuranischen (Th-TRU) Brennelementen
für das START-System aufbereitet und in START umgewandelte
Spaltfragmente für die endgültige geologische
Lagerung verglast. Die Kapazität der Recyclinginfrastruktur
reicht für bis zu vier Neutronenquellen.
Abbildung 1 zeigt einen Überblick der Anlage.
Das vorgeschlagene System ist eine unterkritische
Vorrichtung, bei der die Kernspaltungsreaktion nicht
wie bei einem kritischen Kernreaktor selbsterhaltend
ist. Die Spaltneutronen allein können keine Kettenreaktion
aufrechterhalten, da der Kern unterkritisch
ausgelegt ist, d. h. k eff < 1. Stattdessen hängt die Fortführung
der Reaktion immer von einer äußeren
Neu tronenzufuhr ab, die hier durch einen Teilchenbeschleuniger
in Verbindung mit einem Spallationsziel
induziert wird. Die unterkritische Auslegung erhöht
das Sicherheitsprofil der Anlage entscheidend.
Die Effektivität der Transmutation hängt vom Energiespektrum
der Neutronen ab, die mit den radioaktiven
Nukliden interagieren. Schnelle Neutronen sind besonders
wirksam bei der Transmutation aller Aktinide, die
Abbildung 1
Zeichnung des START-Systems.
Vol. 70 (2025)
40
Research and Innovation
mit ca. 1,5 % einen kleinen, aber besonders langlebigen
Bestandteil der hochradioaktiven Abfälle darstellen.
Schnelle Neutronen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit,
eine Spaltung der schweren Isotope zu induzieren.
Dies führt zu einer effizienteren Aufspaltung
dieser langlebigen Isotope in kurzlebige oder stabile
Fragmente. Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum
können auch mehr spaltbares Material
erzeugen, als sie verbrauchen.
Als Kernkühlmittel wurde flüssiges Blei gewählt. Blei
ist für Neutronen durchlässig und ermöglicht daher
die Nutzung eines harten Neutronenspektrums, was
wiederum eine hohe Transmutationsrate der Aktinide
zur Folge hat. Gleichzeitig wird Blei aufgrund seiner
sehr hohen Neutronenausbeute als Spallations material
verwendet. Blei ist daher eine logische Wahl, um zwei
Hauptfunktionen der Anlage zu unterstützen.
Aus sicherheitstechnischer Sicht bietet Blei weitere
Vorteile. Es hat einen hohen Siedepunkt, der den
Betrieb bei hohen Temperaturen und atmosphärischem
Druck ermöglicht. Der atmosphärische Druck
erlaubt eine einfachere und sicherere mechanische
Konstruktion des Primärkühlkreises (im Vergleich zu
einem unter Druck stehenden Primärkühlmittelkreislauf)
und verringert die Folgen einer Freisetzung des
Primärkühlmittels unter unfallartigen Bedingungen,
bei denen die Integrität des Primärkühlkreises gefährdet
ist. Die hohe Betriebstemperatur des Primärkühlmittels
führt zu einer effizienteren Energieübertragung
durch den Dampferzeuger in den Sekundärkreislauf.
Die Tatsache, dass START auch im laufenden Betrieb
immer unterkritisch betrieben wird, und der Umstand,
dass nach Ausbleiben des erregenden Protonenstrahls
beim Abschalten des Beschleunigers die Kernreaktionen
innerhalb von zwei Millisekunden abbrechen,
schließen Kritikalitätsunfälle durch das Design aus.
Blei hat als Kühlmittel einen so hohen Siedepunkt, dass
die komplette Nachzerfallswärme vom Kühlmittel
aufgenommen werden kann. Selbst wenn ein lokales
Sieden unterstellt wird, wird durch einen negativen
Dampfblasenkoeffizienten die Reaktivität abgesenkt.
Zu den weiteren Vorteilen von Blei gehören seine
chemische Trägheit und seine hohe Wärmekapazität,
wodurch ein stabiles Medium mit hoher thermischer
Trägheit entsteht. Das Transmutationsreaktordesign
basiert auf den Erkenntnissen aus dem ALFRED
Reaktor Design, einem europäischen Forschungsprojekt
für einen kritischen, bleigekühlten Reaktor.
Der Transmutationsreaktorkern hat einen maximalen
k eff -Wert von 0,98, was eine Sicherheitsmarge zur
Kritikalität (k eff = 1) bietet. START umfasst Energieerzeugung,
Transmutation und Brennstofferzeugung
im selben Kern. Um alle Funktionen gleichzeitig zu
ermöglichen, müssen die Brennelemente regelmäßig
aufbereitet und nachgeladen werden. Dazu wird
derzeit eine rotierende Lademaschine im Deckelbereich
des Reaktors konzipiert, mit welcher Brennelemente
versetzt werden können.
Die Neutronenquelle liefert die Neutronenpopulation,
die erforderlich ist, um ein Gesamtneutronenniveau
konstant auf unterkritischem Niveau zu halten. Dies
wird dadurch erreicht, dass der hochenergetische
Protonenstrahl auf das Target trifft und dabei einen
bekannten und festen Neutronenfluss durch einen als
Spallation bekannten Prozess freisetzt. Die Spallationsneutronen
werden somit in Bezug auf Spektrum und
Fluss durch den Protonenstrahl gesteuert, der von
einem externen Beschleuniger bereitgestellt wird.
Wenn kein Protonenstrahl mehr bereitgestellt wird,
hört die Erzeugung von Spallationsneutronen umgehend
auf und die Kernreaktion kommt sofort zum
Erliegen.
Die Energie des auf das Spallationsziel treffenden
Strahls ist der wichtigste Faktor, der bestimmt, wie
viele Neutronen erzeugt werden. Die maximale Neutronenproduktion
liegt bei ca. 1,2 GeV. 800 MeV wurden
als Kompromiss zwischen der Effektivität der Neutronenproduktion
und dem Entwicklungsaufwand/
den Herstellungskosten des Beschleunigers gewählt.
Außerdem steigt die Fähigkeit, Neutronen zu erzeugen,
linear mit dem Strom des Protonenstrahls an. Ein
hoher Strom ist daher vorteilhaft. Tatsächlich haben
europäische, chinesische und japanische Forschungsgruppen
ADS-Forschungsprojekte entwickelt, die
Strahl ströme von 10 mA bis 30 mA berücksichtigen.
Transmutex hat 5 mA Spitzenstrom als angemessenen
Strahlstrom gewählt, der basierend auf dem heutigen
Stand der Technik eine sofort umsetzbare Weiterentwicklung
bestehender Beschleuniger und Spallationsquellen
zulässt.
Der gewählte Beschleuniger ist daher eine 800-MeV-
Maschine mit einem Strahlstrom von 5 mA, was zu
einer Strahlleistung von 4 MW führt. Das Design ist von
der Hochintensitäts-Protonenbeschleuniger-Maschine
(HIPA) des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) inspiriert, die
ein Zyklotron zur Beschleunigung von Protonen auf
590 MeV verwendet. Angesichts der Anforderungen
an den Beschleuniger wird das START-Zyklotron das
Abbildung 2
Ansicht des Beschleuniger- und Reaktorgebäudes.
Maße in mm. Die Abmessungen sind etwa 130 m x 80 m.
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
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leistungsstärkste der Welt sein. Es wird und muss auch
das zuverlässigste Zyklotron der Welt sein. Ein
Hauptziel bei der Entwicklung des Zyklotrons ist
es, eine hohe Zuverlässigkeit zu erreichen, um die
Betriebsan forderungen des Reaktors zu erfüllen,
die Folgendes vorsehen: maximal eine Strahlunterbrechung
von mehr als 20 Sekunden pro Jahr, eine
von mehr als 3 Sekunden pro Woche, zehn von
mehr als eine Sekunde pro Tag, fünfzig von mehr
als 0,1 Sekunden pro Tag und zehntausend Strahlunterbrechungen
von weniger als 0,1 s pro Tag.
Abbildung 2 zeigt eine Draufsicht auf die Neutronenquelle.
Beim Transmutationsprozess werden 604 MW th
Energie frei, die in brutto 260 MW e Strom umge wandelt
werden könnten, von denen zur Eigenstromver sorgung
ca. 36 MW veranschlagt werden müssen.
Eine Verglasungseinheit wird zur Konditionierung des
verbleibenden hochaktiven Abfalls in eine stabile
verglaste Form verwendet. Das endgültige hochaktive
Abfallprodukt, das aus der START-Anlage stammt, ist
in seiner endgültigen Form für die Lagerung in einem
tiefen geologischen Endlager geeignet und qualifiziert.
Recycling-Ansatz
Transmutex verfolgt ein elektrochemisches Partitionierungsverfahren
in einer Hochtemperatur
Salzschmelze, das vom Argonne National Laboratory
(ANL) bei Chicago entwickelt und am Brennstoff des
EBR-II-Reaktors im Zeitraum von 1964-1994 getestet
wurde. Bei diesem Recyclingverfahren kann das Uran
in reiner metallischer Form zurückgewonnen werden,
während das Plutonium und alle anderen Transurane
in einer Metalllegierung mit einem geringen Urananteil
an fallen. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass weder
wässrige Lösungen noch Säuren verwendet werden.
Es folgt zudem den strengen Sicherheitsgrundsätzen
der Nicht-Weiterverbreitung und trennt kein reines,
spaltbares Material ab. Die Transurane werden im
Gemisch mit etwas Uran gewonnen; diese Legierungen
können daher nicht als waffenfähiges Material verwendet
werden.
Das Verfahren ermöglicht die Abtrennung zahlreicher
radioaktiver und stabiler Spaltprodukte (wie
Edel metalle), der Transurane mit einem Teil des
Urans sowie des restlichen rezyklierten Urans als
sauberes Produkt aus abgebranntem Brennstoff
(s. Abbildung 3). Das zurückgewonnene saubere
Uran (RepU) besteht größtenteils aus U-238 in Mischung
mit künstlichem U-236, etwas verbleibendem U-235
sowie einigen anderen Uranisotopen und kann als
Ausgangsmaterial für die Herstellung von Brennelementen
(z. B. ERU) verwendet werden, die derzeit
bereits in Kernkraftwerken weltweit im Einsatz sind.
Die Abhängigkeit von auβereuropäischen Uranherstellern
sowie die mit dem Abbau verbundenen
ökologischen Schäden können durch diesen Recyclingprozess
reduziert werden.
Krypton-85 (8g)
Für die Luft- und Raumfahrtindustrie
Caesium-137, Strontium-90
Als Krebsmedikament
̃1,3kg
Abgereichertes Uran
Für neue Brennelemente (Frankreich)
383 kg
Edelmetalle
Zur industriellen Nutzung
0,3kg Rhodium, 2kg Ruthenium u.a.
Abgebranntes Brennelement
666 kg
Se-79, Tc-99, I-129
Gefährliche Spaltprodukte
werden vollständig transmutiert
0,1 kg I-129 und 0,4 kg Tc-99
Hochradioaktive Abfälle (verglast)
strahlen nur noch ca. 800 Jahre
̃13 kg
Aktivierte Metalle
Endlagerung als mittelaktive Abfälle
Hüllrohre und Strukturmaterial, 223 kg
U, Pu, Am, Np, Cm Metallbarren
Gefährliche transuranische Elemente
werden vollständig transmutiert
39 kg
Abbildung 3
Rohstoff- und Restmüllvolumen durch Partitionierung pro Brennelement
Vol. 70 (2025)
42
Research and Innovation
Abbildung 4
Flussdiagramm des abgebrannten Brennstoffs aus oxidischen LWR-Brennelementen durch die Recyclinganlage
Damit unterscheidet sich das elektrochemische Verfahren
entscheidend vom nasschemischen PUREX
Verfahren (Plutonium-Uran-Reduktions-Extraktion),
mit dem der Begriff Wiederaufbereitung negativ
konnotiert ist, da er nicht zur Verarbeitung der
nuklearen Abfälle, sondern zur Gewinnung von Plutonium
und Uran entwickelt wurde. Es handelt sich bei
PUREX zudem um ein relativ ineffizientes und umweltbelastendes
Verfahren. Die minoren Aktinide und die
verbleibenden Transurane des abgebrannten Uranoxidbrennstoffs
werden zusammen mit den Spaltprodukten
als nutzloser Abfall betrachtet und in
Kokillen verglast, wodurch diese Abfälle auf lange Zeit
hochradioaktiv bleiben. Die langlebigen Spaltprodukte,
die aufgrund ihrer verschiedenen, möglichen Oxidationsstufen
eine hohe Mobilität aufweisen, brauchen
für ein geologisches Tiefenlager eine besondere Sicherheitsbetrachtung
und Vorkehrungen, damit ihr Kontakt
mit dem Tiefengrundwasser auf lange Zeit ausgeschlossen
werden kann.
Im START-System werden die abgetrennten Transurane
daher in einem schnellen Neutronenspektrum verwendet,
das durch einen Spallationsprozess in
flüssigem Blei ausgelöst wird. Dieser Prozess ermöglicht
die vollständige Spaltung/Transmutation der
Transurane in mehreren Kernzyklen. Die ursprüngliche
pyrochemische Aufbereitung von ANL wurde von
Transmutex um die Abtrennung der Spaltprodukte
Cäsium, Strontium, Krypton und Rhodium für medizinische
oder industrielle Zwecke erweitert. Die langlebigen
Spaltprodukte Technetium-99, Jod-129 und
Selen-79 werden zusätzlich abgetrennt, um sie im
Neutronenspektrum von START zu stabilen Produkten
zu transmutieren.
Insgesamt enthält der aus diesem Prozess resul tierende
Abfall fast keine wärmeentwickelnden Transurane
(weniger als 1 % des ursprünglichen Gehalts im abgebrannten
Brennstoff). Er enthält nur noch Spuren von
spaltbarem Material und unterschreitet innerhalb von
weniger als 1.000 Jahren das Aktivitätsniveau einer
äquivalenten Menge natürlichen Uranerzes (die genaue
Zerfallszeit hängt vom Abbrand und der Art des verwendeten
Brennstoffs ab). Aufgrund der fehlenden
langlebigen Aktinide und Spaltprodukte Selen, Jod und
Technetium erfordern diese Rückstände keine probabilistische
Sicherheitsanalyse für das Endlager. Der
Gesamtreduktionsfaktor für das Volumen hochradioaktiver
Abfälle liegt in der Regel im Bereich von
5 bis 10 (d. h. mindestens 80 % Volumenreduktion im
Endlager).
Die wichtigsten Schritte in der Recyclinganlage –
die dem Weg des spaltbaren Materials im Falle von
abgebranntem Oxidbrennstoff folgen – sind die
An nahme und Lagerung der Brennelemente, der
sogenannte Head-End-Prozess (die Entfernung der
Strukturelemente und der Hüllrohre und die Voloxidation),
die elektrolytische Reduktion, die Elektroraffination,
die elektrolytische Gewinnung, die Behandlung
des Kathodenprodukts (CP), die Salzbehandlung,
das Abgassystem, die Abfallbehandlung und die Anreicherungsanpassung
(siehe die Darstellung dieser
grundlegenden Schritte in Abbildung 4).
Behandlung bereits verglaster Abfälle
Etwa ein Drittel der hochradioaktiven Abfälle in
Deutschland liegen in verglaster Form vor, d. h.
in Edelstahlbehältern, in welchen die Rückstände
der PUREX-Wiederaufarbeitung (Spaltprodukte und
minore Aktinide) in Frankreich in Borosilikatglas
eingeschmolzen wurden. Diese Kokillen sind lager- und
transportstabil und stehen genauso wie abgebrannte
Brennelemente für die Transmutation zur Verfügung.
Die Möglichkeit, die radioaktiven Nuklide aus dem Glas
zurückzugewinnen, wurde in Savannah River, Georgia,
USA, bereits untersucht. Dort hat man Mitte der 1990er
Jahre die Möglichkeit untersucht, Lösungen, welche die
Nuklide Americium und Curium im Kilogrammmaßstab
enthielten, aus Sicherheitsgründen zu verglasen,
weil die zur Lagerung verwendeten Tanks alt und die
Lagersysteme unzeitgemäß waren. Die erzeugten
Kokillen aus Borosilikatglas sollten als Zwischenlagerund
Transportform genutzt werden, um die Isotope
Americium und Curium für die Produktion von
Californium-252 später sicher nutzen zu können. Dazu
sollten die Kokillen zunächst gelagert und später in
das Oak Ridge National Laboratory in Tennessee,
USA transportiert werden. Zur Rückgewinnung der
ver glasten Nuklide wurde ein mit 38 % beladenes
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
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Borosilikatglas in Partikel zwischen 200 und 500 μm
Korngröße gemahlen und bei 110 °C mit 8 molarer
Salpetersäure ausgelaugt. Bereits nach zwei Stunden
konnten 98 % der im Glas ursprünglich enthaltenen
Radioisotope gelöst werden. Bereits 1996 wurde die
Auslaugungsrate von Curium aus Borosilikatglas mit
8 molarer Salpetersäure bei 110 °C bestimmt. Die Versuche
zeigten, dass nach acht Stunden alle Aktinide
und Lanthanide aus dem Glas gelöst sind und vom
ungelösten Silikat abfiltriert werden können. Es
wurden auch experimentell die zu erwartenden
Auslaugungsraten für Americium/Curium-Mischungen
unter Rühren (0,04 g/hcm2) und statisch (0,0082 g/hcm2)
ermittelt.
Das abfiltrierte Silikat kann für die spätere Verglasung
der Spaltstoffe zum Aufbau der Glasmatrix wiederverwendet
werden, sodass aus dieser Aufarbeitung
keine Abfälle verbleiben. Diese Verwendung kann die
zur Verglasung eingesetzte Glasfritte ersetzen und ist
daher für das Abfallvolumen nicht weiter relevant.
Die eingesetzte Salpetersäure wird durch Destillation
gereinigt und wiederverwendet. Hier müssen nur
geringe Nitratverluste durch die Lösungsvorgänge
ersetzt werden.
Für die Verwendung der in Kokillen verglasten minoren
Aktinide stehen derzeit zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
a) Die in der Auslaugung erhaltenen Lösungen
könnten in pyrometallurgische Wiederaufarbeitungsverfahren
integriert werden. Dazu
würde die nitratsaure Lösung aus der Auslaugung
eingedampft, die festen Rückstände dem Voloxidationsprozess
unterworfen und zusammen mit den
Abfällen aus Brennelementen aufgearbeitet. Diese
Methode gilt als technisch erprobt und wurde im
Abschnitt oben beschrieben.
b) Eine direkte Verwendung des mit Spaltstoffen und
Aktiniden beladenen, feingemahlenen Borosilikatglases
in der Reduktionsstufe des pyrometallurgischen
Aufarbeitungsprozess. Da die Reduktionstemperatur
von 1000 – 1200 °C oberhalb des
Schmelzpunktes des beladenen Borosilikatglases
liegt, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass
auch die verglasten Aktinide und Lanthanide
reduziert werden und somit in den Wiederaufarbeitungsprozess
integriert werden können. Diese
zweite Möglichkeit bedarf allerdings einer experimentellen
Bestätigung, weil die direkte Aufschmelzung
des Glases im Aufarbeitungsprozess
von Transmutex noch nicht nachgewiesen wurde.
Behandlung von Spaltprodukten
Spaltprodukte, insbesondere Jod-129, Selen-79 und
Technetium-99, stellen eine große Herausforderung für
die sichere Endlagerung dar. Transmutex strebt daher
ihre vollständige Transmutation an. Im folgenden
wird beispielhaft auf die Behandlung von Jod-129
eingegangen.
Bei der oxidativen Vorbehandlung und bereits beim
Zersägen der Brennstäbe in kleine (meist ca. 1 cm
lange) Rohrabschnitte gehen ein Teil des Spaltproduktes
I-129 sowie gasförmige Spaltprodukte, z. B.
Kr-85, He-3, He-4 und Tritium, in die Gasatmosphäre
der Sägezelle über. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn
der Brennstoff unter Verwendung von Sauerstoff
weiter oxidativ behandelt wird, sodass Jod-129 aus der
Zellabluft der Säge- und Voroxidationszellen isoliert
werden kann. Die oxidative Behandlung bis ca. 500 °C
bewirkt, dass sich der Brennstoff aus dem Hüllrohr löst
und die geschnittenen Hüllrohrteile leicht vom Brennstoffmaterial
getrennt werden können. In der Regel
kann der Prozess durch Rütteln der Hüllrohrteile
in einem Metallkorb abgeschlossen werden. Dabei
werden das elementare Jod oder Jodid ausgetrieben.
Die im Brennstoff vorhandenen Jodide werden in
dieser Phase zu elementarem Jod oxidiert und in dieser
Form ebenfalls in die Zellenabluft ausgestoßen. Jod, das
bereits in oxidierter Form (d. h. als Jodat) vorliegt, wird
nicht ausgetrieben und verbleibt vorerst im Brennstoffgemisch.
Da alle abgebrannten Brennelemente zum
Zeitpunkt ihrer Aufbereitung bereits seit mehr als fünf
Jahren aus dem Reaktor entfernt sind, ist das einzige
radioaktive Jodisotop I-129. Stabiles Jod-127 entsteht
bei der thermischen Spaltung von U-235 etwa zu 25 %
im Vergleich zu Jod-129. Alle anderen radioaktiven
Spaltprodukte des Jods sind aufgrund ihrer kurzen
Halbwertszeiten bereits nach fünf Jahren abgeklungen.
Es kann daher davon ausgegangen werden, dass bis
etwa 500 °C das einzige verbleibende radioaktive
Jod-Isotop Jod-129, zusammen mit stabilem Jod-127,
während der Voloxidationsphase weitgehend ausgetrieben
werden kann. Bei Temperaturen unter 500 °C
sind die Spaltedelgase und Tritium (und CO₂, SeO₂) die
einzigen Bestandteile des Brennstoffs, die gleichzeitig
mit Jod flüchtig sind.
Die Abtrennung von Jod aus dem Abgas ist in KWU-
Druckwasseranlagen bereits technisch gelöst. (Abbildung
5)
Im Ringflüssigkeitsbehälter 9 wird die Zellenabluft
abwechselnd mit 5 °C kalter Blei-(II)-Acetatlösung
gewaschen. Radioaktives Jod-129 (und stabiles Jod-127)
bilden mit Blei unlösliches Blei-(II)-Jodid, eine gelbe,
kristalline Verbindung, die filtriert, getrocknet und zu
Salztabletten gepresst werden kann. Unter diesen
Bedingungen wird auch Selen aus dem Gas abgetrennt.
In Form von gepressten Salzpellets kann Bleijodid auch
für die Transmutation verwendet werden. Die Form
und Größe der Pellets kann an die Bedürfnisse des
Bestrahlungssystems angepasst werden.
Da ein Teil des Jod-129 auch als Jodat im Brennstoff
vorhanden sein kann, ist davon auszugehen, dass
dieser Anteil bei der Voloxidation zunächst im Brennstoffgemisch
verbleibt und nicht in die Gasphase
der Prozesszelle übergeht. Mit einem Wechsel der
Oxidationsstufe von Jodat zu Jodid, z. B. während der
Reduktionsphase, wird die Oxidationsstufe Null des
Vol. 70 (2025)
44
Research and Innovation
Abbildung 5
Abgassystem eines KWU-Druckwasserreaktors 4
elementaren Jods überschritten. In dieser Phase ist
ein Transfer von Jod-129 in die Zellluft zu erwarten.
Diesem Umstand wird Rechnung getragen und die
Zellenabluft wird auch während der Reduktionsphase
von Jod gereinigt. 4
Die Frage nach der Auswahl eines geeigneten Targetmaterials
für die Transmutation von Jod-129 war bereits
Gegenstand verschiedener Untersuchungen. Aufgrund
seines niedrigen Schmelzpunktes von 113,5 °C
(extrem flüchtig) und seiner korrosiven Eigenschaft im
Vergleich zu technischen Behältermaterialien erscheint
elementares Jod für diesen Zweck als ungeeignet.
Für den Einsatz in beschleunigergetriebenen Systemen
mit flüssigem Blei als Kühlmittel wird die Verwendung
von Blei(II)-Jodidpulver als Transmutationsmaterial
in Betracht gezogen. Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten:
⁃ In beschleunigergetriebenen Bleireaktoren ist es
möglich, ein thermisches Neutronenfeld vom Reaktor
abzukoppeln, um medizinische Nuklide zu
erzeugen. Dieser Bereich befindet sich in einem
Bleiblock, der die äußere Gefäßoberfläche berührt
und mit Wasser auf Umgebungstemperatur gekühlt
werden kann. Dies ist der ideale Ort für die Transmutation
von Jod-129. In diesem Bereich könnten
auch Instrumente zur Überwachung der bei der
Transmutation entstehenden Xenon-Isotope eingesetzt
werden. Diese Methode hat den Vorteil, dass
das Target in festem Zustand nicht oder kaum mit
dem üblichen Hüllrohrmaterial reagiert und die
Menge des zu erzeugenden Xenongases bei der
Druckauslegung des Stabes leicht berechnet werden
kann. Die Menge an Blei(II)-Jodid wird so festgelegt,
dass die Druckfestigkeit des Stabes auch bei 100 %
Transmutation erhalten bleibt. Durch die Verwendung
von Pulver ist eine vollständige Freisetzung
des Xenons in den Plenumbereich des
Stabes zu erwarten.
⁃ Die Bestrahlung eines Stabes im Reaktorbehälter
erscheint unrealistisch. Die kältesten Bereiche in
beschleunigergetriebenen Bleireaktoren haben eine
Temperatur von 420 °C, was den Schmelzpunkt von
Blei(II)-Jodid von 402 °C übersteigt. Flüssige Jodide
sind sehr korrosiv und die Qualifizierung eines
austenitischen Hüllrohrs für den Einsatz im Reaktor
scheint sehr komplex zu sein. Eine Lösung bietet
eine Auskleidung/Einlage aus Silizium- oder
Aluminium oxid, die das Blei(II)-Jodid absorbieren
kann und so die Korrosion des Hüllrohrs verhindert.
Das bei der Transmutation erzeugte Xenon
lässt sich leicht aus dem geschmolzenen Salz
freisetzen.
Aufgrund der relativ hohen thermischen Stabilität
von Blei(II)-Jodid wird Transmutex dieses Salz für die
Transmutation im externen Bleifenster des Reaktors
verwenden. Dort kann das Target vorübergehend in
einem System bestrahlt werden, das Instrumente zur
Messung der Menge und Isotopenzusammensetzung
des erzeugten Xenongases enthält. Die Transmutationsreaktion
läuft nach den unten dargestellten Reaktionen
ab:
4 W. Oldenkop, Druckwasserreaktoren für Kernkraftwerke, Seite 197, München: Verlag Karl Thiemig, 1979.
Ausgabe 2 › März
Research and Innovation
45
Es muss davon ausgegangen werden, dass auch I-128,
I-131 und I-132 erzeugt werden. Diese Isotope haben
relativ kurze Halbwertszeiten (I-128: 25 min, I-131: 8 d
31 min und I-132: 2 h 18 min) und zerfallen in stabile
Isotope (Xe-128, Te-128, Xe-131 und Xe-132). Aus diesem
Grund ist es wichtig, dass durch die Transmutation von
I-129 erzeugte Gas mithilfe der Massenspektrometrie
zu messen. Das Verhältnis der Isotope Xe-128, Xe-130,
Xe-131 und Xe-132 gibt Aufschluss über den Stand der
Transmutationsreaktion von I-129.
Sicherheitsanalyse
Die Pläne von Transmutex wurden von TÜV NORD
auf ihre grundsätzliche Machbarkeit, das Design und
die Sicherheitsaspekte untersucht, insbesondere im
Hinblick auf die Einhaltung der deutschen Sicherheitsanforderungen
und -prinzipien. Sie stellen ein Sicherheitskonzept
vor, das große Übereinstimmungen mit
den deutschen Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke
aufweist. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen,
dass die verwendeten internationalen Regelwerke
vergleichbare sicherheitstechnische Ansätze
wie das deutsche Regelwerk verfolgen. Trans mutex
beschreibt ein gestaffeltes Sicherheitskonzept, das verschiedene
Sicherheitsebenen, eine Ableitung von
Sicher heitsfunktionen zur Erreichung von Sicherheitsund
Schutzzielen sowie ein Redundanzkonzept umfasst.
Es sollen ferner passive Sicherheitssysteme
bevorzugt werden. Zum Nachweis sind führend
deterministische und ergänzend auch probabilistische
Sicherheitsbewertungen vorgesehen.
Damit ergibt sich, dass das Sicherheitskonzept der
START Anlage grundsätzlich mit den deutschen
Sicherheits anforderungen in Übereinstimmung gebracht
werden kann. Wie die exemplarischen Betrachtungen
der Kühlsysteme, der Reaktorkernauslegung
und der Ereignisanalysen zeigen, gibt es keine
Aspekte, die eine Durchführung des Projektes unmöglich
erscheinen lassen. Es bedarf aber noch einigen
Arbeitsaufwands zur vollständigen Erfüllung der regulatorischen
An forderungen.
rentabel und für Europa von strategischer Bedeutung.
Der Bau einer Demonstrationsanlage durch hiesige
Zulieferer hätte eine positive Signalwirkung angesichts
der sich weltweit abzeichnenden Märkte für diese
sichere und effiziente Form von P&T. Die Schaffung
der rechtlichen Rahmenbedingungen für ein solches
Vorhaben sollte daher ein wichtiges Anliegen der Politik
sein.
Autoren
Dr. Guido Houben
Transmutex Deutschland GmbH
guido.h@transmutex.com
Dr. Guido Houben studierte Musik, Russisch und
Politikwissenschaft in Mannheim sowie Public
Administration an der Harvard Kennedy School. Seine
akademische Laufbahn führte ihn zu Forschungs- und
Studienaufenthalten nach Nowosibirsk, Hartford
(Connecticut) und Straßburg. An der Freien Universität
Berlin promovierte er zum Dr. phil.
Beruflich sammelte Dr. Houben vielseitige Erfahrungen,
unter anderem als wissenschaftlicher
Referent zweier Bundestagsabgeordneter (SPD) in
Bonn und Berlin. Anschließend übernahm er leitende
Positionen als Geschäftsführer verschiedener Festivals
und Orchester in Frankreich, den USA und der
Schweiz. Seit 2019 ist er Verwaltungsdirektor der
Transmutex AG in Genf und wurde im Januar 2025
zum Geschäftsführer der Transmutex Deutschland
GmbH berufen.
Dr. Franz Strohmer
Transmutex AG
Leiter Brennstoff & Recycling
Franz@transmutex.com
Dr. Franz Strohmer ist ein ausgewiesener Experte im
Bereich Brennstoff und Recycling und leitet diesen
Bereich bei der Transmutex AG. Er promovierte
in Chemie an der Universität Erlangen-Nürnberg
und blickt auf eine langjährige internationale
Karriere in der Nuklearindustrie zurück. Bei KWU-
Siemens- Areva war er in verschiedenen leitenden
Positionen tätig, zuletzt als Leiter der F&E-Abteilung
Installed Base. Anschließend übernahm er die Leitung
der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe, bevor er
als Projektmanager für Rückbau und Vorsorge bei
Swissnuclear tätig war.
Fazit
Die SPRIND-Studie kommt zum Ergebnis, dass die
Durchführung des geschilderten Programms aus
elektrochemischer Partitionierung und subkritischer
Transmutation zahlreiche Nachteile und Risiken der
aktuellen Endlagerpläne vermeiden und erhebliche
Lasten zuungunsten zukünftiger Generationen beseitigen
würde. Gleichzeitig wären Anlagen an den
Zwischenlagern, d. h. in der Regel an den Standorten
ehe maliger Kernkraftwerke für die Betreiber hoch
Vol. 70 (2025)
46
At a Glance
Anreicherungstechnologie aus Deutschland –
Eine Schlüsseltechnologie mit Zukunft
Nach Jahren der Stagnation erlebt die Nuklearbranche eine bemerkenswerte
Wiederbelebung. Reaktoren werden reaktiviert und neue Projekte zum Ausbau der
Kernenergie stehen in den Startlöchern. Auch die Urananreicherung wird in vielen
Ländern nun wieder hochgefahren und ausgebaut. Bei der Enrichment Technology Company
(ETC) hat die Zukunft bereits begonnen: Ihre energieeffiziente Anreicherungstechnologie,
die ihren Ursprung im deutschen Jülich hat, ist gefragter denn je. Die vollen Auftragsbücher
eröffnen neue Perspektiven für das Unternehmen – und bringen zugleich komplexe
Anforderungen mit sich.
Die Enrichment Technology Company (ETC) ist ein
50/50-Joint-Venture zwischen Urenco und Orano, die
auch die einzigen Kunden der ETC sind. Während
Urenco und Orano das Geschäft mit der Urananreicherung
betreiben, entwickelt, fertigt und liefert ETC die
dafür notwendige Technologie: Gasultrazentrifugen.
Diese Maschinen nutzen die Massendifferenz der
Moleküle im Prozessgas Uranhexafluorid (UF 6 ) um die
schwereren Moleküle des Isotops Uran-238 von den
leichteren Uran-235-Molekülen über Fliehkräfte zu
trennen.
ETC hat Standorte in fünf Ländern: Deutschland, den
Niederlanden, Großbritannien, Frankreich und den
USA. An allen Standorten expandiert das Unternehmen
derzeit enorm, um die stark gestiegene Nachfrage
seiner Kunden erfüllen zu können.
Die rechtliche Grundlage für das Firmenkonstrukt
bildet eine Reihe von Staatsverträgen, die es ETC und
ihren Kunden ermöglichen, das Geschäft mit der
geheimgeschützten Technologie unter der Aufsicht
der beteiligten Regierungen und unter Kontrolle
nationaler Behörden, sowie der IAEA und Euratom in
den ge nannten Ländern durchzuführen. Der letzte
aus der Reihe von Staatsverträgen zwischen den
fünf Regie rungen, der Vertrag von Paris aus dem Jahr
2011, ermöglicht es der französischen Orano, auf
amerikanischem Boden eine Urananreicherungslage
mit ETC-Technologie zu bauen. Nach dem Fukushima-
Ereignis verlor diese Option zunächst ihre Relevanz
und das Projekt lag jahrelang auf Eis. Jüngste Entwicklungen
verschaffen dieser Option jedoch eine
neue Aktualität.
Marktwende durch Klimaziele und geopolitische
Entwicklungen
Die Auftragslage bei ETC wirkt wie ein Frühindikator
für die Nuklearbranche in der „freien Welt“, d. h. in den
marktwirtschaftlichen Demokratien der OECD-Staaten.
Solange die nukleare Stromerzeugung stagniert und
keine Kraftwerke gebaut werden, muss auch keine
neue Kapazität zur Urananreicherung geschaffen
werden. Aufgrund der Langlebigkeit der verwendeten
Maschinen (Gasultrazentrifugen) reicht dann die
vorhandene Kapazität zur Urananreicherung weitgehend
aus, denn das Ersatzgeschäft mit ausgefallenen
Maschinen ist klein. Erwartet die Branche allerdings
neue Reaktor-Projekte, so müssen auch die Anreicherungskapazitäten
entsprechend aufgebaut werden und
ETC erhält Aufträge. Aber auch Sondereffekte, z. B. Verschiebungen
auf dem Anreicherungsmarkt, können die
Nachfrage bei ETC wachsen lassen. Aktuell werden
Ausgabe 2 › März
At a Glance
47
etwa 40 % des Weltmarkts für Urananreicherung durch
Urenco und Orano mit Hilfe von ETC-Technologie
bedient 1 .
Mittlerweile erkennen viele Staaten, dass es zur
Dekarbonisierung der Stromproduktion unerlässlich
ist, auch auf Kernenergie zu setzen, denn Kernenergie
ist die einzige skalierbare grundlastfähige Technologie
zur CO₂-armen Stromerzeugung. Auf der Klimakonferenz
COP28 in Dubai bekannten sich 2023 zweiundzwanzig
Staaten zu dem Ziel, die Kernenergie erzeugung
bis 2050 global zu verdreifachen. Es ist daher keine
Überraschung, dass auch viele europäische Länder auf
Laufzeitverlängerung, neue Reaktor-Projekte oder gar
den Neueinstieg in die Kernenergie setzen.
Neue Technologien erhöhen die Nachfrage nach
CO 2 -armer Energie
Der im April 2023 mit der Veröffentlichung von
ChatGPT einsetzende KI-Boom verschärft noch den
Bedarf an CO₂-armer Stromversorgung für energiehungrige
Datenzentren. Tech-Giganten wie Microsoft,
Google, Meta und Oracle treiben in den USA die Suche
nach nuklearen Energiequellen seitdem immens voran.
Wenn sich dieser Trend so fortsetzt, ist absehbar, dass
Deutschland schon aus Energieversorgungsgründen
auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz technologisch
zurückfällt. Es ist schwer vorstellbar, dass ein
500 MW konsumierendes Datenzentrum mit Wind
oder Sonne versorgt werden kann.
Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: Seit dem
Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist der strategische
Wert der Energieunabhängigkeit in den westlichen
Ländern zu Tage getreten. Während die Abhängigkeit
von russischem Gas durch alternative
Lieferanten schnell reduziert wurde, lieferte Russland
2023 immer noch etwa 30 % des Kernbrennstoffs für
europäische und US-amerikanische Kraftwerke. Die
USA beschränkten ab 2024 den Import von russischem
Kernbrennstoff und fördern mit Milliardensubventionen
gleichzeitig den Ausbau heimischer Brennstoffversorgung,
inklusive der Urananreicherung.
Niederlanden um jeweils 15 % zu erhöhen 3 . Summiert
man allein diesen angekündigten Zubau, so resultiert
daraus bereits ein Bedarf an benötigter Kapazität in
der Größenordnung einer kompletten Urananreicherungsanlage,
wie sie beispielsweise im westfälischen
Gronau steht und von Urenco Deutschland betrieben
wird. Hierbei ist noch nicht berücksichtigt, dass ETC
weitere Anreicherungstechnologie liefern muss, wenn
Orano sich dazu entscheidet, ihre gerade neu in die
Planung genommene Urananreicherungsanlage in den
USA am Standort Oak Ridge, Tennessee, zu bauen.
ETC steht nun in der Pflicht, all diese neue Kapazität
über die nächsten Jahre verteilt zu fertigen und auszuliefern.
Der Plan ist, dass sich die Zahl der ausgelieferten
Zentrifugen im Jahr 2026 gegenüber dem Jahr
2021 mehr als verzehnfachen wird. Hierzu werden an
allen ETC-Standorten neue Stellen und Strukturen
geschaffen. Allein in Jülich wurden im Laufe des Jahres
2024 über hundert neue Stellen geschaffen, womit der
Standort derzeit ca. 600 Mitarbeitende hat. ETC-weit
werden in den nächsten Jahren über tausend neue
Stellen geschaffen. Auf dem Gelände in Jülich wurden
bereits zwei neue Gebäude errichtet und die Investitionen
in Maschinen und Ausrüstung liegen im zweistelligen
Millionenbereich.
Dabei fällt dem Standort Jülich in Deutschland innerhalb
der ETC-Gruppe eine besondere Bedeutung zu.
Hier werden Module für gasführende Systeme, die
sogenannte Kaskadenverrohrung, vorgefertigt, die an
den Anreicherungsstandorten zusammengeschweißt
werden. Jülich ist neben dem Fertigungsschwerpunkt
in Almelo in den Niederlanden auch der zweite große
Fertigungsstandort für Zentrifugenkomponenten. Die
Zentrifugenkomponenten werden als Baugruppen
verschifft und in Endmontagelinien der ETC an den
Anreicherungsstandorten der Kunden zu einsatzfähigen
Zentrifugen zusammengesetzt, und von ETC-
Monteuren in den Kaskaden für die Kunden aufgestellt,
die anschließend zusammen mit den Kunden in Betrieb
genommen werden. Weiterhin ist der Standort Jülich
der Sitz von Forschung und Entwicklung innerhalb der
ETC-Gruppe, dem Herz der Technologieinnovation.
Kapazitätsausbau bei ETC
Beide Kunden der ETC, Urenco und Orano, haben
bekanntgegeben, dass sie an ihren Standorten ihre
Kapazität zur Uran-Anreicherung ausbauen wollen,
zum Teil massiv. So hat beispielsweise Orano angekündigt,
die Kapazität in Frankreich in den nächsten
Jahren um 30 % zu erhöhen 2 , während Urenco u. a.
ankündigte, ihre Kapazität in den USA und den
Technologische Konkurrenz und Marktchancen
Der gerade stattfindende Boom der Nachfrage nach
Anreicherungskapazität wird durch einen aktuellen
hohen SWU-Preis abgebildet. Die internationale
Bezeichnung SWU steht für Separative Work Unit
( Kilogramm Urantrennarbeit), ein Maß für die Wertschöpfung
bei der Urananreicherungsdienstleistung,
abhängig von den gewählten U-235-Konzentrationen
1 https://world-nuclear.org/information-library/nuclear-fuel-cycle/conversion-enrichment-and-fabrication/uranium-enrichment
2 https://www.orano.group/usa/en/our-news/news-releases/2023/orano-announces-30-increase-in-uranium-enrichment-capacity-by-2028
3 https://www.urenco.com/news/global/2023/urenco-announces-major-expansion-in-the-netherlands-to-strengthen-energy-security
Vol. 70 (2025)
48
At a Glance
im an- und abgereicherten Materialstrom. Der Preis auf
dem Spot-Markt für das SWU liegt derzeit auf einem
Rekordniveau von über 180 US-Dollar 4 . Vor fünf Jahren
lag er noch bei nur 40 US-Dollar. Die Überkapazität
am Anreicherungsmarkt durch Abschaltung aller
54 japanischen Kernreaktoren nach dem Fukushima-
Ereignis 2011 führte lange Jahre zu einem Verfall des
SWU-Preises, der Investitionen in neue Anreicherungskapazität
unattraktiv werden ließ. Die Trendumkehr
erfolgte erst 2019.
Lange Zeit spielte auf dem Markt für Urananreicherung
das Gasdiffusionsverfahren eine gewichtige Rolle.
Dessen hoher Strombedarf in der Größenordnung 2500
kWh/SWU war gegenüber dem Zentrifugenverfahren
mit einem etwa 50-fach geringeren Strombedarf aber
nicht mehr konkurrenzfähig. Infolgedessen wurden
Gasdiffusionsanlagen in Portsmouth (USA, 2001) und
Paducah (USA, 2013) und in Pierrelatte (Frankreich,
2012) geschlossen. Parallel wurden durch Urenco und
Orano die Anreicherungskapazitäten mit Zentrifugen
ausgebaut. Seitdem dominiert das Zentrifugenverfahren
den Anreicherungsmarkt. Diese Markttransformation,
das Ersetzen der drei großen Gasdiffusionsanlagen
durch Anreicherung mit dem Zentrifugenverfahren,
hat der Welt einen Energieeinsatz von
etwa 60 TWh pro Jahr erspart. Die damit verbundene
Reduktion des CO₂-Fußabdrucks der Urananreicherung
führte infolgedessen auch dazu, dass der ohnehin
schon niedrige CO₂-Fußabdruck der Kernenergie noch
weiter abgesenkt werden konnte.
Nun führt der aktuell hohe SWU-Preis, gepaart mit
der Perspektive zukünftig wachsenden Energiebedarfs
und dem Drang nach strategischer Energieunabhängigkeit
dazu, dass auch westliche Wettbewerber für
Anreicherungsmethoden nach Wegen für einen Markteintritt
suchen.
So ist es der US-amerikanischen Firma Centrus gelungen,
mit der weltweit größten, aber keineswegs
wirtschaftlichsten Zentrifuge nach jahrzehntelanger
Entwicklungsarbeit Ende 2023 erstmals angereichertes
Material kommerziell anzubieten: 20 kg Uran! Auch
wenn diese Menge zunächst winzig erscheint, ist
damit der Markteintritt dieser Technologie formal
gelungen. Fairerweise muss man konzedieren, dass es
sich bei diesem Material um etwas höher angereichertes
Material handelt, sogenanntes High-Assay Low Enriched
Uranium (HALEU) mit einem Anreicherungsgrad bis
20 % U-235. Dieser Brennstoff wird für viele der neuen,
in Entwicklung befindlichen, kleinen modularen
Reaktoren (Small Modular Reactors, SMRs) dringend
gebraucht und von Urenco und Orano heute noch nicht
produziert, wobei Urenco 2024 den Bau einer HALEU-
Anlage im Vereinigten Königreich angekündigt hat.
Ein anderer Player, der sich in den USA auf einen Markteintritt
vorbereitet, ist die Firma Global Laser Enrichment
(GLE) mit dem sogenannten SILEX Verfahren,
einem auf UF6-basierenden molekularen Laserverfahren.
An diesem komplexen Verfahren wird schon seit
über 30 Jahren gearbeitet und die Entwickler erheben
den Anspruch, Trennarbeit (SWU) noch energie effi zienter
leisten zu können, als dies mit dem Zentrifugenverfahren
möglich sei. Das muss sich allerdings noch beweisen,
denn der ursprünglich für Ende Oktober 2024
angekündigte Meilenstein zum Nachweis der Entwicklungsstufe
(Technology Readiness Level) auf dem Niveau
einer Prozessdemonstration hat sich verschoben. Und
ob das SWU mit diesem Verfahren auch kostengünstiger
produziert werden kann, hängt auch vom Wartungsaufwand
ab. Dass die bei SILEX verwendeten gepulsten
Hochleistungslaser genauso zuverlässig wie Zentrifugen
über Jahrzehnte im wartungsfreien Dauerbetrieb laufen
können, darf auf jeden Fall bezweifelt werden.
Es sind noch etliche weitere Entwickler am Start, die
mit ihren Versprechungen auf der Suche nach
Investoren sind. Das Zentrifugenverfahren, das ETC
verwendet, ist aber derzeit das einzige, das zuverlässig,
robust und dabei energieeffizient ist und mit dem relativ
schnell auf die veränderten Marktanforderungen
reagiert werden kann.
Eine Branche mit Zukunft
Die aktuelle Marktdynamik zeigt: Die Nuklearbranche
befindet sich im Aufwind. Mit steigender Nachfrage,
geopolitischen Spannungen und dem Fokus auf Klimaschutz
wird die Urananreicherung eine Schlüsselrolle
für die Energieversorgung der Zukunft spielen.
Westliche Staaten vertrauen darauf, dass es Urenco und
Orano gelingen wird, sie aus der Abhängigkeit von russischen
Nuklearbrennstoff zu befreien. Damit fällt ETC
ebenfalls eine enorme Verantwortung zu, die benötigten
Kapazitäten plangemäß zu liefern. Nicht zuletzt ist dies
auch ein Beitrag der deutschen Nuklearindustrie.
International gesehen ist die Nuklearbranche wieder
auf Expansionskurs, und wir sind uns sicher: Der
frische Wind, der durch unsere Branche weht, wird so
schnell nicht abflauen.
ETC Deutschland
info@enritec.com
www.enritec.com
/company/etcglobal/
@enrichmenttechnologycompany
4 Laut UxWeekly Vol.39 Nr.04 liegt der SWU Spot Preis bei 185$ mit Stand 27.Januar 2025
Ausgabe 2 › März
At a Glance
49
doch etwas ausbremst. Intern haben wir auf jeden Fall
die Herausforderung, dass die vielen neuen Kolleginnen
und Kollegen eingelernt werden müssen. Bei uns gelten
besonders hohe Anforderungen, was die Informationssicherheit
und die Arbeitssicherheit betrifft. Diese beiden
Aspekte sind wichtige Pfeiler unserer Unternehmenskultur
und alle ETCler müssen sich an die strengen Vorgaben
halten.
Interview mit Maurice Emunds
Stellvertretender Standortleiter und Chief Sustainability Officer
bei ETC Deutschland
Herr Emunds, es sind spannende Zeiten für ETC. Wie
geht es dem Unternehmen in dieser wichtigen Phase
am deutschen Standort Jülich?
Maurice Emunds: Unserem Unternehmen geht es in Jülich
sehr gut. Wir werden von der Stadt, der lokalen Bevölkerung
und der lokalen Politik unterstützt und wie jedes andere
Unternehmen wahrgenommen, das wächst und zahlreiche
attraktive Arbeitsplätze zu vergeben hat. Wir gelten als sehr
guter Arbeitgeber und das freut uns natürlich. Ende 2024
haben wir eine interne Umfrage durchgeführt, um auch von
unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erfahren,
wie zufrieden Sie mit ETC als Arbeitgeber sind und wie sehr
sie sich mit unserem Unternehmen identifizieren können.
Die Ergebnisse dieser Umfrage haben uns wirklich stolz
gemacht. Sie sind sehr positiv und zeigen, dass wir schon
viel richtigmachen. Das ist für uns jetzt ein Ansporn, dieses
hohe Level zu halten und als Arbeit geber noch besser zu
werden.
Können Sie uns beschreiben, wie sich der Standort derzeit
entwickelt?
Maurice Emunds: In den letzten drei Jahren hat sich die Zahl
unserer Beschäftigten in Jülich verdreifacht – von 200 auf
600. Das bedeutet natürlich auch, dass wir neue Gebäude
bauen mussten, die Flächen in den vor handenen Gebäuden
bestmöglich nutzen und die gesamte Infrastruktur des
Standorts ausbauen müssen. Im letzten Jahr haben wir
zum Beispiel ein großes neues Bürogebäude in Betrieb
genommen, ebenso wie eine neue Kantine. Auch unsere
Produktions flächen konnten wir erweitern, um die stark
gestiegenen Produktionszahlen erfüllen zu können.
Welche Herausforderungen sehen Sie für Ihr Wachstum
in Deutschland? Finden Sie die richtigen Mitar beiterinnen
und Mitarbeiter in ausreichender Zahl?
Maurice Emunds: Der Arbeitsmarkt ist auf jeden Fall eine
Herausforderung. Weniger, weil wir als Unternehmen aus
dem Bereich Kernenergie Imageprobleme haben könnten,
sondern weil es unter den Unternehmen einen großen
Wettbewerb um die qualifizierten Arbeitskräfte gibt. Aber
unsere Personalabteilung hat einige sehr gute und kreative
Ideen zur Personalgewinnung entwickelt und so ist uns
das Wachstum bislang gut gelungen und wir liegen hier voll
im Plan. Natürlich kämpfen wir immer auch mit der Bürokratie,
die uns bei unserem rasanten Wachstum teilweise
ETC wächst an allen Standorten und entwickelt sich
derzeit sehr rasant. Welche großen Veränderungen
werden vorgenommen, um der stark gestiegenen
Kunden nachfrage gerecht zu werden?
Maurice Emunds: Wir managen unser Wachstum standortübergreifend
mit dem Programm onefuture. Innerhalb
dieses Programms haben wir verschiedene Projekte
definiert, die sicherstellen, dass alle Aspekte für nachhaltiges
Wachstum berücksichtigt werden. Insbesondere
wurden Investitionssummen, Produktionszahlen und Mitarbeiterzahlen
festgelegt, die für uns nun als Parameter
dienen, um die Fortschritte messen zu können. Ich kann
sagen, dass unser Wachstum und der Ausbau unserer
Produktionskapazitäten sehr gut läuft und den Planungen
entspricht. Insgesamt hatte ETC ein sehr erfolgreiches Jahr
2024, in dem wir unsere Ziele teilweise sogar deutlich
übertroffen haben.
Nachhaltigkeit spielt auch bei ETC eine wichtige Rolle.
Welche Strategie und Maßnahmen verfolgen Sie diesbezüglich?
Maurice Emunds: Ja, Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig und
uns steht für diesen Bereich eine Investitionssumme im
zweistelligen Millionenbereich für die nächsten Jahre
zur Verfügung. Wir planen nun Maßnahmen an allen Standorten,
um Energie und CO 2 einzusparen, z. B. durch Photovoltaikanlagen
auf den Dächern und Umbauten in den
Lüftungs- und Klimaanlagen. Um die E-Mobilität unserer
Mitarbeitenden zu fördern, stellen wir auf unseren Parkplätzen
Ladesäulen auf. Nachhaltigkeit bezieht sich bei uns
aber auch auf das soziale Miteinander und deswegen haben
wir zum Beispiel auch sogenannte New Work Areas geplant,
in denen die Mitarbeitenden zum Austausch und flexiblen
Arbeiten zusammenkommen können. ETC hat vor kurzem
zum zweiten Mal seinen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht
erstellt, in dem wir unseren CO 2 -Fußabdruck aufschlüsseln.
Unser Ziel ist es, die von ETC erzeugten direkten Emissionen
und die indirekten Emissionen aus eingekauftem Strom bis
2035 auf Netto-Null zu reduzieren.
Wie geht es in diesem Jahr bei ETC weiter? Stehen wichtige
Meilensteine an?
Maurice Emunds: Im Wesentlichen geht es dieses Jahr
so weiter wie im letzten Jahr – wir wachsen weiter und
arbeiten intensiv daran, die neuen Kolleginnen und Kollegen
voll zu integrieren. Dafür haben wir auch diverse Trainingsplattformen
wie unsere TechAcademy oder ein Schulungsprogramm
für Führungskräfte etabliert. Es wird noch
diverse Umzüge innerhalb des Standortes geben und durch
zunehmende Schichtarbeit werden wir die Produktionszahlen
noch weiter steigern. Wir halten also den eingeschlagenen
Kurs in Richtung Erfolg.
Vol. 70 (2025)
50
At a Glance
60 Jahre Zentrifugen -
technologie aus Jülich
Wie Visionen
Wirklichkeit wurden
Das neue Zentralgebäude in Jülich, 1988
Im Jahr 2024 feierte die Enrichment Technology Company (ETC) in Jülich
ein bemerkenswertes Jubiläum: Vor sechs Jahrzehnten wurden hier
die Grundlagen für eine bahn brechende Anreicherungstechnologie
geschaffen. Begleiten Sie uns auf eine Zeitreise durch die Geschichte
dieses innovativen Unternehmens.
GKT – Vom Prototyp zur Marktreife
1964, eine Ära, in der weder das Internet noch Mobiltelefone oder
Computer den Alltag prägten und der Mensch den Mond noch nicht
betreten hatte, begann ein visionäres Projekt in Jülich. In der staatlich
ge führten Gesellschaft für Kernverfahrenstechnik (GKT) wurde der
Grundstein für die Urananreicherungs technologie gelegt – ein Vorhaben,
dessen Erfolg alles andere als gesichert war.
Historische 14er-Versuchskaskade
Die frühen Jahre der GKT waren geprägt von Unsicherheit und
ambitionierten Zielen. Würde es gelingen, die hochkomplexe Technologie
zur Markt reife zu bringen, oder würde sie ein theoretisches
Konzept bleiben? Die Ingenieure und Fachkräfte in Jülich stellten sich
dieser Herausforderung mit unermüdlichem Engagement. Fünf Jahre
später war es soweit: Die Technologie war bereit für den Markt. 1969
wurde die GKT privatisiert und unter dem Namen Uranit neu aufgestellt
– im selben Jahr, in dem der erste Mensch den Mond betrat.
Während Neil Armstrong seine legendären Worte sprach, machte
Uranit die ersten Schritte auf dem internationalen Parkett. Die erste
Anlage mit dieser wegweisenden deutschen Technologie wurde in
Almelo, Niederlande, errichtet. Erst 1985 folgte die Inbetriebnahme
einer Anreicherungsanlage auf deutschem Boden in Gronau.
Uranit – Fortschritt durch internationale Zusammenarbeit
Der Vertrag von Almelo aus dem Jahr 1970 schuf die Basis für eine
enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Großbritannien und
den Niederlanden. Ziel war es, die Zentrifugentechnologie zur
Uran anreicherung für friedliche Zwecke gemeinsam weiterzuentwickeln.
Der Vertrag von Almelo wird unterzeichnet
1979 wurde der Ansiedlungsvertrag in Gronau unterschrieben, anschließend
begann das atomrechtliche Genehmigungsverfahren für
die Anlage, während in Jülich die Forschungs- und Entwicklungsabteilung
mit der Inbetriebnahme eines neuen zentralen Gebäudes
weiter gestärkt wurde.
Ausgabe 2 › März
At a Glance
51
Standort Jülich um 1990 Standort Jülich um 2000 Standort Jülich heute
Urenco – Ein Zentrifugendesign erobert Europa
1993 markierte eine bedeutende Zäsur: Uranit fusionierte mit der
britischen BNFL und der niederländischen Ultra-Centrifuge Nederland
zur Urenco-Gruppe. Dieser Zusammenschluss machte Urenco zu
einem globalen Akteur. Das in Jülich ent wickelte Zentrifugendesign
wurde fortan an allen Standorten der Gruppe eingesetzt und ebnete
den Weg für künftige Innovationen.
Enrichment Technology – Von Jülich in die Welt
2003 folgte die Ausgliederung der Enrichment Technology Company
(ETC) aus Urenco. Drei Jahre später beteiligte sich das französische
Unternehmen Areva (später Orano) mit 50 % an ETC. Damit begann
eine neue Ära: ETC lieferte Technologien für Großprojekte in den USA,
Frankreich sowie an den Standorten Almelo, Gronau und Capenhurst.
Vertrag von Cardiff 2005
Nach dem Vorfall in Fukushima 2011 ging die weltweite Nachfrage
nach Urananreicherungskapazitäten zurück. Doch das Unternehmen
bewies Innovationskraft: Neue Technologien wie Wasserstoffdrucktanks,
Energiespeicher und Komponenten für die Raumfahrt – etwa
für die Ariane-6 – wurden erfolgreich entwickelt.
Mit dem Jahr 2022 erhielt die Geschichte eine neue Dynamik. Der
russische Einmarsch in die Ukraine unterstrich die Bedeutung von
Energieunabhängigkeit und die Rolle der Urananreicherung in der
Welt. ETC konnte daraufhin bedeutende Aufträge für den Ausbau der
Kapazitäten in Europa und den USA gewinnen.
ETC beliefert Projekte in den USA
Blick in die Zukunft
ETC ist wieder voll auf Expansions- und Erfolgskurs. Dank des
Engagements, der Expertise und der Innovationskraft der Mitarbeitenden,
die das Unternehmen seit 60 Jahren prägen, blickt
ETC optimistisch in die Zukunft. Neue tech nologische Durchbrüche
zeichnen sich ab, während die Kernenergie weltweit an Bedeutung
gewinnt.
Vol. 70 (2025)
52
Fuel
Recent advancements in fuel
qualification and neutron simulations
for the conversion of FRM II to LEU
› Christian Reiter, Bruno Baumeister, Daniel Bonete Wiese
The Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) in Garching, Germany,
is one of the most advanced research reactors in the world, known for its exceptional
flux-to-power ratio. FRM II provides neutrons for a wide range of scientific applications,
including materials science, basic research and the production of medical isotopes. FRM II
has a compact core with a single fuel element using a dispersed U 3 Si 2 fuel in AI matrix, with
an uranium enrichment of up to 93 % uranium enrichment, i.e. highly enriched uranium (HEU).
In line with global efforts to reduce the risks of nuclear proliferation, FRM II has always
contributed to global efforts to convert nuclear reactors to lower-enriched fuels. After
extensive technical and scientific studies 1 and with a thorough database, the political decision
was taken in 2023 to convert FRM II to Low Enriched Uranium (LEU) with monolithic Uranium-
Molybdenum (U-Mo) fuel, as such LEU fuel was proven to meet the conversion criteria.
With the path set, TUM is now preparing to submit
initial licensing documents by the end of 2025. This
process will be strongly supported by scientific efforts
to provide the best possible reactor design and to
promote the fuel qualification of monolithic U-Mo.
Conversion to LEU is a complex and multifaceted process
requiring extensive modifications to the reactor
core and operating protocols. The goal of the conversion
is to maintain the high neutron flux required
for FRM II‘s excellent scientific experiments, including
neutron scattering, radiography, and isotope production.
This paper provides an overview of the
ongoing efforts to convert FRM II from HEU to LEU,
examining the technical, scientific, and regulatory
aspects of the process, as well as the expected impact
on the reactor‘s long-term performance and global
scientific contributions.
Efforts to Qualify Monolithic U-Mo Fuel for FRM II
The qualification of monolithic Uranium-Molybdenum
(U-Mo) fuel is a critical step for the conversion from
Highly Enriched Uranium (HEU) to Low Enriched
Uranium (LEU) for FRM II. Until 2023, higher-loaded
versions of U 3 Si 2 and dispersed U-Mo were also considered
for conversion of FRM II (see Figure 1), but due
to the highest achievable Uranium density of more than
15 gU/cm³ and superior irradiation behavior, monolithic
U-Mo was selected as the fuel for conversion. It
should be noted that LEU for FRM II is only possible
with monolithic U-Mo.
The FUTURE-MONO 1 Irradiation Test
The qualification of a new fuel requires irradiation
tests under the expected operating conditions in
dedicated material test reactors, such as the Belgian
BR2 2 . The FUTURE-MONO 1 (FM 1) irradiation test is
an important milestone in the ongoing qualification
of the monolithic U-Mo fuel. This test will be per formed
by the HERACLES consortium 3 in the framework of
the two Euratom-funded projects EU-QUALIFY 4 and
EU-CONVERSION 5 , which also aim to further advance
the demonstration of the viability of U-Mo fuel for a
wide range of research reactors. The HERACLES
consortium continues the work of LEONIDAS (2010-
2014) and ALPS (2008-2013) on Low Enriched Uranium
1 C. Reiter et al. “A Low-Enriched Uranium (LEU) option for the conversion of FRM II.” Annals of Nuclear Energy, volume 183 (2023);
doi.org/10.1016/j.anucene.2022.109599
2 https://www.sckcen.be/en/infrastructure/br2-belgian-reactor-2
3 https://heracles-consortium.eu/index.php
4 https://heracles-consortium.eu/euqualify.php
5 https://www.tum.de/en/news-and-events/all-news/press-releases/details/research-on-conversion-of-frm-ii-can-continue
Ausgabe 2 › März
Fuel
53
Figure 1
Fuel candidates considered for conversion of high-performance research reactors
Figure 2
The HERACLES fuel development and qualification plan for monolithic U-Mo.
(LEU) High Density (HD) fuel research. The consortium
includes High Performance Research Reactor (HPPR)
operators, R&D organizations, and European nuclear
fuel manufacturer Framatome (CERCA).
FM 1 is part ofthe HERACLES fuel development and
qualification plan for monolithic U-Mo (see Figure 2),
a series of irradiation tests to qualify the fuel for the
European research reactors. In FM-1, U-Mo fuel samples
will be irradiated to operational conditions to evaluate
their performance under irradiation and to simulate
the reactor environment to validate their structural
integrity, thermal behavior and irradiation stability.
The FM 1 test involves the irradiation of two full-scale
flat fuel plates with the monolithic U-Mo fuel system,
inside BR2’s FUTURE-5 irradiation device. The targeted
irradiation conditions include a peak power density of
approximately 20 kW/cm³ and a peak burnup of greater
than 70 % U-235. These conditions are designed to
simulate the extreme operating environment that the
U-Mo fuel will experience, also covering the expected
operating conditions for an LEU FRM II fuel element,
pushing the material to its limits and providing
valuable data on its behavior at high power densities
and irradiation.
The fuel plates for FM-1 were fabricated by Framatome
– CERCA division and TUM using the pilot process
shown in Figure 3. Starting from metallic LEU,
bare U-Mo foils are made by subsequent steps of
alloying, casting, rolling and sizing at Framatome. The
Vol. 70 (2025)
54
Fuel
Figure 3
The pilot fabrication process for monolithic U-Mo fuel plates, which was used for FM-1.
necessary Zr diffusion barrier between the U-Mo foil
and the Al cladding is applied by a PVD coating process
at TUM, before the fuel plates are finalized using the
proprietary C2TWP process at Framatome.
The results of the FM-1 test will play a key role in
compiling the generic fuel performance data set for
monolithic U-Mo. In addition, FM-1 will showcase all
European fabrication technologies at a pre-industrial
scale through the production of test plates.
Transporting the neutrons to the detectors –
assessing the performance of the instruments
after conversion
Numerical simulations play a crucial role in optimizing
beam tube designs and neutron flux distributions,
and they become particularly relevant during reactor
conversion. A new LEU fuel element will change
the neutron flux distribution in the heavy water
moderator tank and thus, also impact the performance
of the scientific instruments. In order to assess potential
losses in neutron flux, potential changes in neutron
spectrum, but also to gain valuable data for optimizing
the conversion scenario, coupled calculations for
neutron transport are required. Here, two wellestablished
Monte Carlo simulation codes, Serpent 2
and McStas are used to transport neutrons from
the fuel element to the detectors of the scientific
instruments.
While Serpent 2 excels in reactor physics and neutron
flux simulations, it lacks the ability to simulate neutron
optical components, such as supermirrors. Conversely,
McStas specializes in neutron ray-tracing through
optical components but cannot handle the reactor
physics needed for complete simulations. Thus,
coupling these two codes can provide a more accurate
and comprehensive tool for beam tube and shielding
design.
Methodology
The coupling process involves a two-way exchange of
data between Serpent 2 and McStas, facilitated through
the MCPL format (Monte Carlo Particle Lists). Initially,
Serpent 2 simulates neutron transport from the reactor
core to the neutron guide‘s entrance, outputting particle
data. This data is then transferred to McStas, which
performs ray-tracing through the optical components,
and the results are fed back into Serpent 2 to refine the
neutron flux distribution.
In 2024, we demonstrated the principal processes 6 ,
where the coupling process starts with a simplified
reactor beam tube geometry, using a monoenergetic
source of cold neutrons (see Figure 4). The results are
compared with pure McStas simulations to validate the
approach.
Results and Validation
The proof-of-concept simulations confirm that the
two-way coupling allows for accurate neutron flux
predictions without loss of information (see Table 1).
Specifically, the following quantities were compared:
⁃ I P1 is the integral flux obtained with Serpent 2 right
before the neutron guide, where the first MCPL file
is written (at P1 in Fig. 1), with a detector fitting the
guide inner cross section (1 cm x 11 cm) and 0.5 cm
of thickness.
⁃ I’ P1 is the integral flux obtained with a McStas
simulation at that same position.
⁃ I’ P2 is the integral flux obtained with McStas at
P2, behind the neutron guide, inside a 3 cm wide
x 12 cm high rectangle 1 cm behind the exit of the
curved guide.
⁃ I P2 is the integral flux obtained with Serpent at P2,
yielded by a surface inward current detector of the
same dimensions as the McStas detector, and 0.1 cm
thickness 7 .
6 D. Bonete Wiese, C. Hauf, C. Reiter. “Initial Steps in a Serpent-McStas Two-Way Coupling and Its Potential
Applications at FRM II”, PYSOR (2024); doi.org/10.13182/PHYSOR24-43533
7 Monitors in McStas do not have a thickness; the closest equivalent of Serpent, however, are surface current detector which require a closed 3D surface
Ausgabe 2 › März
Fuel
55
Figure 4
Simplified reactor beam tube geometry used for the development of the Serpent 2 – McStas coupling.
The coupled approach successfully reproduced the
neutron flux distribution, including detailed reflections
and scattering behavior in the curved neutron guide.
Integral Neutron Flux
n/s
I P1 (9.97841 ± 0.00004) · 10 11
I’ P1 (9.581 ± 0.0016) · 10 11
I’ P2 (8.646 ± 0.0014) · 10 11
I P2 (9.195837 ± 0.00001) · 10 11
Table 1
Integral fluxes at different positions of interest
for different models.
Table 1 illustrates that the proposed scheme can
enhance McStas‘s source definition capabilities with
Serpent 2 without losing information. The minor
difference in the source rate between Serpent 2 and
the monitor in McStas is due to minimal scattering in
Helium, as confirmed by simulations where Helium
was replaced with a void. The coupling also enables
a more precise estimation of the neutron flux at
various positions along the guide, which is essential for
designing shielding and optimizing experimental
setups.
Future goal is to develop a fully automated tool that
takes existing McStas models of FRM II instruments and
neutron optics and assesses the influence of conversion
to scientific performance.
Summary
The conversion of FRM II to an LEU fuel element is
on track and well embedded in international efforts,
but it will remain a challenge for the next years.
With TUM's experience in nuclear technologies and
engineering, we are confident that we are ideally
equipped to meet these challenges. The conversion
of FRM II was, is, and will be a successful program
to preserve nuclear knowledge and train young
professionals in Germany.
Acknowledgments
TUM‘s work was supported through the combined
grants FRM2023 and FRM2427 from the Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) and the
Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und
Kunst (StMWK).
The work of HERACLES was funded by the European
Union in project 945009 (EU-QUALIFY) and 101163752
(EU-CONVERSION)
Authors
Dr. rer. nat. Christian Reiter
Head of Nuclear Science, Theory Division
Adjunct Professor McMaster University, Kanada
Christian.Reiter@frm2.tu-muenchen.de
Dr. Christian Reiter studied general physics at the
Technical University of Munich (TUM), where he also
completed his doctoral studies with a focus on simulations
of research reactors. From 2019 to 2022, he
served as Head of Reactor Physics at FRM II. Since
2022, he has been leading the Nuclear Science, Theory
division, focusing on the development of core designs for the FRM II conversion
and coordinating internal and external projects, including calculations for
the McMaster Nuclear Reactor. Additionally, he is responsible for research in
the thermal-hydraulics laboratory and super vises students.
Dr. Bruno Baumeister
Project Lead FRM II LEU-conversation
bruno.baumeister@frm2.tum.de
Dr. Bruno Baumeister is a physicist specializing in
nuclear process engineering. He earned his PhD from
the Technical University of Munich (TUM) and has
been leading the project to convert the FRM II
research reactor to LEU fuel since 2023. His expertise
lies in nuclear fuel development and manufacturing,
as well as coordinating internal and external projects.
Additionally, he serves as the team leader for the
operation of TUM’s nuclear fuel laboratory at FRM II.
Daniel Bonete Wiese
PhD candidate
daniel.bonete-wiese@frm2.tum.de
Daniel Bonete Wiese was born in Salamanca, Spain in
1996, where he grew up and completed his Bachelor in
Physics. He decided to move to Munich and completed
his Master's Degree in Applied and Engineering Physics
at Technical University of Munich. He wrote his Master
Thesis in 2020 at the group then named HEU-MEU at
FRM II, where he was introduced into the topic of
Monte Carlo simulations for neutron transport. Later,
he continued researching in this area for his PhD,
which he is currently working on at the same group.
Vol. 70 (2025)
56
Public Relations
Bausteine für Liebe und Likes:
Die kulturelle Basis und psychologische
Anknüpfungspunkte für die Kernenergie-
Akzeptanz in Deutschland
Wie kulturelle Werte, gesellschaftliche Debatten, politische Rahmenbedingungen
und die eigene Stimme und proaktive Kommunikationspolitik
die öffentliche Wahrnehmung der Kernenergie verändern
› Chris Breuer
Ergibt Öffentlichkeitsarbeit immer Sinn? Was für große Brands wie Apple, Amazon oder Audi
(um nur beim Buchstaben „A“ zu bleiben) selbstverständlich ist, scheint von kerntechnischen
Unternehmen zumindest seit dem deutschen Atomausstieg oftmals bezweifelt zu
werden. Interner Kostendruck und die Resignation vor der vermeintlichen Unbeliebtheit in der
Gesellschaft hängen oftmals als Damoklesschwert über der Arbeit der Kommunikationsteams in
den Unternehmen. Andererseits: „Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen, kann ebenso seine
Uhr anhalten, um Zeit zu sparen“, wird Henry Ford als Zitat zugeschrieben.
Dieser Artikel zeigt auf, warum es notwendig ist, Teil
der Debatte zu sein und sich als Unternehmen zu
zeigen. Er zeigt auf, dass die deutsche Kultur und die
Gesellschaft der Kernenergie nicht generell ablehnend
gegenüberstehen. Zudem wird über eine Analyse
verschiedener Social-Media-Kanäle auf Reichweite,
Netzwerke und Best-Practice Beispiele eingegangen
und die Nutzung von Hashtags und Likes zwischen
verschiedenen Unternehmen in der Branche verglichen.
Als zweiter Pfeiler – neben der Kommunikation
über Facebook, X, Instagram & Co – wird auf die
Öffentlichkeitsarbeit vor Ort eingegangen. Die beiden
Pfeiler sind direkt miteinander verbunden und verstärken
sich gegenseitig.
Neben direkter Sichtbarkeit über Sponsoring und
Employer Branding (worauf an dieser Stelle nicht
weiter eingegangen wird) haben Besucherführungen
mit direktem Austausch zum Kollegium aus der
Branche eine signifikante Verbesserung des Bildes des
Unternehmens und der Kernenergie bewirkt. Davon
profitieren demnach nicht nur die Unternehmen
vor Ort, sondern auch die Branche an sich. Was
wir schlussfolgernd als Unternehmen tun können
und ob es sich lohnt auch über den jeweils eigenen
Tellerrand hinaus aktiv zu werden, wird in diesem
Paper beleuchtet.
Gesellschaftliche & Politische Debatte
Die Kernenergie hat sich in vielen Ländern sehr
unterschiedlich entwickelt, startete jedoch mit einer
ähnlichen Euphorie und gemeinsamen Erwartungen,
die anhand der Aussage des Leiters der US-Atomenergie
Kommission, Admiral Lews L. Strauss, „too cheap to
meter“ beschrieben werden können. Mitte der 1950er
Jahre wurde die Kernenergie zur Energieerzeugung
eingeführt, in den 1960er Jahren wurden auch in
Deutschland die ersten Kernkraftwerke ans Netz
gebracht. Um einer kontroversen Debatte entgegenzutreten,
startete der damalige Bundesforschungsminister
Hans Matthöfer 1975 den „Bürgerdialog Kernenergie“.
Dieser Dialog sollte ein erster bundesweiter,
öffentlicher Diskussionsprozess zu allen mit der
Nutzung der Kernkraft zusammenhängenden energie-,
forschungs-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen
Fragen sein. Schon Ende der 1970er Jahren ent wickelte
sich die Kernenergie dann jedoch zu einer der am
kontroversesten diskutierten Gegenwartstechnologien
(Gallega Carrera & Hampel, 2013).
Nach durchaus heftigen Auseinandersetzungen in den
1970er- und 1980er-Jahren schien sich die Kernenergie
zu einem eher ungeliebten, aber notwendigen Übel zu
entwickeln, das vorübergehend – was immer man sich
auch unter vorübergehend vorstellen mag – in Kauf
genommen wird, bevor alternative Energiequellen
sie ersetzen können. In diesem Sinne hat auch die
Ausgabe 2 › März
Public Relations
57
deutsche Bundesregierung im Jahr 2002 unter einer
aus SPD und Grünen gebildeten Regierungskoalition
den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen (Novellierung
des deutschen Atomgesetzes vom 22. April
2002). Nach einem erneuten Regierungswechsel mit
einer anderen Regierungskoalition beschloss der
Deutsche Bundestag am 28. Oktober 2010 den „Ausstieg
aus dem Ausstieg“ und erlaubte die Verlängerung
der Restlaufzeiten der bestehenden Kernkraftwerke.
Obgleich Transporte von radioaktiven Abfällen durch
Deutschland regelmäßig zehntausende Demonstranten
mobilisierten, so wurde die Kernenergie in den 1990erund
2000er-Jahren doch von anderen Themen, wie
etwa der Gentechnik, als Gegenstand öffentlicher
Aufmerksamkeit abgelöst. Auch in den Sozialwissenschaften
konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf
andere Themen, die Kernenergie geriet auch hier in
den Schatten. Somit führte die Kernenergie gewissermaßen
eine Existenz im Hintergrund. Allerdings geriet
sie schlagartig in den Fokus der Weltöffentlichkeit, als
es in Fukushima infolge eines Tsunami zu mehreren
Kernschmelzen in den Reaktorblöcken von Daiichi
kam. In der Folge kam es zu politischen Reaktionen,
die die Zukunft der Kernenergie grundlegend in
Frage stellten. In Deutschland folgte eine umgehende
Reaktion mit Moratorium der Hälfte der Kernkraftwerke
und einem graduellen Auslaufen – nach kleinen
Laufzeitverlängerungen – bis April 2023. In anderen
Ländern folgten Reaktionen, die jedoch anders ausfielen
und teilweise in den Jahren – auch nach Ausbruch
des Ukrainekriegs – wieder kassiert wurden.
Die Umwelt und der Klimawandel waren die Hauptsorge
der Europäer auf EU-Ebene im Winter 2021-2022,
gefolgt von steigenden Preisen, Inflation und Lebenshaltungskosten,
die auf nationaler Ebene die größte
Sorge darstellten (Standard Eurobaromter 96, Winter
2021-2022). Im Eurobaromter 101 (Frühjahr 2024)
ergibt sich bereits ein ganz anderes Bild. Die Verteidigungs-
und Sicherheitspolitik (von 77 % wird eine
gemeinsame EU-Politik unterstützt), wirtschaftliche
Interessen (69 % schreiben der EU ausreichend Macht
und Mittel zu, um die wirtschaftlichen Interessen in
der globalen Wirtschaft zu verteidigen) und Stabilität
(67 % sehen die EU als einen Ort der Stabilität in einer
unruhigen Welt) sind bei der Momentaufnahme
die größten Anliegen und spiegeln die Verschiebung
der Prioritäten von den unmittelbaren Umwelt- und
wirtschaftlichen Sorgen hin zu langfristigen strategischen
und sicherheitspolitischen Anliegen wider.
Klima- und Energiepolitik sind geopolitisch von
zentraler Bedeutung. Gleichzeitig ist die bezahlbare
und zuverlässige Energie von zentraler Bedeutung für
die europäische Volkswirtschaft und das Wohlergehen
der europäischen Bürger und Bürgerinnen. Vor dem
Hinter grund dieser Anforderungen geben die befragten
Deutschen und Europäerinnen und Europäer
der Europäischen Politik eine klare Botschaft mit auf
den Weg: 84 % der Deutschen und 75 % der Europäerinnen
und Europäer plädieren für eine gemeinsame
europäische Energiepolitik der Mitgliedstaaten.
(Standard Eurobaromter 96, Winter 2021-2022, S. 18).
Eingeleitet mit dem European Green Deal (2019)
als zentraler Bestandteil der Klimapolitik der Europäischen
Union, setzt die Europäische Kommission hier
Akzente. Im Mai 2022 folgt der REPowerEU-Plan, mit
dem auf die Störungen der globalen Energiemärkte
durch den Russischen Überfall auf die Ukraine reagiert
werden soll und der Green Deal Industrial Plan (2023),
der ebenfalls den Net-Zero Industry Act (2024) umfasst,
mit dem gezielte Förderungen von sauberen Industrien
und Technologien in der EU ermöglicht werden sollen.
Konkret fördert das Gesetz neben Erneuerbaren
Energien und alternativen Kraftstoffen auch Entwicklungen
im Bereich der Kernenergie.
In der öffentlichen Wahrnehmung hat die Kernenergie
in jüngster Zeit einen Aufschwung erfahren. Nach dem
Unfall von Fukushima war die deutsche Meinung zur
Kernenergie überwiegend ablehnend. Bereits im Mai
2020 sagten jedoch 57 % der Zuschauer bei Galileo, dass
Vol. 70 (2025)
58
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Kernenergie eine Rolle in der Zukunft spielen solle 1 .
Deutlich zugenommen hat die Akzeptanz der Kernenergie
mit den steigenden Preisen der Energiekrise in
2021. Daraus wurde durch Putins Invasion der Ukraine
dann eine deutliche Mehrheit pro Kernenergie ab 2022.
Eine Übersicht repräsentativer Umfragen mit den
Wende punkten 2 ist der Grafik oben zu entnehmen.
Einhergehend mit der allgemeinen derzeit positiven
Haltung zur Kernenergie wird in Deutschland der
Ausstieg aus der Kernenergie sehr kritisch beäugt.
Mehrere Umfragen am Jahrestag der Abschaltung der
letzten drei Kern kraftwerke zeigen eine deutliche
Mehrheit gegen den deutschen Atomausstieg 3 .
Jüngste Umfragen der Europäischen Kommission
zeigen, dass die Entwicklung der Kernenergie in den
meisten europäischen Staaten mittlerweile mehr
Befürwortung als Ablehnung erfährt. In 24 der 27 EU-
Mitgliedsstaaten ist die Mehrheit der Befragten der
Meinung, dass die Entwicklungen in der Kernenergie
positive Auswirkungen haben wird. In Tschechien ist
die Akzeptanz mit 77 % am höchsten, Dänemark verzeichnet
mit einem Plus von 22 Prozentpunkten auf
66 % den größten Anstieg und Deutschland zeigt ein
fast ausgeglichenes Bild (44 % positiv, 45 % negativ). 4
Kulturdimensionen und Psychologie
Geert Hofstede (*1928) hat erstmals in den 1970er
Jahren eine große Vergleichsstudie zwischen Kulturdimensionen
(„national influences“) durchgeführt.
Es geht um Zusammenhänge zwischen nationalen
Kulturen, die er anhand vergleichbarer Umfragen
unter Arbeitnehmern eines global tätigen Unternehmens
(IBM) in verschiedenen Ländern durchgeführt
hat. Die Resultate wurden seitdem in zahlreichen unabhängigen
Wiederholungsstudien bestätigt. Hofstede
hat gezeigt, dass man „Kulturgruppen“ auf der Welt
findet und dass diese einen wesentlichen Einfluss
auf das Verhalten von Unternehmen, deren Organisation
und Führung haben. Inwieweit die Politik,
bzw. Regierungen als Unternehmen gesehen werden
( können), wird hier nicht weiter ausgearbeitet.
Die sechs Kulturdimensionen 5 :
⁃ Machtdistanz (PDI)
Der PDI gibt an, inwieweit weniger mächtige
Individuen eine ungleiche Verteilung von Macht
akzeptieren und erwarten. Hohe Machtdistanz steht
dafür, dass Macht ungleich verteilt ist.
Deutschland hat eine niedrige Machtdistanz. Das
bedeutet, dass Hierarchien in der deutschen Gesellschaft
und am Arbeitsplatz weniger ausgeprägt sind
und Gleichheit sowie Mitbestimmung geschätzt
werden.
⁃ Individualismus und Kollektivismus (IDV)
In Gesellschaften mit einem hohen IDV-Index
werden besonders die Rechte des Individuums
geschützt: Selbstbestimmung, ich-Erfahrung und
Eigenverantwortung sind wichtiger als die Integration
in jeder Art von Netzwerken und das charakteristische
„Wir-Gefühl“ (kollektivistisch).
Deutschland ist eine stark individualistische Kultur.
Individuelle Rechte und die Selbstverwirklichung
des Einzelnen stehen im Vordergrund. Menschen
neigen dazu, ihre eigenen Interessen über die der
Gruppe zu stellen.
1 Pro7, Galileo, Staffel 2020, Episode 140 vom 26. Mai 2020, abrufbar https://www.prosieben.de/tv/galileo/videos/2020140-dienstag-koennte-atomkraft-doch- diezukunft-sein-ganze-folge?auth=login&r=fab74187-a812-49e8-acbd-0c0d3e3c8f2b
2 Abgerufen auf https://www.tech-for-future.de/atomkraft-umfrage/, 27. November 2024
3 Civey 2024 (im Auftrag von Business Insider): Inwiefern stimmen Sie der Aussage zu: „Kernkraftwerke sollten nicht abgeschaltet werden, damit Kohlekraftwerke
früher vom Netz genommen werden können“? 70 % pro, 23 % kontra; Civey 2024 im Auftrag von Nukleariay „Sollte weiterhin Atomkraft zur Stromerzeugung
eingesetzt werden, um die Klimaschutzziele der EU zu erreichen?“ 68 % pro, 26 % kontra; Civey 2024: „Sollte Deutschland zum Gelingen der Energiewende
wieder verstärkt auf Atomkraft setzen?“ 69 % pro, 27 % kontra; Mehrheit der Deutschen hält Atomausstieg für einen Fehler (Verivox, 2024)
4 Europäische Union (2025), Eurobarometer Spezial 557, Befragungen September/Oktober 2024
5 Siehe https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/499318#Unsicherheitsvermeidung_.28Uncertainty_Avoidance_Index_-_UAI.29
Ausgabe 2 › März
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⁃ Maskulinität versus Femininität (MAS)
Ausprägung der vorherrschenden Werte, die bei beiden
Geschlechtern etabliert sind. Zu den femininen
Werten zählt Hofstede Fürsorglichkeit, Kooperation
und Bescheidenheit. Maskuline Werte seien hingegen
Konkurrenzbereitschaft und Selbstbewusstsein. In
„maskulinen“ Gesellschaften sind die Unterschiede
ausgeprägter. Die Dimension sagt demnach auch viel
über Distanz, das Ausmaß der „Lücke“ zwischen
Männern und Frauen und deren Werten aus.
Deutschland hat eine maskuline Kultur, was bedeutet,
dass Werte wie Erfolg, Wettbewerb und
Leistung hoch geschätzt werden. Es gibt eine klare
Trennung zwischen den Geschlechterrollen.
⁃ Unsicherheitsvermeidung (UAI)
Wie hoch ist die Abneigung gegenüber unvorhergesehenen
Situationen? Ein hoher UAI zeichnet sich
durch viele festgeschriebene Gesetze, Sicherheitsmaßnahmen
usw. aus. Kulturen, die Unsicherheit
akzeptieren, sind tolerant, haben weniger Regeln,
die im Zweifelsfall auch veränderbar sind, und
neigen zu Relativismus.
Deutschland hat eine hohe Unsicherheitsvermeidung.
Das bedeutet, dass die Menschen in
Deutschland dazu neigen, Risiken zu vermeiden
und klare Regeln und Strukturen bevorzugen, um
Unsicherheiten zu minimieren.
⁃ Lang- oder kurzfristige Ausrichtung (LTO)
Wie groß ist der Planungshorizont in einer Gesellschaft?
Bei einer langfristigen Ausrichtung zählen
Werte wie Sparsamkeit, Beharrlichkeit. Bei kurzfristiger
Ausrichtung eher Flexibilität oder Egoismus.
Deutschland hat eine langfristige Orientierung.
Dies zeigt sich in der Bereitschaft, lang fristige
Investitionen zu tätigen und Beharrlichkeit sowie
Sparsamkeit zu schätzen.
⁃ Nachgiebigkeit vs. Beherrschung (IVR)
Während Indulgence die Bedürfnisse und das Spaßhaben
in den Vordergrund stellt, stehen in Gesellschaften,
bei denen Restraint wichtig ist, vor allem
Werte, die Zurückhaltung von ihren Mitgliedern
fordern im Zentrum.
Deutschland liegt im mittleren Bereich dieser
Dimension. Es gibt eine Balance zwischen dem
Nachgeben von Wünschen und der Kontrolle über
Impulse.
Deutschlands‘ Werte laut Literatur: PDI: 35, IDV: 67,
MAS: 66, UAI: 65, LTO: 83, IVR: 40. 6
In einem Satz: Die deutsche Kultur ist geprägt durch
eine relativ niedrige Machtdistanz (und viel Mitspracherecht),
Selbstbestimmung und direkter Kommunikation,
eine recht maskuline Leistungsgesellschaft
mit starker Konkurrenzbereitschaft und mittelgroß
ausgeprägter Unsicherheitsvermeidungskultur, auf
lange Ausrichtung ausgelegt und Werte der Zurückhaltung
fordernd.
Auf die Kernenergie übertragen ergibt sich durch
die Kulturdimensionen ein komplexes Bild, das auch
historische Faktoren mit einbezieht. Die niedrige
Machtdistanz in Deutschland bedeutet, dass Bürger
und lokale Gemeinschaften eine starke Stimme in
politischen Entscheidungen haben. Dies kann zu einer
kritischen Haltung gegenüber zentralisierten und
potenziell gefährlichen Technologien wie der Kernenergie
führen. Der hohe Individualismus in
Deutschland kann dazu führen, dass persönliche
Meinungen und individuelle Sicherheitsbedenken
stark ge wichtet werden. Das kann die Skepsis gegenüber
Kern energie verstärken, da viele Menschen
persönliche Risiken und Umweltauswirkungen in
den Vordergrund stellen. Bei beiden Dimensionen
(Machtdistanz und Individua lismus) gibt es jedoch
auch Anknüpfungspunkte, da es Raum und Akzeptanz
für lokale Gemeinschaften und Akteure gibt, proaktiv
als positive Stimme der Kernenergie wahrgenommen
werden zu können.
Die maskuline Kultur Deutschlands, die Leistung und
Erfolg betont, könnte einerseits die Unterstützung
für technologisch fortschrittliche und leistungsstarke
Energiequellen wie Kernenergie fördern. Andererseits
könnte die Betonung auf Wettbewerb und Erfolg auch
zu einer stärkeren Förderung erneuerbarer Energien
führen, die als zukunftsweisender und nachhaltiger
angesehen werden.
Die hohe Unsicherheitsvermeidung in Deutschland
bedeutet, dass die Bevölkerung Risiken minimieren
möchte. Dies führt oft zu einer ablehnenden Haltung
gegenüber Kernenergie, die als risikoreich und
unsicher wahrgenommen wird, insbesondere nach
Ereignissen wie Tschernobyl und Fukushima.
Die langfristige Orientierung der deutschen Kultur
könnte die Unterstützung für nachhaltige und
zukunftssichere Energiequellen wie erneuerbare
Energien stärken. Kernenergie wird durchaus als
nachhaltig wahrgenommen (ebenfalls durch EU
Entwicklungen des Green Deals usw.) und vor allem in
den vergangenen Jahren als Teil der Lösung zur
Energiesicherheit beitragen. Gleichzeitig wird die
Attraktivität geschmälert, da die langfristigen Risiken
und die Entsorgung von Atommüll als politische
bewusst ungelöste Frage als generationenübergreifend
moralisch problematisch wahrgenommen wird.
Die Balance zwischen Nachgiebigkeit und Beherrschung
in Deutschland könnte zu einer differenzierten
Sichtweise auf Kernenergie führen. Während einige
die Vorteile der Kernenergie für die Energieversorgung
sehen, könnten andere die Kontrolle und Einschränkungen
betonen, die mit dieser Technologie
verbunden sind.
6 Ländervergleiche über https://geerthofstede.com/country-comparison-graphs/ möglich
Vol. 70 (2025)
60
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Wohin bringen uns diese Kulturdimensionen mit
konkretem Fokus auf unsere Kultur? Mein Fazit:
Deutschland ist nicht von vorneherein ein unge eigneter
Nährboden für die Kernenergie. Die kulturellen Werte
in Deutschland können eine wichtige Rolle bei der
Akzeptanz oder Ablehnung der Kern energie spielen.
Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Akzeptanz der Kernenergie
in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen
ist, insbesondere aufgrund der Energiekrise und geopolitischer
Entwicklungen. Die politische Vergangenheit
mit dem Zeitfenster von Bundesminister für Atomfragen
Strauß bis zur in den vergangenen Jahren aufkommenden
Frage nach einer Laufzeit verlängerung
und neuerdings zu Diskussionen in politischen Parteien
zur Haltung gegenüber der Kernenergie im Allgemeinen
unterstreicht das Argument, dass die Akzeptanz der
Kernenergie in Deutschland sich in Wellenbewegungen
entwickelt hat, es jedoch grundsätzlich möglich ist, die
Kernenergie mehrheitlich zu mögen. Bedingt durch
globale Ent wicklungen gibt es das sogenannte „Momentum
for Nuclear“. Aufwind für die Branche generell.
Gleichzeitig zeigt eine Analyse der Kulturdimensionen,
dass es auch in Deutschland Spielraum gibt, um das Bild
der Kern energie positiv zu beeinflussen. Zur Frage wie
das geschehen kann, ist ein kleiner psychologischer
Exkurs hilfreich:
Daniel Kahneman („Thinking, Fast and Slow“, dt.
Schnelles Denken, langsames Denken, 2012) beschreibt,
wie das Gehirn zu voreiligen Schlussfolgerungen aufgrund
unvollständiger und falscher Informationen
kommt. Es fällt uns schwer, statistisch richtig zu
denken, vor allem bei schwierigen Sachverhalten. Es
wird eine sehr hohe negative Korrelation zwischen
Vorteilen und Risiken von Technologien beschrieben.
Einfach ausgedrückt: Wenn eine Technologie positiv
eingeschätzt wird, hat sie viele Vorteile und kaum
Risiken. Hat eine Technologie ein negatives Image,
überwiegen die Risiken die Vorteile (assoziativer
Zusammenhang). In der dazu verwendeten Studie
wurden anschließend Texte zu den Vorteilen und
Risiken verteilt. Das Ergebnis ist, dass durch das Lesen
von Vorteilen die Risiken gedanklich verkleinert
werden. Die emotionale Anziehungskraft der Technologien
kann demnach positiv beeinflusst werden, wenn
Informationen den Empfänger erreichen.
Zurückkommend auf die Kernenergie ist es demnach
möglich, das Image der Technologie zu beeinflussen,
indem die Wechselwirkung mit den Risiken und Vorteilen
aktiv angegangen wird. Gefühlte Risiken müssen
in der richtigen Perspektive beleuchtet werden um das
Image zu verbessern. Hierdurch werden die Risiken
automatisch verkleinert und nehmen die Vorteile
gedanklich mehr Raum ein, wodurch letztendlich
die emotionale Anziehungskraft der Kernenergie
gefördert wird.
In der Kommunikation muss das Narrativ den globalen
Entwicklungen angepasst sein. Der Zukunftsforscher
Yuval Noah Harari hat in seinen Werken, insbesondere
in „Sapiens“ (2011) und „Homo Deus“ (2017), verschiedene
Perspektiven auf die Herausforderungen
und Chancen der modernen Welt dargelegt. In Nexus
(2024) legt er den Fokus auf KI und wie Informationsnetzwerke
über die Zeit den Informationsfluss unserer
Welt erschaffen und immer wieder verändert haben.
Aus seinen Werken lassen sich in Verbindung mit den
Kulturdimensionen verschiedene Leitsätze ableiten:
⁃ Die duale Natur technologischer Fortschritte.
Während Technologien wie Kernenergie enorme
Vorteile bieten können, bergen sie auch erhebliche
Risiken. Diese Ambivalenz spiegelt sich in der
deutschen Kultur wider, die eine hohe Unsicherheitsvermeidung
aufweist und daher gegenüber
potenziell gefährlichen Technologien wie der
Kernenergie skeptisch ist.
⁃ Langfristige Perspektiven, um globale Herausforderungen
wie den Klimawandel zu bewältigen.
Dies passt zur langfristigen Orientierung der
deutschen Kultur, die nachhaltige und zukunftssichere
Lösungen bevorzugt. Der Green Deal und
die EU-Taxonomie sind Beispiele für solche langfristigen
Strategien.
⁃ Die Notwendigkeit globaler Zusammenarbeit, um
existenzielle Bedrohungen wie den Klimawandel
und nukleare Risiken zu bewältigen. Die Unterstützung
der Europäer für eine gemeinsame Verteidigungs-
und Sicherheitspolitik der EU zeigt, dass
es ein Bewusstsein für die Notwendigkeit kollektiver
Maßnahmen gibt. Versorgungssicherheit ist
hier ein Schlagwort, dass der Kernenergie übergeordnet
eher hilft.
⁃ Die Macht von Mythen und Narrativen, die Gesellschaften
formen. In Deutschland gibt es starke
Narrative über die Gefahren der Kernenergie, die
durch historische Ereignisse wie Tschernobyl und
Fukushima verstärkt wurden. Diese Narrative
beeinflussen die öffentliche Meinung und die
politische Entscheidungsfindung. Das Heft des
Handelns in diesem Bereich hat die Branche lange
nicht in der Hand gehabt, auch durch eine sehr
aktive Anti-AKW-Bewegung und der politischen
DNA der Grünen.
⁃ Menschliche Kontrolle über Technologie: Harari
warnt vor der unkontrollierten Entwicklung von
Technologien, einschließlich der Kernenergie. Er
betont, dass die Menschheit sicherstellen muss,
dass technologische Entwicklungen im Einklang mit
ethischen und sozialen Werten stehen. Dies passt
zur deutschen Kultur der Unsicherheitsvermeidung
und der Präferenz für klare Regeln und Strukturen.
Hier kann für Akteure im Rahmen der Kernenergie
der Schulterschluss mit internationalen Akteuren
im Rahmen der Nicht-Verbreitung hilfreich sein.
Bisher wurde verdeutlicht, dass die deutsche Kultur
durchaus Anknüpfungspunkte für eine Verbesserung
des Images der Kernenergie bietet. Zudem wurden
ein paar psychologische Hintergrundinformationen
zur Wahrnehmung von Vorteilen und Risiken geschildert,
wurden aktuelle globale Trends im Rahmen
Ausgabe 2 › März
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61
techno logischer Entwicklungen angedeutet und welche
Anknüpfungspunkte ein mögliches „Pro-Kernenergie-
Narrativ“ hier haben kann.
Wie erreicht man nun die Leute bzw. bringt
seine Kommunikationsinhalte an? Die verschiedenen
Unternehmen können das vor allem lokal/regional
abdecken. Übergeordnet haben Fachverbände und
Lobby organisationen eine Plattform. KernD ist auf
nationaler Ebene durch seine Ausrichtung eher als
Fachverband für seine Mitgliedsunternehmen und
weniger als öffentliche Stimme für die Kernenergie in
Erscheinung getreten. Eine lobenswerte Ausnahme
war der offene Brief zur Laufzeitverlängerung im Zuge
des Ukraine-Krieges, der medial durchaus Beachtung
fand. Ver bände oder Vereine wie die Kerntechnische
Gesellschaft oder der Fachverband für Strahlenschutz
haben öffentliche Profile in den Sozialen Medien.
Reichweite ist demnach durchaus möglich. In anderen
Ländern sind die Kernenergieverbände durchaus
auch als Stimme in der öffentlichen Debatte hörbar.
Auf europäischer Ebene ist NuclearEurope 7 (ehemals
Foratom) ein gutes Beispiel für die Bündelung der
Kräfte, um für die Belange der Kernenergie und ihrer
Unter nehmen nicht nur reaktiv einzustehen, sondern
zudem proaktiv tätig zu sein. Daneben gibt es jedoch
auch eine Reihe NGOs und Interessensgruppen.
Exemplarisch sind hier nur Nuklearia, Tech for Future,
wePlanet oder weCare genannt. Vielleicht können
wir aus dem Ausland lernen, wie hier im Sinne der
Ankerung und Verfügbarkeit (Kahnemann) in Deutschland
kom muniziert werden kann. Ein aktuelles Beispiel
ist der Report der Radiant Energy Group (Dezember
2024) zur Wiederinbetriebnahme deutscher Kernkraftwerke:
Machbarkeit und Zeitplan. Es wird geankert,
dass die technischen Hürden überwindbar sind, welche
Vorteile es bringt und dass eine Mehrheit der Bevölkerung
es unterstützt.
Soziale Medien – Nutzung bei Urenco
Urenco nutzt Soziale Medien, sowohl auf Gruppenebene
als auch an den unterschiedlichen Standorten.
In einer externen Studie für Urenco wurden die
Social-Media-Kanäle und die Follower/ Kontakte bewertet.
Reichweite und das Maß der Interaktion
( Engagement) gelten als wichtige Indikatoren. Für
verschiedene Social Media Kanäle wurden Analysen
erstellt. Exemplarisch in der Abbildung oben ein
Beispiel für X (damals noch Twitter). Ohne konkret auf
das Beispiel X einzugehen, hier die Empfehlungen der
Studie:
> Verlinke Themen direkt mit Unternehmensaktivitäten
> Kommuniziere Firmennachrichten, Aktionstage
und Branchenentwicklungen
> Urenco kann bei Nachhaltigkeit eine Führungsrolle
einnehmen
> Nutze Hashtags um Zielgruppen zu erreichen
Diese Empfehlungen wurden intern umgesetzt.
Wichtig ist es dabei, technische Inhalte mit aktuellen
oder populären Themen wie CSR (Corporate Social
Responsibility)/Sustainability zu verlinken. Zudem ist
es hilfreich, proaktiver beim „Geschichten erzählen“
zu sein und die Geschichten „persönlicher“ zu machen.
Beispielsweise nicht übergeordnet, was die Kernenergie
bewirken kann, sondern welchen Beitrag man
als Unternehmen konkret leistet. Persönliche Stories
machen zudem an den Standortgrenzen keinen Halt.
Die Nutzung von Hashtags ist eine gute Möglichkeit,
auf sich aufmerksam zu machen. Top Hashtags
der Follower/Urenco sind #NetZero, #Sustainability,
#EnergySecurity. Bei Urenco wurde ein Redaktionsausschuss
mit Vertretern von allen Sites geschaffen,
um übergeordnete Projekte gemeinsam anzugehen
und sich wöchentlich auszutauschen und im Vorfeld
auf kommende Social-Media-Inhalte hinzuweisen.
7 https://www.nucleareurope.eu/
Vol. 70 (2025)
62
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Eine Analyse der Follower zeigt die unterschiedlichen
Ausrichtungen der Social-Media-Kanäle. Zudem sind
die diversen Social-Media-Kanäle in den verschiedenen
„Urenco-Ländern“ gesellschaftlich unterschiedlich
etabliert. Während beispielsweise LinkedIn in den USA
eine gesellschaftliche Abdeckung von etwa 60 % hat
(Statista, 2024), ist es in Deutschland lediglich ca. 30 %
(Statista, 2024, immerhin eine Verdopplung seit 2021).
Die Rolle der Belegschaft und jeder einzelnen Kollegin
und jedes Kollegen ist dabei wichtig und kreiert
Reichweite. Einerseits als Follower, doch zunehmend
auch als Ambassadeure für die Firma. Magnus
Enzensberger schrieb 1957: „Die Wahrheit wird nicht
von der Realität abgekupfert, sondern von Menschen
gemacht“. Enzensberger meinte mit Menschen damals
Journalisten und unterstrich damit die Bedeutung
der schreibenden Zunft. Heutzutage ist jedes aktive
Mitglied der Gesellschaft – oftmals über Soziale
Medien – selber als neuzeitliche Journalistin oder
Journalist tätig. Mit und über Kollegen entstehen die
meisten Interaktionen in den Sozialen Medien.
PR-Besuche (Auswertung Urenco Deutschland,
2015 - 2022)
Im Zeitraum von 2015 bis 2022 wurden PR-Besuche
mit Einblick in die Trennhallen durchgeführt und
anschließend mittels Besucherfeedback bewertet.
Bewusst wurden hier für eine Auswertung die Fragebögen
vor dem Ukraine-Konflikt gewählt. 160 Feedbackformulare
sind in die Bewertung eingeflossen.
Die Bewertung gestaltete sich dabei in Form von Schulnoten.
Kontakt (1,4), Film & Vortrag (2,2), Anlagenrundgang
(1,7) und Besuch insgesamt (1,6) sind Hinweise
auf das gute Feedback. Bedeutender ist unserer
Meinung nach jedoch, dass der Besuch die Einstellung
der Besucher zur Urenco im Schnitt um 1,9 auf einer
Skala von -5 bis +5 erhöht hat. Eine negative Einstellungsveränderung
gab es in all den Jahren nicht.
Lediglich eine Person würde den Besuch nicht aktiv
weiterempfehlen. Radioaktivität, Lagerung, Trans porte
und Sicherheit wurden überproportional als Interessensprioritäten
genannt.
Die positive Änderung der Einstellung bleibt nicht
auf die Urenco begrenzt, sondern bezieht sich auch
auf die Branche. Freitextkommentare wie „Ungewissheit
ist besiegt“, „habe Verständnis für die Vorgänge
erworben“, „sachkundige Informationen“, „es erfolgte
eine hervorragende Aufklärung, was man in den
Medien hört, entspricht nicht der Wahrheit“ oder „sehr
gute Aufklärung und Informationen, entgegen den
vielen negativen Medienberichten wurde eine ganz
hervorragende Darstellung gegeben“ runden das
positive Feedback für Unternehmen und der Kernenergiebranche
ab.
Fazit
Die Wahrheit wird von Menschen gemacht, nicht von der
Realität abgekupfert. Was Enzensberger 1957 bereits
beschrieb, ist heute aktueller denn jeh. Über die
Sozialen Medien beeinflusst jeder sein Umfeld. Unternehmen
machen das bewusst über ihre Kommunikationspolitik,
doch auch die Belegschaft, andere Unternehmen,
Verbände, Interessensgruppen usw. spielen
hier eine Rolle. Die deutsche Kultur wurde anhand
von Kulturdimensionen (Hofstede) als durchaus
kompatibel zu technisch anspruchsvollen und langfristigen
Prozessen wie der Kernenergie beschrieben.
Flankierend zeigen Umfragen, dass die Zustimmung
zur Kernenergie ein Allzeithoch erreicht hat.
Es geht nun darum, in der Gesellschaft die Argumente
für unsere Unternehmen und damit der Kernenergiebranche
anzubringen. Ein transparentes Teilen von
Vorteilen und positiven und persönlichen Geschichten
lässt die Vorteile der Kernenergie gedanklich wachsen
und erhöht die emotionale Anziehungskraft. Konkrete
Öffent lichkeitsarbeit vor Ort zeigt die Einstellungsänderung,
die damit bewirkt wird. Synergieeffekte
können erzielt werden, wenn gute Inhalte zwischen
den Unternehmen geteilt werden, es eine übergeordnete
Stimme der Branche gibt und wir den Blick
nach außen öffnen. Ein Großteil der Nachbarländer
Deutschlands steht der Kernenergie positiv gegenüber
und möchte die Kernenergie ausbauen. Wir können
aus dem internationalen Umfeld lernen, positive
Geschichten und Argumente für die eigene Kommunikationspolitik
ableiten und im zweiten Schritt die
deutsche Stimme international einbringen. Die derzeitigen
politischen und gesellschaft lichen Entwicklungen
bieten Möglichkeiten zur Imageveränderung der Kernenergie
in Deutschland. Dafür scheint vor allem eine
proaktivere – und wenn möglich besser abgestimmte
– Kommunikationsstrategie der Unternehmen und der
Kernenergie zugeneigten Per sonen und eine hörbare
Stimme nach außen ein sinn voller Weg. Die deutsche
Kultur lässt es zu. Psychologisch sollten wir die Kernenergie
verankern, Vorteile aufzeigen und präsent sein.
Inhaltlich ist ein Mix aus automatisch verdaubaren
und inhaltlich anspruchs volleren Inhalten der Weg
zum Ziel. Abschließen möchte ich mit dem Appell,
Teil der Debatte zu sein und sich als Unternehmen zu
zeigen und zu beteiligen. Nicht nur für sich, sondern
für die Branche insgesamt.
Autor
Dr. Chris Breuer
Urenco Deutschland GmbH
Communications & PR Manager
chris.breuer@urenco.com
Dr. Chris Breuer hat in den Niederlanden, Lettland
und in Deutschland European Studies und Politikwissenschaften
studiert. Promoviert hat er zur Europäischen
Regionalpolitik. Seit 2011 ist er Leiter
Kommunikation und PR bei der Urenco. Zu diversen
Ehrenämtern gehört ebenfalls der Vorsitz des
Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit bei KernD.
Ausgabe 2 › März
KTG-Fachinfo
Anzeige
KTG-Fachinfo 01/2025 vom 31.01.2025:
Kernenergie im Wahlprogramm
von Bündnis90/Die Grünen
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der
KTG, im Wahlprogramm von Bündnis90/Die Grünen
zur Bundestagswahl 2025 wird auch kurz Position zur
Kernenergie bezogen. Interessant ist dabei nicht nur das
beschlossene Programm, von dem eine vorläufige, noch
zu einem Gesamtprogramm zusammenzuführende und
zu redigierende Fassung nun vorliegt, sondern auch die
Änderungen im Vergleich zum Wahlprogrammentwurf
des Bundesvorstandes für die Bundesdelegiertenkonferenz
am 26. Januar.
Position Kernenergie Wahlprogrammentwurf
Bundesvorstand:
„Fossile Energieerzeugung ist ein Auslaufmodell. Gerade
damit die Kohleregionen Planungssicherheit haben
und der Strukturwandel geordnet unterstützt werden
kann, halten wir daran fest, alle verbliebenen Kohlekraftwerke
ab 2030 nicht mehr zu befeuern. Wir stehen
für eine endgültige Absage an die Gasförderung in
ganz Deutschland – an Land wie auf dem Meer. Eine
Rückkehr zur Atomkraft ist weder für das Erreichen
der Klimaziele noch für die Versorgungssicherheit
notwendig – zudem scheiden neue Atomkraftwerke
wegen der extrem langen Planungs- und Bauzeiten,
der hohen finanziellen Risiken und der Ewigkeitskosten
als realistische Option ohnehin aus. Der lange geplante
und parteiübergreifend beschlossene Atomausstieg
hat unser Land sicherer gemacht. Die Suche eines
verlässlichen Endlagers bleibt eine Herausforderung,
der sich das ganze Land stellen muss.“
Position Kernenergie Wahlprogramm nach
Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz:
„Eine Rückkehr zur Hochrisikotechnologie Atomkraft
ist weder für das Erreichen der Klimaziele noch für
die Versorgungssicherheit notwendig und für uns
aufgrund der ungeklärten Endlagerfrage, der Kosten
und der Gefahr der Verbreitung von atomwaffenfähigen
Material keine Option. Der lange geplante und
parteiübergreifend beschlossene Atomausstieg hat
unser Land sicherer gemacht. Um ihn zu vollenden,
müssen auch Brenn elementefertigung und Urananreicherung
in Deutschland beendet werden. Die von
der russischen Firma Rosatom geplante Beteiligung
in Lingen bedeutet ein zusätzliches Sicherheitsrisiko.
Wir haben uns immer für eine Ausweitung der europäischen
Sanktionen eingesetzt, auch um das
Spionage- und Sabotage-Risiko zu verringern. Die
Standortsuche für ein Endlager mit bestmöglicher
Sicherheit, so zügig wie möglich und in einem partizipativen
Verfahren bleibt eine Herausforderung, der
sich das ganze Land stellen muss. Auf dem langen Weg
dorthin müssen die Zwischenlager sicher betrieben
werden können.“
NEU BEI DER KTG:
Unsere WhatsApp-Community
für Mitglieder!
Liebe Mitglieder
der Kerntechnischen Gesellschaft e.V.,
wir haben spannende Neuigkeiten! Ab sofort
gibt es eine WhatsApp-Community für uns.
Mit diesem neuen Format möchten wir
die Ver netzung, den Austausch und die
Kommunikation unter unseren Mitgliedern
einfacher und effektiver gestalten.
Was erwartet euch?
j Eine zentrale Plattform für alle Neuigkeiten,
Veranstaltungen und Infos rund um die KTG.
j Fachgruppen-Chats, in denen ihr euch
direkt mit Gleichgesinnten zu spezifischen
Themen austauschen könnt.
j Einfache Kommunikation: Schneller,
direkter und immer am Puls der Zeit – alles
bequem über WhatsApp.
j Netzwerken leicht gemacht: Lernt andere
Mitglieder kennen, teilt euer Wissen und
profitiert vom Austausch in unserer Community.
Warum WhatsApp Communities?
, Übersichtlich und flexibel: Alle Gruppen
an einem Ort, perfekt organisiert.
, Direkt und interaktiv: Bleibt auf dem
Laufenden und diskutiert spannende Themen
in Echtzeit.
, Praktisch: WhatsApp ist ein Tool, das
die meisten von uns ohnehin täglich nutzen –
warum also nicht auch für die KTG?
SO SEID IHR DABEI:
Vol. 70 (2025)
ktg.org
64
KTG-Fachinfo
Auch die Absage an fossile Energieträger ist
deutlich verlängert und verschärft worden.
Interessant ist, dass die Bundesdelegiertenkonferenz
einen kurzen, eher positiven Abschnitt zur Kernfusion
in das Wahlprogramm eingebracht hat. Diese war im
Programmentwurf des Bundesvorstandes nicht erwähnt.
Position Kernfusion Wahlprogramm nach
Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz:
„Chancen und Potenziale neuer Energietechnologien
wie die Kernfusion und ihren Beitrag zur künftigen
Energie versorgung wollen wir unter Berücksichtigung
von Sicherheitsfragen weiter erforschen, auch wenn
sie bis 2045 voraussichtlich noch keinen Beitrag zur
Erfüllung der Klimaziele leisten können.“
Der Absatz findet sich in einem Abschnitt zur klimaneutralen
Modernisierung der Industrie, in dem es
um verschiedene von den Grünen befürwortete Technologien
geht.
Im Fazit lässt sich feststellen, dass im Vergleich zum
Wording des Bundesvorstands „die Basis“ in alte
Positionen aus Zeiten der Grabenkämpfe zurückfällt.
Parolen wie „Hochrisikotechnologie“ mögen da noch
erträglich sein, doch die erneute Forderung nach
Beendigung von Brennelementfertigung und Anreicherung
zeigen, dass Die Grünen nicht bereit sind,
auch nur ein Jota von ihren alten Forderungen abzurücken,
obwohl ihr Hauptziel der finalen Abschaltung
aller deutscher Kernkraftwerke bereits erreicht wurde.
Da den Grünen hinlänglich bekannt ist, dass
die hiesige Brennelementfertigung und die Urananreicherung
mittlerweile nur noch dem Ausland dienen,
wird somit auch klar, dass Die Grünen auch der
Kernenergienutzung in der EU und in Übersee feindlich
gegenüberstehen. Von Toleranz gegenüber dem
Energie mix anderer Länder also keine Spur.
Ihre KTG-Geschäftstelle
Nicolas Wendler und Thomas Behringer
KTG-Fachinfo 17/2024 vom 17.12.2024:
Kernenergie im Wahlprogramm
von CDU/CSU
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der
KTG, im CDU/CSU-Wahlprogramm, „Politikwechsel für
Deutschland“, das heute veröffentlicht wurde, kommt
die Kernenergie in folgenden Passagen vor:
Kurzfassung des Programms (Abschnitt Energie):
„Wir halten an der Option Kernenergie fest. Dabei setzen
wir auf die Forschung zu Kernenergie der vierten
und fünften Generation, Small Modular Reactors und
Fusionskraftwerken. Die Wiederaufnahme des
Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke
prüfen wir.“
Komplettfassung (Kapitel Energie):
„Option Kernenergie. Gerade auch mit Blick auf die
Klimaziele und die Versorgungssicherheit hat diese eine
bedeutende Rolle. Dabei setzen wir auf die Forschung
zu Kernenergie der vierten und fünften Generation,
Small Modular Reactors und Fusionskraftwerken.
Gleich zeitig streben wir schnellstmöglich eine fachliche
Bestandsaufnahme an, ob angesichts des jeweiligen
Rückbaustadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs
der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter
vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand
noch möglich ist.“
Sowie (Abschnitt Energieinnovation):
„Technologieoffen und zukunftsfähig. Das bedeutet für
uns, breit zu forschen für die beste Form der Energieerzeugung:
Brennstoffzelle, Kraftwerke mit klimaneutralen
Gasen, Geothermie, Kernenergie der vierten
und fünften Generation, Small Modular Reactors und
Fusionskraftwerke. Gleiches gilt für die Forschung zu
Transport und Speicherung.“
Sowie (Kapitel Umwelt):
„Endlagersuche vorantreiben. Den Prozess der Endlagersuche
beschleunigen wir durch Anpassungen und
schließen geologisch ungeeignete Regionen schneller
aus.“
Das ist natürlich ein riesiger Fortschritt im Vergleich
zu 2021, da die Kernenergie wieder als Energie- und
Innovationsthema betrachtet wird. Es lassen sich damit
im Prinzip die Anliegen der KTG bei Kompetenz erhaltung,
Ausbildung und Forschung gut vereinbaren, sogar
innovationsgerichtete Forschung mit Bundesmitteln
könnte wieder möglich werden. Auch bei der Endlagerung
kann man die Position als Unterstützung
für die Position der ESK zum Standortauswahlverfahren
im Sinne einer tatsächlichen und stringenten Umsetzung
des Auftrags sehen. An dieser Stelle ist das SPD-
Programm durchaus kompatibel.
An den von CDU und CSU selbst geschürten Er wartungen
gemessen, ist es aber kein großer Wurf. Insbesondere
fällt auf, dass der Prüfung auf Wiederinbetriebnahmemöglichkeiten
in der Langfassung nichts folgt.
Also nicht etwa „wir wollen KKW wieder in Betrieb
nehmen, wenn die Prüfung ergibt …“, sondern nur
Prüfung ins Nichts, also offensichtlich mit dem Erwartungswert,
dass es wohl keine Wiederinbetriebnahmemöglichkeit
mit vertretbarem Aufwand gibt.
Erkennbar ist, dass die CSU sich hier nicht durchgesetzt
hat oder durchsetzen wollte, die Formulierungen
kommen von der CDU-Seite.
Ihre KTG-Geschäftsstelle
Nicolas Wendler
Ausgabe 2 › März
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Report
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Untersuchungsausschuss zum
Kernenergie-Ausstieg – dramatischer
Schlussakkord oder Zeichen eines
Stimmungsumschwungs?
Bericht über den 2. Untersuchungsausschuss
des Deutschen Bundestages in der 20. Wahlperiode
Vor rund drei Jahren wurde Deutschland, wurde besonders auch die kerntechnische Branche in
Deutschland Zeuge eines Entscheidungsprozesses über eine krisen bedingte, begrenzte Weiternutzung
noch laufender und vor kurzem abgeschalteter Kernkraftwerke, der kaum anders denn als
qualvoll beschrieben werden kann. Wie allgemein bekannt, hat gleichsam in der Mitte der finalen Phase des
Ausstiegs aus der Kernenergie nutzung Russland die Ukraine angegriffen und damit die Perspektive einer
schweren Energiekrise für Deutschland und ganz Europa heraufbeschworen. Die routiniert abgearbeitete
und weder in der Gesellschaft noch im politischen Raum ernsthaft hinterfragbare Beendigung der Kernenergie,
an der auch einige im Sande verlaufene Vorstöße einzelner Akteure nichts ändern konnten, war
plötzlich in Frage gestellt. Insbesondere der Bundeswirtschaftsminister Habeck tat dies sogar proaktiv am
27. Februar 2022, drei Tage nach Kriegsbeginn, mit seiner Ankündigung einer ergebnisoffenen Prüfung eines
Weiterbetriebs von Kernkraftwerken als eine Reaktion auf die drohende Energiekrise. Dies wurde bei einem
Bundesminister der Grünen, der gerade dabei war, die letzten und offenbar lästigen Zuständigkeiten seines
Hauses im Bereich der Kernenergie loszuwerden, als überraschend aber durchaus positiv wahrgenommen
und dies nicht nur im Bereich der Kerntechnik selbst.
In der weiteren Handhabung der Frage und besonders
in Form eines vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Klima (BMWK) und dem Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
(BMUV) veröffentlichten gemeinsamen
so genannten Prüfvermerks am 8. März setzten sich
aber offenkundig die parteipolitischen Grundüberzeugungen
und bestehenden Befindlichkeiten und
Empfindlichkeiten auch gegen die krisenhaften Umstände
durch und das Thema sollte politisch begraben
werden. Dieses Vorhaben war aber angesichts der
durchaus vorhersehbaren Dynamik der energiewirtschaftlichen
Situation im Jahr 2022, der allerdings
offensichtlich monatelang nicht Rechnung getragen
werden sollte, nicht erreichbar. Vielmehr entspann
sich die oben genannte qualvolle Diskussion als Folge
immer neuer Krisenimpulse hinsichtlich der Gasversorgung,
der Preisentwicklung und verschiedener
Unwägbarkeiten, die in normalen, entspannten Zeiten
keine große Aufmerksamkeit erhalten, aber im Jahr
2022 nicht zuletzt auch wegen des Umgangs mit der
Kernenergie immer neue Reaktionen und Analysen
erforderten sowie politische Diskussionen auslösten.
Als letzter Akt und Nachklapp zu den damaligen
Entscheidungen wurde nach Enthüllungen diverser
Ungereimtheiten durch die politische Monatszeitschrift
Cicero, von Die Welt und Bild am 4. Juli 2024 ein Untersuchungsausschuss
des Deutschen Bundestages eingesetzt,
der die damaligen Entscheidungsfindung, ihre
Grundlagen und ihr Prozedere aufklären sollte.
Der offizielle Auftrag dieses 2. Untersuchungsausschusses
– der erste befasst sich mit dem Rückzug der
Bundeswehr aus Afghanistan – lautet, sich ein Bild von
den Entscheidungsprozessen sowie deren Kommunikation
an den Bundestag und an die Öffentlichkeit zu
machen, insbesondere hinsichtlich eines möglichen
Weiterbetriebs der Kernkraftwerke. Dabei soll untersucht
werden, auf welcher Informationsgrundlage die
Entscheidungen getroffen wurden, welche nationalen
und internationalen Stellen einbezogen wurden und
ob eine Einbeziehung weiterer Informationen oder
Stellen zweckmäßig gewesen wäre.
Die Vorarbeiten zum Prüfvermerk
auf Arbeitsebene
Nach fünf nicht-öffentlichen Sitzungen zu Fragen des
Untersuchungsumfangs, des Arbeitsablaufes und der
Beweiserhebung war die sechste Sitzung des Gremiums
am 10. Oktober 2024 die erste öffentliche Sitzung mit
einer Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung, in
Vol. 70 (2025)
72
Report
diesem Fall von beteiligten Mitarbeitern des BMUV.
In der Vernehmung ging es wie bei vielen weiteren
Befragungen um die zu einem Weiterbetrieb beauftragten
und erarbeiteten Vermerke der beteiligten
Ministerialbeamten. Der erste Zeuge berichtete von der
überraschenden mündlichen Beauftragung eines
Vermerks zur Frage der Kernkraftwerke, die er mit
einer Zusammenstellung bekannter Argumente gegen
einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke beantwortet
habe, die bereits früher für Ministerin Lemke zusammengestellt
worden seien. Die Argumente seien später
nicht vertieft geprüft worden. Zu diesen Argumenten
hätten die von den Betreibern geschlossenen Verträge
für den Rückbau und die erforderliche Periodische
Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) zur ganzheitlichen
Betrachtung und Bewertung der Anlagensicherheit
gehört, die alle 10 Jahre erfolgen müssten. Letztere
wären erforderlich, da die 2019 fälligen Prüfungen auf
Grundlage einer Ausnahmenbestimmung des Atomgesetzes
mit Blick auf die Abschaltung der Anlagen ausgesetzt
worden seien. Der Zeuge wies allerdings darauf
hin, dass das begleitende Aufsichtsverfahren die
Sicherheit sehr engmaschig prüfe und die PSÜ eine
Ergänzung sei. Die Frage ob ein Weiterbetrieb ohne
PSÜ möglich wäre, wurde nicht beantwortet.
Der nächste Zeuge berichtete von dem von ihm abgefassten
Vermerk vom 1. März, in dem drei mögliche
Szenarien für einen Weiterbetrieb beschrieben worden
seien. Szenario A sei die Abschaltung der Anlagen zum
Jahresende gewesen, Szenario B ein begrenzter Weiterbetrieb
und Szenario C ein längerer Weiterbetrieb.
Inhaltlich sei es um Fragen gegangen, die für einen
Weiterbetrieb geklärt werden müssten, ohne abschließende
Bewertung. Der Zeuge erklärte, dass er
nicht gewusst habe, dass sein Vermerk später geändert
worden sei und dass er nicht an der Erarbeitung des
Prüfvermerks vom 7. März beteiligt gewesen sei. Ein
Vermerk aus dem BMUV nachdem ein Weiterbetrieb
aus Sicherheitsgründen abgelehnt worden sei, sei erst
nach Veröffentlichung des Prüfvermerks zu seiner
Kenntnis gelangt. Der Zeuge teilte seine Einschätzung
mit, dass ein kurzer Weiterbetrieb besser als die
später diskutierte Einsatzreserve gewesen sei und er
diesen kurzen Weiterbetrieb wie er erfolgte, unter
Sicherheitsaspekten für die beste Wahl hielt.
Die Zeugin Dr. Mareike Rüffer, Leiterin der Abteilung
Nukleare Sicherheit im Bundesamt für die Sicherheit
der nuklearen Entsorgung (BASE) berichtete, dass die
Behörde mit der Frage eines längeren Betriebs der
Kernkraftwerke befasst gewesen und dabei ein FAQ
erarbeitet worden sei. Es habe drei Faktoren gegeben,
die bei den Überlegungen dazu im BASE eine Rolle
gespielt hätten. Zum einen die PSÜ, die für die in Rede
stehenden Anlagen nicht durchgeführt worden seien.
Die Zeugin beklagte, dass deren Bedeutung in der
öffentlichen Diskussion teils heruntergespielt worden
sei. Weitere Gesichtspunkte seien die im Ukrainekrieg
dokumentierte Gefährdung von Kernkraftwerken
im Kriegsfall und die Auswirkungen eines längeren
Paul-Löbe-Haus (Detail)
Oben der Europasaal in dem Teile der
Zeugenbefragungen stattfanden
Betriebs von Kernkraftwerken auf die Entsorgung, die
aus ihrer Sicht in der Diskussion nicht genügend
thematisiert worden seien. Die Zeugin selbst ist nicht
in die Entscheidungen zur Kernenergie involviert
gewesen und das BASE hat auch keine Entscheidungskompetenz
in der nuklearen Sicherheit von Kernkraftwerken.
Befragung der unbeteiligten BfS und UBA sowie
von Beamten auf Ministerlinie
Erwartbar wenig ertragreich im Sinne des Untersuchungsauftrags
waren die Befragungen von Dr. Inge
Paulini, Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz
(BfS), und Prof. Dr. Dirk Messmer, Präsident
des Umweltbundesamtes (UBA) am 17. Oktober. Frau
Paulini hat ausgesagt, zwar an den üblichen Abteilungsleiterbesprechungen
im BMUV teilgenommen zu
haben, die aber allgemeine Themen behandelt hätten.
Sie könne sich auch nicht erinnern, ob das Thema
Weiterbetrieb von Kernkraftwerken dort behandelt
worden sei und habe die Dokumente des BASE zum
Thema zuvor nicht gesehen. Sie habe auch keine eigene
Position eingebracht und sei dienstlich nicht mit
der Frage befasst gewesen. Auf Nachfrage zur Aussage
auf der BfS-Homepage, die Kernenergie sei nicht
beherrschbar hat sie auf die Unfälle von Tschernobyl
und Fukushima verwiesen und bezüglich einer
Äußerung, die Kernenergie könne nicht wirtschaftlich
betrieben werden, verwies sie auf die ungelöste Endlagerfrage.
Messmer teilte mit, dass das UBA nicht in die Entscheidungen
der Bundesregierung im Zusammenhang
mit dem Atomausstieg eingebunden gewesen sei. Dies
sei nicht überraschend, da die Fragen der nuklearen
Ausgabe 2 › März
Report
73
Marie-Elisabeth-Lüders-Haus
Ebenfalls Tagungsort des Untersuchungsuasschusses
Adobe Stock/Achim Wagner
Sicherheit, die dabei eine Rolle spielten, nicht Aufgabe
des UBA seien. Es habe zwar eine Befassung mit
Kernenergie gegeben, aber mit Bezug auf deren Klimawirkung.
Er erklärte, er habe in den Energiediskussionen
2022 befürchtet, dass es eine Renaissance der
fossilen Energieträger geben könne und brachte seine
Skepsis über die Rolle der Kernenergie zur Erreichung
der Klimaneutralität zum Ausdruck, da in dieser internationalen
Diskussion die CO2-Einsparung zu stark
bewertet und zu wenig über Sicherheitsfragen gesprochen
werde.
Als weitere Zeugen wurden Referenten des BMUV
vernommen. Es wurde u. a. berichtet, dass kurz nach
Beginn des Ukraine-Krieges im Ministerium erste
Diskussionen über einen Weiterbetrieb der noch
laufenden Kernkraftwerke begonnen hätten. Dabei
habe der Zeuge nicht den Eindruck gehabt, es habe
Denkverbote gegeben oder fachliche Argumente seien
nicht gehört worden. Die Kraftwerksbetreiber selbst
hätten einen Weiterbetrieb skeptisch gesehen. Nach
der Entscheidung des Kanzlers für einen Weiterbetrieb
habe es wegen der fehlenden PSÜ Kontakte mit der EU
gegeben, die einer Verlängerung des Reaktorbetriebs
um dreieinhalb Monate zugestimmt, aber gegen eine
darüber hinaus gehende Verlängerung Bedenken
erhoben habe.
vertretbar gewesen sei, als fehlerhaft und politisch
motiviert. Der Vermerk sei an verschiedenen Stellen
falsch. So sei geschrieben worden, dass die Betriebsgenehmigungen
der noch laufenden Kernkraftwerke
zum gesetzlichen Abschaltdatum Ende 2022 erlöschen
und für einen Weiterbetrieb neue Betriebsgenehmigungen
erforderlich würden. Tatsächlich aber
würde nur die Erlaubnis erlöschen, Strom zu erzeugen.
Auch die Einschätzung, dass ein Streck betrieb der
Kraftwerke keinen Nettoertrag an Energie bringe, sei
falsch gewesen. Die Bewertung, dass eine PSÜ, die an
den letzten drei Kernkraftwerken aufgrund einer gesetzlichen
Ausnahme mit Blick auf die bevorstehenden
Abschaltungen längere Zeit nicht mehr durchgeführt
worden sei, zu umfangreichen Nach rüstungen führen
würde, sei nicht nachvollziehbar. Auch sei die PSÜ
keine Genehmigungsvoraussetzung.
Stoll äußerte zu dem gemeinsamen Prüfvermerk seine
Einschätzung, dass damit eine politische Entscheidung
mit Sicherheitsgründen bemäntelt werden sollte, um
die Diskussion des Themas möglichst rasch zu beenden.
Konfrontiert mit einer Mail, in der er als „absoluter
Atommann“ bezeichnet worden sei, erklärte er, damit
kein Problem zu haben. Stoll erklärte, er habe im BMUV
seine Unterstützung angeboten, da absehbar gewesen
sei, dass es eine Diskussion um die Sicherheit der
Energie versorgung und um die Laufzeit der Kernkraftwerke
geben werde. Ihm sei aber mitgeteilt worden,
dass dies ein politisches Minenfeld sei und sich die GRS
besser nicht beteiligen sollte. Stoll wies darauf hin, dass
die deutschen Kernkraftwerke bis zum 31. Dezember
2022 als sicher eingestuft gewesen seien. Es sei daher
nicht verständlich, warum sie am 1. Januar 2023 nicht
mehr sicher sein sollten. Sollten sie unsicher gewesen
sein, hätte dies die gesamte Aufsicht in Deutschland in
Frage gestellt.
Allgemein äußerte Stoll zur Sicherheit von Kernkraftwerken,
dass jede Form der Energieerzeugung
Risiken habe und die Kernkraft eine mit Risiken
behaftete Technologie wie jede andere sei, keine
Hochrisikotechnologie. Er wies darauf hin, dass in
den Niederlanden und der Schweiz aus Deutschland
Ein Vertreter der Fach-Community wird deutlich
und ein Energiekonzern wiegelt ab
Am 7. November wurden Uwe Stoll, damals wissenschaftlich-technischer
Geschäftsführer der Gesellschaft
für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) und Mitglied
der Reaktor-Sicherheitskommission sowie der Referatsleiter
Bundesaufsicht bei Betrieb und Stilllegung von
Atomkraftwerken und Forschungsreaktoren sowie der
ehemalige Unterabteilungsleiter Strahlenschutz im
BMUV befragt.
Stoll bezeichnete die Beurteilung im gemeinsamen
Prüfvermerk von BMWK und BMUV vom 7. März
2022, dass ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke
aus Gründen der nuklearen Sicherheit nicht mehr
Bundesministerium für Wirtschaft und Klima
Vol. 70 (2025)
74
Report
gelieferte Kernkraftwerke heute noch laufen würden
und in den Niederlanden eine Betriebsverlängerung
auf 80 Jahre geprüft werde.
Ein Mitarbeiter des BMUV bekundete, davon irritiert
gewesen zu sein, dass ein Energiekonzern große
Bedenken gegen einen Weiterbetrieb geäußert und
erhebliche Nachrüstungen der Anlagen für erforderlich
gehalten habe. Er habe auch Prüfbedarf gesehen,
aber ein erheblicher Nachrüstbedarf wäre nicht so
pauschal angenommen worden zumal die Prüfungen
noch gar nicht stattgefunden hätten. Sicherheitsüberprüfungen
wären nicht entbehrlich gewesen, aber man
habe die Anlagen nicht als unsicher eingeschätzt. Auf
den Hinweis, dass Minister Habeck und Staatssekretär
Graichen sich in der weiteren Debatte besonders auf
diese Unternehmensstellungnahme bezogen hätten,
erklärte der Zeuge, dass er diese nicht für abschließend
überzeugend gehalten habe. Er habe mit zwei Kollegen
am 1. März einen Vermerk erarbeitet, in dem drei
Szenarien eines Weiterbetriebs skizziert worden seien,
die mit der nuklearen Sicherheit vereinbar gewesen
seien.
Am 14. November war Richard Lothar Donderer, der
Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission und
Gründer des Physikerbüro Bremen der Hauptzeuge,
bei dem es um seine Einbeziehung in die Entscheidungsprozesse
und darüber hinaus um die Einbeziehung
von externem Fachwissen ganz generell
ging, was ja etwa bei der GRS nicht der Fall gewesen
ist. Weitere Zeugen an diesem Tag waren der Leiter des
Referats Recht der nuklearen Sicherheit und Sicherung
sowie der Leiter der Unterabteilung Nukleare Entsorgung,
beide BMUV.
Ein RSK-Vorsitzender tut sich keinen Gefallen
Donderer stellte fest, dass prinzipiell aus sicherheitstechnischer
Sicht ein Nicht-Weiterbetrieb sicherer sei
als ein Weiterbetrieb. Die RSK habe aber keine Veranlassung
gehabt, das Thema proaktiv zu adressieren,
da die Energiepolitik anderswo gemacht werde. Allerdings
habe es seitens einiger Mitglieder den Wunsch
gegeben, einen längeren Betrieb zu betrachten und sich
dazu auszusprechen. Hinsichtlich des Streckbetriebs
habe es aber später den Auftrag des BMUV gegeben,
diesen sicherheitstechnisch zu begleiten. Einige
Mitglieder hätten auch in diesem Zusammenhang
empfohlen, eine Betrachtung zu einem längeren
Weiterbetrieb vorzubereiten.
Donderer erläuterte auf Nachfrage zum Tagesordnungspunkt
Sonstiges im Protokoll vom 6. April, dass
es um die Situation in anderen Ländern gegangen sei
und auch über den Prüfvermerk diskutiert worden sei,
der einige Mitglieder der Kommission verwundert
habe und den sie kritisiert hätten. Auf eine Vorhaltung,
dass einige RSK-Mitglieder wegen Nicht-Befassung mit
dem Thema Weiterbetrieb den Sinn ihrer Tätigkeit in
der Kommission angezweifelt hätten, erklärt Donderer,
dass es die angebotene Aussprache mit dem BMUV in
Form eines Online-Meetings gegeben habe und alle
Mitglieder in der RSK geblieben seien. Donderer
ergänzte, die Kommission sei öfter nicht angefragt
worden und nannte als Beispiel die Laufzeitverlängerung
im Jahr 2010, bei der nur einzelne Mitglieder
eingebunden gewesen seien. Nach dem Unfall von
Fukushima wiederum sei von der RSK sehr intensiv an
der Robustheitsprüfung der Kernkraftwerke gearbeitet
worden, die dann nicht die Entscheidungsgrundlage
bildete. Zur Frage nach Treffen mit der Ministerin oder
der Leitungsebene des BASE antwortet Donderer, dass
es mit Ausnahme eines Abendessens nur Kontakte auf
Arbeitsebene gegeben habe.
Zum Komplex Streckbetrieb der Kernkraftwerke –
wie er später realisiert wurde – und Einsatzreserve –
wie von Minister Habeck vorgeschlagen – berichtete
Donderer, dass es eine Videokonferenz zum Streckbetrieb
mit Beteiligung eines Staatssekretärs aus dem
BMWK gegeben habe und die RSK-Mitglieder darüber
beraten hätten und recht schnell übereingekommen
seien, dass eine Einsatzreserve sicherheitstechnisch
nicht optimal sei. Auf die Vorhaltung, dass der Prüfvermerk
in Entwurfsfassung an einzelne Mitglieder der
RSK weitergegeben worden sei, erklärt Donderer dass
er einen solchen Entwurf erhalten habe. Er vermute
dies sei geschehen, damit er und die anderen den Text
fachlich prüfen, was in Form von Kommentierungen
auch geschehen sei. Auf die Frage nach seiner Bewertung
äußert Donderer, dass ihm die Formulierungen
zur sicherheitstechnischen Bewertung zu weit gegangen
seien. Da diese Kommentierung dem Ausschuss
nicht vorliegt, trägt Donderer einige Punkte vor. So hat
er angemerkt, dass ihm die Aussagen zu Investitionen
der Betreiber voreilig erschienen, da diese zwar nicht
ausgeschlossen aber auch nicht absehbar gewesen
seien. Auch die An nahme, dass es Probleme bei der
Beladungsplanung geben würde, da relativ viele frische
Brennelemente hätten eingesetzt werden müssen
erschien nicht gut begründet. Die Kommentierung sei
an den Abteilungsleiter Reaktorsicherheit im BMUV,
Gerrit Niehaus, gegangen, aber er wisse nicht, was
dann ggf. geändert worden sei.
Deutscher Bundestag - Reichstagsgebäude
Ausgabe 2 › März
Report
75
Donderer erklärte, dass die RSK bis zur Bewertung des
Streckbetriebs nicht als ganze eingebunden gewesen
sei, aber über die Beratungsstände informiert worden
sei. Er habe dafür plädiert, keine voreiligen Schlüsse
zu ziehen. Auf die Frage, ob signalisiert worden sei, sich
mit dem Thema nicht zu befassen, erklärte Donderer,
dass sie sich damit hätten befassen können und er sich
nicht an die Leine gelegt gefühlt habe. Auf die Frage,
ob der Auftrag zur Stellungnahme zum Reservebetrieb
durch BMUV an GRS und Physikerbüro Bremen üblich
oder ungewöhnlich ist, antwortet Donderer, dass dies
eher ungewöhnlich sei, aber über die GRS gelaufen sei
mit der wir (Anm.: die RSK) einen Vertrag hätten und
die der RSK zuarbeite. Hinsichtlich der Bewertung habe
es keine Meinungsverschiedenheiten gegeben.
Auf die Frage, ob er die Ankündigung einer ergebnisoffenen
Prüfung eines Weiterbetriebs von Kernkraftwerken
durch Minister Habeck am 27. Februar so
aufgefasst habe, dass es auch eine Prüfung auf Sicherheit
geben müsse, antwortet Donderer, dass aus
heutiger Sicht erst energiewirtschaftliche Fragestellungen
hätten beantwortet werden müssen, verneint aber,
dass ohne sicherheitstechnische Prüfung ein Weiterbetrieb
hätte veranlasst werden können. Auf die Frage,
warum Entwurfsfassungen des Vermerks nur an ihn,
Pistner und Brettner übermittelt worden seien, erklärt
er, dass die Befassung mit dem Vermerk durch Niehaus
erfolgt sei und sie eng zusammenarbeiteten und als
kompetent eingeschätzt würden. Auf die Frage warum
er seine Kommunikation zum Vermerk mit dem
BMUV nicht den anderen Kollegen mitgeteilt habe
und ob dies nicht zu Unzufriedenheit hätte führen
können, ant wortet Donderer, dass er dazu keine Veranlassung
gesehen habe und gefragt worden wäre,
warum nur die drei kontaktiert worden seien. Darüber
hinaus seien die Fragestellungen zum Vermerk eher
keine RSK-Themen gewesen. Zur nochmaligen Frage,
warum er beteiligt worden sei, die anderen nicht,
erklärt Donderer, dass er den entsprechenden Background
habe und seine Beiträge von Niehaus geschätzt
würden. Er wäre auch als Nicht-Vorsitzender eingebunden
gewesen, der Vorsitzende repräsentiere die
RSK nicht.
Zum Thema einer Videokonferenz u. a. mit Graichen
und dem Staatssekretär im BMUV Tidow bei der er
vertraulich hinzugezogen worden sei, erklärt Donderer,
Ziel sei es gewesen, einzuschätzen, ob Reservebetrieb
eine sinnvolle Einsatzweise sei. Dabei hätten wir die
Auffassung vertreten, dass dies nicht der Fall wäre und
es erläutert.
Ein Fragesteller erläutert, dass sich der ehemalige
GRS-Geschäftsführer Stoll vergangene Woche sehr
deutlich geäußert habe und Niehaus meinte, dass sich
Donderer anders als Stoll bewusst nicht geäußert habe
und schließt daran die Frage an, ob es eine Sprachregelung
mit Niehaus gegeben habe. Donderer verneint
dies und teilt mit, dass Niehaus wisse, dass er vor sichtig
sei. Nach seiner Einschätzung von Stoll gefragt, äußert
er, dass er Stoll für sehr kompetent halte, dieser aber
seine Kompetenzen manchmal überschreite.
Auf die Frage, ob es Bestrebungen innerhalb der RSK
gegeben habe, eine Befassung mit dem Weiterbetrieb
herbeizuführen, erklärt Donderer, dass die RSK
Beratungen hinsichtlich des zu prüfenden Sachverhalts
feste Rahmenbedingungen bräuchten. An anderer
Stelle erklärte er, dass es in dieser Zeit auch schwierige
Sitzungen und andere Auffassungen zur Positionierung
gegeben habe. Auf eine Frage zum Inhalt einer PSÜ
erläutert Donderer, dass in der Regel keine Sachverhalte
zu Schwachstellen gefunden würden, weil
solche zuvor identifiziert und beseitigt würden. Es
würden ggf. Verbesserungen bei der Sicherheit vorgenommen
bzw. vorgeschlagen. Die Hauptarbeit bei
der Aufsicht sei die regelmäßige Begleitung durch die
Landesaufsicht. Ein Plädoyer für einen Entfall der PSÜ,
die man immer für sinnvoll erachtet habe, wäre nicht
auf Zustimmung in der Kommission gestoßen. Eine
Priorisierung bei der Durchführung der PSÜ, die
betriebsbegleitend sei, aber wohl schon. Auf eine Frage
ob eine Nachrüstung auf einen EPR-Standard wie im
Prüfvermerk angegeben eine Voraussetzung für einen
Weiterbetrieb sei, antwortet der Zeuge, dass dies nicht
seine Auffassung sei.
Die hohe Kunst Verantwortlichkeit zu zerstreuen
Der nächste Zeuge, Leiter des Referats Recht der
nuklearen Sicherheit und Sicherung im BMUV, erklärte
zu Beginn seiner Befragung, dass der Gesetzgeber
gemäß des so genannten Kalkar-Urteils des Bundesverfassungsgerichts
über einen weitreichenden Entscheidungsspielraum
hinsichtlich der Nutzung der
Kernenergie verfüge. Diese könne aber nur genutzt
werden, solange sie mit Grundrechten zu vereinbaren
sei. Er führt in seiner Äußerung auch die Bewertung
der Ethikkommission von 2011 als Rechtsquelle an
und stellt die Frage in den Raum, ob der Angriffskrieg
Russlands auf die Ukraine die Bewertung ändere. Er
erklärt, dass die Frage des Weiterbetriebs vor allem
energiewirtschaftlich zu beantworten gewesen sei und
er nicht an der Abfassung des Vermerks, wohl aber an
einem Gespräch mit den Energieversorgungsunternehmen
beteiligt gewesen sei. Die Unternehmen hätten
dabei im Fall einer mehrjährigen Verlängerung des
Betriebs eine Risikotragung durch den Staat gefordert.
Zu einer Frage nach seiner Beteiligung an einer Videokonferenz
am 5. März mit den Energieversorgungsunternehmen
erklärt der Zeuge nicht dabei gewesen
zu sein, aber das Protokoll erhalten zu haben. Auf
Nachfrage ob er nicht verwundert gewesen sei, das
Protokoll erst am 1. April zu erhalten, da die Arbeitsebene
nicht früher informiert worden sei sowie zu
inhaltlichen Änderungen erklärt er, dass die Dauer
wegen der Abstimmung nicht überraschend sei, ebenso
wie die Änderungen, da auch Auffassungen der Unternehmen
eingebracht worden seien. Wesentlicher
Unterschied sei gewesen, dass die Unternehmen nicht
Vol. 70 (2025)
76
Report
in eigener Verantwortung hätten handeln wollen,
sondern diese an den Staat abgeben wollten. Auf
die Frage hinsichtlich der Nicht-Einbindung in die
Abfassung des Prüfvermerks erklärt der Zeuge, dass
der Prüfvermerk auf rechtlicher Seite von Abteilungsleiter
Niehaus verfasst worden sei, der über umfangreiche
juristische Expertise verfüge.
Auf eine Frage, wann er von der Stellungnahme von
KernD zum Prüfvermerk erfahren habe, die sich auch
damit befasst hätten und wie diese Stellungnahme
aufgefasst worden wäre, äußert der Zeuge, dass der
KernD-Vermerk am eigentlichen Problem der Laufzeitverlängerung
bezüglich der Risikotragung durch die
EVU vorbei gegangen sei. Auf die Frage, warum er hinsichtlich
eines Auftrags für eine Gegenstellungnahme
zu KernD davor gewarnt habe, dass man sich bei der
Argumentation auf dünnes Eis begebe, antwortete der
Zeuge, dass er die Befürchtung gehabt habe, man
würde sich in einzelnen Fragestellungen verzetteln, die
vom Grundproblem der Positionierung der Energieversorger
ablenken würde. Auf die Anmerkung, dass
eine rechtliche Verteidigung der eher politischen
Stellungnahme im Prüfvermerk gefordert worden sei
und dass Niehaus bei Rechtsfragen sein Fachreferat
nicht einbezogen habe, erklärt der Zeuge, dass seine
Befürchtung gewesen sei, dass man die Hauptfrage
der Aussagen der Unternehmen vernachlässige und
erläuterte, dass Niehaus auch auf einzelne Punkte des
Vermerks von KernD habe eingehen wollen.
Im Zusammenhang mit einem Vermerk vom
28. Februar, der nach der Stellungnahme eines Energieversorgers
abgefasst wurde, wird gefragt, was der
Zeuge von dieser Stellungnahme von RWE halte. Er
antwortet, dass dies die Auffassungen eines Unternehmens
waren, das noch ein Kernkraftwerk betrieben
habe. Auf Vorhalt eines Vermerks, der die RWE
Bewertung als noch pessimistischer einschätzte als die
BMUV-Bewertung, was teilweise nicht habe nachvollzogen
werden können, antwortete der Zeuge, dass
diese negative Einschätzung die Grundlage für weitere
Erörterungen zum Thema gebildet habe, er aber keine
Einschätzung zu technischen Bewertungen geben
könne. Auf die Frage nach einer damaligen Stellungnahme
zu den rechtlichen Risiken, die im RWE-Papier
formuliert worden seien, erklärt der Zeuge, dass
dort Tatsachenfeststellungen getroffen und eine sehr
abstrakte rechtliche Einschätzung gegeben worden
seien.
Ein Fragesteller verweist auf die Feststellung des
Zeugen, KernD ignoriere die Festlegung des Gesetzgebers
auf Grundlage der Formulierung der Ethikkommission
und fragt nach dem von ihm seinerzeit
angesprochenen Thema einer Umweltverträglichkeitsprüfung
im Zusammenhang mit einer Laufzeitverlängerung.
Der Zeuge antwortet, dass hier ein Unterschied
zwischen den Dauern einer Laufzeitverlängerung
bestehe. Der EuGH habe zu einer 10-jährigen
Laufzeitverlängerung geurteilt und dabei festgestellt,
dass in einer energiewirtschaftlichen Notlage eine
begleitende UVP gestattet sei. Dies erfordere jedoch
einen hohen Begründungsaufwand. Ein längerer
Weiter betrieb hätte rechtliche Fragen aufgeworfen, die
aber nicht geprüft worden seien, da die Unternehmen
nicht zur Risikotragung bereit gewesen seien und das
BMWK keine energiewirtschaftliche Notlage erkannt
habe, die gerechtfertigt hätte, eine Risikotragung durch
den Staat zu übernehmen. Auf die Frage, ob das Kernkraftwerk
Gundremmingen C hätte in Betrieb gehen
können, da es eine PSÜ gegeben habe, antwortete
der Zeuge, dass die Anlage die formale Anforderung
der PSÜ erfüllt habe, er aber nichts zur technischen
Bewertung antworten könne.
Zum Thema Streckbetrieb – kleiner Weiterbetrieb
ohne neuen Brennstoff – vs. Reservebetrieb – bis
zum Ende der Zeugenbefragungen in seinem Charakter
nicht abschließend geklärter fakultativer alternativer
Betrieb – äußert der Zeuge, dass er in den beauftragten
rechtlichen Vorabüberlegungen eher einen Streckbetrieb
befürwortet habe, da dieser weniger rechtliche
Risiken verursacht hätte und eine zusätzliche Regelung
im Energiewirtschaftsgesetz durch das BMWK erspart
hätte. Auf die Frage, warum eine gemeinsame Verlängerung
für alle drei Anlagen europarechtlich einfacher
zu handhaben gewesen wäre, antwortet der
Zeuge, dass es in energiewirtschaftlicher Hinsicht eines
Sachgrundes bedurft hätte, den Betrieb von nur
zwei Anlagen zu verlängern. Auf die Frage nach einer
Dankesmail von Staatssekretär Tidow zur Umsetzung
des Atomausstiegs nach deren Üblichkeit sowie
zu seiner persönlichen Perspektive zum Ausstieg
befragt, erklärt der Zeuge, dass die Beendigung der
Kern energienutzung durchaus ein wahrnehmbares
Datum gewesen sei und für ihn mit Umstellung von
unbe fristeten Betriebserlaubnissen der Betreiber
auf begrenzte Strommengenkontingente nach Verhandlungen
die Ansprüche aller Seiten zu einem
Ausgleich geführt worden seien.
Auf eine Frage nach der Einschätzung der TÜV
Stellungnahme zu KKI 2 und KRB II C erklärt der Zeuge,
dass das Gutachten von Dr. Christian Raetzke Sachverhaltsdarstellungen
in Hinblick auf einen Energienotstand
mache, den das BMWK nicht festgestellt habe.
Das Gutachten gehe von Sachverhalten aus, die nicht
bestanden hätten. Daran änderten auch die Ergebnisse
des zweiten Stresstests nichts, da diese nur auf
die Erforderlichkeit eines kurzen Weiterbetriebs hindeuteten.
Auf eine Frage zur Feststellung im Prüfvermerk, dass
eine PSÜ Voraussetzung für einen Weiterbetrieb sei
und nicht betriebsbegleitend nachgeholt werden könne
antwortet der Zeuge, dass die PSÜ ursprünglich auf
einem freiwilligen Verfahren der Betreiber aus den
neunziger Jahren beruhe und 2015 ins Europarecht
hineinverhandelt worden sei. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen
sei eine Ausnahme mit Blick auf die
Abschaltung der Anlagen geschaffen worden, aber die
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Report
77
rechtliche Notwendigkeit einer PSÜ sei europarechtlich
unzweifelhaft und eine nachgeholte PSÜ sei nicht
möglich. Die Kommission habe dem weiteren Verzicht
auf eine PSÜ nur in Bezug auf einen kurzen Weiterbetrieb
zugestimmt.
Der letzte befragte Zeuge, Leiter der Unterabteilung
Nukleare Entsorgung, konnte aufgrund seiner Zuständigkeiten
keine wesentlichen Beiträge hinsichtlich
des Untersuchungsauftrages leisten. Die Ausnahme
bildeten die Bestätigung seiner Kenntnis nach, dass
niemand seitens der Bundesregierung bei Westinghouse
oder andernorts zu den Möglichkeiten und
erforderlichen Zeiten für die Lieferung frischer Brennelemente
für einen Weiterbetrieb angefragt habe und
die Aussage, dass im Falle eines Weiterbetriebswunsches
der Betreiber bezüglich des KENFO die
Büchse der Pandora geöffnet worden wäre.
Bei der Zeugenvernehmung am 28. November wurde
zunächst ein Mitarbeiter des TÜV Süd Industrie Service
GmbH, der eine der Position der Bundesregierung
widersprechende Stellungnahme zu den in Bayern
befindlichen Kernkraftwerken KKI 2 und KRB II C im
Auftrag der Bayerischen Staatsregierung abgegeben
hatte befragt. Danach fand eine Sachverständigenanhörung
statt und zum Abschluss die Zeugenbefragung
der Vertreter der Energieversorungsunternehmen
bzw. eines Betreibers. Als Sachverständige
waren geladen Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge vom EWI
an der Universität zu Köln, Prof. Dr. Veronika Grimm
von der FAU Erlangen-Nürnberg und Mitglied des
Sachverständigenrats der Bundesregierung, Prof. Dr.
Claudia Kemfert vom DIW Berlin, Dr. Felix Christian
Matthes vom Öko-Institut, Prof. Wolfgang Renneberg
vom Institut für Bodenkultur im Ruhestand der
Universität Wien, Ulrich Waas, ehemaliges Mitglied
der Reaktorsicherheitskommission und Dr. Anna
Veronika Wendland, Forschungskoordinatorin des
Herder Institut für historische Ostmitteleuropaforschung.
Für die Energieversorger waren geladen
Markus Krebber, Vorstandsvorsitzender der RWE AG,
Dr. Guido Knott, Vorsitzender der Geschäftsführung
der PreussenElektra GmbH und Frank Mastiaux,
ehemaliger Vorstandsvorsitzender der EnBW AG.
Die Sicht eines unabhängigen Gutachters
Der Zeuge des TÜV ist für sein Unternehmen als
Projektleiter für das Kernkraftwerk Gundremmingen
und als Leiter der Abteilung Kerntechnik des TÜV Süd
tätig und ist Mitglied der Kommission Kerntechnik des
TÜV-Verbandes sowie eines RSK-Ausschusses.
Der Zeuge berichtet, dass ein Auftrag zur Prüfung des
Weiterbetriebs bzw. der Wiederinbetriebnahme des
KKI 2 bzw. KRB II C durch das Bayerische Staatsministerium
für Umwelt und Verbraucherschutz erteilt
worden sei und danach seitens TÜV Süd keine
öffentlichen Äußerungen mehr erfolgten, weil dies
Sache des Auftraggebers gewesen sei. Es bestehe ein
Kernkraftwerk Gundremmingen
Quelle: Adobe Stock/Traveldia
Rahmenvertrag zwischen TÜV Süd und dem Bayerischem
Umweltministerium als Aufsichtsbehörde für
ver schiedene Aufgaben bei der Überwachung der
Kernkraftwerke wobei bei allen Anlagen die gleichen
Maßstäbe angelegt würden. Die Prüfung der Anlage
hinsichtlich des Weiterbetriebs sei mit der Routinearbeit
nach einer Revision vergleichbar, bei der geprüft
werde, ob die Voraussetzungen zum Anfahren vorlägen.
Bei der Anlagenüberwachung würden auch
anlagenübergreifende Betrachtungen etwa zur Übertragbarkeit
von meldepflichtigen Ereignissen einbezogen.
Auf eine Frage zur Zusammenarbeit mit den
Betreibern erläutert der Zeuge, dass es keine Zusammenarbeit
im eigentlichen Sinne gebe, da die
Behörde den Gutachter beauftrage. Es gebe aber fachlichen
Austausch. Im Fall Gundremmingen habe bereits
eine Rückbaugenehmigung vorgelegen und es sei von
der Behörde abgefragt worden, was schon geschehen
sei und welches Inventar an Brennelementen vorhanden
wäre. Zum Prüfvermerk äußerte der Zeuge,
dass dieser die PSÜ zu sehr in den Vordergrund gestellt
und die Beschaffung neuer Brennelemente zu negativ
dargestellt habe. Er berichtet, man habe klargestellt,
dass die PSÜ das Aufsichtsverfahren ergänze und eine
laufende, permanente Überprüfung während des
Betriebs bestehe und somit ein permanent aktualisierter
Sachstand über die Anlage vorhanden sei. Eine
fehlende PSÜ wäre kein Hinderungsgrund für einen
Weiterbetrieb gewesen, weil nicht plausibel gewesen
sei, dass größere sicherheitstechnische Defizite bestünden,
die ohne PSÜ unentdeckt wären.
Der Zeuge erklärte, die Forderung nach einem EPR-
Standard sei nicht nachvollziehbar gewesen, weil es
ein aktualisiertes Regelwerk gebe, dem die Anlagen
entsprechen müssten, aber keinen EPR-Standard. Auch
sei im Prüfvermerk eine falsche Interpretation des
Streckbetriebs enthalten gewesen. Der Zeuge teilt
weiter mit, dass man festgestellt habe, dass die Anlagen
weiter betrieben werden könnten, im Fall KRB II C
nach Wiederherstellung kleinerer erfolgter Rückbaumaßnahmen
im zeitlichen Umfang von rund sechs
Monaten. Rechtlich gesehen, hätten die neuen Prüfanweisungen
zur Begleitung der Rückbausituation
Vol. 70 (2025)
78
Report
ausgesetzt und die alten Anweisungen aus der Betriebszeit
wieder in Kraft gesetzt werden müssen.
In der weiteren Befragung führte der Zeuge u. a. aus,
dass eine PSÜ rund drei Jahre benötige, aber betriebsbegleitend
und v. a. als Papierarbeit stattfinde. Es sei
bei vergangenen PSÜs kein maßgeblicher Änderungsbedarf
mehr identifiziert worden. Es gehe darum, die
Sicherheit ggf. noch weiter zu verbessern. In der Vergangenheit
sei nie eine Anlage aufgrund der PSÜ
abgefahren worden, nur aus dem Aufsichtsverfahren
heraus. Nachrüstungen seien üblicherweise im
Rahmen einer Revision möglich. Der Zeuge führte aus,
dass die Sicherheit einer Anlage nicht gewährleistet
wäre, wenn das Aufsichtsverfahren nicht durchgeführt
würde. Die Sicherheit werde nicht durch die Sicherheitsüberprüfung
gewährleistet.
Auf eine Frage, ob es bei Beauftragung der Stellungnahme
eine Ergebnisweisung gegeben habe, antwortete
der Zeuge, dass man sich dagegen als unabhängiger
Gutachter verwahrt hätte. Zur Kritik von
Greenpeace, dass die Zeit zur Erstellung einer Stellungnahme
unzureichend gewesen sei, äußert der Zeuge,
dass man den Sachstand vorliegend gehabt habe und
nur wenig zusätzlich hätte einholen müssen, gleichwohl
mehrere hundert Stunden Arbeit für die Stellungnahme
aufgewendet worden seien. Im Zuge der Frage-
Antwort-Dialoge dieser Zeugenbefragung ist auch
offenbar geworden, dass Minister Habeck beabsichtigt
hatte, die Gewinne, die nach Verfügung des Einsatzes
im Rahmen des Einsatzreserve-Konzepts angefallen
wären, gesondert zu besteuern. Dies habe sich aber als
rechtlich unmöglich herausgestellt.
Der kontroverse Pluralismus der Experten
Bei der Sachverständigenbefragung sind keine wesentlichen
Erkenntnisse zum Untersuchungsgegenstand
gewonnen worden. Die Expertenstellungnahmen sowie
die Fragen und Antworten richteten sich wesentlich
auf Ex-Post-Betrachtungen zu Versorgungssicherheit
und anderen energiewirtschaftlichen Sachverhalten,
die aber für die Entscheidungssituation im Jahr 2022
nicht relevant, da logischerweise nicht verfügbar
waren. So war der milde Winter nicht vorhersehbar
und die Schwierigkeit klare Preiseffekte zu identifizieren
ist nicht nur wegen des kleinen Erzeugungsbeitrags
der „Restkernkraft“ schwierig, sondern auch, weil im
Frühjahr, bzw. wegen der milden Witterung bereits im
Winter, eine Normalisierung des überzogenen Krisenpreisniveaus
des Jahres 2022 eingesetzt hat, die den
Effekt der reduzierten Kernenergieproduktion überlagert
hat. Auch liefen nun einmal die Kernkraftwerke
während der Zeit der höchsten Nachfrage im Winter
noch und haben so gleichsam selbst darauf hingewirkt
die energiewirtschaftliche Lage zu beruhigen und
ihren Einsatz als nicht so maßgeblich erscheinen zu
lassen. Kontroversen im Rahmen von Fragen und Antworten
resultierten vor allem aus den Ausführungen
des Sachverständigen Waas zum Thema PSÜ und den
rechtlichen Einschätzungen der Bundesregierung
sowie den Aussagen des Sachverständigen Renneberg,
die aus Sicht des Autors von einer sachlich ungerechtfertigten
Überbetonung von Risiken und schwer
zu rechtfertigenden Rechtsinterpretationen geprägt
waren. Einige Sachverständigenaussagen, die in der
unten folgenden Befragung relevant gewesen sind,
finden sich dort referiert. Die beim Untersuchungsausschuss
eingereichten Stellungnahmen der Sachverständigen
sind auf die Seite des Untersuchungsausschusses
des Deutschen Bundestages im einführenden
Absatz zur Sitzung vom 14. November verlinkt (Online-
Ausgabe) bzw. die Links in einer Fußnote ausgeschrieben
(gedruckte Ausgabe).
Das Highlight der Befragung vom 28. November stellt
aus Sicht der kerntechnischen Branche die Befragung
der Zeugen Krebber, Knott und Mastiaux dar.
Der Geschmeidige
Der Auftritt von Krebber war betont gelassen, in
dem Bestreben, in möglichst konsensueller Weise
eventuelle Fallstricke zu umgehen. Krebber war
bemüht, den im Ausschuss aufgrund der Aktenlage
entstandenen Eindruck zu zerstreuen, RWE sei gegenüber
einem Weiterbetrieb betont negativ eingestellt
gewesen. Hinsichtlich der Positionierung der drei Betreiber
in einem gemeinsamen Papier am 26. Februar,
dass auf ein lange vorbereitetes Treffen Krebbers
mit Habeck am 24. Februar zurückgeht, wurde festgehalten,
dass es keine Einigung mit den anderen
Betreibern gegeben habe. Das entsprechende Dokument
ist deswegen am 26. Februar als RWE-Vermerk
an das BMWK gegangen. Gegenstand des Gesprächs
vom 24. Februar seien verschiedene energiepolitische
Themen gewesen, die vom Ausbruch des Ukraine
Krieges am selben Tag überlagert worden seien.
Das Papier vom 26. sei als Nachreichung zu diesem
Gespräch zu verstehen.
Knott und Mastiaux haben in ihren Aussagen bestätigt,
dass es keine Einigung über das Papier gegeben hat, da
eine grundsätzliche Feststellung hinsichtlich der
Möglichkeit eines Weiterbetriebs – bei allen Herausforderungen
– und zur Bereitschaft zu einem Weiterbetrieb
auf Bitten der Bundesregierung aus ihrer Sicht
nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck kam.
Krebber wollte das Papier dennoch nicht als generelle
Absage an einen möglichen Weiterbetrieb verstanden
wissen und betonte, dass RWE auch hier, wie in den
anderen Sektoren der Energiewirtschaft bereit war,
alles Erforderliche zu unternehmen, um eine krisenhafte
Zuspitzung in der Energieversorgung zu vermeiden.
Dieses Primat der Krisenbewältigung vor
Gewinnerwartungen wurde auch von den anderen
beiden Zeugen für ihre Unternehmen hervorgehoben.
Im Licht der Aussage von Krebber wird klarer erkennbar,
dass seitens der Ministerien bzw. deren Leitungsebene
das RWE-Papier im Laufe des weiteren Vorgehens
offenbar überreizt wurde.
Ausgabe 2 › März
Report
79
Eine wichtige Klarstellung in der Befragung ist die Aussage
Krebbers, dass es beim Wunsch nach staatlicher
Risikoübernahme nicht um eine generelle Risikoabschirmung
für den Kernkraftwerksbetrieb ging,
sondern dass man vor politisch induzierten Risiken
abgeschirmt werden wollte, insbesondere im Fall eines
längeren, drei bis fünf Jahre dauernden Weiterbetriebs,
der auch relevante Investitionen erfordert hätte. Diese
Auffassung wurde auch von Knott bestätigt. Mastiaux
bestätigte dies einerseits, ließ aber erkennen, dass
seitens EnBW die Idee einer Quasi-Betreiberrolle des
Staates unterstützt worden ist, die sich die beiden
anderen Zeugen nicht zu eigen machen wollten. In der
Befragung wurde auch bekannt, dass sich der Bundeskanzler
im Verlaufe der Diskussion im September
oder Oktober intern im Bundeskanzleramt danach
erkundigt hat, ob und wie man zusätzliche Gewinne
der Betreiber aus einem Weiterbetrieb (gesondert)
besteuern könnte. Krebber diente dies als Anschauungsmaterial
für die politisch induzierten Risiken, die
von den Betreibern gefürchtet wurden. Ebenfalls
bekannt wurde in der Befragung, dass Krebber intern
prüfen ließ, ob man sich in Weiterbetrieb hineinklagen
kann, nachdem für einen Weiterbetrieb zunächst
nur EnBW und E.ON angesprochen wurden, wenn auch
nur für die Variante Reservebetrieb. Krebber stellt
klar, dass das Kernkraftwerk Gundremmingen C, das
2022 noch Gegenstand einer Prüfung auf Weiterbetriebsmöglichkeit
durch den TÜV Süd im Auftrag
der Bayerischen Staatsregierung gewesen sei, aus
technischen Gründen – die allerdings nicht spezifiziert
wurden – definitiv nicht mehr wieder in Betrieb
genommen werden könne.
Der Kämpfer für die Sache
Guido Knott gab bei seiner Befragung deutlich zu
erkennen, dass er die Nutzung der Kernenergie
befürworte und den Ausstieg aus der Technologie
bedauere, ebenso wie den Verzicht auf einen umfangreicheren
Weiterbetrieb. Er betonte auch den großen
Enthusiasmus, mit dem die Belegschaft am Standort
Isar die Möglichkeit eines Weiterbetriebs unterstützt
habe. Der Aspekt der Auswirkung der Weiterbetriebsdiskussion
war auch Gegenstand einer kurzen Auseinandersetzung
zwischen einer anwesenden Vertreterin
des BMUV – Dr. Klein – und der Sachverständigen
Dr. Wendland. Knott bedauerte, seitens der Regierung
als Betreiber – im Gegensatz zum Konzernvorstand –
nicht in die Gespräche mit der Bundesregierung eingebunden
gewesen zu sein und identifizierte dies
als eine Ursache mancher Missverständnisse in der
Diskussion. Knott stellte in diesem Zusammenhang
auch klar, dass die Kernkraft-Betriebsgesellschaften im
rechtlichen und tatsächlichen Sinne die Betreiber der
Kernkraftwerke seien und nicht die Konzerngesellschaften.
Dies spielte aber offenbar weder für die
involvierten Behörden im Jahr 2022 eine Rolle, noch
hat sich diese Aussage in irgendeiner Weise in der
weiteren Arbeit des Untersuchungsausschusses und
seinem Umgang mit dem Thema bzw. den oftmals und
geradezu gebetsmühlenartig vorgebrachten Verweisen
auf die Position „der Betreiber“ und der Energieversorger
niedergeschlagen. Die Aussagen von Knott
in diesem Zusammenhang erboste erkennbar die
Bundestagsabgeordnete Lisa Badum von der Fraktion
Bündnis90/Die Grünen, die daraufhin gegenüber
Knott Konsequenzen im Fall von Falschaussagen
androhte. Ähnliches geschah zuvor seitens derselben
Fraktion gegenüber den Sachverständigen Waas und
Dr. Wendland. Im Zusammenhang mit der Betreiberdiskussion
über das Papier vom 26. Februar machte
Knott darauf aufmerksam, dass PreussenElektra/E.ON
am 28. Februar mit dem Angebot der Bereitschaft des
Unternehmens für einen Weiterbetrieb auf Bitten der
Bundesregierung an die Öffentlichkeit getreten sei.
Dieser Aspekt, Weiterbetrieb auf Bitten der Bundesregierung
im Krisenzusammenhang wurde von allen
drei Unternehmensvertretern hervorgehoben.
Die weiteren Prozesse hinsichtlich Weiterbetrieb
spielten sich dann nach Aussage der drei Zeugen bis
zum Gespräch vom 5. März fast ausschließlich innerhalb
der Ministerien ab und es wurde wie in der
Sachverständigenanhörung von Herrn Waas und Frau
Dr. Wendland bedauert, dass weitere externe Exper tise
auch jenseits der Konzernvorstände der Betreiber
nicht eingeholt worden sei. Dies war bereits bei vergangenen
Zeugenbefragungen von Mitarbeitern der
beiden Ministerien Gegenstand der Befragungen. Eine
wichtige Rolle in der Befragung von Knott spielte das
Gespräch der drei Konzernvorstände mit Minister
Habeck sowie Staatssekretär Graichen und Staatssekretär
Tidow am 5. März sowie die folgende Protokollabstimmung.
Knott bezweifelte angesichts einiger dort
festgehaltener Aussagen von Herrn Birnbaum, dass das
Protokoll tatsächlich auch durch diesen freigegeben
wurde. Hintergrund für die längere Diskussion über
diese Sachverhalte bzw. die intensive Fragestellung
dazu ist die Stellungnahme des Sachverständigen
Waas, der in seiner schriftlichen Äußerung die Behauptung
aufgestellt hat, diese Besprechung sei sehr kurzfristig
anberaumt worden und dort sei mit bestimmten
Behauptungen über möglichen großen Nachrüstungsaufwand
und große Prüfaufwände auf die Konzernvorstände,
die nukleare Laien seien, Druck ausgeübt
worden dahingehend, dass Sie sich so äußern, dass ein
Weiterbetrieb schwierig bzw. sogar unmöglich sein
soll. Diese Aussage von Waas fand allerdings keine
Bestätigung bei den Befragten der Energieversorgungsunternehmen.
In diesem Zusammenhang wurde dann
spekuliert, ob es sich dabei um Kommunikationsprobleme
innerhalb des E.ON-Konzerns handelt,
oder ob hinsichtlich der Abzeichnung des Protokolls
sich eine Ungenauigkeit in das Verfahren eingeschlichen
hat. Verantwortlich für die Sammlung von
Anmerkungen zu dem Protokollentwurf war Herr
Mastiaux, der seinerseits seine Zustimmung nach
Berücksichtigung einiger Anmerkungen bestätigt hat,
genauso wie Krebber. Aus einer Protokollnotiz von
Herrn Birnbaum selbst ergibt sich, dass er die Option
Weiterbetrieb im Streckbetrieb also ohne erneute
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80
Report
Brennstoffbeladung als nicht möglich bezeichnet
hat. Einigkeit bei den Zeugen bestand darüber, dass
kein Sachgrund für die Eile bei Anberaumung des
Gesprächs und bei der Protokollierung/Protokollfreigabe
bestanden habe. Jedoch habe die Regierung
den Vermerk zum Weiterbetrieb am 7. März fertiggestellt
und am 8. März veröffentlicht.
Es war in dieser Sitzung auffällig, dass seitens der
Fragesteller der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die
Grünen mehrfach und zwar im Fall mutmaßlich missliebiger
Sachverständiger und Zeugen, namentlich
Herr Waas, Frau Dr. Wendland und Herr Dr. Knott
offen sichtliche Einschüchterungsversuche unter nommen
wurden durch Erinnerung an die möglichen
Konsequenzen von Falschaussagen vor dem Ausschuss.
Diese erfolgte seitens der anderen Fraktionen nicht
und auch seitens der Grünen nicht gegenüber anderen
Sachverständigen oder Zeugen.
Neben diesem Thema wurde aus der Sachverständigenanhörung
heraus auch das Thema PSÜ in die Befragung
der Zeugen hineingetragen. Hier gab es in der Sachverständigenanhörung
eine gravierende Differenz
zwischen den Sachverständigen Waas und Renneberg,
der die Auffassung vertrat, dass die PSÜ vergleichbar
einer Genehmigungserneuerung zu betrachten sei und
ihr Abschluss vor einem Weiterbetrieb auch aus
europa rechtlichen Gründen in strengem Sinne Voraussetzung
für die Erlaubnis dieses Betriebes sei. Allerdings
müsste die Position von Renneberg in der vorgetragenen
Strenge dazu führen, die Bundesregierung
und insbesondere den Bundeskanzler, der ja per Richtlinienentscheidung
einen Weiterbetrieb im Streckbetrieb
durchgesetzt hat, wegen eines Verstoßes gegen
das AtG bzw. das Grundgesetz zu belangen. Eine solche
Folgerung wurde im Untersuchungsausschuss allerdings
von niemandem gezogen, auch nicht von
Renneberg. Waas hat die Gegenposition einer PSÜ als
Ergänzung und Erweiterung des Sicherheitskonzepts
der Anlagen vertreten, die wie in der Vergangenheit
auch weitgehend betriebsbegleitend durchgeführt
werden kann. Darüber hinaus hat er Beschleunigungsmöglichkeiten
aufgezeigt, mit der wesentliche Elemente
einer nachzuholenden PSÜ zügig bereitgestellt werden
können. Was zusätzlich noch erforderlich gewesen
wäre, sei eine rechtliche Absicherung der Vorgehensweise
der nachgeholten PSÜ, eine Position die wohl
auch von EnBW geteilt worden ist und in den Informationsaustausch
mit der Bundesregierung eingebracht
wurde.
Knott hat auch eine Frage hinsichtlich des Angebots
von Industriestrom beantwortet. Dieses Angebot ist
offenkundig insbesondere in Wirtschaftskreisen von
ihm unterbreitet worden, dort aber wohl ignoriert
worden. PreussenElektra hat die Bemühungen, die
Anlage noch für den Betrieb fit zu halten, im Oktober
2023, also rund 6 Monate nach der Abschaltung der
Anlage, aufgegeben und ist in den tatsächlichen Rückbau
bzw. die Rückbauvorbereitung eingetreten. Knott
erklärte, man sei dabei zwischenzeitlich gut vorangekommen
und er hat wie zuvor schon in dem öffentlichen
Gespräch am Standort Isar berichtet, dass es mit
dem Ausbau der Hauptkühlmittelpumpen, dem Ausbau
der Frischdampfleitungen und auch dem Ausbau
von Primärkreisleitungen nicht unmöglich aber eben
langwierig und ziemlich teuer sei, die Anlage wieder
in Betrieb zu nehmen.
Einigkeit herrschte zwischen Knott und Mastiaux bei
ihren jeweiligen Befragungen damals und in der
rückblickenden Betrachtung in der Bewertung des Vorschlags
eines Reservebetriebs der Kernkraftwerke.
Dieser wurde von beiden Unternehmen an die das
herangetragen worden ist, zurückgewiesen. Sowohl
PreussenElektra als auch EnBW rieten, ein solches
Konzept nicht weiter zu verfolgen, was allerdings
offensichtlich nicht auf fruchtbaren Boden getroffen
ist und dann am 5. September so von Bundeswirtschaftsminister
Habeck als Vorgehensweise verkündet
wurde. In der Folge ist dann insbesondere Preussen
Elektra auch in der Öffentlichkeit dagegen aufgetreten,
da eine solche Betriebsweise, wie Knott erläuterte, für
Anlagen die sich im Streckbetrieb befinden und keine
Reaktivitätsreserven mehr im Kern haben, letzten
Endes nicht durchführbar bzw. mit großen Unsicherheiten
dahingehend behaftet sei, ob die Anlage aus
einem solchen Zustand tatsächlich noch einmal erfolgreich
hochgefahren werden kann. Knott ergänzte, dass
für das Hochfahren ein relativ hoher Energieeinsatz
erforderlich sei, der in einer möglichen Strommangellage
für die man ja diesen Reservebetrieb vorgesehen
habe, eine zusätzliche Belastung für die Stromversorgung
dargestellt hätte. Deswegen sei für den Streckbetrieb
als dauerhafter Betrieb plädiert worden, was
dann letzten Endes nicht seitens des Wirtschafts- oder
Umweltministeriums sondern infolge der Richtlinienentscheidung
des Bundeskanzlers umgesetzt wurde.
Der diskrete Integrator
In der Befragung legte Mastiaux besonderen Wert
darauf, dass das Thema Weiterbetrieb von EnBW nicht
breit in die Öffentlichkeit getragen worden sei, da es
noch einer dynamischen Entwicklung unterfallen sei,
insbesondere hinsichtlich der Frage der Lieferfrist von
Brennelementen, bei der sich im Laufe der Diskussion
neue Erkenntnisse ergeben hätten. In den ersten Tagen
sei man noch von den etablierten Verfahren ausgegangen,
wie es bisher mit den Lieferanten praktiziert
worden sei, was zur Abschätzung einer 18-monatigen
Lieferfrist geführt habe, die sich dann im Zuge weiterer
Debatten und auch durch Gespräche mit den Herstellern
und deren Suche nach Möglichkeiten einer
Beschleunigung auf 12 Monate oder zum Teil sogar
darunter bis auf acht Monate verkürzt habe. Ein
anderer dynamischer Aspekt sei die Frage der tatsächlichen
möglichen Dauer eines zusätzlichen Streckbetriebs
gewesen. War man zunächst davon ausgegangen,
dass die Anlage nur wenige Wochen weiter
betrieben werden könne, hat man dann nach
Ausgabe 2 › März
Report
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gründlicher Prüfung identifiziert, dass man mit einem
neu arrangierten Kern unter Nutzung von Elementen
aus dem Becken auch noch einige Monate Weiterbetrieb
herausholen könne. Bei dieser Frage war allerdings
die Sachlage bei PreussenElektra eine andere, da
der Bestandskern so ausgelegt war, dass er bis Jahresende
die volle Leistung liefern konnte, und ein nennenswerter
Streckbetrieb ohne weiteres möglich war. Auch
Bestand die Möglichkeit eines weiteren Streckbetriebs
mit neu konfiguriertem Kern, was von dem Unternehmen
auch schon frühzeitig kommuniziert wurde.
Mastiaux erläuterte, dass er die Position vertreten
habe, dass man sich in einer ernsten Krise besser
möglichst gut absichern solle und nicht Möglichkeiten
außer Acht lassen, die einem gegebenenfalls in einem
Versorgungsengpass helfen könnten. Aus der Sachverständigenanhörung
rührte der Vorhalt von Fragestellern
her, dass der Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke
letztlich nur einen geringfügigen Beitrag zur
Versorgungssicherheit, zur Preisdämpfung und zur
CO2-Ersparnis geleistet und sich als nicht erforderlich
herausgestellt habe. So jedenfalls die Ex-Post-Analyse
von Prof. Bettzüge vom EWI und abgeschwächt von
Prof. Grimm von der TU Nürnberg. Frau Prof. Kemfert
zeigte sich in ihrer diesbezüglichen Einschätzung von
2022 bestätigt. Herr Dr. Matthes vom Öko-Institut
bescheinigte mindestens eine nennenswerte Senkung
von CO2-Emissionen, da in der damaligen spezifischen
Situation 90 Prozent der durch den Weiterbetrieb
eingesparten CO2-Zertifikate stillgelegt worden seien,
was aber nicht auf alle Marktumstände bzw. andere
Weiterbetriebsoptionen übertragbar wäre. Mastiaux
erklärte in diesem Zusammenhang, dass die Bedeutung
von geringfügig, unbedeutend oder kleiner Beitrag
relativ ist, je nachdem wie die Umstände seien. Wenn
man den kleinen Beitrag dringend brauche, dann sei
er eben nicht mehr so klein, aber wenn sich herausstelle,
dass man das nicht brauche, erscheine es
natürlich so, als wäre er vernachlässigbar. Mastiaux
erinnerte daran, dass der Winter mild gewesen sei und
die Lieferungen russischen Pipeline-Gases an andere
europäische Länder trotz der politischen Situation
nicht unterbrochen worden seien. Auch machte er darauf
aufmerksam, dass andere Risiken wie z. B. Wasserstände
von Flüssen, die den Transport von Steinkohle
erschweren oder mögliche Probleme im niederländischen
Erdgasfeld ebenfalls zur Ver schärfung der Krise
hätten beitragen können.
In der Sachverständigenanhörung war auch von
einigen Sachverständigen und Abgeordneten bemängelt
worden, dass sich die Ex-Post-Betrachtungen
nur auf den Streckbetrieb erstrecken und mögliche
längere Einsatzzeiträume für die Kernkraftwerke oder
eben auch für mehr Kernkraftwerke, was ja im Laufe
des Jahres 2022 durchaus noch eine Option gewesen
ist, nicht berücksichtigt worden sind.
Mastiaux betonte, dass seitens EnBW stets aktuelle
Informationen an die Regierung weitergegeben
worden seien hinsichtlich sich ändernder Sachver halte
wie z. B. verkürzter Lieferfristen für Brennelemente
oder der Möglichkeit eines längeren Weiterbetriebs
auch im Streckbetrieb sowie hinsichtlich der Frage
eines Reservebetriebs zu dem es schon frühzeitig, also
vor Präsentation des Konzepts durch Minister Habeck
Anmerkungen gegeben habe.
Waren bereits die Zeugenbefragungen am 14. und
28. November von einem gesteigerten Tempo wegen
der am 6. November angekündigten Vertrauensfrage
durch Bundeskanzler Scholz geprägt von einer
größeren Zahl von Zeugen pro Sitzung und einer
längeren Sitzungsdauer, so verschärfte sich das Tempo
– auch wegen Streichung einer Sitzungswoche, in der
der Untersuchungsausschuss gleichwohl tagte – im
Dezember und im Januar noch einmal. Es wurden
deshalb zwei Befragungssitzungen pro Sitzungswoche
anberaumt die jeweils bis kurz vor oder bis Mitternacht
dauerten. Die erste dieser Sitzungen fand am
4. Dezember statt. Geladen waren Tim Meyerjürgens,
Mitglied des Vorstands und Chief Operating Officer
von TenneT TSO, Dr. Jörg Harren, Geschäftsführer der
Urenco Deutschland GmbH, Dr. Christoph Pistner
Leiter des Bereichs „Nukleartechnik & Anlagensicherheit“
des Öko-Instituts e. V. und stellvertretender
Vorsitzender der Reaktorsicherheitskommission,
Dr. Martin Pache, Geschäftsführer der Westinghouse
Electric Germany GmbH sowie eine Mitarbeiterin der
Bundesnetzagentur aus dem Referat Versorgungssicherheit
Strom.
Die Perspektive eines
Übertragungsnetzbetreibers
Meyerjürgens erklärte in der Befragung keinen Kontakt
zur Bayerischen Staatregierung gehabt zu haben
und führte aus, dass die Übertragungsnetz betreiber
bei der Bewertung von Versorgungssicherheit und
Netzstabilität mit Szenarien arbeiteten. Bei bestimmten
ungünstigen Szenarien hätten die Kernkraftwerke
Beiträge zur Leistungsbilanz und zum Engpassmanagement
geleistet. Nach der Beteiligung am 1. Stresstest
vom Juli (Veröffentlichung) befragt, bejaht der Zeuge
und erklärt, dass es dabei um den Gasbedarf für
die Stromerzeugung und die Rückholung von Kohlekraftwerken
gegangen sei. Der Zeuge erklärt, dass er
sich verschiedene Male mit Graichen, einmal mit
Habeck getroffen habe und keinen Kontakt zum BMUV
hatte.
Meyerjürgens erläutert im Zusammenhang mit
dem Redispatch-Einsatz im Ausland kontrahierter
Kraft werke, dass der Standort eines Kraftwerks hinsichtlich
der Leistungsbilanz keine Rolle spiele, für das
Netz management (Engpassmanagement) aber schon.
Unsicherheiten bei der Bewertung der Versorgungssicherheit
seien die Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke,
die Flusswasserstände im Blick auf den
Transport von Kohle zu süddeutschen Kohlekraftwerken
sowie die Verfügbarkeit von Kohle- und
Gaskraftwerken gewesen. Auf Nachfrage erklärt
Vol. 70 (2025)
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Report
er, dass er Graichen als sehr interessiert der Gewährleistung
der Versorgungssicherheit wahrgenommen
habe. Im Zusammenhang mit einer Weisung Graichens
an die Fachebene vom 22. Juni, dass der Minister
darum bitte, künftig eine schlechte Verfügbarkeit von
Kohlekraftwerken und das Ausbleiben von Gaslieferungen
aus Russland ab November bei gefüllten
Gasspeichern bei den Analysen zu berücksichtigen und
der Frage, ob die Vorschläge Habecks ein Worst-Case
Szenario dar stellten, erklärt der Zeuge, dass alle
Szenarien, die mit dem 2. Stresstest untersucht worden
seien, Worst Case-Szenarien gewesen seien. Nach den
Problemen beim Reserveeinsatz und möglichen besser
geeigneten Kraftwerkstypen befragt, erklärt Meyerjürgens,
dass Kernkraftwerke längere Zeit zum An- und
Abfahren bräuchten und deshalb als Reservekraftwerke
nicht ideal seien. Es sei aber um die Leistungsbilanz
ge gangen und die Kernkraftwerke seien unter
bestimmten Lastannahmen erforderlich gewesen. Auf
eine Frage nach dem Ziel des Stresstests und einer
Veränderung der Rahmenbedingungen antwortet der
Zeuge, dass die Gewährleistung der Versorgungssicherheit
das Ziel gewesen sei und zusätzliche Annahmen
aus der Beobachtung von Stressfaktoren eingegangen
seien. Der Auftrag sei im Anschluss an den ersten
Stresstest gegeben worden und es sei ein zusätzliches
Szenario Streckbetrieb der Kernkraftwerke eingeführt
worden, das ursprünglich für den 2. Stresstest nicht
vorgesehen gewesen sei. Auf die Frage nach Zeitdruck
bei Erar beitung des 2. Stresstests erklärt Meyerjürgens,
dass es eine hohe Arbeitsbelastung gegeben habe und
Fehler entstehen könnten, man aber mit vier Übertragungsnetzbetreibern
(ÜNB) arbeite, woraus sich
eine gute Qualitätssicherung ergebe.
Danach gefragt, ob er die Einschätzung teile, dass die
Folgerung des Streckbetriebs aus dem Stresstest sinnvoll
gewesen sei, erklärt Meyerjürgens, dass der Beitrag
nicht groß, aber durchaus relevant gewesen sei. Der
KKW-Streckbetrieb sei sinnvoll, aber nicht hinreichend
gewesen. Zu negativen Reaktionen der ÜNB auf den
Stresstest und der Realitätsnähe der Szenarien befragt
erläutert der Zeuge, dass sich auch neue Sachverhalte
Kernkraftwerk Emsland
Quelle: Adobe Stock/Aufwind-Luftbilder
ergeben und beobachtete Sachverhalte verschärft
hätten und es das Wesen eines Stresstests sei, echte
Worts-Case-Szenarien zu untersuchen wie dies die ÜNB
gewollt hätten. Es habe im ersten Stresstest auch einen
Fehler in Bezug auf die Stromlieferung von Frankreich
nach Italien wegen falscher internationaler Daten
gegeben. Der Zeuge bestätigt, dass es hinsichtlich des
2. Stresstests durchaus Meinungsverschiedenheiten
mit Graichen gegeben habe.
Meyerjürgens gab als Beispiel für Detailfragen bei der
Analyse zur Versorgungssicherheit das Beispiel von
Unsicherheiten bei der Verfügbarkeit von Redispatch-
Kraftwerken. Nur in Österreich seien entsprechende
Kapazitäten bis zum kommenden Sommer unter
Vertrag gewesen und der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke
habe in der Analyse den Bedarf an Redispatch-
Kapazität im Ausland um 0,9 Gigawatt (Anm.: zusätzlich
0,5 GW Inland) verringert. Mit Bezug auf die Übermittlung
des Wunsches von Minister Habeck durch die
BnetzA an die ÜNB, auch eine Rechnung mit einem
Weiterbetrieb von Kernkraftwerken auszuführen wird
gefragt, warum dies nach Einschätzung des Zeugen so
spät gekommen sei. Meyerjürgens antwortet, dass der
Basisfall die Rechtslage mit Abschaltung der Kernkraftwerke
gewesen sei und dann die Aufforderung seitens
BMWK erfolgt sei. Die ÜNB hätten diese Möglichkeit
aber schon zuvor in den Raum gestellt. Auf die Frage
welche Parameter für den 2. Stresstest umstritten
gewesen sein, antwortet Meyerjürgens, dass eigentlich
alle Parameter umstritten gewesen seien, weil teils
keine Erfahrungswerte bestanden hätten und es auch
veränderte Datenlagen gegeben habe. Es habe intensiven
Austausch und Diskussionen gegeben. Auf die
Frage nach der Einschätzung darüber, dass Minister
Habeck Anfang September einen Vorschlag ohne
Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Emsland präsentierte,
obwohl kein derartiges Szenario bei den Versorgungssicherheitsanalysen
betrachtet worden sei,
antwortet Meyerjürgens dass Habeck die politische
Entscheidung getroffen habe, dass der Beitrag von Emsland
zur Leistungsbilanz zu gering sei, aber der Beitrag
der Kernkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 beim
Redispatch relevant seien. Daraus habe sich dann der
Vorschlag eines Reservebetriebs für KKI 2 und GKN 2
ohne KKE ergeben. Auf eine nicht wirklich zum
Untersuchungsauftrag des Ausschusses passende aber
gleichwohl interessante Frage zu den Kosten des für
die Energie wende notwendigen Ausbaus der Übertragungsnetze
antwortet Meyerjürgens, dass ein
aktuelles Szenario diese Kosten auf 320 Milliarden Euro
beziffere.
Auf die Frage, ob die Formulierung zur Empfehlung
eines Weiterbetriebs der Kernkraftwerke Konsens
zwischen den vier ÜNB gewesen seien, antworte
Meyerjürgens, dass dies der Fall gewesen sei, da alles
an zusätzlicher Kapazität nützlich gewesen sei. Nach
einem Schreiben einer Mitarbeiterin des BMWK vom
2. September befragt, die angegeben habe, dass die
Betrachtungen der ÜNB interpretierbar seien, sich an
Ausgabe 2 › März
Report
83
Gronau könne rund 30 Kernkraftwerke pro Jahr
versorgen, also Brennstoff für rund drei Kerne pro
Monat liefern. Allerdings sei die Anreicherung für
die Brennstoffbelieferung nicht zeitführend, andere
Schritte benötigten länger. Er ergänzte, dass bei der
Urenco GmbH eine Reserve von sechs Monaten Anreicherungskapazität
vorhanden sei und die Aufträge
innerhalb der Urenco-Gruppe zentral an die einzelnen
Standorte vergeben würden.
Kernkraftwerk Neckarwestheim
Quelle: Adobe Stock/Henry Schmitt
der Grenze der Panikmache bewegten und eine
politische Bewertung erforderlich sei, antwortet
Meyerjürgens, dass die Ergebnisse eindeutig gewesen
seien, man vor einem herausfordernden Winter
mit vielen Unsicherheiten gestanden habe und eine
politische Bewertung zur allgemeinen Versorgungsfrage
erforderlich gewesen sei.
Es wird auch die Frage angesprochen, ob die anderen
Staaten in Europa den Weg der Energiewende so gehen
könnten wie Deutschland. Meyerjürgens erläutert, dass
sich bei der Integration der erneuerbaren Energie viel
getan habe und andere Länder sich anders ent schieden.
Das gemeinsame Netz müsse betrieben werden können.
Meyerjürgens konnte die Frage, seit wann TenneT
Mitglied bei Agora Energiewende sei nicht beantworten,
erklärte aber, Graichen nicht zu kennen und
die Information nachzureichen. Gefragt, ob es normal
sei, dass ein Netzbetreiber Mitglied bei einer Lobbyorganisation
sei, teilte er mit, dass TenneT eine beratende
Funktion in Bezug auf Netze habe und auch
andere Netzbetreiber Mitglied seien.
Die Sicht eines unbeteiligten Betroffenen
der kerntechnischen Industrie
Der zweite Zeuge des Tages ist der Geschäftsführer
der Urenco Deutschland GmbH, Dr. Jörg Harren, der
auch Stellvertretender Vorsitzender von Kerntechnik
Deutschland e. V. ist. Harren erklärte zu Beginn, dass
er kein Statement vorbereitet habe, da im Untersuchungszeitraum
– 24. Februar 2022 bis 4. Juli 2024
(Einsetzung des 2. Untersuchungsausschuss) – keine
Anfrage im Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag
an die Urenco gerichtet worden sei.
In der Fragerunde erläutert Harren den grund legenden
Geschäftsprozess des Unternehmens, bei dem Betreiber
von Kernkraftwerken Uran liefern (beistellen),
die Urenco dieses in ihren Gasultrazentrifugen bestellungsgemäß
anreichert und das angereicherte Uran
an Brennelement-Hersteller liefert. Er erklärt, dass die
operative Dauer des Prozesses nicht genau bestimmt
werden könne. Die Anlagenleistung am Standort
Die Frage ob es Beschleunigungsmöglichkeiten gebe,
bejaht Harren und erklärt, dass eine geringere Abreicherung
der Tails eingestellt werden könne, so dass
der Anreicherungsprozess schneller werde. Dies werde
in der aktuellen Marktlage so gehandhabt. Auf eine
Frage nach Einschätzung der Angabe des BMWK, dass
unter optimalen Bedingungen 12 bis 15 Monate für eine
Belieferung mit frischem Brennstoff erforderlich seien,
antwortet Harren, dass sich dies auf den gesamten Prozess
beziehe, bei dem die Herstellung der Brennelemente
der komplexeste Teil sei, der am längsten dauere. Er
ergänzte, dass Urenco in der Sache nie angesprochen
worden sei und es vermutlich Beschleunigungs möglichkeiten
gebe. Es wird bei einer Frage darauf hingewiesen,
dass das BMUV die Lieferfähigkeit von Urenco
als Unsicherheit angegeben habe und nachgefragt, ob
man sich seitens des Ministeriums danach erkundigt
habe. Harren verneint dies und ergänzt, dass man vom
Betriebsende der deutschen KKW wie geplant ausgegangen
sei und abgewartet habe.
Auf seine Rolle als Stellvertretender Vorsitzender von
KernD Bezug nehmend, wird gefragt, ob KernD diesbezüglich
angefragt worden sei. Harren teilt mit, dass
KernD die Interessenvertretung der kerntechnischen
Branche sei und er keine Kenntnis über Anfragen von
Ministerien zur Lieferfähigkeit von Brennelementen
habe. Es habe aber Presseanfragen gegeben. Danach
gefragt woher die Kommentierung des Prüfvermerks
komme, worauf sie sich gründe, antwortet Harren, dass
er den Ursprung nicht kenne, dass aber die Informationen
hinsichtlich des Betriebs von Kernkraftwerken
im Prüfvermerk der Ministerien nicht von KernD
stammten. Der Prüfvermerk sei im Verband als unzureichend
eingestuft worden.
Auf die Frage nach seiner Kenntnis über die Liefermöglichkeiten
beim Ausgangsmaterial, antwortet
Harren, dass Russland bei der Anreicherung 40 Prozent
Weltmarktanteil habe und über die ganze Zeit auch
erhöhte Bestellvolumina erfüllt habe. Insgesamt sei die
Marktlage beherrschbar gewesen und perspektivisch
könnten Urenco und Orano die westlichen Märkte
beliefern. Zum Anteil russischen Urans am Kernbrennstoff
deutscher Kernkraftwerke konnte Harren
keine Auskunft geben. Auf die Frage, ob sich die
Betreiber der deutschen Kernkraftwerke mit einer
Frage zur Lieferfähigkeit von Uran bei Urenco gemeldet
haben, antwortet Harren mit der Frage, warum
sie dies hätten tun sollen und der Bemerkung, dass
diese Klärung beim Staat gelegen hätte.
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Report
Das Öko-Institut im steten Ringen zwischen
Gesinnung und Seriosität
Der Zeuge Dr. Christoph Pistner beginnt seine Ausführungen
mit dem Thema Sicherheit von Kernkraftwerken
und stellt heraus, dass katastrophale Unfälle
möglich seien mit Schäden im Bereich von 100 bis
1.000 Milliarden Euro in Europa. Er fährt mit dem
Thema radioaktive Abfälle fort, bei denen es für die
Hochaktiven kein in Betrieb befindliches Endlager
gebe, wofür in Deutschland noch viele Jahrzehnte
benötigt würden. Er teilt mit, dass die kerntechnische
Sicherheit kontinuierlich weiterentwickelt werde, die
Kernkraftwerke nicht gegen militärische Ein wirkungen
geschützt seien und durch die geopolitische Situation
eine neue Gefahrenlage entstanden sei. Pistner erklärt
zum Thema eines Weiterbetriebs, dass die RSK beauftragt
worden sei, eine Sicherheitsbewertung und eine
Bewertung des Reservebetriebs zu erstellen durch GRS,
Öko-Institut und Physikerbüro Bremen. Pistner führt
aus, dass die Statusanalyse der Anlagen und die
probabilistische Sicherheitsanalyse im Rahmen des
Aufsichtsverfahrens nicht betrachtet würden und als
Bestandteile der PSÜ im Rahmen einer PSÜ hätten
durchgeführt werden müssen. Dies hätte betriebsbegleitend
mehr als ein Jahr gedauert und sei bei
wenigen Monaten Weiterbetrieb nicht relevant. Es
sei die Personalverfügbarkeit bei Betreibern und
Behörden geprüft worden, die bei einem längeren
Weiterbetrieb hätte neu bewertet werden müssen.
Pistner, der auch Mitglied der RSK ist, wird gefragt
inwieweit eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken
der RSK unterfalle. Er antwortet, dass dies eine
politische Entscheidung sei, eine Beauftragung aber zu
sicherheitstechnischen Fragen erfolgen würde. Auf
eine Frage zur Beteiligung der RSK am Prüfvermerk
der Ministerien erklärt Pistner, dass er in Kenntnis
gesetzt, die RSK als ganzes aber nicht eingebunden
gewesen sei. Eine Einbindung sei seiner Meinung nach
aber nicht erforderlich gewesen, da die Ministerien
über genügend eigene Kompetenz verfügt hätten, um
sich eine Meinung zu bilden. Auf die Frage nach seiner
Einschätzung des Prüfvermerks teilt er mit, dass er die
enthaltene sicherheitstechnische Bewertung als sinnvoll
und korrekt eingeschätzt habe. Er fügt an, dass er
den Vermerk erst später gelesen habe, als er in der RSK
diskutiert worden sei.
Auf die Frage, warum er zusammen mit Donderer und
Brettner eine Vorabversion des Vermerks erhalten
habe, bejaht er, diese erhalten zu haben, erklärt aber,
nicht zu wissen, warum nur diese drei den Text
erhalten hätten. Er habe aber den Text nicht kommentiert
und die Anmerkungen von Donderer weder
erhalten noch zuvor besprochen. Zu einem Treffen am
1. September im Zusammenhang mit den Themen
Streckbetrieb und Reservebetrieb befragt, teilt Pistner
als Schlussfolgerung daraus mit, dass ein Reservebetrieb
bei Kernkraftwerken nicht sinnvoll sei und
einige Fragestelllungen auch sicherheitsrelevant
gewesen seien.
Befragt nach einer RSK-Sitzung, in der große Unzufriedenheit
mit BMUV wegen Nicht-Einbindung
der RSK und mit der Position der Bundesregierung
artikuliert worden sei, erklärt Pistner, er könne sich
daran erinnern, habe aber diese Auffassung nicht
geteilt. Auf die Frage welche Punkte kritisiert worden
seien, nennt Pistner das Thema PSÜ und Begrifflichkeiten
wie „Hochrisikotechnologie“. Es habe aber auch
Verständnis für die Bundesregierung gegeben.
Auf eine Frage zum Mehrwert einer PSÜ antwortet
Pistner, dass bei der Sicherheitsüberprüfung eine ganzheitliche
Bewertung der Anlage auf aktuellem Stand
und hinsichtlich neuer Erkenntnisse in der Sicherheitstechnik
stattfinde. Zu Aussagen Dritter befragt, dass aus
der PSÜ keine großen Veränderungen hervorgehen
würden, erklärt er, dass man nicht vorab auf das
Ergebnis der PSÜ schließen könne. Auch würden
im Laufe der Zeit Sicherheitsthemen dringlicher. Zur
Stellungnahme hinsichtlich Streckbetrieb/Reservebetrieb
erklärt er, dass er damit einverstanden gewesen
sei mit Ausnahme der Empfehlung auch einen
längeren Weiterbetrieb zu prüfen. Dies gehöre seiner
Auffassung nach nicht in eine RSK-Stellungnahme.
Auf eine Frage zum Thema des im Prüfvermerk
genannten EPR-Standards, der jedoch nach Aussage des
Fragestellers nirgends im deutschen Regelwerk angewendet
wird, antwortet Pistner, dass die Sicherheitsrichtlinie
von Euratom die Verhinderung von früher,
großer Freisetzung und Begrenzung von Aus wirkungen
möglichst auf das Anlagengelände fordere und sich die
Formulierung im Prüfvermerk eher darauf beziehe als
auf den EPR.
Die Perspektive eines Brennelementherstellers
Als nächster Zeuge wird Dr. Martin Pache, Geschäftsführer
der Westinghouse Deutschland GmbH befragt.
Zur Frage nach der Verkürzung der Angabe zur
Beschaffungsdauer von frischen Brennelementen von
18 bis 24 Monate auf 12 bis 15 Monate berichtet Pache,
dass ein zuständiger Mitarbeiter für die Belieferung
KKI Standort Abendstimmung
Quelle: PreussenElektra
Ausgabe 2 › März
Report
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von Druckwasserreaktor-Brennelementen von einem
Betreiber am 2. März den Hinweis bekommen habe,
dass sich in Deutschland hinsichtlich der Kernkraftwerke
möglicherweise etwas tue und eine entsprechende
Anfrage kommen könnte. Am 8. März sei dann von
den Zuständigen im Unternehmen mitgeteilt worden,
dass es rund zwei Wochen dauern würde, belastbare
Angaben zu erhalten. Am selben Tag hieß es nach
Veröffentlichung des Prüfvermerks, dass es keine
Perspektive gebe. Im August habe sich dann erneut die
gleiche Frage gestellt. Bei den Überlegungen hinsichtlich
der Dauer sei die Herstellung der Rohstoffe für
Zirkoniumbleche diskutiert worden sowie andere
Themen. Daraus habe sich dann ergeben, dass es
kürzestenfalls sechs bis sieben Monate dauern würde.
Die Fertigung selbst dauere sechs Monate.
Auf eine Frage zur Berichterstattung von Mediapioneer,
dass Westinghouse im April geäußert habe,
dass eine Belieferung bei sofortiger Bestellung bis zum
Jahresende erfolgen könne und die Bundesregierung
dort angefragt habe, erklärte Pache, dass er von
niemandem aus dem Unternehmen gehört habe, dass
die Bundesregierung Kontakt aufgenommen habe.
Pache beschreibt die Meilensteine bei einer Belieferung
mit Brennelementen im normalen Verfahren:
24 Monate vor Lieferung werde der Vertrag geschlossen,
18 Monate davor gebe es einen vorläufigen
Termin, 12 Monate davor einen endgültigen Termin
und die letzte Möglichkeit für Modifikationen, sechs
Monate davor beginne die Fertigung von Teilen und
drei Monate davor die Fertigung der Brennstoffpellets.
Auf die Frage, ob sich zu dieser Zeit Anfragen verstärkt
hätten, antwortet Pache, dass dies der Fall gewesen sei.
Zuerst sei dies für die VVER 440 Anlagen in der Ukraine
geschehen, danach seitens VVER-Betreibern im Westen.
Dies sei allerdings später als die in Rede stehenden
Lieferungen für Deutschland gewesen. Nach einer
Einschätzung zur Aussage des Geschäftsführers
von PreussenElektra befragt, der unter Bezugnahme
auf Framatome und im Zusammenhang mit einer
ver schobenen Lieferung nach Frankreich von der
Möglichkeit einer Belieferung innerhalb von vier
Monaten sprach, äußert Pache, dass dies sehr ambitioniert,
aber vielleicht möglich wäre. Gefragt, was er
selbst der Regierung mitgeteilt hätte, erklärt er, dass es
bei Erfüllung der Voraussetzungen in der Lieferkette
deutlich schneller gehen könne als bislang unterstellt.
Danach gefragt, wie man eine Beschleunigung umgesetzt
hätte, äußert Pache, dass Beschleunigung Parallelisierung
bedeute. Es wären also bestimmte Komponenten
gefertigt worden, während andere Lieferanten
qualifiziert hätten. Damit wären auch gewisse Risiken
einher gegangen, denn wenn dann etwas nicht passe,
hätte man Ausschuss produziert.
Nach seiner Wahrnehmung bezüglich einer Abhängigkeit
von Russland befragt, teilt Pache mit, dass die
deutschen Betreiber mindestens zwei, besser drei
Lieferanten haben wollten. Aktuell trage das
Unternehmen durch Lieferung von VVER-Brennelementen
dazu bei, die Abhängigkeit dieser Betreiber
von Russland aufzubrechen. Auf die Frage, ob man
noch im Sommer 2022 Brennelemente hätte beauftragen
können, antwortet Pache, dass dies der Fall
gewesen sei und man im unternehmensinternen Worst
Case auf eine Lieferung im Sommer 2023 gezielt habe.
Die Lieferkette für die Konvoi-Anlagen habe noch
bestanden. Pache bestätigte die Auffassung, dass die
Aussage einer frühestmöglichen Belieferung bis Herbst
2023 bei Bestellung im März 2022 falsch gewesen sei,
da es deutlich schneller gegangen wäre. Im weiteren
Verlauf der Befragung erläutert Pache, dass Westinghouse
für die Belieferung von KKI 2 und KKE lizenziert
gewesen sei, nicht für GKN 2. Dort hätte es einer
aufwendigen Lizenzierung mit Lead Test Assembly
bedurft. GKN 2 hätte von Framatome beliefert werden
können, die lizenziert seien.
In der Zeugenbefragung vom 5. Dezember waren der
Leiter der Abteilung Energieregulierung der BNetzA
sowie vier Mitarbeiter des BMWK geladen aus den
Referaten Strommarkt und Stromversorgungssicherheit,
Versorgungssicherheit und Stromgroßhandel,
Systemsicherheit sowie Kraftwerke.
Eine Behörde zwischen politischen Erwartungen
und den Herausforderungen der Wirklichkeit
Befragt, warum die Arbeitsebene der BNetzA die Parameter
für den 1. Stresstest nicht erhalten habe, antwortet
der für die BNetzA geladene Zeuge, dass der
Kreis der Eingeweihten so klein wie möglich gehalten
werden sollte, da man Leaks befürchtet habe. Nur die
unmittelbaren Bearbeiter hätten die Informationen
erhalten. Später danach befragt, warum der Kreis der
Eingeweihten habe klein gehalten werden sollen,
antwortet der Zeuge dass es für eine vertrauensvolle
Zusammenarbeit schwierig sei, wenn das Risiko
bestünde, dass Zwischenergebnisse weiter gegeben
würden. Das betreffe etwa auch inkorrekte Zwischenstände,
die nicht von Interessenträgern instrumentalisiert
werden sollten. Zu der Zeit nach dem 24. Februar
erklärte er, dass eine große Unsicherheit geherrscht
habe hinsichtlich Gasverbrauch und Gasverfügbarkeit,
der Abhängigkeit von russischer Kohle und generell
von russischen Brennstoffen. Die Parameter für die
Analyse hätten sich geändert, etwa durch die Rückkehr
von Kohlekraftwerken.
Befragt, wie seine Aussage zu verstehen sei, dass ihm
das Bauchgefühl sage, eine Laufzeitverlängerung der
Kernkraftwerke könne erforderlich werden, falls es
kein Gas und keine Kohle mehr aus Russland gebe,
antwortet der Zeuge, dass es um eine Klarstellung
gegenüber BNetzA-Präsident Müller zur Bedeutung
der Probleme gegangen sei. Allerdings sei die Diversifizierung
der Kohleimporte einfacher möglich. Müller
habe geantwortet, dass Habeck eine Antwort bis
Mittwoch benötige. Die Frage einer Laufzeitverlängerung
und wann diese nötig würde sei eine politische
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Report
Frage. Ihm sei es um die Ermittlung gegangen, ob eine
Laufzeitverlängerung unvermeidlich wäre.
Zum ersten Stresstest erklärt der Zeuge, dass dieser auf
einer Analyse der ÜNB von 2021 beruhe, die auf neue
Umstände adaptiert worden sei. Dabei sei man in der
Parametrierung frei gewesen. Das Ziel sei die Ermittlung
gewesen, wie sich der Gasbedarf im Stromsystem
senken ließe. Ein Fragesteller weißt auf eine Meinungsverschiedenheit
zwischen BNetzA und BMWK bezüglich
der Veröffentlichung des Stresstests hin. BNetzA
habe eine Veröffentlichung gewollt, BMWK nicht unter
Verweis auf angreifbare Sachverhalte. Der Fragesteller
erkundigt sich, welche diese gewesen sein. Der
Zeuge antwortet, dass es sich um einen Bericht der ÜNB
gehandelt habe, nicht der BNetzA, die aber die
Parametrierung angeregt habe, die sich wiederum
verändert habe, etwa der Durchfluss von Gas durch
Nord Stream. Gefragt, ob die Betrachtung im 1. Stresstest
eher eine übliche oder eher ein Stresstest gewesen
sei, antwortet der Zeuge, da man es als Mittelding
bezeichnen könne.
Gefragt nach einer Einschätzung zur damals erhobenen
Forderung, russische Gaslieferungen sofort zu beenden,
obgleich die Speicher schlecht gefüllt gewesen seien
und die Abhängigkeit bei über 50 Prozent gelegen
hätte, antwortet der Zeuge, dass dies eine Horrorvorstellung
mit Gasmangellage und einer Rolle der BNetzA
als planwirtschaftlicher Lastverteiler gewesen sei. Im
weiteren Verlauf der Fragrunde wird die Genese
des 2. Stresstests thematisiert. Befragt nach einem
Schreiben in dem darauf hingewiesen wurde, dass
die Vorgaben für den zweiten Stresstest politischen
Wünschen entsprächen und nicht geändert werden
sollten, antwortet der Zeuge, dass man die Vorgaben
nicht im Zuge der Rechts- und Fachaufsicht erhalten
habe und diese insoweit nicht verbindlich gewesen
seien. Es habe dazu eine Vorgeschichte gegeben:
Habeck sei mit der bisherigen Analyse unzufrieden
gewesen und habe eine weitere Analyse mit zusätzlichen
Risikofaktoren und verschiedenen Annahmen
gewollt. Motivation sei gewesen, dass er sich nicht habe
Kernkraftwerk Brokdorf
Quelle: Adobe Stock/Kara
vorwerfen lassen wollen, die Frage der Versorgungssicherheit
nicht ernst genug zu nehmen.
Auf die Frage, warum die Zeit für eine Interpretation
der Ergebnisse des Stresstest knapp gewesen sei und
er diese schon vor Abschluss des Stresstests habe
bewerten wollen, verweist der Zeuge auf die Versorgungssicherheitsrunden
im Bundeskanzleramt an
denen Kollegen teilgenommen hätten und u. a. über die
Auswirkungen der Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken
beraten hätten. Im europäischen Strommarkt
hätte das dazu geführt, das andere Staaten eher
Strom importieren würden und nicht Gaskraftwerke
in Deutschland, sondern Kohlekraftwerke in anderen
Ländern substituiert worden wären. Die Gaseinsparung
in Deutschland sei daher zweifelhaft gewesen,
was man bei der Betrachtung, ob eine Laufzeitverlängerung
wirklich notwendig gewesen sei, hätte
berücksichtigen müssen.
Auf den Vorhalt eines Hinweises darauf, dass die Vorgaben
vom Minister gekommen seien und für den
Ablauf als feststehend betrachtet worden seien, erklärt
der Zeuge, dass es unüblich wäre, dass sich ein Minister
so tief in die Materie einbringe. Dies sei für die Kollegen
auf Arbeitsebene ein Dilemma gewesen, denn es habe
sich die Frage gestellt, ob man sage, dass eine Annahme
zu pessimistisch oder nicht rechenbar sei, oder ob man
dies hinnehme und weiter mache.
In einer Fragestellung zum Schreiben der ÜNB vom
31. August wird herausgestellt, dass es hinsichtlich
der Bewertung des Stresstests zwei Stoßrichtungen
gegeben habe: einerseits die Aussage, dass ein KKW
Streckbetrieb ein wichtiger Baustein für eine Beherrschung
kritischer Situationen hätte sein können,
andererseits die Auffassung, dass die Ergebnisse auch
ganz anders interpretiert werden könnten. Es wird
gefragt, wie das zu verstehen sei. Der Zeuge erläutert,
dass sich die Aussage darauf beziehe, dass man für
beide Richtungen Argumente finden könne. Die ÜNB
hätten ein Szenario entwickelt, dass sehr risikoorientiert
gewesen sei, geradezu alarmistisch. Sie
hätten sich an Hochrisikoszenarien orientiert, was
nicht nur politische Auswirkungen gehabt habe,
sondern auch Auswirkungen auf das Marktgeschehen
hätte haben können in Form angstgesteuerter Preisbildung,
die Energie noch mehr verteuert hätte. Auf
die Frage, ob der Stresstest eine Basis für politische
Entscheidungen gegeben habe, erklärt der Zeuge, dass
der Stresstest nicht für die Revision einer energiepolitischen
Grundsatzentscheidung reichen würde,
aber durchaus für die Zielsetzung die größtmögliche
Vorkehrung treffen zu wollen.
Zu seiner Einschätzung des Konzepts der Einsatzreserve
befragt, erläutert der Zeuge, dass er zahlreiche
Argumente verstanden habe, aber die politische Logik
dahinter nicht habe nachvollziehen können. Denn man
habe mit diesem Konzept das Thema nicht beerdigt,
sondern es wäre im Dezember wieder gekommen. Er
Ausgabe 2 › März
Report
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habe die Entscheidung des Bundeskanzlers für richtig
gehalten.
In der Befragung wird die Situation des Kernkraftwerks
Gundremmingen II C aufgegriffen, dass in einer
Exklave des Amprion-Netzgebietes liege, aus dem
TransnetBW-Gebiet, der Schweiz und Österreich ggf.
mitversorgt werde und ggf. nach Frankreich exportiere.
Es wird die Frage gestellt, ob die Abschaltung des
Kernkraftwerks dazu geführt habe, dass das Stromnetz
im Südwesten Bayerns instabiler geworden sei. Der
Zeuge antwortet, dass er nicht von Instabilität sprechen
würde, aber sich der Redispatch-Bedarf erhöht habe,
insbesondere im Fall hoher Einspeisung erneuerbarer
Energien. Dieser sei durch kontrahierte Kapazitäten in
der Schweiz gedeckt. Auf die Nachfrage, was passieren
würde, wenn die Schweiz nicht liefern könne, antwortet
er, dass es dann keinen Netzengpass geben würde, da
dieser sich durch Ost-West-Stromflüsse ergeben würde
bei Export nach Frankreich und Redispatch-Leistung
aus Bayern und Österreich.
Der Zeuge wird im weiteren Verlauf befragt, warum
der 2. Stresstest kein Wunschpapier gewesen sei und
antwortet, dass er eine andere Zielsetzung gehabt habe,
nämlich die Gewährleistung der Versorgungssicherheit
im Winter und nicht die Verhinderung einer längeren
Nutzung der Kernkraftwerke. In der Befragung
wird auch ein energiepolitisches Fachgespräch im
Bayerischen Landtag im Mai 2022 erwähnt, zu dem ein
Mitarbeiter der BNetzA als Teilnehmer entsendet
wurde, der seine Aufgabe darin gesehen hat, den
„ Zombie“ Laufzeitverlängerung endgültig zu beerdigen
bzw. das Grab noch tiefer zu schaufeln. Es wird gefragt,
wie man einerseits ergebnisoffen prüfen könne, wenn
man an anderer Stelle von der Beerdigung des Prüfgegenstandes
spreche. Der Zeuge erklärt dazu, dass im
Mai die Einschätzung der Lage wieder optimistischer
gewesen sei durch Diversifizierung beim Kohlebezug,
die fortgesetzte Belieferung mit russischem Gas und
der Erkenntnis, dass ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke
nicht viel Gas einsparen würde.
Nach den möglichen Folgen einer längeren Laufzeitverlängerung
für den Ausbau erneuerbare Energien
und den Netzausbau befragt, äußert der Zeuge, dass
sich an der Nutzung erneuerbarer Energien durch
Weiterbetrieb nicht viel ändern würde, da die Kernkraftwerke
vor allem konventionelle Kraftwerke
ersetzen würden. Auch die Botschaft „Kernkraftwerke
verstopfen die Netze“ sei so nicht richtig. Im weiteren
Verlauf der Befragung äußert der Zeuge, dass sich
Unzufriedenheit der ÜNB auf die zusätzliche Arbeitsbelastung
bezogen habe und nicht auf die Aufgabenstellung,
da die Vorgaben von Habeck kein Risiko für
die Versorgungssicherheit dargestellt hätten. Er erklärt,
dass sein Hinweis zur Akzeptabilität nur eines Weiterbetriebs
von KKI 2 keine Weisung an die Mitarbeiter
dargestellt habe, dass der Streckbetrieb nicht gesondert
untersucht worden sei und dass seines Wissen
nach niemand aus der Behörde den Minister zum
Sachverhalt Reservebetrieb beraten habe. Seitens des
Autors sei hier angemerkt, dass der Zeuge wie so viele
andere selbst heute den Streckbetrieb von Kernkraftwerken
nicht verstanden hat.
Der Zeuge erklärte, dass Habeck die Annahmen zum
2. Stresstest verschärft habe und er selbst einige
Annahmen für unrealistisch gehalten habe, die dann
zu den Szenarien „+“, „++“ und „+++“ geführt hätten,
u. a. einen Gaspreis von 400 Euro pro MWh. Der Zeuge
erklärt auf die Frage nach einer Priorisierung von
Erzeugungsarten, dass er es vorgezogen hätte, wenn
man auf Energien zurückgegriffen hätte, die man über
einen längeren Zeitraum zu nutzen gewillt gewesen
wäre.
Ein Ministerium fremdelt diskret mit seiner neuen
Hausleitung
Als nächster Zeuge sagte der erste der geladenen Mitarbeiter
des BMWK vom Referat Strommarkt, Stromversorgungssicherheit
aus. Der Zeuge sagte im Rahmen
der Befragung u. a., dass hinsichtlich der Verfügbarkeit
einer Einschätzung zur Kernenergie im Zeitraum Ende
Februar, Anfang März große Eile geherrscht habe und
deshalb bei der energiewirtschaftlichen Bewertung
Zeitdruck bestanden habe unter der Annahme, dass ein
längerer Betrieb der Kernkraftwerke im Winter einen
verringerten oder pausierten Betrieb im Sommer
erfordern würde. Der entsprechende Sachverhalt sei
nicht durchgerechnet worden. Zum Thema der Einsatzreserve
äußerte der Zeuge, dass seine Einschätzung
gewesen sei, dass Kernkraftwerke wegen des langen
Vorlaufes für eine Einsatzreserve nicht geeignet seien
und ein Streckbetrieb im Markt einen höheren Nutzen
hätte. Darüber hinaus habe es die Einschätzung
gegeben, dass eine Einsatzreserve die teuerste Option
gewesen wäre.
Der Zeuge erläuterte, dass die Annahmen für den
ersten Stresstest im März festgelegt worden seien.
Es seien daher weder die schlechte Verfügbarkeit
französischer Kernkraftwerke, noch das Ende der
Gasbelieferung durch Russland, noch die niedrigen
Flusswasserstände berücksichtigt gewesen, weshalb es
später einen 2. Stresstest gegeben habe für die Minister
Habeck dann einige Input-parameter geliefert habe.
Der Zeuge sagte im Zusammenhang mit der Vorbereitung
des Prüfvermerks, in die er ab dem 3. März
eingebunden gewesen sei, dass die Sicherheits- und
Rechtsaspekte durch die Energieversorgungsunternehmen
zugeliefert worden seien und dass seiner
Einschätzung nach Berechnungen eine bessere energiewirtschaftliche
Entscheidungsgrundlage geboten hätten,
die es aber nicht gegeben habe.
Der Zeuge teilte zum Thema der Prüfung der verschiedenen
Optionen eines Weiterbetriebs mit, dass nur die
Optionen eins und zwei vertieft geprüft worden seien,
nicht aber ein längerer Weiterbetrieb mit frischen
Brennelementen. Er habe diesbezüglich auf positive
Vol. 70 (2025)
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Report
Markteffekte hingewiesen. Der Zeuge bestätigt, dass
er auf eine mögliche eingeschränkte Verfügbarkeit
reaktivierter Kohlekraftwerke aufmerksam machte, da
einige der Anlagen auf Verschleiß gefahren worden
seien oder nicht ohne weiteres hätten anfahren
können. Später sei dann mit der BNetzA und den ÜNB
über das Thema Verfügbarkeit diskutiert worden. Der
Zeuge erläuterte, dass man sich bei der Einschätzung
des KKW-Streckbetriebs auf die Aussagen im RWE
Vermerk verlassen habe und nicht gewusst habe, dass
ein additiver Streckbetrieb möglich gewesen sei. Zum
Thema Einsatzreserve erklärte der Zeuge, dass diese
die schlechteste Lösung gewesen wäre, weil sie Kosten
aber kaum Nutzen gebracht hätte. Die KKW hätten
im Stresstest insgesamt keinen sehr großen Beitrag
erbracht.
Der nächste Zeuge aus dem Referat Versorgungssicherheit,
Stromgroßhandel des BMWK erläutert, dass
man Strommärkte, die verfügbare Leistung, Rückkopplungen
mit europäischen Nachbarn und deren
Märkten sowie Grenzkuppelstellen analysiert habe.
Dabei sei auch der Ausstieg aus der Kernenergie
berücksichtigt worden. In der Fragerunde auf eine
Telefonkonferenz angesprochen bekundet der Zeuge
Unsicherheit hinsichtlich der Inhalte, da es in dieser
Zeit sehr viele Runden und Themen gegeben habe,
glaubt aber sich erinnern zu können, dass Graichen
habe wissen wollen, ob sich an der Einschätzung
bezüglich der Kernkraftwerke durch die Krise etwas
geändert habe, nachdem man zuvor immer davon ausgegangen
sei, dass der Atomausstieg ohne Risiko für
die Versorgungssicherheit möglich sei. Eine erste Aufforderung
zu einer solchen Bewertung sei eine Woche
nach Beginn des Krieges gekommen ohne inhaltliche
Vorgaben für den Auftrag. Der Zeuge bestätigt, dass
auch eine politische Bewertung angefragt gewesen sei.
Das Referat habe aber darauf hingewiesen, dass es nur
eine fachliche Bewertung vornehmen könne.
Der Zeuge erklärte im weiteren Verlauf der Befragung,
dass das Referat im Vermerk vom 3. März eine Prüfung
einer Laufzeitverlängerung bis mindestens 31. März
2023 empfohlen habe, weil diese einen Beitrag bei
Engpässen in den besonders kritischen Winter monaten
hätte leisten können. Es sei nicht darum gegangen zu
sagen, was wir gerne hätten, sondern ob es eine ernsthafte
Gefährdung der Versorgungssicherheit gebe.
Befragt nach dem Auffassungsunterschied zwischen
dem Referatsvermerk vom 3. und dem Prüfvermerk
vom 7. März, der einen Weiterbetrieb aus energiewirtschaftlichen
Gründen als nicht empfehlenswert
bewertet, antwortet der Zeuge, dass das Referat keine
andere Auffassung gehabt habe, da in der kurzen Zeit
keine abschließende Bewertung möglich gewesen sei.
Der nächste Zeuge Tages aus dem BMWK im Referat
Systemsicherheit erläuterte zum Einstieg die Aufgabenbereiche
an denen er mitarbeitete, Systemanalyse,
Stresstest, Netzanschluss der Ukraine an den europäischen
Stromverbund und Systemstabilitätsfragen.
In der Befragung erklärt der Zeuge, dass bei einem
Stresstest die Vorgehensweise methodisch einer
System analyse ähnele, wie sie mit den ÜNB erstellt
würden. Mit diesen seien die Annahmen alle 14 Tage
oder wöchentlich, in der Krise auch häufiger abgestimmt
worden. Der Zeuge erklärt, dass er an einem
Gespräch von Graichen mit den Geschäftsführern der
ÜNB nicht beteiligt gewesen sei. In der Frage war auch
festgestellt worden, dass die BNetzA nicht beteiligt
gewesen sei. In der weiteren Befragung wird deutlich,
dass der Vermerk aus dem BMWK vom 3. März anders
als der Vermerk des BMUV und der Vermerk von RWE
nicht an Minister Habeck weitergegeben worden seien.
Zur Frage, ob der 2. Stresstest ein echter Stresstest
gewesen sei, berichtet der Zeuge, dass die Annahmen
teils nachgeschärft worden seien und neuralgische
Punkte für den Netzbetrieb identifiziert werden sollten.
Bei französischen Kernkraftwerken war angenommen
worden, dass die Revisionsanlagen im Winter nicht
wieder in Betrieb gingen. Er teilt mit, dass Graichen
darauf bestanden habe, dass die Annahmen in der
Öffentlichkeit akzeptiert würden. Zum Thema Redispatch
befragt, erläutert der Zeuge, dass sich wegen
hoher Exporte nach Frankreich die Redispatch
Situation verändert habe mit hohen Nord-Süd- sowie
Ost-West-Flüssen. Ein europäischer Ansatz sei deshalb
sinnvoll gewesen. Auf die Frage, was bei einer Lastunterdeckung
passiert wäre, antwortet der Zeuge, dass
man zwischen methodischer und echter Lastunterdeckung
unterscheiden müsse. Die Methode nehme an,
dass der europäische Stromhandel gewährleistet sei.
Das würde man in einer Stresssituation aussetzen,
dann die Netze höher auslasten und schließlich zu
gezielten Lastabwürfen kommen.
Nach der Kritik der ÜNB am 2. Stresstest und deren
Aussage befragt, nicht dahinter zu stehen, berichtet der
Zeuge, dass die ÜNB nicht alle Marktrückkehrer als
verfügbar haben einstufen wollen. Zum Gespräch von
BMWK und BMUV mit PEL und EnBW erklärt der
Zeuge, dass dies der erste Termin mit dem Staatssekretär
gewesen sei, nachdem es zuvor (im August)
nur schriftlichen Austausch gegeben habe. Es habe
damals die Auffassung gegeben, dass mit Reserve ein
Hoch- und Abfahren nach Anforderung der ÜNB
gemeint sei. Es sei aber darum gegangen, dass die
Anlagen im kalten Zustand hätten verbleiben und bei
Bedarf genutzt hätten werden sollen. Es hätte eine
Entscheidung geben sollen, wenn die Situation hinsichtlich
Versorgungssicherheit klarer gewesen wäre.
Zum Thema eines öffentlich-rechtlichen Vertrags wie
er im Szenario Einsatzreserve erforderlich gewesen
wäre sei es in den Gesprächen mit den Unternehmen
um die Kosten nicht abgerufener Reserve und einen
Ausgleich für einen möglichen unrentablen Betrieb im
Fall des Abrufs gegangen.
Der letzte Zeuge seitens BMWK aus dem Referat
Kraftwerke wird zum Zeitpunkt seiner Kenntnis des
Konzepts Einsatzreserve befragt, die erstmals in einer
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Report
89
Kernkraftwerk Grohnde
Quelle: Adobe Stock/vlad074
Videokonferenz am 17. August befasst worden sei
sowie in einem Mailaustausch am 23. August angesprochen
und dort als in die Kategorie „verrückteste
Ideen“ einzuordnen qualifiziert wird. Der Zeuge gibt
an, erstmals Ende August von der Einsatzreserve
gehört zu haben als Parallele zum Reserveeinsatz von
Kohlekraftwerken. Er führt aus, sich nicht sofort eine
Meinung gebildet zu haben, weil er mit Kernkraftwerken
bis dahin nicht befasst gewesen sei und aus
Richtung der Rechtsgrundlagen der Kraftwerksreserve
Braunkohlebereitschaft zum Thema gekommen sei.
Der Zeuge wird befragt, ob Einsatzreserve letztlich Kaltreserve
sei und wie es dazu gekommen sei, die Idee
weiterzuverfolgen, obgleich viele Experten dies zurückwiesen.
Der Zeuge erklärt dazu, dass es viele Missverständnisse
zur Natur der Einsatzreserve gegeben habe.
Es habe die Idee eines kalten Wartezustands gegeben.
Hier sei aber das Problem gewesen, dass man KKI 2 ggf.
nicht hätte hochfahren können. Bei GKN 2 habe es diese
Möglichkeit nach Neukonfiguration des Kerns gegeben.
Er teilte weiter mit, dass es ursprünglich keine Kenntnis
über die Situation der einzelnen Anlagen gegeben habe,
weshalb man den Austausch mit den Betreibern gesucht
habe. Es sei immer klar gewesen, dass Maßnahmen, die
sicherheitstechnisch problematisch seien, nicht umgesetzt
würden. Daraus habe sich dann ergeben, dass die
Kaltreserve für KKI 2 vom Tisch gewesen sei.
In der darauffolgenden und letzten Sitzungswoche des
Jahres 2024 fanden dann die beiden nächsten öffentlichen
Sitzungen mit Befragung von Zeugen statt. Bei
der Sitzung am 18. Dezember waren Klaus Müller,
Präsident der Bundesnetzagentur, Gerrit Niehaus
Leiter der Abteilung Nukleare Sicherheit, Strahlenschutz
im BMUV sowie Dr. Volker Oschmann, Leiter der
Abteilung Strom im BMWK als Zeugen geladen.
Ins kalte Wasser geworfen – ein neuer Behördenleiter
vor ungekannten Herausforderungen
Müller erklärte nach einem Abriss der relevanten Entwicklungen
des Jahres 2022 u. a. dass die Vorbereitung
der BNetzA auf die Rolle des Bundeslastverteilers
kurz nach seinem Amtsantritt am 1. März 2022 eine
unerwartete und wichtige Aufgabe gewesen sei. Hinsichtlich
der Kernkraftwerke habe Minister Habeck am
4. März einen Prüfauftrag erteilt und die Antwort
erhalten, dass eine Änderung der vorgesehenen Laufzeiten
nicht zwingend erforderlich sei. Am 29. März
habe dann der Bericht zum Reservekraftwerksbedarf
für den kommenden Winter vorgelegen, der Herausforderungen
gezeigt habe. Im Juli habe es eine Anfrage
von Habeck zur Versorgungssicherheit gegeben mit
verschiedenen Herausforderungen, die betrachtet
werden sollten. Es habe sich gezeigt, dass die Kernkraftwerke
eher Kohlekraftwerke im Ausland als Gaskraftwerke
im Inland ersetzt hätten. Kurz nach Vorlage des
1. Stresstests im Juli sei der 2. Stresstest aufgesetzt
worden, wegen sich verändernder Herausforderungen.
Müller erklärt in der Befragung, dass es Habeck um ein
umfassendes Bild der Versorgungssicherheit gegangen
sei unter verschiedenen Parametern und Perspektiven
zu denen auch ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke
gehört habe. Hinsichtlich der Informationsweitergabe
an das BMWK teilte Müller mit, ihm sei wichtig gewesen,
dass die Entscheidungsträger die fachliche Einschätzung
erhielten, ungekürzt an die Staatssekretäre
mit Bitte um Weitergabe. Zur Aussagekraft einer
Schnellanalyse der ÜNB teilt er mit, dass die Beauftragung
noch vor seiner Amtszeit stattgefunden habe
und er sie damals nicht hätte bewerten können. Zum
Thema der Auswirkungen der Abschaltung des KRB II C
auf das Netzmanagement (Redispatch) wo TransnetBW
Probleme angezeigt habe und auf die Frage, ob KKI 2
aus netztechnischen Gründen weiterbetrieben worden
sei verneint Müller und verweist bei Nachfrage zu
erhöhtem Redispatch-Bedarf darauf, dass er vor allem
im ersten Halbjahr mit Gasthemen befasst gewesen sei.
Auf eine Frage, ob man nicht auch über den Winter
2022/23 hätte hinausblicken und Preis- sowie CO2
Effekte hätte mitbetrachten müssen, antwortet Müller,
dass man auch über den Winter hinausgeblickt habe,
aber der Fokus auf der Versorgungssicherheit gelegen
habe. Preiseffekte habe man nur im Hinblick auf die
Gasmangellage betrachtet etwa bei LNG-Terminals und
bei Regelungen, die von Gazprom geführten Speicher
wieder mit Gas zu befüllen. Die CO2-Bilanz habe in
dieser Zeit keine Rolle gespielt. Danach gefragt, wie
man angesichts der Merit Order im Strommarkt
annehmen könne, dass Kernkraftwerke keinen Beitrag
zur Gaseinsparung leisten könnten, antwortet Müller,
er habe sich auf die Fachabteilung verlassen und dass
dieser Aspekt später berücksichtigt worden sei.
In der Befragung berichtet Müller unter anderem, dass
Graichen mit der Empfehlung der Prüfung eines
Weiter betriebs im Stresstest unzufrieden gewesen sei
und er Handlungsoptionen jenseits des Streckbetriebs
habe genannt bekommen wollen. Die Einschätzung zur
Rolle der KKW sei ernüchternd gewesen, diese hätten
nur einen sehr überschaubaren Beitrag leisten können.
Er berichtetet auch, dass Habeck im Sommer wegen
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Report
der Versorgungssicherheitsthemen in Bezug auf Nord
Stream und andere Sachverhalte sehr angespannt
gewesen sei, woraus sich vertiefte, strengere Prüfungen
ergeben hätten. Aus der Befragung ergab sich auch,
dass Habeck die Ergebnisse des 1. Stresstest nicht
kannte. Der Zeuge konnte keine Aussage dazu machen,
warum das so gewesen ist und wann Habeck davon
Kenntnis erlangte.
Zum Vorhalt, dass das Bundeskanzleramt den Prüfvermerk
angezweifelt habe und zur Frage, ob eine
Nachfrage seitens des Kanzleramtes, das befürchtet
habe, kommunikativ in die Defensive zu geraten, den
2. Stresstest getriggert habe, konnte der Zeuge keine
Auskunft geben. Auf die Frage, ob der 1. Stresstest nicht
eher eine Durchschnittsbetrachtung als ein Worts Case
Szenario gewesen sei, antwortet Müller, dass der 2. Test
ein ultimativ starker Stresstest gewesen sei, der erste
dagegen weniger streng, auch wenn er nicht von
Durchschnittsbetrachtung sprechen würde. Der Zeuge
teilte mit, dass die BNetzA die auf KRB II C bezogenen
Redispatchfragen nicht betrachtet habe und konnte
nichts dazu aussagen, was passieren würde, wenn
nicht genügend Leistung für Redispatch zur Verfügung
stünde bzw. welche Kapazitäten alternativ noch zur
Verfügung stünden.
Angesprochen auf seine Aussage, dass eine seriöse
Analyse mit Berechnungen einen Zeitbedarf von
Monaten habe, und die Diskrepanz die insoweit zum
Prüfvermerk bestehe, der in wenigen Tagen erarbeitet
worden sei, äußert Müller, dass er den Prüfvermerk
nicht bewerten wolle, dieser nicht aus der BNetzA
gekommen sei und das Haus viel zu seinen Fragen
gearbeitet habe. Nach dem Wunsch des persönlichen
Referenten von Graichen befragt, dass die Anfragen des
BMWK an die BNetzA nicht den üblichen Weg in der
Hierarchie des Hauses gehen, antwortet Müller, dass
es teils sehr restriktive Annahmen gegeben und die
Befürchtung bestanden habe, dass die Märkte im Fall
des öffentlich Werdens in Panik geraten würden. Er
habe diesen Ansatz nicht geteilt und dafür gesorgt, dass
alle relevanten Ebenen der BNetzA einbezogen worden
seien. Zur Einschätzung der Aussage von Habeck noch
am 17. Juli befragt, es gebe ein Gasproblem, kein Stromproblem
antwortet Müller, dass er die Aussage und ihre
Motivation nicht bewerten könne, aber dass im Laufe
des Jahres alle schlauer geworden seien.
Zum Thema der Verfügbarkeit von Kohlekraftwerken
und der Kenntnis darüber, dass 30 Prozent der Kohlekraftwerke
auf Verschleiß gefahren worden sein,
erklärt Müller, dass das Problem bekannt gewesen sei,
dass der Betrieb der Kohlekraftwerke nicht ohne
weiteres gewährleistet wäre. Man habe sich damit
befasst und die Einsatzfähigkeit der Kohlekraftwerke
eingefordert. Auf die Frage, ob die deutschen Kernkraftwerke
nicht auch 2023 und 2024 zur Entspannung
hätten beitragen können, antwortet Müller, dass es um
die entfallende Notwendigkeit gegangen sei, mit
deutschen Kraftwerken stützend bereit zu stehen.
Die persönliche Atomrechtslehre des Herrn N.
Der zweite Zeuge des Tages ist Gerrit Niehaus, Leiter
der Abteilung Nukleare Sicherheit, Strahlenschutz im
BMUV und vormals Leiter der Atomaufsicht in Baden-
Württemberg. Aus den vorangegangenen Zeugenbefragungen
und den den Abgeordneten vorliegenden
Dokumenten ist deutlich geworden, dass er eine
Schlüssel rolle bei der Erarbeitung des Prüfvermerks
hinsichtlich der rechtlichen Bewertungen und der
zahlreichen dort anzutreffenden, gegen einen Weiterbetrieb
in Stellung gebrachten rechtlich-sicherheitstechnischen
Unterstellungen hatte.
Niehaus erklärte zu Beginn, dass er sich nicht nur als
Jurist sehe und trat der Auffassung entgegen, dass nur
Fachleute für kerntechnische Sicherheit die Sicherheitsfragen
behandeln könnten. Es seien auch viele
andere Disziplinen gefordert wie Arbeitswissenschaft
oder Materialwissenschaft. Er erklärt, im BMUV gehe
es grundsätzlich um die Vorbereitung von Gesetzgebungsprojekten
und im Fall des Weiterbetriebs von
Kernkraftwerken um die Frage, ob rechtliche und
sicherheitstechnische Fragen einem Weiterbetrieb
entgegenstünden oder ob ein Weiterbetrieb erforderlich
sei. Er verweist dabei auch auf die Ethikkommission
von 2011 und ihre Schlussfolgerungen nach der
damaligen RSK-Sicherheitsüberprüfung sowie auf die
politische Entscheidung zum Ausstieg aufgrund eines
nicht hinnehmbaren Risikos. Er verwahrte sich gegen
das Argument, dass die Anlage am Tag nach der
Abschaltung auch sicher wäre, da dieses Argument
einer sicherheitsgerichteten behördlichen Abwägung
und einer Überprüfung die Grundlage entziehe.
Niehaus fährt mit der Erklärung fort, dass die Entwicklung
von Wissenschaft und Technik nicht vollumfänglich
in bestehenden Anlagen verwirklicht sein
könne. Die Behörde habe dabei keinen Spielraum und
müsse den Stand von Wissenschaft und Technik einfordern,
was Bestandsanlagen nicht erfüllen könnten.
Er teilt mit, dass der Gesetzgeber zwar großen Spielraum
habe, sich aber an Verfassung und Europarecht
halten müsse. Daraus folge, dass die Anlagen den Stand
von Wissenschaft und Technik erfüllen müssten, was
die Bestandsanlagen nicht könnten.
Niehaus führte weiter aus, dass die Bürger sich
auf das Verbot der Kernenergie verlassen können
müssten und dass bei einer Prüfung der Abwägungsent
scheidung auch die veränderte geopolitische Sicherheitslage
berücksichtigt werden müsse. Er wies darauf
hin, dass das neue kerntechnische Regelwerk wegen
der bayerischen Position nur mit der Maßgabe habe
beschlossen werden können, dass das neue Regelwerk
nicht zu einer neuen Sicherheitsüber prüfung führe. Er
erklärte, man könne diesbezüglich weder annehmen,
dass es maßgebliche Defizite gebe, noch dass es keine
maßgeblichen Konsequenzen geben werde.
Niehaus erläutert, dass die PSÜ auch den Soll
Zustand der Anlage in Frage stellen solle, nicht nur
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Report
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Abweichungen davon. Er erklärt, dass die PSÜ technisch
gesehen betriebsbegleitend möglich sei, weil die
Grunddaten der Anlage bekannt seien. Das Problem sei
aber, dass die Prüfung erst beginnen würde, wenn die
verlängerte Frist abgelaufen wäre. Seine Auffassung
sei, dass ohne PSÜ die Betriebserlaubnis automatisch
und unwiederbringlich verloren sei. Er teilt mit, dass
das verfassungsgemäße Ende der Kernenergienutzung
die gültige Sicherheitsentscheidung zur Kernenergie
verwirkliche und weist darauf hin, dass die RSK auch
bei der Entscheidung zur Laufzeitverlängerung 2010
nicht eingebunden gewesen sei.
Er erklärt, dass die Betreiber der Kernkraftwerke
richtig damit gelegen haben, die Laufzeitverlängerung
wegen der Planungssicherheit und der erforderlichen
Umdispositionen abzulehnen. Die von den Betreibern
geforderte Verantwortungsübertragung – der Staat in
der Betreiberrolle – wäre für die Aufsicht fatal. Niehaus
berichtet zum Thema Streckbetrieb ohne reduzierten
Leistungsbetrieb zuvor, dass die Betreiber Informationen
nachgeliefert hätten und erklärt, dass die
Informationen der Betreiber für das BMUV maßgeblich
sein müssten. Er wies die Idee, dass die Vertreter der
Energieversorgungsunternehmen unvorbereitet in die
Diskussion am 5. März gegangen und vom Protokoll
überrumpelt worden seien, als weltfremd zurück.
Niehaus weist darauf hin, dass der Reservebetrieb
keine neue Idee gewesen sei, sondern 2011 in das AtG
eingefügt worden sei, dergestalt, dass ein KKW bis 2012
in betriebsbereitem Zustand belassen worden sei. Auch
dies sei regional differenziert worden. Von Seiten des
BMUV sei nur eine Erlaubnis für den Reservebetrieb
angestrebt worden, keine staatliche Aufforderung.
Auf eine Frage nach inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben
für die Zulieferung zum Prüfvermerk antwortet
Niehaus, dass die Aufgabe dringlich gewesen sei, ohne
festes Datum zwar, aber rasch abzuarbeiten. Zum
Auftragsumfang erklärt er, dass klar gewesen sei, dass
die Verwirklichungsmöglichkeit eines Weiterbetriebs
in rechtlicher und sicherheitstechnischer Hinsicht
geprüft werden solle. Der Text sei als Ergänzung zu
einem Papier aus dem BMWK vorgesehen gewesen. Auf
die Frage, warum es so dringend gewesen sei, dass es
nur einen Tag Bearbeitungsmöglichkeit gegeben habe,
antwortet Niehaus, dass dies deswegen der Fall
gewesen sei, weil man im Falle des Weiterbetriebs
dringend hätte darüber informieren müssen bzw. die
Aufforderung an die Betreiber richten.
Zum Thema einer Einbeziehung der RSK erklärt
Niehaus, dass dies am Anfang für ihn noch eine Option
gewesen wäre, später aber nicht mehr, da man sehr
engen Kontakt zur Landesaufsicht gehabt habe. In der
Befragung äußerte er, die Rolle der Aufsicht und des
BMUV sei es, Fragen zu stellen, die Betreiber müssten
Sicherheitsfragen beantworten. Grundsatz dabei sei
im Zweifel für die Sicherheit. Die Fragen der Kollegen
hätten nicht schnell beantwortet werden können,
vielleicht nie. Ein Weiterbetrieb wäre sicherheitstechnisch
nicht vertretbar gewesen. Daraufhin befragt,
ob die Entscheidung des Bundeskanzlers sicherheitstechnisch
nicht zu vertreten gewesen sei, da die
Anlagen ja weiter betrieben worden seien, antwortet
Niehaus, dass die Frage mit einer Abwägungsentscheidung
hinsichtlich Versorgungssicherheit/Stromausfall
verbunden gewesen sei, nicht mit Preisen oder
Klimaschutz. Es sei keine absolute Entscheidung
gewesen. Die Frist zur Notifizierung dagegen schon. Die
EU habe die Verlängerung um dreieinhalb Monate
möglich gemacht.
Auf den Vorhalt, dass die Feststellung sicherheitstechnisch
nicht vertretbar eigentlich keiner Abwägung
zugänglich sei, erklärt Niehaus, dass der Vermerk des
BMUV Teil einer umfangreicheren Abwägungsentscheidung
gewesen sei. Die Entscheidung des Bundeskanzlers
bezeichnet er als sinnvoll und stellt heraus,
dass sie am Ausstieg festgehalten habe. Auf die Frage,
warum nur drei Mitglieder der RSK kontaktiert worden
seien, antwortet er, dass diese entsprechende Verträge
hätten. Zur von ihm gewählten Formulierung „juristisch
grob falsch“ hinsichtlich eines zusammenfassenden
Papiers von Graichen erklärt Niehaus, er habe
verhindern wollen, dass Zwischenstände an ihm vorbei
veröffentlicht würden. Das Problem sei das Verhältnis
Behörde-Gesetzgeber und deren Spielräume gewesen.
Auf den Vorhalt, dass Staatsekretär Tidow wollte, dass
ruhig über die Sachverhalte befunden werde und es
genug Zeit gäbe sowie die Frage warum er die Fachabteilung
nicht weiter eingebunden habe, erklärt er,
dass es keine Punkte gegeben habe die man fachlich
hätte hinterfragen müssen.
Nach den öffentlichen Stellungnahmen des GRS
Geschäftsführers Uwe Stoll befragt, teilt Niehaus mit,
dass er es bedenklich gefunden habe, dass sich Stoll in
die Phalanx der Befürworter eines Weiterbetriebs
eingereiht habe, offenbar auf Anregung des TÜV. Auf
die Frage, wie es zu der Aussage gekommen sei, dass es
12 bis 18 Monate dauere, bis frische Brennelemente
geliefert werden könnten, antwortete er, dass dies
Aussage der Betreiber gewesen sei, und anfangs sogar
15 bis 24 Monate genannt worden seien. Es sei nicht
auf den Monat angekommen, weil ein unterbrechungsfreier
Betrieb ab Juni nicht mehr möglich gewesen
wäre. Es sei für die Abteilung kein Thema gewesen. Auf
den Vorhalt, dass in der Zeit zwischen zwei Vermerken
vom 1. und vom 3. März wohl kaum eine ergebnisoffene
Prüfung habe durchgeführt werden können,
antwortet Niehaus, dass die Tatsache, dass die Fragen
nicht so schnell haben beantwortet werden können ein
Hindernis für eine Laufzeitverlängerung darstelle. Im
weiteren Verlauf der Befragung werden Diskrepanzen
zwischen Juristen und Technikern in der Abteilung,
Dissonanzen zwischen den Mitarbeitern und dem
Leiter, interne Kritik von Niehaus an der Arbeit
der Abteilung aus der „nichts Brauchbares“ kommt,
das eher zurückhaltende Engagement von Ministerin
Lemke in der Angelegenheit des Weiterbetriebs und
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die Frage, wann das Angebot von Westinghouse einer
Belieferung von Brennelementen innerhalb von
neun Monaten bei der Bundesregierung angekommen
ist, thematisiert, ohne dass daraus weiterführende
Erkenntnisse resultieren.
Auf eine Frage zur vertieften Sicherheitsprüfung von
GKN II und deren Verhältnis zu einer PSÜ antwortet
Niehaus, dass diese Prüfung die Anforderungen des
neuen kerntechnischen Regelwerks berücksichtigt
habe, aber keine PSÜ gewesen sei. GKN sei auf neue
Störfallszenarien geprüft worden, aber es habe im
Vergleich zu einer PSÜ etwa die Probabilistik gefehlt.
Auch seien die Ergebnisse nicht zwingend übertragbar.
Die Linientreue als Lebensinhalt
Der folgende Zeuge, Dr. Volker Oschmann, Leiter der
Abteilung Strom im BMWK, stellt in seinem Statement
die Bewältigungsstrategie in der Krise vor und betont
deren Erfolg. Er erläutert, dass die klassischen Dienstwege
wegen zu langer Verfahrensdauer in der Krise
ungeeignet gewesen seien, weswegen Stabsstellen
eingerichtet worden seien, wobei seine Abteilung vor
allem Fragen beantwortet und Themen des Ausbaus
erneuerbarer Energie bearbeitet habe.
In der Fragerunde wird danach gefragt, ob es bereits
vor der Ankündigung der ergebnisoffenen Prüfung
durch Minister Habeck eine Prüfung des Sachverhalts
gegeben habe wie es eine Mail nahelege. Oschmann
antwortet, dass die Abteilung mit Kenntnissen zur
Kernenergie aus dem BMWK ausgegliedert worden sei
und Fragen technischer Art zur Kernenergie nicht in
der Zuständigkeit seiner Abteilung gelegen hätten.
Darauf angesprochen, dass es einen Arbeitsauftrag
gegeben habe, zu zeigen, dass Versorgungssicherheit
auch ohne Weiterbetrieb gewährleistet werden könne,
antwortet Oschmann, dass der Arbeitsauftrag als sachliche
Prüfung angelegt gewesen sei und eine politische
Bewertung an anderer Stelle habe erfolgen müssen.
Nach der Interpretation des Streckbetriebes als Nullsummenspiel
hinsichtlich der Stromerzeugung befragt,
wie sie dem Prüfvermerk zugrunde liege, erklärt
Oschmann, dass die Abteilung keine Kompetenz hinsichtlich
Kernenergie im technischen Sinne gehabt
habe, diese Frage nicht habe bewerten können und
er auch nicht wisse, ob die Hypothese, die der Frage
zugrunde liege, stimme.
Danach gefragt, ob es angesichts der unterschiedlichen
Einschätzung im RWE-Vermerk und der wesentlich
positiveren Aussagen zum Weiterbetrieb in einem
Schreiben von EnBW seiner Meinung nach Differenzen
zwischen den Betreibern gegeben habe, antwortet
Oschmann, dass er den Eindruck gehabt habe, es gebe
große Differenzen.
Oschmann wird zu seiner Formulierung in einer
Mail zum 1. Stresstest befragt, in der er empfiehlt, die
Ergebnisse nicht zu veröffentlichen, weil diese „zu
angreifbar“ seien. Er erklärt darauf, dass sich dies nicht
auf eine Einschätzung des 1. Stresstests als ungeeignet
bezogen habe, sondern auf die zwischenzeitlich, d. h.
bis Mitte Juli eingetretenen Veränderungen mit Einfluss
auf die Bewertung der Versorgungssicherheit.
Daraus habe die Empfehlung an die BNetzA resultiert,
einen neuen Stresstest zu veranlassen. Zum FAQ
zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken vom 8. März
befragt, warum er nicht angemerkt habe, dass die
energie wirtschaftliche Einschätzung (z. B. Redispatch)
aus Sicht der Fachabteilung nicht angemessen sei,
antwortet Oschmann, dass die Versorgungssicherheit
weiter beobachtet worden sei und die Einschätzung
sich entwickelt habe. Auf die Vorhaltung, dass es für
die Finalisierung des Prüfvermerks nur wenige
Stunden gegeben habe, für die FAQ aber drei Tage und
dass die Presseabteilung den RWE-Vermerk erhalten
habe sowie die Frage, ob hier nicht ein Ungleichgewicht
bestehe, antwortet der Zeuge, dass das FAQ Öffentlichkeitsarbeit
sei und es bei einem Vermerk von der
Dringlichkeit abhänge. In der Befragung kommt auch
zur Sprache, dass bei einer sehr großen Runde am
7. März die energiewirtschaftliche Fachabteilung nicht
vertreten gewesen ist, worauf der Zeuge ausweichend
antwortet.
Auf die Frage, welche Folgen es gehabt habe, dass die
Verfügbarkeit von Kohlekraftwerken mit 100 Prozent
angesetzt worden und ob dies nicht Wunschdenken
gewesen sei, antwortet Oschmann, dass es kein
Wunschdenken gewesen sei und dass man die Kraftwerke
mit Versorgung aus heimischen Brennstoffen
auf jeden Fall verfügbar gemacht hätte. Man habe alles
in die Waagschale geworfen. Hierzu lässt sich seitens
des Autors anmerken, alles außer den Kernkraftwerken.
Denn während diese am 15. April 2023 endgültig
abgeschaltet wurden, haben die in den Markt
oder wieder in Betrieb genommenen Kohlekraftwerke,
die zunächst bis zum 30. Juni 2023 laufen durften, für
den folgenden Winter wieder eine Ausnahmeerlaubnis
bis zum 31. März 2024 erhalten. Weiter zum Thema
befragt und damit konfrontiert, dass es eine Einschätzung
aus dem BMWK gegeben habe, die diese
Annahme für riskant hielt, weil bis zu einem Drittel der
betroffenen Kohlekraftwerke ggf. nicht in den Markt
zurückkehren könnten, äußert Oschmann, dass ihm
diese Erkenntnis vom Juli nicht vorgelegen sei und mit
Kohle möglichst viel Gas eingespart werden sollte.
Auf die Nachfrage, warum dann nicht auch der
mögliche Beitrag der Kernkraftwerke geprüft worden
sei, antwortet Oschmann mit Verweis auf die Rechtslage
nach AtG, die man beachtet habe. Auf die Frage,
was er aus der Krise gelernt habe, erklärt Oschmann,
dass eine Lehre sei, dass das Ministerium nicht gut und
zu umständlich für eine Krise aufgestellt sei und es
immer gut sei, Reserven zu haben. Auch müssten
unwahrscheinliche Ereignisse und Konstellationen
durch Reserven berücksichtigt werden. Im weiteren
Verlauf der Befragung sagt der Zeuge aus, dass für ihn
keine großen Differenzen zwischen den Betreibern
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Report
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erkennbar gewesen seien und dass aus seiner Sicht mit
der angesprochenen „Betreiberrolle“ des Staates der
Umgang mit technischen, kommerziellen und rechtlichen
Regeln gemeint gewesen sei.
Am letzten Tag der Zeugenbefragungen vor der
Weihnachtspause am 19. Dezember wurden Stefan
Tidow, Staatssekretär im BMUV, Dr. Patrick Graichen,
Staatssekretär a. D. im BMWK sowie Dr. Wolf Heinrich
Reuter, Staatssekretär a. D. im Bundesministerium
der Finanzen (BMF) befragt und damit Angehörige der
Leitungsebene der drei Häuser.
Ein Staatssekretär mit einer alten Mission
Staatsekretär Tidow begann mit der Mitteilung, dass es
bereits am 24. Februar eine Medienanfrage zum Thema
Weiterbetrieb gegeben habe. Er führte dies darauf
zurück, dass Politiker der Union im Wahlkampf den
parteiübergreifenden Konsens in Frage gestellt hätten,
wodurch das Thema bereits zum „Grundrauschen“ der
politischen Diskussion gehört habe und Lemke bereits
Anfang Februar eine Befassung mit dem Thema beauftragte.
In der Befragung erklärte er, nicht zu wissen,
wann das Thema das BMUV offiziell erreicht habe und
dass Graichen und er als Scharnier zwischen den
Häusern fungierten. Er berichtete weiter, dass die
schnelle Lieferung der Vermerke nicht nur dem Druck
geschuldet gewesen sei, der in der Energiediskussion
geherrscht habe, sondern auch auf die Vorarbeiten
im BMUV und die Stellungnahmen der Betreiber
RWE, EnBW und E.ON zurückzuführen sei, die er zum
damaligen Zeitpunkt allerdings nicht gekannt habe.
Auf einen Widerspruch zwischen Vermerken der Abteilung
nukleare Sicherheit und deren Abteilungsleiter
angesprochen, teilte er mit, dass das technische Referat
die Sicherheitsthemen geliefert habe, die zu berücksichtigen
gewesen seien und der Abteilungsleiter die
Informationen gesammelt und zugespitzt habe wie
etwa „sicherheitstechnisch nicht vertretbar“ und „im
Zweifel für die Sicherheit“. Es sei dann eine Entscheidung
gegen die Erhöhung des Risikos durch einen
Weiterbetrieb gefallen. Diese Entscheidung habe durch
eine Abwägung in Frage gestellt werden können, die
Bezug auf den energiewirtschaftlichen Nutzen nähme.
Er teilt mit, dass die Überarbeitung durch die Abteilungsleitung
wichtig gewesen sei.
Tidow beklagte in der Befragung den „wirkungsmächtigen
Spin“ durch die beiden Medien Cicero und
Welt, denen wesentliche Unterlagen bereits im August
2022 vorgelegen hätten. Zur Telefonschalte mit den
Energieversorgungsunternehmen am 5. März mit
Minister Habeck berichtete er, dass er die Sicherheitsaspekte
seitens BMUV vorgetragen habe. Die Betreiber
hätten zu verstehen gegeben, dass ein Weiterbetrieb
nur bei Abstrichen an der Sicherheit und der aufsichtlichen
Begleitung möglich sei. Sie hätten auch eine
„ Betreiberrolle“ des Staates eingefordert und ausgeführt,
dass eine Wiederinbetriebnahme von Ende 2021
abgeschalteten Anlagen eine Neugenehmigung erfordere.
Er teilte seine Schlussfolgerung aus dem Gespräch
mit, dass die Regierungsseite im Wesentlichen bestätigt
worden sei und es keinen Bedarf einer grundlegenden
Änderung der Einschätzung gegeben habe. Er erklärt,
das Betreibergespräch markiere den Übergang von
eher offener Vorarbeit zu Schussfolgerungen, weshalb
von den Ministerien entschieden worden sei, auf
diesem argumentativen Pfad zu verbleiben. Es sei aber
aus technischen Gründen weder eine lange, noch eine
kurze Laufzeitverlängerung ausgeschlossen worden.
Tidow erklärte weiter, dass die Grundsatzfrage der
Kern energie nicht Gegenstand der Abwägungen gewesen
sei, ebenso wenig wie Stromkosten und Klimaschutz.
Es sei nur eine Empfehlung ausgesprochen worden,
die Entscheidung habe beim Gesetzgeber gelegen.
Tidow beklagte, dass auch von Lobbyorganisationen
wie KernD viel öffentlich diskutiert worden sei, auf der
Linie, dass ein Weiterbetrieb technisch möglich sei und
ohne Berücksichtigung der Abwägung. Es habe eine
Entgrenzung der Diskussion gegeben, allerdings auch
wegen real veränderter Umstände. Eine wichtige Rolle
habe die Stellungnahme des TÜV Süd gespielt, der die
Argumentation zu Gunsten einer Laufzeitverlängerung
zu unterfüttern schien. Daraus hätten sie erfahren,
dass in KKI 2 noch mehr Brennstoff enthalten sei als
bisher bekannt und es sei aus Bayern die Sorge übermittelt
worden, dass die Abschaltung von KKI 2 im Fall
einer Gasmangellage einen Blackout wahrscheinlicher
mache. Daher sei die Frage der Versorgungssicherheit
Gegenstand neuer Untersuchungen im Auftrag des
BMWK und mit neuen Annahmen gewesen.
Tidow beklagt, dass die Diskussion von Atombefürwortern
durchgezogen worden und auf große Resonanz
gestoßen sei. Es habe auch die Unterstellung gegeben,
dass Habeck mit dem Stresstest eine Laufzeitverlängerung
habe durchsetzen wollen und die Befürchtung,
dass ein Streckbetrieb von Befürwortern genutzt
werde, um den Ausstieg rückgängig zu machen. Er
erklärt, dass er persönlich einen Weiterbetrieb für
politisch undurchsetzbar gehalten habe.
Er erläutert, dass ein Leistungsbetrieb nach dem 1. Januar
2023 eine staatliche Anordnung gewesen wäre,
die auch hinsichtlich der staatlichen Aufsicht Fragen
aufgeworfen hätte wegen des europäischen Trennungsgebots
zwischen Betrieb und Aufsicht. Er teilte
mit, dass es gelungen sei, einen Weiterbetrieb im
Streckbetrieb so zu fassen, dass es für BMUV hinsichtlich
der Sicherheit akzeptabel gewesen sei. Es sei auch
klar gewesen, dass es keine Rauf-runter-Reserve geben
würde, sondern eine einmalige Entscheidung, wobei
unklar gewesen sei, wer für die Entscheidung verantwortlich
wäre, Regierung oder Parlament. Diese Frage
sei für die Fraktionen wichtig gewesen.
Tidow führte aus, dass Habeck am 5. September die
Einsatzreserve vorgestellt habe. Daraufhin hätte sich
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Report
der PEL-Geschäftsführer Knott brieflich an Graichen
gewendet, dass eine Einsatzreserve technisch nicht
möglich sei. Tidow bewertete es als dreist, dass Knott
die vielen Arbeiten und Probleme angesprochen habe,
nachdem er zuvor den Eindruck erweckt habe, dass
der Streckbetrieb problemlos möglich wäre. Das Thema
sei dabei die Justierung eines Druckhalterventils
gewesen, die zügig umgesetzt werden müsse, da die
Reaktivitätsreserve des Kerns sonst ggf. zu gering sei,
um wieder hochzufahren. Die Unterschlagung eines
kleinen Details, dass in der Sache nicht so gravierend
gewesen sei, bezeichnete Tidow als unredlich. Die
weiteren Gespräche mit den Betreibern seien sehr
sachlich und konstruktiv gewesen.
Auf den Vorhalt, dass ein Vermerk vom 27. Februar
sehr offen bzgl. einer Laufzeitverlängerung gehalten
und an Niehaus gegangen sei, der in am 1. März überarbeitet
weitergeleitet und dann noch einmal zum Vermerk
vom 3. März überarbeitet habe, antwortet Tidow,
dass der Vermerk vom 1. März sich nicht zur Weitergabe
als Beitrag zum Prüfvermerk geeignet habe, da er
sich auf organisatorische, logistische und sicherheitstechnische
Fragen bezogen habe, aber noch nicht die
juristischen Themen behandelt habe. Nach seiner fachlichen
Einschätzung des RWE-Vermerks gefragt, der
große Ähnlichkeit mit dem späteren Prüfvermerk
habe, antwortet der Zeuge, dass sie überrascht gewesen
seien, dass RWE gegenüber einem Weiterbetrieb fast
noch pessimistischer gewesen sei als sie selbst. Danach
gefragt, ob das von RWE-Juristen erarbeitete RWE
Papier, dessen Argumentation stark aufgegriffen
worden sei, die Grundlage seines Vermerks bildete,
antwortet Tidow, dass möglicherweise Graichen darauf
rekurrierte, sie aber eigene Vermerke verwendet
hätten. Er erklärte, dass der Sachverhalt Neuerteilung
der Genehmigung (Anm: insbesondere 2021 abgeschalteter
Anlagen) unserer Auffassung entspreche. Es sei
daher keine Überraschung gewesen, dass sich dies im
Prüfvermerk finde.
Tidow wird darauf angesprochen, dass er einst Büroleiter
von Jürgen Trittin gewesen sei und danach
gefragt, was im Zusammenhang mit einer Anfrage des
Bundestagsbüros von Trittin am 24. Februar besprochen
worden sei. Tidow antwortet, er vermute,
dass er sich empört habe, dass am Tag des Überfalls die
Opposition sofort mit Kohle- und Atomkraftwerken
komme. Auf den Vorhalt, dass in einer Kommunikation
mit dem Büro Trittin stehe „könnt Ihr da mal schauen“
erklärt Tidow, dass er sich an ein Gespräch mit Trittin
im August erinnere, in dem dieser gegen den Streckbetrieb
plädiert habe, weswegen er sich mit ihm
gestritten habe.
Tidow verneint in einem Austausch mit einem Fragesteller,
dass es hinsichtlich der Einschätzung zum
Restrisiko, das der Grund für die kernenergiepolitische
Grundentscheidung gewesen sei, einen Widerspruch
zwischen seiner Position und der Fachabteilung
gebe. Er erklärte, dass die Anlagen im Rahmen der
gesetzlichen Anforderungen sicher seien, es aber
dennoch ein Restrisiko gebe. Ihm war vom Fragesteller
vorgeworfen worden, sich mit seiner Positionierung
in der Diskussion zum Weiterbetrieb in Bezug auf
die Sicherheit gegen die Fachabteilung, Gutachter und
Fachleute im Bereich Kernkraft, kerntechnische Sicherheit
zu stellen.
Zur Position der Betreiber zum Weiterbetrieb befragt,
erklärt Tidow, dass die Betreiber auf staatliche
Anforderung zum Weiterbetrieb bereit gewesen wären
und deutlich gemacht hätten, dass es Zugeständnisse
hinsichtlich der Sicherheitsüberprüfung geben müsse.
Er teilt mit, dass seiner Auffassung nach, die Positionen
der Unternehmen in dem Gespräch abgestimmt
gewesen seien. Danach befragt, ob er das Thema PSÜ
im Widerspruch zu jedweder Laufzeitverlängerung
gesehen habe, antwortet Tidow, dass sich die Frage
nach einem Streckbetrieb nach dem Kenntnisstand
Anfang März nicht gestellt habe, weswegen sich Aussagen
zur PSÜ auf eine längere Laufzeitverlängerung
bezogen hätten, für die die PSÜ ein Hindernis gebildet
habe. Auf den Vorhalt, dass das BMUV eine PSÜ für alle
Formen der Laufzeitverlängerung, auch den Streckbetrieb
angemahnt habe und die Frage was denn nun
stimme, antwortet der Zeuge, es habe eine Phase
gegeben, in der wir eine kurze Laufzeitverlängerung
befürwortet hätten und es hätte uneinheitliche Interpretationen
des Begriffs Streckbetrieb gegeben.
Bezüglich der Inhalte und/oder Hintergründe verschiedener
Sachverhalte gefragt – Gespräch mit Vertretern
der Bayerischen Staatsregierung, Gespräch
Habeck-Krebber, Hintergrundpapier zu Möglichkeiten
Laufzeitverlängerung, Telefonanruf Büro Trittin – antwortet
Tidow, dass er keine Erinnerung an den Inhalt
des Gesprächs mit Trittin habe, keine Kenntnisse von
einem Gespräch mit Bayern und dass ggf. eine frühe
Befassung der zuständigen Abteilung mit dem Thema
Laufzeitverlängerung den Hintergrund für ein Non-
Paper dazu bilde.
Zu einem von Niehaus am 25. März versendeten
Hinter grundpapier gefragt, dass keine Sicherheitsgründe
benennt, die gegen eine Laufzeitverlängerung
sprächen, erklärt Tidow, dass das Papier technische
und logistische Sachverhalte zusammenfasse ohne
Betrachtung rechtlicher Fragen. Im darauffolgenden
Frage-Antwort-Geplänkel, in dem auch darauf hingewiesen
wird, dass einer Wiederinbetriebnahme der
2021 abgeschalteten Anlagen nichts im Wege gestanden
habe, macht der Zeuge keine Aussagen mehr, die zu
einer Sachverhaltsklärung beitragen könnten.
Noch einmal wird das Thema der Reaktion von PEL auf
die Vorstellung des Einsatzreserve-Konzeptes angesprochen
und von Seiten der Bundestagsfraktion der
Grünen gefragt, warum er den Brief von PEL als dreist
bezeichnet habe. Tidow bestreitet, dies gesagt zu haben
und erklärt, nur seiner Empörung Ausdruck verliehen
zu haben. Er fährt fort, dass das BMUV unter großem
Ausgabe 2 › März
Report
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Druck gestanden habe und PEL immer etwas doppelzüngig
gewesen sei. PEL habe Habeck missverstanden,
obwohl wir dies (Anm.: ein Reservebetrieb mit An- und
Abfahren) längst hinter uns gelassen hätten. Auf die
Frage, was das Motiv von PEL gewesen sein könnte,
erklärt Tidow, dass es auch um viel Geld gegangen
sei, dass man habe verdienen können. Der Streckbetrieb
habe insgesamt 1,4 Milliarden Euro zusätzliche
Gewinne gebracht. (Anm.: ein Wert der auch bei der
damaligen Marktlage, dem Vermarktungsweg und
selbst als Umsatz unplausibel hoch erscheint) Im Hinblick
auf verschiedene kursierende Interpretationen
der Einsatzreserve befragt, welche er verwendet habe,
antwortet Tidow, dass sie die Optionen kraftwerksspezifisch
entwickelt hätten, mit einer Entscheidung
hinsichtlich KKI 2 im Dezember und hinsichtlich GKN
2 im Januar. Er erklärte, klassischer Streckbetrieb sei
eine Reduzierung der Leistung um dann länger fahren
zu können.
Zu den Vorwürfen an PEL darüber befragt, ob der
Unter schied zwischen der Einsatzreserve in erster und
in zweiter Fassung an PEL kommuniziert worden seie,
antwortet Tidow, dass dies nicht von ihm und nicht
vom BMVU getan worden sei, aber Habeck das bei
seiner Vorstellung der Einsatzreserve klar kommuniziert
habe. Auf die Nachfrage, ob die Idee der Einsatzreserve
von Habeck gekommen sei, erklärt Tidow, dass
er sie zum ersten Mal von Habeck gehört habe, nachdem
ein unkonditionierter Streckbetrieb politisch
schwierig würde. Auf die Frage, ob die Webseite des
BMUV falsche Informationen bezüglich PSÜ und Laufzeitverlängerung
enthalte, erklärt Tidow, dass das
Laufzeitende nicht nur durch die gesetzliche Laufzeitbegrenzung,
sondern auch durch PSÜ-Verzicht
begründet werde. Auf den Vorhalt, dass die Anlagen
gleichwohl weiter betrieben worden seien, antwortet
Tidow, dass dies nur kurz der Fall gewesen sei und das
Gesetz an dieser Stelle auch geändert worden sei.
Gefragt, ob das Thema Brennstoffversorgung weiterverfolgt
bzw. geprüft worden sei, nachdem in dem
Hintergrundpapier gestanden habe, dass die ANF
Kapazität habe und bei Urenco nachgefragt werden
müsse, ob angereichertes Uran zur Verfügung stehe,
antwortet der Zeuge, dass sich die Frage ebenso wie
die der Ersatzteilversorgung gar nicht mehr gestellt
habe, weil der energiewirtschaftliche Nutzen zu klein
gewesen sei.
Auf die Frage, ob er das Schreiben von EnBW vom
26. Februar erhalten und ihn der Inhalt angesichts des
RWE-Papiers gewundert habe, teilt Tidow mit, dass er
sich über die neuen Informationen gefreut habe, da die
Aussagen weitere Prüfkriterien für den Prüfvermerk
geliefert hätten. Das Papier von EnBW habe uns in der
Frage der Genehmigung unterstützt und forderte die
Klärung von Fragen wie der Lastenverteilung.
Vom Nageln des Puddings oder ich habe immer
irgendwie recht
Der nächste Zeuge ist der ehemalige Staatssekretär im
BMWK, Patrick Graichen, vormals Exekutivdirektor
des Energiewende Think Tanks Agora Energiewende
und federführend für viele Projekte des BMWK bis
zu seiner Entlassung. Befragt nach einem Schreiben
des CEO von E.ON Leo Birnbaum und seiner Zusammenfassung
des RWE-Papiers dahingehend, dass
„die Betreiber“ das – eine Laufzeitverlängerung – nicht
wollten und man so etwas auch von der Aufsicht
brauche, erklärt Graichen, dass ein ähnliches Dokument
von E.ON vorgelegen habe, das zu einem Gespräch
über die Themen Gasversorgung und Laufzeitverlängerung
nachgereicht worden sei, aus dem hervorgegangen
sei, dass E.ON keine Laufzeitverlängerung
haben wolle. Auf den Vorhalt, ein Papier weitergeleitet
zu haben, dass bei Tidow den Eindruck erweckt habe,
dass es zwischen den Betreibern abgestimmt sei, antwortet
der Zeuge, dass er vielleicht ungenau formuliert
habe. Auf die Nachfrage wie es im Hinblick auf die vom
Minister angekündigte ergebnisoffene Prüfung zu verstehen
sei, dass man so etwas auch von der Aufsicht
brauche, erklärt Graichen dass er es so verstehe, dass
man auch die Betrachtung des Sachverhalts von Seiten
der Atomaufsicht brauche.
Auf den Vorhalt, er habe von den Betreibern gesprochen,
obwohl er erst später die Stellungnahme von
EnBW erhalten habe, erwidert Graichen, dass er nicht
wisse, wann er welches Papier hatte und dass man mit
allen drei Betreibern sprechen wollte. Es sei aber die
Frage gewesen, ob es einen Nutzen gebe, der es
rechtfertige die vielen Probleme zu adressieren. Auf
die Frage, warum die Bewertung einer Rolle der
Kernenergie in der Energiekrise so schnell habe
erfolgen müssen, antwortet der Zeuge, dass wir nicht
gewollt hätten, dass im ganzen März von dem Thema
Kernenergie, das nicht so bedeutend gewesen sei, die
Aufmerksamkeit von anderen Themen abgelenkt
werde. Befragt nach einem Vermerk zur energiewirtschaftlichen
Bewertung, der eine Laufzeitverlängerung
zur Verringerung des Gasbedarfs empfohlen
habe, womit aber der Zeuge nicht habe überzeugt
werden können, antwortet Graichen, dass er der
Bewertung partiell nicht habe zustimmen können, da
sie nicht berücksichtigt habe, dass Gaskraftwerke zu
den geschützten Verbrauchern gehörten und auch
nicht den Umfang der Reaktivierung von Kohlekraftwerken
(10 GW) beachtet habe. Seine und
Oschmanns Einschätzungen hätten sich dann bestätigt.
In der weiteren Befragung wird deutlich, dass Graichen
offenbar im Hinblick auf den Prüfvermerk vieles
alleine und mit wenig internem und externem Austausch
gemacht hat. Auf die Frage, warum er den
Vorvermerk (zum Prüfvermerk) an Habeck gegeben
habe, ohne auf das Feedback des BMUV zu warten,
obwohl Tidow noch einmal über den Text habe gehen
wollen, antwortet Graichen, dass es später keine
gravierenden Änderungen gegeben habe, nur juristisch
saubere Formulierungen.
Vol. 70 (2025)
96
Report
Zum Thema eines Papiers für Habeck mit verschiedenen
möglichen Gegenforderungen der Grünen in
Verhandlungen mit den Koalitionspartnern über einen
Streckbetrieb befragt, äußert Graichen, dass der
Kontext gewesen sei, dass die FDP sich gegen die
Einsatzreserve positioniert habe. Danach gefragt, ob er
zu diesem Zeitpunkt schon gewusst habe, dass es einen
Streckbetrieb geben würde, erklärte der Zeuge, dass
er sich zu diesem Zeitpunkt (September) in Verhandlungen
mit den Betreibern über einen öffentlichrechtlichen
Vertrag im Kontext der Einsatzreserve
befunden habe, was sehr viele Ressourcen gebunden
und ihn zu der Empfehlung veranlasst habe, eher auf
einen Streckbetrieb zu zielen.
Auf die Frage, wie seine Einstellung zur Kernenergie
sei, antwortet Graichen, dass die Kernenergie Chancen
und Risken habe. Ein großer Unfall sei nie auszuschließen
gewesen, weshalb es das Ziel gewesen sei, die
Kernkraft abzuschaffen.
In einer längeren Befragung zum 2. Stresstest erklärt
Graichen, dass die erweiterten Szenarien unwahrscheinlich
gewesen seien, weshalb die Idee der Einsatzreserve
aufgekommen sei. In der weiteren Befragung
zur Einsatzreserve ließ sich nicht klären wann genau
und von wem der Vorschlag gekommen ist. Der Zeuge
bestritt, dass die Einsatzreserve wegen der von der
Führung der Grünen aufgestellten hohen Hürden
für einen Streckbetrieb ein Zugeständnis an die grüne
Bundestagsfraktion gewesen ist. Graichen erklärte, dass
man in Gesprächen mit den Betreibern die Bedingungen
für die Einsatzreserve in Abhängigkeit von der Situation
der einzelnen Anlagen angepasst habe.
Mit Bezugnahme auf einen Brief von PEL mit der Aussage,
dass eine Bestellung neuer Brennelemente einen
unterbrechungsfreien Betrieb (von KKI 2) in 2023 und
2024 sowie darüber hinaus ermöglichen würde, wird
Graichen gefragt, ob für ihn die Frage eines Weiterbetriebs
ab dem 8. März abgehakt gewesen sei. Er
antwortet, dass die Aussage im Brief im Einklang mit
der Information vom 5. März stehe und merkt an, dass
zwei Jahre Betrieb zu wenig seien (Anm.: vermutlich
im Hinblick auf Abbrand).
Auf die Frage ob ihm bekannt gewesen sei, dass viele
reaktivierte Kohlekraftwerke nicht verfügbar sein
könnten, anders als in einem Papier zur Gaspreisentwicklung
unterstellt, antwortet Graichen, dass die
Kohlekraftwerke leichter wieder verfügbar zu machen
gewesen seien. Auf die Frage, warum es im BMWK
keine Zuständigkeit mehr für Kernenergie gegeben
habe und niemand mehr Kenntnisse hatte, antwortet
er, dies sei wegen des Atomausstiegs der Fall. Auf seine
Kenntnis über noch ausstehende Entschädigungszahlungen
an RWE für nicht verstrombare Reststrommengen
angesprochen, verneint er eine Kenntnis. Auf
die Frage, warum er von Seiten E.ON Zurückhaltung
erwartet habe, antwortet Graichen, dass Birnbaum
Zurückhaltung angekündigt habe.
Auf die Frage, was dagegengesprochen habe, dass BMF
in die Gespräche mit den Betreibern einzubinden, da es
sich ja um einen haushaltsrelevanten Tatbestand
gehandelt habe, antwortet Graichen, dass BMF im
Rahmen der Ressortabstimmung eingebunden worden
sei.
Die Gegenrealität im Finanzministerium – eine
Radiographie der Ampelregierung
Als letzter Zeuge vor der Weihnachtspause wurde der
ehemalige Staatssekretär im BMF, Dr. Heinrich Reuter
befragt, der im Jahr 2022 noch Abteilungsleiter gewesen
ist. Reuter erklärte, dass man im BMF relativ früh im
Jahr zu der Schlussfolgerung gelangt sei, dass alle
Möglichkeiten genutzt werden müssten, um die
Energie sicherheit zu gewährleisten. Das BMF müsse
sich bei seiner Arbeit auf die sorgfältige Fachtätigkeit
der Ressorts verlassen. Dabei begleiteten sie die
Prozesse mit Fragen und Anregungen.
Reuter berichtet weiter, dass sie bezüglich der Energieversorgung
möglichst viel Potential haben nutzen
wollen, einschließlich der Kernenergie um Gas einzusparen,
weil dadurch Gaskraftwerke im Markt verdrängt
werden könnten, um Preise zu stabilisieren
über den Merit-Order-Effekt und wegen des fiskalischen
Effekts um Steuern zu sparen, da ein niedrigerer
Gaspreis eine kostengünstigere Füllung der Ex
Gazprom-Speicher ermögliche.
Daraus sei gefolgert worden, dass die damals laufenden
drei KKW weiterbetrieben werden und zwei der drei
in 2021 abgeschalteten Anlagen reaktiviert werden
sollten. Reuter teilt mit, dass deshalb am 28. Februar
ein Vermerk für Minister Lindner erstellt worden sei,
in dem empfohlen worden sei, die KKW länger zu
nutzen, damit das Energieangebot auszuweiten und die
Strompreise günstiger zu halten bzw. zu machen.
Die Anlagen hätte mindestens bis 31.12.2024 weiter
betrieben werden können.
Auf die Frage, warum nur bis Ende 2024 ins Auge
gefasst worden sei, obwohl man bei neuen Brennelementen
einen längeren Betrieb erwartet hätte, antwortet
Reuter, dass für die Brennelemente drei Jahre
Nutzung genannt worden seien, man sie aber ggf. auch
weniger hätte laufen lassen können. Zum Grund für
einen an BMWK übermittelten Fragenkatalog befragt,
antwortet Reuter, dass die Fragen eine vertiefte Analyse
haben anregen sollen sowie die Einbeziehung externer
Expertise. Danach befragt, warum dem BMWK und
dem BMUV die detaillierten Informationen zu Brennelementen
nicht vorgelegen hätten, antwortet der
Zeuge, dies nicht zu wissen und verweist darauf, dass
entsprechende Informationen vom BMF in die Dreierrunde
der Staatssekretäre eingebracht worden seien.
In der Fragerunde erläutert Reuter, dass eine Ausweitung
des Energieangebotes in Deutschland auch für
die Nachbarn vorteilhaft gewesen wäre. Dies habe bei
der Diskussion um Emsland eine Rolle gespielt. Er
Ausgabe 2 › März
Report
97
berichtete, dass das BMF vom Konzept der Einsatzreserve
erst offiziell erfahren habe, als es sich in
der Gesetzentwurfsphase und in späterer Fassung
befunden habe. Dabei hätten vor allem die finanziellen
Auswirkungen interessiert.
Auf die Frage warum sich das BMF so auf die Kernenergie
fokussiert habe, antwortet Reuter, dass sie
auch die anderen Aspekte behandelt hätten, um
möglichst viel Energie zu mobilisieren, etwa die
Rückholung von Kohlekraftwerken und Einsparungen.
Ein Gaslieferstopp hätte sehr signifikante volkswirtschaftliche
Auswirkungen gehabt. Auf die Frage
wie das BMF die Entstehung zusätzlichen Atommülls
berücksichtigt habe und wie dies abgebildet worden
sei, antwortet Reuter, dass sie zu Atommüll keine
Berechnungen für eine Laufzeitverlängerung vorgenommen
hätten. Sie hätten fiskalisch relevante
Aspekte mit eigenen Berechnungen hinterlegt wie die
Strom-/Gaspreisbremse oder die Füllung der Gasspeicher.
Auf die Frage, warum Habeck keinen zeitnahen Kontakt
mit dem BMF haben wollte, sondern dieses nur später
informiert werden sollte, teilt der Zeuge mit, dass es
später eine Runde aus Bundeskanzleramt, BMF und
BMWK gegeben habe. Danach gefragt, ob die im Bericht
zu Treffen (mit Energieversorgungsunternehmen)
erwähnten konkreten Zusagen an die Betreiber
ein normaler Weg der Handhabung solcher Fragen
gewesen sei, antwortet Reuter, dass dies kein normaler
Weg gewesen sei, zumal es ja noch die Ressortabstimmung
gegeben habe. Er ergänzt, dass eine frühzeitige
Einbindung des BMF besser gewesen wäre.
Nach einer hausinternen Einschätzung des BMF über
negative Auswirkungen einer Einsatzreserve auf den
Bundeshaushalt befragt, antwortet Reuter, dass er dies
ergänzt habe. Gang des Arguments sei es gewesen, dass
es keiner weiteren Prüfung der Einsatzreserve bedürfe,
wenn aus dem Stresstest bekannt sei, dass man einen
Weiterbetrieb der KKW benötige.
Auf die Frage, wie er den Wunsch von Minister Habeck
nach einer Sonderbesteuerung von Gewinnen aus
einem Weiterbetreib einschätze, teilt Reuter mit, dass
diese Überlegung nicht an sie herangetragen worden
sei.
Zur ersten Zeugenbefragung des Jahres 2025 am
15. Januar waren Bundesumweltministerin Steffi
Lemke, Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner
und der Bundesminister für besondere Aufgaben/
Chef des Bundeskanzleramtes, Dr. Wolfgang Schmidt
geladen.
Eine Ministerin bleibt auf Distanz
Lemke wies der vorangegangenen Bundesregierung
die Schuld zu, dass überhaupt neue Abwägungsentscheidungen
im Hinblick auf die Kernkraft erforderlich
geworden seien und nannte den Verkauf von
Gasspeichern an Gazprom als Beispiel. Sie reklamierte
Transparenz für die Entscheidung, da keine Entscheidung
der Bundesregierung so intensiv diskutiert
worden sei. Auf die selbst gestellte rhetorische Frage,
ob es jemals politische Einflussnahme auf Entscheidungen
zur Reaktorsicherheit gegeben habe,
antwortet sie, dies sei 2010 der Fall gewesen. Hierzu
ist anzu merken, dass 2010 mit Einführung der weiteren
Vorsorge gegen Risiken das im Urteil des Bundesverfassungsgerichts
begründete Prinzip einer Schadensvorsorge
nach dem Stand von Wissenschaft und
Technik erstmals auch in das Atomgesetz übernommen
wurde. Lemke streicht das erfolgreiche Energiekrisenmanagement
der Bundesregierung heraus, zu dem
auch der Streckbetrieb gehört habe, reklamiert den
gesellschaftlichen Konsens für die Bestimmung des
Koalitionsvertrages am Atomausstieg festzuhalten und
erklärt es für fragwürdig, dass die Union die Beibehaltung
des gesellschaftlichen Konsenses untersuche.
In der Befragung bestätigt Lemke die Beauftragung
eines Vermerks zu Fragen der Kernkraft vor dem
Kriegsbeginn, der in die Entscheidungsfindung eingegangen
sei. Entscheidend seien jedoch die Informationen
der Betreiber gewesen. Zum Thema Einsatzreserve
sagte sie, dass diese vom BMWK an das
BMUV herangetragen und Änderungen vorgenommen
worden seien. Schließlich sei eine Formulierungshilfe
für die Abgeordneten erstellt worden. Zu den Motiven
für das Konzept Einsatzreserve erklärte Lemke, dass
dieses 2011 in das Atomgesetz eingeführt worden sei
und sie die Motive der Bundestagsfraktionen nicht
kenne. Auf Protokolle angesprochen, dass das BMUV
lieber bewährte Verfahren anwende, zu denen die
Einsatzreserve nicht gehöre und befragt, warum daran
festgehalten worden sei, obwohl es dagegen Sicherheitsbedenken
gegeben habe, antwortet Lemke,
dass der ursprüngliche Vorschlag zu Schwierigkeiten
bezüglich der Sicherheit geführt hätte und es daher
Änderungen gegeben habe, die die Einsatzreserve
an den Streck betrieb angeglichen hätten. Sie erklärte,
dass es im März die Information gegeben habe,
dass kein Streckbetrieb mit Nettoerzeugung möglich
wäre, dass es später in Bayern Befürchtungen gegeben
habe, dass es zu einem regionalen Black-out kommen
könne. Es habe eines politisch und rechtlich sicheren
Szenarios bedurft, dass die Reaktorsicherheit gewährleiste.
Hinsichtlich einer Prüfung der Relevanz, Mengen und
Kosten zusätzlicher Abfälle bei einer Laufzeitverlängerung
befragt, erklärt Lemke, dass sie wegen der
diskutierten Randbedingungen einer längeren Laufzeitverlängerung
solche Szenarien in Bezug auf die
Auswirkung auf Abfallmengen, das Entsorgungsübergangsgesetz
und den Fonds zur Finanzierung der
kerntechnischen Entsorgung (KENFO) geprüft hätten.
Der Fragesteller sieht seine Frage hier nicht beantwortet
und interpretiert die Aussage dahingehend,
dass Argumente mit Mengen und Kosten zusätzlicher
abgebrannter Brennelemente nicht relevant seien.
Vol. 70 (2025)
98
Report
Auf die Frage nach der Motivation für die Beauftragung
eines Vermerks zur Kernenergie vor dem Krieg in der
Ukraine, erklärte Lemke, dass es eine Diskussion des
Themas längerer Betrieb der Atomkraftwerke bereits
vor dem Krieg gegeben habe, besonders aus der CDU/
CSU. Sie habe auf entsprechende Gespräche vorbereitet
sein wollen. Sie fuhr fort, dass die Fachebene von
dieser Anforderung am 9. Februar überrascht gewesen
sei, und der Vermerk dann nach dem 24. Februar
bereits vorlag. Das Thema selbst sei nach dem 7. März
wegen der Bedingungen der Energieversorgungsunternehmen
nicht weiterverfolgt worden, erst nachdem
es weitere Versorgungsrisiken geben habe. In der
weiteren Befragung bekundet Lemke u. a., dass die
Fachebene nie formuliert habe, dass ein Weiterbetrieb
(Anm.: aus Gründen der Sicherheit) unmöglich wäre,
sondern habe Voraussetzungen formuliert. Der Fragesteller
bekundet darauf, diese Aussage nicht nachvollziehen
zu können, da Niehaus in seinem Vermerk einen
Weiterbetrieb für nicht vertretbar erklärte, nachdem
er wie er aussagte aus Zeitgründen im Zweifel für die
Sicherheit entschieden habe, da keine Zeit für eine
vertiefte Prüfung zur Verfügung gestanden habe. Auf
die Frage, ob sie den Vermerk abgenommen habe, antwortet
Lemke, dass sie den Vermerk gekannt habe, es
aber keine formelle Billigung gegeben habe, da sie zu
dieser Zeit bei der Umweltministerkonferenz in Nairobi
gewesen sei und die Reise dann wegen des Beschusses
des Kernkraftwerks Saporischschja abgebrochen habe.
Niehaus habe den Vermerk nicht abgeändert, sondern
nur die Risikobetrachtung des AtG 2011 ergänzt, gemäß
der die Nutzung der Kernenergie nur noch für einen
kurzen Zeitraum möglich sei.
Auf den Vorhalt eines Schreibens aus der Bundestagsfraktion
von Bündnis90/Die Grünen, in dem der Vorwurf
erhoben worden sei, dass der Umgang des BMUV
mit der Einsatzreserve ein „Kaputtprüfen“ wäre und
gefragt, ob ihr der Konflikt zwischen Tidow und der
Fraktion bekannt gewesen sei, antwortet Lemke, es sei
gut, dass BMUV gründlich prüfe. Die Einsatzreserve sei
unerprobt gewesen und der Streckbetrieb einfacher zu
handhaben. Ein Abgeordneter der CDU erklärt, dass die
CDU vor dem Ukraine-Krieg eine Laufzeitverlängerung
nicht thematisiert habe und es 2011 einen Konsens
gegeben habe, es aber auch den Krieg und eine breite
Zustimmung zu einer längeren Nutzung der Kernenergie
gegeben habe. Er fragt, ob es nicht geboten
gewesen wäre, in einer neuen Situation eine neue
Bewertung insgesamt vorzunehmen. Lemke erklärt, sie
erinnere sich an Vorstöße oder die Ankündigung von
Vorstößen zu einer Laufzeitverlängerung aus der
Union und ergänzt, das eine längere Laufzeit betrachtet
worden sei. Eine Neubewertung der Frage hätte es
erfordert, zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber
2011 eine Risikobewertung vorgenommen habe, die
den Betrieb und sein Risiko begrenzen wollte.
Nach Kontakten mit den Betreibern beim Sachverhalt
Einsatzreserve befragt, erklärt Lemke, dass die Vorbehalte
aus dem Haus gekommen seien und die
Argumente der Betreibereinschätzung ähnelten. Unter
Vorhalt der Aussage von Tidow, dass es keine Rückkopplung
des BMUV zu den Betreibern gegeben habe,
gefragt, ob es nicht Kontakte zu Betreibern hätte geben
müssen, antwortet die Zeugin, dass sich die Aussage
von Tidow auf PEL bezogen habe, das schnelle Heraufund
Herunterfahren vom BMUV als bedenklich bewertet
worden sei und dass es Kontakte auf Arbeitsebene
gegeben habe. Sie erklärt auch, dass bezüglich Einsatzreserve
die Fachabteilung und die Energieversorgungsunternehmen
in die gleiche Richtung gearbeitet hätten.
Gefragt, ob nach dem Niehaus-Vermerk überhaupt
noch eine Abwägung mit anderen Aspekten habe vorgenommen
werden können und ob sie einen Bruch der
deutschen Sicherheitsphilosophie, wie es im Prüfvermerk
mit Bezug auf einen Weiterbetrieb heiße, in Kauf
genommen habe, antwortet Lemke, das eine Abwägung
möglich gewesen sei und es keinen Bruch der Sicherheitsphilosophie
gegeben habe, weil sich die Passage
auf einen mehrjährigen Weiterbetrieb bezöge. Auf den
Vorhalt, dass in Aussagen aus dem BMUV die fehlende
PSÜ als Ablehnungsgrund auch für einen Streckbetrieb
angegeben worden sei, und gefragt, wie es sein könne,
dass eine fehlende PSÜ einen Weiterbetrieb unmöglich
mache, ein Streckbetrieb aber dann doch gehe, antwortet
Lemke, dass an vielen Stellen nicht auf Streckbetrieb
oder längere Laufzeitverlängerung hingewiesen
worden sei; sie verweist zudem auf den
diesbezüglichen Hinweis der EU-Kommission bei der
Notifizierung.
Auf den Vorhalt, dass es am 24. Februar ein Hintergrundpapier
zu technischen Fragestellungen gegeben
habe, in dem keine Hinderungsgründe oder Ausschlusskriterien
genannt worden seien, sondern nur
einige Bedingungen für den Weiterbetrieb sowie zu
klärenden Fragen und auf die Frage, ob sie durch den
Prüfvermerk die Öffentlichkeit hinsichtlich der Sicherheitsfragen
bewusst getäuscht habe, antwortet Lemke
mit dem Hinweis auf das AtG 2011 und dass die Anlagen
aus Sicherheitsgründen nur begrenzt weiter betrieben
werden können. Auf den Hinweis hinsichtlich einer
Interviewäußerung, in der sie einen Weiterbetrieb als
nicht verantwortbar bezeichnet habe, obwohl die
Prüfung im BMUV noch gelaufen sei und die Frage, ob
ihr Haus seine Position zwischen dem 1. und dem
7. März an ihre Aussagen angepasst habe, antwortet
die Ministerin ausweichend. Sie erklärt auf die Frage,
warum die Landesaufsicht, die RSK und andere Externe
nicht eingebunden worden seien, dass sie den (Anm.:
laufenden) Anlagenbetrieb für sicher gehalten habe
und deshalb keine Einbeziehung erforderlich gewesen
sei. Sie teilt weiter mit, dass wenn Weiterbetrieb/
Laufzeitverlängerung weiterverfolgt worden wären, es
auch eine Einbeziehung gegeben hätte, wie es später
auch geschehen sei.
Nach der wiederholten Aussage – hier im Zusammenhang
mit der Nicht-Weitergabe von aktualisierten
Informationen zur Beschaffungsmöglichkeit von
Brennelementen vom BMWK an das BMUV – dass nicht
Ausgabe 2 › März
Report
99
die Frage der Brennstoffbeschaffung, sondern die
Bedingungen der Betreiber für die Entscheidung
ausschlaggebend gewesen seien gefragt, warum das
Schreiben von Knott, in dem er sich gegen die Interpretation
verwahrt habe, dass die Betreiber gegenüber
allen Risiken vom Staat abgeschirmt werden wollten,
nicht an das BMUV weitergegeben worden sei, antwortet
Lemke dass sie kein Schreiben von Knott
erhalten hätten, was wegen der Sicherheitsthemen
sinnvoll gewesen wäre. In einem Frage-Antwort-Dialog
zum Parteitag von Bündnis90/Die Grünen Mitte
Oktober 2022, der ein Einsatzreserve-Konzept beschlossen
hat, teilt die Ministerin mit, dass es eine
Variante der Einsatzreserve gebe, die keine Probleme
aufwerfe. Nach einer genauen Bestimmung der Einsatzreserve
gefragt, erklärt Lemke, dass ein Heraufund
Herunterfahren nicht Gegenstand der Formulierungshilfe
der Bundesregierung für die Regierungsfraktionen
gewesen sei und dass einmal entschieden
worden wäre, ob die Anlagen bis 15. April 2023 weiterlaufen
könnten.
Auf die Frage, warum sie eine Argumentation gegen
eine Laufzeitverlängerung benötigte (Anm.: hier der
vorab des Krieges beauftragte Vermerk), antwortet
Lemke, dass sie keine Argumentation gegen eine
Laufzeitverlängerung gewollt habe, sondern das beauftragt
worden sei, darzulegen wie die Fachabteilung auf
eine Forderung nach Laufzeitverlängerung reagieren
würde. Auf die Frage wie sie die Reaktion von Mitarbeitern
des BMUV auf Aussagen von Herrn Stoll einschätze,
antwortet Lemke, dass der Ton nicht ihrer sei
und es auch innerhalb des Hauses unterschiedliche
Kulturen gebe. Sie erklärt weiter, es gehe hier um Mutmaßungen
von Stoll, die er auch so kenntlich gemacht
hätte. Es entspreche nicht ihren Gepflogenheiten einen
Fachmann herauszuwerfen, weil es einen inhaltlichen
Dissens gebe. Danach gefragt, wie sie auf die Aussage
in einem Namensartikel im Tagesspiegel komme, dass
die Kernenergie nicht klimafreundlich sei, antwortet
Lemke, dass es unterschiedliche Berechnungen gebe
und das Thema umstritten sei.
Vertrauensverlust auf höchster Ebene
Als nächster Zeuge wird Ex-Finanzminister Lindner
befragt. Lindner erklärt zu Beginn, dass im Jahr 2022
wirtschaftliche Schäden wegen hoher Strom- und
Gaspreise begonnen hätten einzutreten und erläutert
Aufgaben des BMF, zu denen auch die Gewährleistung
der Versorgungssicherheit, die Bezahlbarkeit und
Unabhängigkeit der Energieversorgung und die
Minimierung von Haushaltsrisiken gehöre. Lindner
erklärt, dass alle Kraftwerke hätten betrieben werden
müssen, die günstiger als Gaskraftwerke produziert
hätten, einschließlich der Kernkraftwerke. Er teilte
weiter mit, dass anders als sonst in der Ressortzusammenarbeit
üblich, die Beteiligung bei KKW
Entscheidungen hätte eingefordert werden müssen.
Er erklärt, dass sie Anlass gehabt hätten, die Darstellungen
des BMWK in Frage zu stellen, beispielsweise
hinsichtlich der Aussagen der Betreiber oder zu
technischen Möglichkeiten. Es sei daher erforderlich
geworden, direkt Kontakt zu den Betreibern aufzunehmen.
Lindner fährt fort, dass sich dann herausgestellt habe,
dass ein Weiterbetrieb möglich wäre, dass Brennelemente
günstig und ohne Bezug zu Russland zu
beschaffen gewesen seien, dass das Kernkraftwerk Isar
2 bis zum 1. September 2023 hätte laufen können, dass
ggf. auch abgeschaltete Anlagen hätten reaktiviert
werden können. Er teilte mit, dass die Entscheidung
über den Streckbetrieb am Sonntagnachmittag nach
dem grünen Parteitag hätte getroffen werden sollen
und dass für einen Streckbetrieb einschließlich Kernkraftwerk
Emsland politische Zugeständnisse zu
machen gewesen seien, etwa eine Änderung bei der
10-H-Regelung bei Windkraftanlagen und die Verabschiedung
des Energieeffizienzgesetzes. Er berichtet,
dass sachfremde Erwägungen eine große Rolle gespielt
hätten und die Ressortabstimmung nicht verlässlich
gewesen sei. Es wäre deutlich mehr möglich gewesen,
als beschlossen worden sei.
Auf die Frage warum er einen Weiterbetrieb aus
wirtschaftlichen Gründen für erforderlich gehalten
habe, antwortet Lindner, dass es zahlreiche Aussagen
dazu gegeben habe, dass ein Weiterbetrieb durch
Angebotsausweitung niedrigere Strompreise bewirkt
hätte. Es hätte auch die Option für einen günstigen
Industriestrompreis gegeben. Auf die Frage, warum
Bundeskanzleramt und BMF nicht in Beratungen zur
Einsatzreserve eingebunden worden seien und wie er
die umfangreiche Kritik an der Einsatzreserve eingeschätzt
habe, antwortet Lindner, dass er nicht wisse,
warum es keine Einbindung gegeben und dass er sich
für einen vollen Weiterbetrieb eingesetzt habe, wie
dies auch Gespräche mit Energieversorgungsunternehmen
nahegelegt hätten. Zur Frage, wie er die
Ergebnisoffenheit des Prüfverfahrens bewerte, antwortet
Lindner, dass in Führung und auf Fachebenen
Zweifel an der Ergebnisoffenheit gewachsen seien. Die
Frage, warum das BMF erst so spät in das Verfahren
eingetreten sei, beantwortet Lindner mit dem Ressortprinzip
und dass er davon ausgegangen sei, dass die
Ressortzusammenarbeit vertrauensvoll erfolge. Auf die
Frage, wie er zu geäußerten Zweifeln an der Ergebnisoffenheit
stehe, erklärt Lindner, dass er bereits sagte,
dass die Beteiligung des BMF habe eingefordert werden
müssen und Zweifel gewachsen seien. Es habe unplausible
Aussagen und zweifelhafte Einschätzungen
gegeben, woraus man gefolgert habe, dass es eigene
Kontakte zu den Energieversorgungsunternehmen
benötige. Auf die Frage, ob er die Kernenergie auch als
Freiheitsenergie bezeichnen würde, erklärt er, dass er
dies im Lichte aktueller Kenntnis tun würde.
In Bezug auf die Aussage von Knott, dass er auf das
Angebot eines Industriestrompreises keine Antwort
erhalten habe, wird Lindner gefragt, warum er sich
nicht veranlasst gesehen habe, eine Studie zu
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Report
Preiseffekten und Industriestrompreis zu beauftragen.
Er antwortet, dass ihm nicht bekannt sei, dass es in der
Studienlage eine Lücke gebe, die eine eigene Studie
erforderlich mache. Danach gefragt, dass der Ausschuss
die Vorbereitungen für Kabinettssitzungen
nicht erhalten habe und ob Scholz sich dabei eingebracht
oder die Dinge hat laufen gelassen, antwortet
Lindner, dass Scholz aktiv gewesen sei und viele
Energie themen besprochen worden seien, dass aber
viele Sachverhalte als Verschlusssache eingestuft seien.
Auf die Frage, wie er die Einstellung von Scholz einschätze,
antwortet Lindner, dass er dies nicht sagen
könne und dass Scholz v. a. einen Konflikt innerhalb
der Koalition habe lösen wollen, der bei einer Partei
stark mit der Identität verknüpft gewesen sei.
Auf seine Aussage angesprochen, dass man Kernenergie
im Markt nicht versichern könne und man
daher eine Staatshaftung benötige, womit sie schon
deshalb ordnungspolitisch nicht vertretbar sei, antwortet
Lindner, dass dies immer noch seine Auffassung
sei und sich neue Kernkraftwerke nicht finanzieren
ließen. Davon sei aber die Frage zu trennen, was man
in einer Krise gebrauchen könne. Auf eine Frage zum
Debriefing zum Gespräch mit E.ON, dass ein Hochfahren
nach (Anm.: spätem) Abfahren nicht möglich
sei, aber neue Brennelemente für eine Laufzeitverlängerung
durchaus beschaffbar wären und ob er
einen längeren Weiterbetrieb für sinnvoll gehalten
habe, antwortet Linder, dass dies der Fall gewesen sei,
mindestens für den Winter 2023/24.
Auf den Vorhalt der Aussage im Debriefing, dass eine
Laufzeitverlängerung für 15 Jahre durchaus möglich
sei, erklärt Lindner, dass dies die Sicht eines Betreibers
gewesen sei, nicht des BMF und dass 15 Jahre außerhalb
des Lösungsraumes der parteipolitischen Konstellation
gelegen hätten. Sie hätten für drei oder fünf Anlagen
bis Frühjahr 2024 plädiert. In der weiteren Befragung
erklärt Lindner, dass eine Interviewäußerung vom
Dezember 2022 als eine parteipolitische ohne Koalitions
erwägungen zu verstehen sei und dass die
Kanzlerentscheidung keine Überraschung gewesen sei.
Er habe gegen Änderungen bei der 10-H-Regelung
plädiert und beim Energieeffizienzgesetz habe es sich
um die Umsetzung einer EU-Richtlinie gehandelt, die
äußerst schonend für die Wirtschaft umgesetzt worden
sei. Nach der Reaktion von Scholz auf die Konferenzschaltung
mit ihm, Habeck und Vertretern der Energieversorgungsunternehmen
befragt, antwortet Lindner,
dieser habe geäußert, es sei interessant, was man hier
erfahre.
Zum Thema Kernenergie als Identitätsthema der
Grünen nach dem Verhältnis von Parteiidentität und
Ergebnisoffenheit in der Bewertung der Sachthemen
befragt, antwortet Lindner, er wolle keine planvolle
Irreführung unterstellen, dass es aber im Laufe der Zeit
Zweifel an Fakten und Interpretationen des BMWK gegeben
habe. Auf eine Frage zur Kenntnis des Schreibens
von Knott, in dem er sich gegenüber der Behauptung
von Forderungen nach einer allgemeinen Kosten- und
Haftungsübernahme durch den Staat verwahrt, erklärt
Lindner, dass er das Schreiben nicht kenne, aber es
plausible mache, warum gegenüber ihm die Energieversorger
solche Forderungen nicht erhoben hätten.
Die Skepsis von Lindner gegenüber Habeck wird
im Kanzleramt geteilt
Als letzter Zeuge des Tages wird Kanzleramtsminister
Schmidt befragt. Dieser erklärte, dass er in viele
Gespräche zum Thema eingebunden gewesen sei und
überlegt worden sei, was passiere, wenn Russland das
Gas abdrehe. Es habe schon im Herbst 2021 eine
knappe Gasspeicherlage gegeben und die sukzessive
Reduktion der Durchleitung durch Nord Stream habe
es angeraten lassen, mit Worst-Case-Szenarien zu
planen. Dies habe seine und die Haltung des Bundeskanzlers
geprägt. Sie hätten eine Versorgungskrise und
negative Folgen für die Wirtschaft vermeiden wollen.
Schmidt benennt verschiedene Maßnahmen, die
ergriffen worden seien und erklärt, dass die Frage
der Kernkraftwerke zunächst ein Versorgungsthema
gewesen sei, bei dem aus Sicht des Kanzleramtes die
ergebnisoffene, pragmatische Prüfung aller Aspekte im
Vordergrund gestanden habe. Zunächst seien die
Ressorts gefragt gewesen, dann habe es den Prüfvermerk
gegeben. Die Referate im Bundeskanzleramt
hätten bestätigt, dass eine Laufzeitverlängerung nur
ratsam sei, wenn die Versorgungslage sich weiter
zuspitze und dies mit Stein- und Braunkohle nicht
kompensiert werden könne. Es habe dann viele
politische Wortmeldungen (Großmann, Aurubis),
Diskussionen und Impulse von außen gegeben, die
dazu führten, dass am 7. Juli eine erneute Prüfung der
Einschätzung beauftragt worden sei.
Schmidt fährt fort zu rekapitulieren, dass dann die
Ergebnisse des 1. Stresstests (14. Juli) sowie weitere
Themen wie Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke
und Flusswasserstände aufgetaucht seien und
ein 2. Stresstest beauftragt worden sei, aus dem sich
die Empfehlung ergeben habe, die Kapazität der Kernkraftwerke
zu nutzen. Es sei dann die Vorstellung des
Konzepts Einsatzreserve erfolgt und Bundeskanzleramt
und Bundesfinanzministerium hätten darum
gebeten, in weitere Überlegungen eingebunden zu
werden. Über die Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf
vom 30. September habe wegen unterschiedlicher
Positionen keine Einigung erzielt werden
können. Schmidt teilt mit, dass es eine Videokonferenz
mit den Energieversorgungsunternehmen, Scholz,
Habeck, Lindner und ihm selbst als konsolidierte Sachstandsermittlung
gegeben habe sowie am 14. Oktober
ein Gespräch mit Amprion im Hinblick auf das Kernkraftwerk
Emsland. Der Beschluss des Parteitags der
Grünen sei sehr restriktiv gewesen.
In der Fragerunde darauf angesprochen, ob die Kritik
am Prüfvermerk, der im Kanzleramt intern als
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Report
101
Positionspapier gewertet worden sei, aufgegriffen
worden sei, die von KernD, der Bayerischen Staatsregierung,
dem TÜV Süd geäußert worden sei, antwortet
Schmidt, dass er dies für die genannten Kritiken
nicht sagen könne, und es zahlreiche Kritik gab, die
auch betrachtet worden sei. Es habe damals die Versorgungssicherheit
im Mittelpunkt gestanden, die aus
damaliger Sicht nicht gefährdet erschienen sei. Nach
seiner Mail vom 20. Juni im Hinblick auf eine kritische
Hinterfragung des Prüfvermerks gefragt, äußert
Schmidt, sich nicht mehr an den Grund erinnern zu
können. Die Antwort der Ressorts habe ergeben, dass
es für einen Weiterbetrieb keine unüberwindbaren
Hindernisse gebe, aber dass es vor allem auf die
fehlende energiewirtschaftliche Notwendigkeit ankomme,
da die Versorgung auch von reaktivierten
Kohlekraftwerken gesichert werden könne. Schmidt
bestätigt in der Befragung, dass die Lektüre eines
Artikels in der Zeit vom 30. Juni einen Impuls dazu
gegeben habe, dass der Bundeskanzler den Prüfvermerk
hinterfragt habe und dass die neue Einschätzung,
der Streckbetrieb könne einen positiven Nettoeffekt
erbringen und sei kein Nullsummenspiel, eine Rolle
gespielt habe.
Auf eine Frage zur Forderung, dass das Bundeskanzleramt
auf einer klaren Faktengrundlage entscheiden
können müsse und dass vom BMWK klare Aussagen
mit Datengrundlagen kommen müssten, antwortet
Schmidt, dass eine gewisse Skepsis über die Grundlagen
der Entscheidung der Ressorts entstanden sei
und deshalb klare Grundlagen gefordert worden seien.
Befragt bezüglich der Forderung nach Betrachtung
weiterer Szenarien und ob der 2. Stresstest die Idee des
Bundeskanzlers gewesen sei, antwortet Schmidt, dass
er das nicht erinnern könne, aber dass es aufgrund
weiterer Entwicklungen (auch Aiwanger-Brief) nahe
gelegen habe, andere Szenarien auch bezüglich des
Auslands zu berücksichtigen. Auf die Frage, ob er von
den Entwicklungen und den Positionen überrascht
gewesen sei, antwortet Schmidt, dass viele Themen
behandelt worden seien, die dann eine Rolle gespielt
hätten und dass Habeck zunächst recht pragmatisch
eingestellt gewesen sei, was sich später etwas verändert
habe. Gefragt, ob Habeck einem Weiterbetrieb
gegenüber offener gewesen sei als Scholz, der gegen
Kernkraft demonstriert habe und sich über den Ausstiegsbeschluss
2000 gefreut habe, erklärt Schmidt,
Scholz habe dafür gestanden, dass getan wird, was
getan werden muss.
In der weiteren Befragung erklärt Schmidt u. a., dass
die Landtagswahl in Niedersachsen für den Entscheidungstermin
trotz der Position der Landes-SPD
keine Rolle gespielt hätte und dass alle Parteien Überzeugungen
hätten, aber die Bundesdelegiertenkonferenz
der Grünen besondere Herausforderungen mit
Blick auf möglicherweise noch härtere Entscheidungen
gestellt habe. Schmidt teilte mit, dass dies für Habeck
sehr wichtig gewesen sei und die Positionen der Koalitionspartner
sehr stark divergiert hätten. Zu seinen
Gesprächen mit EU-Kommissar Breton befragt und zu
dessen Forderung, dass Deutschland seine Kernkraftwerke
weiterlaufen lassen solle, kann Schmidt keine
klaren Aussagen machen, erklärt aber, dass die Position
von Breton dazu beigetragen haben mag, die Skepsis
an der Einschätzung des BMWK zu nähren.
Damit konfrontiert, dass Habeck am Tag nach der
Nachfrage des Bundeskanzleramtes wegen einer
Fakten grundlage den zweiten Stresstest beauftragt
habe und gefragt, ob dieser Auftrag vom Kanzleramt
ausgelöst worden sei, antwortet Schmidt, das Bundeskanzleramt
wolle auch immer die Ressorts gut aussehen
lassen und es gebe auch immer Nachfragen und
ggf. Impulse.
Auf die Frage, ob es ihn überrascht habe, dass Habeck
die Einsatzreserve vorgeschlagen habe, obwohl die
ÜNB einen Streckbetrieb empfohlen hätten, antwortet
Schmidt, dass ihn dies angesichts der politischen
Schwierigkeiten mit dem Thema bei den Grünen nicht
überrascht habe. Gefragt, ob es bei der Einsatzreserve
darum gegangen sei eine Entscheidung über einen
Weiterbetrieb zu verschieben, erklärt Schmidt, dass die
Entscheidung politisch schwierig gewesen sei und dass
es in solchen Fällen vorkomme, dass man versuche,
die Entscheidung auf einen späteren Zeitpunkt zu
verschieben, in der Hoffnung, dass sie vielleicht gar
nicht erforderlich werde. Befragt, ob er mit Scholz über
die Forderung von Jürgen Großmann, die Aversion
gegen die Kernenergie abzubauen und eine Kommission
zur Beratung über Kernenergie in unvoreingenommener
Form einzusetzen, gesprochen habe,
antwortet Schmidt, dass er sich nicht erinnern könne,
es aber damals nicht um die Grundsatzfrage der Kernenergie
gegangen sei, sondern um Krisenbewältigung.
Am letzten Tag der Zeugenbefragungen sind Bundeswirtschaftsminister
Dr. Robert Habeck und Bundeskanzler
Olaf Scholz als Zeugen geladen. Zur Dynamik
der Befragung ist anzumerken, dass über die Zeugenbefragung
des Vortages auch ein vorläufiges stenographisches
Protokoll noch nicht vorlag und den
Zeugen daher die Aussagen von Lemke, Lindner und
Schmidt in der Befragung nicht vorgehalten werden
konnten.
Ein Minister unter Druck
Als erster der beiden Zeugen des Tages sagte Bundeswirtschaftsminister
Habeck aus. Insgesamt war der
Auftritt teils recht offensiv, man könnte fast sagen
krawallig und der Zeuge hat Nerven gezeigt. Fragesteller
und Zeuge haben sich bisweilen erkennbar
gegenseitig wahlkampfmäßig aufgeschaukelt. Zu Beginn
zählt Habeck die Abhängigkeitstatbestände gegenüber
Russland einschließlich der an eine Gazpromtochter
verkauften Gasspeicher auf. Er berichtet, dass
noch am Tag vor dem Amtsantritt der aktuellen
Bundes regierung von der vorigen Bundesregierung
unter Kanzlerin Merkel bestätigt worden sei, das das
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Report
Projekt Nord Stream 2 die Resilienz der europäischen
Energieversorgung verbessere. Die Neuaufstellung der
Energiepolitik habe bereits direkt nach Amtsantritt
begonnen.
Habeck teilt weiter mit, dass er und die Bundesregierung
die nach dem russischen Angriff erhobene
Forderung des Oppositionsführers Friedrich Merz nach
einem Gasembargo wegen dessen drohender Folgen –
Einbruch des BIP um 6 Prozent, hohe Inflation – abgelehnt
hätten. Habeck erklärt, es habe in der Bewältigung
der entstandenen Energiekrise keine Denkver bote
und ideologische Festlegungen gegeben. Es habe geprüft
werden sollen, ob eine Laufzeitverlängerung aus
Gründen der Versorgungssicherheit notwendig sei
und angesichts fortgeschrittener Rückbauplanungen
realisierbar. Er erklärte, dass die Voraussetzungen für
eine Laufzeitverlängerung zügig hätten geschaffen
werden müssen, so dass Eilbedürftigkeit bestanden
habe. Es habe deshalb ein Gespräch mit den Energieversorgungsunternehmen
gegeben, wobei drei Varianten
im Raum gestanden hätten: Beibehaltung des gesetzlichen
Ausstiegsfahrplans (A), kurzer Weiterbetrieb mit
in den Anlagen vorhandenem Brennstoff (B), längerer
Weiterbetrieb mit Beschaffung von frischem Brennstoff
(C). Die Diskussionen hätten sich v. a. um die Varianten
B und C gedreht. Bei Variante C sei vor allem die Dauer
der Beschaffung frischer Brennelemente im Mittelpunkt
gestanden, bei Variante B die Frage, ob es einen
Nettoeffekt hinsichtlich der erzeugten Strommenge
gebe, da es unter der Annahme, dass die Anlagen im
Sommer hätten heruntergefahren müssen, um im
Winter zu produzieren, fast nichts bringe.
Habeck teilt mit, die Betreiber hätten eine Quasi
Betreiber Rolle des Staates gefordert, der Betrieb hätte
im Staatsauftrag erfolgen sollen. Auf Grundlage der
damals verfügbaren Informationen habe man sich
entschieden, darauf zu verzichten. Zum Prüfvermerk
äußerte er, er habe dies beauftragt und klare Vorgaben
gemacht, die nur als ergebnisoffen interpretierbar
seien. Die Lage habe sich dann verschlechtert, als die
Gaslieferungen gedrosselt und schließlich eingestellt
worden seien, es neue Informationen über die Verfügbarkeit
französischer Kernkraftwerke gegeben habe,
die niedrigen Flusswasserstände die Verfügbarkeit der
Wasserkraft beeinträchtigten und die Möglichkeit des
Kohletransports nach Süddeutschland einschränkten.
Zugleich habe es neue Informationen zu den Möglichkeiten
der deutschen Kernkraftwerke gegeben. Auch
sei der Strommarkt, nach langem Fokus auf die Gasversorgung
in den Blick gerückt. Wegen der Lage im
Ausland habe man sich dann für einen 2. Stresstest
entschieden, der u. a. auch die Verstaatlichung von
Uniper und den Boom bei Heizlüftern berücksichtigen
sollte. Es hätten dabei auch Extremszenarien untersucht
werden sollen, weswegen die Annahmen verschärft
worden seien.
Habeck berichtete, dass die Überlegungen zu einem
Einsatzreserve-Konzept im August begonnen hätten. Ein
solches Konzept sei 2011 ins Atomgesetz aufge nommen
worden. Es habe auch eine Prüfung der Annahmen zur
Gaseinsparung gegeben, deren Ergebnis Einsparungen
von nur 0,1 Prozent gewesen seien. Die Entscheidung
für das Konzept Einsatzreserve sei mit Blick auf die Einsparung
von 0,5 GW Redispatch-Bedarf im Ausland im
Rahmen des Stresstest-Szenarios ++ getroffen worden.
Zum Thema der erforderlichen Ventilwartung im Kernkraftwerk
Isar 2 erklärt Habeck, dass er diesen Sachverhalt
„in seiner Tragweite“ gerne vorher gewusst hätte.
Habeck äußert weiter, die FDP habe eine pragmatische
Lösung aus ideologischen Gründen blockiert.
Auf die Frage nach seiner Zusammenarbeit mit
Graichen und ob er diesem vertraut habe, antwortet
Habeck, es habe sehr viel Entscheidungsbedarf gegeben
und er habe viele Entscheidungen getroffen, Graichen
habe Informationen beschafft und Entscheidungen im
Haus umgesetzt, sie hätten sich täglich gesehen. Habeck
bejaht, dass er Graichen vertraut und sich von diesem
umfassend und richtig informiert gefühlt habe. Auf die
Frage, woher er die Aussage hatte, dass es erhebliche
Sicherheitsbedenken gegen einen Weiterbetrieb gebe,
antwortet Habeck, dies stamme vom BMUV.
Dem Zeugen wird vorgehalten, dass Graichen den Brief
von RWE als Papier „der Betreiber“ weitergegeben
habe, verbunden mit dem Hinweis, dass sie eine Laufzeitverlängerung
nicht gewollt hätten und man so
etwas (Anm.: wie die negative Einschätzung von RWE)
auch von der Aufsicht brauche. Habeck antwortet, es
habe die Aussage der Betreiber gegeben, dass Kernkraftwerke
keinen Beitrag in Bezug auf eine Gasmangellage
hätten leisten können. Auf Nachfrage, ob er den
Vorgang gekannt habe, antwortet Habeck zunächst
nein, korrigiert sich dann, dass er es nicht wisse. Eine
Frage nach der Weitergabe der RWE-Stellungnahme als
Papier der Betreiber bewertet Habeck als Spitzfindigkeit,
da die Betreiber letztlich gleiche Aussagen gemacht
hätten. Auf den Vorhalt, es habe zwischen den Betreibern
unterschiedliche Auffassungen gegeben, erwidert
Habeck, dass dies damals nicht der Fall gewesen sei, erst
später habe es eine Diskrepanz zwischen Birnbaum und
Knott gegeben, als Knott den Angebotsbrief übersendete.
Eine Mail von Birnbaum trage die Probleme
(Anm.: mit einem Weiterbetrieb) vor und zeige klar,
dass das Thema durch gewesen sei. Es sei angemerkt,
dass Habeck in der Befragung nicht wusste, worauf sich
das Kürzel PEL bezieht. Auf die Frage, woraus sich
ergebe, dass E.ON Sicherheitsbedenken artikuliert habe,
entgegnet Habeck, dass dies nicht seine Argumentation
gewesen sei und es ihm um den Ersatz von Erdgas und
den Beitrag der Kernkraftwerke dazu gegangen sei.
Im Zusammenhang mit einer Mail der Presseabteilung
mit der Aussage, die FAQ des BMWK nicht an die
Betreiber zu senden, weil sie Teil der Kommunikation
des BMWK seien, gefragt, warum dies nicht habe geschehen
sollen, antwortet Habeck, es sei klar gewesen,
dass das Protokoll zum Gespräch mit den Betreibern
nicht veröffentlicht werde. Befragt nach dem gesamten
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Report
103
Vorgang, dass ein RWE-Text die Grundlage für den
Prüfvermerk bilde und FAQs nicht mit den Betreibern
abgestimmt werden sollten, antwortet Habeck, dass es
eine Übereinstimmung in der Einschätzung zwischen
den Betreibern und ihm bzw. dem BMWK in Bezug auf
die Krise gegeben habe. Dies sei der entscheidende
Sachverhalt.
Danach befragt, wie er es sich erkläre, dass der Bundeskanzler
den Weg einer schriftlichen Anweisung als
Richtlinienentscheidung gewählt habe, was bis dahin
noch nie vorgekommen sei, erklärt Habeck, dass am
Sonntag davor Lindner erklärt habe, dass er dazu
gezwungen werden müsse. Auf die Nachfrage, ob es in
seiner Partei Gründe für ein solches Vorgehen gegeben
habe, verneint er. Darauf angesprochen, dass dem
Untersuchungsausschuss nur Informationen zur Kernenergie
vorlägen, obwohl es im Untersuchungszeitraum
viele energiepolitische Themen gegeben habe, erläutert
Habeck, dass die Ministerien den Auftrag der Beweiserhebung
als auf Kernenergieentscheidungen bezogen
aufgefasst hätten. In der weiteren Fragerunde bezeichnet
Habeck den Vorgang der Entscheidung zur Kernenergie
und den Prüfvermerk als entscheidungsreif und
wird darauf gefragt, worin die Entscheidungsreife
bestehe bzw. ob es darum gegangen sei, die Debatte zu
beenden, wofür ein Zitat aus einer Mail im Zusammenhang
mit dem Versand des Prüfvermerks an die Energieminister
der Länder angeführt wird. Habeck antwortet,
es sei nicht um ein künstliches Ende der Debatte
gegangen und es habe auch noch andere Themen gegeben,
für die Freiraum habe geschaffen werden sollen.
Zum Thema eines fehlenden Nettoeffekts eines Weiterbetriebs
mit vorhandenen Brennelementen wurde
Habeck damit konfrontiert, dass dies eine falsche Vorstellung
sei, der schon früh entgegengetreten worden
sei und dass eine entsprechende Passage in der Abstimmung
des Protokolls zum Betreibergespräch gestrichen
worden sei. Es habe darüber hinaus ein Schreiben von
Knott im August gegeben und insgesamt seien 7 TWh
Strom zusätzlich erzeugt worden. Habeck antwortet,
dass der Brief vom August dem Stand der Informationen
der Betreiber entspreche, die Streichung im Protokoll
sei dafür nicht relevant. Habeck äußerte, dass die
Betreiber im Sommer ihre Kraftwerke besser kennen
gelernt hätten. Auf die Frage, ob ihm aus dem Haus
auch andere Informationen zum Streckbetrieb übermittelt
worden seien als im Gespräch mit den Energieversorgern
genannt, antwortet Habeck, dass man verschiedene
Möglichkeiten erörtert habe und bestätigt,
dass es wahrscheinlich auch andere Auffassungen
gegeben habe. Nach Vorhalt einer entsprechenden Aussage
in einem Vermerk, der von Graichen angefordert
und auch gehört worden sei, antwortet Habeck auf die
Frage, ob ihn Graichen nicht darüber hätte informieren
müssen, dass Minister in der Regel nicht alle Stellungnahmen
aller Referenten erhielten und er das auch
nicht erwarte. Er hält noch einmal fest, dass seitens der
Betreiber damals einvernehmlich festgestellt worden
sei, dass es keinen Nettoeffekt gebe. Auf die Nachfrage,
dass es doch auch eine eigene Position des Ministeriums
geben müsse und er ausgesagt habe, Graichen zu vertrauen,
obwohl ihm dieser Informationen vorenthalten
habe, antwortet Habeck, dass Graichen ihm nichts vorenthalten
habe und man immer wieder alles diskutiert
habe. Er erklärte, dass ergebnisoffen nicht ergebnislos
heiße und es Gründe gegeben habe, die Diskussion
nicht monatelang fortzuschleppen.
Auf die Frage, ob er gegen Kernkraftwerke demonstriert
habe und wie das Verhältnis der Grünen zur Kernenergie
sei, antwortet er, dass die Anti-AKW-Bewegung
eine der Wurzeln der Partei sei, aber er auch gegen
Kohle kraftwerke demonstriert habe und dennoch in
2022 Kohlekraftwerke zurückgeholt habe. Auf den Vorhalt,
dass es neben dem Streckbetrieb auch Fehl einschätzungen
zur PSÜ gegeben habe, die erst spät korrigiert
worden seien und auf die Frage, ob dies nicht die
Entscheidungsgrundlagen geändert hätte, antwortet der
Zeuge, dass dies nicht der Fall gewesen wäre, denn die
PSÜ sei nicht entscheidungsleitend gewesen. Mögliche
Revisionen bei der Beurteilung der Beschaffung neuer
Brennelemente wären relevanter gewesen. Habeck
äußerte in der weiteren Befragung u. a., dass eine Laufzeitverlängerung
(Anm.: Weiterbetrieb mit neu beschafften
Brennelementen) ein Ausstieg vom Ausstieg gewesen
wäre, der Streckbetrieb dagegen kein großes Ding.
Auf den Vorhalt, dass im Bundeskanzleramt Zweifel an
den Aussagen des BMWK gewachsen seien und gefragt,
inwieweit seine erneute Befassung mit Bedarfen und
Annahmen zur Versorgungssicherheit mit Nachfragen
des Kanzleramts zu Szenarien und Datengrundlagen
zusammengehangen habe, erklärt Habeck, dass es im
Sommer aus verschiedenen Gründen eine veränderte
Lage gegeben habe. Er erläuterte in der weiteren
Befragung zur Veranlassung des 2. Stresstests, dass er
sich mit den Ausgangsannahmen intensiv befasst habe,
um realistische Stressszenarien zu erhalten.
Die Frage, ob das Szenario mit neuem Brennstoff für die
noch laufenden Anlagen von ihm in die Diskussion eingeführt
worden sei, bejaht Habeck und erläutert, dass
daneben auch zusätzlich die Wiederinbetrieb nahme
der Ende 2021 abgeschalteten Anlagen und ein Streckbetreib
ohne neuen Brennstoff diskutiert worden seien.
Er erklärte, die Betreiber hätten ausgeführt, dass eine
neue Beladung mit Brennstoff es wegen des Mindestabbrands
erfordert hätte, die Anlagen mehrere Jahre
weiter zu betreiben. Habeck berichtete, dass Birnbaum
in diesem Zusammenhang die Haltung von E.ON als
progressiv bezeichnet habe und ergänzt, dass das Anhäufen
von Atommüll ohne Endlager nicht pro gressiv
sei. Er erläuterte, dass seine Gesprächsebene diejenige
der CEOs sei, es nicht Aufgabe des BMWK sei, den
Betrieb der Kernkraftwerke zu organisieren und diese
über neue Sachverhalte hätten informieren müssen.
Auf den Vorhalt, dass es Schreiben von EnBW und PEL
an Graichen mit Angeboten für Laufzeiteverlängerungen
gegeben habe, erklärt Habeck, er wisse nicht, ob er
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Report
diese gekannt habe und ergänzt, dass sein Eindruck
gewesen sei, dass die Krisensituation nur genutzt
worden sei, um eine Revision der Energiepolitik zu
erreichen, wozu auch die Statements aus Bayern gehörten.
Auf die Frage, ob er die CO2-Effekte bedacht
habe, antwortet er, dass man dies mitbetrachtet habe,
es aber keine Priorität gewesen sei. Er erklärte, dass er
keine Kapazitäten auf Kosten der Versorgungssicherheit
abschalten würde, dass aber die Antwort auf die
Herausforderung der Senkung der CO2-Emissionen der
Ausbau der erneuerbaren Energien sei.
Auf die Frage, warum er als Wirtschaftsminister nicht
die längerfristige Situation der Wirtschaft in den Blick
genommen habe, zumal es nach Aussagen von Lindner
das Angebot der Energieversorger für einen günstigen
Industriestrompreis gegeben habe, antwortet Habeck,
dass diese Frage seinen Eindruck bestätige, dass man
etwas anderes als nur Nothilfe gewollt habe, nämlich
eine Revision der Atompolitik. Zwar hätte es durch einen
umfangreicheren Weiterbetrieb einen Preis effekt gegeben,
aber keinen großen, keine veränderte Lage. Er
erklärte, dass verschiedenste Argument zu einer Entscheidung
gegen die Kernenergie führen würden.
Danach gefragt, warum er keine Schritte für günstigen
Strom gesetzt habe, nachdem er in der Energiepolitik
sehr stark die Elektrifizierung angeschoben habe, erklärt
Habeck, dass die Dekarbonisierung in der Tat zu einem
höheren Strombedarf in der Größenordnung von
1.200 TWh pro Jahr führe, dass es anders kaum möglich
wäre. Er erklärte zu der Möglichkeit einer Wiederinbetriebnahme
der Ende 2021 abgeschalteten Anlagen, dass
auch dies angesprochen worden sei, die Energieversorger
es aber als nicht zielführend betrachtet hätten,
da die Anlagen sich bereits im Rückbau befunden hätten.
Auf die Äußerung eines Fragestellers, der erklärte, er
glaube nicht an eine ergebnisoffene Prüfung, der auf
die Mail eines Mitarbeiters der BNetzA abstellt, in der
festgehalten worden sei, dass man für eine profunde
Beantwortung der Kernenergiefrage Monate benötigte
und die anschließende Frage wie ein Prüfergebnis
schon nach weniger als zwei Wochen habe vorliegen
können, antwortet Habeck, dass Sie (Anm.: die Fragesteller
bestimmter Fraktionen) unsere Arbeit nie positiv
bewerten würden. Er ergänzte, dass man keine Prüfung
von sechs Monaten hätte machen können, da man die
Maßnahme dann deswegen hätte ablehnen müssen. In
der weiteren Befragung äußert Habeck, dass für ihn nie
in Zweifel gestanden habe, dass die Anlagen sicher
seien und ein Weiterbetrieb technisch möglich wäre,
aber dass die Herausforderung nicht die Sicherheit der
Anlagen, sondern die Gasmangellage gewesen sei.
Auf die Frage, ob es nicht kurzsichtig sei, nur auf den
Winter 2022/23 Bezug zu nehmen und Fragen der Wirtschaftlichkeit
und der Klimapolitik außen vor zu lassen,
erklärt Habeck, dass er sich nicht in erster Linie gefragt
habe, ob es dem Klima helfe, sondern ob es Deutschland
helfe. Kernkraftwerke seien CO2-ärmer als Kohlekraftwerke,
aber sie benötigten staatliche Hilfe und passten
nicht zu den erneuerbaren Energien, da wir Phasen
haben würden, in denen es zu wenig und Phasen, in
denen es zu viel Strom geben würde, wofür Kernkraftwerke
ungeeignet seien. In der weiteren Befragung u. a.
zum Thema Landtagswahl in Niedersachsen und
Parteitag der Grünen erklärt Habeck, dass seitens der
FDP eine Abstimmung des Gesetzentwurfes aus parteipolitischen
Gründen abgesagt worden sei und dass er
auf dem Parteitag der Grünen gerne für eine Entscheidung
eingestanden wäre, aber es keine Entscheidung
gegeben habe, die hätte beraten werden können. Es
habe (Anm.: durch die Forderungen der FDP) eine Situation
bestanden, in der man ggf. im Austausch für eine
pragmatische Weiternutzung der Kernkraftwerke hätte
akzeptieren müssen, die Atompolitik zu revidieren.
Auf die Frage, wer mit Informationen zum Streck betrieb
hinsichtlich einer Position des BMWK und nicht der
Betreiber befasst gewesen sei, antwortet Habeck, dass
er dies nicht genau wisse, da man zu dieser Zeit das Haus
umgebaut habe. Er hoffe, dass in den Referaten eigenständig
Meinungen vertreten und diskutiert würden. In
der weiteren Befragung sind viele Fragen in Kenntnisund
besonders Erinnerungslücken Habecks versandet.
Bezugnehmend auf Habecks Aussage, dass der Bericht
des TÜV Süd eine politische Meinung sei und unter Vorhalt
der Zeugenaussage seitens TÜV Süd wird Habeck
gefragt, ob er wirklich gemeint habe, dass der TÜV Süd
eine politische Meinung vertreten habe und erklärt
darauf, der TÜV Süd sei dafür verantwortlich, dass wir
nicht früher von dem Ventil in Isar 2 gewusst hätten,
ein Problem großer Tragweite. Habeck unterstellt
dann, dass man absichtlich in eine Lage habe kommen
wollen, in der ein langjähriger Weiterbetrieb sinnvoll
erscheinen müsste, da es eigentlich darum gegangen
sei, die energiepolitischen Entscheidungen zu revidieren.
Auf nochmalige Nachfrage, ob er dabeibleibe,
die Bewertung des TÜV Süd als politische Position
zu bewerten, spricht Habeck von einer politischen
Akteurs eigenschaft des TÜV Süd.
Darauf angesprochen, dass er noch am 16. Juli geäußert
habe, dass man ein Gas- und kein Stromproblem habe,
äußert Habeck, dass es hätte heißen müssen, Frankreich
habe ein Stromproblem, dass uns infiziert habe.
Im weiteren Fortgang erklärt Habeck, dass er eine Laufzeitverlängerung
über mehrere Jahre, auf die der FDP-
Vorschlag hinausgelaufen wäre, weder durchbekommen
noch gewollt hätte. Auf die Frage, ob es Teil
der internationalen Politik Deutschlands sei, anderen
Ländern die Kernenergie ausreden zu wollen, erklärt
Habeck, dass sie die Position anderer Länder akzeptierten,
es jedoch keine Zweckentfremdung von Fördermitteln
etwa für H2 geben solle. Auch sollten die
Franzosen nicht ihre in der Regel defizitären Kraftwerke
subventionieren. EDF suche danach, irgendwelche
Fördermittel für erneuerbare Energien oder H2
abzuräubern, um seine 80 Milliarden Euro Schulden zu
bezahlen. Im Anschluss verstieg sich Habeck dazu, zu
äußern, dass wenn der Ausschuss das geheime Ziel
Ausgabe 2 › März
Report
105
verfolge, eine neue Atomdiskussion zu treiben, dann
sollten sie dies sagen und nicht ihn dazu missbrauchen,
eine versteckte Agenda zu puschen.
Auf die Frage, warum er nicht Maßnahmen für 2023/24
habe erwägen wollen, antwortet Habeck dass eine Herleitung
von Maßnahmen für diesen Zeitraum mit
einem Gasmangel durch die Erkenntnisse, die man zu
diesem Zeitpunkt hatte, nicht gedeckt gewesen wäre.
Er fuhr fort, dass auch hier die Motivation erkennbar
sei, die Atompolitik zu revidieren, dies würde auch die
Ausschussarbeit prägen.
Der Kanzler, der andere und sich gut aussehen
lassen will
Als letzter Zeuge in der gesamten Ausschussarbeit wird
schließlich Bundeskanzler Olaf Scholz befragt, dessen
Kanzleramtsminister am Vortag seine Aussagen machte.
Scholz beginnt mit der Feststellung, dass es hinsichtlich
der Gasversorgung keinen Plan B im Falle des Ausfalls
Russlands als Lieferant gegeben habe. Er schildert wie
bereits andere Zeugen die Gemengelage und Genese der
Energiekrisensituation, erklärt aber zusätzlich proaktiv,
dass der Ausstieg aus der Kernenergie richtig sei
und Tschernobyl wie Fukushima die Risiken gezeigt
hätten. Dazu trete die ungelöste Endlagerfrage weshalb
die Entscheidung im Ganzen richtig sei. Heute seien
Kernkraftwerke auch nicht wirtschaftlich wegen Kosten(-überschreitungen)
und eskalierenden Bauzeiten.
Scholz erklärt weiter, dass es 2022 darum gegangen sei,
zu prüfen, ob die Kernkraftwerke für die Versorgungssicherheit
benötigt würden. Scholz rekapitulierte den
Pfad, der letztlich zur Einschätzung führte, dass ein
Streckbetrieb – im Gegensatz zur Einsatzreserve – die
zweckmäßigste Lösung darstelle, über die leider keine
politische Einigung habe herbeigeführt werden können,
so dass am Ende die Ankündigung der Nutzung
der Richtlinienkompetenz gegenüber den Ministern
Habeck, Lemke und Lindner gestanden habe.
Gefragt, ob er mit Krebber über die Einsatzreserve
gesprochen habe, erklärt Scholz, dass sie über verschiedene
Themen einschließlich dieses gesprochen
hätten und es schließlich ein gemeinsames Gespräch
der drei CEOs der Energieversorger mit ihm, Habeck
und Lindner gegeben habe. Auf Nachfrage teilt er mit,
dass vermutlich Lindner die Idee zu dem Gespräch
gehabt habe. Er erklärt weiter, dass dabei verschiedene
Fragen diskutiert worden seien. Die Ende 2021 abgeschalteten
Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen habe
sich als schwierig durchführbar erwiesen und sei deshalb
als erledigt betrachtet worden. Die Variante mit
Beschaffung neuer Brennelemente für die noch laufenden
Anlagen hätte – so habe er das mitgenommen – zu
einem Betrieb für mehrere, fünf bis sieben Jahre geführt.
Scholz erklärt, dass damit auch relevante Kosten
verbunden gewesen wären. Sein Eindruck sei gewesen,
dass die Unternehmen nicht sonderlich begeistert
gewesen seien. Es fiel schließlich die Entscheidung
für einen Streckbetrieb und ein Gesetzentwurf sei
vorbereitet worden.
Auf die Frage, wo sich die Positionen in der Koalition
unterschieden hätten, welches Problem bestanden
habe, dass nur durch Rückgriff auf die Richtlinienkompetenz
habe gelöst werden können, antwortet Scholz,
dass aus seiner Sicht eine Entscheidung für einen längeren
Weiterbetrieb für mehr als ein Jahr nach dem
Gespräch vom 13. Oktober erledigt gewesen sei, aber
dass es trotz dieser Einigung auf einen Streckbetrieb
für drei Kernkraftwerke noch Differenzen gegeben
habe und die Minister sich nicht hätten einigen können.
Nach der Aussage von Lindner gefragt, gezwungen
werden zu müssen, erklärt Scholz, sich daran konkret
nicht erinnern zu können, berichtet aber, dass es für
beide (Anm.: Habeck und Lindner) nicht möglich
gewesen sei, sich zu einigen, wofür er dann die Verantwortung
übernommen habe.
Auf die Einschätzung im Bundeskanzleramt angesprochen,
die den Prüfvermerk als Positionspapier
wertete, das plausibel sei unter der Bedingung, dass
sich keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit eines
Weiterbetriebs ergebe, erklärt Scholz, dass es ihm
plausibel erschienen, aber noch nicht das Ende sei, da
man die Lage hätte beobachten müssen. Gefragt, ob er
Kritik am Prüfvermerk wahrgenommen habe, antwortet
Scholz, dass er Kritik und Diskussionen wahrgenommen
habe und es um komplizierte Sachverhalte
gegangen sei. Allerdings habe der Prüfvermerk einen
Weiterbetrieb nicht völlig ausgeschlossen.
Nach dem Zeitpunkt des Auftrags des Kanzleramtsministers
befragt, den Prüfvermerk noch einmal
kritisch zu überprüfen, besonders die genehmigungsrechtlichen
Aspekte, erklärt Scholz, dass sich die Lage
immer weiter verschlechtert habe und daher habe
geklärt werden sollen, was letztendlich möglich wäre.
Auf die Frage zu seiner Einschätzung darüber, dass die
Ressorts nicht auf technische bzw. sicherheitstechnische
Sachverhalte abgestellt hätten, sondern auf energiewirtschaftliche
Notwendigkeit, erklärt Scholz, dass
der Prüfvermerk nichts ausgeschlossen habe, wenn
man mit juristischem Verstand darauf blicke. Er sei daher
immer entspannt gewesen, weil er davon ausgegangen
sei, dass man es schaffen würde, wenn man es benötigte.
Darauf angesprochen, dass das Kanzleramt eine
Grundlage für die Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung
eingefordert habe sowie eine Datengrundlage,
äußert Scholz, dass er davon ausgehen habe
müssen, dass die Aussagen aus dem BMWK faktenbasiert
seien. Auf die Frage, ob es einen Unterschied
zwischen Streckbetrieb und Einsatzreserve gebe, bejaht
Scholz und erläutert, dass ein Streckbetrieb fortlaufenden
Betrieb bedeute, wogegen bei der Einsatzreserve
das Kraftwerk abgefahren und bereitgehalten werde.
Im weiteren Verlauf der Befragung tritt eine interessante
Differenz zwischen der Auffassung über die Behördenführung
zwischen einem Fragesteller von Bündnis90/
Vol. 70 (2025)
106
Report
Die Grünen und Bundeskanzler Scholz zu tage. In einer
ansonsten unergiebigen Fragerunde unter Vorhalt
einer internen Stellungnahme des Bundes kanzleramtes
wird mit einer gewissen Ungläubigkeit gefragt, ob denn
die Stellungnahmen im Bundeskanzler amt nicht die
Meinung des Bundeskanzler widerspiegelten, worauf
Scholz mit großer Selbstverständlichkeit antwortet,
dass diese Stellungnahmen der Beratung und Information
dienten und es nicht machbar wäre, in einem
solchen Arbeitsprozess vorab die inhaltliche Richtung
an alle Bearbeiter der Vermerke vorzugeben. Scholz
fuhr fort mitzuteilen, dass der in Rede stehende Vermerk
zur Kenntnisnahme bestimmt gewesen sei und
er dann in einem solchen Fall zur Kenntnis nehme, sich
aber das weitere Vorgehen und die Bestimmung der
politischen Richtung vorbehalte.
Auf Lindners Aussage angesprochen, dass er im Blick
auf das Gespräch mit den Energieversorgern geäußert
habe, dass es interessant sei, was man hier alles erfahre,
erklärt Scholz, dass er nicht wisse, was Lindner
gesagt habe, dass aber das Gespräch auch für ihn die
Entscheidungsgrundlage zum Thema gebildet habe. Er
ergänzte, dass es viele unterschiedliche Meinungen zu
den Sachverhalten gegeben habe auch in Gesprächen
mit den Ministern. Aus dem EVU-Gespräch habe sich
zum Beispiel ergeben, dass eine Wiederinbetrieb nahme
bereits abgeschalteter Anlagen kaum möglich gewesen
wäre. Zu seinem Gespräch mit Krebber gefragt, ob es
dort auch um das Kernkraftwerk Emsland gegangen
sei, antwortet Scholz, dass dies möglich sei und ergänzt,
dass er jedenfalls erfahren habe, dass die Anlage in bestimmten
Situationen auch südlich der netztechnischen
Systemgrenze Nord-Süd liegen könne. Nach dem Prüfauftrag
befragt, eine Sonderbesteuerung einer Laufzeitverlängerung
vorzusehen, erklärt Scholz dies beauftragt
zu haben. Da es jedoch nicht möglich gewesen sei,
wäre die Sache schnell erledigt gewesen.
Mit einer Aussage in einem Zeitungsartikel konfrontiert,
dass die sechs letzten Kernkraftwerke knapp die Hälfte
des Stromverbrauchs der energieintensiven Industrie
in Deutschland bereit stellen könnten ant wortet Scholz,
dass die abgeschalteten Anlagen nicht zu den Grenzkosten
der laufenden hätten produzieren können, da
sie quasi ein Neubau gewesen wären und es wirtschaftlich
nicht darstellbar gewesen wäre. Darüber hinaus sei
es auch zu gefährlich und die Endlagerung würde vielleicht
viel teurer. Auf den aktuell hohen Gewinn Frankreichs
aus dem Stromhandel angesprochen, antwortet
Scholz, dass gegen die Energiewende auch rechtliche
Hürden gegen das EEG errichtet worden seien und der
Strompreis im europäischen Strommarkt nicht subventioniert
werden solle, was Probleme für Frankreich
bedeute. Auch hier müssten alte Zöpfe abgeschnitten
werden bei EEG-Subventionen, die zu hohen Preisen für
lange Zeit gewährleistet worden seien.
Auf die Frage, ob man es auch in der SPD nicht opportun
befunden habe, vor der Wahl in Niedersachsen
die Entscheidung zu einem Weiterbetrieb zu treffen,
antwortet Scholz, dass dies für ihn nicht gegolten habe
und er sich jederzeit auf eine Entscheidung im August
oder September hätte einigen können. Gefragt, zu
welchem Zeitpunkt ihm bewusst geworden sei, dass
Nord Stream 2 ein Fehler gewesen sei, antwortet Scholz,
dass er immer für LNG-Terminals plädiert habe und
die Grünen dagegen gewesen seien. Er habe nicht nur
von einem abhängig sein wollen. Er ergänzt, dass er
Nord Stream 2 ab Februar 2022 nicht mehr hätte haben
wollen und weist darauf hin, dass Nord Stream 1 auch
von den Grünen nicht in Frage gestellt worden sei.
Konfrontiert mit einem Schreiben von einem geschwärzten
Absender, der als möglicherweise Knott
oder Birnbaum identifiziert wird und das besagte, dass
Aussagen, dass der Einsatz neuer Brennelemente einen
Betrieb für viele Jahre erfordere, falsch seien und
gefragt, ob es wohl nicht eher zwei bis drei Jahre als
fünf bis sieben Jahre seien, antwortet Scholz, dass er
auch einen Weiterbetrieb für drei Jahre nicht akzeptiert
hätte. Er teilt dem Fragesteller mit, dass dieser
vielleicht auch falsch liege, da man neue Brennelemente
nicht beliebig wieder außer Betrieb nehmen
könne, sondern ein Mindestabbrand erforderlich sei.
Er ergänzt, dass er mehrere Jahre nicht gewollt habe.
Auf die Frage, ob er die Richtlinienentscheidung auch
getroffen habe, um Druck von Habeck von Seiten der
grünen Bundestagsfraktion zu nehmen, da dieser
erklärte, er habe Energiesicherheit gewollt, wogegen in
der Fraktion viele nicht einmal eine Einsatzreserve
akzeptiert hätten, antwortet Scholz, dies sei nicht der
Fall gewesen, er habe es für Deutschland getan. Gefragt,
ob er gewusst habe, dass es im BMF Zweifel an den Aussagen
des BMWK hinsichtlich der Gespräche mit den
Energieversorgern gegeben habe, erklärt Scholz, dass
alle mit den Betreibern gesprochen hätten, weswegen
die drei plus drei Videokonferenz anberaumt worden
sei, um einen konsolidierten Stand zu erreichen.
Persönliches Fazit
Am Anfang des Kernthemas des Untersuchungsausschusses,
dem Umgang mit dem planmäßigen Ende der
Kernenergienutzung in einer Situation äußerster geopolitischer
und energiewirtschaftlicher Zuspitzung
nach dem kaum anders denn als neoimperialistisch zu
bezeichnenden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine,
stand die proaktive und letztlich unerwartete Ankündigung
einer ergebnisoffenen Prüfung und das heißt
Infragestellung des bisherigen Politikpfades in Sachen
Kernenergie im Zusammenhang mit und zur Prävention
oder Abmilderung der absehbaren und unmittelbar
bevor stehenden Energiekrise durch Bundeswirtschaftsminister
Habeck wenige Tage nach Kriegsbeginn.
Für diese staatsmännische Haltung erfuhr
Habeck seinerzeit viel Anerkennung und Respekt auch
seitens der Opposition.
Bereits am 7. März aber war es mit dem staatsmännischen
Zauber dahin und die Haltung entpuppte sich
Ausgabe 2 › März
Report
107
als bloße Pose nachdem einer weiteren Debatte des für
Partei und Fraktion der Grünen offenkundig unerträglichen
Themas Kernenergie mit einen schnell, schludrig
und durch und durch voreingenommen abgefassten so
genannten Prüfvermerk ein Riegel vorgeschoben wurde
mit einem ganzen Trommelfeuer falscher oder verzerrter
und verzerrender Aussagen und Annahmen. Der
Untersuchungsausschuss wollte – ausgelöst durch die
Rechercheresultate von hartnäckigen und gegen ein
abblockendes Wirtschaftsministerium klagebereiter
Journalisten – Licht in das Dunkel dieses schnellen Absturzes
vom mutigen Sprung über den eigenen Schatten
in die Abgründe des grünen Group Think bringen.
Dies ist nur teilweise gelungen, denn die Anlehnung
der Arbeit eines Untersuchungsausschusses an den
Strafprozess erweckt die falsche Vorstellung justiziabler
Sachverhalte und Gesetzesverstöße obgleich ein parlamentarischer
Untersuchungsausschuss ein politisches
Instrument zur Kontrolle politischer Regierungstätigkeit
ist. In diesem Rahmen allerdings wurden durchaus
interessante Erkenntnisse gewonnen. Zum Beispiel,
dass mit geeigneter Personalauswahl – in diesem Fall
im Sinne der Anti-Atom-Mission – eine strukturelle
Voreingenommenheit ganzer Institutionen bewirkt
werden kann, die weder von der Arbeitsebene – sofern
nicht ohnehin bereits von der gleichen Denkweise
geprägt – noch externem Sachverstand überwunden
werden kann. Insbesondere sind bei einer strukturell
voreingenommenen Institution weitgehend auch gar
keine konkreten Weisungen im Sinne des gewünschten
Ergebnisses erforderlich, da der Apparat gleichsam
bereits auf Autopiloten geschaltet die „richtigen“
Ergebnisse liefert.
Ein anderes Ergebnis ist, dass mit strategisch eingesetztem
Zeitdruck wie es beim Prüfvermerk der Fall
gewesen ist, vielen Einwänden von der Fachebene und
externen Fachleuten bereits vorgebeugt werden kann
und denjenigen, die von fachlich sehr versierten Mitarbeitern
auch in ganz kurzer Zeit vorgebracht werden
können, schnell und reibungslos ein Riegel vorgeschoben
werden kann, denn es müsse ja jetzt ein
Ergebnis vorliegen und es könne nicht endlos geprüft
werden. Das das Vorgehen innerhalb des BMWK und
des BMUV von dieser Methode geprägt war, wird durch
die erstaunlich fadenscheinige Begründung mehrerer
Zeugen der Leitungsebenen für den Zeitdruck beim
Prüfvermerk bestätigt, die ausgesagt haben, die
Energie versorgungsunternehmen hätten dringend
informiert werden müssen. Angesichts der Tatsache,
dass Minister Habeck ab August, also rund sechs
Monate nach Kriegsbeginn und nachdem sich abzeichnete,
dass die energiewirtschaftliche Notwendigkeit für
einen Weiterbetrieb, die man ein halbes Jahr lang
bestritten hat, unabweisbar würde, alles daran setzte,
gegen alle Einwände und Widerstände eine sachlich
untaugliche Lösung – die Einsatzreserve – durchzudrücken,
erscheint die genannte Begründung des Zeitdrucks
beim Prüfvermerk wie eine Irreführung der
Öffentlichkeit. Denn mit dem Mittel der Einsatzreserve
wäre ja die tatsächliche Information an die Betreiber,
ob die Anlagen nun gebraucht werden oder nicht, bis
auf den Dezember im Fall KKI 2 und gar bis zum Januar
im Fall GKN 2 verschoben worden.
Am Ende tritt insbesondere bei den Zeugen aus dem
BMUV deutlich hervor, dass das Festhalten an der
einmal getroffenen und im Sinne der grünen Befindlichkeit
richtigen Entscheidung des Atomausstiegs die
oberste Maxime im Umgang mit der Kernenergie auch
in der größten Energiekrise in der Geschichte der
Bundes republik Deutschland gewesen ist. Dies ist
wenig überraschend und hätte keine so große
Empörung ausgelöst, hätte man sich seitens der grünen
Spitzenpolitiker und der Partei klar dazu bekannt.
Offenkundig bemerkte man aber, dass sich die Stimmung
in der Öffentlichkeit gewandelt hatte und das
klare Bekenntnis zum Ausstieg um des Ausstiegs willen,
zu öffentlichem Gegenwind führen würde. Stattdessen
wurde versucht, alles so aussehen zu lassen, als stünde
hinter der negativen Entscheidung bezüglich der Kernenergie
gar kein politischer Wille, sondern als vollstreckte
man nur sachliche Notwendigkeiten und
scheinbar zwingende Schlussfolgerungen.
Nebenbei bot die Zeugenbefragung im Untersuchungsausschuss
auch eine interessante Milieustudie. Denn
die Argumentationsweise von Vertretern der Grünen,
aus ihrem Vorfeld bzw. ihrem Milieu lässt erkennen,
dass eine Argumentation in diesem grünen Milieu
offensichtlich erst dann als vollendet, gewissermaßen
als runde Sache zu gelten scheint, wenn sie in einem
Zirkelschluss kulminiert.
Es bleibt die bemerkenswerte Tatsache, dass im Atom-
Ausstiegsland par excellence tatsächlich ein Untersuchungsausschuss
wegen des Vollzugs genau dieses
Ausstiegs eingesetzt wurde. Bedeutet dies nun eine
Trendwende für die Kernenergie in Deutschland? Das
ist denkbar, aber alles andere als gewiss. Anders als
von Minister Habeck in teils geradezu verschwörungstheoretischen
Tiraden bei seiner Befragung unterstellt,
diente die Diskussion im Krisenjahr 2022 nämlich tatsächlich
der Krisenbewältigung und nicht der Revision
der Kernenergiepolitik. Der Appetit kommt aber
bekanntlich beim Essen und so wie die Diskussion im
Jahr 2022 mit dem Prüfvermerk anders als beabsichtigt
nicht beendet werden konnte, hat sich die Diskurslandschaft
bei der Kernenergie in Deutschland inzwischen
deutlich verändert und das „tote Pferd“ wiehert schon
wieder. Ob es noch einmal galoppieren wird, werden
die kommenden Jahre zeigen.
Quellen
Berichte Deutscher Bundestag (Sitzungen am 10. und 17. Oktober,
07. November 2024); eigene Aufzeichnungen (14. und 28. November,
4., 5., 18. und 19. Dezember, 15. und 16. Januar 2025)
Vol. 70 (2025)
108
KTG Inside
Terminvormerkung
Inside
KTG-Mitgliederversammlung 2025
17. Juni 2025
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Mitglieder der Kerntechnischen Gesellschaft,
bitte merken Sie sich den Termin
für unsere diesjährige Mitgliederversammlung vor:
KTG-Mitgliederversammlung 2025
Zeit: Dienstag, 17. Juni, von 17:00 – 18:30 Uhr
Ort: HYPERION Hotel Leipzig, Schongauerstraße 39, 04329 Leipzig
› Ihre Übernachtung buchen Sie bitte als Selbstzahler
direkt im HYPERION Hotel unter +49 3412540 oder
per E-Mail an leipzig@h-hotels.com.
› Der Zutritt zur KTG-Mitgliederversammlung ist nur KTG-Mitgliedern
gestattet und ist für diese – einschließlich des anschließenden
abendlichen traditionellen Get Together mit Vertretern des Branchenverbandes
KernD e.V. – wie immer kostenfrei.
› Die konkrete Einladung gemäß Satzung inkl. Tagesordnung und
Sitzungsunterlagen versenden wir zu einem späteren Zeitpunkt
fristgemäß persönlich an jedes Mitglied.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre KTG-Geschäftsstelle
Ausgabe 2 › März
KTG Inside
109
Innovation 4 Nuclear
Germany
What it is all about?
Do you have an innovative idea for nuclear technologies
or radiochemistry? Do you want to gain valuable
experience in transferring your science into the industry
or start-up space? Do you want to compete against
like-minded spirits on an international stage?
Then the „Innovation 4 Nuclear - Germany“ (I4N-
Germany) is the right place for you. Make an invention
with economic potential out of your current research,
or just design the product you always dreamed about.
Present this with a team (min 2 people) at the I4N-
Germany in form of an 8min pitch presentation. Win and
become the representative of Germany at the European
finals in Zagreb. If you win there, you will represent
europe at the next IYNC in france.
When will it happen
The date of the German competition in late April will
be announced in the following months.
Experiences so far
In 2025 DUCAT was the first German team to ever
participate in the European I4N. They won with the
project about depleted uranium chemistry and got the
chance to participate at the IYNC in Abu Dhabi, where
they again succeeded.
Who can participate?
Any team of min. 2 people (younger than 35) is eligible
for taking part in this competition.
What do I have to do?
Present an innovative idea about nuclear technology
or radiochemistry in an 8-min pitch presentation. Your
creativity is your only limit!
› The I4N-Germany of 2025 is jointly
organized by the „Young Generation
of the German nuclear association“ (JG-KTG)
and the JuRadChem.
Where can I apply
Application is possible until the 07.04.2025. Just fill out
the application form and be prepared. Fame and glory
awaits you at the other side.
Vol. 70 (2025)
110
KTG Inside
Online-Vorträge
Online-Vortrag zum Thema
„Krebsmedikamente und Klimaschutz statt Atommüll –
Anlagen zur elektrochemischen Partitionierung
und beschleunigergetriebenen Transmutation“
am 11. März 2025 | 11:00 - 12:30 Uhr
Die Entwicklung von Anlagen zur elektrochemischen Partitionierung und beschleunigergetriebenen
Transmutation (P&T) erlebt derzeit eine Blüte: der Bund hat vor Kurzem
mehrere Millionen Euro in die Transmutex AG investiert, einer CERN-Ausgründung, die
sich dem Thema widmet. Die amerikanische Regierung hat mit NEWTON ebenfalls ein
gewichtiges Programm für beschleunigergetriebene Transmutation aufgelegt. Eine aktuelle
Studie der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND befasst sich nun sogar mit den
Bedingungen und Aus wirkungen einer Anlage am Standort eines ehemaligen deutschen
Druckwasserreaktors.
Könnten diese Anlagen in Deutschland sicher betrieben werden? Rentabel? Effizient?
Ökologisch? Was leisten sie überhaupt? Welche Arbeitsmöglichkeiten gibt es in diesem
Bereich?
Erfahren Sie in unserem Online-Vortrag, welche weitreichenden volkswirtschaftlichen
Vorteile diese Form von P&T neben der deutlichen Reduktion auch der bereits verglasten
hochradio aktiven Abfälle aus Kernkraftwerken bietet: wertvolle Rohstoffe wie Krypton,
Rhodium, Ruthenium und Uran, die unter anderem für die Luft- und Raumfahrt sowie
die Automobil- und Solarzellenindustrie benötigt werden, könnten gewonnen werden.
Zudem ermöglicht die Anlage die Entwicklung neuer Krebsmedikamente sowohl durch
Bestrahlung als auch durch Recycling von Atommüll und leistet einen bedeutenden
Beitrag zur CO 2 -Reduktion – sowohl direkt durch Prozesswärme und Geothermie als
auch indirekt durch Kreislaufwirtschaft statt Bergbau.
Wir freuen uns auf viele Fragen und eine lebhafte Diskussion!
Jetzt registrieren unter: Microsoft Virtual Events Powered by Teams
Ausgabe 2 › März
KTG Inside
111
Online-Vorträge 2025
Online-Vortrag zum Thema
„iMAGINE –
Können wir uns DAS Endlager sparen?“
am 18. März 2025 | 11:00 - 13:00 Uhr
Deutschland steht an einem Scheideweg, einerseits bezüglich einer
möglichen Zukunft der Kernenergie, andererseits bezüglich der
Endl agerung der Reststoffe und dem damit verbundenen Standortauswahlverfahren.
Die vor einiger Zeit kommunizierte massive Verschiebung
der Standardfestlegung, frühstens 2046, eröffnet neue
Chancen Technologien zu testen, die eventuell das Endlager und damit
das gesamte Standortauswahlver fahren obsolet machen können.
Die University of Liverpool, gefördert von der königlichen Ingenieursgesellschaft,
hat mit iMAGINE die derzeit weit reichendste Entwicklung
vorgelegt und deren wissenschaftliche Machbarkeit nachgewiesen.
Der Vortrag beleuchtet den strategischen Entwicklungsplan von
iMAGINE und die daraus entstehenden Chancen für Deutschland.
Die Besonderheiten des neuartigen Ansatzes werden herausgearbeitet
und Chancen und Risiken der Technologie diskutiert. Zum Abschluss
wird ein Entwicklungs- und Demonstrationsprogramm zur Diskussion
gestellt das zum Ziel hat, Fakten für eine zukünftige erkenntnisbasierte,
ideologiefreie politische Entscheidung zu liefern. Dafür müssen die
wissenschaftlichen Aussagen durch einen Demonstrationsbetrieb
bestätigt werden.
Wir freuen uns auf viele Fragen und eine lebhafte Diskussion!
Jetzt registrieren unter: Microsoft Virtual Events Powered by Teams
Vol. 70 (2025)
112
KTG Inside
Neuer Fachgruppenleiter der KTG-Fachgruppe
„Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“
Liebe Mitglieder der Fachgruppe
„Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“,
mein Name ist Pablo Barreiro, und ich freue mich sehr,
mich Ihnen heute als neuer Fachgruppenleiter vorstellen
zu dürfen. Die Themen Stilllegung, Entsorgung und
Strahlenschutz spielen eine zentrale Rolle in der kerntechnischen
Gemeinschaft und stellen uns noch sehr
lange Zeit vor spannende Herausforderungen.
Daher ist es mir ein großes Anliegen, diese Fachgruppe
aktiv mitzugestalten und gemeinsam mit Ihnen Impulse
für die zukünftige Entwicklung zu setzen.
Um einen guten Einstieg zu finden und Ihre Erwartungen
sowie Ideen kennenzulernen, lade ich Sie herzlich zu
einem ersten gemeinsamen Online-Austausch ein:
Datum: 27. März 2025
Uhrzeit: 11:00 – 12:00 Uhr
Ort: Online
In diesem Termin möchte ich gerne Ihre Anregungen
und Wünsche aufnehmen, um gemeinsame Pläne für
die Fachgruppe zu definieren:
› Wie können wir das Vereinsleben in unserer
Fachgruppe lebendig gestalten?
› Welche Themen sind Ihnen besonders wichtig?
› Welche Formate wünschen Sie sich für den
fachlichen Austausch?
Ich freue mich auf Ihre Teilnahme und einen offenen,
produktiven Dialog! Bei Rückfragen oder weiteren Anregungen
stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit
zur Verfügung.
Mit besten Grüßen
Dr. Pablo Barreiro
Fachgruppenleiter „Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“
Kerntechnische Gesellschaft e.V.
Dr. Pablo Barreiro
Dr. Pablo Barreiro übernimmt die Leitung der Fachgruppe
„Stilllegung, Entsorgung und Strahlenschutz“
der Kerntechnischen Gesellschaft e.V. Mit langjähriger
Erfahrung in der kerntechnischen Planung und Werkstofftechnik
bringt er umfassendes Know-how in den
Bereichen Stilllegung, Materialintegrität und Sicherheitsanalysen
mit.
Nach seiner Promotion am Institut für Werkstoffkunde
der Universität Karlsruhe (TH) war Dr. Barreiro als
wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig, bevor er 2007 zur
EnBW wechselte. Dort arbeitete er als Senior Ingenieur
für Werkstoff- und Schweißtechnik am Kernkraftwerk
Philippsburg und war unter anderem für Alterungsmanagement
und Schadensanalysen verantwortlich.
Im Anschluss übernahm er leitende Positionen im
Bereich Werkstofftechnik und additive Fertigung bei
SEW-Eurodrive sowie als Leiter eines Werkstofflabors
im argentinischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft
und Technologie, wo er unter anderem mit der Leitung
und dem Abschluss des Projekts zur Laufzeitverlängerung
des Kernkraftwerkes Atucha vertraut war.
Mit seiner Expertise und Führungserfahrung wird
Dr. Barreiro die Fachgruppe mit neuen Impulsen
bereichern und die Weiterentwicklung innovativer
Lösungen im Bereich Stilllegung, Entsorgung und
Strahlenschutz aktiv mitgestalten.
Die Kerntechnische Gesellschaft freut sich
auf die Zusammenarbeit!
Ausgabe 2 › März
KTG Inside
113
Inside
Die KTG gratuliert an dieser Stelle unseren besonderen Jubilaren ab und
in ihren „ Neunzigern“. Wir danken für die lange und treue Mitgliedschaft
in der KTG und wünschen noch viele glückliche Lebensjahre.
Herzlichen Glückwunsch!
Die KTG gratuliert ihren Mitgliedern sehr herzlich zum Geburtstag
und wünscht ihnen weiterhin alles Gute!
April 2025 Mai 2025
94 Jahre | 1931
9. Dr. Klaus Penndorf,
Geesthacht
91 Jahre | 1934
11. Dr. Eckhart Leischner,
Rodenbach
90 Jahre | 1935
8. Dipl.-Ing. Klaus Wegner,
Hanau
28. Dipl.-Ing. Anton Zimmermann,
Hamburg
29. Dipl.-Ing. Karlheinz Orth,
Marloffstein
April 2025
50 Jahre | 1975
24. Dr. Ralf Obenland, Otterstadt
60 Jahre | 1965
28. Dr. Aliki van Heek, Wien/AT
70 Jahre | 1955
2. Helmut Gradic, Stadland
24. Klaus-Dieter Brandt, Nuthetal
72 Jahre | 1953
10. Dipl.-Phys. Harold Rebohm, Berlin
75 Jahre | 1950
6. Dr. Bernhard Kienzler, Stutensee
28. Dr. Wolfgang Wiesenack, Halden/NO
77 Jahre | 1948
6. Dr. Wolfgang Tietsch, Mannheim
9. Dipl.-Ing. Herbert Moryson, Essen
22. Dr. Heinz-Dietmar Maertens, Arnum
26. Dr. Rainer Heibel, Neston/GB
82 Jahre | 1943
15. Dr. Werner Dander, Heppenheim
83 Jahre | 1942
27. Dr. Dieter Sommer, Mosbach
9. Prof. Dr. Hans-Christoph Mehner,
Dresden
85 Jahre | 1940
18. Dipl.-Ing. Norbert Granner,
Bergisch Gladbach
87 Jahre | 1938
4. Prof. Dr.-Ing. Klaus Kühn,
Clausthal-Zellerfeld
5. Dr. Hans Fuchs, Gelterkinden /CH
9. Dr. Carl Alexander Duckwitz,
Alzenau-Kälberau
28. Prof. Dr. Georg-Friedrich Schultheiss,
Lüneburg
88 Jahre | 1937
13. Dr. Martin Peehs, Bubenreuth
89 Jahre | 1936
6. Dipl.-Ing. Hans Pirk, Rottach-Egern
Mai 2025
40 Jahre | 1985
4. Nicole Koch, Mannheim
50 Jahre | 1975
21. Siewert Joswig, Beidentleth
60 Jahre | 1965
31. Dipl.-Ing. Andreas Zühlke, Tützpatz
74 Jahre | 1951
15. Dr. Wolf Timm, Hausen
79 Jahre | 1946
23. Dr.-Ing. Heinz Geiser, Titz-Rödingen
80 Jahre | 1945
30. Dr. Klaus Kasper, Essen
11. Dipl.-Ing. Dieter Kreckel, Mainz
81 Jahre | 1944
12. Peter Faber, Rödermark
82 Jahre | 1943
3. Dipl.-Ing. Hans Lettau, Effeltrich
24. Dipl.-Ing. Rudolf Weh, Stephanskirchen
22. Dr. Wolfgang Schütz, Bruchsal
83 Jahre | 1942
5. Hans-Bernd Maier, Aschaffenburg
11. Dr. Erwin Lindauer, Köln
17. Dr. Heinz-Peter Holley, Forchheim
28. Dr. Wolf-Dieter Krebs, Erlangen
85 Jahre | 1940
15. Dipl.-Phys. Ludwig Aumüller,
Freigericht
87 Jahre | 1938
13. Dipl.-Ing. Otto A. Besch, Geesthacht
13. Dr. Heinrich Werle, Karlsdorf-Neuthard
21. Dr. Hans Spenke, Bergisch Gladbach
88 Jahre | 1937
6. Dr. Peter Strohbach, Mainaschaff
26. Dipl.-Ing. Rüdiger Müller, Heidelberg
27. Dr. Johannes Wolters, Düren
Wenn Sie künftig eine Erwähnung Ihres
Geburtstages in der atw wünschen, teilen
Sie dies bitte der KTG- Geschäftsstelle mit.
KTG Inside
Lektorat: Kerntechnische Gesellschaft e. V. (KTG), Berliner Straße 88A, 13467 Berlin | E-Mail: info@ktg.org | www.ktg.org
Vol. 70 (2025)
114
KTG Inside
† Nachruf
Prof. Dr. Hans-Henning Hennies
* 05.04.1935
† 16.01.2025
Mit großer Trauer nehmen wir Abschied von unserem Ehrenmitglied Herrn Prof. Dr. Hans-
Henning Hennies, der in der internationalen Fachgemeinschaft der Kerntechnik über
Jahrzehnte hinweg herausragende Beiträge geleistet hat. Sein Wirken hat die wissenschaftliche
Landschaft der Kernforschung und Reaktortechnik maßgeblich geprägt.
Prof. Dr. Hennies studierte in Göttingen und Tübingen Physik und wurde an der
Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen promoviert.
Bereits in seiner Dissertation aus dem Jahr 1960 mit dem Titel „Kern-Isomerie bei 77Ir 192 und
77Ir 194 und das Gammaspektrum des 66 Dy 165m “ zeigte sich seine tiefgehende Leidenschaft für
die Kernphysik, die ihn sein gesamtes berufliches Leben begleitete.
Ab 1961 war er Mitarbeiter der Firma INTERATOM. Es folgten mehrere berufliche Aufenthalte
in den USA. Professor Dr. Hennies war seit 1975 Mitglied des Vorstandes des Forschungszentrums
Karlsruhe und leitete zunächst die Bereiche Reaktorentwicklung und Sicherheitsforschung.
Dazu gehörten der Betrieb aller Forschungsreaktoren des Zentrums, die Entwicklung
des Schnellen Brüters, die Sicherheit von Leichtwasser reaktoren und die Fusionstechnologie.
Nach der Umstrukturierung des Forschungszentrums 1995 war er neben der
gesamten Energieforschung auch für den neuge gründeten Geschäftsbereich „Stilllegung
nuklearer Anlagen“ zuständig. Zeit seines Lebens war Professor Dr. Hennies auch inter national
engagiert; er war besonders den Ländern Frankreich, Belgien, Niederlande, Japan und den
USA verbunden und dort als Wissenschaftler und Manager in der anwendungsorientierten
Großforschung bestens bekannt. Beispielhaft sei hierzu genannt, dass er 1983 in den Lenkungsausschuss
des Fusionstechnologie- Programms der Europäischen Gemeinschaft berufen und
ab 1987 dessen Vorsitzender wurde.
Seit 1990 war Professor Dr. Hennies Honorarprofessor der Fakultät für Maschinenbau der
Universität Karlsruhe. Von 1981 bis 1985 war er Vorstandsvorsitzender der KTG, in den Jahren
1988 und 1989 auch Präsident der European Nuclear Society. Am 1. Juli 1999 wurde er nach fast
25 Jahren im Vorstand des Forschungszentrums Karlsruhe in den wohlverdienten Ruhestand
verabschiedet.
Im Jahr 1987 wurde Professor Dr. Hennies vom Bundespräsidenten das Verdienstkreuz 1. Klasse
des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht.
Nach seiner Verabschiedung in den Ruhestand zeigte Prof. Dr. Hennies erneut unter nehmerische
Initiative. Er war Mitgründer der EEB – Euro Energy Broker GmbH, mit der er erfolgreich als
Strommakler im liberalisierten Strommarkt tätig war.
Mit seinem tiefgehenden Fachwissen, seiner außergewöhnlichen Weitsicht und seinem
unermüdlichen Einsatz hinterlässt Prof. Dr. Hennies ein bedeutendes wissenschaftliches und
technisches Erbe. Seine Beiträge zur Kernforschung und sein Engagement für die Energiepolitik
werden auch in Zukunft nachwirken.
Die Kerntechnische Gesellschaft verneigt sich in Hochachtung und Dankbarkeit vor einem
herausragenden Wissenschaftler und Kollegen. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und allen,
die ihm nahestanden.
Sein Wissen, seine Leidenschaft und seine Persönlichkeit werden uns fehlen.
Ausgabe 2 › März
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