48 sCheReN kNACkeN, pANZeR bReCheN, uNFAssbAR ZARTes FleisCh kOmmT Zum VORsCheiN // We bReAk OpeN The ClAWs, CRush The CARApACes, ANd uNbelieVAbly TeNdeR meAT AppeARs
Das Schicksal unseres Westschottlandtörns zeichnet sich immer deutlicher ab: Es ist, als seien wir mitten in einer Goldgrube aufgekreuzt – und keiner hier will etwas von dem vielen Gold haben! TAGS DARAUF SEGELN wIR GEN wESTEN, hinaus in die Hebriden zur Isle of Coll. Wer den Meeresfrüchten hinterhersegelt, findet in diesen Breiten stets ein lohnendes Ziel: auf Coll zum Beispiel ein kleines Hotel mit eigenen Moorings, das für sein Seafood sogar ausgezeichnet wurde. Jedoch wäre es völlig verantwortungslos, unterwegs keinen Stopp in Croigh einzustreuen, im Nordwesten der Insel Mull. Denn dort hat Nick Turnbull seine Austernfarm. Ein schmaler Meeresarm windet sich ins grüne Land, fällt teils trocken, und erst dann sind die Austernbänke zu sehen: Metallgitter, dicht and dicht behangen mit feinmaschigen Säcken. Darin gedeihen über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren die salzigen Pretiosen – über 400.000 Austern produziert Turnbull pro Jahr. Und auch die landen zumeist in besten Restaurants, von Großbritannien bis Frankreich. Turnbull bevorzugt die sogenannte Gigas-Auster, auch Pacific Oyster genannt. »Die Nachfrage steigt«, sagt er, »wir kommen kaum hinterher.« In Wathosen steht er im flachen Meer, neben seinem Traktor und den Austerngittern. Dann klaubt er sich eine Handvoll Exemplare aus den Säcken, legt die Austern, noch nass, auf die Pritsche des Traktors und zückt prompt das Messer. Wir schlürfen, saugen, was das Zeug hält. Stehen in Wathosen im Meer unweit der Yacht. Umgeben von Hunderttausenden von Austern! Sie schmecken sagenhaft. Fest und zart zugleich, von perfekter Konsistenz. Salzig, aber nicht zu salzig. Keine Zitrone, nichts. Nur die nackte, lebende Auster. Frischer gibt’s die nicht. Null und nirgends. Wir reden über Zentime- ter: Hand austrecken, rausholen, öffnen, schlürfen. Turnbull greift sich noch ein paar aus den Säcken. Ein paar gehen noch. Und wie die gehen. VIER wINDSTäRKEN AUS OST, BLAUwEISS DAHI- NAqUARELLIERTER HImmEL: SCHOTTLAND KANN RICHTIG AUF SOmmER mACHEN. 20 Seemeilen segeln wir weiter durch die Passage of Tiree zur Insel Coll. Wie ratzende Bäuche liegen die Inseln am Horizont, geschwungene Linien an der Kimm. Dann das: Kurz vorm Eingang zu Loch Eatherna Dutzende spitze Flossen, die durchs Meer schneiden. Es sind Riesenhaie, die an der Oberfläche Plankton in sich hineinfiltern. Harmlose Tiere, die allerdings bis zu zehn Meter lang sind. Wir ziehen wenige Meter neben den herkulischen Haien vorbei, sehen ihre mächtigen aufgerissenen Mäuler. Eine Stunde später haben wir an der nächsten Mooring festgemacht, mit dem Dingi übergesetzt und sitzen vor dem »Coll Hotel« in der Sonne. Das kleine Hotel hat sogar einen Helikop terlandeplatz, falls mancher Gast es besonders eilig haben sollte, um zur Nahrungsaufnahme zu erscheinen. Die Chefin kommt. Sie balanciert eine majestätische Silberplatte in ihren Händen. Darauf penibel angerichtet: die gesamte Palette lokaler Meereskost. Wir starren auf einen massiven Hummer, rosa, orange, zartrot, flankiert von Langusten, Mudcrabs, Cockels, Razor Clams. Die Beinchen von zwei Velvet Crabs hängen über den Plattenrand, und mitten in dem fantastischen Gewühl sind noch diese Burschen zu orten: acht ansehnliche Türmchen von Jakobsmuscheln. »Ja, sicher, alles von hier«, sagt die Chefin. Dumme Frage. »War gestern alles noch am Strampeln in den Fluten. Wir haben unsere eigenen Fischerboote, die brauchen nur um die Ecke zu fahren. Wir fangen nach Bedarf.« weiterlesen Das »Coll Hotel« auf der gleichnamigen Insel ist berühmt für sein Seafood // The »Coll Hotel« on the island of Coll is famous for its seafood 49