UniResearch - Freie Universität Bozen
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48 _<br />
Forschen in Kastanienwäldern und<br />
auf Lärchenwiesen<br />
Vielen mögen sie als ungleiches Paar erscheinen. Doch Naturschutz und Ökonomie<br />
können sehr wohl im Einklang sein. Wie sich mit gut durchdachten Konzepten<br />
wirtschaftliche Vorteile erzielen lassen, prüfen junge Nachwuchswissenschaftler<br />
an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik. Unter der Leitung des Botanikers<br />
und Landschaftsökologen Stefan Zerbe entwickeln sie neue Strategien für<br />
die nachhaltige Entwicklung von Südtirols Kastanienwäldern und Lärchenwiesen<br />
und gehen der Frage nach, inwieweit der Erhalt dieser Landnutzungssysteme<br />
ökonomisch tragfähig ist.<br />
Die Kastanienwälder am Kalterer Mitterberg und<br />
an den Hängen des Etschtales, die Lärchenwiesen<br />
am Tschögglberg oder auf Kohlern sind vielen von<br />
uns als beliebte Erholungsgebiete bekannt. Als<br />
traditionelle Nutzungssysteme prägen sie aber<br />
auch die Kulturlandschaft und erbringen wichtige<br />
Ökosystemleistungen. Ausgehend von diesem<br />
Leitgedanken arbeiten Wissenschaftler und<br />
Studierende der <strong>Universität</strong>en <strong>Bozen</strong>, Innsbruck<br />
und Bologna im Rahmen des Projektes „Ökosystemleistungen<br />
und Renaturierung traditioneller<br />
Landnutzungssysteme in Südtirol (EcoRAlps)“ zusammen.<br />
Gemeinsam mit Landschaftsökologen,<br />
Agrarökonomen, Landwirten, Forstverwaltung<br />
und Vertretern des Naturschutzes erarbeitet das<br />
Forscherteam Vorschläge für eine langfristige<br />
Entwicklung der Kastanienwälder und Lärchenwiesen<br />
aus ökologischer und ökonomischer Sicht.<br />
„Diese Nutzungssysteme bieten neben der Ressourcengewinnung<br />
auch eine biologische Vielfalt,<br />
die indirekt zur Erholung und Umweltbildung<br />
beiträgt und die es zu erhalten gilt. Wir beschäftigen<br />
uns mit der nachhaltigen Bewahrung dieser<br />
Ökosysteme, prüfen aber auch, ob sie ökonomisch<br />
tragfähig sind“, erklärt Stefan Zerbe, der<br />
gemeinsam mit Ulrike Tappeiner vom Institut für<br />
Ökologie der <strong>Universität</strong> Innsbruck das Projekt<br />
leitet.<br />
Damit es so wird wie es einst war<br />
Ein Schwerpunkt der Forschungstätigkeit von<br />
Stefan Zerbe liegt in der Renaturierung. Darunter<br />
ist die Wiederherstellung von Ökosystemleistungen<br />
zu verstehen, die durch intensive, nicht ressourcenschonende<br />
Nutzung beeinträchtigt worden oder<br />
gänzlich verloren gegangen sind. „Leistungen des<br />
Kastanienwaldes sind beispielsweise die Fruchtgewinnung<br />
und Holznutzung. Daraus hat der Mensch<br />
jahrzehntelang Gewinne erzielt – das System war<br />
tragfähig. Heute hingegen können die Landwirte<br />
die Kulturlandschaft ohne Fördermittel nicht<br />
erhalten. Wenn man alle Ökosystemleistungen ins<br />
Blickfeld zieht, würde das Nutzungssystem möglicherweise<br />
auch heute noch ökonomisch tragfähig<br />
sein“, erläutert Zerbe und verdeutlicht dies am<br />
Beispiel der Lärchenwiesen. „Lärchenwiesen werden<br />
in Südtirol größtenteils aufgelassen, da sie die<br />
Grenzen der Tragfähigkeit erreicht haben. Werden<br />
sie nicht mehr bewirtschaftet, dringen andere<br />
Holzarten in das System ein. Diese müssen entfernt<br />
werden, wenn das System wieder hergestellt<br />
werden soll. Die entnommene Holzbiomasse könnte<br />
zur Energieerzeugung genutzt werden.“ Solche<br />
und andere nachhaltige Entwicklungskonzepte<br />
auszuarbeiten, ist Aufgabe der jungen Forscher in<br />
den nächsten drei Jahren. Erste Ergebnisse sollen<br />
bereits im nächsten Jahr bei einem Workshop mit<br />
den Kooperationspartnern vorgestellt werden.