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LERNEN MIT ZUKUNFT September 2019

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Impulsmagazin für Erwachsene, Anregungen zum Nachdenken

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information & erziehung Erziehung ist (k)ein Kinderspiel: Kinder an die Macht?! VERWÖHNTE KINDER SIND DIE UNGLÜCKLICHSTEN. SIE LERNEN SCHON IN JUNGEN JAHREN DIE LEIDEN DER TYRANNEN KENNEN. (Marie von Ebner-Eschenbach) Mag. a Maria Neuberger- Schmidt Autorin und Gründerin Verein Elternwerkstatt www.elternwerkstatt.at Foto: Ingrid Perger Elternwerkstatt Kinder an die Macht! - Diesen Slogan las ich mehrere Male in letzter Zeit von „trendigen“ Journalisten zum Thema kindliche Mitbestimmung. Dazu sieht man kesse Kinder, die (uns Erwachsenen?) die Zunge zeigen. Auch in der Werbung wird dieses Motiv gerne verwendet, um kindliches Selbstbewusstsein zu demonstrieren. Ich muss gestehen, auch ich mag freche Kinder, mutige und selbstbewusste, die ihre Ansichten und Interessen auszudrücken und zu vertreten wissen. Trotzdem löst dieser Slogan ein mulmiges Gefühl bei mir aus und so habe ich mir Gedanken darüber gemacht. DER KAMPF DER GENERATIONEN GEHÖRT ZUM NATÜRLICHEN ENTWICKLUNGSPROZESS „Ich will aber nicht!“ – Schon in der Trotzphase wird klar, dass sich Kinder gegen den elterlichen Willen auflehnen und ihren eigenen durchsetzen möchten. Es geht also um die Frage der Macht. Dies ist Teil des natürlichen Entwicklungsprozesses und Eltern und Pädagogen sind aufgefordert, sich dieser Herausforderung zu stellen, wenn sie Kinder ins Leben begleiten. Zu allen Zeiten gab es diesen Kampf der Generationen, der bei Erwachsenen oft Angst auslöst und nicht selten mit Unterdrückung und Gewalt beantwortet wird. ZWISCHEN MACHT UND MACHTMISSBRAUCH Es ist eine Errungenschaft der neueren Zeit, dass man Kinder als gleichwertig betrachtet und dass man erkannt hat, wie viel Leid und Störungen elterliche Gewalt verursachen kann. Vielen gilt allein schon das Wort Macht oder Autorität als „unanständig“ und löst Aversionen aus. Kinder sollen nicht nur nicht unterdrückt werden, sie sollen auch möglichst viel Freiheit und Mitsprache genießen. Für manche moderne Psychologen kann es gar nicht genug sein. Sie fordern provokant und kokett: „Kinder an die Macht!“ Wie verhält es sich nun wirklich mit der Frage der Macht in der Kindererziehung? Wenn jemand die Macht ergreift, so bedeutet das doch, dass jemand anderer darauf verzichtet oder dass sie ihm gar entrissen wird. Wenn Kinder die Macht ergreifen, werden sie maßlos, respektlos und nicht selten auch verhaltensauffällig. Sie reizen Erwachsene so lange, bis diesen die Geduld reißt, die Kinder beschimpfen und erst recht unberechenbar reagieren. Oder sie werden zu hilflosen und überforderten Sklaven ihrer Kinder, die permanent nachgeben, „nur um des lieben Friedens- Foto © pixabay.com 28 | SEPTEMBER 2019

information & erziehung willen." KINDER WOLLEN STARKE ELTERN bei denen sie sich geschützt und geborgen fühlen und zu denen sie aufschauen können. Wie sollen Kinder Respekt haben, wenn Eltern schwach und nachgiebig sind und sich zu viel gefallen lassen? Es ist natürlich, dass Kinder testen, um zu wissen, woran sie sind und wie weit sie gehen können. unreflektiert und leichtfertig mit modischen Slogans zu punkten. Mehr bringt es, wenn Erwachsene sich zu ihrer Autorität bekennen und sich in faire und konstruktive Auseinandersetzungen mit Kindern einlassen und dafür sorgen, dass die persönliche Würde aller Beteiligten gewahrt bleibt. Kinder sind nun einmal keine Erwachsenen. Eltern dürfen ihre Führungsrolle und ihre Macht nicht abgeben, sonst überfordern sie nicht nur sich selber, sondern vor allem auch ihre Kinder und bringen sie um ihre unbekümmerte Kindheit und oft auch um ihre zukünftigen Chancen im Leben, weil es ihnen an Halt und Orientierung fehlt. ELTERN SIND FÜHRUNGSKRÄFTE Es liegt in der Verantwortung der Eltern, ihre Führungsrolle so auszuüben, dass ihre Kinder ihrem Alter und ihrer Entwicklung entsprechend ein gewisses Maß an Freiheit und auch an Mitsprachemöglichkeiten haben, damit sie schrittweise üben können, Selbstbewusstsein, Verantwortung und Macht zu übernehmen. So bilden Eltern und Pädagogen die Führungskräfte von morgen heran, denen wir dann, erwachsen geworden, als gleichberechtigte Partner die Hand reichen. Verzichten wir darauf, Illustrationen: © Eugen Kment 29 | SEPTEMBER 2019