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prima! Magazin - Ausgabe Juni 2020

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IM FOKUS UNTERNEHMER IN

IM FOKUS UNTERNEHMER IN DER KRISE Aufträge bis Februar hatten die Mitarbeiter bis April Arbeit, nun bauen sie Überstunden ab und brauchen ihren Urlaub auf. Kommen aber nicht bald Aufträge, kann auch Mario Schuh seine Mitarbeiter nicht halten. Am Telefon erzählt er uns: „Ich bin gerade im Büro. Niemand ruft an, niemand kommt. Das Geschäft ist tot. Wir müssen alle Federn lassen, aber ein Jungunternehmer wird die Krise nicht leicht überleben können, wenn er sich nicht schon zu Beginn verschulden will.“ Die 1.000 Euro aus dem Härtefallfonds I hat er schnell und unbürokratisch bekommen, für den Härtefallfonds II wird er sich nicht bewerben. „Der Aufwand steht nicht dafür“, sagt er. Dass die 1.000 Euro aus der Soforthilfe zwar viel Geld, aber in Wahrheit ein Tropfen auf den heißen Stein sind, was laufende Kosten betrifft, merkt er zusätzlich an. „Und als ich bei einer Hotline angerufen habe und gefragt habe, ob ich für Förderungen in Frage komme, war die erste Antwort ein Hinweis auf meine Rücklagen, die ich erstmal aufbrauchen sollte“, ärgert er sich. Die laufenden Kosten müssen nun von Erspartem abgedeckt werden, er wird wohl heuer nicht Urlaub fahren und auch länger kein neues Auto kaufen. Die Sorge und Enttäuschung spielen sich bei Mario Schuh aber vor allem auf menschlicher Ebene ab. „Wir hätten die Chance gehabt, umzudenken, regional zu denken und zu kaufen, damit unsere Händler überleben. Aber die Menschen greifen wieder auf das günstigere, wenn auch oft schlechtere Produkt zurück. Sei loyal, kauf regional! Das ist mein Appell.“ Ronald Gollatz: „Fühle mich von der Regierung gut begleitet.“ Ronald Gollatz hat drei Gastronomiebetriebe. Im Südburgenland ist der beliebte Hannersberg als Hochzeitslocation bekannt. Er führt aber auch einen Würstelstand in Wien, die Kaiserzeit, und einen Weinshop mit Bar gemeinsam mit Leo Hillinger in Kitzbühel. Vom Lockdown der letzten Wochen war er gleich dreifach betroffen. Dennoch fühlt er sich von den Maßnahmen der Regierung gut begleitet. „Niemand war auf diese Situation vorbereitet. Man darf auch nicht von der Regierung erwarten, dass diese gleich eine Antwort parat hat.“ Gekündigt wurde in seinen Betrieben niemand. Die Kurzarbeit sieht er als eine wertvolle Unterstützung. „Wenn 75% der Fixkosten durch den Fonds der Regierung abgefangen werden, ist das eine gute Maßnahme. Von einer Umsatzkompensation hab ich mich schnell verabschiedet.“ Er sieht auch keinen Anspruch, denn „wenn wir ein gutes Geschäftsjahr haben, gehen wir auch nicht zum Staat und geben ihm mehr Geld.“ Die Unterstützung hinsichtlich der Liquidität sei wichtig, sagt er. Ronald Gollatz nutzt die Zeit, um Umbauarbeiten in seinem Betrieb Hannersberg vorzunehmen. „Die Arbeit ist nicht weniger geworden, nur anders. Sein Appell lautet: Mehr gegenseitiges Verständnis. Natürlich geht es um Sein oder Nichtsein. Aber Lamentieren zaubert Corona leider auch nicht weg.“ Nico Mühl Foto © zVg wohnen in ST. MARTIN Grenzweg 6 Reihenhäuser Gesamtfläche rd. 121 m 2 1 überdachter und 1 PKW-Stellplatz im Freien großzügige Gärten HWB 31 kWh/m 2 .a, fGEE 0,71 geplante Fertigstellung: Frühjahr 2021 IN BAU www.nebau.at Im ReUse-Shop geht so manchem ein Licht auf! Große Auswahl und lauter tolle Sachen – gebraucht, bestens erhalten und super günstig. In den ReUse-Shops erwarten dich Kleidung, Spielzeug, Sportartikel, Hausrat und andere Dinge. Stöbern in den guten alten Sachen macht sich bezahlt. Und mit ein bisschen Glück findest du deinen persönlichen Schatz. Die ReUse-Shops gibtʹs im ganzen Burgenland. Und natürlich auf bmv.at Herr Schlögl 02682 65560 DW 23 g.schloegl@nebau.at European Regional Development Fund www.bmv.at 6 JUNI 2020 www.prima-magazin.at

TIPPS VOM UNTERNEHMENSBERATER IM GESPRÄCH Foto © zVg Brandbeschleuniger und Turbo Zwei Seiten einer Krise Unternehmensberater Dominik Lindner Jeder Unternehmer hat eine sehr individuelle Geschichte zu erzählen, und so individuell sind auch die Maßnahmen, die er oder sie braucht, um wirtschaftlich zu überleben. Dominik Lindner ist Partner in einer Unternehmensberatung, die maßgeschneiderte Geschäftsmodelle entwickelt. Sein Credo lautet: Kundenzentriertheit. „Das Potenzial eines Unternehmens hängt vor allem von den Kundenbedürfnissen ab. Die muss man abholen. Auch in der Krise“, erklärt der gebürtige Steirer immer wieder. Es gibt natürlich keinen pauschalen Rat für alle Branchen. Krise ist nicht gleich Krise, aber mit wirtschaftlichen Auswirkungen haben fast alle zu kämpfen. Die Frage ist, wie Unternehmer mit den neuen Rahmenbedingungen umgehen. Nora Schleich Eine saubere Lagebeurteilung ist in der momentanen Situation immer das Um und Auf, so Dominik Lindner. „Gerade jetzt muss jeder Unternehmer zuerst seine Liquidität beurteilen, bedacht einen Plan fassen und dann schnell handeln. Ob mir ein Überbrückungskredit hilft, hängt zum Beispiel davon ab, wann ich mein Produkt verkaufen darf und ob meine Kunden das Produkt kaufen oder die Dienstleistung in Anspruch nehmen können. Schicke ich Mitarbeiter in Kurzarbeit? Geht es darum, den Schaden zu minimieren oder geht es darum, den Umsatz zu optimieren? Diese Fragen müssen individuell behandelt werden. In der Hektik der Krise werden oft Fakten und Möglichkeiten übersehen. Wir Unternehmensberater helfen, Emotionen rauszulassen. Nur dann kann man überlegt, aber effektiv arbeiten.“ Dominik Lindner zitiert in diesem Zusammenhang Konfuzius: „Wenn du es eilig hast, geh langsam.“ Die Krise wird nicht schnell vorbei gehen, die Sanierung wird Zeit in Anspruch nehmen. Daher ist Geduld eine notwendige Charaktereigenschaft, um die Krise zu bewältigen. Neue Rahmenbedingungen, neue Chancen Corona hat vieles verändert. Unternehmen müssen plötzlich notgedrungen mit einem Digitalisierungsschub umgehen. Digitalisierungsprojekte und Ideen, die schon lange in der Schublade gelegen sind, wurden nun in einer Art „Rosskur“ umgesetzt, und nun trennt sich die Spreu vom Weizen. „Unternehmen, die vor der Krise schon flexibel waren, sind nun die großen Gewinner. Die, die schnell reagieren konnten, werden wie mit einem Turbo in die Zukunft katapultiert. Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsmodell schon vor Corona gekämpft haben, werden in den nächsten ein bis zwei Jahren noch größere Probleme haben. Hier wirkt die Krise wie ein Brandbeschleuniger. Und all jene, die neue Medien gar nicht bespielen, sind völlig weg. Die Krise verstärkt meiner Meinung nach in beide Richtungen“, prophezeit der Experte. Lindner führt weiter aus, dass Homeoffice als Möglichkeit von vielen Firmen nun auch in Zukunft in Betracht gezogen werden wird. Online-Konferenzen ebenso. Auch hier muss man aus der „Rosskur“ lernen, Ausfallssicherheit testen und individualisieren. Nicht für jede Branche, jede Firma und jeden Mitarbeiter ist die neue Art zu arbeiten lukrativ. „Durch die Krise ist ein Echtbetrieb entstanden, der nie simuliert geworden wäre, wenn es nicht notwendig gewesen wäre. Nun müssen Unternehmen die vergangenen Wochen auswerten. Homeoffice kann Zeit sparen, aber Homeoffice mit schlechter Internetverbindung und mit drei Kindern im Haus wird auf Dauer nicht funktionieren.“ Aus der Krise individuell lernen, das ist es, was es braucht. „Die Kunden sind die Quelle der Innovation“ Immer wieder kommt Dominik Lindner zum Fokus auf die Kunden zurück. „Regionalität zum Beispiel ist lobenswert, aber schaut man sich die Bedürfnisse, Wünsche und Ängste der jeweiligen Kunden an, muss man den Nutzen der Regionalität für den Kunden hinterfragen. So kann Regionalität wesentlich sein, wie etwa bei Bioprodukten oder in der Gastronomie, aber in anderen Branchen ist dieser Faktor weniger Kaufargument, weit abgeschlagen nach Preis und Qualität des Produkts zum Beispiel. Dann kann Regionalität nur ein Nebenargument sein, das vielleicht mit Vertrauen zusammenspielt. Und genau so muss der Unternehmer das Produkt auch bewerben.“ Gerade jetzt ist ein Zeitpunkt, seine Marketingstrategie zu überdenken. Aus der Vergangenheit kann man für die Zukunft momentan nicht viel mitnehmen, denn die Rahmenbedingungen haben sich geändert. „Brauche ich das Büro? Brauche ich den Schauraum? Läuft mein kleines Lokal wirtschaftlich lukrativer, wenn ich nur ausliefere? Hier muss man mit der feinen Klinge agieren, neu fokussieren und flexibel sein“, rät Dominik Lindner zu mehr Mut. Dabei können Außenstehende, die methodisch abgesichert und pragmatisch vorgehen, helfen. Das können Unternehmensberater sein, aber auch Steuerberater und Stammkunden seien wichtige Partner für Veränderung, so Lindner. JUNI 2020 7

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