UMWELTjournal 3/2023 | S26 UMWELT Durstige Landwirtschaft Die weltweit alarmierende Grundwassererschöpfung ist in erster Linie auf Wasserentnahmen für die Bewässerung zurückzuführen, belegt eine wissenschaftliche Studie (1). Das Landwirtschaftsministerium sagt nein, der Klimawandel ist schuld. Aber deutlich abnehmend ist der Grundwasserkörper jedenfalls. Gleichzeitig soll laut UN der städtische Wasserbedarf bis 2050 um 80 % steigen. Text: Peter Baumgartner Einer, der versucht, sich einen Überblick der Wassersituation in seinem Land zu verschaffen, ist Landeshauptmann Hans Peter Doskozil vom Burgenland. Zunehmend konfrontiert mit der Problematik versiegender Seen und schwindender Grundwasserreserven macht sich Doskozil aber nicht nur darüber Gedanken, wie man dem Trend entgegen kann, sondern auch, was die Ursachen davon sind. Genau das sollte grundsätzlich die Zugangsweise jeder Problemlösung sein. Von der Warum-Phase, die schon Kleinkinder instinktiv zum Verstehen leitet, über die 5-Why-Methode in der Managementbildung, führt der wirksamste Weg zur Problemlösung. Warum bewässern wir unsere Futtermittel ausgerechnet in der Mittagshitze, wo die Verdunstung hoch ist? Warum verschwenden wir das kostbare Grundwasser für die Bewässerung von Futtermittel für den Export? Warum hat sich die Landwirtschaft in den letzten paar Jahrzehnten so gravierend geändert, dass sie zum Beispiel mit dem Düngemittel mehr Probleme schafft als löst? Doskozil hat mit seiner Fragerei realisiert, er wird sich mit den international tätigen Agrar-Multis anlegen müssen, die in seinem Land ihr Unwesen treiben und seine burgenländischen Bauern in Geiselhaft halten. Thematisiert wird öffentlich der „Patient Zero“, der Neusiedler See. Er droht auszutrocknen, wenn die Klimaprognosen eintreten und der Wasserverbrauch weiter steigt. Aber es geht um viel Geld und Macht. Es geht um ein grünes Aushängeschild für Konzerne, dass sich international gut verkaufen lässt. Schwindet die Produktionssicherheit durch Wassermangel, oder leidet die Produktqualität durch verunreinigtes Wasser, ist es mit dem „Gemüsegarten“ vorbei. Wasserknappheit ist real Die Wasserknappheit, findet aber bereits statt. Forscher der TU-Graz sagen, Europa hat ein Wasserproblem. Mittlerweile ist die Situation sogar schon prekär, meint Prof. Torsten Mayer- Gürr, der mit Satellitengeodäsie am EU-Projekt Global Gravity-based Groundwater Product (G3P) mitgearbeitet hat. Damit das Business trotzdem noch lange funktioniert, schreckt man auch nicht davor zurück, aberwitzige Projekte umzusetzen.
Grafik: © Christina Baumgartner Zum Beispiel Donauwasser von Ungarn bis ins Burgenland zu leiten. Ähnlich wie beim Marchfeldkanal, soll wieder das Donauwasser die letzte Rettung sein. Der ehemalige Präsident der Landwirtschaftskammer, Hermann Schultes, hat vor dem Hintergrund alarmierender Prognosen bereits 2017 Donauwasser als Bewässerungsalternative für die Landwirtschaft benannt. Derselbe Schultes der auch versprochen hat, wenn Konsumenten billige Schnitzel wollen, wird seine Landwirtschaft das auch machen. Schultes gilt als Wegbereiter einer Präzissionslandwirtschaft und als Verfechter von „Essen auf Rädern“ (Agrosprit, Rapsdiesel). Fünfzig Kilometer lange Wasser- Ableitungen von der Donau werden derzeit als umsetzbar betrachtet und sogar Hydrologe Habersack von der BOKU in Wien nennt das realistisch – ungeachtet wissenschaftlicher Erkenntnisse, dass die Landwirtschaft neben Abwässer und Urbanisierung der größte Stressfaktor für die ökologische Funktion von Fließgewässern ist. In Niederösterreich werden bereits 100.000 ha Agrarfläche bewässert. Bald sollen es 250.000 ha werden. Wasser aus der Donau soll auch das Weinbaugebiet im Traisental bewässern. Oberösterreich hat ebenfalls einen hohen Bewässerungsbedarf bei dramatisch sinkenden Grund- Grafik: © UFZ Aber das Burgenland ist nur ein Kandidat, der Begehrlichkeiten am Donauwasser angemeldet hat.
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