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Studiengang Polizeivollzugsdienst NRW – eine Orientierung - Leseprobe

Das Studium für den Dienst in der Polizei ist in den letzten Jahren immer komplexer und anspruchs-voller geworden. Mit dem vorliegenden Band liefern die handelnden Akteure der Polizeiausbildung in NRW den Studierenden wie Lehrenden eine schnelle Übersicht und Orientierung, um sich im Dickicht der Module und Teilmodule oder in der Vielzahl von Gremien und Zuständigkeiten zurechtzufinden.

Die Ausbildungsleitung

Die Ausbildungsleitung Mehr drin, als der Name vermuten lässt Die Widerrufseigenschaft zeichnet ein loses Beamtenverhältnis zwischen Anwärterinnen und Anwärtern und dem Dienstherrn aus und kann jederzeit widerrufen werden (§ 23 Abs. 4 BeamtStG). 11 Der Vorbereitungsdienst dient daher der Prüfung der charakterlichen, geistigen oder gesundheitlichen Voraussetzungen, die für eine Ernennung zur Beamtin/zum Beamten auf Probe vorliegen müssen. 12 Liegen diese nicht vor, wird die Ausbildungsleitung die Entlassung durchführen (müssen). Aus dem Blickwinkel eines Studierenden mag daher der „schlechte Ruf“ der Ausbildungsleitung herrühren. Aus Sicht des Dienstherren (und des Steuerzahlers), ist diese genaue Prüfung nicht nur sinnvoll, sondern kann den Staat (und damit letztendlich den Steuerzahler) vor Schäden bewahren. 13 Die besondere Herausforderung für eine Ausbildungsleitung ist, genau diese Prüfung vorzunehmen, ohne ständigen Kontakt zu den Studierenden zu haben. Ein kontinuierlicher Informationsfluss zwischen den Akteuren der polizeilichen Ausbildung ist somit alternativlos. Der bürokratische Aufwand ist immens, doch zeichnet sich, mithilfe der Informationen der Bildungsträger, bereits nach wenigen Wochen der Ausbildung ein Eindruck eines jeden Studierenden ab. Beispielhaft seien hier die Pünktlichkeit der Studierenden genannt (§ 34 Abs. 1 S. 1 BeamtStG) oder das Verbot des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst (§ 62 LBG NRW), was Studierende gerne als „Blaumachen“ bezeichnen. Nicht unerheblich sind hohe Fehlzeiten. Im Hinblick auf den Anspruch auf Freie Heilfürsorge und Beihilfe obliegt schon hieraus eine Verantwortung gegenüber „dem Steuerzahler“. Kommen Zweifel an der physischen oder psychischen Gesundheit der Studierenden auf, wird der Polizeiärztliche Dienst hinzugezogen. Trotz des subjektiven Misstrauens der Studierenden gegenüber der Ausbildungsleitung ist das Vertrauensverhältnis von großer Bedeutung. Insbesondere schwerwiegende dienstrechtliche Verstöße werden häufig von Mitstudierenden bei der Ausbildungsleitung angezeigt. Das betrifft nicht selten ein unangemessenes Verhalten in sozialen Netzwerken oder sogar Äußerungen und/oder Handlungen, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind. Diese Fälle sind selten. Häufiger stellt sich sowohl für Studierende als auch für die Beteiligten des Trainings und der Praxis die Frage, ob die persönlich-sozialen und/ oder die fachlichen Kompetenzen für den Beruf ausreichen. Im Gespräch mit den Beteiligten hat folgende Frage oft zur Entscheidungsfindung beigetragen „Können Sie sich das für die nächsten 40 Jahre vorstellen?“ Neben diesen, für alle Beteiligten emotional belastenden Momente, gibt es im Aufgabenbereich der Ausbildungsleitung einen ganz besonderen Moment: Die Ernennung zur Polizeikommissarin/zum Polizeikommissar. Denn der überwiegende Teil der Studierenden schließt die Ausbildung erfolgreich ab. Hier endet auch faktisch die Arbeit der Ausbildungsleitung. Was bleibt ist die Frage nach der Kernintuition: Ein Zitat aus Schillers „Glocke“ scheint hier treffend: „Drum prüfe was sich ewig bindet […]“. Literaturverzeichnis Spieß, Walter (2008): Das neue Statusrecht der Beamten der Länder und Kommunen. Testausgabe mit ausführlichen Erläuterungen. Regensburg: Walhalla. Wendekamm, Michaela; Model, Thomas (2019): Arbeitskultur und Berufsbilder der Polizei. Zwischen gesellschaftlichen Megatrends und Herausforderungen der Inneren Sicherheit. In: Hans-Jürgen Lange, Thomas Model und Michaela Wendekamm (Hg.): Zukunft der Polizei. Trends und Strategien. 1. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden (Forum für Verwaltungs- und Polizeiwissenschaft), S. 239260. Werner, Andreas; Schmied, Verena (2019): Alles nur noch Fake?! Innere Sicherheit und Migration in Zeiten postfaktischer Wahrheiten. In: Hans-Jürgen Lange und Michaela Wendekamm (Hg.): Postfaktische Sicherheitspolitik. Gewährleistung von Sicherheit in unübersichtlichen Zeiten. Wiesbaden: Springer VS (Studien zur inneren Sicherheit, Band 23), S. 125149. Leseprobe 11 Eine willkürliche Ausübung des Widerrufsrechts in einem Rechtsstaat verbietet sich von selbst (Vgl. Spieß 2008., S. 48). Eine Entlassung ist auf sachliche Gründe zu stützen (vgl. u.a. BayVGH, U. v. 09. 11. 1989 3 B 89.00910 und NRW OVG 18.10.2004, ES/A II 5.1 Nr. 87). 12 Vgl. NRW OVG 18.10.2004, ES/A II 5.1 Nr. 87. 13 Aus Gründen der gebotenen Kürze wird für die fachkundigen Leser hier auf eine weitere Erläuterung der Schwierigkeiten der Entlassung von Beamtinnen und Beamte auf Probe/auf Lebenszeit verzichtet. P S P © VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb, Hilden Trappe/Wächterowitz „Studiengang Polizeivollzugsdienst NRW eine Orientierung“, 1. Auflage 2021, ISBN 978-3-8011-0904-2 15