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Bock E-Paper 2025 KW17

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2HintergrundBock | Dienstag, 22. April 2025Gebaut, geschätzt, gestorben undgefeiert – 150 Jahre SNBKaum aus der Taufe gehoben, musste sie bereits wieder beerdigt werden – die Schweizerische Nationalbahn (SNB). Die länderübergreifende «Volksbahn»sollte die marktbeherrschende Stellung der etablierten Schweizer Privatbahnen brechen. Ihre kurze Existenz reichte aus, um Legendenstatus zuerlangen. Am 27. April findet in Etzwilen die 150-Jahr-Feier statt. Dazu sprach der «Bock» mit Initiant und Zugfan Johannes von Arx.BAHNETZWILEN TGSandro ZollerAuch mit 81 Jahren denkt er noch langenicht ans Aufhören. Sein Hobby ist auch seinBeruf. Johannes von Arx ist als freier Journalisttätig. Das solide Fundament dafür legte ermit dem Studium am Abendtechnikum alsElektroingenieur. Sein Schwerpunkt liegt beider Bahntechnik. «Leidenschaft und Hobbykommen gleichermassen zum Zug, wennich gelegentlich von einer Blitzidee getroffenwerde», strahlt von Arx. Dann «belästige»er zunächst Kollegen und Freundinnen, umzu ertasten, ob die Sache wirklich Fleisch amKnochen hat und es wert ist, weiterverfolgtzu werden. «Die Mehrzahl dieser Blitze enden,ohne weiteren Schaden anzurichten, inder Erde. Andere aber zünden.» Habe einGedanke Potenzial, beginne er zu brüten,Teile zu verwerfen und neue Ansätze zu finden.Vor bald zwei Jahren nahm er ein solcherwartungsvolles Projekt in Angriff. Was darausentstanden ist,können Bahninteressierteam 27. Aprilin Etzwilen hautnaherleben. Dass es einechtes Herzensprojektist, hat zweiGründe: Erstensliebt von Arx Züge,zweitens lebt er seitacht Jahren in Etzwilen.«Es war dergrösste Sprung jean Lebensqualität,dank der Nähe zumWasser. Immer früherim Jahr zieht esmich förmlich zumRhein und Untersee:Atem holen, eintauchen, schwimmenund dann noch triefend nass an der Sonnetiefes Glücksgefühl erfahrend», schwärmt er.Züge begleiten ihn bereits ein Leben langAn seine erste Zugfahrt möge er sich nichtmehr erinnern. Eine Szene am BahnhofLangendorf, zwischen Solothurn und Oberdorf,von wo eine Gondelbahn auf denHausberg Weissenstein führt, sei aber tief imGedächtnis verankert – villeicht weil er daaufgewachsen sei, so der Elektroingenieur:«Vor dem Personenzug der damaligen Solothurn-Münster-BahnSMB, mit drei Klassen,ruft der Kondukteur ‹Oberdorf, Gänsbrode,Münschter›. Viel später dämmerte es«Insofern dürfenwir gerne annehmen,dass die SNBwertvolle Impulse zurWEiterentwicklungunseres Bahnnetzes inder Fläche gab.»Johannes von ArxJournalist, Zug-Fan, Initiant des SNB-Festesmir, dass er Gänsbrunnen meinte.»Wenn er an Züge denke, dann würde vorseinem geistigen Auge direkt eine Flut anBildern erscheinen. Eine Riesenparadean Rollmaterial. Aber nicht nur Züge alleine,sondern ebenfalls im Zusammenhangmit der Umgebung: Güterwagen inder Schwerindustrie, eine bunte Vielfaltan Kompositionen in Grossbahnhöfen,Zügen auf Brücken, in den Bergen, auf«lost places», also Abstellgleisen, wo ausrangierteWagen dem Zerfall preisgegebensind und. «Als Bahnjournalist konnte ichdas Entstehen von Zügen in den Rollmaterialindustrienbis zum Rollout verfolgen.Meine Kameras haben unzählige solcherMomente eingefangen», blickt von Arxfreudig und mit Stolz zurück.Imposante Gefährte auf SchienenDie guten alten, schweren Gotthardlokomotivenmit ihren riesigen Motoren, vonKühlrippen umgebenen Trafos, Ölschalternund Führerständen, in denen massiveSchalthebel unddas «Steuerrad»auffallen, habenes dem Zugfan besondersangetan.«Geballte Kraft ineinem System, dasder Lokführer nochüberblickt und notfallsauch reparierenkann. SchierüberwältigendeEindrücke.»Heute fahren fastnur noch kompakteTriebzüge, indenen die Waggonswindschlüpfrigineinander verschränktsind und deshalb kaum einzeln inErscheinung treten. Diese Züge gleichensich zudem immer stärker an. Genau dasGegenteil sei bei den Oldies der Fall gewesen.Ihre damaligen Konstrukteure seienebenfalls Künstler gewesen. Sie hätten esverstanden, ihre stählernen Wagenkästen,die hohen Anforderungen an Stabilitätgenügen mussten, mit einer reichhaltigen,ästhetischen und stimmigen Innenverkleidungzu verbinden. «Mit ihrer Liebe zumDetail und der Verwendung ausgewählterMaterialien entstanden Personenwagenmit individuellem Charme. Da schaueich einfach hin, bestaune die ideenreichenKonstruktionen und freue mich ganzSeit der Einstellung des Personenverkehrs 1969 verkehren auf der Strecke zwischen Etzwilen und Singen nur noch Sonderzüge sowie die Museumsbahn.Historische Dampfzüge wie hier auf dem Bild erinnern an die grosse Zeit der Eisenbahn.Bilder: Johannes von Arxeinfach», sagt Johannes von Arx, währendein Teil seiner Gedanken zu diesen schönenWaggons reist.Soweit das Schienennetz ihn befördertIm Unterschied zu etlichen Zeitgenossensitzt er am liebsten auf dem oberen Deckder neuen Doppelstock-Fernverkehrszügevon Bombardier. Auch wenn es denZug in den Weichenbereichen der Bahnhöfeschüttelt, stört ihn das nicht. «Dasist noch immer 1001 mal angenehmer alseine holprige Fahrt in den einstigen Postkutschen.»Wenn immer möglich, geniesster seine Fahrten im Speisewagen. Ins Auslandfährt er nur noch selten. Das GA gibtihm die Freiheit, Reisewege nach Lust undLaune zu wählen und neue Gegenden inder Schweiz kennenzulernen.Vorletzten Samstag habe er sich vorgenommen,im Speisewagen seines ICs von Winterthurnach Olten, in seine Heimatstadt,zu fahren und an einem der geräumigenTische die Rede für den bevorstehendenJubiläumsanlass fertigzuschreiben. Denkste.«Wie ich auf den Speisewagen zusteuere,strömt mir eine halbe Völkerwanderungentgegen. Zum Glück ergattere ich nocheinen Sitzplatz. Da sich auf dem Boden einHund seines Ruheplatzes erfreut, ‹sitzte›dafür der Rucksack auf meinen Knien. Pessimistenwürden von einer Sardinenbüchsesprechen. Doch der Optimist nimmtfreudig wahr, dass die Stimmung darunternicht leidet, auch keine nervösen Blicke aufdie Uhren – man macht das Beste aus derSituation», resümiert von Arx die Fahrt.Der längste «Ride» auf Schienen sei eindeutigmit dem Desert Wind im Jahr 1987gewesen: 5700 Kilometer von San Diegoüber Los Angeles, Salt Lake City undChicago bis nach New York – drei TageEntspannung pur. Einen orientalischenCharakter habe dagegen die Fahrt von Anatolienüber Istanbul und durch die damaligenOstblockländer nach Brig innegehabt.Die SNB gebührend feiernGegründet am 5. April 1875 und am 15.März 1880 von der damaligen SchweizerischenNordostbahn übernommen: dieSchweizerische Nationalbahn, kurz SNB.«Drei Alleinstellungsmerkmale passen zuihr: Sie wollte eine Volksbahn sein undsomit auch Nebenzentren wie Lenzburgund Zofingen ans Bahnnetz anschliessen.Im selben Geist angedacht war auchdie Weiterführung durchs Mittelland,der jedoch der Konkurs zuvorkam. Vorallem aber hatte sie die Vision, für denGüterverkehr eine Verbindung auf möglichstkurzer Strecke vom Bodensee zumGenfersee bei Vevey zu schaffen. Schliesslichwar sie von Konstanz und Singen hereine grenzüberschreitende Bahn», so derWahl-Etzinger.Ihres innovativen Charakters wegen, unteranderem in der Bahntechnik, seien ihr dieVerbindung Singen – Etzwilen – Winterthursowie weitere Linien, die heute von S-Bahnen bedient werden, zu verdanken. «Insoferndürfen wir gerne annehmen, dass dieSNB wertvolle Impulse zur Weiterentwicklungunseres Bahnnetzes in der Fläche gab.»Am Fest gibt es sechs heranfahrende Extrazügeund die Dampfzüge auf der StreckeEtzwilen–Singen, einmalige Führungendurch das Unterwerk, in dem 132 000 Voltauf 15 000 heruntertransformiert werden,Rundfahrten in historischen Zügen, dieLiliputbahnen in Etzwilen und Stein amRhein, die mit einem «Schnauzer»-Postautoverbunden werden, Rundfahrten mit einemalten VBZ-Frontlenker und natürlichdie Ausstellung der äusserst diversen Schienenfahrzeuge– das eigentliche «Herz» desFestes. Vor Ort ist ebenfalls das Haus Lokgesicht.chvertreten, mit einer riesigen Bibliothekund einem Kleinkinosaal. Der bunteFestbetrieb mit Musik und Kulinarik sorgtfür einen stimmungsvollen Rahmen.Zum Schluss verrät Johannes von Arx einstreng gehütetes Geheimnis: «Ein OK-Mitgliedhat keinen Aufwand gescheut undeine interstellare Verbindung zu Petrus aufgebaut,um ihm das Versprechen auf einensonnigen, warmen Festtag abzuringen.»Alle Informationen auf nationalbahn.chDie Rheinbrücke nahe Etzwilen verbindet die vor 150 Jahren eröffnete Strecke.Johannes von Arx im Selbstportrait.Schienenvelos haben auf der stillgelegten Bahnstrecke von Etzwilen nach Singen Hochkonjunktur.

Bock | Dienstag, 22. April 2025 3NachrichtenMit Raddampfern Geld verdienenDie Sächsische Dampfschifffahrt, die seit dem 1. September 2020 von der in Basel ansässigen United Rivers betrieben wird, macht ihremNamen alle Ehre. Ausgehend von Dresden betreibt sie auf der Elbe neun Raddampfer und verdient damit gutes Geld, notabene ohneSubventionen.Der schlanke Schiffskörper ist auf diesem Bild des Raddampfers Dresden besonders gut zu erkennen. Auffällig ist auch die geringe Wellenbildung, die die Ufervegetation kaum beeinträchtigt.Bilder: Robert HorlacherSCHIFFFAHRTSCHAFFHAUSEN/BASEL/DRESDENRoger WallerWie der Hochrhein leidet auch die Elbehäufig unter Niedrigwasser, seltener unterHochwasser. Der geringe Tiefgang derRaddampfer ist – nebst ihrer touristischenAttraktivität – ein Hauptgrund für ihreBeibehaltung. Die zwischen 1879 und1929 gebauten Schiffe sind trotz ihres Altersschneller und effizienter als die beiden1994 erbauten Motorschiffe. Doch wiekann es sein, dass sehr alte Dampfschiffemit vermeintlich schlechtem Wirkungsgradweniger Brennstoff verbrauchen alssogenannte moderne Motorschiffe? DasGeheimnis liegt in der strömungsgünstigenBauform der Raddampfer. Aufgrundder seitlichen Schaufelräder wirken siezwar breit, doch der für den Strömungswiderstandentscheidende, das Wasserdurchpflügende Schiffskörper ist extremschlank. «Länge läuft» – so lautet einbekanntes Sprichwort im Schiffbau. Gemeintist das Verhältnis zwischen der wasserberührtenSchiffslänge und der Breite.Am extremsten zeigt sich das bei Ruder-Rennbooten: Ein Achter mit Steuermannerreicht ein Verhältnis von 20 zu 1. Diebesonders strömungsgünstigen Elbe-Raddampferliegen bei 10 zu 1, die Elbe-Motorschiffebei 7 zu 1. Die Motorschiffe derUntersee und Rhein Schifffahrt (URh)schneiden mit einem Verhältnis von 5 zu 1deutlich schlechter ab.Weniger PS, dafür mehr TempoUm den höheren Strömungswiderstandzu überwinden, benötigen Motorschiffestärkere Antriebe. So leisten die Dampfmaschinender Raddampfer Dresden undLeipzig lediglich 350 PS, während bei denMotorschiffen August der Starke undGräfin Cosel je 920 PS installiert sind.Alle vier Schiffe sind für 600 Passagierezugelassen. Trotz der deutlich geringerenAntriebsleistung sind die Raddampfermerklich schneller als die Motorschiffe,die im Dampfschifffahrplan nichtmithalten können. Der Vorteil des geringerenStrömungswiderstands wirkt sichzudem positiv auf den Tiefgang aus, dakleinere Antriebsanlagen leichter sindund die Schiffsstruktur weniger belasten.Leichtere Schiffe haben automatischeinen geringeren Tiefgang.Schrauben brauchen mehr AbstandKonkret liegt der Tiefgang der Elbe-Raddampferzwischen 78 und 88 Zentimeter,jener der Elbe-Motorschiffe bei 95 Zentimeter.Die Motorschiffe der Unterseeund Rhein Schifffahrt (URh) erreichenbei leerem Schiff einen Tiefgang von110 bis 120 Zentimeter. Im Gegensatz zuSchaufelrädern erzeugen Schiffsschraubeneine Sogwirkung, die bei zu geringemAbstand zur Flusssohle Schädenanrichten kann – sowohl an der Sohle alsauch an den Schrauben. Deshalb mussbei Schraubenantrieben zusätzlich einSicherheitsabstand von rund 40 Zentimetereinkalkuliert werden, wenn man dieFlusssohle nicht gefährden will.URh sieht Potenzial im DampfDie Schifffahrtsgesellschaften verdienennur Geld, wenn ihre Schiffe tatsächlichfahren. Bei Niedrigwasser sind Ersatzbussekeine echte Alternative – in solchen Fällengreifen viele Reisende gleich zum Zug.Raddampfer hingegen bieten bei niedrigenPegelständen eine deutlich bessereFahrfähigkeit und könnten somit das Geschäftsergebnisder URh nachhaltig verbessern.Wie URh-Geschäftsführer RemoRey in einem Radiointerview erklärte,wäre ein einzelner Raddampfer zwar einExot – und damit hat er durchaus recht.Um den Fahrplan auch bei Niedrigwasserzuverlässig einhalten zu können, wärendrei bis vier Raddampfer sinnvoll.Nachhaltige BegeisterungOb diese mit Pellets oder Leichtöl befeuertwerden, ist letztlich zweitrangig– Dampf lässt sich mit verschiedenstenEnergieformen erzeugen. Zudemgilt die Dampfkraft als sichtbarste undfaszinierendste aller Antriebsarten: DieUmwandlung von Brennstoff in Wärmeund Dampf, die für die Passagiere sichtbareDampfmaschine und der ruhige,Der elegante Raddampfer namens «Leipzig», Baujahr 1929, gleitet kraftvoll über die Elbe und bleibt ein echter Publikumsmagnet.AnzeigeWussten Sie, dass:vibrationsfreie Vortrieb sorgen für eineinmaliges Erlebnis. Gerade in einerzunehmend digitalen Welt sollten wirunseren Kindern wieder vermehrt realeErlebnisse bieten, die sie nachhaltig begeistern.Wenn die erhöhte Attraktivitätauch zu einem besseren Geschäftsergebnisführt, ist das umso erfreulicher.Sie zählen zu den zehn grösstenBundessubventionen, aber sieschrumpfen als einzige: Die Direktzahlungenan die Landwirte sankenseit 2014 inflationsbereinigt um 3,9 %.Quelle: Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik

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