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BOLD THE MAGAZINE No.23

ÄSTHETIK SPECIAL TOPIC: DESIGN | NEW FASHION | UNCENSORED: ANDRES SERRANO | INTERVIEW: JODIE FOSTER | BUDDHA TO BUDDHA | ON THE ROAD: ROMAN KNIŽKA | COOL STUFF | THAILAND | BEST PLACES

Foto (Ausschnitt): A.

Foto (Ausschnitt): A. Serrano, „Blood on the Flag“ (2001), Private Collection 32 | BOLD THE MAGAZINE ART | SEHENSWERT

ART | SEHENSWERT BOLD THE MAGAZINE | 33 Andres Serrano wurde am 15. August 1950 in New York City geboren, studierte von 1967 bis 1969 an der Brooklyn Museum of Art School. Er war Maler und Bildhauer, bevor er sich für die Fotografie als sein bevorzugtes Ausdrucksmittel entschied. Heute lebt und arbeitet er in New York. Serrano bezeichnet sich selbst als Visual Artist, welcher die Fotografie als Medium nutzt. Er wurde 2015 in New York zum Vollmitglied der National Academy of Design gewählt und siedelt seine Arbeiten oft im Spannungsfeld von Religion und Sexualität an. Tod und Gewalt sind für Serrano keine Grenzen, sondern thematische Herausforderungen. Die Prägungen seiner Jugend im katholisch-italienischen Umfeld von Williamsburg (Brooklyn, USA) lassen sich meist in seinen Werken erahnen. Im Jahr 1989 entzündete Serranos Fotografie „Piss Christ“ (1987) eine heftige nationale Debatte über die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks und wurde von dem Nachrichtensender CNN als eines von „10 works of art that shocked the world“ eingestuft. „I am known in America as a controversial artist but in Europe I am known simply as ‘Andres Serrano’“, sagt der Künstler selbst. Seine Werke zeigen das Schöne und das Hässliche – beide Lebensaspekte – vereint. Über die Freiheit der Kunst wird unter politisch-religiösen Aspekten in unserer Zeit viel diskutiert: In Brüssel wird sie im Jahr 2016 am Beispiel von Serranos Arbeiten direkt vor Augen geführt. Über 150 zum Teil (sehr) großformatige Arbeiten warten auf eine eingehende Betrachtung. Die Ausstellung „Uncensored Photographs“ zeigt eine umfassende Werkschau mit den Serien: „Immersions“ und „Bodily Fluids“, mit Portraitserien und den Titeln „Nomads“, „The Klan“ und „America“. Religiöse Themen bestimmen „The Church“ und „Holy Works“. “The Morgue”, „Objects of Desire“ und „The Interpretation of Dreams“ stellen tiefergehende Fragen, das Menschsein betreffend, „Cuba“ und „Jerusalem“ vertiefen sich in diese politisch weltbewegenden und geschichtsträchtigen Orte. Mit „Residents of New York“ und „The Denizens of Brussels“ geht der fotografische Blick weit über das Portrait von Obdachlosen hinaus. Letztere ist in den Straßen von Brüssel entstanden – mit ausdrucksstarken Portraits der Obdachlosen der Stadt in ihrer aktuellen Lebenswelt. Die Fotografien geben den abgebildeten Personen gezielte Aufmerksamkeit und ein Stück Würde. Es stellt sich beim Betrachten der Bilder eine berührende Trostlosigkeit ein, was wohl auch den Blick auf die realen Obdachlosen verändert. Die zuletzt produzierte Fotoserie „Torture“ beschließt den Ausstellungs-Rundgang. Diese Kunst Serranos bewegt: Für seine Fotoserie „The Morgue“ ging Serrano in ein Leichenschauhaus, um Fotos von den Verstorbenen zu machen. Der Fokus seiner Kamera ist dabei auf Details gerichtet, auf Hände, Augen, Ohren, Mund und explizit auf die Wunden, welche durch Gewalteinwirkungen verursacht sind. Die Identität der abgebildeten Verstorbenen bleibt verborgen. Serrano zeigt keine aufgehübschten toten Körper, er dramatisiert auch nichts, er fotografiert das, was ist. Und er macht damit einen Tabu-Bereich öffentlich. Beim Betrachten der Ausstellung stellt sich immer wieder die Frage, warum die Abbildung der Realität einen so stark polarisieren kann und offenbar als Provokation wirkt. Als bezeugendes Beispiel sind hier in einem Sonderraum Werke ausgestellt, welche in vorhergehenden öffentlichen Ausstellungen durch Vandalismus angegriffen und zerstört wurden. Diese fünf Arbeiten Serranos, meist großformatige Werke aus der Serie „History of Sex“, weisen Glasbruch, herausgeschnittene Stellen und zu allerletzt auch noch großflächige „Reparaturversuche“ des Museumspersonals mittels rotem Tesabands auf. Dokumentiert werden hier die Vandalismus-Attacken von Melbourne (Australien) 1997, Lund (Sweden) 2007 und Avignon (Frankreich) 2011. Eine der Grundlagen der westlichen Zivilisationen, die Freiheit der Kunst, wird hier als fragiler Wert in seiner Angreifbarkeit offenkundig sichtbar. Serrano ist immer dazwischen: zwischen Gut und Böse, gutem und schlechtem Geschmack, Realität und Theatralik. Ein Künstler, der die psychischen Tiefen auslotet, um die Grenzen zu testen – seine eigenen und die des Betrachters. Uncensored Photographs Bis zum 21. August 2016 Königliche Museen der Schönen Künste Rue de la Régence 3, 1000 Bruxelles www.fine-arts-museum.be

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