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cav – Prozesstechnik für die Chemieindustrie 01.2020

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Die Fachzeitschrift cav - Prozesstechnik für die Chemieindustrie berichtet über Verfahren, Anlagen, Apparate und Komponenten für die chemische und pharmazeutische Industrie. Weitere Themen sind IT-Technologien, Industrie 4.0, digitale Produktion, MSR- und Automatisierungstechnik und Prozessanalysentechnik. Abgerundet wird das inhaltliche Spektrum durch Ex-Schutz, Anlagensicherheit, Arbeitsschutz, Instandhaltung, Standortmanagement und Energiemanagement.

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cav MSR-TECHNIK, PROZESSAUTOMATISIERUNG Bestandsanlagen lernen OPC UA sprechen Digitaler Zwilling bleibt up to date In Zeiten des digitalen Zwillings wirken Dokumentationen älterer Bestandsanlagen häufig eher wie ein Kinderfoto des erwachsenen Zwillings; ihre Ähnlichkeit mit der realen Anlage lässt oft sehr zu wünschen übrig, was fatale Folgen haben kann. Damit Betreiber sich jederzeit auf aktuelle Anlagendaten verlassen können, haben sich Aucotec und Phoenix Contact zusammengetan. Ihre Lösung lässt Anlagen automatisiert mit dem eigenen Zwilling sprechen, um ihn zu aktualisieren. Prozesstechnische Anlagen bedeuten langfristig angelegte Millionen-, wenn nicht Milliardeninvestitionen. Planung und Inbetriebnahme müssen akribisch dokumentiert werden, nicht zuletzt für die Betriebsgenehmigungen. Und dann? In ihrem jahrzehntelangen Leben wird jede Anlage mehrfach um- und ausgebaut, Wartung und Reparaturen sind Alltag. „Entsprechend alt sieht daher schon nach kurzer Zeit jede Dokumentation aus, wenn man nicht am Ball bleibt“ sagt Martin Imbusch, Produktmanager bei Aucotec. Der Engineering-Software-Entwickler Aucotec bietet Betreibern gleich mehrere Hebel, um stets den neuesten Anlagenstand im Blick zu haben. Der erste ist die Unterstützung beim Übertragen aller relevanten Informationen aus verschiedenen Systemen und Disziplinen in die datenzentrierte Plattform Engineering Base (EB). Dabei werden die Daten digital aufgewertet und aktualisiert, weil besagtes „Kinderfoto“ oft nicht nur inaktuell, sondern quasi ein „Papierabzug“-Puzzle ist. EB vereint disziplinübergreifend sämtliche „Körper“-Teile des Zwillings zu einem Gesamtbild in seinem zentralen Datenmodell. „Die Darstellung einer Pumpe im P&ID wäre ohne dazugehörige Loops und Navigierbarkeit bis zur letzten Klemme nur ein Puzzleteil. Und im Störfall, wenn es auf Sekunden ankommt, wenig wert“, so Imbusch. Bilder: Aucotec Mit Phoenix Contacts Sensor-Panel und dem Hart-IP-Gateway demonstrierte Aucotec auf der SPS 2019 live, wie bislang nicht OPC-UA-fähige Geräte ihren digitalen Zwilling direkt über Änderungen informieren Änderungen sofort sichtbar Um die Aufwertung zu erhalten, hat Aucotec eine Maintenance-App entwickelt, mit der die Techniker vor Ort ohne lange Vorbereitung den für sie relevanten Anlagenteil jederzeit auf ihrem Tablet sehen. Von dort aus können sie ihre Änderungsinformationen direkt ans Engineering geben, das sie, gegebenenfalls nach Prüfung, unmittelbar für das einmalig im Modell existierende Objekt übernehmen kann. Jede Änderung ist sofort in allen Repräsentanzen des Objekts sichtbar, vom P&ID über den Stromlaufplan bis zur Stückliste. Das macht das Ändern erheblich konsistenter und schneller, denn Daten sind nicht mehr in leblosen PDFs und/oder disziplinspezifischen Containern mehrfach abgelegt. Via Data-Tracking-Funktion und History-Anzeige ist zudem nachvollziehbar, wer was wann geändert hat. Selbst ist die Anlage dank OPC UA Konsequent ist nun der nächste Schritt, mit dem Aucotec den Digitalisierungsweg für Be- 22 cav 01-2020

treiber ebnet: die direkte Kommunikation zwischen Anlage und digitalem Zwilling. EBs Datenmodell als Single Source of Truth für das Anlagenabbild „versteht“ OPC UA. Wenn ein OPC-UA-fähiges Gerät verändert oder gewechselt wird, erscheint in EB automatisch ein Änderungshinweis. Dafür wird der OPC- UA-Server der Anlage mit EBs Cloud verbunden. In bestimmbaren Intervallen empfängt das System über die sogenannte Datendiode, die nur lesend zugreift und nur in eine Richtung kommuniziert, Informationen von den Geräten. Änderungen sind dabei wieder unmittelbar nach ihrer Übernahme an jeder Stelle der Dokumentation, die das geänderte Gerät enthält, sichtbar. „So weiß jeder Bearbeiter jeder Disziplin gleich, ob und welche Konsequenzen zu ziehen sind ohne Redlining, Papier und händische Übertragung“, betont der Produktmanager. Kooperation mit Phoenix Contact Dass alle Feldgeräte, die bisher nicht OPC- UA-fähig waren, über dieses Protokoll kommunizieren können, ermöglicht das Hart- IP-Gateway von Phoenix Contact. Es lässt sich leicht auf eine Hutschiene im Feldverteiler klemmen und „übersetzt“ die üblichen Hart-Signale der Geräte in OPC UA auf Basis der Namur Open Architecture (NOA). Das spart das Tauschen funktionsfähiger Geräte, denen nur die OPC-UA-Schnittstelle fehlt, oder teure Remote-I/Os, die sonst zur Kommunikation nötig wären. Aucotec und Phoenix Contact haben diese Lösung erstmals gemeinsam auf der Namur- Hauptsitzung Anfang November 2019 vorgestellt. In einer Live-Demonstration am Aucotec-Stand der SPS 2019 konnte dann ein breiteres Publikum verfolgen, wie sich ein Gerätetausch im Nu durchgängig in der gesamten Anlagendokumentation niederschlägt. Unabdingbar ist dabei die Webfähigkeit des Engineeringsystems. Dank EBs Mehrschichtarchitektur mit integriertem Web Communication Server ist der Online-Zugriff auf alle benötigten Informationen rund um die Uhr von überall auf der Welt möglich. Änderungen in der realen Anlage schlagen sich direkt in EBs Dokumentation nieder EB zeigt automatisch auch den Health Status von jedem Objekt an Aktueller Health Status Brownfield-Betreiber können damit nicht nur sicher sein, jederzeit über den aktuellen As-built-Stand ihrer Anlagen zu verfügen. EB ist überdies in der Lage, die Namur- Empfehlung NE 107 an jedem Objekt in jeder Ansicht, von Grafik bis Liste, abzubilden. So ist jeder einzelne Health Status erkennbar, der z. B. zeigt, ob ein Gerät funktionsgerecht arbeitet, ob ein Fehler vorliegt oder Wartung erforderlich ist. „Weil die Plattform datenzentriert ist, nicht filebasiert, aktualisiert sie nicht irgendein Dokument, sondern das komplette Datenmodell des Digital Twin“, betont Martin Imbusch. Dieses Prinzip wird immer wichtiger, denn laut einer VDMA/PwC-Studie zum Großanlagenbau wird sich der Anteil datengesteuerter Service-Modelle bis 2025 verdreifachen. Ob Predictive Maintenance oder Full-Service-Geschäftsmodelle, bei denen das Produkt nicht mehr etwa ein Kompressor ist, sondern jederzeit optimal verfügbare Druckluft: die Möglichkeiten, die Industrie 4.0 bietet, leben vom viel zitierten Öl des 21. Jahrhunderts, also den Daten sowie ihrer jederzeit verlässlichen Erreich- und Auswertbarkeit. „Doch die meisten Anlagen in Europa stammen aus dem 20. Jahrhundert. EB macht ihre Daten für künftige Herausforderungen nutzbar“, so Imbusch. Die zusammen mit Phoenix Contact entwickelte digitale Aufwertung von Brownfield- Anlagen und -Dokumentationen hat ihren Ursprung in Aucotecs Auftritt auf der Namur-Hauptsitzung 2018. Dort wurde zusammen mit dem ifak-Institut der Uni Magdeburg und der Höchster IGR erstmals überhaupt demonstriert, dass und wie eine Anlage mit ihrem Digital Twin kommunizieren kann: mit OPC UA auf Basis NOA und einem disziplinübergreifenden Anlagenmodell. Jetzt ist daraus eine praxisgerechte Lösung für Anlagen im realen Betrieb geworden. Mit einem derart kompletten, „mitwachsenden“ digitalen Zwiling lassen sich IoT-Projekte wie die prognostizierten digitalen Services schon heute effizient umsetzen. www.prozesstechnik-online.de Suchwort: Aucotec AUTORIN: JOHANNA KIESEL Presse- & Öffentlichkeits - arbeit, Aucotec cav 01-2020 23

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