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cav – Prozesstechnik für die Chemieindustrie 07.2019

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Die Fachzeitschrift cav - Prozesstechnik für die Chemieindustrie berichtet über Verfahren, Anlagen, Apparate und Komponenten für die chemische und pharmazeutische Industrie. Weitere Themen sind IT-Technologien, Industrie 4.0, digitale Produktion, MSR- und Automatisierungstechnik und Prozessanalysentechnik. Abgerundet wird das inhaltliche Spektrum durch Ex-Schutz, Anlagensicherheit, Arbeitsschutz, Instandhaltung, Standortmanagement und Energiemanagement.

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cav FOKUS ANLAGENBAU, ANLAGENPLANUNG, ENGINEERING Wie Thyssenkrupp komplexe EPC-Projektabläufe transparent hält Den Durchblick behalten Bei der Planung und Errichtung von Großanlagen müssen viele Gewerke koordiniert und zu jeder Zeit mit den nötigen Informationen versorgt werden. Dabei verteilen sich einzelne Arbeitspakete oft auf mehrere interne wie externe Beteiligte und Zulieferer. Thyssenkrupp setzt bei diesen Projekten auf den Einsatz von Building Information Modeling (BIM). Mit BIM lassen sich Kommunikationswege transparent bereitstellen und das Fehlerpotenzial während der Projektabwicklung deutlich senken. Welche Dokumente sind zu einem bestimmten Equipment verfügbar? In welchem Status befindet sich das Design der Anlage? Kann mit der Maschinenfertigung begonnen werden? Welche Montagearbeiten starten im nächsten Monat auf der Baustelle? Ist die Montagesequenz richtig gewählt und sind die entsprechenden Materialien bereits geliefert? Diese und ähnliche Fragen stellen sich im Verlauf von großen EPC-Projekten, sprich während des Engineerings, der Beschaffung und Fertigung sowie Montage und Inbetriebnahme komplexer verfahrenstechnischer Anlagen, immer wieder. Antworten darauf sind üblicherweise nur aufwendig mit Blick in viele Softwaresysteme zu bekommen. In solch einem komplexen Umfeld lässt sich das Potenzial der BIM-Methode am besten nutzen. Bei Thyssenkrupp Industrial Solutions hat man die Vorteile früh erkannt und eine unternehmensweite BIM-Implementierungsinitiative gestartet. Die Ingenieure arbeiten bereits seit Jahren mit 3D-Modellen der Gesamtanlagen. Die Motivation, durch verknüpfte Informationen einen Schritt weiter in Richtung der Digitalisierung von Geschäftsprozessen zu gehen, ist groß. Ziel ist, durch den konsequenten Einsatz digitaler Daten und verknüpfter Prozesse eine deutlich höhere Transparenz in den Projekten und damit einhergehend eine Reduzierung der Fehlerrate zu erreichen. Digitalisiertes Fachwissen Thyssenkrupp bringt seine Engineeringund Prozesskompetenz in die Digitalisierung ein. In Kombination mit der breiten Erfahrung als Großanlagenbauer ist das Unternehmen in der Lage, seinen Kunden modernste digitale Lösungen anzubieten. Thyssenkrupp digitalisiert das Fachwissen seiner Ingenieure und macht es mit seinen digitalisierten Fachprodukten verfügbar. Das Building Information Modeling (BIM) ist ein wichtiger Bestandteil dieses digitalisierten Fachwissens. Durch die Digitalisierung werden die Daten der Anlagen, Maschinen und Ausrüstungen der Kunden von Experten aufbereitet und analysiert. Sie erhalten damit einen wichtigen Hebel für die Verbesserung der Effizienz ihrer Prozesse und die Steigerung der Produktivität ihrer Anlagen und Ausrüstungen. Bilder: thyssenkrupp Auch auf den Baustellen von Thyssenkrupp dienen die verknüpften Daten dazu, Informationen leicht zugänglich zu machen, um einen reibungslosen Bauablauf sicherzustellen Implementierungsinitivative Für die Einführung von BIM hat die Business Unit Cement Technologies eine Implementierungsinitiative gestartet. Seit 2015 begleitet die Hochtief ViCon, ein Beratungsunterneh- 40 cav 07-2019

Das Resultat des BIM-Implementierungsplanes von Thyssenkrupp: Digitale Daten aus einer Vielzahl verschiedener Systeme werden in einer Datenbank aggregiert und über das 3-D-Modell der Anlage für verschiedene Anwendungsfälle zugänglich gemacht tenstruktur definiert und in den unterschiedlichen Systemen integriert. Let the magic begin ... Ende 2017 startete die Umsetzung der ersten acht Anwendungsfälle an einem realen Auftrag für ein Zementwerksprojekt in Mexiko. Mit den jeweiligen Prozessverantwortlichen wurden Prozessdefinitionen, 3-D-Modellierungsstandards sowie Attributierungskonventionen abgestimmt. Sämtliche Informationen und Daten wurden in den bereits bestehenden Softwaretools konsistent erfasst, über die Integrationsplattform verwaltet und anschließend in aufbereiteter Form wieder zugängig gemacht. Die Verknüpfung des Terminplans mit dem 3D-Modell bietet dabei beispielsweise die intuitive Visualisierung der geplanten Montagesequenzen. In Kombination mit Leistungsmeldungen von Unterlieferanten und von der Baustelle kann zudem die termingerechte Fertigstellung von Gewerken nachvollzogen werden. Mit einem Blick erfasst der Verantwortliche, welche Komponenten bereits geliefert sind oder welcher Bauabschnitt in Verzug ist. Durch einfaches Einfärben des 3-D-Modells anhand der eingehenden Daten wird sofort ersichtlich, worauf er das Augenmerk legen muss, damit das Projekt reibungslos weiterläuft. Wo man zuvor noch zahlreiche Tabellen miteinander vergleichen musste, sind diese Informationen nun abrufbereit verfügbar und mit weiteren detaillierteren Daten angereichert. Erste Ziele sind damit schon erreicht. Wichtige Aspekte sind die einfache Verfügbarkeit von Daten und Dokumenten und die Schaffung einer erhöhten Datenqualität im Projekt. Wesentliche strukturgebende Informationen in verschiedenen Systemen passen nun zusammen was vorher nicht immer durchgehend der Fall war. Außerdem ist es men für virtuelles Bauen und für die Digitalisierung zugehöriger Geschäftsprozesse, Thyssenkrupp bei diesem Prozess. Am Anfang stand die detaillierte Analyse und Dokumentation des Ist-Zustands. Zunächst waren Antworten auf die Frage gesucht, wo man hinsichtlich Building Information Modeling überhaupt stand. Dazu wurden die Prozesse genau analysiert und eruiert, wie man in Zukunft beim Umgang mit Daten zusätzliche Mehrwerte schaffen kann, beispielsweise wie Daten so eingegeben, strukturiert und verwaltet werden können, dass der Projektstatus für alle Beteiligten transparenter wird. Ziel war es, im Vorfeld genau zu definieren, welchen Bedarf die verschiedenen Fachbereiche und Projektbeteiligten in Bezug auf digitale Daten haben. Schließlich wollte man das Tool nicht an den Anforderungen der Kollegen vorbei entwickeln. In der ersten Projektphase wurde eine Vielzahl an Interviews geführt, um herauszufinden, wo denn genau aktuell der Schuh drückt und wie es in Zukunft besser laufen könnte. Zusammen mit einer Beurteilung der derzeitig eingesetzten Technologien auf ihre BIM-Fähigkeit und der Einschätzung bestehender Richtlinien und Vertragsbedingungen wurde daraus ein Implementierungsplan für die BIM-Methodik entwickelt. Bestandteile dieses Planes waren: • Entwicklung einer BIM-Strategie sowie Businessplanung auf Unternehmensebene mit Festlegung der relevanten Anwendungsfälle • Entwicklung und Auswahl von Technologiekonzepten zum Abbilden einer Datenintegrationsplattform • Definition von teils neuen Verantwortlichkeiten und Funktionen • Erstellung eines Realisierungsfahrplans Die Umsetzung sieht eine Konzeption und Einführung von 23 definierten BIM-Anwendungsfällen gestaffelt in Pilotprojekten und die dafür notwendige Einrichtung einer Datenintegrationsplattform vor. Diese Plattform verknüpft Daten aus unterschiedlichen Systemen und ermöglicht den Datenzugriff zur Kommunikation und Projektübersicht. So werden aktuelle Terminplanungen, der Planungsmengen, Fertigungsstatus oder Kosten miteinander verknüpft. Eine Visualisierung der Daten und der Geometrie sowie ein integriertes Reporting erfolgt über einen 3D-Viewer und eine bi-direktional verknüpfte Business-Intelligence- Lösung. Um diese Datenintegration aus unterschiedlichen Datenquellen vorzunehmen, wurde eine unternehmensübergreifende Daschon möglich, einzelne Leistungsmeldungen aus den Bereichen des Engineerings, der Fertigung und der Lieferlogistik am Modell zu visualisieren und so leicht interpretierbar zu machen für die abwickelnden Mitarbeiter ein echter Mehrwert. Mittlerweile sind bereits weitere Aufträge in die entwickelte Datenplattform integriert, sodass immer mehr Projekte von dem transparenten Datenmanagement profitieren. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend und es zeigen sich die ersten positiven Auswirkungen auf den Verlauf der Projekte. Nun müssen die Ingenieure weitere Anwendungsfälle nach und nach umsetzen und integrieren, bis die große Vision Realität wird und ein gesamtes Kundenprojekt über eine einzige Schnittstelle gesteuert werden kann. Auch die Errichtung der Anlage muss nicht der letzte Schritt sein, für Betrieb und Wartung von Großanlagen ergeben sich noch vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. www.prozesstechnik-online.de Suchwort: cav0719thyssenkrupp AUTOR: JAN PHILIPP ASSMANN Projektverantwortlicher Softwareimplementierung Thyssenkrupp Industrial Solutions AUTOR: BENJAMIN BERNDZEN Leiter des Projektes „digital business processes“, Thyssenkrupp Industrial Solutions cav 07-2019 41

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