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Centurion Austria Winter 2023

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|Objects| Der Erfolg

|Objects| Der Erfolg seiner Möbel mit topografischen Elementen katapultiert den Italiener Lucada Ros weit über die Designgrenzen der Erde hinaus – bis ins All. Von Katharina Hesedenz Hoch hinaus V or nicht so langer Zeit saß Luca Da Ros in einer leeren Wohnung mit Blick auf die Dolomiten und dachte darüber nach, was er als Erstes anschaffen würde. Das Ergebnis lautete: einen Wohnzimmertisch. „Mir wurde in dem Moment klar, dass ich alles zur Hand hatte, um selbst einen nach meinen Vorstellungen zu bauen – Berge, Satellitenfotos, Holz und Wissen um Lasertechnik“, erzählt der Doktorand für Waldökologie an der Freien Universität Bozen. Er suchte einen CNC-Laserfräser, der groß genug war, um das geplante Modell zu realisieren, und legte los. Dem Maschinenbesitzer Walter Capovilla gefiel der Tisch, der den Bozener Hausberg wiedergab, so gut, dass er vorschlug, eine gemeinsame Firma zu gründen. Auf einen Namen einigten sich die beiden ebenfalls schnell: Dolomitisch, aus Liebe zur Region. Kaum war das Label gegründet, begannen die Dinge auch schon, sich zu überschlagen. Die Veranstalter des Courmayeur Design Weekends boten den Newcomern nur wenige Monate später einen Paradeplatz auf ihrer Messe an. Das mittlerweile erweiterte Team verfrachtete drei frisch gebaute Belvedere-Bänke in eine 3.400 Meter hohe Kabelstation mit Blick auf den Montblanc und fotografierte sie auf dem Gletscher. Dass die Bänke das berühmte Massiv maßstabgetreu im Kleinformat wiederholen, verlieh der Installation umso mehr Wucht. Auch die Fotos, die Luca Da Ros anschließend an die Mailänder Galeristin Rossana Orlandi schickte, zeigten Wirkung. Die Grande Dame der italienischen Designszene meldete sich umgehend und bot einen der heiß begehrten Plätze in der Ausstellung an, die sie jeden April anlässlich des Salone del Mobile FOTOS © DOLOMITISCH 36 CENTURION-MAGAZINE.COM

kuratiert. „Ich schaue mir Jahr für Jahr Hunderte von Bewerbungen an. Die von Dolomitisch fiel komplett aus dem Rahmen“, sagt Orlandi. „Ich wusste sofort, dass dieses Projekt etwas Großes ist. Noch mehr als die Fotos überzeugten mich die Teile selbst. Wenn man einen Tisch von Dolomitisch anschaut, fühlt es sich an, als ob man hoch oben auf einem Gipfel steht und hinunter ins Tal schaut.“ Die Kollektion umfasst mittlerweile sieben Modelle aus nachhaltig produzierten einheimischen Hölzern, die bisweilen mit Metall und Glas kombiniert werden. Es gibt einen runden Tisch namens Mirage, dessen Glasplatte über Gipfeln und Hängen schwebt, und einen rechteckigen namens Cordillera, dessen Fläche von einem lang gezogenen Grat geteilt wird. Der Beistelltisch Saxifrag nutzt die glatten Unterseiten zweier einander zugewandter Bergplatten als Basis und Top. Neben dem coolen Design spielen auch olfaktorische Komponenten eine Rolle. „Wenn wir Dufthölzer benutzen, riecht der ganze Raum nach Wald“, erzählt Luca Da Ros. Seinen Geburtsort Vittorio Veneto in der Po-Ebene beschreibt er „als eine Art voralpines Amphitheater mit Blick auf die schönsten Berge der Welt, die Dolomiten“. Seinen Hauptjob als Forscher hat er vorerst nicht aufgegeben. Zum einen, weil er als Sohn eines Unternehmers weiß, dass Start-ups ihr Tücken haben, zum anderen, weil er in beiden Bereichen einen Beitrag zur Erhaltung der Berge und ihres fragilen Ökosystems leisten kann. Aufforstung und Reinvestition in grüne Projekte stellen einen wichtigen Teil des Konzepts dar. Der Break- Even-Point, der es ermöglicht, die Umweltschutzmaßnahmen auf Dauer zu implementieren, rückt näher. Seit der Auszeichnung als eines der innovativsten italienischen Start-ups durch die Fondazione Italia USA im Mai klopfen regelmäßig internationale Architekten und Interior Designer an die Tür. Mal geht es darum, ein Luxushotel auszustatten, ein anderes Mal um eine Sonderanfertigung für einen VIP-Kunden. Sogar ein Repräsentant für Nord- und Südamerika hat sich gemeldet. Marc LeVarn, Inhaber der Vail International Gallery in Colorado, wurde durch einen befreundeten Architekten auf die Südtiroler aufmerksam. Ihn interessiert unter anderem die Möglichkeit, vom Himalaya bis hin zum Andreasgraben jede Erdoberfläche als Designelement nutzen zu können. Die Chancen für Sonderanfertigungen, die auf spezielle Orte wie Privatgrundstücke oder geografische Regionen zugeschnitten sind, seien schier endlos, meint LeVarn, der Dolomitisch als „das aufregendste Design, das ich je gesehen habe“ feiert. Das Architektbüro BlueArch realisierte, dass Dolomitisch auch die Berge anderer Planeten ins Haus bringen kann – und hat einen Mars-Tisch für die Supervilla von Elon Musk im Südtiroler St. Kassian bestellt. Links: der Beistelltisch Top stellt den Monte Civetta dar; unten: Luca Da Ros (links) und Chefdesigner Riccardo Vendramin posieren mit dem Couchtisch Tip, der ein Modell des Mont Blanc zeigt. Gegenüber: die Bank Belvedere, die in den italienischen Alpen aufgenommen wurde. CENTURION-MAGAZINE.COM 37

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