Views
4 years ago

Departures Germany Autumn 2020

  • Text
  • Departures
  • Hotels
  • Schloss
  • Region
  • Alentejo
  • Berlin
  • Schweiz
  • Stadt
  • Welt
  • Uhrzeigersinn

DEPARTURES TRAVEL VOR

DEPARTURES TRAVEL VOR ORT 16 Das Restaurant des Palacio Solecio CHARMANT STATT SPEKTAKULÄR, zurückhaltend anstelle von pompös: Trotzdem schafft es Málaga mittlerweile, die Neugier von Reisenden zu wecken, die ein Erlebnis jenseits der typischen kulturellen und gastronomischen Angebote der Iberischen Halbinsel suchen. Es ist wahrscheinlich ihrer Bescheidenheit geschuldet, dass die Stadt jahrzehntelang kaum Kapital aus ihrem berühmtesten Sohn geschlagen hat – dem alles überstrahlenden Pablo Picasso. Doch in jüngerer Zeit hat die Stadt signifikant in ihre Kulturszene investiert – mit Picasso als Herzstück – und der Ort, der einst lediglich als Tor zu den Badeorten der Costa del Sol fungierte, hat sich nun selbst zur verlockenden Destination gewandelt. Über Jahre hinweg war die Auswahl an Unterkünften nur mittelprächtig, doch das änderte sich mit dem wunderschönen Palacio Solecio (palaciosolecio.com). In dem Palast aus dem 18. Jahrhundert wurde bei der Restaurierung ein Großteil der Substanz erhalten, doch die 68 geräumigen Zimmer, in denen sich neueste Einrichtungsgegenstände und antike Kuriositäten mischen, durchweht der Hauch der Moderne. Das Boutiquehotel wirkt weltläufig – passend zu einem Palast, der einst einem Genueser Unternehmer gehörte. Das herausragende Restaurant ist ein echtes Juwel in Málaga unter der Führung von José Carlos García, der zugleich ein Sternerestaurant im Stadthafen betreibt. Im Balausta verwöhnt er die Gäste des Palacio Solecio mit avantgardistischer andalusischer Küche. Meeresfrüchte bilden den Schwerpunkt, doch er nutzt für seine kreativen Speisen auch die Vielfalt der lokalen Festland-Produkte – das marinierte iberische Schwein sucht seinesgleichen! All das serviert er in einem luftigen Speiseraum mit Der farbenfrohe Glaskubus des Centre Pompidou Málaga von Daniel Buren Schachbrett-Bodenfliesen, herrlich illuminiert durch eine Glaskuppel. Das Solecio liegt zentral an der gepflasterten Fußgängerzone Calle Granada, gleich neben der prächtigen Iglesia de Santiago. Die kunstvollen Bilder der Kirche überstrahlen sogar die der nahe gelegenen Kathedrale und zementieren ihren Ruf als glanzvollste religiöse Stätte von Málaga. Dennoch kennt man sie vor allem aus einem anderen Grund: Picasso wurde hier getauft. Der große Künstler ist allgegenwärtig in den Straßen des Viertels. Wenige Schritte entfernt – die ganze Stadt lässt sich problemlos zu Fuß erkunden – liegt die Plaza de la Merced, an der er 1881 geboren wurde. In seiner Geburtsstätte, dem Eckhaus mit der Nummer 15, ist heute die Pablo Ruiz Picasso Foundation untergebracht. Stiche, illustrierte Bücher, Skizzen und Lithografien – außerdem die Werke anderer Künstler – bilden den faszinierenden Hintergrund zu Picassos Lebensgeschichte und den perfekten Einstieg für das Highlight: das Museo Picasso (museopicassomalaga.org), nur zehn Gehminuten entfernt. Es ist im 500 Jahre alten Architekturjuwel Palacio de Buenavista untergebracht, in dem maurische und Renaissance- Einflüsse verschmelzen. Die hellen, VON OBEN: © PALACIO SELECIO, FRANK HEUER/LAIF

VON OBEN: © MUSEO PICASSO MÁLAGA, ALAMY luftigen Räume zeigen eine Dauerausstellung mit Picassos Werken, von den frühen Jahren um 1890 bis 1972, dem Jahr vor seinem Tod. Nach einer Ausstellungstour kehrten die Werke für die Wiedereröffnung nach dem Lockdown zurück und sind nun in neuer Anordnung zu sehen, ergänzt von bislang noch nie in Málaga gezeigten Arbeiten. Kleine Gruppen thematisch ähnlicher Bilder und Skulpturen sind nun gemeinsam zu genießen (Porträts, Stillleben, Anatomie). Das Museum beleuchtet zudem in Begleitausstellungen Picassos Einfluss auf die Kunstwelt, vor allem auch weibliche Künstlerinnen wie die Schweizer Surrealistin Meret Oppenheim. Vom 20. Oktober 2020 bis 7. Februar 2021 zeigt die erste spanische Retrospektive seit 30 Jahren ihre Arbeiten. Das Museo Carmen Thyssen Málaga sowie das Russische Museum dürfen auf dem Reiseplan von Kulturliebhabern nicht fehlen. Und das Centre Pompidou Málaga (centrepompidou-malaga.eu) werden auch weniger Kunstbegeisterte zu schätzen wissen. Es liegt im Hafenviertel, wo sich schicke Boutiquen mit lässigen Restaurants und Bars abwechseln, und war der erste Ableger des legendären Pariser Kulturzentrums außerhalb Frankreichs. Den schlicht-weißen Bau Von der Alcazaba-Festung im Herzen der Stadt blickt man auf die Überreste des römischen Amphiteaters Die Crommelynck- Druckpresse, zu sehen im Museo Picasso Málaga, wurde in Paris von dem Künstler benutzt krönt ein Glaskubus des französischen Konzeptkünstlers Daniel Buren. Unter dem gallischen Dach verströmen die unterirdischen Galerien derzeit deutlich iberische Vibes mit der Ausstellung From Miró to Barceló: A Century of Spanish Art. Sie zeigt Werke einiger der einflussreichsten spanischen Künstler des 20. Jahrhunderts (bis November 2021). Als Stadt für alle Sinne kommt Málagas Genussszene in den überall verstreuten Lokalen in Fahrt. Das herausragende La Cosmopolita (+34 952 21 58 27) verströmt rustikales Ambiente in der Innenstadt – die Hausspezialität ist Knochenmark mit Garnelentartar –, wohingegen die Bodega El Pimpi (elpimpi. com) im Schatten der maurischen Festung Alcazaba als Treffpunkt abseits des Mainstreams die Szenegänger anlockt. Herrliche Interpretationen der Küche Málagas finden sich auf dem Atarazanas-Markt mit seinen majestätischen Eingangsbögen. Hier erwarten den Besucher intensive Bilder, Klänge und Gerüche. Neben dem Markttreiben zwischen den Fisch-, Gemüse- und Fruchtständen erlauben es die neuen Bars und Tapas-Restaurants im Randbereich den Besuchern, sich hinzusetzen und die bunte Szenerie zu beobachten. Die Bühne ist ein Kernelement der kulturellen Wiedergeburt der Stadt. Die Schlüsselrolle übernimmt dabei mit Antonio Banderas ein weiterer berühmter Sohn Málagas. Im letzten November eröffnete der Hollywoodstar das Teatro del Soho Caixabank. Er begeisterte in der Hauptrolle der Originalproduktion von A Chorus Line und ist zudem am nebenan gelegenen Tercer Acto (terceracto gastro.com) beteiligt, einem japanisch- mediterranen Fusion-Restaurant mit herrlich theatralischem Interieur, fantastischem Sushi und einer feinen Auswahl an Cocktails. Passend zu dieser unprätentiösen Stadt hält sich Banderas hier komplett im Hintergrund und ermuntert die Gäste, sich ganz dem Ort hinzugeben. Das funktioniert als perfekte Parabel für Málaga selbst, dessen 320 Sonnentage im Jahr einen Besuch zu jeder Jahreszeit möglich machen. 17 DEPARTURES

DEPARTURES