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Departures Germany Summer 2020

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Im Uhrzeigersinn von

Im Uhrzeigersinn von oben: Colefax and Fowler Esta, Leinen in Rot/Forest, cowtan.com; Lee Jofa Taplow aus der Manor House Collection, Leinen in Spice/Leaf, leejofa.com; gegenüber, im Uhrzeigersinn von links: Morris & Co. Fruit Velvet aus der Rouen Velvets Collection in Indigo/Schiefer, stylelibrary.com; Hermès Semmering, Baumwolle in Glacier, homefabricshermes. dedar.com; Morris & Co. Fruit Velvet aus der Rouen Velvets Collection in Madder/Bayleaf, stylelibrary.com 42

VORHANG AUF! Die Künstlerin TINA LECHNER erschafft aus Möbelstoffen ein Kostümdrama der besonderen Art. Produktion DAN RUBINSTEIN Redakteurin MELISSA FELDMAN Irgendwo im Zentrum von Wien arbeitet die Künstlerin Tina Lechner bis spät in die Nacht. In ihrer spärlich dekorierten Wohnung fertigt die Fotografin aus Materialien wie Pappe und Kunstleder fantastische Kostüme, die auf kaum mehr als einer Handskizze und ihrer ungezügelten Fantasie beruhen. Einige ihrer Schöpfungen ähneln den Kostümen von Oskar Schlemmer aus den 1920ern. Andere wiederum muten wie unförmige Kleckse an. Am Morgen stülpt sie ihre Werke einem Model über oder hängt sie leblos an die Wand, um sie mit natürlichem Licht, ausschließlich analog und immer in Schwarz-Weiß, abzulichten. In Lechners eindringlichen Bildern ist das Gesicht der Frau selten zu sehen. Oftmals ist nur eine Hand, ein Fuß oder ein Nacken zu sehen. „Was der Betrachter sieht, ist ein Ausschnitt aus einem größeren Prozess. Was bleibt, ist eine Dokumentation des perfekten Moments: das Zusammenspiel von Mensch, Kostüm und Licht“, erläutert die 38-jährige Künstlerin, die Teil einer aufkommenden Welle von Fotografen ist, die digitale Bilder explizit meidet. „Mir bereitet es Freude und ich finde es aufregend, nur diese Auszüge zu zeigen.“ Für diese Auftragsarbeit hauchte sie ihren Werken Farbe ein und entdeckte neue Einrichtungsstoffe. Diese stellt sie in einer Serie zur Schau, die von einer imaginären Theaterinszenierung inspiriert wurde. „Auf einem Bild sieht man eine Bühne mit einem Theatervorhang“, berichtet Lechner, die von der Wiener Galerie Hubert Winter vertreten wird. „Ein anderes zeigt ein auf dem Boden liegendes Kostüm, das wie eine zweite Haut wirkt und scheinbar gerade erst abgeworfen wurde.“ Die Models betrachtet sie als eine Erweiterung ihrer selbst. „Der Körper ist ein Tempel, ein Schlachtfeld, eine zeitliche Hülle – etwas, das man gleichzeitig zeigen und verstecken kann. Meine Objekte sind Schilde, Panzer und Prothesen. Sie sind schön und können sich gleichzeitig zu einem wuchernden Geschwür entwickeln.“ 43 DEPARTURES

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