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Departures Germany Winter 2022

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DEPARTURES CULTURE

DEPARTURES CULTURE KUNSTRÄUME 48 Oben: Tina Keng, in deren gleichnamiger Galerie kürzlich die Einzelausstellung Order in Chaos von Malerin Jenny Chen zu sehen war (unten) chinesischen Festland. Einige Taiwaner sind am oberen Ende des Marktes aktiv, mit einer Akquisitionskraft von über 100 Millionen US-Dollar, und im Gegensatz zu den meisten ihrer asiatischen Kollegen, die dazu neigen, sich an die Künstler zu halten, die sie kennen, sind taiwanische Sammler neugierig, aufgeschlossen und bereit, sich auf Neues einzulassen. Es war diese gebildete und zahlungskräftige Sammlerschaft, die dazu beigetragen hat, dass im Jahr 2019 die Taipei Dangdai, eine internationale Messe für zeitgenössische Kunst, ins Leben gerufen wurde. „Es gibt hier eine wirklich großartige Kultur der Wertschätzung, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde“, sagt der Co-Direktor der Messe, Robin Peckham. Er erklärt, dass der seit Langem etablierte Kunstmarkt durch die zweite und sogar dritte Generation junger Sammler, die auf der Suche nach Kunst aus aller Welt sind und gleichzeitig einheimische Talente fördern, neu belebt worden ist. Peckham glaubt, dass die Messe nicht nur die wichtigsten zeitgenössischen Künstler, die von den weltweit führenden Galerien vertreten werden, in Taiwan vorstellen kann, sondern auch lokale Künstler ins Scheinwerferlicht rücken kann, die es verdienen, weltweit bekannt zu werden. Trotz der Präsenz führender Galerien wie David Zwirner und Esther Schipper, haben die strengen Quarantänevorschriften die Messe auch in diesem Jahr beeinträchtigt, weshalb die Besucherzahlen nicht besonders hoch waren. Die Eslite Gallery war einer der einheimischen Akteure auf der Messe. Sie wurde 1989 gegründet und zeigte als eine der ersten Galerien die Werke der international bekannten Künstler Cai Guo-Qiang und Liu Xiaodong. Emily Chao, die Leiterin der Galerie, ist zwar der Meinung, dass Taipei Dangdai einen Zustrom wertvoller internationaler Kunst nach Taiwan bewirkt hat, doch sie betont auch, dass es für eine taiwanische Galerie viel wichtiger ist, sich eine eigene Identität zu schaffen, als nach internationaler Anerkennung zu streben. Anfang August, als viele westliche Galerien wegen der Sommerpause geschlossen waren, eröffnete Eslite eine Manga- und Anime- Ausstellung mit Interpretationen von jungen taiwanischen und japanischen Künstlern. Die Ausstellung widmet sich nicht nur der asiatischen Faszination für Anime, sondern zeigt auch das Bestreben der Galerie, sich der jüngeren Generation gegenüber zu öffnen. Eslite hat sich mit Blick auf eine mögliche Erweiterung des Konzepts in den kommenden Jahren sogar den Titel der Ausstellung, Animamix, markenrechtlich schützen lassen. Ein paar Kilometer weiter nördlich hat Tina Keng, eine weitere etablierte Galeristin, eine Einzelausstellung der in New York lebenden taiwanischen Künstlerin Jenny Chen eröffnet. Keng ist sehr stolz auf Taiwans Stellung auf dem internationalen Kunstmarkt. Sie konzentriert sich auf weltweit bekannte chinesische Meister wie Sanyu und Zao Wou-ki und fördert gleichzeitig einheimische Talente wie Su Menghong und Wu Tianzhang. „Obwohl die Auktionen in Hongkong stattfanden“, sagt sie über die jüngsten Events, „wurden über 50 Prozent der Werke von Taiwanern gekauft.“ Wie die meisten Galeristen räumen auch Keng und Zhao ein, dass der Einstieg Taiwans in den harten Wettbewerb des internationalen Kunstmarktes trotz der Stärke seiner Künstler und Sammler anfangs etwas zögerlich VON OBEN: © TINA KENG GALLERY, ANPIS WANG

© ESLITE GALLERY (2) „Es gibt hier eine wirklich großartige Kultur der Wertschätzung, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde.“ – ROBIN PECKHAM verlief. Angesichts dieser Tatsache wandten sich einige bekannte Persönlichkeiten aus der lokalen Kunstwelt an die taiwanische Regierung, die schließlich die Steuer auf Kunstwerke im April 2021 von sechs auf 1,2 Prozent senkte. Dies ist zwar immer noch deutlich mehr als die 0,5 Prozent in Hongkong, dürfte aber dennoch einen großen Beitrag dazu leisten, Galerien und Sammler zu ermutigen, sich auf der Insel zu engagieren. Nicht nur der Kunstmarkt floriert hier, auch die Kulturszene insgesamt boomt. Nur wenige Tage nach Pelosis Besuch eröffnete Taipehs Bürgermeister Ko Wen-je feierlich das mit Spannung erwartete TPAC, das Taipei Performing Arts Center, das von Pritzker-Preisträger Rem Koolhaas gemeinsam mit David Gianotten entworfen wurde. Koolhaas ließ sich für das Design von seinen kulinarischen Eindrücken auf dem Shilin Night Market inspirieren, einer nahe gelegenen internationalen Food- Destination. Das TPAC ist ein faszinierendes, futuristisch anmutendes Gebäude mit drei geometrisch geformten Veranstaltungsbereichen, die über den öffentlichen Raum hinausragen und es dem Zentrum ermöglichen, sich in das pulsierende Straßenleben von Shilin einzufügen. Am Eröffnungstag präsentierte das TPAC eine Weltpremiere, die von dem taiwanischen Komponisten Nan-Chang Chien komponiert und von der Taipei Symphony aufgeführt wurde, sowie eine Theaterinszenierung der Geschichte des chinesischen buddhistischen Mönchs Xuanzang aus dem siebten Jahrhundert durch den Filmregisseur Tsai Ming-liang, Gewinner des Goldenen Löwen in Venedig. Außerdem führte ein Tanzmusical mit Walzer, Tango und Boogie durch Taiwans Vergangenheit und Gegenwart, einschließlich der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Jahr 2019. Es war ein rauschendes Fest, bei dem Austin Wang, der CEO des TPAC, klare Worte fand: „Taipeh ist die offenste und liberalste Metropole im chinesischen Sprachraum, in der Künstler ohne Angst vor Zensur ihrer Arbeit nachgehen können.“ Er dankte Pelosi für die unerwartete internationale Aufmerksamkeit zu einer Zeit, in Links: Die Ausstellung Animamix Flux fand in diesem Sommer in Emily Chaos (unten) Eslite Gallery statt der die strengen Quarantänevorschriften internationale Journalisten immer noch weitgehend davon abhalten, auf die Insel zu kommen. Das TPAC ist Teil einer größeren Organisation, zu der auch das von Toyo Ito entworfene NPAC in Taichung und das von Francine Houben entworfene Kunst- und Kulturzentrum Weiwuying in Kaohsiung im Süden Taiwans gehören. Auch wenn sie alle ihre eigenen architektonischen Elemente und inhaltlichen Konzepte haben, so verfolgen sie doch alle das gleiche Ziel: eine globale Reichweite. Sie laden nicht nur führende Künstler nach Taiwan ein, sondern engagieren auch bewusst einheimische Talente, um gemeinsam mit internationalen Partnern Projekte zu realisieren. Im Vergleich zu anderen chinesischsprachigen Regionen, in denen die kulturelle Zusammenarbeit durch die Pandemie oder politische Restriktionen erschwert wurde, zahlt sich die offene Politik Taiwans auf internationaler Ebene bereits aus: In den kommenden Jahren sind internationale Koproduktionen sowohl in Taiwan als auch im Ausland geplant. Es ist eine spannende Zeit für Taiwan, das in einer der interessantesten Regionen der Welt liegt. Es wäre nicht verwunderlich, wenn es sich in einigen Jahren zu einer der wichtigsten Kunstmetropolen Asiens und zu einer festen Größe in der internationalen Kulturszene entwickeln würde. 49 DEPARTURES

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