technik den Bau der Kindertagesstätte zur Verfügung stehende Grundstück mit einer kleinen Kapelle an die Stadt Marburg verkauft. Das leicht abschüssige Baufeld liegt an der Cappeler Straße westlich der Kapelle an einer auffälligen Lichtung im Park. Diese Lichtung lässt es zu, dass die Gebäudehüllflächen nicht verschattet werden und dadurch in hohem Maße zur Energieerzeugung aus Fotovoltaik herangezogen werden können. Pavillon im Park Der Ortsbezug, die Nutzung als Kindertagesstätte und der Plusenergiestandard sind die drei wesentlichen Entwurfsparameter. Der Ortsbezug ist besonders wichtig, da der bestehende Parkcharakter unbedingt erhalten werden sollte. Die Lage im Park mit der vorhandenen Topographie, der Bezug zur historischen Bebauung und insbesondere die Nachbarschaft zur Kapelle sind ausschlaggebende Faktoren für das Konzept. Gleichzeitig sollte ein freundlicher Ort entstehen, der Kindern und Erwachsenen eine anregende, lebensfrohe Umgebung bietet und seine Funktion als Kindertagesstätte angemessen erfüllt. Last but not least sollte ein Haus mit innovativer Gebäudetechnik entstehen, das mehr Energie erzeugt als es selbst verbraucht. Im Sinne eines Pavillons im Park bezieht sich der Entwurf in erster Linie auf die Landschaft und tritt daher nicht in Konkurrenz zum historischen Gebäudebestand. Gleichwohl ordnet sich der rechteckige, zweigeschossige Baukörper in das Blick von der Hangseite auf den ebenerdigen Eingangsbereich und den Lichthof zur Tageslichtnutzung der Küche und zugehörigen Sozialräume. vorhandene orthogonale städtebauliche System ein. Seine Positionierung erhält einerseits den größten Teil der charakteristischen Lichtung und andererseits genügend Abstand zur denkmalgeschützten Kapelle. Er tritt darüber hinaus deutlich hinter deren Vorderkante zurück. Faltwerk in Holzbauweise Das Grundstück steigt von der Wiese bis zur Kapelle um zirka drei Meter an. In diesen Hang wurde der Baukörper „hineingeschoben“, so dass er von der Kapelle aus betrachtet nur eingeschossig in Erscheinung tritt und den Kindern in beiden Geschossen einen direkten und stufenlosen Zugang in den Freiraum ermöglicht. Im Erdgeschoss orientieren sich die Gruppen nach Westen zur Wiese und im Obergeschoss nach Osten zur Kapelle. Um den Plusenergiestandard zu erreichen, wurden die Dachflächen und die südwestliche Fassade im Obergeschoss aktiv für Fotovoltaik herangezogen. Diese Bauteile wurden, im Gegensatz zum Erdgeschoss, als Faltwerk in leichter Holzbauweise ausgeführt. Dadurch entstand sowohl ein differenziertes Erscheinungsbild mit Assoziationen an beispielsweise Strand- oder Gartenhäuschen, als auch eine differenzierte Innenraumgestaltung und –wahrnehmung mit starken Identifikationsmöglichkeiten: während die Kinder im EG die große Wiese vor sich haben, bietet im OG die Dachlandschaft zusätzliche räumliche Qualitäten. Durch die Faltung wird darüber hinaus die Ausrichtung der Solarmodule optimiert und die solaraktive Oberfläche vergrößert. Die zweigeschossige Bauweise ergibt darüber hinaus einen kompakten Baukörper und eine höher liegende, und somit weniger verschattete Dachfläche. Trotz der besonderen und eigenständigen Erscheinung bilden die geneigten Dachflächen auch ein Bindeglied zu den Bestandsbauten. 10 fassadentechnik 4/2017 Dream-Team: Studierende der Technischen Universität München und der University of Texas at Austin präsentieren ein Modell ihres Solarhauses Nexus. Bilder: Eibe Sönnecken Blick auf die perfekt genutzte Hanglage der Kindertagesstätte (oben) und die transparente Seite der Fotovoltaikfassade (rechts).
Module als gestaltbildender Bestandteil der Hülle Die Solarmodule werden nicht additiv, sondern als integraler und gestaltbildender Bestandteil der Gebäudehülle verwendet. Die innenräumliche Gestaltung orientiert sich wie das Gesamtkonzept des Gebäudes an der vor-Ort-Situation, die geprägt ist von der Lage im Park, der umliegenden Landschaft und der grünen Natur. Die Räume und Möbel im Inneren wurden in Anlehnung an die grüne, dicht mit Bäumen besiedelte Umgebung aus Fichte-Dreischichtplatten gefertigt und mit einer Farbpalette aus unterschiedlichen Grüntönen belegt. Umschlossen vom Grün im Außenbereich und gefasst vom Holz und den Grüntönen im Inneren verschwimmen die Grenzen von innen nach außen und der Park wird buchstäblich in das Gebäude hinein gezogen. Die ebenerdige Zugänglichkeit in beiden Geschossen unterstützt dieses Konzept zusätzlich. Erschließung und Nutzung Der Haupteingang befindet sich an der Südseite im Erdgeschoss auf dem Niveau der anliegenden Straße. Die Neben- und Technikräume sind im östlichen unbelichteten Hangbereich angeordnet. Die Küche und die zugehörigen Sozialräume erhalten über einen eingeschnittenen Lichthof ein hohes Maß an natürlicher Belichtung. Der Gemeinschaftsraum, die Verwaltung und die beiden Gruppen öffnen sich großzügig verglast nach Süden und Westen. Die etwa mittig im Baukörper angeordnete gerade Treppe verbindet die beiden Erschließungs- und Spielflure, die im Erd- und Obergeschoss jeweils wechselseitig den Gruppen- und sonstigen Nutzungsbereichen zugeordnet sind. Am Treppenhaus befindet sich ein Nebeneingang, der auch zur Kapelle führt. Diese wird noch denkmalgerecht saniert und zu einem multifunktionalen Dachaufbau: Element 1, PV-Elemente: + PV-Module (Ertex Solar) auf UK geschraubt + Dachabdichtungsbahn + 80x80mm UK + Bitumenbahn + 21mm Schalung + 360mm Sparren 12/36 ausgeflockt mit Isofloc + 0,2mm Klimamembran + 18mm OSB-Platte + Akustikpaneele Wandaufbau: + PV-Module (Ertex Solar) auf UK-Schienen geschraubt + UK-Schienen (Schletter) an Holzwand geschraubt + Abdichtungsbahn + 15mm OSB-Platte + 320mm Ständerwerk + 320mm Wärmedämmung WLG 040 + 0,2mm Dampfbremsfolie Owolen DB-PE + 15mm OSB-Platte Decke über EG / Boden + Akustikpaneele Markise Bild: Eibe Sönnecken Bild: Opus Architekten fassadentechnik 3/2017 11
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