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Fassadentechnik 05_17

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technik Bild: Eibe

technik Bild: Eibe Sönnecken Raum umgenutzt. Während für die Obergeschossgruppen 3 bis 5 ein Abstellraum für Außenspielgeräte im hinteren Teil der Kapelle eingerichtet wurde, erhielten die Gartengeschossgruppen 1 und 2 ein kleines separates Gartenhaus im Westen der Freiflächen. Energiekonzept (in Zusammenarbeit mit ee concept) Das Ziel eines prototypischen, hocheffizienten Baus war von Anbeginn der Planung relevant – im Planungsverlauf konkretisierte sich diese Vorstellung soweit, dass der eigentlich für Wohngebäude entwickelte Standard des Effizienzhaus Plus nach der Definition des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) für die Kindertagesstätte adaptiert wurde. Der Standard berücksichtigt neben den Energiebedarfen für den Gebäudebetrieb nach DIN 18599 (Heizen, Kühlen, Lüften, Warmwasser, Beleuchtung) auch den Energiebedarf der Nutzung und strebt eine positive Energiebilanz sowohl für End- als auch Primärenergie des Gebäudes über das Jahr an. Um einen solch hohen energetischen Standard erreichen zu können, mussten im Entwurf zunächst die Energiebedarfe gesenkt werden. Dafür wurde schon im Entwurf auf einen kompakten Baukörper und eine optimierte Orientierung der transparenten Flächen geachtet. Für die Qualität der Gebäudehülle waren ein hoher Wärmeschutz (Bauteile fast in Passivhausqualität), ein reduzierter Einfluss von Wärmebrücken (nach Vorgaben der DIN 4108-2 Beiblatt 2) und eine hohe Luftdichtheit (nach Vorgaben der DIN 4108-7) mit einem Wert von n50 ≤ 1,0 /h angestrebt. Durch den Einsatz von Bauteilen nahe einer Passivhausgeeigneten Qualität (U-Werte: Fassade-Regelbauteil UG 0,135 W/m 2 K; Fassade-Regelbauteil OG sowie Dach 0,15 W/ m2K; Fenster-Regelbauteil 0,82 W/m 2 K; Boden-Regelbauteil 0,116 W/m 2 K) konnte der Energieverlust durch Transmission begrenzt werden. Der für Wände und den Fußboden gegen Erdreich eingesetzte Schaumglasschotter bietet darüber hinaus hohe Dauerhaftigkeit und Wärmebrückenfreiheit in diesen Bereichen. Der Baustoff besteht dabei zu 100 Prozent aus Recyclingmaterial. Der mittlere auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogene Transmissionswärmeverlust unterschreitet den Wert des Referenzgebäudes um 43 Prozent. Für die Validierung der Bauausführung und Reduzierung der Lüftungswärmeverluste im Projekt wurde eine Blower-Door-Messung durchgeführt, deren Messergebnis von 0,69 /h ebenso hohe Qualität ausweist. Konstruktives Energiekonzept Die schon stark reduzierten Energiebedarfe im Gebäude werden über eine für das hohe energetische Ziel eher einfache Gebäudetechnik bereitgestellt, die eine hohe Behaglichkeit ermöglicht. Die zentrale Lüftung ist mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgestattet und dient die Räume über Weitwurfdüsen an. Die Wärmeübergabe erfolgt über eine Fußbodenheizung – beim Spielen auf dem Boden ist auch bei kleinen Kindern keine erhöhte Auskühlung zu befürchten. Insgesamt wurde in Entwurf und Planung auf erhöhte Kindgerechtigkeit und selbstverständlichen Umgang für den Nutzer geachtet. So weist die Gebäudehülle über allen Gruppenräumen Auskragungen auf. Der Baukörper verschattet sich hier selbst und reduziert so trotz der geringen Transmissionswärmeverlust die Gefahr eine schnelle Überhitzung. Wichtiger jedoch ist, dass der außenliegende Sonnenschutz daher weniger oft genutzt und möglichst lange für die Kinder ein Außenraumbezug hergestellt werden kann. Im Bereich der sich nach Westen öffnenden Gruppenräume wurde der Sonnenschutz ferner von der Fassade abgerückt. Im Verschattungsfall ergibt sich dann für die Kinder ein sonnengeschützter Spielbereich zwischen Fassade und Verschattung. Um in der Übergangszeit und im Sommer die Lüftungsanlage nicht betreiben zu müssen, wurden in der Fassade Lüftungsklappen integriert. Positive Primär- und Endenergiebilanz Sie sind ferner für die Kühlung mit kalter Nachtluft über eine Nachluftspülung geeignet. Zwei Luft-Wasser Wärmepumpen erzeugen die für den Gebäudebetrieb notwendige Energie. Eine als Splitgerät ausgeführte Anlage mit 25 kW Leistung liefert die Heizwärme auf einem Temperaturniveau von 35 °C. Der äußere Teil der Anlage steht dabei zusammen mit der Zuluftansaugung nördlich des Gebäudes. Ein weiteres Kompaktgerät liefert Warmwasser auf einem Temperaturniveau von 55 °C. Durch die anlagentechnische Trennung von Warmwasser und Heizung konnte die Effizienz der Anlagentechnik im Vergleich zu einem einzelnen Erzeuger weiter deutlich gesteigert werden. Trotzdem verbleibt für das Gebäude ein Endenergiebedarf von über 25.000 kWh Strom pro Jahr. Zur Deckung dieses Strombedarfes wurde eine in die Architektursprache integrierte PV-Anlage verbaut. Die hinter- 12 fassadentechnik 5/2017

Auch dreieckige Fotovoltaikmodule wurden in der flächenbündigen Fassade verbaut. Die Autoren lüftete Anlage der Firma Ertex Solar ist an drei Wechselrichter gekoppelt und hat eine Gesamtmodulleistung von 52,22 kWpeak. Der Ertrag der PV-Anlage in Marburg liegt berechnet im Mittel bei 40.690 kWh/a. Das entspricht fast dem Strombedarf von 13 statistischen Musterhaushalten in Deutschland. Der Referenzwert für den Primärenergiebedarf nach EnEV wird mit 27,57 kWh/m 2 a um 83 Prozent unterschritten und dies obwohl in der Anlagentechnik für den Küchenbereich aus hygienischen Gründen eine Lüftungsanlage ohne Wärmerückgewinnung eingesetzt werden musste. Tatsächlich jedoch ergibt sich für das Gebäude nach der Rechenmethode nach Effizienzhaus Plus mit allen Verbrauchern über das Jahr eine positive Primär- und Endenergiebilanz. Das Gebäude führt daher im Betrieb nicht wie fast alle unserer Gebäude zu einer Umweltbelastung sondern ermöglicht eine Umweltentlastung. Es wären auch noch mehr als 15.000 km/a mit einem E-Golf oder einem BMW i3 „drin“. Anke Mensing, Andreas Sedler Opus Architekten, Darmstadt Prof. Anke Mensing (Jahrgang 1963) studierte zunächst Architektur an verschiedenen Hochschulen in den Niederlanden. 1989 erfolgte die Bürogründung Opus Architekten, Darmstadt gemeinsam mit Andreas Sedler. Weitere Stationen: Seit 1998 Mitglied im Bund Deutscher Architekten (BDA), seit 2000 Professur an der Hochschule Darmstadt, Fachbereich Architektur, seit 2009 Mitglied im Förderverein Bundesstiftung Baukultur. Andreas Sedler (Jahrgang 1957) absolvierte zunächst eine Lehre als Betonbauer. Anschließend studierte er Architektur in Kassel und Rom. 1989 gründete er gemeinsam mit Anke Mensing das Büro Opus Architekten in Darmstadt. Weitere Stationen: von 1990 bis 1995 Assistent an der TU Darmstadt, seit 1996 Mitglied im Bund Deutscher Architekten (BDA), seit 2009 Mitglied im Förderverein Bundesstiftung Baukultur. Bilder: Opus Architekten The Sphere Größe liegt im Detail The Sphere Astana, Kasachstan © Nikolay Kazakov Lindner Fassaden / Lindner Steel & Glass zeigen Qualität im Detail, z. B. bei der Erarbeitung von komplexen, statischen Lösungen und deren Umsetzung. Und jedes Mal, wenn Sie ein Bauwerk zum Staunen bringt. www.Lindner-Group.com fassadentechnik 5/2017 13