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Industrieanzeiger 02.2020

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stoff produziert wird.

stoff produziert wird. Nach Ansicht von H2 Mobility wird der Strom aber eher „veredelt“ und in Form von Wasserstoff dann erst durch Auto oder Industrie verbraucht. „Diese Hürde macht jegliche Produktion unwirtschaftlich – sobald man vom Windpark weg einen Meter durchs Kabel muss“, so Iwan. Die einzige Chance sei es, den Elektrolyseur direkt auf dem Gelände eines Großverbrauchers zu bauen, der von den EEG-Abgaben befreit ist. So macht es gerade die Rheinland Raffinerie, wo mit 10 MW der weltgrößte PEM-Elektrolyseur entsteht. Es bestehe laut Iwan aber die realistische Perspektive, dass sich die Regularien in einigen Jahren ändern. Die zweite Hürde für mehr grünen Wasserstoff bezieht sich auf Tankstellen/Elektrolyseur-Kombinationen: Diese müssen nach Auflagen betrieben werden, die für Raffinerien gemacht wurden, was den Betrieb enorm verteuere. Die ersten 100 Tankstellen hat H2 darauf ausgelegt, die Investition in einem erträg - lichen Maß zu halten und den Markt in der Fläche zu bedienen. Hier können drei Fahrtechnik & wissen drei Jahren hatte man erst 20 Tankstellen in Betrieb, die Absatzmenge hat sich seitdem im Schnitt jährlich verdoppelt. „Derzeit kommt der überwiegende Teil des Wasserstoffes aus Erdgasreformierung – noch. Wir wollen aber vollständig grün werden“, sagt Nikolas Iwan, Geschäftsführer bei H2 Mobility. Die Ausweitung der Produktion von grünem Wasserstoff hänge aber zu großen Teilen an zwei regulatorischen Hürden: Strom wird vom Gesetzgeber als „verbraucht“ angesehen und mit allen Steuern und Abgaben belastet, wenn daraus Wasser- zeuge direkt nacheinander tanken, danach puffert die Anlage für 10 bis 15 Minuten. Ab nächstem Jahr baut man nur noch dort weiter, wo es auch entsprechende Nachfrage gibt. „Diese kommt zunehmend auch von Nutzfahrzeugen, die eine Grundlast bilden werden“, erklärt Iwan. Die neuen Tankstellen werden daher so gebaut, dass 16 Fahrzeuge pro Stunde versorgt werden können. Neben dem Straßentransport wird der Wasserstoffantrieb aber auch auf dem Seeweg immer beliebter. Norwegen etwa erlaubt in seinen zum Unesco-Welterbe gehö- Speziell für Europa wurde der Nikola Tre entwickelt. Das US-Start-up will neben der Zugmaschine auch ein Tankstellennetz aufbauen. Bild: Nikola in der Wasserstofffabrik gefüllt werden. 2022 sollen die ersten Testfahrten stattfinden. Auch die Hauyard-Group arbeitet zusammen mit Tankspezialist Linde und PowerCell Sweden an einem Wasserstoffantrieb für große Schiffe. Dieser soll durch Modulbauweise für verschiedene Schiffstypen skalierbar und auch in älteren Modellen nachrüstbar sein. Für eine flächendeckende Lösung gilt es aber noch ein paar Probleme zu lösen: Ohne den starken Ausbau der Erneuerbaren Energien wird auch der Wasserstoff nur einen kurzen Hype reiten, wie Malcolm Langham, externer Berater für Eon in der Projektentwicklung Offshore-Wind kürzlich in einem Vortrag verdeutlichte: „Dafür braucht es mehr als Überschussstrom, sondern große Mengen an verfügbarer erneuerbarer Energie zur Erreichung von Skaleneffekten – folglich: ohne Windstrom kein Wasserstoff.“ Seiner Ansicht nach müssten dafür die Offshore-Ausbauziele erhöht und an Land unter anderem die Genehmigungsprozesse verbessert werden. Der Ball liege nun bei der Politik. Einen ersten Schritt machten Die Brennstoffzelle soll auch auf hoher See breiter eingesetzt werden – von kleinen Fähren bis zu schweren Transportschiffen. Die SX190 wird Offshore-Anlagen errichten und warten. Bild: Ulstein renden Fjorden ab 2026 nur noch emissionsfreie Kreuzfahrtschiffe. Aktuell werden schon kleinere Wasserstoffprojekt realisiert: Die Werft Ulstein baut mit der SX190 ein Schiff, das beim Bau und der Wartung von Offshore-Anlagen eingesetzt wird. Eine 2-MW-Brennstoffzelle ermöglicht vier Tage Betrieb, später sollen es zwei Wochen werden. Der Wasserstoff wird in einfach zu verladenden Containern gespeichert, die direkt Anfang November die fünf Küstenbundesländer, sie beschlossen zusammen die Norddeutsche Wasserstoffstrategie: Bis zum Jahr 2035 soll eine grüne Wirtschaft aufgebaut werden, die alle Abnehmer nahezu vollständig versorgen können soll. Bis 2025 sollen mindestens 500 MW, bis 2030 dann 5 GW Elektrolyseleistung installiert sein. • Tobias Meyer freier Reporter bei Nürnberg 44 Industrieanzeiger 02.20

Die CO 2 -Uhr am Berliner Euref-Campus erinnert daran, wie lange noch knapp 420 Gt CO 2 in die Atmosphäre abgegeben werden können, um das Klimaziel von 1,5° C zu erreichen. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme im September 2019 waren es noch 8 Jahre, 3 Monate, 13 Tage, 13 Stunden und knapp 34 Minuten. Bild: Andreas Schwarz/ Euref Auf dem Euref-Campus in Berlin ist die Zukunft schon Gegenwart Reallabor für die Energiewende Energie | Seit 2014 erfüllt er bereits die CO 2 -Klimaziele: Der Euref-Campus in Berlin beherbergt rund 150 Firmen und Forschungseinrichtungen, die sich mit Energie, Mobilität und Nachhaltigkeit beschäf - tigen. Ein Blick in die Projekte von morgen. Schon beim Eintreffen auf dem Gelände des Euref-Campus (Kurzform für Erneuerbares Energieforum) in Berlin-Schöneberg kommt der Besucher ins Staunen. 74 m hoch reckt sich das Stahlgerüst eines 1913 in Betrieb genommenen Gasometers in den Himmel. Der Niedrigdruck-Gasbehälter wurde 1995 stillgelegt und steht nun unter Denkmalschutz. Zeitweilig diente er sogar als Veranstaltungsraum von Günther Jauchs gleichnamigem Polit-Talk. Jetzt gruppieren sich um sein Stahlgerippe die in ihrer Ansammlung wohl innovativsten Unternehmen, Institutionen und Start-ups Deutschlands. Am Stahlgerüst selbst ist eine große digitale Uhr angebracht, die rückwärts läuft und die Zeit anzeigt, die noch bleibt, um das im Sonderbericht des Weltklimarats vom Oktober 2018 angegebene Klimaziel von 1,5 °C zu erreichen. „Das motiviert mich jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit gehe“, sagt Silke Müller, Ingenieurin für Energieeffizienz in einem kleinen Start-up auf dem Campus. Rund um Uhr und Gasometer ordnen sich unterschiedliche Gebäude an: Vom modernen Sitz des französischen Elektrotechnik-Konzerns Schneider Electric über den historischen Wasserturm – Sitz eines gemüt - lichen Cafés – bis hin zu alten, renovierten Garagen, in die Start-ups eingezogen sind, die an Klima-Innovationen arbeiten. Sogar ein Restaurant mit Sternekoch und ein Hotel haben sich angesiedelt. Und es wird weiter zugezogen: Der Berliner Energieversorger Gasag will seine Firmenzentrale mit rund 700 Mitarbeitenden auf dem Euref-Gelände einrichten. Das sogenannte Effizienzhaus dafür ist schon im Bau. Es zeichnet sich durch besondere Energieeffizienz in Bauweise und Funktion aus. Ende 2020 soll es fertiggestellt sein. „Schon die örtliche Nähe der verschiedenen Firmen, Start-ups und Wissenschaftseinrichtungen auf unserem Campus ist ideal für den guten interdisziplinären Austausch und die Kreativität“, sagt Karin Teichmann vom Vorstand des Euref. Zusätzlich gibt es für alle 3500 Mitarbeiter des Campus auch noch eine App, mit der sich jeder informieren kann, womit der andere sich gerade beschäftigt. Der Euref-Campus als Vorzeigemodell: Hier fahren nur E-Autos Auch in puncto Mobilität wurde die Zukunft auf dem Innovationscampus schon eingeläutet: Hier dürfen prinzipiell nur Elektroautos fahren. Mehr als 150 Lademöglichkeiten stehen dafür auf dem Campus zur Verfügung. Zulieferer, die kein Elektroauto besitzen, müssen außerhalb des Campus auf extra ausgewiesenen Be- und Entladeflächen parken. Von dort aus verteilen sie ihre Lieferungen mit speziell konzipierten Elektrobikes, die sogar ganze Paletten transportieren können. Neben der Elektromobilität wird auch das autonome Fahren getestet und es gibt verschiedene Sharing-Angebote. Die Kernfrage für die Energiewende, die viele Akteure auf dem Campus umtreibt, lautet: Wie kann ein schwankendes Energieangebot aus Wind- und Sonnenkraft an ein flexibles Endnutzerverhalten angepasst werden? Hier sind Technologien gefragt, die an sonnigen Industrieanzeiger 02.20 45

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