Aufrufe
vor 5 Jahren

Automobilkonstruktion 04.2016

  • Text
  • Automobilkonstruktion
  • Konstruktion
  • Fahrer
  • Automobil
  • Fahrzeug
  • Unternehmen
  • Beispielsweise
  • Anforderungen
  • Komponenten
  • Entwickelt

FAHRERASSISTENZ

FAHRERASSISTENZ Schwerpunktthema Den Faktor Mensch nicht außer acht lassen Interaktionskonzept für automatisiertes Fahren Bild: Continental In jeder Phase des automatisierten Fahrens muss die Mensch-Maschine- Schnittstelle neue Aufgaben erfüllen. Die Voraussetzung dafür schafft ein dynamisches Interaktionskonzept von Continental. Der Autor: Jürgen Goroncy, freier Mitarbeiter der AutomobilKonstruktion Mit der Weiterentwicklung heutiger Fahrer - assistenzsysteme zu automatisierten Fahrfunktionen wachsen die Anforderungen an das Fahrzeug: Bekommt der Mensch am Steuer die Freiheit, die Fahraufgabe abzugeben, so wird er die Zeit für andere Dinge nutzen. Natürlich geht es beim automatisierten Fahren in erster Linie darum, die Fahrsicherheit weiter zu steigern und auch die Effizienz des Verkehrsflusses als Ganzes zu verbessern. Aber man sollte den Faktor Mensch nicht außer Acht lassen. Transparenz ist wichtig Der Fahrer gibt seine traditionelle Rolle ab und übernimmt je nach Ausprägung des automatisierten Fahrens entweder eine Rolle als Automatisiertes Fahren benötigt auch ein dynamisches Interaktionskonzept zwischen Mensch und Maschine Überwacher oder behält zumindest die Verantwortung, die Fahraufgabe innerhalb einer gewissen Zeit wieder zu übernehmen. Beide Rollenwechsel gehen mit spezifischen Anforderungen einher, die zwingend im Interaktionskonzept abgebildet werden müssen, um das automatisierte Fahren sicher aus - gestalten zu können. „Grundsätzlich gilt, dass dem Fahrer zu jeder Zeit klar sein muss, welcher Fahrmodus aktiv ist beziehungsweise zur Verfügung steht“, erläutert Dipl.-Psych. Guido Meier-Arendt, leitender Experte Mensch-Maschine-Schnittstelle und Ergonomie innerhalb der Continental 20 AutomobilKonstruktion 4/2016

Division Interior. Der Fahrer muss dabei zu jeder Zeit wissen, welche Verantwortung bei ihm liegt und in welchem Zustand das System ist. Ohne diese Transparenz besteht etwa die Gefahr, dass er dem Fahrzeug Eigenschaften zuschreibt, die es gar nicht hat. Während eines teilautomatisierten Fahr - abschnitts der SAE Stufe 2 (Partial Automa - tion) wird erwartet, dass der Fahrer den Automaten permanent überwacht und jederzeit in der Lage ist einzugreifen. Untersuchungen zeigen jedoch, dass diese Überwachung nur für wenige Minuten gut funktioniert. Diesem Effekt gilt es entgegen zu wirken und den Fahrer mental in der „Regelschleife“ zu halten. Am Ende eines automatisierten Fahr - abschnitts in der SAE Stufe 3 (Conditional Automation) übernimmt der Fahrer die Verantwortung wieder. Da er sich während des hochautomatisierten Fahrens anderen Tätigkeiten zuwenden darf, kann es durchaus sein, dass er in hohem Maße „Out-of-the-Loop“ ist und sich zunächst wieder mit der Fahrsituation und der von ihm erwarteten Tätigkeit vertraut machen muss. Diese Phase ist laut Meier- Arendt potenziell stark beanspruchend und stellt besonders hohe Anforderungen an den Mensch und die Maschine, die ihn unterstützen soll. Zu einem Interaktionskonzept für das autonome Fahren gehört somit, den Aufmerksamkeitsgrad des Fahrers und vor allem seine Blickrichtung zu erfassen, zu bewerten und in der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine zu berücksichtigen. Modus-Bewusstsein schärfen Am Anfang eines automatisierten Fahr - abschnittes steht die Übergabeprozedur. Ihren Auftakt bildet die Information an den Fahrer, dass ein AF-Betrieb möglich ist. Diese Information kann beispielsweise als Sprachausgabe in Verbindung mit einem Signalton und gegebenenfalls visueller Informationsausgabe auf einem Display erfolgen. Zur Aktivierung des AF-Betriebs sieht das Interaktionskonzept ein spezielles Eingabeinstrument vor, das ausschließlich der AF-Kontrolle dient und damit einen eindeutigen Verwendungszweck hat. Jede dort gemachte Eingabe wird wiederum in ihrer Wirkung bestätigt, beispielsweise erneut durch Sprachausgabe und haptische Rückmeldung. Um den Übergang in den AF-Betrieb eindeutig zu kennzeichnen, kann die Darstellungsweise im Kombiinstrument wechseln, aber auch das gesamte Farbschema der Mensch-Maschine-Schnittstelle kann wechseln, um den AF-Betrieb sofort und unmissverständlich intuitiv erfassbar zu machen. Als weitere Funktion gegen die genannten Effekte bei AF-Betrieb gemäß SAE Stufe 2 ist im Interaktionskonzept von Continental eine Manöver- Wunschbeaufschlagung durch den Fahrer während des AF-Betriebs integriert. Im Rahmen dieses kann er Manöver wie Spurwechsel oder Überholvorgang beauftragen und so die Manöverplanung bestimmen. Damit bleibt der Mensch am Steuer mental stärker bei der Sache, da er den Verkehrskontext automatisch bewertet. Während des AF-Betriebs [MG1] in den Stufen 2 bis 4 kann sich das Informationsbedürfnis des Nutzers häufig auf einige zentrale Fakten Bild 2: Die Anzeige- und Informationstechnik für das automatisierte Fahren besteht aus vielen unterschiedlichen Komponenten reduzieren, beispielsweise auf das Wissen, wie lange der AF-Betrieb noch zur Verfügung steht. Weitere Informationen – etwa über erkannte Objekte im Fahrzeugumfeld – werden dagegen eher dann interessant, wenn der Zeitpunkt der Rückdelegation naht. Daher verfügt das Interaktionskonzept über eine Möglichkeit, mit der der Fahrer den Detaillierungsgrad der im Kombinationsinstrument angezeigten Informationen wählen kann. Im Sinne eines „Drill-Down“ kann er Details über das direkte Fahrumfeld abrufen. Rückdelegation und Eskalationsstrategie Eine Herausforderung ist die Rückdelegation der Fahraufgabe. Die Übergabeprozedur basiert auf einer dynamischen Strategie. Daten einer Innenraumkamera bilden eine Grundla- ge dafür, den Fahrerzustand etwa nach einem Ampelsystem zu klassifizieren. Je nach Fahrerzustand wird die Übergabeprozedur modifiziert. So kann sie nicht nur früher gestartet werden sondern es kommen je nach Ablenkungsgrad des Fahrers zusätzliche Elemente des Interaktionskonzeptes zum Einsatz. Dazu gehört der akustische Kanal, der haptische Kanal (Sitzvibration) aber auch das LED- Leuchtband als wirkungsvolles Mittel, um entweder die Augen des Fahrers mittels Lauflichteffekten zu lenken oder den Fahrer durch Blinken oder Farbänderungen auf eine Anforderung an ihn aufmerksam zu machen. Continental AG, Hannover, www.continental-automotive.de Dieser Fachartikel beruht auf einem Vortrag, den Guido Meier-Arendt auf der VDI-Veran - staltung ELIV-Marketplace – E/E im PKW am 19. und 20. Oktober 2016 Baden-Baden vor fast 400 Zuhörern aus der automobilen Fachwelt gehalten hat. Der ELIV-Marketplace gab zum dritten Mal einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Pkw, Nutzfahrzeuge und mobile Arbeits maschinen. Die Pkw-Veranstaltung fokussierte das Trendthema „Vernetztes und automatisiertes Fahren“. Bild: Continental 4/2016 AutomobilKonstruktion 21

KEM Konstruktion