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KEM Konstruktion 01-02.2018

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Trendthemen: Wälz- und Gleitlager, Entwurfstools, Künstliche Intelligenz; Messe Metav 2018; KEM Porträt: Dr. Barbara Frei, CEO bei Schneider Electric; KEM Perspektiven: Gleit- oder Wälzlager? Welcher Lagertyp passt wo?

TRENDS PERSPEKTIVEN

TRENDS PERSPEKTIVEN Expertendiskussion Teil 1: Welcher Lagertyp passt wo Gleiten oder wälzen? Gleitlager können teilweise die Aufgaben von einfachen Wälzlagern übernehmen. Wir haben uns mit Experten zusammengesetzt und nachgefragt, wie flexibel der Konstrukteur heute schon ist und ob der 3D-Druck auch in dieser stark präzisionsorientierten Branche schon ein Thema ist. Interview: Tobias Meyer, freier Mitarbeiter der KEM Konstruktion Wälzlager sind noch immer präziser, aber die Gleitlager holen auf KEM Konstruktion: Kunststoffgleitlager werden immer leistungsfähiger. Hat der Konstrukteur dadurch heute die Freiheit, Gleit- und/oder Wälzlager einsetzen zu können? René Achnitz (Igus): Das hängt natürlich immer von den Anforderungen der jeweiligen Anwendung ab. Generell kann man aber sicherlich sagen, dass Gleitlager durch ihren einfachen Aufbau häufig wartungsärmer als Wälzlager sind, Geräusche, Vibrationen und Kantenbelastungen reduzieren und eine Raumeinsparung mit sich bringen. Aber auch bei den Gleitlagern gibt es natürlich Unterschiede. Im Gegensatz zu metallischen Gleitlagern sind zum Beispiel unsere Polymer-Lager aus Iglidur schmiermittel- und wartungsfrei, besonders leicht und korrosionsfrei und helfen dabei, bis zu 40 Prozent an Kosten zu sparen. David Haider (NKE): Prinzipiell wird das Einsatzspektrum sowohl von Wälzlagern als auch von Gleitlagern immer breiter und die Überschneidung damit größer. Trotzdem gibt es Unterschiede bezüglich Ersatzteilangebot (Standardisierung), Reibmoment, Geräuschentwicklung, Ermüdung und optimalen Einsatzbedingungen. Je nach entsprechenden Prioritäten der entsprechenden Kriterien ist relativ eindeutig ein Wälz- oder ein Gleitlager vorzuziehen. Die Prioritäten und Gewichtung dieser ist allerdings immer in der Designphase möglichst gewissenhaft durchzuführen. Dietmar Rudy (Schaeffler): Vor der Erfindung des Wälzlagers musste der Konstrukteur mit Gleitlagern zurechtkommen. Die Gleitlager wurden in vielen Fällen durch Wälzlager ersetzt, insbesondere begründet durch die Reibung und die definierte Ermüdungstheorie von Lundgren/ Palmgren, was Wälzlager zu einem berechenbaren Maschinenelement macht. Die tiefgreifende Standardisierung von Werkstoffen und deren Leistungsgrenzen machen Wälzlager zu einem Verkaufsschlager, denn der Konstrukteur arbeitet mit einem kalkulierbaren Risiko ohne viel Aufwand – durch die hinreichenden Versuche und Spezifikationen der Wälzlagerindustrie. Gleitlager hingegen gerieten mehr und mehr in Vergessenheit und auch der Konstrukteur hat nicht das tiefgreifende Wissen, um das vielfältige Potential der Gleitlager nutzen zu können, da Standardisierung, Entwicklung und Stellenwert im Markt stark ins Hintertreffen geraten sind. Die Kunst eines Konstrukteurs ist es, die Potentiale beider Lagerarten zu kennen und gekonnt sowie gezielt einzusetzen. Somit ergänzen sich Kunststoffgleitlager und Wälzlager ideal, werden aber immer im Wettbewerb zueinander stehen. Bild: Findling Klaus Findling (Findling): Komplette Wahlfreiheit sehen wir derzeit noch nicht – weder in der Praxis noch in der Theorie. Die Wälzlager haben noch immer erhebliche Vorteile, gerade was Energieeffizienz betrifft. Es gibt wesentliche konstruktive Unterschiede: Das fängt „Individuelle Gleitlager - lösungen sind bei Igus bereits seit über 35 Jahren Realität – auch jenseits des 3D-Drucks.“ Bild: Igus René Achnitz, Leiter Geschäftsbereich Iglidur Gleitlager, Igus GmbH 34 K|E|M Konstruktion 01-02 2018

Bild: NKE David Haider, Anwendungstechniker, NKE Austria GmbH „Je nach entsprechenden Prioritäten der entsprechenden Kriterien ist relativ eindeutig ein Wälz- oder ein Gleitlager vorzuziehen. Die Prioritäten und Gewichtung dieser ist allerdings immer in der Designphase möglichst gewissenhaft durch - zuführen.“ Bild: Findling „Überschneidungen sehen wir vor allem bei korrosionsempfindlichen Anwendungen. Hier haben Gleitlager erhebliche Vorteile und lösen klassische Edelstahllager ab.“ Klaus Findling, Geschäftsführer, Findling Wälzlager GmbH mit dem Anlauf- und Reibmoment an, geht über die Wärmeabfuhr und mündet im Verschleißverhalten. Wälzlager haben hier essentielle Vorteile, die man mit Gleitlagern nicht erreichen kann. Und wenn man diese erreichen könnte, wäre die Frage, ob Gleitlager dann wirtschaftlicher wären als Rillenkugellager im speziellen. Überschneidungen sehen wir vor allem bei korrosionsempfindlichen Anwendungen. Hier haben Gleitlager erhebliche Vorteile und lösen klassische Edelstahllager ab, zumal diese von Haus aus 1/3 geringere Tragzahlen haben als baugleiche Lager aus Chromstahl. Auch die optimale Schmierung ist in feuchten Umgebungen bei Wälzlagern sehr schwierig umzusetzen. Dagegen haben Wälzlager in Hochtemperaturanwendungen deutlich die Nase vorn, denn die Druckfestigkeit nimmt hier auch bei modernsten Gleitlagern enorm ab und der Verschleiß gleichermaßen zu. Wir sehen daher vor allem dort ein Verdrängen durch Wälzlager, wo diese seit jeher mangels Alternativen mit enormen Aufwand funktionstauglich gemacht wurden. Ralf Petersen (NSK): Die Wahlfreiheit hat der Konstrukteur teilweise in solchen Bereichen, die wir den „Commodity“-Anwendungen zurechnen, in denen also keine hohen Anforderungen an die Wälzlager gestellt werden. Wenn dann noch Umgebungsbedingungen hinzukommen, die Kunststoff begünstigen, sind Gleitlager aus unserer Sicht eine sinnvolle Alternative. Unser Geschäft wird dadurch allerdings kaum berührt, da wir unseren Fokus auf anspruchsvolle Kernzielbranchen legen. Dazu gehören etwa Werkzeugmaschinenbau, Stahlindustrie, Windenergietechnik und Bahntechnik. Hier kommen hochwertige Wälzlager zur Anwendung, die eigens für den jeweiligen Einsatzfall entwickelt wurde. Selbst Standardwälzlager erfüllen nicht die Anforderungen dieser Anwender. Hier kommt der Einsatz von Kunststoffgleitlagern daher nicht in Frage. Holger Dietz (Oiles): Wir sind Entwickler, Hersteller und Vertreiber von selbstschmierenden, wartungsfreien Gleitlagern für fast alle Industriebereiche. Zu unserem Portfolio gehören keine Wälzlager, weshalb wir zu dieser Technologie auch keine tiefergehenden Aussagen abgeben möchten. Jedoch ist festzuhalten, dass es für Wälzund Gleitlager teils sehr stark unterschiedliche Einsatzbedingungen gibt und nur in einem recht kleinen Bereich überlappen diese sich: Bestimmte Rahmenbedingungen erfordern Wälzlager, andere Rahmenbedingungen erfordern Gleitlager. Nur in wenigen Fällen könnte man beide Varianten als Alternative verwenden. KEM Konstruktion: Sind durch die immer stärker verbreitete additive Fertigung (3D-Druck) auch individuell angefertigte Lagerlösungen denkbar? Achnitz (Igus): Individuelle Gleitlagerlösungen sind nicht nur denkbar, sondern bei Igus bereits seit über 35 Jahren Realität – auch jenseits des 3D-Drucks. So werden bei uns beispielweise für kundenspezifische Großserien eigene Spritzgusswerkzeuge hergestellt. „Die Wahlfreiheit hat der Konstrukteur teilweise in Bereichen, in denen keine hohen Anforderungen an die Wälzlager gestellt werden. Wenn dann noch Umgebungsbedingungen hinzukommen, die Kunststoff begünstigen, sind Gleit - lager eine sinnvolle Alternative.“ Bild: NSK Ralf Petersen, Engineering Manager Industrial, NSK Deutschland GmbH K|E|M Konstruktion 01-02 2018 35

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